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German Pages 413 [421] Year 2010
Derivative Finanzmarktinstrumente
Bernd Rudolph • Klaus Schäfer
Derivative Finanzmarktinstrumente Eine anwendungsbezogene Einführung in Märkte, Strategien und Bewertung Zweite, aktualisierte und erweiterte Auflage
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Prof. Dr. Bernd Rudolph Institut für Kapitalmarktforschung und Finanzierung Ludwig-Maximilians-Universität München Schackstr. 4 80539 München [email protected]
Prof. Dr. Klaus Schäfer Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre I: Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre Universität Bayreuth 95440 Bayreuth [email protected]
ISBN 978-3-540-79413-4 e-ISBN 978-3-540-79414-1 DOI 10.1007/978-3-540-79414-1 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2005, 2010 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Für Margret, Kai, Annette und Heike
Für Mavie, Mark, Desirée und Marvin
Vorwort zur zweiten Auflage
Derivative Finanzmarktinstrumente gelten seit Jahren als Synonym für Finanzinnovationen. Das Wachstum an den derivativen Märkten und der Einfallsreichtum der Marktakteure sind auch in den turbulenten Zeiten der internationalen Finanzkrise ungebrochen. Die Forderung nach einem soliden Verständnis der derivativen Produkte und Märkte sowie einem adäquaten Risikomanagement der Marktteilnehmer sind dementsprechend unvermindert aktuell. Wir haben uns über die gute Aufnahme unseres Konzepts in der ersten Auflage des Buchs gefreut und möchten nun die Möglichkeit nutzen, dieses in der hier vorliegenden zweiten Auflage weiterzuentwickeln. Die bewährte Struktur wird dabei beibehalten, d. h. das Buch bleibt in drei Schwerpunkte unterteilt. Den ersten Themenschwerpunkt bilden die Grundlagen derivativer Produkte und Märkte (Kapitel 2 und 3), den zweiten das Risikomanagement mit Derivaten (Kapitel 4 bis 8) und den dritten die Bewertung von Derivaten (Kapitel 9 bis 14). Eingebettet sind die Schwerpunkte in die Kapitel 1 und 15, die das derivative Instrumentarium in einen umfassenderen Kontext des Risikomanagements, der ökonomischen Wertung und der Regulierung einordnen. Der gestiegenen Bedeutung der Kreditderivate folgend ist diesen nun ein eigenes Kapitel 7 gewidmet. Die verbliebenen weiteren derivativen Instrumente des Kapitels 8 können daher einen etwas breiteren Raum einnehmen. Neu ist auch Kapitel 14, mit der die Umsetzung exotischer Optionskomponenten im Segment der Optionsscheine und Retail-Zertifikate eine größere Aufmerksamkeit erhält. Selbstverständlich sind bei der Neuauflage auch viele weitere, neue Inhalte hinzugefügt und zahlreiche Aktualisierungen vorgenommen worden. Die seit 2005 zu beobachtenden Veränderungen und Anpassungen an den derivativen Märkten haben etliche kleinere und auch größere Ergänzungen erforderlich gemacht. Für die zweite Auflage haben wir viele Anregungen aufgenommen und die Abbildungen überarbeitet. Darüber hinaus schließt nun jedes Kapitel mit den überarbeiteten Literaturhinweisen, einer Liste wichtiger, im jeweiligen Kapitel eingeführter Begriffe, wiederholender Fragen und Übungsaufgaben. Wir hoffen, damit die an einem intensiven Studium der Inhalte interessierten Leser noch deutlicher zu unterstützen. Die Lösungshinweise zu den Aufgaben finden sich jetzt allerdings nicht mehr im Buch, sondern auf einer begleitenden Website. Mit dieser neuen Website können wir nicht nur die Seitenrestriktionen einhalten, sondern auch dafür Sorge tragen, dass neben ausführlicheren Lösungen auch weitere Aufgaben, ergänzende
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Vorwort zur zweiten Auflage
Hinweise, Korrekturen und Materialien für Dozenten abgelegt werden. Wir sind schon sehr gespannt auf Ihre Hinweise, wie die Website weiter ergänzt und verbessert werden kann: http://www.derivate.uni-bayreuth.de Wir danken allen Lesern, die durch ihre Anregungen zur Verbesserung des Buches beigetragen haben. Bei der Überarbeitung haben wir ein besonderes Augenmerk auf Ihre Hinweise gelegt. Ein ganz besonderer Dank gebührt Frau Christine Landmann im Bayreuther Sekretariat für den bewährten Einsatz und ihre intensive Arbeit an den Abbildungen und weiteren Korrekturen. Unterstützt wurde sie von studentischen Hilfskräften, denen wir auch herzlich danken. Frau Dr. Martina Bihn, Editorial Director Business/Economics des SpringerVerlags, danken wir für bleibende Unterstützung und die große, große Geduld. Sollten Sie Fragen, Hinweise und Anregungen haben, so freuen wir uns weiter sehr über ihre Nachricht, beispielswiese per Email an: [email protected]. Bayreuth und München im Januar 2010 Klaus Schäfer
Bernd Rudolph
Vorwort zur ersten Auflage
Die neunziger Jahre werden in der Finanzwelt oft als das Jahrzehnt der Derivate bezeichnet. Wie kaum ein anderes Thema beherrschen seitdem die derivativen Finanzmarktinstrumente und deren Einsatz bei Banken, Industrieunternehmen und anderen Anwendern die öffentliche Diskussion. Ohne Zweifel ist der Siegeszug derivativer Instrumente darin begründet, dass sie adäquate Lösungen für viele finanzwirtschaftlichen Probleme anbieten, die sich aus den Schwankungen an den Aktien-, Zins-, Devisen- und Warenmärkten entwickelt haben. Gleichzeitig setzt die Handhabbarkeit entsprechender Strategien zunehmend höhere Ansprüche an die Kenntnisse der Marktteilnehmer. Die Instrumentenzahl und die Funktionen sind stellenweise unüberschaubar groß und komplex geworden, was das Verständnis der Wirkungsweise, der Bewertung und damit des Einsatzes derivativer Finanzmarktinstrumente erschwert. Hier will das vorliegende Buch ansetzen und Verständnis wecken, Wertansätze aufzeigen und die Handhabung derivativer Finanzmarktinstrumente erklären. Mittlerweile liegt eine stattliche Anzahl sehr guter englischsprachiger und auch deutscher Publikationen zu Finanzinnovationen vor. Häufig beschränken sich diese Werke aber auf einen bestimmten Teilbereich der derivativen Märkte, betrachten ausschließlich Anwendungsgesichtspunkte oder konzentrieren sich auf die Theorie der Bewertung von Derivaten. Hier versucht das vorliegende Buch eine Lücke zu schließen: Anliegen ist zum einen eine gründliche, einführende Darstellung in die Vielfalt der Instrumente, Märkte und Strategien. Zum anderen soll die für den adäquaten Einsatz der Instrumente und ein fortgeschrittenes Risikomanagement unerlässliche Bewertungstheorie vorgestellt werden. Deren Darstellung hat zwar einführenden Charakter, ist aber so angelegt, dass Inhalte vermittelt werden, die über einen bloßen Einstieg hinausgehen und eine Brücke zu fortgeschrittenen Ansätzen erkennen lassen. Viele Fallbeispiele und Illustrationen sollen den ausgeprägten Anwendungsbezug unterstreichen. Das Buch ist in drei größere Themenschwerpunkte unterteilt. Den ersten Themenschwerpunkt bilden die Grundlagen derivativer Produkte und Märkte (Kapitel 2 und 3), den zweiten das Risikomanagement mit Derivaten (Kapitel 4 bis 7) und den dritten die Bewertung von Derivaten (Kapitel 8 bis 12). Der Inhalt der einzelnen Kapitel wird im Folgenden kurz vorgestellt. Kapitel 1 gibt zusammen mit dem abschließenden Kapitel 15 eine Einordnung in die umfassenderen Themenkomplexe des unternehmerischen Risikomanagements, des Nutzens und der Regulierung von Derivaten. Kapitel 2 stellt die für alle weiteren Ausführungen relevanten Definitionen, Abgrenzungen und grundsätzlichen Strategien bereit. Diese Kenntnisse sind folge-
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Vorwort zur ersten Auflage
richtig Voraussetzung für weite Teile des Buchs. Kapitel 3 unterstreicht das beeindruckende Marktvolumen anhand ausgewählter Statistiken und behandelt insbesondere das Produktspektrum der European Exchange EUREX. Kapitel 4 bis bis 7 stehen gleichberechtigt nebeneinander, bedingen sich aber nicht gegenseitig. Gegenstand ist die exemplarische Darstellung statischer Handelsstrategien, bei denen Derivate auf einfache Weise zum Management von Wertänderungsrisiken im Basisobjekt eingesetzt werden. Dies geschieht für Aktien- und Aktienindex(Kapitel 4), Zins- (Kapitel 5), Währungs- (Kapitel 6), Kredit- (Kapitel 7) und sonstige Derivate (Kapitel 8). Gegenstand des Kapitels 9 sind die Bewertung unbedingter Termingeschäfte auf Basis des grundständigen Cost of Carry-Ansatzes und eine Skizzierung optimaler Hedge-Positionen. Die Optionspreistheorie als zentrales finanzierungstheoretisches Konzept wird ausführlich in Kapitel 10 über die verteilungsfreien Abschätzungen, das Binomialmodell und das Modell von Black, Scholes und Merton ausgearbeitet. Die Anwendung der Optionskennzahlen im Risikomanagement ist Inhalt des Kapitels 11. Erweiterungen der grundständigen Formeln werden in Kapitel 12 diskutiert. Hier sind mit den Herleitungen der Garman/Kohlhagen- und der Black/Scholes-Formel sowie der Darstellung der Black/Scholes-Differentialgleichung auch ausgewählte Vertiefungen der Optionsbewertung enthalten. In Kapitel 13 wird schließlich das sich ständig erweiternde Spektrum exotischer Optionen strukturiert. Dies führt schließich zu den strukturierten Produkten des Kapitels 14. Die Ausführungen sind nicht streng hierarchisch aufgebaut. Daher erfordert auch das Verständnis einzelner Kapitel nicht das Lesen des ganzen Buchs. Vielmehr kann der Leser das Buch auch als Nachschlagwerk für bestimmte Teilgebiete nutzen. Das Buch richtet sich an Studierende, Lehrende und an Praktiker. Der einführende Charakter wird durch praxisnahe Fallbeispiele, Abbildungen, Tabellen und weitere Illustrationen unterstrichen. Alle Inhalte werden also bereits in den Ausführungen exemplarisch eingeübt und besitzen einen ausgeprägten Anwendungsbezug. Zusätzlich sind zum Ende der Kapitel Wiederholungsfragen und Übungsaufgaben enthalten. Die Übungsaufgaben sind keine Wiederholungsaufgaben, deren Bearbeitung zum Verständnis der weiteren Ausführungen notwendig wäre. Die Aufgaben wollen vielmehr den Übergang zu fortgeschrittenen Fragestellungen erleichtern. Die zum Ende der Kapitel enthaltenen kommentierten Literaturhinweise erleichtern hoffentlich den Lesern die Orientierung in der breiten Literatur zu spezifischen Fragestellungen derivativer Finanzmarktinstrumente. Mitarbeiter wie auch Studierende am Institut für Kapitalmarktforschung und Finanzierung der Fakultät für Betriebswirtschaft der Ludwig-MaximiliansUniversität München haben in vielen Lehrveranstaltungen der letzten Jahre durch intensive und engagierte Diskussionen zu einer ständigen Erweiterung und Verbesserung der Veranstaltungsunterlagen beigetragen und damit auch die Basis für das vorliegende Werk gelegt. Darüber hinaus konnten wir aus zwei Kursen von Anmerkungen der Studierenden am Institut für Betriebliche Finanzwirtschaft der
Vorwort zur ersten Auflage
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Leopold-Franzens-Universität Innsbruck profitieren. Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich gedankt! Frau Dr. Martina Bihn, Executive Editor Business/Economics des SpringerVerlags, danken wir für die unmittelbare Bereitschaft, das Buchprojekt umzusetzen, die angenehme Betreuung und die große Geduld. Sollten Sie Fragen, Hinweise und Anregungen haben, so freuen wir uns über eine Email-Nachricht an [email protected]. München im März 2005 Klaus Schäfer
Bernd Rudolph
Inhaltsverzeichnis
1 Risikomanagement aus aufsichtsrechtlicher und ökonomischer Perspektive .......................................................................................................1 1.1 Aufgaben des Risikomanagements und gesetzliche Vorgaben.................1 1.2 Zielsetzungen des Risikomanagements aus ökonomischer Perspektive ...2 1.3 Management von Markt- und Kreditrisiken..............................................6 1.3.1 Steuerung von Aktienkursrisiken ................................................6 1.3.2 Steuerung von Währungsrisiken..................................................6 1.3.3 Zinsrisikosteuerung als Risikomanagementfunktion...................8 1.3.4 Management von Rohstoffpreisrisiken......................................10 1.3.5 Management von Adressenausfallrisiken..................................11 Literaturhinweise zu Kapitel 1.........................................................................12 Schlüsselbegriffe..............................................................................................12 Fragen ..............................................................................................................13 2 Charakteristika derivativer Produkte .........................................................15 2.1 Definitorische Vorbemerkungen und Strukturierungsmerkmale ............15 2.2 Einführende Beispiele.............................................................................18 2.3 Grundpositionen bei bedingten und unbedingten Termingeschäften......21 2.3.1 Optionen....................................................................................21 2.3.2 Forwards und Futures................................................................25 2.4 Derivate als Instrumente des Risikomanagements..................................27 2.4.1 Risikobereiche der derivativen Finanzterminmärkte.................27 2.4.2 Börsengehandelte Kontrakte und OTC-Termingeschäfte..........29 2.5 Motive des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente..............................31 2.5.1 Einordnung................................................................................31 2.5.2 Hedging .....................................................................................33 2.5.3 Spekulation und Trading ...........................................................34 2.5.4 Arbitrage und Spreading ...........................................................34 2.6 Statische Strategien mit Optionen...........................................................36 2.6.1 Hedging mit Optionen ...............................................................36 2.6.2 Optionskombinationen ..............................................................38 2.6.3 Synthetische Positionen.............................................................47 Literaturhinweise zu Kapitel 2.........................................................................52 Schlüsselbegriffe..............................................................................................53 Fragen und Aufgaben.......................................................................................53
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Inhaltsverzeichnis
3 Märkte für Derivate ...................................................................................... 57 3.1 Historischer Abriss ................................................................................. 57 3.2 Volumensentwicklung an den derivativen Börsenmärkten..................... 59 3.3 Märkte für außerbörsliche derivative Instrumente.................................. 60 3.4 Instrumente und Handel an der Eurex .................................................... 64 3.4.1 Entstehung und Organisationsstruktur der Eurex...................... 64 3.4.2 Produkte .................................................................................... 65 3.4.3 Clearing-Stelle und Risk Based Margining............................... 67 3.4.4 Beispiele für die Berechnung der Margins in Eurex-Positionen ....................................................................... 70 3.4.5 Umsätze..................................................................................... 74 3.5 Optionsscheine und Zertifikate............................................................... 78 Literaturhinweise zu Kapitel 3......................................................................... 80 Schlüsselbegriffe ............................................................................................. 80 Fragen und Aufgaben ...................................................................................... 80 4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures .............. 83 4.1 Kontraktspezifikationen in Aktienderivaten der Eurex........................... 83 4.2 Aktienoptionen und Aktienindexoptionen.............................................. 89 4.2.1 Mikro- und Makro-Hedging von Aktienkursrisiken ................. 89 4.2.2 Trading mit Optionen und Optionskombinationen.................... 92 4.2.3 Conversions und Reversals ....................................................... 95 4.3 Aktien-Futures und Aktienindex-Futures ............................................... 98 4.3.1 Beta-Hedging mit Index-Futures............................................... 98 4.3.2 Ein Beispiel ............................................................................. 101 4.3.3 Market Timing und Spreads.................................................... 106 4.3.4 Arbitrage mit Aktien-Futures und Aktienindex-Futures ......... 107 Literaturhinweise zu Kapitel 4....................................................................... 108 Schlüsselbegriffe ........................................................................................... 109 Fragen und Aufgaben .................................................................................... 109 5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken .................................................................................. 113 5.1 Laufzeit- und Terminzinssätze.............................................................. 113 5.2 Außerbörsliche Zinssatzoptionen ......................................................... 117 5.2.1 Parameter von Caps und Floors .............................................. 117 5.2.2 Gewinn/Verlustprofile in Caplets und Floorlets...................... 118 5.2.3 Collars als Kombinationen von Caps und Floors .................... 122 5.3 Forward Rate Agreements .................................................................... 127 5.4 Zins-Swaps ........................................................................................... 130 5.4.1 Swap-Konstruktionen.............................................................. 130 5.4.2 Parameter von Zins-Swaps...................................................... 131 5.4.3 Einsatz von Zins-Swaps .......................................................... 133 5.4.4 Komparative Kostenvorteile ................................................... 134 5.4.5 Strukturierte Zins-Swaps......................................................... 136
Inhaltsverzeichnis
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Börsengehandelte Zinsderivate an der Eurex........................................138 5.5.1 Kontraktspezifikationen ..........................................................138 5.5.2 Strategieelemente mit Eurex-Zinsderivaten ............................141 5.5.3 Cheapest to Deliver-Anleihe ...................................................142 5.5.4 Hedge Ratio-Ermittlung bei Kapitalmarkt-Futures .................144 Literaturhinweise zu Kapitel 5.......................................................................147 Schlüsselbegriffe............................................................................................147 Fragen und Aufgaben.....................................................................................148 6 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Währungsrisiken..........................................................................................151 6.1 Komponenten des Währungsrisikos......................................................151 6.2 Außerbörsliche Währungsoptionen.......................................................155 6.2.1 Grundpositionen ......................................................................155 6.2.2 Absicherungsstrategien mit Collars und Corridors..................157 6.2.3 Beispiele zum Einsatz exotischer Optionen ............................161 6.3 Währungs-Forwards..............................................................................164 6.4 Währungs-Swaps ..................................................................................166 6.5 Börsengehandelte Währungsderivate....................................................167 Literaturhinweise zu Kapitel 6.......................................................................169 Schlüsselbegriffe............................................................................................170 Fragen und Aufgaben.....................................................................................170 7 Kreditderivate und Handel von Kreditrisiken ..........................................173 7.1 Konstruktionsmerkmale von Kreditderivaten .......................................173 7.2 Außerbörsliche Standardformen der Kreditderivate .............................176 7.3 Kreditindizes und börsengehandelte Kreditderivate .............................182 Literaturhinweise zu Kapitel 7.......................................................................183 Schlüsselbegriffe............................................................................................184 Fragen ............................................................................................................184 8 Weitere Typen derivativer Instrumente ....................................................185 8.1 Warenderivate.......................................................................................185 8.1.1 Systematisierung von Waren...................................................185 8.1.2 Börsengehandelte Derivate auf Waren ....................................188 8.1.3 Elektrizitäts- und Gasderivate .................................................194 8.2 Emissionsderivate .................................................................................197 8.3 Wetterderivate.......................................................................................200 8.4 Katastrophenderivate ............................................................................202 8.5 Immobilienderivate...............................................................................203 8.6 Ökonomische Derivate .........................................................................204 Literaturhinweise zu Kapitel 8.......................................................................205 Schlüsselbegriffe............................................................................................206 Fragen ............................................................................................................206
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9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging ....................................................................................... 207 9.1 Komponenten der Basis........................................................................ 207 9.2 Bewertung von Forwards mit dem Cost of Carry-Ansatz..................... 209 9.3 Preisrelationen bei ausgewählten Basisobjekten................................... 213 9.3.1 Bewertung von Aktienindex-Futures ...................................... 213 9.3.2 Bewertung von Währungs-Forwards und -Futures ................. 217 9.3.3 Bewertung von Zinsderivaten ................................................. 219 9.3.4 Bewertung von Commodity Forwards .................................... 220 9.4 Spezielle Aspekte der Bewertung von Futures ....................................... 221 9.4.1 Zur Identität von Forward- und Future-Preisen bei deterministischen Zinssätzen................................................... 221 9.4.2 Lieferoptionen in Future-Kontrakten ...................................... 224 9.5 Bewertung von Swaps .......................................................................... 226 9.6 Optimales Hedging als Risikominimierung.......................................... 229 Literaturhinweise zu Kapitel 9....................................................................... 234 Schlüsselbegriffe ........................................................................................... 235 Fragen und Aufgaben .................................................................................... 235 10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen ............................. 239 10.1 Verteilungsfreie Abschätzungen........................................................... 239 10.1.1 Untere und obere Schranken des Wertes von Kaufoptionen........................................................................... 239 10.1.2 Untere und obere Schranken des Wertes von Verkaufsoptionen .................................................................... 245 10.1.3 Zum Preisunterschied von europäischen und amerikanischen Optionen........................................................ 248 10.1.4 Put-Call-Parität und Erweiterungen ........................................ 251 10.1.5 Zusammenfassung................................................................... 254 10.2 Binomialmodell zur Bewertung von Optionen ..................................... 257 10.2.1 Ein einleitendes Beispiel ......................................................... 257 10.2.2 Binomialmodell im Einperiodenfall........................................ 259 10.2.3 Binomialmodell im Zweiperiodenfall ..................................... 263 10.2.4 Binomialmodell im n-Periodenfall.......................................... 266 10.3 Optionsbewertung mit der Black/Scholes-Formel................................ 270 10.3.1 Grundlagen des Basismodells von Black, Scholes und Merton.............................................................................. 270 10.3.2 Ein einfaches Beispiel zur Black/Scholes-Formel .................. 273 10.3.3 Optionspreisbestimmende Parameter ...................................... 276 Literaturhinweise zu Kapitel 10..................................................................... 283 Schlüsselbegriffe ........................................................................................... 284 Fragen und Aufgaben .................................................................................... 284 11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells .................. 287 11.1 Implizite Volatilitäten........................................................................... 287 11.2 Berechnung und Bedeutung von Optionssensitivitäten ........................ 292
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11.2.1 Delta-Faktor und dynamisches Hedging .................................293 11.2.2 Gamma-Faktor ........................................................................301 11.2.3 Theta als Maß für die Restlaufzeitsensitivität .........................305 11.2.4 Lambda-, Rho-, Alpha- und Omega-Faktor ............................309 11.3 Omega-Faktor, einfacher Hebel und Aufgeld.......................................314 Literaturhinweise zu Kapitel 11.....................................................................317 Schlüsselbegriffe............................................................................................317 Fragen und Aufgaben.....................................................................................318 12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie .....................321 12.1 Grenzen und Erweiterungen der Black/Scholes-Formel.......................321 12.2 Bewertung amerikanischer Optionen mit dem Binomialmodell...........324 12.3 Bewertung von Währungsoptionen.......................................................327 12.3.1 Verteilungsfreie Abschätzungen, Binomialmodell und Garman-Kohlhagen-Formel .............................................327 12.3.2 Herleitung der Garman/Kohlhagen-Formel aus dem binomialen Ausdruck ..............................................................331 12.4 Die Formel von Black...........................................................................335 12.5 Black/Scholes-Formel und Erwartungswertkalkül ...............................336 12.6 Brownsche Prozesse und Black/Scholes-Differentialgleichung ...........340 12.6.1 Wiener Prozesse und Aktienkurse...........................................340 12.6.2 Eine (weitere) kurze Herleitung der Black/Scholes-Formel....343 12.6.3 Black/Scholes-Differentialgleichung und selbstfinanzierende Strategien .................................................345 Literaturhinweise zu Kapitel 12.....................................................................347 Schlüsselbegriffe............................................................................................347 Fragen und Aufgaben.....................................................................................348 13 Exotische Optionen ......................................................................................351 13.1 Begriffsabgrenzung und Systematik exotischer Optionen ....................351 13.2 Wichtige Formen exotischer Optionen .................................................353 13.3. Bewertung exotischer Optionen............................................................358 13.3.1 Bewertung von Digitaloptionen ..............................................358 13.3.2 Power-Optionen ......................................................................361 13.3.3 Extremwert- und Durchschnittsoptionen.................................363 13.3.4 Schwellenoptionen ..................................................................365 13.3.5 Mehrfaktorielle Optionen ........................................................368 Literaturhinweise zu Kapitel 13.....................................................................370 Schlüsselbegriffe............................................................................................370 Fragen und Aufgaben.....................................................................................371 14 Optionsscheine und Anlagezertifikate .......................................................375 14.1 Produktklassifizierung ..........................................................................375 14.2 Anlageprodukte mit und ohne Kapitalschutz........................................377 14.3 Hebelprodukte.......................................................................................380 Literaturhinweise zu Kapitel 14.....................................................................381
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Inhaltsverzeichnis
Schlüsselbegriffe ........................................................................................... 381 Fragen ............................................................................................................ 381 15 Nutzen und Risiken derivativer Finanzinstrumente................................. 383 15.1 Gesamtwirtschaftlicher Nutzen derivativer Finanztitel ........................ 383 15.2 Auswirkungen derivativer Titel auf die Kassamärkte........................... 385 15.3 Risiken und Regulierung der derivativen Finanzmärkte....................... 387 15.4 Zentrale Gegenparteien für OTC-Derivate ........................................... 388 Literaturhinweise zu Kapitel 15..................................................................... 391 Schlüsselbegriffe ........................................................................................... 391 Fragen ............................................................................................................ 392 Literaturverzeichnis.......................................................................................... 393 Sachverzeichnis.................................................................................................. 405
1 Risikomanagement aus aufsichtsrechtlicher und ökonomischer Perspektive
Unternehmen beeinflussen mit dem Risikomanagement ihren kurzfristigen Erfolg ebenso wie ihre langfristige Entwicklung. Daher bauen viele Unternehmen und nicht nur Kreditinstitute Risikomanagement zu ihrer Kernkompetenz aus. Die Qualität des Risikomanagements hängt dabei von der Fähigkeit ab, alle relevanten Risiken zu identifizieren, auf den verschiedenen Aggregationsstufen zu messen, mit Hilfe geeigneter Instrumente zu steuern und zu kontrollieren. Risikomanagement stellt sich insoweit als hoch komplexes Aufgabenbündel dar, das alle Bereiche des Unternehmens durchdringt.
1.1 Aufgaben des Risikomanagements und gesetzliche Vorgaben Wegen der hohen Relevanz des Risikomanagements für die Stabilität und das Wachstum einer Wirtschaft hat der Gesetzgeber eine Vielzahl von Vorschriften und Regulierungen erlassen, die den Umgang mit den verschiedenen Risiken betreffen, denen die Unternehmen und die von ihnen betriebenen Geschäfte ausgesetzt sind. Diese Vorgaben definieren insoweit Mindestanforderungen an das Risikomanagement. Für die Kreditinstitute sind solche Mindestanforderungen an das Risikomanagement in einem eigenen Regelwerk der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin auf Basis von § 25a des Kreditwesengesetzes KWG formuliert und zum 1. Januar 2007 umgesetzt worden. Diese sogenannten MaRisk definieren die grundlegenden Anforderungen an einen ganzheitlichen Rahmen für das Management aller wesentlichen Risiken sowie der Ausgestaltung des internen Kontrollsystems und der Internen Revision der Kreditinstitute. Der Gesetzgeber hat auch im Aktiengesetz dem Vorstand die Pflicht zur Sicherstellung eines funktionsfähigen Risikomanagements übertragen. Nach § 91 Abs. 2 AktG hat der Vorstand geeignete Maßnahmen zu treffen und insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand des Unternehmens gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden. Dabei zielt die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Risikomanagements primär auf die Etablierung adäquater Organisations- und Überwachungsstrukturen, die sich in effizienten und verlässlichen Controllingsystemen sowie in der internen Revision widerspiegeln müssen. Verletzungen dieser Sorgfaltspflicht können zu einer persönlichen Haftung des Vorstandes führen.
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1 Risikomanagement aus aufsichtsrechtlicher und ökonomischer Perspektive
Durch die Vorschriften des KWG und die Anforderungen des Aktienrechts verpflichtet der Gesetzgeber den Vorstand zur Etablierung von Risikomanagementsystemen auf Unternehmensebene. Während dabei das Aktienrecht unter dem Begriff „Risikomanagement“ im wesentlichen ein Risikofrühwarnsystem sowie dessen Überwachung versteht und sich im Kern auf bestandsgefährdende Risiken bezieht, fordert das KWG explizit eine Steuerung, Überwachung und Kontrolle sämtlicher Risikoarten und ein umfassenderes Risikomanagement- und Risikocontrollingsystem. Im Lauf der Zeit haben sich verschiedene Standards für die Ausgestaltung des Risikomanagements herausgebildet, die der konkreten Einführung und Organisation von Risikomanagementsystemen in der Praxis einen Rahmen geben.
1.2 Zielsetzungen des Risikomanagements aus ökonomischer Perspektive Neben den gesetzgeberischen Motiven sind Risikomanagementaktivitäten durch ihren unmittelbaren Beitrag zur Steigerung des Unternehmenswertes begründet. Risikomanagement als Instrument der Wertsteigerung führt zu spezifischen Aufgabenstellungen. Damit prägen auch die im Folgenden näher charakterisierten unternehmensinternen Gesichtspunkte die Zielsetzungen und Aufgaben eines Risikomanagements.
Vollkommene Märkte
Keine Transaktionskosten Keine Insolvenzkosten
Marktunvollkommenheiten Hedging- und Überwachungskosten Konvexe Steuersysteme Kosten finanzieller Anspannung Agency-Kosten
Perfekt kompetitive Kapitalmärkte
Keine Steuern
Steigende Grenzkosten der externen Mittelaufnahme
Keine Informationskosten
Unabhängig von Investition und Finanzierung
Abb. 1.1.: Ökonomische Relevanz unternehmerischen Risikomanagements
1.2 Zielsetzungen des Risikomanagements aus ökonomischer Perspektive
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Da Risikomanagementaktivitäten letztlich finanzwirtschaftliche Entscheidungen darstellen, könnte eine Risikosteuerung auf der Ebene des Unternehmens keinen Wertzuwachs generieren, wenn die Investoren auf einem vollkommenen Kapitalmarkt durch Diversifikation jede beliebige Kapitalstruktur und damit jedes gewünschte Risiko- bzw. Renditeprofil durch eigene Transaktionen erreichen könnten. Ohne Transaktionskosten, Insolvenzkosten und Steuern wäre Risikomanagement bei gleich verteilten Informationen und beliebiger Teilbarkeit aller Ansprüche aus ökonomischer Perspektive überflüssig. Bei vollkommenem Kapitalmarkt würde sich daher die weitere Beschäftigung mit Risikomanagementaktivitäten erübrigen. Der Überblick über Kapitalmarktunvollkommenheiten in Abb. 1.1 kann aber deutlich machen, dass sich Risikomanagement aus einer Vielzahl von Gründen heraus lohnt. Ein Beitrag des Risikomanagements zur Maximierung des Unternehmenswertes ist ferner dann in Frage zu stellen, wenn die auf Basis kapitalmarkttheoretischer Modelle abgeleiteten Renditeforderungen der Anteilseigner eines Unternehmens nicht vom Gesamtrisiko des Unternehmens, sondern ausschließlich vom systematischen, nicht diversifizierbaren Risiko bestimmt werden. Wenn beispielsweise Wechselkurse, Zinsen und Waren- bzw. Rohstoffpreise unsystematische und damit diversifizierbare Risiken darstellen, dann wird ihre Übernahme nicht durch eine Risikoprämie kompensiert, so dass auch die Kapitalkosten nur im Falle eines schlecht diversifizierten Anteilseigners reduziert werden können. Da keine einheitlichen Aussagen getroffen werden können, ob Währungs- und Zinsrisiken einen systematischen oder unsystematischen Charakter aufweisen, ist auch vor dem Hintergrund der Kapitalmarkttheorie eine abschließende Beurteilung des Einflusses eines betrieblichen Risikomanagements auf den Unternehmenswert nicht möglich. Risikomanagement kann immer nur dann im Interesse der Anteilseigner sein, wenn es für das Unternehmen teurer ist, Risiken selbst zu übernehmen, als die Risiken auf entsprechende (Kapital)-Märkte zu übertragen. Die Relevanz von Risikomanagementaktivitäten resultiert damit aus der Verletzung von Marktvollkommenheitsannahmen, weil beispielsweise Transaktionskosten nicht vernachlässigbar sind oder der Zugang zum Kapitalmarkt durch einen Informationsvorsprung des Emittenten vor den Investoren behindert wird. Ausgehend von den wesentlichen Marktunvollkommenheiten können verschiedene Erklärungsansätze für ein unternehmerisches Risikomanagement identifiziert werden, die in Abb. 1.2 zusammengefasst sind. Neben der Steuerung des Managementverhaltens lässt sich ein betriebliches Risikomanagement durch die Reduzierung der Kostenbelastung von Unternehmen oder durch eine Verbesserung der strategischen Wettbewerbsposition rechtfertigen.
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1 Risikomanagement aus aufsichtsrechtlicher und ökonomischer Perspektive
Ökonomische Erklärungsansätze für das unternehmerische Risikomanagement
Anreize für das Management
Reduktion der Insolvenzwahrscheinlichkeit
In Bezug auf die Anteilseigner
Anpassung der Risikopräferenzen
Bewertung der Managementleistung
Sicherung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit
Reduktion der unternehmerischen Steuerlast
Selektion des optimalen Risiko-Portfolio
In Bezug auf die Gläubiger
Überwindung des Unterinvestitionsproblems
Heilung des Vermögenssubstitutionsproblems
Quelle: Hommel u. Pritsch 2001, S. 4 Abb. 1.2. Ansatzpunkte eines unternehmerischen Risikomanagements
Berücksichtigt man, dass die aus der Unsicherheit der betrieblichen Zahlungsströme resultierende Gefahr der Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens mit Transaktionskosten der finanziellen Anspannung verbunden ist, so hat eine Unternehmung neben den direkten Kosten einer Insolvenz in Form von Liquidationsbzw. Reorganisationskosten sowie Kosten für Konkurs- und Vergleichsverfahren auch indirekte Insolvenzkosten zu berücksichtigen, die bereits vor Beginn des eigentlichen Insolvenzverfahrens entstehen und beispielsweise durch den Reputationsverlust der Gesellschaft bedingt sind. Auch auf eine Verschlechterung des Rating eines Unternehmens zurückführbare höhere Finanzierungskosten sind als Insolvenzkosten zu betrachten. Eine Steuerung von Risiken auf Unternehmensebene kann die Höhe der Insolvenzkosten selbst nicht verändern. Da die erwarteten Insolvenzkosten jedoch sowohl durch die absolute Höhe der Kosten als auch die Wahrscheinlichkeit einer Störung des finanziellen Gleichgewichts bestimmt werden, reduziert eine Verringerung der Volatilität der Cashflows die Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen seinen festen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr betragsgenau und fristgerecht nachkommen kann, was sich über die Verminderung des Erwartungswertes der Konkurskosten positiv auf den Unternehmenswert auswirkt. Im Gegensatz zu den Insolvenzkosten erscheint unter Berücksichtigung von Transaktionskosten ein betriebliches Risikomanagement dann durch eine Risikosteuerung auf Ebene der einzelnen Investoren ersetzbar, wenn Investoren und Unternehmen zu vergleichbaren Konditionen über einen Zugang zu den relevanten Märkten verfügen. Da jedoch oftmals Größenschranken kleinere Transaktionen ver-
1.2 Zielsetzungen des Risikomanagements aus ökonomischer Perspektive
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teuern oder strukturelle Schranken nur bestimmten Marktteilnehmern Transaktionsmöglichkeiten einräumen, ist zu vermuten, dass vor allem kleinere Investoren nur sehr begrenzt eine eigene Risikosteuerung durchführen können und damit vor dem Hintergrund der Transaktionskosten an einer betrieblichen Hedging-Strategie interessiert sein müssen. Neben Insolvenz- und Transaktionskosten kann auch die Berücksichtigung der Besteuerung von Unternehmensgewinnen eine Risikobeeinflussung vorteilhaft erscheinen lassen. Ist der Grenzsteuersatz eines Unternehmens eine konvexe Funktion des Unternehmenswertes vor Steuern (progressives Steuerprinzip), so folgt daraus, dass der Wert des Unternehmens nach Steuern eine konkave Funktion des Vorsteuerwertes ist. Ein zur Reduzierung der Schwankungen im Vorsteuerwert des Unternehmens beitragendes Risikomanagement kann dann zur Kürzung der Unternehmenssteuern führen und in der Folge den Nachsteuerwert des Unternehmens erhöhen. Verzichtet ein Unternehmen auf risikosteuernde Maßnahmen, so kann dies zu einer erhöhten Variabilität der Cashflows aus den bestehenden Vermögensgegenständen bzw. Investitionen führen. Diese Schwankungen müssen entweder über die Höhe der extern beschafften Finanzierungsmittel oder über die Reduktion des für neue Investitionsprojekte zur Verfügung stehenden Betrages ausgeglichen werden. Da eine zusätzliche externe Beschaffung von Finanzierungsmitteln in der Regel an die Weitergabe von Informationen über die Investitionsabsichten geknüpft ist, wird eine Außenfinanzierung gerade bei wettbewerbswirksamen Projekten, wie z. B. Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, nur eingeschränkt möglich sein. Ein die Variabilität der Cashflows reduzierendes Risikomanagement kann damit über die Vermeidung zusätzlicher Kosten zu einer Wertsteigerung beitragen, indem die in der Empirie beobachtbare und in der sogenannten Hackordnungstheorie (Pecking Order Theory) festgehaltene Reihenfolge zur Deckung des Finanzierungsbedarfs von Unternehmen möglichst lange aufrechterhalten wird. Gelingt es dem Risikomanagement außerdem, durch Mitwirkung an der Unternehmensstrategie den Zusammenhang zwischen der Veränderung des Wettbewerbsumfeldes und wichtigen finanziellen Einflussgrößen herauszuarbeiten, so kann es dazu beitragen, das Unternehmen flexibler und wettbewerbsfähiger zu gestalten und neue Potenziale auch im leistungswirtschaftlichen Bereich zu erschließen. Durch geeignete Absicherungsstrategien können zusätzliche Cashflows bei negativer Preisentwicklung auf den relevanten Absatzmärkten generiert und damit finanzielle Schwächen von Konkurrenten zur Stärkung der eigenen Wettbewerbsposition genutzt werden. Rudolph u. Johanning 2000 unterscheiden Risiken des internen von Risiken des externen Leistungsbereichs. Während die Risiken des internen Leistungsbereichs wie Abwicklungsrisiken, Betriebsrisiken oder Verhaltensrisiken von Mitarbeitern durch organisatorische Maßnahmen vermindert werden können oder versicherbar sind, beinhaltet der externe Leistungsbereich alle Risiken, mit denen sich die Bank am Markt positioniert und die deshalb auch bewusst zur Ertragserzielung getragen werden. Gerpott u. Hoffman 2008 bezeichnen die erst Kategorie als reine Risiken (Schadensgefahren), die zweite als spekulative Risiken. Letztere beinhalten neben der Verlustmöglichkeit einer Position auch die Chance auf einen Ertrag. Die Über-
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1 Risikomanagement aus aufsichtsrechtlicher und ökonomischer Perspektive
legungen in diesem Buch beziehen sich auf die letzte Gruppe der spekulativen Risiken, die sich durch die Investition in Finanztitel und in derivative Finanztitel aufbauen, umschichten, spezifizieren und abbauen lassen. In diesem Sinne wird auch Risikomanagement als Identifikation, Bewertung, Aggregation, Steuerung und Kontrolle von Risiken verstanden. Im nachfolgenden Abschnitt werden die wichtigsten Ausprägungen der Risiken des externen Leistungsbereichs bzw. der spekulativen Risiken kurz vorgestellt.
1.3 Management von Markt- und Kreditrisiken 1.3.1 Steuerung von Aktienkursrisiken Das Gesamtrisiko eines Aktienengagements lässt sich in einen unsystematischen und einen systematischen Teil zerlegen. Dabei bezieht sich das unsystematische Risiko auf unternehmensspezifische Faktoren, von denen ausschließlich die Aktie eines einzelnen Unternehmens betroffen ist. Risiken, die sich im Gegensatz dazu auf sämtliche Aktien einer bestimmten Kategorie auswirken und beispielsweise durch konjunkturelle oder politische Faktoren determiniert werden, werden als systematische Risiken bzw. als Marktrisiken bezeichnet. Während die unsystematischen Risiken eines Aktien-Portfolio durch eine entsprechende Diversifikation reduziert bzw. sogar eliminiert werden können, lassen sich systematische Risiken über den Einsatz derivativer Finanzinstrumente steuern. Werden derivative Finanzinstrumente zur Absicherung (Hedging) von Aktienkursrisiken eingesetzt, dann wird der unsichere Erfolg der Aktienposition durch einen ebenfalls unsicheren, jedoch genau entgegengesetzten Erfolg aus dem derivativen Geschäft kompensiert. Als Ergebnis kann bei einer perfekten HedgeSituation eine risikolose Position realisiert werden. Aktienkursrisiken lassen sich durch vielfältige Produkte der Terminbörsen oder durch den Einsatz entsprechender Optionsscheine steuern. 1.3.2 Steuerung von Währungsrisiken Nicht nur Unternehmen, die in unterschiedlichen Währungs- und Wirtschaftsgebieten tätig sind, müssen Währungsrisiken als Komponente des allgemeinen Geschäftsrisikos berücksichtigen. Fremdwährungsrisiken resultieren aus der Ungewissheit, in welche Richtung und in welchem Ausmaß sich die Austauschverhältnisse zwischen den Währungen im Zeitablauf verändern bzw. in welchem Umfang Behinderungen des internationalen Devisen- und Kapitaltransfers auftreten. Damit hängt das Fremdwährungsrisiko sowohl von der Höhe der Positionen (dem Exposure) als auch der Stärke der unvorhergesehenen Wechselkursschwankungen ab. Aufgabe des Währungsrisikomanagements ist die Identifikation, Analyse, Steuerung und Kontrolle der über alle Teilbereiche des Unternehmens aggregierten Fremdwährungsrisiken, um Schwankungen in den Cashflows bzw. dem ausgewie-
1.3 Management von Markt- und Kreditrisiken
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senen Gewinn des Unternehmens zu vermeiden. Neben der Reduktion des Währungsverlustpotenzials ist zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmung auch eine Optimierung des relativen Währungs-Exposure zu verfolgen, d. h. eine Verbesserung der Fremdwährungsposition im Vergleich zu relevanten Wettbewerbern anzustreben. Wie in Abb. 1.3 skizziert, sind WährungsExposure und Wechselkursrisiko damit zwei an sich getrennte, jedoch sich bedingende Bereiche des Währungsmanagements. In der Währungsrisikosteuerung sind grundsätzlich drei verschiedene Exposure-Arten und damit auch drei verschiedene Formen von Fremdwährungsrisiken zu unterscheiden. Das Transaction Risk beschreibt den Einfluss von Wechselkursschwankungen auf zeitnahe Cashflows (Abb. 1.3). Im Gegensatz dazu steht im Mittelpunkt des Economic Risk der langfristige Einfluss der Währungsentwicklung auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmung. Das Translationsrisiko bezeichnet den Einfluss von Wechselkursschwankungen auf Gewinn- und Verlustrechnungs- bzw. Bilanzpositionen im Rahmen einer Konsolidierung. Die einem Unternehmen zur Verfügung stehenden Steuerungsmöglichkeiten lassen sich zunächst in strategische und operative Maßnahmen untergliedern. Während die strategischen Ansätze die grundsätzliche Positionierung einer Unternehmung betreffen und vorwiegend realwirtschaftlicher Natur sowie in Bezug auf die zeitliche Ausrichtung als langfristig zu bezeichnen sind, konzentriert sich die kurzfristig umsetzbare operative Steuerung auf die finanzwirtschaftliche Ebene. Während sich die strategischen Entscheidungen grundsätzlich ausschließlich auf das Unternehmen selbst beziehen, kann wie in Tabelle 1.1 gezeigt, die operative Steuerung sowohl intern als auch nach außen gerichtet stattfinden. Zum Bereich des internen operativen Währungsmanagements können Maßnahmen des Matching, Netting oder Pooling gezählt werden, die zu einer Verringerung des Net Exposure und einer Reduzierung von Transaktionskosten im Währungsbereich beitragen. Als interne strategische Steuerungsmöglichkeiten im Währungsmanagement werden realwirtschaftliche Maßnahmen bezeichnet, die die Sensitivität einer Unternehmung gegenüber Wechselkursänderungen beeinflussen. Die Wahl des Standortes sowie Entscheidungen über das Produktions- und Absatzprogramm können daher aus währungspolitischen Überlegungen erfolgen oder müssen diese Aspekte zumindest berücksichtigen. Tabelle 1.1. Steuerungsmöglichkeiten im Währungsmanagement Intern Extern
Strategisch / Realwirtschaftlich Standortentscheidung Beschaffungsentscheidung Produktions- und Absatzentscheidung
Operativ / Finanziell Leading, Lagging Pooling, Matching, Netting Währungsklauseln, Re-Invoicing Forwards Traditionelle Optionen Exotische Optionen
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1 Risikomanagement aus aufsichtsrechtlicher und ökonomischer Perspektive
Wechselkursrisiko Unsicherheit über die zukünftige Wechselkursentwicklung
Währungs-Exposure Positionen in fremden Währungen
Währungsrisiko Unsicherheit über Höhe zukünftiger Zahlungen in heimischer Währung
Transaction Risk
Translation Risk
Economic Risk
Reduktion des Währungsverlustpotenzials
Reduktion des Währungsverlustpotenzials
Optimierung des relativen Währungs-Exposure
Absicherung laufender Ein- und Auszahlungen Absicherung von Fremdwährungsinvestitionen in Umlaufund Anlagevermögen Absicherung von Fremdwährungsfinanzierungen
Reduktion des Wechselkurseinflusses auf Erfolgsrechnung und Bilanz im Rahmen der Rückführung von Überschüssen und Konsolidierung
Erhaltung der Margen in lokalen Währungseinheiten Reduktion des WährungsExposure des Gesamtunternehmens Diversifikation und Angleichung von Kostenund Ertragsstrukturen in Fremdwährungen
Abb. 1.3. Abgrenzung von Wechselkursrisko, Währungs-Exposure und Währungsrisiko
Da die interne Risikosteuerung ohne externe Intermediäre bzw. Vertragspartner auskommt, lässt sie sich häufig kosteneffizienter gestalten als externe Absicherungsstrategien. Das Ausmaß der durch interne Maßnahmen erreichten ExposureReduzierung hängt dabei von der Güte der Informationen bzw. Vorhersagen über den Zeitpunkt und Umfang der in Fremdwährungen anfallenden Zahlungsströme ab. Die nach außen gerichtete finanzielle Steuerung der Währungsrisiken verwendet das Wechselkursrisiko überwälzende bzw. -kompensierende externe Absicherungsinstrumente. Zielsetzung dieses Steuerungsansatzes ist es, über Kassa- bzw. Terminmärkte Gegenpositionen zu den mit Währungsrisiken behafteten Zahlungsströmen bzw. Aktiva und Passiva zu schaffen. 1.3.3 Zinsrisikosteuerung als Risikomanagementfunktion Das Zins-Exposure eines Unternehmens resultiert aus der Veränderung des Unternehmenswertes durch unerwartete Zinsänderungen und umfasst sowohl Variationen aus einer Verschiebung der Zinsstrukturkurve als auch aus deren strukturellen Veränderung. Da das Zins-Exposure maßgeblich vom Grad der Abhängigkeit zwischen der Zinssensitivität der Aktiva und Passiva determiniert wird, ist es primäre Zielsetzung des Zinsrisikomanagements, eine Angleichung der beiden Zinssensitivitäten zu erreichen und damit den Unternehmenswert gegenüber Zinsschwankungen möglichst zu immunisieren bzw. die Chance-Risiko-Relation im Zinsbereich zu optimieren.
1.3 Management von Markt- und Kreditrisiken
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Zinsrisiken lassen sich in finanzwirtschaftliche und leistungswirtschaftliche Risiken untergliedern. Während finanzwirtschaftliche Zinsrisiken aus bereits existierenden oder geplanten Finanzierungen oder Finanzanlagegeschäften mit Zinsinstrumenten resultieren, werden leistungswirtschaftliche Zinsrisiken durch eine zinsbedingte Nachfrageänderung für die gesamte Wirtschaft bzw. eine Branche oder durch eine zinsbedingte Verschiebung der Wettbewerbsposition gegenüber den Konkurrenten ausgelöst. Derartige zinsbedingte Nachfrageänderungen können jedoch analog zur Vorgehensweise bei den Währungsrisiken als ökonomische Risiken bezeichnet werden. Analog zur Währungsrisikosteuerung sind zur Identifikation des Zins-Exposure sowie der Entwicklung geeigneter Steuerungsstrategien bzw. zur Auswahl geeigneter Steuerungsinstrumente sowohl interne als auch externe Prognoseinformationen erforderlich. Die internen Informationen bestehen dabei wiederum aus möglichst exakten Cashflow-Prognosen. Für die Auswahl geeigneter Steuerungsinstrumente ist dabei der Grad an Unsicherheit von Bedeutung, mit dem die Zahlungsströme verbunden sind. Der Differenzierung der einzelnen Cashflows hinsichtlich Währungen und Fristigkeiten kommt eine große Bedeutung zu, da sich nur auf diese Weise die unterschiedlichen Reaktionsgeschwindigkeiten in Abhängigkeit der Liquidität der Märkte (Zinsvolatilitäten) und eventuell unterschiedliche Zinsstrukturkurven (Basisrisiken) berücksichtigen lassen. Die für eine Zinsrisikosteuerung relevanten externen Faktoren beziehen sich dabei auf eine Prognose der Entwicklung der Zinsstruktur und die diese beeinflussenden ökonomische Faktoren. Da Zinsänderungen maßgeblich unter anderem durch Veränderungen der Wechselkurse ausgelöst werden, ist die Steuerung des Zins-Exposure eng mit der Steuerung des Fremdwährungs-Exposure verbunden. Der Prozess der Zinsrisikosteuerung ist in Abb. 1.4 schematisch dargestellt. Steuerungsmaßnahmen des Zinsrisikomanagements müssen sich innerhalb der für das Unternehmen vereinbarten Risikorichtlinien bewegen, die eine grundsätzliche Risikovermeidung oder eine auf eine Ertrags-Risiko-Optimierung ausgerichtete Risikopolitik vorgeben und damit entweder eine möglichst vollständige Absicherung fordern oder auch eine selektive Hedging-Strategie erlauben. Traditionelle Steuerungsmethoden betreffen die Entscheidung zwischen fester oder variabler Verzinsung einer Mittelaufnahme oder Mittelanlage. Diese sind durch die zur Verfügung stehenden Finanzinstrumente zu ergänzen wie Forward Rate Agreements FRAs, Zins-Futures und –optionen sowie Swaps oder Vereinbarungen über Caps, Floors oder Collars. Bei der Wahl des jeweiligen Steuerungsinstruments sind die jeweiligen Absicherungskosten zu berücksichtigen. So kann beispielsweise eine Kombination aus einer variabel verzinslichen Mittelaufnahme in Verbindung mit einem Zins-Swap-Geschäft kostengünstiger darstellbar sein als eine unmittelbar zu einem festen Zinssatz erfolgende Kapitalbeschaffung.
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1 Risikomanagement aus aufsichtsrechtlicher und ökonomischer Perspektive
Identifikation
Vorhersage der geplanten Kapitalanlage bzw. -aufnahme
Prognose der Zinsentwicklung
Aufstellung allgemeiner Richtlinien für das Zinsrisikomanagement Strategie Risikovermeidung
Externe Risikosteuerung über: Fixed versus Floating Rates Forward Rate Agreements Zins-Futures Zins-Swaps Zinsoptionen
Steuerung
Reporting
Ertrags-Risiko-Optimierung
Reporting und Evaluation der Effektivität von Strategie und Umsetzung
Abb. 1.4. Prozess der Zinsrisikosteuerung
Die Identifikation des finanzwirtschaftlichen Zins-Exposure gestaltet sich bei Industrieunternehmen zumeist einfacher als bei Finanzinstitutionen, da sich die Werte ihrer Aktiva und Passiva in der Regel durch geringere Zinssensitivitäten auszeichnen. Die aus der unterschiedlichen Fristigkeitsstruktur resultierenden Exposure-Effekte werden daher oftmals vernachlässigt. Die verstärkte Verwendung derivativer Finanzinstrumente ermöglicht auch im Zinsrisikomanagement von Industrieunternehmen eine Trennung von Zins- und Liquiditätsrisiko, womit die Steuerung des Zinsrisikos zu einer eigenständigen Erfolgsquelle von Industrieunternehmen werden kann. Der aus der Ausnutzung unterschiedlicher Bindungsfristen auf Aktiv- und Passivseite bei nicht-flachen Zinsstrukturkurven resultierende Ergebnisbeitrag wird als Fristentransformationsergebnis bezeichnet. Eine Steuerung der Zinsrisiken hat sich damit nicht nur auf eine isolierte Betrachtung von Finanzanlagen und Finanzierungsquellen zu beziehen, sondern hat zusätzlich den Ergebnisbeitrag aus der Kombination von Aktiva und Passiva unterschiedlicher Laufzeiten zu umfassen. 1.3.4 Management von Rohstoffpreisrisiken Unternehmen, die im Rahmen ihres operativen Geschäfts auf externe Preise von Input- bzw. Output-Faktoren angewiesen sind, sind Risiken von Waren (Rohstoffe, Commodities) ausgesetzt. Indirekte Commodity-Risiken ergeben sich aus der Überwälzung von Rohstoffpreisschwankungen im Rahmen der Wertschöpfungskette oder durch die Verlagerungen von Wettbewerbsvorteilen. Rohstoff- bzw. Warenpreis- bzw. Commodity-Preisrisiken resultieren dabei aus dem zeitlichen Auseinanderfallen von Beschaffung, Produktion und Absatz.
1.3 Management von Markt- und Kreditrisiken
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Im Gegensatz zu den Wechselkurs- und Zinsrisiken weisen Rohstoffpreisrisiken einen unmittelbaren Bezug zur leistungswirtschaftlichen Geschäftstätigkeit eines Unternehmens auf. Damit zeigt sich, dass gerade im Bereich der Commodity-Risikosteuerung aufgrund der größeren Marktnähe der leistungswirtschaftlichen Bereiche eine intensive Abstimmung sowie ein umfangreicher Informationsaustausch zwischen den operativen bzw. leistungswirtschaftlichen Einheiten und dem Risikomanagement erforderlich sind. Auch zur Steuerung der Commodity-Risiken steht mittlerweile eine Vielzahl von Finanzprodukten zur Verfügung. Zu nennen sind dabei insbesondere sogenannte Warenterminkontrakte, welche zur Absicherung von Rohstoffpreisschwankungen von Nichtedelmetallen, also Aluminium, Kupfer, Nickel oder Zink, zur Absicherung von Preisänderungen von Edelmetallen (Gold, Silber, Platin) und Energieträgern (Rohöl, Erdgas, Heizöl, Benzin), aber auch von Agrarprodukten, wie z. B. Getreide, Tierprodukte oder Genussmittel, zur Verfügung stehen. Die wichtigsten Warenterminbörsen sind in Chicago, New York und London angesiedelt. Mit der Errichtung der Warenterminbörse Risk Management Exchange RMX in Hannover sowie der Energiebörse European Energy Exchange EEX in Leipzig verfügt auch Deutschland über entsprechende Handelsplattformen. Unerwartete Schwankungen der Liquidität sowie vor allem der Wechselkurse, Zinsen und Rohstoffpreise treten oftmals simultan auf. Gleichzeitig zeigt sich, dass einzelne Risikofaktoren über verschiedene ökonomische Beziehungen miteinander in Verbindung stehen. Diese Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Risikofaktoren erfordern eine integrierte Betrachtungsweise und damit eine koordinierte Steuerung im Rahmen des Risikomanagements. 1.3.5 Management von Adressenausfallrisiken Adressenausfallrisiken kennzeichnen das Kreditrisiko, welches durch die Unsicherheit über die künftige Zahlungsfähigkeit eines Schuldners ausgelöst wird. Adressenausfallrisiken können dabei zunächst die Kreditrisiken im engeren Sinne umfassen, die sich auf die Bonitätsrisiken im Kreditgeschäft beziehen. Counterparty-Risiken treten darüber hinaus nicht nur bei einer Kreditvergabe auf, sondern letztlich auch bei jeder im Rahmen des Risikomanagements abgeschlossenen Transaktion. Um Verluste durch den Ausfall von Vertragsparteien z. B. im Rahmen von Hedging-Transaktionen zu vermeiden, müssen Counterparty-Limite festgelegt und im Rahmen von Richtlinien die zulässigen Ratings der Vertragspartner fixiert werden. Auch Kreditrisiken lassen sich in einem Portfolio-Kontext betrachten und bewerten. Auf diese Weise gilt es, ein Portfolio aus mehreren Krediten unter Ausfallrisikoaspekten zu optimieren. Diese Optimierung kann zunächst über die Steuerung der Neugeschäfte erfolgen, indem Kredite nur an solche Kunden vergeben werden, die aus portfoliotheoretischer Sicht in die vorhandene Risikostruktur passen. Diese Form der Steuerung von Kreditrisiken zeichnet sich jedoch durch eine geringe Flexibilität aus. Im Gegensatz zur Steuerung über das Neugeschäft sieht der Kredithandel vor, Kredite zu verbriefen und anschließend an Investoren zu
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1 Risikomanagement aus aufsichtsrechtlicher und ökonomischer Perspektive
veräußern (Securitization). Nachteilig wirkt sich dabei die je nach Konstruktion erforderliche Zustimmung des Schuldners zum Handel und der Syndizierung seiner Kredite aus. Analog zur Steuerung der Marktpreisrisiken lassen sich auch Kreditrisiken über derivative Finanzinstrumente steuern, deren Auszahlung an die Kredit-Performance, d. h. die Bonität des Schuldners gekoppelt ist. Durch Kreditderivate wird es dabei möglich, einen Kredit bzw. das damit verbundene Ausfallrisiko handelbar zu gestalten, ohne dass hierfür eine Zustimmung des Schuldners erforderlich ist. Zudem ermöglichen Kreditderivate eine flexible Steuerung der Kreditrisiken, deren Umfang für Dritte nicht zwingend ersichtlich ist. Kreditderivate ermöglichen eine Separierung des Kreditrisikos von der Basisposition und dessen isolierte Weitergabe an den Kapitalmarkt. Kreditderivate werden überwiegend außerbörslich gehandelt. Mit den Credit Default Swaps, Total Return Swaps und Credit Spread-Optionen haben sich drei derivative Basisstrukturen herausgebildet, von denen die Credit Default Swaps die bei weitem größte Popularität genießen.
Literaturhinweise zu Kapitel 1 Ein breit angelegtes Werk über die ökonomischen Funktionen, die Ausgestaltungsmöglichkeiten und die verschiedenen Anwendungsgebiete des Risikomanagements einschließlich der Bedeutung und Bewertung derivativer Finanztitel ist das Buch von Crouhy, Galai u. Mark 2001. Ein weites Spektrum von Fragestellungen des Risikomanagements deckt auch das Handbuch von Johanning u. Rudolph 2000 ab, in dem die Aufsätze verschiedener Autoren nach Risikobereichen in den Unternehmen sowie nach Branchenbesonderheiten des Risikomanagements gegliedert sind. Eine umfassende analytische Auseinandersetzung mit dem Risikomanagement sowie eine Herleitung und Begründung der finanzwirtschaftlichen Relevanz des unternehmerischen Risikomanagements bietet Bartram 1999, eine lehrbuchmäßige Darstellung des Stoffs findet man bei Oehler u. Unser 2002. Über den Stand der aufsichtsrechtlichen Anforderungen informiert der Beitrag der Deutschen Bundesbank 2007. Auf das Risikomanagement von Finanzintermediären mit Hilfe derivativer Finanztitel zugeschnitten sind die Bücher von Hull 2006, 2008. Strategien des Risikomanagements mit Derivaten für Nichtfinanzunternehmen betrachtet Stulz 2003. Eine lesenswerte Übersicht über die für das Risikomanagement relevanten Begriffe findet man in Romeike 2004.
Schlüsselbegriffe Aktienkursrisiko Economic Risk Kreditrisiko Risikomanagement Transaction Risk
Translation Risk Währungsrisiko Warenpreisrisiko Wechselkursrisiko Zinsrisiko
Fragen
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Fragen 1. Nennen Sie gesetzgeberische Vorschriften und Regulierungen, die Anforderungen an ein unternehmerisches Risikomanagement betreffen. 2. Erklären Sie, warum bei vollkommenem Kapitalmarkt ein Risikomanagement auf Unternehmensebene für den Marktwert des Unternehmens irrelevant ist. 3. Nennen Sie einige wichtige Kapitalmarktunvollkommenheiten und erläutern Sie für zwei ausgewählte Beispiele, warum bei den gegebenen Kapitalmarktunvollkommenheiten ein Risikomanagement wertsteigernd wirken kann. 4. Beschreiben Sie Risiken des internen und Risiken des externen Leistungsbereichs. 5. Was versteht man unter Wechselkursrisiko, Währungs-Exposure und Währungsrisiko? 6. Erklären Sie die Begriffe Transaction Risk, Translation Risk und Economic Risk. Lösungsskizzen sowie weitere Fragen und Aufgaben sind auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de zu finden.
2 Charakteristika derivativer Produkte
Derivative Finanzmarktinstrumente haben seit den siebziger Jahren weltweit beeindruckende Markterfolge und Volumenssteigerungen erzielt. Der Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems und die Abkehr vom System fester Wechselkurse hatten zu Beginn der siebziger Jahre erhebliche Ausschläge der Ölpreise und eine starke Inanspruchnahme der Kapitalmärkte zur Folge. Zunehmende Zahlungsbilanzungleichgewichte trugen zu verstärkten Kursfluktuationen auf allen Finanzmärkten bei. Als Folge war die Nachfrage der Marktteilnehmer nach Instrumenten zur Absicherung gegen Zins-, Preis- und Wechselkursrisiken deutlich gestiegen, was zugleich die Entwicklung zahlreicher neuartiger Finanztitel zur Kurssicherung begünstigte. Durch die Globalisierung und wachsende Vernetzung der Geld-, Kredit- und Kapitalmärkte wurde in Verbindung mit einer weitgehenden Liberalisierung und Deregulierung eine Steigerung des Umlaufs und des Volumens der Wertpapiere induziert. Unter dem Druck des Marktes und des Wettbewerbs entwickeln sich auch heute mehr und mehr innovative Finanztitel, die die Absicherung zukünftiger unternehmensrelevanter Risiken oder Spekulations- und Arbitrage-Möglichkeiten eröffnen.
2.1 Definitorische Vorbemerkungen und Strukturierungsmerkmale Die Bezeichnung „Derivat“ stammt aus dem lateinischen derivare bzw. derivatum („ableiten“, „abgeleitet“) und basiert auf dem zentralen Merkmal derivativer Instrumente, der genau definierten Abhängigkeit seines Wertes von einem originären zugrunde liegenden Finanztitel, einer Ware oder einer anderen spezifizierten Referenzgröße, dem Basisobjekt. Darauf zielen auch die geläufigsten Definitionen derivativer Finanztitel ab: x Stulz 2003, S. 3, bezieht sich auf den Bereich der Chemie, wenn er Derivate bezeichnet als „substance related structurally to another substance and theoretically derivable from it ... Derivatives in finance work on the same principle. They are financial instruments whose promised payoffs are derived from the value of something else, generally called the underlying.“ x Nach dem Gesetz über den Wertpapierhandel WpHG § 2, Absatz 2, sind Derivate unter anderem
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2 Charakteristika derivativer Produkte
1. „… Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) mit Bezug auf … Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente, Devisen oder Rechnungseinheiten, Zinssätze oder andere Erträge, Indices … oder Finanzmessgrößen oder Derivate;“ 2. „Termingeschäfte mit Bezug auf Waren, Frachtsätze, Emissionsberechtigungen, Klima- oder andere physikalische Variablen, Inflationsraten oder andere volkswirtschaftliche Variablen oder sonstige Vermögenswerte, Indices oder Messwerte als Basiswerte …;“ 3. „finanzielle Differenzgeschäfte;“ 4. „als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und dem Transfer von Kreditrisiken dienen (Kreditderivate) …“ x In einem Monatsbericht der Deutsche Bundesbank 1993, S. 63, findet sich folgende Charakterisierung: „Aus einem anderen Finanzprodukt (Basiswert) abgeleitete Finanzmarktinstrumente (zum Beispiel Swaps, Financial Futures, Optionen); können zur Absicherung bestehender Positionen, zur Arbitrage oder für Spekulationszwecke eingesetzt werden. Der Wert bzw. Preis des derivativen Instruments wird beeinflusst vom Wert bzw. Preis des zugrunde liegenden Finanzprodukts.“ Eine erste grobe begriffliche Gliederung derivativer Finanztitel kann an verschiedenen Strukturierungsebenen ansetzen, die sich aus den jeweils intendierten Darstellungszielen heraus ergibt. So ist es üblich, anhand der vertraglichen Vereinbarungen über die Erfüllung des Geschäfts die bedingten von den unbedingten Termingeschäften zu unterscheiden (1. Dimension der Abb. 2.1). Bestehen feste, verbindliche Liefer- und Abnahmeverpflichtungen für die Vertragspartner zu den vereinbarten Konditionen, so spricht man von unbedingten Termingeschäften. Bei den bedingten Termingeschäften wird dem Käufer dagegen ein Wahlrecht eingeräumt, die Lieferung bzw. Abnahme des vereinbarten Gegenstands vom Verkäufer zu verlangen oder darauf zu verzichten. Findet kein Transfer der zugrunde liegenden Titel statt, sondern wird ein Barausgleich zur Erfüllung der Vertragsbedingungen durchgeführt, so spricht man von Differenzgeschäften, die auf der Zahlung der Differenz zwischen dem heute vereinbarten Terminkurs und dem im Ausübungszeitpunkt bestehenden Kurs beruhen. Unterscheidet man die Instrumente dagegen zunächst nach den allgemeinen Rahmenbedingungen des Handesplatzes, so führt dies zur Trennung der börsengehandelten von den außerbörslich gehandelten Derivaten, wobei in weiteren Schritten eine Vielzahl von Mischformen zu beobachten ist. Unter den bedingten Termingeschäfte finden sich börsengehandelte Optionskontrakte und Over the Counter- (OTC-) Optionen, d. h. außerbörsliche Optionen, sowie Optionsscheine. Die fixen Termingeschäfte schließlich umfassen die börsengehandelten Futures und ihre außerbörslichen Pendants, die Forwards, sowie die Swap-Geschäfte (2. Dimension der Abb. 2.1).
2.1 Definitorische Vorbemerkungen und Strukturierungsmerkmale
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Weitere
Warenderivate
Ba Ar sis t d ob es je kt s
OTC-Handel
Finanzderivate
Handelsplatz
Börsenhandel
Te Un rm be in din ge g sc te hä fte
Te B rm ed in ing ge te sc hä fte
Verbindlichkeit der Erfüllung
Abb. 2.1. Dimensionen der Strukturierung derivativer Instrumente
Diese ersten beiden Strukturierungsansätze und die darauf basierende begriffliche und inhaltliche Charakterisierung findet sich in der Vorgehensweise der Kapitel zwei und drei und stellenweise auch in den Bewertungskapiteln neun bis zwölf wieder. Eine dritte Ebene schließlich setzt an den Eigenschaften des Basisobjekts des derivativen Titels an (3. Dimension der Abb. 2.1). Man unterscheidet dabei die Finanzderivate des Aktien-, Zins- und Währungssegments von den Warenderivaten. Derivate, die sich nicht eindeutig dem Basisobjekt „Finanztitel“ bzw. „Commodity“ zuordnen lassen, werden gesondert aufgeführt. Eine Unterscheidung nach dieser dritten Strukturierungsebene wird meist herangezogen, wenn der Anwendungscharakter der Instrumente zum Management bestimmter Risiken herausgestellt werden soll. Folgerichtig wird in den Kapiteln vier bis acht nach diesem Ansatz vorgegangen. Eine weitere Unterteilung in einfach und zweifach derivative Finanzinstrumente ist möglich. Einfach derivative Instrumente sind die Aktienoptionen. Ihnen liegen als Basisobjekt Kassainstrumente zugrunde. Die zweifach derivativen Instrumente sind durch eine weitere Ebene vom Kassamarkt getrennt, deren Basisobjekte sind also bereits Derivate. Beispiele dafür sind Optionen auf Futures, Compound-Optionen (Optionen auf Optionen) und Swaptions.
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2 Charakteristika derivativer Produkte
2.2 Einführende Beispiele Der begrifflichen Einführung in derivative Finanzinstrumente sollen zwei kurze Beispiele – der Einsatz börsengehandelter bedingter Termingeschäfte zum Management von Aktienkursrisiken sowie der Einsatz außerbörslicher unbedingter Termingeschäfte zur Absicherung von Währungsrisiken – vorangestellt werden. Im ersten Beispiel spekuliert ein Investor auf einen mittelfristig steigenden Kurs der Aktie eines bestimmten Unternehmens und möchte mit einem geringen Kapitaleinsatz seine Erwartung gewinnbringend umsetzen. Dazu kauft er am Ausgangszeitpunkt an einer Terminbörse eine Kaufoption (Call-Option) auf eine Aktie des Unternehmens mit Fälligkeit in einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt. Der Ausübungspreis der Option soll nach Annahme bei 95 €, der Preis der Option bei 9,79 € liegen. Damit erwirbt der Investor das Recht, die zugrunde liegende Aktie bis zur Fälligkeite zum Preis von 95 € kaufen zu dürfen. Notiert die zugrunde liegende Unternehmensaktie am Verfalltermin unter dem im Optionskontrakt festgelegten Ausübungspreis von 95 €, so wird der Investor die Option nicht ausüben. Am Kassamarkt könnte man günstiger die Aktien erwerben als über das Ausüben des Optionsrechts, d. h. die Option verfällt wertlos. Das Optionsgeschäft war für den Investor verlustreich, er „verliert“ die gezahlte Optionsprämie von 9,79 €. Steigt der Aktienkurs dagegen über 95 € – beispielsweise auf 107 € – so wird der Investor die Kaufoption ausüben, da die Aktie aufgrund des vereinbarten Optionsgeschäfts zu 95 € und damit um 12 € billiger gegenüber dem Kauf am Kassamarkt zu beziehen ist. Dieser Preisvorteil kann beispielsweise durch den Kauf der Aktie für 95 € und den sofortigen Weiterverkauf am Kassamarkt zu 107 € realisiert werden. Die Spekulation des Optionsinhabers war erfolgreich: Berücksichtig man die gezahlte Optionsprämie von 9,79 €, so macht der Inhaber der Kaufoption einen Gewinn in Höhe von 2,21 € = 107 € 95 € 9,79 €. Bei dieser vereinfachten Rechnung werden offenbar nicht nur Transaktionskosten, wie Gebühren und Sicherheitenhinterlegungen, sondern auch Zinseffekte aufgrund des unterschiedlichen zeitlichen Anfalls von Zahlungen vernachlässigt. Während die Optionsprämie im Zeitpunkt des Kaufs der Optionen zu zahlen ist, erfolgen etwaige Gewinn- und Verlustabrechnungen zum Fälligkeitszeitpunkt der Option bzw. regelmäßig zu bestimmten Zeitpunkten während der Optionslaufzeit. Betrachtet man den Zeitpunkt der Fälligkeit des Termingeschäfts, so kann man die grundsätzlichen Auswirkungen der mit Derivaten zusammenhängenden Chancen und Risiken anschaulich in sogenannten Gewinn- und Verlustprofilen darstellen. Auf der horizontalen Achse wird dazu das mögliche Kursniveau im Basisobjekt zur Fälligkeit abgetragen. Auf der vertikalen Achse sind die Optionsprämie wie auch die positive Differenz zwischen Kassakurs und Ausübungspreis bei Kaufoptionen abgetragen, mithin der Erfolg bzw. Misserfolg der eingegangenen Positionen unter Vernachlässigung von Transaktionskosten und Zinseffekten. Die möglichen Wertentwicklungen werden kurz als Gewinn bzw. Verlust der Position bezeichnet. Das Gewinn/Verlustprofil impliziert, dass alle abgetragenen Positionen im Ausgangszeitpunkt eingegangen und im Fälligkeitszeitpunkt aufgelöst bzw. glattgestellt werden.
2.2 Einführende Beispiele
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Abb. 2.2. Beispiel zum Gewinn/Verlustprofil in Aktienkaufoptionen
Das Gewinn/Verlustprofil in Abb. 2.2 macht deutlich, dass der Optionsinhaber (Long Call) eventuelle Kurssteigerungen in der Basisaktie unter Abzug der CallPrämie voll antizipiert. Man sagt deshalb auch, dass die Gewinnmöglichkeiten bei Inhaberpositionen in Optionsgeschäften nicht begrenzt sind. Der Verlust ist dagegen auf die bezahlte Optionsprämie beschränkt, da der Inhaber sein Optionsrecht nur dann ausüben wird, wenn es für ihn von Vorteil ist. Die Gewinnschwelle berechnet sich zu 104,79 €, d. h. ab einem Aktienkurs von 104,79 € war ex post betrachtet das Optionsgeschäft für den Investor von Vorteil. Der Vertragspartner des Optionskäufers, der Verkäufer der Option, erreicht im Falle, dass der Aktienkurs zur Fälligkeit unter 95 € notiert, seine maximale Gewinnposition in Höhe der erhaltenen Optionsprämie. Kommt es zur Ausübung der Option, so muss der Verkäufer beispielsweise am Kassamarkt eine Aktie zum geltenden Kassakurs kaufen und an den Inhaber der Option zum Preis von 95 € weiterverkaufen. Die negative Differenz zwischen Ausübungspreis und Kassakurs stellt den sich mit steigenden Kursen in der Basisaktie linear steigenden Verlust des Optionsverkäufers dar. Die Short Call-Position des Optionsverkäufers enthält im Unterschied zur Inhaberposition offenbar unbegrenzte Verlustgefahren, so dass man im Vergleich von Long- und Short-Optionspositionen auch von einem asymmetrischen Gewinn/Verlustprofil spricht. Im zweiten Beispiel wird ein Unternehmen mit Sitz im Euro-Währungsraum betrachtet, das bei einem in den USA ansässigen Vertragspartner Maschinenteile bestellt hat und dafür in einem Jahr 101.920 US$ zu zahlen hat. Das Unternehmen ist damit einem Währungsrisiko ausgesetzt. Der heutige Wechselkurs beträgt in der sogenannten Mengennotierung 1,2500 €-US$, d. h. nach Annahme erhält man für 1,2500 US-Dollar genau einen Euro bzw. hat für einen US-Dollar 0,800 Euro zu zahlen. Der 12-Monats-Geldmarkt-Zinssatz für US-Dollar-Anlagen steht bei
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2 Charakteristika derivativer Produkte
1,92 %, der für Euro-Anlagen bei 4,00 %. Das Unternehmen sieht zwei Möglichkeiten, sich gegen das Währungsrisiko abzusichern: x Es tätigt eine einjährige Geldanlage im US$-Währungsraum über 100.000 US$. Mit der Rückzahlung einschließlich Zinsen von 101.920 US$ wird die fällige Rechnung beglichen. Für die US$-Anlage nimmt das Unternehmen im heimischen Währungsgebiet einen Kredit über 80.000 €, den es einschließlich Zinsen in einem Jahr zu 83.200 € tilgt: 80.000, 00 € 1, 04
100.000, 00 US$ 1, 04 83.200, 00 € 1, 2500 US$ €
x Das Unternehmen kann alternativ 101.920 US$ auf Termin kaufen, d. h. eine sogenannte Long Forward-Position eingehen. Mit F als dem heutigen Terminpreis eines US-Dollar in einem Jahr hat das Unternehmen somit in einem Jahr einen Euro-Betrag von 101.920 US$1/F zu zahlen. Beide Strategien erfordern im Ausgangszeitpunkt keine Eigenmittel, das Währungsrisiko wird vollständig eliminiert. Auf perfekten Märkten sollten demnach beide Strategien zum gleichen Euro-Ertrag in einem Jahr führen, für den in Mengennotierung angegebenen 12-Monats-Forward-Preis eines US-Dollar gilt also: F
101.920, 00 US$ 83.200, 00 €
1, 2250 US$ €
Dieser Forward-Preis besagt, dass man in einem Jahr pro 1,2250 US-Dollar einen Euro erhält (oder in der reziproken Preisnotierung ausgedrückt pro US-Dollar gerundet 0,8163 Euro zahlt). Gewinn/Verlust in Euro Long Forward
1,2250
€-US$ zur Fälligkeit in Mengennotierung
-83.200 Hedge-Position = offene Position und Long Forward
offene Fremdwährungsposition
Abb. 2.3. Beispiel zum Gewinn/Verlustprofil in Währungs-Forwards
2.3 Grundpositionen bei bedingten und unbedingten Termingeschäften
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In Abb. 2.3 sind die Gewinn/Verlustprofile in der offenen Fremdwährungs- und in der Forward-Position abgetragen. Die Addition der beiden Zahlungsströme bezeichnet man als Hedge-Position. Sollte sich in einem Jahr beispielsweise ein Wechselkurs von 1,40 €-US$ einstellen, so hat das Unternehmen zwar nur 72.800 € aufzuwenden, um die fällige Rechnung über 101.920 US$ zu zahlen. Genau entgegengesetzt entwickelt sich aber der Zahlungsstrom der ForwardPosition. In der Gesamtposition resultiert eine von Wechselkursrisiken unabhängige, fixe Zahlungsverpflichtung von 83.200 €, die in einem Jahr zu leisten ist: 101.920 US$ 1, 225 US$ €
83.200, 00 €
2.3 Grundpositionen bei bedingten und unbedingten Termingeschäften 2.3.1 Optionen Eine Option berechtigt den Optionskäufer (Inhaber der Option), x eine bestimmte Menge eines bestimmten Guts (Basiswert, Basisobjekt) x zu einem festgelegten Preis (Ausübungspreis, Basispreis; auch: Ausübungskurs, Basiskurs) x zu einem festgelegten zukünftigen Zeitpunkt bzw. jederzeit bis zu einem Verfalldatum x zu erwerben (Call-Option, Kaufoption) bzw. x zu veräußern (Put-Option, Verkaufsoption). Für dieses Recht, das keine Verpflichtung beinhaltet, zahlt der Käufer dem Verkäufer der Option eine Prämie, den Optionspreis. Ist die Ausübung der Option nur zu einem bestimmten Zeitpunkt möglich, so spricht man von einer europäischen Option. Kann die Option jederzeit bis zu einem festgelegten Zeitpunkt, dem Verfalldatum, ausgeübt werden, so handelt es sich um eine amerikanische Option. Der Verkäufer (Stillhalter) der Option ist verpflichtet, während der festgelegten Frist (Laufzeit) auf Verlangen des Käufers den Basiswert zum vereinbarten Basispreis zu liefern oder abzunehmen. Nimmt der Inhaber der Option sein Optionsrecht in Anspruch (Ausübung der Option), tritt die genannte aufschiebende Bedingung ein und der Kaufvertrag muss erfüllt werden. Bei den Optionsgeschäften sind demnach vier mögliche Grundpositionen zu unterscheiden, und zwar x x x x
der Kauf einer Kaufoption, der Verkauf einer Kaufoption sowie der Kauf einer Verkaufsoption und der Verkauf einer Verkaufsoption.
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2 Charakteristika derivativer Produkte
Für jede dieser Grundpositionen wird in diesem Abschnitt der realisierte Gewinn und Verlust am Verfalltag in Abhängigkeit von der Kursentwicklung im Basiswert dargestellt. Der Käufer einer Kaufoption (Long Call) erwirbt durch Zahlung des Optionspreises das Recht, die Lieferung des dem Kontrakt zugrunde liegenden Wertes zum festgelegten Ausübungspreis und innerhalb der vereinbarten Optionsfrist zu verlangen. Wird mit C der Optionspreis, mit K der Ausübungspreis, mit T die Restlaufzeit bzw. das Verfalldatum der Option und mit ST bzw. S(T) der Kurs des Basiswertes am Fälligkeitstag bezeichnet, so ergibt sich das Gewinn- und Verlustprofil aus einer Long Call-Position zur Fälligkeit wie in der Abb. 2.4 angegeben. Liegt der Kassakurs des Basisobjekts am Verfalltermin unter dem im Optionskontrakt festgelegten Ausübungspreis, so wird der Inhaber die Option nicht ausüben, da er sich direkt am Markt billiger in dem Basisobjekt bedienen kann als über das Ausüben seines erworbenen Optionsrechts. Die Option verfällt wertlos, die Long Call-Position erreicht den maximalen Verlust in Höhe der gezahlten Optionsprämie. Steigt der Kurs S(T) über K, so wird die Kaufoption ausgeübt, da das Basisobjekt zu K bezogen und sofort am Kassamarkt zu S(T) verkauft werden kann. Der Graph der Long Call-Position nimmt dann den Wert S(T) K C an. Der Verkäufer einer Kaufoption (Short Call) verpflichtet sich, im Falle der Ausübung der Option den Basiswert zu dem vereinbarten Basispreis zu liefern. Als Entgeld für diese während der Optionsfrist bestehende Verpflichtung erhält er die Optionsprämie. Das Gewinn/Verlustprofil des Stillhalters einer Call-Option ist in Abb. 2.5 aufgeführt. Der Stillhalter erzielt im Falle, dass K größer als S(T) ist, einen maximalen Gewinn in Höhe der Optionsprämie C. Dieser Gewinn verringert sich mit höheren Kursen S(T), bis er beim Kursniveau S(T) = K + C Null erreicht. Die Short Call-Position enthält prinzipiell unbegrenzte Verlustgefahren.
Abb. 2.4. Gewinn/Verlustprofil des Kaufs einer Kaufoption
2.3 Grundpositionen bei bedingten und unbedingten Termingeschäften
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Abb. 2.5. Gewinn/Verlustprofil des Verkaufs einer Kaufoption
Gewinn/ Verlust Long Put
Ausübungspreis K Optionsprämie P
Gewinnschwelle K P
Abb. 2.6. Gewinn/Verlustprofil des Kaufs einer Verkaufsoption
Kurs des Basistitels zur Fälligkeit
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2 Charakteristika derivativer Produkte
Abb. 2.7. Gewinn/Verlustprofil des Verkaufs einer Verkaufsoption
Der Käufer einer Verkaufsoption (Long Put) erwirbt gegen Zahlung der Optionsprämie P das Recht, das Basisobjekt zu dem vereinbarten Basispreis am Fälligkeitstermin zu verkaufen. Diese Position drückt sich im Gewinn- und Verlustprofil der Abb. 2.6 aus. Die Inhaberposition ist hier wiederum durch einen begrenzten Verlust und im Prinzip unbegrenzte Gewinnmöglichkeiten gekennzeichnet. Die Position schneidet die horizontale Achse im Punkt K P; die Option wird ausgeübt, falls der Kurs des Basisobjekts unter den Ausübungspreis fällt. Die Position des Verkaufs einer Verkaufsoption (Short Put) ist schließlich gekennzeichnet durch den maximal möglichen Gewinn in Höhe der eingenommenen Optionsprämie und unbegrenzte Verlustgefahren bei fallenden Kursen, da der Stillhalter für das Verkaufsniveau in Höhe von K einstehen muss. Das Gewinnund Verlustprofil der Abb. 2.7 ergibt sich analog zu oben aus der Spiegelung des Profils der zugehörigen Inhaberposition aus Abb. 2.6 an der horizontalen Achse. Die Optionsprämie ist der Preis, zu dem die Option am Markt gehandelt wird. Der Preis bestimmt sich durch Angebot und Nachfrage und hängt von zahlreichen Einflussfaktoren wie dem Kassakurs des Basisobjekts, dem Ausübungspreis, der Optionslaufzeit, Margins, Transaktionskosten und Steuern ab. Auch deutlich schwerer zu quantifizierende Rahmenbedingungen wie Zutrittsbeschränkungen zu den Terminmärkten sowie die Risikoeinstellung der Marktteilnehmer haben Einfluss auf den Preis derivativer Finanztitel.
2.3 Grundpositionen bei bedingten und unbedingten Termingeschäften
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Während der Optionspreis der sich am Markt einstellende Handelspreis ist, spricht man in der modelltheoretischen Analyse und Bewertung von Optionen von dem Wert der Option. Der Wert einer Option wird im allgemeinen in die zwei Komponenten innerer Wert und Zeitwert zerlegt: Optionswert = Innerer Wert Zeitwert
(2.1)
Der innere Wert einer Kaufoption zu einem beliebigen Zeitpunkt ergibt sich als positive Differenz zwischen dem Kassakurs des Basisobjekts zu dem betrachteten Zeitpunkt und dem Ausübungspreis bzw. als Null, wenn diese Differenz negativ ist und der Optionsinhaber die Option zu dem betrachteten Zeitpunkt nicht vorteilhaft ausüben kann. Der innere Wert einer Verkaufsoption ist gleich der Differenz aus Ausübungspreis und Kassakurs bzw. gleich Null, wenn diese Differenz negativ ist. Formal gilt somit: Innerer Wert einer Kaufoption Innerer Wert einer Verkaufsoption
max S K , 0 max K S , 0
(2.2) (2.3)
Ist der innere Wert der Option positiv, so spricht man davon, dass die Option im Geld (in the money) liegt. Ist der Ausübungspreis gleich dem Kassakurs, so ist die Option am Geld (at the money). Gilt S < K im Falle einer Kaufoption bzw. S > K bei einer Verkaufsoption, so ist die Option aus dem Geld (out of the money). In der Regel ist der Optionswert höher als der innere Wert, die zusätzliche Komponente wird als Zeitwert bezeichnet. Im Zeitwert spiegeln sich die während der Restlaufzeit der Option noch möglichen für den Investor positiven Kursentwicklungen wider. Somit verringert sich der Zeitwert mit abnehmender Restlaufzeit, da die Chancen für Kursschwankungen eines Basiswertes in einem längeren Zeitraum größer sind als in einem kürzeren, und wird am Verfalldatum gleich Null sein. 2.3.2 Forwards und Futures Unbedingte Termingeschäfte werden in der speziellen Form der Futures als standardisierte Verträge an Börsen abgeschlossen und gehandelt. Futures beinhalten die verbindliche Vereinbarung über x die Lieferung (Verkäufer des Future-Kontraktes) bzw. x die Abnahme (Käufer des Future-Kontraktes) x der bestimmten Menge eines bestimmten zugrunde liegenden Finanztitels (Basiswert, Basisobjekt) x zu einem im voraus festgelegten Preis (Future-Preis) und x zu einem späteren Zeitpunkt (Liefertag). Als unbedingte Termingeschäfte müssen sie immer erfüllt oder durch ein kompensierendes Gegengeschäft glattgestellt werden. Die den Futures entsprechenden außerbörslichen unbedingten Termingeschäfte bezeichnet man als Forwards.
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2 Charakteristika derivativer Produkte
Gewinn/ Verlust
Long Future
FuturePreis F
Kurs des Basistitels zur Fälligkeit
Abb. 2.8. Gewinn/Verlustprofil des Kaufs eines unbedingten Termingeschäfts
Gewinn/ Verlust Short Future
FuturePreis F
Kurs des Basistitels zur Fälligkeit
Abb. 2.9. Gewinn/Verlustprofil des Verkaufs eines unbedingten Termingeschäfts
2.4 Derivate als Instrumente des Risikomanagements
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Das Gewinn- und Verlustprofil bei Futures (und Forwards) beinhaltet im Gegensatz zu den Optionsgeschäften für Käufer wie auch Verkäufer grundsätzlich positive Eintrittswahrscheinlichkeiten für beliebig hohe Gewinne und Verluste. Man spricht deshalb auch kurz von einem symmetrischen Gewinn- und Verlustprofil. Die zwei möglichen Grundpositionen sind die Long- und die Short-Position; die Long-Position stellt das Ergebnis des Kaufs, die Short-Position das Ergebnis des Verkaufs eines unbedingten Termingeschäfts dar. Die Gewinn- und Verlustprofile der beiden möglichen Future- (bzw. Forward-) Grundpositionen sind in den Abb. 2.8 und Abb. 2.9 enthalten. Ein Anleger mit einer Long-Position profitiert von einem Kursanstieg im Basiswert, der Inhaber der Short-Position von fallenden Kursen. Ist der Basiswert im Kurs gestiegen, so kann mit der Long-Position durch Glattstellung bzw. durch das Halten der Position bis zur Kontraktfälligkeit ein Gewinn in Höhe der Differenz zwischen Kassakurs und Future-Preis erzielt werden. Findet zum Zeitpunkt der Fälligkeit ein Barausgleich statt, so erhält der Käufer die Differenz zwischen Kassakurs S(T) und vereinbartem Future-Preis F. Wird der Basiswert physisch geliefert, so kann der Erwerber des Termingeschäfts den Basiswert zu F beziehen und ihn beispielsweise sofort wieder zu S(T) am Kassamarkt verkaufen, um als Gewinn die Differenz S(T) – F zu realisieren. Die Glattstellung der Terminposition erfolgt durch das Eingehen einer entgegengesetzten Position in gleicher Höhe und mit der gleichen Kontraktfälligkeit. Das Gewinn- und Verlustpotenzial des Verkäufers des Termingeschäfts ergibt sich analog aus der geeigneten Drehung oder Spiegelung der Position des Käufers.
2.4 Derivate als Instrumente des Risikomanagements 2.4.1 Risikobereiche der derivativen Finanzterminmärkte Eine Grobgliederung der derivativen Finanzinstrumente und Märkte kann vor dem Hintergrund des Einsatzes zum Management von Risiken durch Zuordnung zu systematischen und unsystematischen Risiken erfolgen. Derivative Instrumente sind nämlich entweder auf einzelne Finanztitel oder auf die Zusammenfassungen mehrerer Finanztitel gerichtet. Bei einer geschickten Zusammenstellung mehrerer Finanztitel zu einem Portfolio wird durch Diversifikation bereits ein erheblicher Teil des Risikos vernichtet. Das verbliebene Risiko bezeichnet man in der Kapitalmarkttheorie als systematisches, nicht vermeidbares und daher bewertungsrelevantes Risiko. Die Differenz zwischen dem Gesamtrisiko eines einzelnen Titels oder eines Portfolio und dem systematischen Risiko ist das unsystematische Risiko. Diese Abgrenzung ist mit einigen Abwandlungen auch in die praktische Diskussion und die Begriffsbildung der Bankaufsichtsbehörden eingeflossen. Die Matrix in Tabelle 2.1 strukturiert risikotransformierende Finanztitel anhand der Risikobereiche, denen sich die Marktpreise der Finanztitel zuordnen lassen. Die einzelnen Risikobereiche sind auf der Vertikalen abgetragen. Die systematischen Risiken können als generelle Marktpreise für Finanztitel von den individuel-
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2 Charakteristika derivativer Produkte
len Marktpreisen unterschieden werden. Generelle Marktpreise umfassen die Marktzinssätze, die Preise für Devisen und Rohstoffe sowie das Marktrisiko am Aktienmarkt, aber neuerdings auch Preise für Katastrophenrisiken, Gesundheitsrisiken, Inflationsrisiken und viele mehr. Als individuelle Marktpreise für Finanztitel können die Risikoprämien für Eigenkapital einzelner Gesellschaften, die Risikoprämien für mezzanine Kapitaltitel einzelner Gesellschaften und auch die Risikoprämien für Fremdkapitaltitel berücksichtigt werden, wenn sich Änderungen des Marktpreises für Schuldverschreibungen z. B. aus Bonitätsverschlechterungen ergeben. Als risikentransformierende Finanzmärkte sind grundsätzlich alle Kassa- und Terminmärkte zu berücksichtigen. Auf der Horizontalen der Tabelle 2.1 sind ausschließlich Zukunftsmärkte dargestellt. Tabelle 2.1. Übersicht über risikotransformierende Finanztitel Risikobereiche Zinsen
Systematische Risiken
Märkte Future- bzw. ForwardMärkte Zinsterminkontrakte Forward Rate Agreements Zins-Swaps
Wechselkurse Marktpreise des Risikos Rohstoff- und Absatzgüterpreise
Weitere Marktwerte von EigenkapitalUnsystematische anteilen Risiken Marktwerte von MezzanineKapital Marktwerte von Fremdkapitalanteilen
Währungsterminkontrakte Devisentermingeschäfte Währungs-Swaps Indexterminkontrakte Indexanleihen
Optionsmärkte Bond-Optionen Optionen auf Zinsterminkontrakte Caps, Floors, Collars Swaptions Währungsoptionen Optionen auf Währungsterminkontrakte Aktienindexoptionen Optionen auf Indexterminkontrakte Optionen auf Agrarprodukte Industrierohstoffe Energie
Commodity Price Swaps Futures / Forwards auf Agrarprodukte Industrierohstoffe Energie Katastrophen-Futures, Inflationsderivate, Ökonomische Derivate, Wetterderivate Aktienterminkontrakte Aktienoptionen Aktienoptionsscheine Optionsgenussscheine Total Return Swap
Quelle: In Anlehnung an Rudolph 1993, S. 129.
Credit Default Swaps
2.4 Derivate als Instrumente des Risikomanagements
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Mit Aktienindexoptionen beispielsweise kann man sich an einem Optionsmarkt gegen das den Gesamtaktienmarkt betreffende Kursrisiko absichern. Dementsprechend sind die Aktienindexoptionen an der Stelle „Marktpreise des Risikos / Optionsmärkte“ in der Tabelle 2.1 aufgeführt. Mit einzelnen Aktienoptionen können dagegen nur unternehmensspezifische Kursrisiken abgesichert werden, so dass Aktienoptionen bei „Marktwerte von Eigenkapitalanteilen / Optionsmärkte“ aufzuführen sind. Die risikotransformierenden Finanztitel können hier natürlich nicht vollständig aufgeführt werden; die in der Matrix explizit notierten Finanzinstrumente sind somit nur beispielhaft zu verstehen. Darüber hinaus befindet sich der Markt für derivative Finanztitel in dauernder Bewegung. Bestimmte Titel wie die Optionen auf Aktienindexterminkontrakte verlieren an Bedeutung oder verschwinden sogar zumindest für einen gewissen Zeitraum vom Markt. Andere wie die Katastrophenderivate, die Kreditderivate oder auch die Energiederivate scheinen in ihrem Lebenszyklus erst am Anfang zu stehen. 2.4.2 Börsengehandelte Kontrakte und OTC-Termingeschäfte Die betrachteten Märkte für Risikoabsicherungsinstrumente sind den Terminmärkten zuzuordnen. Auf den Terminmärkten findet der Abschluss von Termingeschäften durch ein über technische Notwendigkeiten hinausgehendes zeitliches Auseinanderfallen des Vertragsabschlusses und der Vertragserfüllung statt. Dabei wird der Preis des Handelsobjekts bereits bei Geschäftsabschluss festgelegt. Dagegen erfolgt die Erfüllung der Börsengeschäfte auf den Kassamärkten kurzfristig zum Kassakurs. Sowohl der Termin- als auch der Kassamarkt sind Teile des Wertpapiermarktes. Im Gegensatz zu den Wertpapierbörsen sind Terminbörsen stets auch Primärmärkte, da der Erwerb und die Veräußerung eines Terminkontraktes die Neuschaffung eines Finanztitels darstellt. Der Primärmarktfunktion als eine der Grundfunktionen einer Terminbörse ist die Aufgabe der Ausgestaltung der an ihr gehandelten Finanztitel vorgelagert. Die Fixierung der Charakteristika der Terminkontrakte ist zugleich einer der wesentlichen Aspekte ihrer Marktbildungsfunktion. Terminbörsen sind auch Sekundärmärkte: Zwar können die Käufer und Verkäufer eines Terminkontraktes ihre Rechte und Pflichten nicht direkt veräußern, sie können aber jeweils eine genau entgegengesetzte Position in derselben Kontraktart eingehen, wodurch sich Rechte und Pflichten gegenseitig aufheben. Primärmarkt- und Sekundärmarktfunktionen von Terminbörsen sind daher eng miteinander verbunden. Bei den börsengehandelten Terminprodukten spricht man statt von einem Termingeschäft zumeist von einem Terminkontrakt. Börsenmäßig organisierte Märkte weisen einen hohen Standardisierungsgrad auf. Die Standardisierung nach Qualitäten und Lieferbedingungen wird von der Terminbörse vorgenommen. Die Standardisierung erfolgt insbesondere
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2 Charakteristika derivativer Produkte
x sachlich durch Fixierung einheitlicher Mengen und Qualitäten, x räumlich sowohl hinsichtlich des Ortes des Kontrakthandels als auch des Erfüllungsortes des Kontraktes, x zeitlich durch Vorgabe fester Fälligkeitstermine der Kontrakte und x persönlich, indem durch Zwischenschaltung der Börse in Form der sogenannten Clearing-Stelle als Vertragspartner für Käufer und Verkäufer die Beziehungen zwischen den Marktteilnehmern entpersönlicht werden und damit das Erfüllungsrisiko weitgehend oder ganz entfällt. Mit der Standardisierung soll der Kontrakt an Homogenität und dadurch der Markt an Liquidität gewinnen. Die sachliche und räumliche Standardisierung macht Transaktionswünsche der Marktteilnehmer teilbar (Losgrößentransformation), so dass sich ein Kauf- oder Verkaufswunsch auf mehrere Order aufteilen und somit auf mehrere Käufer bzw. Verkäufer verteilen lässt. Die zeitliche Standardisierung erhöht die Fristentransparenz, wobei sich allerdings die Fristenkongruenz für einzelne Marktteilnehmer verschlechtern kann. Die Prolongation und die Glattstellung werden aber erleichtert. Die persönliche Standardisierung bedeutet die Ausschaltung des Bonitätsrisikos, so dass auf Kontraktmärkten isoliert Preisrisiken gehandelt werden können. Eine hohe Liquidität macht es den Händlern leicht, in die Märkte einzusteigen und sie wieder zu verlassen. Die hohe Liquidität verhindert darüber hinaus die unvorhergesehene Kursänderung zwischen der Veranlassung und dem endgültigen Abschluss eines Auftrags, den Slippage-Effekt. Schließlich sinken mit zunehmender Liquidität die Geld-Brief-Spannen, d. h. die Differenzen zwischen den Kaufund Verkaufskursen der Kontrakte. Kleine Geld-Brief-Spannen führen dazu, dass sich geringfügige Veränderungen in der Informationslage sofort in den Preisen niederschlagen. Konkurrenten der Finanztitelbörsen sind die Over the Counter (OTC)-Märkte als Großhandelsmärkte in Bezug auf die gehandelten Volumina, die Basiswerte der Terminkontrakte und die Marktteilnehmer (Institutionelle Anleger, Kreditinstitute etc.). „Over the Counter“ lässt sich im vorliegenden Zusammenhang frei übersetzen als „über den Verkaufstisch“ oder auch „über den Banktresen“. WertpapierOTC-Märkte sind wie Wertpapierbörsen Sekundärmarktsegmente des Kapitalmarktes. Der Handel findet beispielsweise per Telefon und über direkte Kontakte der Marktteilnehmer statt. Der Termingeschäft-OTC-Markt ist ein Primärmarktsegment, da die Übertragbarkeit der jeweiligen Rechtsposition eingeschränkt und unüblich ist. Als Besonderheiten der OTC-Märkte gelten die fehlende Standardisierung der Handelsusancen, die unterschiedliche Bonität der Marktteilnehmer und Terminprodukte sowie eine geringe Markttransparenz. OTC-Markttransaktionen und Börsentransaktionen weisen so ein unterschiedliches Risikoprofil auf, was sich auch in der geringeren staatlichen Beaufsichtigung der OTC-Markttransaktionen äußert. In der Tabelle 2.2 sind einige Charakteristika börsengehandelter und außerbörslich gehandelter derivativer Kontrakte zusammenfassend gegenübergestellt.
2.5 Motive des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente
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Tabelle 2.2. Charakteristika börsengehandelter Derivatekontrakte versus außerbörslicher derivativer Geschäfte
Handel... Vertragsparameter...
Liquidität...
Laufzeiten... Adressenausfallrisiko... Transparenz... Margins... Geldfluss...
Effektive Erfüllung...
Außerbörslich gehandelte Derivate (OTC-Optionen, Forwards, Swaps etc.) außerbörslich sind individuell nach den Kundenbedürfnissen vereinbart; oft mit gewissen marktgängigen Parametern. je nach Marktsegment und Geschäft unterschiedlich; nur in bestimmten Märkten (Zinssatz-Optionen, Zins-Swaps) sehr hoch. kurz-, mittel- und langfristig. tragen Käufer und Verkäufer gleichermaßen. meist gering; nur in besonders liquiden Märkten sehr hoch. sind individuell ausgehandelt. erst bei Lieferung bzw. Ausübung bzw. an einzelnen Abrechnungsterminen; lediglich Optionsprämie im Ausgangszeitpunkt. ist häufig beabsichtigt.
Börsengehandelte Derivate (Optionskontrakte, Futures etc.) an der Börse sind standardisiert (sachlich, räumlich, zeitlich, persönlich). zumeist recht hoch.
tendenziell ausschließlich kurz- und nur zum Teil mittelfristig. übernimmt Clearing-Stelle. sehr hoch. sind standardisiert. täglicher Gewinn- und Verlustausgleich im Rahmen des Marking to the Market des Börsen-Clearing; Optionsprämie im Ausgangszeitpunkt. lediglich geringer Prozentsatz der Kontrakte wird erfüllt; Ausgleich durch Gegenkontrakte überwiegt.
2.5 Motive des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente 2.5.1 Einordnung Finanzderivate sind Instrumente, mit denen Wirtschaftssubjekte ihre Risikopositionen entsprechend ihrer individuellen Ausgangspositionen, ihrer Erwartungen und Risikopräferenzen schnell und mit geringen Transaktionskosten gestalten oder umgestalten können. Ihr Einsatz kann dabei sowohl der Risikoabsicherung (Hed-
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2 Charakteristika derivativer Produkte
ging) als auch der gezielten Risikoübernahme (Spekulation, Trading) dienen. Ein drittes Motiv ist das Ausnutzen möglicher Preisdifferenzen am Markt von gleichen oder gleichartigen Positionen durch simultane Kauf- und Verkaufstransaktionen (Arbitrage). In der praktischen Anwendung lassen sich die drei Motive im Allgemeinen nicht streng voneinander trennen, d. h. es gibt Transaktionen, bei denen Hedging-, Trading- und Arbitrage-Gesichtspunkte gemeinsam eine Rolle spielen. So implementiert beispielsweise ein Großteil der Hedge Funds, die sich bevorzugt derivativer Instrumente zur Umsetzung ihrer Anlagestrategien bedienen, im Rahmen sogenannter Long-Short-Positionen letztlich Arbitrage-Transaktionen mit spekulativem Charakter. Zur Umsetzung der genannten Transaktionsmotive müssen nicht immer zwingend derivative Finanzinstrumente herangezogen werden. So kann eine Spekulation auch durch den Kauf des Kassainstruments erfolgen, eine Absicherung durch den Verkauf des Basistitels. Der Kauf oder Verkauf der Basistitel kann aber insbesondere bei kurzfristig orientierten Transaktionen verschiedene Nachteile aufweisen: x Kassatransaktionen können mit höheren Transaktionskosten verbunden sein. x Beim Kauf der Basistitel können höhere Verschuldungsnotwendigkeiten entstehen, die nicht oder nur mit erheblichen Nachteilen realisierbar erscheinen. x Beim Verkauf der Basistitel kann der Inhaber das Stimmrecht auf der Hauptversammlung der Gesellschaft verlieren. x Der Kauf oder Verkauf der Basistitel kann mit Meldepflichten verbunden sein. x Das angestrebte Risikoprofil lässt sich durch die Basiswertpapiere beispielsweise bei Erwartung einer größeren Marktvolatilität überhaupt nicht oder nur unzureichend umsetzen. Die Möglichkeiten der Separierung der Risikoübernahme von der Bestandshaltung der Finanztitel, d. h. eine Trennung von Risiko und Liquidität gilt als der wesentliche Vorteil des Einsatzes derivativer Finanztitel gegenüber der Verwendung der Basiswerte. Dies wird in der folgenden Charakterisierung der Deutsche Bundesbank 1994, S. 44, zusammengefasst: „Die zentrale ökonomische Funktion derivativer Instrumente besteht in einer isolierten Bewertung, Bündelung und Weitergabe von Marktpreisrisiken. Der Risikotransfer läßt sich grundsätzlich auch mit traditionellen Finanzinstrumenten wie etwa klassischen Devisentermingeschäften erreichen. Die Verwendung von Derivaten ermöglicht im Unterschied zu klassischen Risikotransfergeschäften und -techniken eine Steuerung der individuellen Risikoposition mit geringem Mitteleinsatz, weil ein Erwerb, Verkauf oder Austausch der zugrundeliegenden Aktiva nicht erforderlich ist; diese dienen lediglich als rechnerische Bezugsgröße. Die damit verbundene Transaktionskostenersparnis verleiht Finanzderivaten eine beträchtliche Hebelwirkung und ist mit ausschlaggebend für ihre starke Verbreitung.“
2.5 Motive des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente
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2.5.2 Hedging Beim Hedging (Hedge: Hecke; to hedge a bet: auf Nummer sicher gehen) soll das Preisänderungsrisiko einer Kassaposition durch eine entsprechende Gegenposition am Terminmarkt mit möglichst starker negativer Korrelation ausgeglichen bzw. reduziert werden. Die traditionelle Hedging-Vorstellung verbindet mit diesem Begriff eine vollständige Eliminierung des Preisrisikos einer Kassaposition im Sinne eines perfekten Hedge. Mittlerweile bezeichnet man aber vielfach bereits eine deutliche Risikoreduktion als Hedging. Abzugrenzen hiervon sind PortfolioAnsätze, deren Ziel es ist, Kassa- und Terminpositionen nach Ertrags- und Risikocharakteristika optimal zu kombinieren. Man unterscheidet zwischen dem Bestands-Hedge als Absicherung einer Kassaposition im Bestand und dem antizipativen Hedge als Absicherung einer geplanten Kassaposition. Ein Bestands-Hedge wird Short oder Long umgesetzt. Die Absicherung einer bestehenden Kassaposition (Long-Position) gegen fallende Kurse erfolgt durch eine Short-Position per Termin (Verkauf eines Future-Kontraktes, Kauf einer Verkaufsoption), eine Absicherung einer bestehenden Verbindlichkeit (Short-Position) auf dem Kassamarkt gegen steigende Kurse durch eine LongPosition per Termin (Kauf eines Future-Kontraktes, Kauf einer Kaufoption). Ein antizipativer Hedge wird Short, d. h. über eine Absicherung des geplanten Verkaufs eines Bestandes durch den Verkauf per Termin, oder Long, d. h. über eine Absicherung eines für die Zukunft geplanten Kaufs am Kassamarkt durch Kauf per Termin (Long-Position), umgesetzt. Je nach der betrachteten Position, auf die sich das Hedging bezieht, unterscheidet man das Mikro-, Makro- und Porfolio-Hedging: x Beim Mikro-Hedge wird die Terminposition einer Schuld- oder Forderungsposition gegenübergestellt, wobei das Basisobjekt der Terminposition der Schuld- oder Forderungsposition entspricht. x Beim Makro-Hedge wird die Terminposition einer Schuld- oder Forderungsposition gegenübergestellt, die nicht dem Basisobjekt der Terminposition entspricht. Es besteht aber eine hohe Korrelation zwischen den Preisbewegungen im Basisobjekt und der abzusichernden Position. x Beim Portfolio-Hedge werden gleichartige oder ähnliche Geschäfte in Gruppen zur gemeinsamen Steuerung zusammengefasst. Die Begriffe Mikro-, Makro- und Portfolio-Hedge sind insoweit von Bedeutung, als in Unternehmen immer geprüft werden muss, ob ein finanzwirtschaftlich orientierter Hedge-Vorgang auch bei der externen Rechnungslegung anerkannt wird. Würde beispielsweise das Risiko einer Währungsforderung durch einen Devisenterminverkauf ausgeglichen, so dass sich mögliche Kursgewinne und Kursverluste in der Forderungs- und der Devisenposition exakt entsprechen, müsste aber gleichzeitig das Einzelbewertungsprinzip angewandt werden, dann wäre bei einem Kursverfall die Forderungsposition abzuschreiben, während der Wertzuwachs der Devisenterminposition wegen des Niederstwertprinzips nicht berücksichtigt werden dürfte.
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2 Charakteristika derivativer Produkte
2.5.3 Spekulation und Trading Unter Spekulation versteht man die Übernahme eines Preisänderungsrisikos in Erwartung von Änderungen der Marktpreise von Finanztiteln. Ein Anleger kann Kurserwartungen statt über das Basisobjekt vielfach leichter und billiger über eine entsprechende Position an den Terminmärkten umsetzen, da Terminpositionen einen deutlich geringeren Kapitaleinsatz benötigen und geringere Transaktionskosten verursachen. Zur Vermeidung des Spekulationsbegriffs spricht man zumeist von Trading-Strategien. Der Unterschied zwischen Hedging und Spekulation ist relativ und bemisst sich an der Ausgangsposition: Der Initiatior einer Hedge-Strategie hält aufgrund seiner sonstigen Geschäftstätigkeit bereits eine Risikoposition, Spekulanten halten ursprünglich keine Risikopositionen und engagieren sich direkt am Terminmarkt. Die Begriffsbildung in der Praxis ist uneinheitlich und missverständlich, auch weil der Begriff Spekulation in der Öffentlichkeit negativ besetzt ist und daher möglichst vermieden wird. Im Versicherungsaufsichtsgesetz VAG § 7 (2), Stand Mai 2008, werden beispielsweise Transaktionen zur Absicherung, zur Erwerbsvorbereitung und zur Ertragsvermehrung unterschieden. Spekulationsgeschäfte sollten dagegen ausgeschlossen sein, d. h. es wird versucht zwischen Ertragsvermehrung und Spekulation zu unterscheiden: „Versicherungsunternehmen dürfen neben Versicherungsgeschäften nur solche Geschäfte betreiben, die hiermit in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Bei Termingeschäften und Geschäften mit Optionen und ähnlichen Finanzinstrumenten ist ein solcher Zusammenhang anzunehmen, wenn sie der Absicherung gegen Kurs- oder Zinsänderungsrisiken bei vorhandenen Vermögenswerten oder dem späteren Erwerb von Wertpapieren dienen sollen oder wenn aus vorhandenen Wertpapieren ein zusätzlicher Ertrag erzielt werden soll, ohne dass bei Erfüllung von Lieferverpflichtungen eine Unterdeckung des gebundenen Vermögens eintreten kann.“ Ein wichtiges Charakteristikum der Spekulation wird traditionell in der geplanten (kurzen) Dauer der gehaltenen Position gesehen wie es beim Day Trading oder auch beim Scalping der Fall ist. Wird im Rahmen des Day Trading ein Positionsausgleich innerhalb eines Tages angestrebt, so werden beim Scalping (Scalp: Skalp, Kopfhaut) Kontrakte innerhalb kurzer Zeit (z.T. wenige Minuten) gekauft und wieder verkauft, um von Kursdifferenzen, die sehr klein sein können, zu profitieren. Mit dem Begriff Scalping wird in der Literatur vielfach auch eine kurzfristige, manipulative Strategie bezeichnet, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Händler zeitgleich zu seiner Transaktion eine Information streut, die seinen Kauf oder Verkauf günstiger werden lässt. 2.5.4 Arbitrage und Spreading Das risikolose, gewinnbringende Ausnutzen räumlicher und zeitlicher Preisdifferenzen für gleiche Positionen durch simultane Kauf- und Verkaufstransaktionen bezeichnet man als Arbitrage. Ist der Kapitalmarkt vollkommen, so treten keine Arbitrage-Möglichkeiten auf. Investoren ist es somit auf einem vollkommenen
2.5 Motive des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente
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Kapitalmarkt nicht möglich, risikolose Arbitrage-Gewinne zu erzielen. Solange Märkte allerdings unvollkommen sind, können Investoren unter gewissen Umständen Arbitrage-Gewinne erzielen. Arbitrage kann somit im weiteren Sinne als die Ausnutzung von Marktunvollkommenheiten zur Erzielung eines Vorteils verstanden werden. Man unterscheidet x die räumliche Arbitrage durch Ausnutzen von Preisdifferenzen für Kontrakte an verschiedenen Börsenplätzen, d. h. räumlich getrennten Märkten im Zuge der Ausgleichs- oder Differenz-Arbitrage. Je nach der Verbundenheit der betrachteten Märkte unterscheidet man Intramarket-Arbitrage, die sich auf den gleichen Markt bezieht, und Intermarket-Arbitrage, die sich auf verschiedene Märkte bezieht. x die zeitliche Arbitrage als Cash and Carry-Arbitrage, d. h. das Ausnutzen theoretisch nicht gerechtfertigter Differenzen zwischen den Preisen am Future- und Kassamarkt. x die Future- und Forward-Arbitrage als das Ausnutzen nicht gerechtfertigter Kursunterschiede zwischen Future-Kontrakten und vergleichbaren ForwardPositionen. Arbitrage trägt dazu bei, das Preisgleichgewicht zwischen Märkten, wie dem Termin- und Kassamarkt aufrechtzuerhalten. Rationale Marktteilnehmer nutzen mit Arbitrage-Strategien nicht nur Preisdifferenzen homogener Güter auf verschiedenen Märkten aus, sondern setzen auch synthetische Positionen aus verschiedenen Gütern, die gleiche Risiko- und Ertragscharakteristika aufweisen, geeignet um. Notieren analoge Termin- und Kassapositionen zu unterschiedlichen Preisen, so besteht auf dem Markt kein Gleichgewicht. Arbitrageure werden das „zu teure“ Portfolio verkaufen und das „zu billige“ Portfolio kaufen. Solange durch solche Geschäfte Arbitrage-Gewinne erzielt werden können, versucht jeder Akteur, weitere Geschäfte dieser Art abzuschließen. Die Preise werden sich aufgrund der veränderten Nachfragesituation angleichen, bis keine Arbitrage-Gewinne mehr möglich sind und ein Gleichgewicht existiert. Arbitrage-Strategien unterstützen somit die Funktionsfähigkeit der Märkte. Bei vielen Arbitrage-Transaktionen wird man in der Praxis eine begrenzte Risikoposition eingehen müssen. Das wird besonders deutlich bei den SpreadPositionen: Spreading begrenzt spekulatives Engagement durch gleichzeitigen Kauf und Verkauf verwandter Geschäfte in ein und demselben oder ähnlichen Märkten bei Ausnutzung eines bestehenden Kurszusammenhangs. Auch hier unterscheidet man verschiedene Spreading-Typen: x Intramarket Spreading bezeichnet den gleichzeitigen Kauf und Verkauf gleichartiger, aber unterschiedlich terminierter Derivate, z. B. also den Kauf eines Derivats mit kurzer Laufzeit bei Verkauf des Derivats mit einer längeren Laufzeit. x Intermarket Spreading bezeichnet den gleichzeitigen Kauf und Verkauf gleichartiger Instrumente mit gleichen oder unterschiedlichen Liefermonaten an verschiedenen Börsen.
36
2 Charakteristika derivativer Produkte
x Intercommodity Spreading bezeichnet den gleichzeitigen Kauf und Verkauf ähnlicher Instrumente an gleichen oder unterschiedlichen Börsen.
2.6 Statische Strategien mit Optionen 2.6.1 Hedging mit Optionen Bei statischen Handelsstrategien werden Derivate auf einfache Weise zum Management von Wertänderungsrisiken im Basisobjekt eingesetzt. Als Strategie bezeichnet man beim Handel mit Derivaten jede Kauf- oder Verkaufsentscheidung mit dem Ziel einer Absicherung (Hedging), einer Spekulation (Trading) oder einer Arbitrage. Das Ergebnis einer Kauf- oder Verkaufsentscheidung bezeichnet man als Position, wobei vorhandene Bestände der Basistitel mit berücksichtig werden. Bei zusammengesetzten Strategien erfolgen mehrere zusammengehörige Kaufund Verkaufsentscheidungen, die insgesamt zu einer komplexen Handelsstrategie führen können. Ein häufiges Motiv für den Abschluss eines Derivategeschäfts ist die Absicherung. Hedge-Geschäfte folgen dem Prinzip des Aufbaus einer Gegenposition zur bestehenden oder auch geplanten Position im Basiswert mit dem Ziel, eine Absicherung gegen Preisänderungsrisiken zu gewährleisten. In einer perfekten HedgePosition werden Gewinne bzw. Verluste in der Kassaposition durch Verluste bzw. Gewinne in der Terminposition vollständig neutralisiert. Die Absicherung einer Long-Position im Basiswert über die Protective PutStrategie (Eins-zu-Eins-Hedge Put) wird durch den Kauf von Verkaufsoptionen für jeden Titel aus dem Bestand realisiert. Ein potenzieller Wertverlust im Basistitel wird durch den entsprechenden Wertzuwachs der Verkaufsoption immunisiert. Bei steigenden Kursen dagegen wird die Option wertlos verfallen, vom Wertzuwachs in der Position im Basistitel ist in der Hedge-Position die Höhe der gezahlten Optionsprämie abzuziehen. Short-Positionen bzw. beabsichtigte Investitionen in einen Basistitel lassen sich über die Long Call Hedge-Strategie absichern. Die Absicherung auf einen entsprechenden Einstandskurs erfolgt hier durch den Kauf von Kaufoptionen. Beide Gewinn/Verlustprofile werden weiter unten in den Kapiteln zum Management von Aktienkurs-, Zins- und Währungsrisiken anhand von Beispielen dargestellt. Die Covered Call Writing-Strategie (Eins-zu-Eins-Hedge Call) beinhaltet die Position eines gedeckten Stillhalters, indem zu jedem Basistitel des Bestands eine Kaufoption verkauft wird. Diese Strategie kann in der Erwartung stagnierender Märkte durchgeführt werden. Ist die Marktentwicklung stabil, so erhält der Stillhalter als zusätzlichen Portfolio-Ertrag den Optionspreiserlös. Bei sinkenden Kursen vermindert er seinen Verlust aus der Portfolio-Position um den Erhalt des Optionspreises. Bei steigenden Kursen dagegen trägt der Investor das Risiko, dass er die Differenz zwischen dem Kurs des Basisobjekts und dem Ausübungspreis zahlen muss, falls es zur Ausübung der verkauften Kaufoptionen kommt. Die positive Entwicklung seiner Basisposition wird dann von der entgegengesetzten Options-
2.6 Statische Strategien mit Optionen
37
position egalisiert. In Abb. 2.10 sind die Einzel- und Gesamtpositionen für den Fall einer aus dem Geld liegenden Kaufoption abgetragen.
Abb. 2.10. Gewinn/Verlustprofil der Covered Call Writing-Strategie
Abb. 2.11. Gewinn/Verlustprofil der Zwei-zu-Eins-Hedge Put-Strategie
38
2 Charakteristika derivativer Produkte
Solche Eins-zu-Eins-Szenarien können leicht variiert werden, indem man jeder Kassaposition nicht nur eine, sondern mehrere Terminpositionen gegenüberstellt. So werden für den Fall einer Zwei-zu-Eins-Hedge Put-Strategie pro gekaufter bzw. bestehender Position im Basiswert zwei Verkaufsoptionen gleichen Typs gekauft. Man erhält damit ein Gewinn- und Verlustprofil, das dem Profil der weiter unten dargestellten Long Straddles ähnelt, wie man dies in Abb. 2.11 für den Fall zweier am Geld liegender Optionen sehen kann. Man erkennt auch an dieser Begrifflichkeit die oftmals fehlende strikte Abgrenzung zwischen Hedging- und Trading-Strategien. Zumindest sprachlich wird offenbar von Überschneidungen zwischen Hedging-, Trading- und Arbitrage-Positionen ausgegangen.
2.6.2 Optionskombinationen Die Kombination der vier Grundpositionen in Optionen führt zu Trading-Standardstrategien mit Optionen. Über Options-Spreads werden Kaufoptionen oder auch Verkaufsoptionen kombiniert, die sich auf den selben Basiswert beziehen, aber unterschiedliche Ausübungspreise (Vertical Spread) oder unterschiedliche Verfalldaten (Horizontal Spread, Time Spread, Calendar Spread) haben. OptionsSpreads sind eine Spekulationsstrategie mit reduziertem Kursrisiko, da Gewinnund Verlustmöglichkeiten bei allen folgenden Spread-Formen begrenzt sind. Bullish Call Vertical Spreads bestehen aus dem Kauf von Calls C1 mit einem relativ geringeren Ausübungspreis K1 und gleichzeitigem Verkauf der gleichen Anzahl von Calls C2 zu einem relativ höheren Ausübungspreis K2. Der maximale Gewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen den Ausübungspreisen abzüglich der Differenz der Optionsprämien, der maximale Verlust entspricht der Differenz der Optionsprämien, d. h. dem eingenommenen Optionspreis aus der Short CallPosition C2 abzüglich dem bezahlten Preis aus der Long Call-Position C1. Die Gewinnschwelle des Profils der Abb. 2.12 liegt bei dem geringeren der beiden Ausübungspreise zuzüglich der Differenz der Optionsprämien. Bullish Put Vertical Spreads werden analog zu den Call Vertical Spreads, nun aber mit Verkaufsoptionen konstruiert. Sie bestehen aus dem Verkauf von Put-Optionen mit einem höheren Ausübungspreis bei gleichzeitigem Kauf von Put-Optionen mit einem niedrigeren Ausübungspreis. Man erhält Gewinn- und Verlustprofile, die denen von Bullish Call Vertical Spreads ähneln. Mit den Bearish Vertical Spreads werden analoge Positionen aufgebaut, die auf sinkende Kurse im Basiswert spekulieren. Bearish Call Spreads bestehen aus einer Long Call-Position mit hohem Ausübungspreis und einer Short Call-Position mit niedrigem Ausübungspreis (Abb. 2.13). Bei Bearish Put Spreads wird die PutOption mit niedrigem Ausübungspreis verkauft, diejenige mit hohem Ausübungspreis gekauft (Abb. 2.14).
2.6 Statische Strategien mit Optionen
Abb. 2.12. Gewinn/Verlustprofil der Bullish Call Vertical Spread-Strategie
Abb. 2.13. Gewinn/Verlustprofil der Bearish Call Vertical Spread-Strategie
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40
2 Charakteristika derivativer Produkte
Gewinn/ Verlust Short Put mit niedrigem Ausübungspreis
P1
Basiswert zur Fälligkeit P1 í P2
K1
K2
Gesamtposition = Bearish Put Spread
íP2 Long Put mit hohem Ausübungspreis
Abb. 2.14. Gewinn/Verlustprofil der Bearish Put Vertical Spread-Strategie
Bei Horizontal (Time, Calendar) Spreads werden Kauf- und Verkaufspositionen in Optionen mit gleichem Ausübungspreis bei unterschiedlichen Laufzeiten T1 und T2 kombiniert. Da die Optionen nicht zum gleichen Zeitpunkt fällig sind, erfordert die zeitpunktbezogene Betrachtung der Gewinn/Verlustprofile weitere Vereinbarungen: In den Abb. 2.15 und Abb. 2.16 sind die Profile zweier Time Spreads jeweils zur Fälligkeit der Option mit kürzerer Laufzeit T1 abgetragen. Die Option mit Laufzeit T1 geht wie üblich mit dem inneren Wert ergänzt um den Optionspreis in die Grafik ein. Bei der Option mit längerer Laufzeit T2 ist zusätzlich noch der Zeitwert zu berücksichtigen, der über die im zehnten Kapitel noch darzustellenden modelltheoretischen Überlegungen bestimmt werden könnte. In den Abb. 2.15 und Abb. 2.16 ist das Wertprofil dieser Option mit Hilfe eines Optionspreismodells berechnet worden. Es wird jeweils angenommen, dass der Optionsinhaber diesen theoretischen Optionswert durch Verkauf der Option zum Fälligkeitszeitpunkt der kürzerfristigen Option realisieren kann. Time Spreads bestehen aus jeweils einer verkauften Option mit kürzerer Laufzeit und einer gekauften Option mit längerer Laufzeit. Anhand der Call Time Spread-Strategie der Abb. 2.15 sollen die resultierenden Zahlungswirkungen erläutert werden. Liegt der Kurs des Basistitels zum Zeitpunkt T1 nahe beim vereinbarten Basispreis, so steht die Short-Position beim bzw. nahe an ihrem Gewinnmaximum. In der Long-Position ist die Differenz aus dem Optionswert (= innerer Wert und Zeitwert) und der gezahlten Optionsprämie zu kalkulieren. Insbesondere in Abhängigkeit von der Länge der ausstehenden Restlaufzeit und von der erwarteten Schwankungsintensität im Basiswert wird der Optionsinhaber durch den Verkauf der Option einen höheren oder geringeren Zeitwert realisieren können.
2.6 Statische Strategien mit Optionen
41
Gewinn/Verlust Short Call mit kürzerer Laufzeit T 1 Basiswert zur Fälligkeit der kürzerfristigen Call-Option
Long Call mit längerer Laufzeit T 2 (Verkaufswert)
Gesamtposition = Call Time Spread
Abb. 2.15. Gewinn/Verlustprofil der Call Time Spread-Strategie
Gewinn/ Verlust
Short Put mit kürzerer Laufzeit T 1 Basiswert zur Fälligkeit der kürzerfristigen Put-Option
Long Put mit längerer Laufzeit T 2 (Verkaufswert)
Gesamtposition = Put Time Spread
Abb. 2.16. Gewinn/Verlustprofil der Put Time Spread-Strategie
In der Abb. 2.15 ist der Fall eines unter der Optionsprämie liegenden Zeitwertes abgetragen. Liegt der Basiswert dagegen deutlich unterhalb des Ausübungspreises, so wird der Gewinn aus der Short Call-Position zunehmend von dem Verlust aus der Long Call-Position egalisiert. Aufgrund der längeren Restlaufzeit ist die gezahlte Optionsprämie höher als die erhaltene Optionsprämie. Gleichzeitig nimmt der Zeitwert deutlich ab, da die Wahrscheinlichkeit für das Erreichen des Ausübungspreises bis zur Fälligkeit T2 abnimmt. Notiert der Basiswert zur Fälligkeit T1 deutlich über dem Ausübungspreis, so wird der Verkäufer der kurzlaufenden Call-Option in Anspruch genommen. Die möglicherweise deutliche Verlustpositi-
42
2 Charakteristika derivativer Produkte
on wird jedoch mehr als ausgeglichen durch den hohen Wert der noch laufenden Option. Unter Berücksichtigung der Differenz aus gezahlter und erhaltener Optionsprämie ergibt sich der abgetragene, degressiv zunehmende Gesamtverlust. Es resultieren Profile, die denen der Short Straddles (Abb. 2.17) ähneln. Für zahlreiche weitere Spread-Variationen, die auch durch ihre phantasievolle Namensgebung beeindrucken, wird im vierten Kapitel für den Fall des Managements von Aktienkursrisiken stellvertretend eine Butterfly Spread-Strategie über den Kauf einer Kaufoption mit hohem Ausübungspreis, den Kauf einer Kaufoption mit niedrigem Ausübungspreis und den Verkauf zweier Kaufoptionen mit mittlerem Ausübungspreis konstruiert. Bei Straddles werden Puts und Calls mit identischen Ausübungspreisen und Laufzeiten kombiniert. Abhängig davon, ob Optionen gekauft oder verkauft werden, entsteht eine Long oder eine Short Straddle-Strategie. Long Straddles, d. h. der Kauf von Calls und der Kauf von Puts mit gleichem Ausübungspreis und gleicher Laufzeit stellen Spekulationen auf hohe Kursvolatilitäten im Basisobjekt dar. Short Straddles entstehen durch den Verkauf der gleichen Anzahl Calls und Puts mit gleichen Ausübungspreisen und gleicher Laufzeit. Die Gewinnchancen sind auf die Summe der Optionsprämien begrenzt. Nahezu unbegrenzte Verluste drohen bei stark sinkenden oder steigenden Kursen im Basisobjekt (Abb. 2.17).
Abb. 2.17. Gewinn/Verlustprofil der Short Straddle-Strategie
2.6 Statische Strategien mit Optionen
43
Gewinn/ Verlust Long Put mit niedrigem Ausübungspreis
Long Call mit hohem Ausübungspreis
K1
K2
íC2 íP1
Basiswert zur Fälligkeit
í(C2 + P1) Gesamtposition = Long Strangle
Abb. 2.18. Gewinn/Verlustprofil der Long Strangle-Strategie I
Gewinn/ Verlust Gesamtposition = Long Strangle
K1
íP2 íC1 Long Call mit niedrigem Ausübungspreis
K2
Basiswert zur Fälligkeit
Long Put mit hohem Ausübungspreis
Abb. 2.19. Gewinn/Verlustprofil der Long Strangle-Strategie II
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2 Charakteristika derivativer Produkte
Abb. 2.20. Gewinn/Verlustprofil der Short Strangle-Strategie
Aus den Straddles erhält man die sogenannten Strangles durch die Wahl unterschiedlicher Ausübungspreise. Strangles bestehen aus dem Kauf (= Long Strangle) oder Verkauf (= Short Strangle) von Calls und Puts gleicher Anzahl mit unterschiedlichen Ausübungspreisen bei gleicher Laufzeit. Bei Long Strangles bleibt der Verlust zwischen den gewählten Ausübungspreisen auf den Wert der bezahlten Optionsprämien begrenzt. Bei einer stark sinkenden wie auch ansteigenden Entwicklung im Basiswert sind die Gewinnchancen nahezu unbegrenzt (Abb. 2.18). Long Strangle-Positionen können wiederum auf verschiedene Weise konstruiert werden. So resultiert der Kauf einer Call-Option mit niedrigem Ausübungspreis und der Kauf einer Put-Option mit hohem Ausübungspreis in einem zur Abb. 2.18 ähnlichen Gewinn/Verlustprofil (Abb. 2.19). Bei Short Strangles werden Stillhalterpositionen in der Kauf- und Verkaufsoption mit unterschiedlichen Ausübungspreisen eingegangen (Abb. 2.20). Das Gewinn- und Verlustprofil kann auch hier durch den Verkauf einer Call-Option mit niedrigem und den Verkauf einer Put-Option mit hohem Ausübungspreis realisiert werden. Aus dem Vergleich mit der Short Straddle-Strategie der Abb. 2.17 folgt, dass Straddle- und Strangle-Positionen offenbar bei grundsätzlich ähnlichen Handelsmotiven eingesetzt werden. Eine Unterscheidung setzt erst bei der beabsichtigten Feinsteuerung der Position beispielsweise hinsichtlich der Gewinnschwellen, des maximalen Gewinns oder der Summe der Optionsprämien an. Alle Straddle und Strangle-Positionen lassen sich variieren, indem nicht nur jeweils eine Call- und eine Put-Option, sondern unterschiedlich viele Calls und Puts kombiniert werden. So werden bei den Long Strips zu jeder Long Call-Position zwei Puts mit gleichem Ausübungspreis und gleicher Fälligkeit gekauft, die Long Straps bestehen aus dem Kauf einer Put-Option und zweier Call-Optionen.
2.6 Statische Strategien mit Optionen
45
Analog zu den Long Straddles sind beide Strategien bei starken Kursbewegungen im Basisobjekt profitabel. Die Long Strip-Strategie gewichtet aber den Kursverfall (Abb. 2.21), die Long Strap-Strategie den Kursanstieg stärker (Abb. 2.22).
Abb. 2.21. Gewinn/Verlustprofil der Long Strip-Strategie
Abb. 2.22. Gewinn/Verlustprofil der Long Strap-Strategie
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2 Charakteristika derivativer Produkte
Tabelle 2.3. Charakteristika der Standardoptionskombinationen im Überblick Optionskombination Bull Put Vertical Spread Kaufe Put P K1 Verkaufe Put P K 2 Bull Call Vertical Spread Kaufe Call C K1 Verkaufe Call C K 2
Bear Put Vertical Spread Kaufe Put P K 2 Verkaufe Put P K1
Bear Call Vertical Spread Kaufe Call C K 2 Verkaufe Call C K1 Long Straddle Kaufe Call C K Kaufe Put P K
Charakteristika Maximaler Gewinn P K 2 P K 1
Maximaler Verlust K 2 K1 >P K 2 P K1 @ Gewinnschwelle K 2 >P K 2 P K1 @
Maximaler Gewinn K 2 K1 >C K1 C K 2 @ Maximaler Verlust C K1 C K 2
Gewinnschwelle K1 >C K1 C K 2 @
Maximaler Gewinn K 2 K1 >P K 2 P K1 @ Maximaler Verlust P K 2 P K1
Gewinnschwelle K 2 >P K 2 P K1 @ Maximaler Gewinn C K1 C K 2
Maximaler Verlust K 2 K1 >C K1 C K 2 @ Gewinnschwelle K1 >C K1 C K 2 @ Maximaler Gewinn unbegrenzt Maximaler Verlust C K P K
Gewinnschwellen K r >C K P K @
Verkaufe Put P K
Maximaler Gewinn C K P K Maximaler Verlust unbegrenzt Gewinnschwellen K r >C K P K @
Long Strangle Kaufe Put P K1
Maximaler Gewinn unbegrenzt Maximaler Verlust C K 2 P K1
Short Straddle Verkaufe Call C K
Kaufe Call C K 2
Gewinnschwellen K 1 >C K 2 P K 1 @ und
K 2 >C K 2 P K1 @
Short Strangle Verkaufe Put P K1
Verkaufe Call C K 2
Maximaler Gewinn C K 2 P K 1 Maximaler Verlust unbegrenzt Gewinnschwellen K 1 >C K 2 P K 1 @ und
Long Strip Kaufe Call C K
Maximaler Gewinn unbegrenzt Maximaler Verlust C K 2 P K
Long Strap Kaufe 2 Calls 2 C K
K 1 2 ª¬C K 2 P K ¼º Maximaler Gewinn unbegrenzt Maximaler Verlust 2 C K P K
Kaufe 2 Puts 2 P K
Kaufe Put P K
K 2 >C K 2 P K1 @
Gewinnschwellen K >C K 2 P K @ und
Gewinnschwellen K >2 C K P K @ und
K 1 2 ª¬ 2 C K P K º¼
2.6 Statische Strategien mit Optionen
47
In der Tabelle 2.3 sind jeweils der maximale Gewinn, der maximale Verlust sowie die Gewinnschwelle bzw. die Gewinnschwellen der dargestellten Standardkombinationsstrategien mit Optionen zusammenfassend aufgeführt. Diese ausgewählten Charakteristika können zur Entscheidungsunterstützung herangezogen werden. Dabei stehen P für die Prämie der Put-Option, C für die Prämie der Call-Option, K bzw. die Abstufungen K1 < K2 < K3 für die Ausübungspreise und dementsprechend C(K), C(K1) = C1 bzw. P(K), P(K1) = P1 etc. für die Prämie der Kaufoption bzw. der Verkaufsoption mit Ausübungspreis K, K1 etc. 2.6.3 Synthetische Positionen Die besonderen Beziehungen zwischen den derivativen Instrumenten und dem zugrunde liegenden Wert erlauben die Konstruktion synthetischer Positionen. Man spricht von einer synthetischen Position, wenn das aus der Kombination existierender Finanztitel entstehende Gewinn/Verlustprofil dem eines anderen Finanztitels entspricht. Das Gewinn/Verlustprofil eines Wertes wird also synthetisch über die Kombination verwandter Instrumente nachgebildet. Unterscheiden sich die Marktpreise für das real gehandelte Gut und für die Summe der einzelnen Komponenten der synthetischen Nachbildung, so besteht am Markt kein Preisgleichgewicht. Informierte Marktteilnehmer werden diese Situation ausnutzen und die synthetische Nachbildung geeignet in eine ArbitrageStrategie einfließen lassen. Dies hat unmittelbar Auswirkungen auf die Preisrelationen zwischen den Finanzinstrumenten und die Möglichkeit, Preisungleichgewichte über standardisierte Strategien zur risikolosen Gewinnerzielung auszunutzen. Damit bilden synthetische Positionen und die Kenntnis über die Nachbildung von Finanzinstrumenten ein Fundament der Arbitrage-Strategien. Betrachtet man eine Kauf- und eine Verkaufsoption gleichen Typs, d. h. auf das gleiche Basisobjekt, mit gleicher Laufzeit sowie gleichem Ausübungspreis, so lässt sich der Kauf der Kaufoption durch den Kauf der Verkaufsoption und den Kauf des Basiswertes nachbilden (Abb. 2.23). Analog erhält man die Short CallPosition durch den Verkauf einer Verkaufsoption und den Leerverkauf des Basiswertes (Abb. 2.24). Auf gleichem Wege werden die Positionen in Verkaufsoptionen synthetisch nachgebildet (Abb. 2.25 und Abb. 2.26). Schließlich ist aus diesen Zusammenhängen auch unmittelbar die Möglichkeit der Nachbildung von Positionen im Basiswert durch Optionen abzuleiten (Abb. 2.27 und Abb. 2.28). Da die Ertrags- und Risikocharakteristika der Gewinn/Verlustprofile von Futures denen in dem Basiswert selbst ähneln, können ebenso Future-Positionen durch Optionen nachgebildet werden bzw. Futures zur Nachbildung von Options- und Basiswertpositionen herangezogen werden. Die Tabelle 2.4 enthält zusammenfassend die Beschreibung der synthetischen Nachbildung der vier grundlegenden Optionspositionen sowie des Kaufs und Verkaufs des Basiswertes der Optionen. Die dazugehörigen Gewinn- und Verlustprofile sind wie bereits erwähnt in den Abb. 2.23 bis einschließlich Abb. 2.28 abgetragen.
48
2 Charakteristika derivativer Produkte
Gewinn/ Verlust
Long Basiswert
Long Put
Basiswert zur Fälligkeit
K
Synthetischer Long Call
Abb. 2.23. Gewinn/Verlustprofil des synthetischen Kaufs einer Kaufoption
Gewinn/ Verlust Short Put Synthetischer Short Call
K
Basiswert zur Fälligkeit
Short Basiswert
Abb. 2.24. Gewinn/Verlustprofil des synthetischen Verkaufs einer Kaufoption
2.6 Statische Strategien mit Optionen
Gewinn/ Verlust
Short Basiswert Long Call
Synthetischer Long Put
Basiswert zur Fälligkeit
K
Abb. 2.25. Gewinn/Verlustprofil des synthetischen Kaufs einer Verkaufsoption
Gewinn/ Verlust
Long Basiswert
Synthetischer Short Put
K
Basiswert zur Fälligkeit
Short Call
Abb. 2.26. Gewinn/Verlustprofil des synthetischen Verkaufs einer Verkaufsoption
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50
2 Charakteristika derivativer Produkte
Gewinn/ Verlust
Synthetischer Kauf des Basiswertes
Short Put
K Basiswert zur Fälligkeit Long Call
Abb. 2.27. Gewinn/Verlustprofil des synthetischen Kaufs des Basiswertes
Gewinn/ Verlust Short Call
K
Basiswert zur Fälligkeit
Long Put Synthetischer Verkauf des Basiswertes
Abb. 2.28. Gewinn/Verlustprofil des synthetischen Verkaufs des Basiswertes
2.6 Statische Strategien mit Optionen
51
Tabelle 2.4. Ausgewählte synthetische Positionen im Überblick Synthetische Nachbildung von ... Long Call Short Call Long Put Short Put Kauf des Basiswertes Leerverkauf des Basiswertes
durch ... Long Put und Kauf des Basiswertes Short Put und Leerverkauf des Basiswertes Long Call und Leerverkauf des Basiswertes Short Call und Kauf des Basiswertes Short Put und Long Call Long Put und Short Call
Die grundlegenden synthetischen Positionen der Tabelle 2.4 können kombiniert werden, um weitere Arbitrage-Strategien zu erhalten. So entstehen Box Spreads aus dem synthetischen Kauf des Basiswertes – bestehend aus Long Call- und Short Put-Position – sowie dem synthetischen Verkauf des Basiswertes – bestehend aus Short Call- und Long Put-Position – und führen demnach zu einer vom zukünftigen Kursniveau unabhängigen Position. Die aus vier Optionen bestehenden synthetischen Box Spreads entsprechen der Kombination zweier gegenläufiger Vertical Spreads und können analog zu oben auf verschiedene Arten umgesetzt werden. Die zwei naheliegenden Konstruktionsmöglichkeiten sind in der Abb. 2.29 und der Abb. 2.30 abgetragen. Abb. 2.29 enthält eine Box SpreadStrategie, bei der alle vier Optionen den gleichen Ausübungspreis besitzen, während die Strategie in Abb. 2.30 mit Kaufoptionen auf einem höheren Ausübungspreisniveau ansetzt. In der Übungsaufgabe 4.C im vierten Kapitel wird eine weitere Variante am Beispiel von DAX-Optionen behandelt.
Abb. 2.29. Gewinn/Verlustprofil der Box Spread-Strategie I
52
2 Charakteristika derivativer Produkte
Abb. 2.30. Gewinn/Verlustprofil der Box Spread-Strategie II
Literaturhinweise zu Kapitel 2 Die grundlegenden Ausführungen des zweiten Kapitels können als Standardinhalte einer Einführung in derivative Finanzmarktinstrumente bezeichnet werden, so dass eine Vielzahl von Beiträgen als Referenzwerke zitierbar sind. Hier soll deshalb auf etablierte Lehrbücher zu Derivaten hingewiesen werden, weitere Literatur wird im Anschluss an die folgenden Kapitel mit ihrer jeweiligen spezifischen Ausrichtung aufgeführt. Besonders zu empfehlen ist das Standardwerk von Hull 2008, dessen erste Kapitel zusätzlich in einem gesonderten Einführungswerk (Hull 2007) veröffentlicht sind. Zu den jeweils am Ende der Kapitel bei Hull 2008 enthaltenen zahlreichen Wiederholungsfragen und Aufgaben gibt es auch ein gesondertes Students Solutions Manual. Längere einführende Abschnitte sind darüber hinaus auch in Chance u. Brooks 2008 zu finden. Empfehlenswert ist auch das Buch von Jarrow u. Turnbull 2000. In Uszczapowski 2008 findet man ein einführendes deutschsprachiges Buch zu Optionen und Futures. Die meisten grundständigen finanzwirtschaftlichen Lehrbücher enthalten zumindest kurze Einführungen in den Bereich der Derivate. Einen festen und auch ausführlichen Bestandteil bilden Derivate in den Lehrbüchern des Wertpapiermanagements wie bei Albrecht u. Maurer 2008, Steiner u. Bruns 2007 und Steiner u. Uhlir 2001. Die einführende Darstellung über die Gewinn- und Verlustprofile des Abschnitts 2.6 wird in den meisten der genannten Werke ebenfalls genutzt und recht ausführlich in Cox u. Rubinstein 1985 und in Stoll u. Whaley 1993 behandelt. Cox u. Rubinstein 1985 stellen den
Fragen und Aufgaben
53
Fall der Aktienderivate in das Zentrum ihrer Analysen und konzentrieren sich ausschließlich auf Optionsgeschäfte. Stoll u. Whaley 1993 dagegen behandeln bedingte wie auch unbedingte Termingeschäfte und analysieren ausführlich Strategien für Forwards, Futures und Future-Optionen auf verschiedenste Basiswerte.
Schlüsselbegriffe Amerikanische Option Arbitrage Ausübungspreis einer Option Box Spread Arbitrage Calendar Spread Call Cash and Carry Arbitrage Covered Call Writing Derivat Europäische Option Forward Future Hedging Horizontal Spread Innerer Wert einer Option Intercommodity Arbitrage Intermarket Arbitrage Intramarket Arbitrage Kaufoption Laufzeit einer Option Liefertag Long Call Hedge Makro-Hedge
Mikro-Hedge Option Optionskombinationen Over the Counter-Geschäfte Portfolio-Hedge Prämie einer Option Protective Put Put Straddle Strangle Strap Strip Spekulation Spread Statischer Hedge Synthetische Positionen Termingeschäft Time Spread Trading Verkaufsoption Vertical Spread Zwei-zu-Eins-Hedge Zeitwert einer Option
Fragen und Aufgaben Fragen 1. Definieren Sie „derivative Finanzmarktinstrumente“. Nach welchen Dimensionen lassen sich derivative Instrumente strukturieren? 2. Hinsichtlich welcher Dimensionen erfolgt typischerweise die Standardisierung bei börsengehandelten Derivaten? Welche Zielsetzungen werden mit der Standardisierung verfolgt? 3. Was versteht man unter dem inneren Wert, was unter dem Zeitwert einer Option? 4. Wie unterscheiden sich börsengehandelte Terminkontrakte und OTC-Termingeschäfte bezüglich der effektiven Erfüllung und des Adressenausfallrisikos?
54
2 Charakteristika derivativer Produkte
5. Erklären Sie den Unterschied zwischen einem Bestands-Hedge und einem antizipativen Hedge und geben Sie je ein Beispiel. Was ist der Unterschied zwischen einem Mikro und einem Makro Hedge? 6. Grenzen Sie die Begriffe Spekulation und Hedging voneinander ab. 7. Definieren Sie Intramarket, Intermarket und Intercommodity Spreading. 8. Nehmen Sie an, der Kauf einer Put-Option sei nicht möglich. Geben Sie eine Möglichkeit an, die Put-Option aus der Kombination zweier anderer Derivate zusammenzusetzen. Aufgabe 2.A 1. Zeigen Sie grafisch das Gewinn/Verlustprofil für eine Short Put-Position auf eine Aktie mit Ausübungspreis 110 € und Optionsprämie von 6 €. 2. Zeigen Sie grafisch das Gewinn/Verlustprofil für eine Long Future-Position auf eine Aktie mit einem Future-Preis von 105 €. Aufgabe 2.B Eine Drei-Monats-Kaufoption auf eine zu 94 € notierende Aktie kostet 4,70 € bei einem Ausübungspreis von 95 €. Sie glauben, dass der Aktienkurs steigen wird und überlegen, ob sie eher 100 Aktien oder 2.000 Kaufoptionen kaufen sollten. Beide Alternativen kosten 9.400 €, Transaktionskosten fallen nicht an. 1. Wie hoch wäre alternativ Ihr Gewinn aus dem Aktienkauf und dem Kauf der Calls bei einem Kursanstieg der Aktie in den nächsten drei Monaten auf 110 €? 2. Wie hoch wäre Ihr Verlust aus dem Aktienkauf und dem Kauf der Calls bei einem Kursverfall auf 85 €? 3. Wie hoch muss der Aktienkurs steigen, damit beide Alternativen zum gleichen Ergebnis führen? Aufgabe 2.C Skizzieren Sie zwei Möglichkeiten der Konstruktion einer Vertical Bear SpreadPosition. Errechnen Sie für beide Konstruktionsmöglichkeiten den maximalen Gewinn und Verlust sowie die Gewinnschwelle. Aufgabe 2.D 1. Geben Sie graphisch das Profil des gleichzeitigen Kaufs einer Call-Option und einer Put-Option auf eine Aktie mit unterschiedlichen Ausübungspreisen an. Wie bezeichnet man diese Position? Errechnen Sie für diese Position den maximal möglichen Gewinn und Verlust sowie die Gewinnschwellen. 2. Motivieren Sie die skizzierte Position unter Spekulationsgesichtspunkten. Kann eine solche Position auch für ein Hedging eingesetzt werden?
Fragen und Aufgaben
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Aufgabe 2.E 1. Sie sind der Meinung, dass der Deutsche Aktienindes DAX in den kommenden Monaten starken Schwankungen ausgesetzt sein wird, sind sich aber unschlüssig, ob der DAX steigen oder fallen wird. Wie können Sie mit Hilfe von Optionen von Ihrer Prognose, wenn sie denn richtig ist, profitieren? Skizzieren Sie Ihre Lösung. Wovon hängt die Prämie ab, die Sie für diese Position bezahlen müssen? 2. Können Sie die beschriebene Position auch durch eine geeignete Investition in den Basiswert darstellen? Begründen Sie Ihre Entscheidung kurz. Aufgabe 2.F Sie möchten auf einen von Ihnen erwarteten deutlichen Anstieg des Deutschen Aktienindex DAX mit begrenzter Verlustgefahr spekulieren und planen deshalb, eine Long Call-Position auf den DAX einzugehen. Die mit einem Ausübungspreis von 4.400 Punkten und der gewünschten Fristigkeit ausgestatteten DAX-Calls notieren zu 245,60 Punkten, die Prämie gleichartiger Puts beträgt 244,60 Punkte. Eine Future-Position auf den Index mit gleicher Fristigkeit steht bei 4.396,50 Punkten. Wäre es bei Vernachlässigung jeglicher Transaktionskosten für Sie von Vorteil, die angestrebte Long Call-Position synthetisch zu realisieren? Lösungsskizzen sowie weitere Fragen und Aufgaben sind auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de zu finden.
3 Märkte für Derivate
Derivate entwickelten sich in den siebziger Jahren weitgehend am amerikanischen Markt, wo sich Börsen für Financial Futures und Optionen etablierten. Das Wachstum der achtziger Jahre war dagegen durch eine Internationalisierung der Märkte und das Aufkommen nicht börsennotierter Geschäfte gekennzeichnet. Seit Beginn der neunziger Jahre hat auch der deutsche Markt eine wichtige Rolle übernommen. Mit strukturierten Produkte wie Retail-Zertifikaten und Optionsscheinen wurde schließlich die Fortenwicklung der derivativen Instrumente in immer neuen Varianten vorangetrieben. Das ungebrochene Wachstum an den Märkten für derivative Finanzmarktinstrumente wird im dritten Kapitel anhand der Entwicklung der Umsatzzahlen in Kontrakten und Volumenswerten für den Börsenhandel und den OTC-Handel dokumentiert. Ein besonderer Schwerpunkt wird auf die deutsch-schweizerische Terminbörse Eurex gelegt, deren Produktspektrum, Margining und Umsatzentwicklung skizziert werden.
3.1 Historischer Abriss Erste Formen von Termingeschäften gab es bereits im Mittelalter. Sie wurden lange Zeit als Zeitgeschäfte oder Differenzgeschäfte bezeichnet und dienten primär der Vorsorge für eine zukünftige Belieferung mit dringend benötigten Waren zu einem festen Preis. Als zusätzliche Motive kamen die Zinsersparnis und Spekulationsabsichten dazu. Die Verbindung der Termingeschäfte mit der Spekulation führte im 17. und 18. Jahrhundert zu einer ausgeprägten negativen öffentlichen Einstellung gegenüber den Terminmärkten, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch eine Unterscheidung in gerechtfertigte und ungerechtfertigte Spekulationen aufzufangen versucht wurde. Instrumentell setzte sich in Deutschland eine Gliederung der Termingeschäfte in feste Termingeschäfte (Fixgeschäfte) und bedingte Zeitgeschäfte (Prämiengeschäfte als Vor- und Rückprämiengeschäfte) durch. Zahlreiche Aspekte des Termingeschäfts wurden im ersten Börsengesetz von 1908 geregelt, so auch der Verbot solcher Geschäfte in Getreide. Ein Handel konnte sich aus unterschiedlichen Gründen nur spärlich entfalten, bis dann während des Ersten Weltkriegs der Terminhandel gänzlich verboten wurde. Mit der Wiedereinführung der Börsentermingeschäfte im Jahre 1925 wuchs insbesondere an der Berliner Börse der Abschluss von Fix- und Prämiengeschäften, bis 1931 das Börsengeschäft insgesamt zum Er-
58
3 Märkte für Derivate
liegen kam und der Terminhandel mit dem Börsengesetz von 1934 auch nicht wieder belebt wurde. Während des Dritten Reichs und des Zweiten Weltkriegs spielte der Börsenhandel insgesamt keine Rolle. Nach dem Krieg wurden zwar die Kassabörsen rasch wieder eröffnet, der Terminhandel blieb aber bis auf die von den Banken angebotenen Devisentermingeschäfte bedeutungslos. Seit 1970 konnten in der Bundesrepublik Deutschland an der Börse Optionen auf Aktien gekauft und verkauft werden. Dennoch gilt zurecht die Eröffnung der berühmten Chicago Board Options Exchange CBOE in den USA immerhin erst drei Jahre später am 26. April 1973 als Geburtsstunde des modernen Derivatehandels. Der Grund dafür liegt darin, dass das deutsche Geschäft im Terminbereich nicht praxisgerecht strukturiert war, weil Fälligkeiten und Basispreise nicht hinreichend standardisiert waren, große instrumentelle Lücken aufwies und daher eher spärlich blieb, bis am 26. Januar 1990 von der Deutschen Terminbörse DTB das Geschäft mit Optionen auf 14 deutsche Blue Chips aufgenommen wurde. Das amerikanische Derivategeschäft stellte im Gegensatz zum deutschen Terminhandel am Kassamarkt dagegen auf eine leichte Handelbarkeit der derivativen Kontrakte ab und legte damit den Grundstein für den weltweiten Siegeszug des organisierten Options- und Future-Handels. Neben der CBOE und den älteren Terminbörsen Chicago Board of Trade CBoT und Chicago Mercantile Exchange CME wurden in den USA beispielsweise mit der New York Futures Exchange und der New York Mercantile Exchange weitere Terminbörsen geschaffen, die eine Vielzahl von Options- und Future-Produkten anbieten. Währungs-Futures wurden 1972 am International Money Market IMM der CME eingeführt. Zins-Futures auf amerikanische Hypothekenanleihen wurden erstmalig 1975 an der CBoT gehandelt und – mit weitaus größerem Erfolg – Zins-Futures auf dreimonatige Treasury Bills (CME) und langfristige Treasury Bonds (CBoT). Seit Beginn der achtziger Jahre nahm die Nachfrage nach den Finanzinnovationen auch in Europa stark zu, so dass mit der European Options Exchange EOE (ehemals AOE) in Amsterdam (1978), der London International Financial Futures Exchange Liffe (1982), mit der Matif in Paris (1986) und der Suisse Options and Financial Futures Exchange Soffex in Zürich (1988) auch in Europa Terminbörsen etabliert wurden. An den deutschen Wertpapierbörsen wurde am 1. Juli 1970 ein Markt für Optionsgeschäfte auf 38 Aktien eröffnet, der aber nur geringe Umsätze zeigte. Die mangelnde Standardisierung von Fälligkeiten und Basispreisen verhinderte das Entstehen eines leistungsfähigen Marktes. Erst 1983 führte eine weitgehende Standardisierung zu einer deutlichen Belebung des Handels. Am 1. April 1986 wurde der Optionshandel auf festverzinsliche Wertpapiere eröffnet, blieb aber erfolglos. Erst mit der Gründung der DTB 1988 gelang der Anschluss an die internationale Entwicklung. Am 4. September 1998 schlossen sich die DTB und die schweizerische Soffex zur heute bestehenden Eurex zusammen, die seitdem weltweit eine hervorragende Position in vielen Teilmärkten des Derivatehandels einnimmt.
3.2 Volumensentwicklung an den derivativen Börsenmärkten
59
3.2 Volumensentwicklung an den derivativen Börsenmärkten In den Statistiken der Zentralbanken und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ werden als Kennzahlen für das Volumen an den derivativen Börsenmärkten üblicherweise der Umsatz gehandelter Kontrakte, der Umsatz in Nominalwerten wie auch das ausstehende Nominalvolumen herangezogen. Der Kontraktumsatz börsengehandelter Finanzderivate weltweit hat sich von 1990 bis 2008 von knapp 500 Millionen Kontrakte auf über 10 Milliarden Kontrakte um den Faktor zwanzig verändert. Gemessen an der Kontraktzahl sind Aktienindexderivate von besonders großer Bedeutung, gefolgt von den Zinskontrakten. Die Nominalwerte unterstreichen aber die herausragende Bedeutung von Derivaten auf Zinstitel (Zinssätze und Anleihen) unter den börsengehandelten Kontrakten. Über 85 % des nominalen Gesamtumsatzes in Finanzderivaten an Börsen entfiel im Jahr 2008 auf zinsbezogene Derivate. Optionskontrakte auf Währungen werden offenbar nur im gerignen Umfang an Börsen gehandelt. In der Tabelle 3.1 wird eine zusammenfassende Übersicht der Jahresumsätze börsengehandelter Kontrakte nach Kontraktzahl und Nominalwert über die Jahre 1990 bis 2008 gegeben. Tabelle 3.1. Jahresumsatz der weltweit an organisierten Börsen gehandelten Derivate Instrument Aktienindizes Futures Optionen Währungen Futures Optionen Zinstitel Futures Optionen INSGESAMT
1990
Kontrakte (Millionen) 1995 2000
39,4 119,1
114,8 187,3
29,7 18,9 219,1 52,0 478,3
Instrument 1990 Aktienindizes Futures Optionen Währungen Futures Optionen Zinstitel Futures Optionen INSGESAMT
2005
2008
225,2 481,5
918,6 3.139,8
2.471,9 4.174,1
98,3 23,2
43,5 7,0
143,0 19,4
433,8 59,8
561,0 225,5 1.210,1
781,2 107,7 1.646,0
2.110,4 430,8 6.762,1
2.582,9 617,7 10.340,1
Nominalwert (Milliarden US-Dollar) 1995 2000 2005
2008
5.596,3 5.819,1
11.413,3 10.081,2
23.556,2 18.586,9
55.098,5 72.878,5
135.703,3 139.800,5
2.713,4 1.239,2
3.193,4 986,2
2.416,8 211,8
11.125,0 947,5
24.924,8 2.799,2
92.778,7 15.234,4 123.381,3
258.907,1 42.983,4 327.564,6
292.018,7 47.378,9 384.169,2
939.551,8 328.778,2 1.408.379,5
1.406.027,8 535.162,9 2.244.418,5
Quelle: Quartalsberichte der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
60
3 Märkte für Derivate
3.200
Kontrakte in Millionen
2.800 2.400 2.000 1.600 1.200 800 400 0 1983
1986
1989
Nordamerika
1992
Europa
1995
1998
2001
Asien und Pazifikbecken
2004
2007
Sonstige
Quelle: Quartalsberichte und Jahresberichte der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Abb. 3.1. Weltweiter Börsenhandelsumsatz mit Zins-Futures nach kontinentalen Regionen
Der weltweite Handel mit Futures auf einen Zinssatz oder eine Anleihe bzw. einen Anleihenkorb, kurz Zins-Futures, expandierte gemessen am Jahresumsatz von rund 20.000 Kontrakten im Jahr 1975 auf über 3 Milliarden im Jahr 2007 und schließlich 2,5 Milliarden im Jahr 2008. In Nordamerika beispielsweise stieg der Anteil der Zins-Futures an den gesamten börsengehandelten Finanzderivaten – bezogen auf Nordamerika – von 14 % (1980) auf 55 % (2000) und fiel schließlich auf rund 40 % (2008). Im Jahr 2008 entfällt in Europa 69 % des Börsengeschäfts in Finanzderivaten auf Futures; darunter sind wiederum fast 50 % des Kontraktvolumens Zins-Futures. Das Marktsegment der Zins-Futures wird in der Abb. 3.1 gemessen am Jahresumsatz gehandelter Kontrakte nach kontinentalen Regionen in der Entwicklung der letzten fünfzehn Jahre aufgegliedert.
3.3 Märkte für außerbörsliche derivative Instrumente Außerbörslich haben ebenfalls zinsbezogene Produkte wie Forward Rate Agreements und Zins-Swaps die größte Bedeutung. Das außerbörsliche Handelsvolumen ist dabei deutlich größer als das Volumen in börsengehandelten Instrumenten. Zahlenangaben über die Entwicklung von OTC-Derivaten waren noch im letzten Jahrzehnt wesentlich schwerer zu erhalten und in etlichen Teilbereichen auch unvollständig. Seit dem Frühjahr 1995 hat sich jedoch die Datenbasis erheblich verbessert. Die Zentralbanken und Währungsbehörden von 26 Ländern führen im Dreijahresrhythmus eine statistische Erfassung zum Derivategeschäft der Banken durch, die auch den außerbörslichen Derivatemarkt abdecken (Triennal Central
3.3 Märkte für außerbörsliche derivative Instrumente
61
Bank Survey). Die von der BIZ koordinierte Erhebung erfasst schätzungsweise 90 % der im Derivativgeschäft aktiven Finanzinstitute. Es werden Daten sowohl zu den Nominal- als auch zu den Marktwerten der offenen außerbörslichen Devisen-, Zins-, Aktien- und Warenpreiskontrakte als auch zum Umsatz erhoben. Seit 1998 gibt es zudem eine ergänzende halbjährliche Derivatestatistik der nationalen Zentralbanken ebenfalls unter Koordination der BIZ. Die Nominalvolumina spiegeln im übrigen die relative Bedeutung der Gruppen für die Märkte, nicht aber zwingend deren Risikogehalt wider. Mögliche Verlustrisiken auf offenen Positionen lassen sich nur in Kenntnis der Gesamtposition quantifizieren: Mit derivativen Transaktionen verbundene Adressenausfallrisiken (Ausfall des Kontraktpartners) bestehen nicht in Höhe des Nominalkapitals, sondern vielmehr in Höhe des Aufwands, der für eine Wiederbeschaffung des Geschäfts angesetzt werden muss. Im Vergleich der Nominalwerte, als Wert, auf dem die im Rahmen von Derivativkontrakten vorzunehmenden Zahlungen beruhen, ist der Brutto-Marktwert nur gering. Der Brutto-Marktwert entspricht den Kosten, die angefallen wären, wenn man Long-Kontrakte zu den am jeweiligen Stichtag geltenden Preisen ersetzt hätte. Im Mai 2009 veröffentlichte die BIZ die Statistiken zu den Ende Dezember 2008 bestehenden Positionen an den weltweiten Märkten für außerbörsliche Derivate. Erstmals seit dem Beginn der Erhebung dieser Zahlen ging der Nominalwert ausstehender außerbörslicher Derivate zurück. Ende Dezember 2008 betrug der Nominalwert über alle Kategorien 592,0 Billionen US-Dollar, mithin 13,4 % weniger als sechs Monate zuvor (Juni 2008: 683,7 Billionen US-Dollar) (Abb. 3.2). 800
Billionen US-Dollar
700 Andere
600
CDS
500
Waren
400
Aktien
300
Zinsen
200
Währungen
100 0 Jun 07
Dez 07
Jun 08
Dez 08
Quelle: Gyntelberg u. Mallo 2009, S. 7. Abb. 3.2. Entwicklung des Nominalvolumens ausstehender außerbörsliche Derivate
62
3 Märkte für Derivate
40
Billionen US-Dollar
35 Andere
30
CDS
25
Waren
20
Aktien
15
Zinsen
10
Währungen
5 0 Jun 07
Dez 07
Jun 08
Dez 08
Quelle: Gyntelberg u. Mallo 2009, S. 7. Abb. 3.3. Entwicklung der Marktwerte ausstehender außerbörslicher Derivate
Bei Kreditderivaten in der Form der sogenannten Credit Default Swap CDS-Kontrakte ist es nach dem ersten Halbjahr 2008 bereits der zweite zu verzeichnende Volumenrückgang, nachdem die CDS-Volumina in den vergangenen drei Jahren jedes Halbjahr deutlich zugenommen hatten. Die extremen Finanzmarktturbulenzen im Verlauf des Jahres 2008 veranlassten offenbar etliche Marktteilnehmer, ihre Positionen in diesem Segment zurückzufahren und multilaterale Kündigungen von Kreditderivaten vorzunehmen. Ungeachtet der Abnahme des ausstehenden Nominalvolumens stiegen die Marktwerte der CDS-Kontrakte, da Ausfallrisiken am Markt drastisch höher bewertet wurden. Der Marktwert außerbörslicher Zinsderivate hat sich auch aufgrund der in diesem Zeitraum stark gefallenen Zinssätze fast verdoppelt (Abb. 3.3). Das starke Wachstum gerade bei Kreditderivaten hat in Verbindung mit dem Zusammenbruch großer Marktteilnehmer dazu geführt, dass die Regierungen und Aufsichtsorgane den Markt für außerbörsliche Derivate strenger überwachen wollen. Dazu soll der Handel auf zentrale Verrechnungsstellen, sogenannter Central Clearing Counterparties (CCP) umgelenkt werden. Bei einer zentralen Verrechnung wird das individuelle derivative Geschäft zwar weiterhin außerbörslich direkt zwischen zwei Partnern abgeschlossen. Anschließend aber ist der Vertag in ein zentrales Clearing zu überführen. Dabei stellt sich die Verrechnungsstelle als Kontrahent zwischen die Vertragspartner und führt die weitere Abwicklung und Besicherung durch. Der zentralisierte Handel soll effizienter und transparenter sein und mögliche Marktmanipulationen eliminieren. Insbesondere hofft man, die besondere Gefahr der starken Konzentration des Handels auf wenige große, untereinander verflochtene Marktteilnehmer in den Griff zu bekommen. Tabelle 3.2 enthält schließlich die aus der Dreijahresumfrage der BIZ entnommenen Nominal- und Marktwerte in außerbörslichen Derivaten jeweils zum Stand Ende Juni 1998, 2001, 2004 und 2007.
3.3 Märkte für außerbörsliche derivative Instrumente
63
Tabelle 3.2. Märkte für außerbörsliche Derivate weltweit Instrument Aktien und Aktienindizes Termingeschäfte Optionen Devisenkontrakte Devisenterminkontrakte Währungs-Swaps Optionen Sonstige Zinskontrakte Forward Rate Agreements Swaps Optionen Sonstige Warenkontrakte Gold Sonstige Kreditderivate und Sonstige GESAMTSUMME Instrument Aktien und Aktienindizes Termingeschäfte Optionen Devisenkontrakte Devisenterminkontrakte Währungs-Swaps Optionen Sonstige Zinskontrakte Forward Rate Agreements Swaps Optionen Sonstige Warenkontrakte Gold Sonstige Kreditderivate Forwards, Swaps Credit Default Swaps Optionen Sonstige GESAMTSUMME
Ende Juni 1998 Ende Juni 2001 NominalBrutto- NominalBruttowerte marktwerte* werte marktwerte* 1.341 201 (15,0) 2.039 218 (10,7) 180 22 (12,0) 373 54 (14,5) 1.161 180 (15,5) 1.666 164 (9,8) 22.055 982 (4,5) 20.435 967 (4,7) 14.658 584 (4,0) 13.275 548 (4,1) 2.324 255 (11,0) 4.302 339 (7,9) 5.040 141 (2,8) 2.824 80 (2,8) 33 2 (3,8) 33 0 (0,0) 48.124 1.354 (2,8) 75.813 1.748 (2,3) 6.602 39 (0,6) 7.678 32 (0,4) 32.942 1.186 (3,6) 57.220 1.531 (2,7) 8.528 126 (1,5) 10.913 185 (1,7) 52 2 (2,7) 2 0 (0,0) 506 39 (8,0) 674 88 (13,0) 228 9 (4,4) 278 24 (8,6) 278 30 (10,9) 396 63 (15,9) 118 4 (3,1) 698 21 (3,0) 72.143 2.580 (3,6) 99.659 3.042 (3,1) Ende Juni 2004 Ende Juni 2007 Nominalw. Bruttom.* Nominalw. Bruttom.* 5.094 321 (6,3) 10.760 1.213 (11,3) 773 72 (9,3) 3.426 266 (7,8) 4.321 249 (5,8) 7.333 947 (12,9) 31.500 1.116 (3,5) 57.597 1.611 (2,8) 16.764 461 (2,8) 29.771 667 (2,2) 7.939 506 (6,4) 14.127 665 (4,7) 6.789 149 (2,2) 134.662 278 (2,0) 8 0 (0,0) 37 0 (0,0) 177.457 4.582 (2,6) 388.627 6.724 (1,7) 14.399 211 (1,5) 25.607 145 (0,6) 137.277 3.978 (2,9) 306.438 5.813 (1,9) 25.757 393 (1,5) 56.575 766 (1,4) 25 0 (0,0) 7 0 (0,0) 1.354 176 (8,0) 8.255 690 (8,4) 359 46 (4,4) 1.051 56 (5,3) 995 130 (10,9) 7.204 634 (8,8) 131 (2,9) 51.095 906 (1,8) 4.474 49.974 3.842 45.179 768 (1,7) 631 1.121 191 65 (34,0) 78 1 (1,7) 220.070 6.391 (2,9) 516.411 11.145 (2,2)
Ausstehende Beträge in Milliarden US-Dollar. Bereinigt um Doppelzählungen. * Zahlen in Klammern geben als Prozentgröße den Anteil des Bruttomarktwertes am Nominalwert an. Quelle: Triennal Central Bank Surveys der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
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3 Märkte für Derivate
3.4 Instrumente und Handel an der Eurex 3.4.1 Entstehung und Organisationsstruktur der Eurex Die Konzeptionsphase einer eigenen deutschen Options- und Future-Börse startete im Februar 1987, als die Frankfurter Wertpapierbörse einen speziellen Arbeitsausschuss einsetzte. Im Juli 1988 wurde dann die Trägergesellschaft DTB – Deutsche Terminbörse GmbH gegründet. Vorbild der DTB, die in der Planungsphase auch als German Options and Financial Futures Exchange GOFFEX bezeichnet wurde, war die Soffex. Am 26. Januar 1990 nahm die Deutsche Terminbörse DTB den Handel zunächst in Aktienoptionen auf deutsche Standardwerte auf. Die Produktpalette wurde aber rasch erweitert. Nach einer wechselhaften Geschichte mit unterschiedlichen Markterfolgen haben sich die DTB und die Soffex schließlich am 28. September 1998 zur Terminbörse Eurex zusammengeschlossen. In rechtlicher Hinsicht wird die Eurex von drei juristischen Personen, Eurex Zürich AG, Eurex Frankfurt AG und Eurex Clearing AG, getragen. Die Deutsche Börse AG und die Schweizer Börse AG sind zu je 50 % an der Eurex Zürich AG beteiligt, die wiederum eine 100prozentige Beteiligung an der Eurex Frankfurt AG hält. Die Eurex Clearing AG ist als 100prozentige Tochter von Eurex Frankfurt AG ebenfalls in Frankfurt am Main angesiedelt. Der eigentliche Börsenbetrieb wird in der Schweiz von der Eurex Zürich AG, in Deutschland von der dem öffentlichen Recht unterstellten Eurex Deutschland organisiert. Die technische Seite des Zusammenschlusses wurde durch den Umstand erleichtert, dass die DTB ihre Software von der zwei Jahre älteren Soffex bezog. Streng rechtlich gesehen bleiben Eurex Deutschland und Eurex Zürich als unabhängige Börsen erhalten, da das Aufsichtsrecht noch keine supranationale Börse vorsieht. Neben dem gemeinsamen Handel und dem gemeinsamen Clearing-System gelten aber einheitliche Börsenregeln. Darüber hinaus besteht innerhalb der beiden Organisationen Personalunion. Die Eurex hat in den vergangenen Jahren durch strategische Partnerschaften versucht, ihre Marktposition beständig auszubauen. Mit der finnischen Börse in Helsinki, die seit 2003 Teil der OMX Nordic Exchange ist, besteht eine Partnerschaft seit September 1999. Der angestrebte Einstieg in den US-amerikanischen Raum zeigte sich schwierig. So konnte eine Allianz mit einer der bedeutendsten Derivatebörsen, der CBoT, nicht realisiert werden. Ebenso scheiterte der Ausbau einer eigenen Derivatebörse in den USA, der Eurex US. Am 20. Dezember 2007 wurde die Übernahme der International Securities Exchange ISE abgeschlossen, die nun eine hundertprozentige Tochter der Eurex ist. Die Eurex ist als vollcomputerisierte Terminbörse konstruiert, bei der der Handel ausschließlich über Bildschirm-Terminals abgewickelt wird und die Teilnahme der Investoren somit unabhängig von ihrem jeweiligen Standort ist. Alle eingegebenen Orders (Aufträge) und Quotes (Angebote) werden im elektronischen Orderbuch der Eurex erfasst und automatisch nach den Kriterien Preis und Eingabezeitpunkt priorisiert. Market Maker stellen an vielen Märkten laufend verbindliche Kurse und sichern damit die Liquidität des Marktes. Am vollelektronischen Bör-
3.4 Instrumente und Handel an der Eurex
65
senhandel für Finanzderivate an der Eurex nehmen zurzeit über 560 direkte Teilnehmer in Europa und den USA teil. 3.4.2 Produkte Die Produktpalette der Eurex umfasste lange Jahre mit Aktien-, Aktienindex-, Zinssatz- und Rentenderivaten ausschließlich Finanzderivate. Währungsderivate werden an der Eurex nicht gehandelt. Die Zinssatzderivate werden als EuroGeldmarktprodukte, die Rentenderivate als Euro-Kapitalmarktprodukte bezeichnet. Der Großteil der Euro-Kapitalmarktprodukte bezieht sich auf Schuldverschreibungen unterschiedlicher Laufzeit der Bundesrepublik Deutschland. Eine repräsentative Auswahl der zum Oktober 2009 an der Eurex gehandelten Derivate ist in der Tabelle 3.3 abgetragen. In den folgenden Kapiteln werden einige der aufgelisteten derivativen Instrumente detaillierter beschrieben und auch zur Umsetzung von Fallbeispielen herangezogen. Tabelle 3.3. Derivate an der Eurex; Oktober 2009 Kategorie Euro-Geldmarktprodukte EuroKapitalmarktprodukte
Aktienprodukte Aktienindexprodukte
Optionen Futures Deutsche Indizes
Schweizer Indizes
Finnischer Index Dow Jones Euro STOXX
Derivat Dreimonats-Euribor-Futures Optionen auf Dreimonats-Euribor-Futures Einmonats-Eonia-Futures Euro-Schatz-Futures, Optionen auf Euro-Schatz-Futures Euro-Bobl-Futures, Optionen auf Euro-Bobl-Futures Euro-Bund-Futures, Optionen auf Euro-Bund-Futures Euro-Buxl-Futures Euro-BTP-Futures CONF-Futures … auf europäische und russische Aktien … auf europäische, russische und US-amerikanische Aktien Deutscher Aktienindex DAX-Futures und –Optionen DAX-Friday Weekly-Optionen Dividendenindex DivDAX-Futures und -Optionen Midcap-Index DAX MDAX-Futures und -Optionen Technologieindex TecDAX-Futures und -Optionen Swiss Leader Index SLI-Futures und –Optionen Swiss Market Index SMI-Futures und -Optionen SMI-Friday Weekly-Optionen SMI Mid SMIM-Futures und -Optionen OMXH25-Futures und –Optionen Dow Jones Euro STOXX 50-Futures und -Optionen Dow Jones Euro STOXX 50-Friday Weekly-Optionen Dow Jones Euro STOXX Select Dividend 30-Futures und -Optionen Dow Jones Euro STOXX Branchen-Futures und -Optionen
66
3 Märkte für Derivate
Tabelle 3.3 (Fortsetzung) Kategorie Dow Jones STOXX
Dow Jones JapanIndex Russische Indizes AktienindexDividendenderivate
Volatilitätsindexderivate Kreditderivate Inflationsderivate Immobilienindexderivate Exchange Traded Fund EXTF-Derivate CO2-Derivate Wetterderivate Rohstoffderivate
Derivat Dow Jones STOXX 50-Futures und –Optionen Dow Jones STOXX 600-Futures und -Optionen Dow Jones STOXX Large 200-Futures und -Optionen Dow Jones STOXX Mid 200-Futures und -Optionen Dow Jones STOXX Small 200-Futures und -Optionen Dow Jones STOXX 600-Branchen-Futures und -Optionen Dow Jones Global Titans 50-Futures und -Optionen Dow Jones Global Titans 50-Branchen-Futures und -Optionen MSCI Japan-Futures MSCI Russia-Futures und -Optionen RDXxt USD-Futures Dow Jones Euro STOXX 50 Index-Dividenden-Futures Dow Jones Euro STOXX Select Dividend 30 Index-Dividenden-Futures DAX Kursindex-Dividenden-Futures DivDAX-Dividenden-Futures SMI-Dividenden-Futures VSTOXX Mini-Futures iTraxx Europe 5-year Index-Futures iTraxx Europe Crossover 5-year Index-Futures iTraxx Europe HiVol 5-year Index-Futures Euro-Inflation-Futures IPD UK Annual All Property Index-Futures iShares DAX-Futures und -Optionen iShares Dow Jones Euro STOXX 50-Futures und -Optionen XMTCH SMI-Futures und -Optionen European Union Allowance EUA-Futures Optionen auf EUA-Futures Certified Emission Reductions CER-Futures Hurrikan-Futures USA Hurrikan-Futures Florida Hurrikan-Futures Gulf Gold-Futures und -Optionen Silber-Futures und -Optionen Dow Jones-UBS Commodity Index-Futures Dow Jones-UBS Commodity Agriculture Subindex-, Energy Subindex- sowie Industrial Metals Subindex-Futures European Processing Potato Index-Futures London Potato Index-Futures Piglet Futures Hoglet Futures Phelix Base-Futures Phelix Peak-Futures Optionen auf Phelix Base-Futures
3.4 Instrumente und Handel an der Eurex
67
Eine etwas neuere Produktkategorie sind EXTF-Derivate, d. h. Derivate auf börsengehandelte Indexfonds. Futures auf Volatilitätsindizes sind in wechselnder Angebotspalette immer mal wieder an der Eurex gehandelt worden; im Mai 2009 wurde der Handel in Futures auf den VDAX-New, den VSMI und den VSTOXX eingestellt und gleichzeitig in sogenannte VSTOXX Mini-Futures eingeführt. Die seit Juni 2008 gehandelten Aktienindex-Dividendenderivate fokussieren auf die Dividendenkomponente der in ausgewählten Aktienindizes enthaltenen Werte. Weitere in den Jahren 2007 bis Anfang 2009 eingeführte Produkte sind Kredit-, Emmissionszertifikate-, Rohstoff-, Wetter-, Inflations- und Immobilienderivate. Insbesondere das Segment der Rohstoffderivate ist deutlich ausgebaut worden. So werden mittlerweile Gold- und Silber-Derivate, Futures auf Warenindizes sowie Agrarderivate auf pflanzliche und tierische Produkte gehandelt. Mit den sich auf die USA insgesamt sowie speziell Florida und die Golfküstenstaaten beziehenden Futures auf Sturmschäden (Hurrikan-Futures) bietet die Eurex seit Sommer 2009 erstmals auch Wetter- bzw. Katastrophenderivate an. 3.4.3 Clearing-Stelle und Risk Based Margining Die in der Eurex integrierte Eurex Clearing AG führt die Abwicklung, Besicherung und geld- bzw. stückemäßige Regulierung der an der Eurex abgeschlossenen Geschäfte durch. Kommt ein Geschäft zustande, so stellt sich die Clearing-Stelle als Kontrahent beider Vertragspartner zwischen Käufer und Verkäufer. Mitglieder der Clearing-Stelle sind Kreditinstitute aus dem Kreis der Börsenteilnehmer, die besonders hohen Bonitätsanforderungen genügen müssen. Die institutionelle Einbindung des Clearing-Systems erfolgt auf deutscher Seite durch eine Schnittstelle der Eurex Clearing AG zur Deutsche Börse Clearing AG (der früheren Deutsche Kassenverein AG) und zur Landeszentralbank Hessen. Zum Handel an der Eurex zugelassene Börsenteilnehmer sind entweder als General Clearing Member GCM, als Direkt Clearing Member DCM oder als Non Clearing Member NCM im Clearing-Verfahren der Eurex integriert. Jede Art der Clearing-Mitgliedschaft ist mit unterschiedlichen Aufgaben und Anforderungen verbunden. So handeln GCM an der Börse und wickeln das Clearing für ihre eigenen Transaktionen, die Transaktionen ihrer Kunden und die Transaktionen von Mitgliedern mit NCM-Status ab. Diese Abwicklung umfasst das Erbringen der Margins, die Garantie und das Erbringen der Lieferung bei allen Ausübungen und Zuteilungen, die Zahlung und den Erhalt aller Prämien sowie die Zahlung der Transaktionsentgelte. General Clearing-Mitglieder müssen ein Konto bei der Deutsche Börse Clearing AG unterhalten. Ein DCM hat die gleichen Aufgaben wie ein GCM, kann jedoch das Clearing nur für Transaktionen seiner Kunden bzw. für eigene Transaktionen durchführen. NCM sind Börsenteilnehmer ohne Clearing-Berechtigung und müssen das Clearing durch ein GCM durchführen lassen (Abb. 3.4). Die Erfüllung der offenen Positionen durch die Clearing-Stelle wird vor allem dadurch gewährleistet, dass die Mitglieder für das Eingehen und Halten einer Position Sicherheitsleistungen (Margins) hinterlegen müssen. Die Eurex berechnet
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3 Märkte für Derivate
die Margins auf Basis des sogenannten Risk Based Margin-Systems, bei dem täglich der aktuelle Marktwert (auf Basis der Tagesendwerte) mit den potenziellen Marktwerten des Portfolio verglichen wird. Das Risk Based Margining-System umfasst das gesamte Verfahren der Bemessung, Berechnung und Abwicklung von Sicherheitsleistungen, die für offene Positionen zu hinterlegen sind. Die Höhe der Sicherheitsleistungen bemisst sich nach dem Gesamtrisiko des abzurechnenden Kontos, das aus den eventuell entgegengerichteten Preisrisiken der im Konto enthaltenen Derivate ermittelt wird. Die risikoreduzierende Wirkung von Kombinationen wird berücksichtigt, ebenso werden entgegengesetzte Risiken aufgerechnet. Um die verschiedenen Kontrakte eines Portfolio mit gleichartigen Risiken zu gruppieren, fasst man sie nach den Basiswerten in Margin-Klassen zusammen. Mögliche Gewinne bzw. Verluste von Kontrakten derselben Margin-Klasse werden im Rahmen eines sogenannten Cross-Margining gegeneinander verrechnet. Werden zwei oder mehrere Margin-Klassen, deren Basiswerte eine ähnliche Risikostruktur aufweisen, zusammengefasst, so spricht man von einer Margin-Gruppe. Innerhalb einer Margin-Gruppe ist wiederum ein Cross-Margining möglich. Zielsetzung des Risk Based Margining-Systems ist die Schätzung, wieviel im ungünstigsten Fall die Glattstellung einer Derivateposition am nächsten Tag, d. h. bis zum Neuberechnungszeitpunkt der Margins kosten würde. Die historische Volatilität soll dabei einen Anhaltspunkt für die zu erwartende maximale Kursschwankung bieten. Zusätzlich wird diese Volatilität um gewisse Risikofaktoren korrigiert bzw. ergänzt. Die errechnete maximal mögliche Kursveränderung des Basiswertes bis zur nächsten Margin-Berechnung wird als Margin-Intervall bezeichnet. Die aus dem Margin-Intervall abgeleiteten minimalen und maximalen Preise des Basiswertes dienen als Ausgangspunkt der zu berechnenden Tiefst- und Höchstpreise der zugehörigen Kontrakte. Zur Berechnung theoretischer Optionswerte wendet die Eurex ein binomiales Optionspreismodell an. Bei Kassaoptionen werden vom Stillhalter Premium Margins erhoben, die die eventuellen Glattstellungskosten des jeweiligen Börsentags abdecken. Sie beziehen sich auf den Verlust, der entstehen würde, wenn der Stillhalter sich heute glattstellen würde. Der Optionskäufer braucht keine Margins zu hinterlegen. Die Additional Margins dienen dazu, für alle Optionspositonen die potenziellen Glattstellungskosten bis zum Ende des nächsten Börsentags abzudecken. Zu deren Ermittlung wird eine Prognose über die ungünstigste mögliche Preisentwicklung innerhalb der nächsten 24 Stunden durchgeführt. Bei Futures und Future-Optionen, die nach dem Mark to Market-Verfahren abgerechnet werden, fallen Variation Margins als Ausgleich des täglichen Gewinns und Verlusts an. Durch die Variation Margins werden Gewinne und Verluste der offenen Positionen, die durch Kursveränderungen gegenüber dem Vortag entstehen, täglich ausgeglichen. Hier handelt es sich also nicht um eine Sicherheitsleistung im engeren Sinne, sondern um einen Gewinn- und Verlustausgleich in bar. Die Positionen werden täglich zum Tagesendwert neu bewertet. Die Differenz zwischen dem Tagesendwert des Vortages und des darauf folgenden Börsentages wird durch tägliche Ausgleichszahlungen verrechnet. Am Schlussabrechnungstag braucht dann nur eine letzte Bewertung aller offenen Positionen zum Schlussabrechnungspreis vorgenommen zu werden.
3.4 Instrumente und Handel an der Eurex
Auftrag
Terminbörse Clearing-Stelle
Margin-Forderung
General Clearing Member GCM Auftrag
MarginForderung
Auftrag
Non Clearing Member NCM Auftrag
MarginForderung
Kunde
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Auftrag Margin-Forderung
Direct Clearing Member DCM Auftrag
MarginForderung
Kunde
MarginForderung Kunde
Abb. 3.4. Clearing-System der Eurex
Bei Futures und Future-Optionen, die nach dem Mark to Market-Verfahren abgerechnet werden, fallen Variation Margins als Ausgleich des täglichen Gewinns und Verlusts an. Durch die Variation Margins werden Gewinne und Verluste der offenen Positionen, die durch Kursveränderungen gegenüber dem Vortag entstehen, täglich ausgeglichen. Hier handelt es sich also nicht um eine Sicherheitsleistung im engeren Sinne, sondern um einen Gewinn- und Verlustausgleich in bar. Die Positionen werden täglich zum Tagesendwert neu bewertet. Die Differenz zwischen dem Tagesendwert des Vortages und des darauf folgenden Börsentages wird durch tägliche Ausgleichszahlungen verrechnet. Am Schlussabrechnungstag braucht dann nur eine letzte Bewertung aller offenen Positionen zum Schlussabrechnungspreis vorgenommen zu werden. Während auch bei Future-Optionen Additional Margins zu entrichten sind, sind bei Futures nur für Non Spread-Positionen Additional Margins, für Spread-Positionen dagegen die (geringeren) Future Spread Margins zu hinterlegen. Die Future Spread Margins decken das Risiko ab, das durch die nicht perfekte positive Preiskorrelation verschiedener Fälligkeitsmonate des zugrunde liegenden Finanztitels bedingt ist. Long- und Short-Positionen auf den gleichen Basiswert können bei gleichen Kontraktlaufzeiten problemlos gegeneinander aufgerechnet werden. Die Risiken bei Long- und Short-Positionen mit gleichem Basiswert aber unterschiedlichen Laufzeiten können jedoch auch gegenübergestellt werden, da sie sich weitgehend ausgleichen. Da sie jedoch keine perfekte Preiskorrelation aufweisen, verbleibt ein gewisses Restrisiko, das über die Future Spread Margins erfasst werden soll (Abb. 3.5).
70
3 Märkte für Derivate
Optionen
Optionen auf Kassainstrumente
Futures
Optionen auf Futures
Premium Margin Glattstellungskosten nur für Stillhalter Tägl. Abrechungspreis x Kontraktwert
Non-Spread Futures
Spread Futures
Variation Margin Gewinn- und Verlustausgleich (Mark to the Market) Vorziehen aktueller Glattstellungsgewinne und -verluste auf Basis des täglichen Abrechnungspreises
Aktueller Ausgleich
Aditional Margin Spread Margin Mögliche Glattstellungskosten bis zum nächsten Tag (Worst Case Loss)
Worst Case Loss bei Spreads x Kontraktwert
Zukünftiger Ausgleich
Worst Case Loss x Kontraktwert
Abb. 3.5 Margin-System der Eurex
Additional Margins, Future Spread Margins und Premium Margins können in bar oder durch die Hinterlegung von Wertpapieren geleistet werden. Sicherheitsleistungen in bar werden nicht verzinst. Die möglichen zu hinterlegenden Wertpapiere sind von der Clearing-Stelle genau spezifiert und unterliegen gewissen Restriktionen. Als Beleihungswert werden 75 % des Kurswertes festgelegt. Alle Vereinbarungen, die eine Terminbörse beim Clearing-Verfahren trifft, gelten zunächst für die angeschlossenen Clearing-Mitglieder und nachgelagert damit auch für deren Kunden. Die Clearing-Mitglieder geben jedoch meist höhere Sicherheitsforderungen an ihre Kunden weiter, um den täglichen Anpassungsbedarf weitgehend gering zu halten. Bei Aufnahme eines Termingeschäfts ist an den Terminmärkten typischerweise eine Sicherheitsleistung als „Erst-Einschuss“, Initial Margin genannt, zu hinterlegen. Dieser Begriff der Initial Margin wird in der Terminologie der Eurex allerdings (zumeist) nicht verwandt. Die Eurex selbst verweist diesbezüglich auf die Additional Margin als Sicherheitsleistung im eigentlichen Sinne. Einmalig zu hinterlegende Sicherheiten der Kunden wie auch erforderliche Einlagen der ClearingMitglieder könnten ebenso als Initial Margin bezeichnet werden. 3.4.4 Beispiele für die Berechnung der Margins in Eurex-Positionen Die durch das Risk Based Margining-System ausgelösten Zahlungswirkungen sollen für Futures wie auch Kassaoptionen exemplarisch verdeutlicht werden. Die für
3.4 Instrumente und Handel an der Eurex
71
Eurex-Futures anfallenden Variation, Additional und Spread Margins werden anhand einer Position in DAX-Futures dargestellt. Es wird dazu angenommen, dass ein Marktteilnehmer an einem bestimmten Tag im Juli eines Jahres folgendes Portfolio hält: x Kauf von acht DAX-Futures mit Fälligkeitsmonat September desselben Jahres x Verkauf von zwölf DAX-Futures mit Fälligkeitsmonat Dezember desselben Jahres x Verkauf von drei DAX-Futures mit Fälligkeitsmonat März des Folgejahres x Kauf von fünf DAX-Futures mit Fälligkeitsmonat März des Folgejahres. Zur Berechnung der Variation Margins wird beispielhaft ausschließlich auf die Position in den September-Futures Bezug genommen. Es wird angenommen, dass die acht DAX-Futures zum Kurs von 6.315,50 Punkten am Tag t0 gekauft werden. Der Abrechnungspreis am Tagesende beträgt nach Annahme 6.320,50 Punkte. Am Folgetag t1 schließt der September-Future-Kontrakt mit 6.312,00, am Folgetag t2 mit 6.327,00 Punkten. Die Variation Margins erfassen die täglichen Wertveränderungen. Zahlungen zum Ausgleich von Gewinnen wie auch Verlusten werden also nicht erst zur Fälligkeit des Kontraktes, sondern bereits börsentäglich während der Laufzeit geleistet. Die Differenz der Abrechnungspreise zweier benachbarter Tage wird mit dem Kontraktwert der Futures pro Punkt und der Zahl der Kontraktpositionen multipliziert, um die Wertänderung in der September-Future-Position des Marktteilnehmers in Euro zu erhalten. In der Tabelle 3.4 sind die Zahlungseffekte durch die Variation Margins zusammengefasst. Die Clearing-Stelle schreibt diese Beträge dem Clearing-Mitglied auf ein eingerichtetes Konto gut bzw. fordert diese Beträge vom Clearing-Mitglied ein. Über ein etwaiges Guthaben auf dem Margin-Konto kann der Marktteilnehmer jederzeit verfügen. Tabelle 3.4. Beispiel zu den Variation Margins bei DAX-Futures Tag
Punkt-Differenz
t0 t1 t2
6.320,50 6.315,50 = 5,00 6.312,00 6.320,50 = 8,50 6.327,00 6.312,00 = 15,00
Wert pro Punkt 25 € 25 € 25 €
Kontraktanzahl 8 8 8
Wertveränderung 1.000 € Gutschrift 1.700 € Belastung 3.000 € Gutschrift
Tabelle 3.5. Beispiel zu den Additional Margins und den Spread Margins bei DAX-Futures Spread Margin Spread September – Dezember Dezember – März Additional Margin Non Spread Dezember
Anzahl 8 2
Spread Margin-Satz 200 € 200 €
Spread Margin 1.600 € 400 €
Anzahl 2
Additional Margin-Satz 11.500 €
Additional Margin 23.000 €
72
3 Märkte für Derivate
Die Darstellung der Hinterlegung von Sicherheiten über das System der Additional Margins und der Spread Margins erfordert die Betrachtung des gesamten Portfolio mit Positionen in unterschiedlichen Fälligkeiten wie oben angegeben. Die Bestimmung der Margins erfolgt in drei Schritten: x Bildung der Nettopositionen x Bildung von Spreads und Kalkulation der Spread Margins x Kalkulation der Additional Margins für die verbleibenden Non Spreads Im ersten Schritt werden die Nettopositionen gebildet. Kauf- können gegen Verkaufspositionen der gleichen Fälligkeit aufgerechnet werden, da diese Teilpositionen des Marktteilnehmers keinem Kursänderungsrisiko mehr unterliegen. Im vorliegenden Falle können demnach die März-Positionen teilweise gegeneinander aufgerechnet werden. Nach Glattstellung verbleiben acht September Long-, zwölf Dezember Short- und zwei (= 5 – 3) März Long-Positionen. Im zweiten Schritt werden mögliche Spreads gebildet, d. h. es werden Longund Short-Positionen unterschiedlicher Fälligkeit zusammengefasst. Die Gegenüberstellung von acht September Long- zu acht Dezember Short-Positionen ergibt acht Spreads. Die Gegenüberstellung der zwei aus der Bildung der Nettopositionen verbliebenen März Long- zu weiteren zwei Dezember Short-Positionen ergibt zwei weitere Spreads. Für diese Spreads sind Spread Margins zu entrichten. Der Margin-Satz wird von der Clearing-Stelle festgelegt und veröffentlicht. Im Beispiel gehen wir davon aus, dass der Spread Margin-Satz 200 € beträgt. Im dritten Schritt sind schließlich die Non Spreads zu betrachten. Es verbleiben hier zwei offene Dezember Short-Positionen. Zur Abdeckung des vollen Glattstellungsrisikos sind vom Marktteilnehmer Additional Margins zu hinterlegen. Der beispielhaft unterstellte Additional Margin-Satz von 11.500 € würde implizieren, dass die Clearing-Stelle von einer maximalen Veränderung des DAX von 460 Punkten innerhalb eines Tages ausgeht. Dieses maximale Schwankung ist mit dem Kontraktwert von 25 € zu multiplizieren, um den Additional Margin-Satz zu erhalten. Die Berechnung der Margins für das vorliegende Beispiel ist in Tabelle 3.5 zusammengefasst. In der Berechnung der Margin-Sätze bei Optionspositionen wird auf Optionsbewertungsmodelle zurückgegriffen, so dass an dieser Stelle der Hintergrund der Berechnungen nicht in allen Details analysiert werden kann. Beispielhaft soll von einem DAX-Stand von 6.500 Punkten ausgegangen werden. Betrachtet werden die Margin-Positionen des Käufers und des Verkäufers einer Kaufoption auf den DAX (mit einem bestimmten Ausübungspreis und einer bestimmten Fälligkeit). Die sich am Markt zum konkreten Handelszeitpunkt des Tages einstellende Optionsprämie ist am Tag nach dem ersten Handelstag vom Käufer an den Verkäufer zu zahlen. Der Abrechnungspreis dieser spezifischen Call-Option soll nach Annahme 74,50 Punkte betragen. Aus der Multiplikation von Abrechnungspreis und Kontraktwert folgt der Premium Margin-Betrag am Ende des ersten Handelstages zu: 74,50 5 €
372,50 €
3.4 Instrumente und Handel an der Eurex
73
Premium Margins geben den Optionspreis in Euro im jeweiligen Berechnungszeitpunkt und damit den aktuellen Marktwert der Position an. Dem Käufer wird als Inhaber der Option der Margin-Betrag gutgeschrieben, der Stillhalter hat den Betrag dagegen auf sein Margin-Konto einzuzahlen. Die tägliche Berechnung der Änderungen des Optionspreises entsprechen also letztlich einem Gewinn- und Verlustausgleich. Die vom Käufer beim Eingehen der Optionsposition zu zahlende Optionsprämie wird nicht in die Margin-Kalkulation hineingerechnet. Bei dem angenommenen Margin-Intervall des DAX von 460 Punkten wird davon ausgegangen, dass der DAX bis zum Ende des nächsten Börsentags maximal um 460 Punkte steigt bzw. um 460 Punkte fällt. Im vorliegenden Fall werden demnach DAX-Stände am Ende des Folgetages zwischen 6.040 und 6.960 Punkten für realistisch gehalten. Für diese beiden DAX-Niveaus von 6.040 und 6.960, die die Extremfälle des angenommenen Szenarios darstellen, werden nun mit Hilfe des im zehnten Kapitel noch darzustellenden binomialen Optionsbewertungsmodells die zugehörigen theoretischen Optionswerte berechnet. Nach Annahme sollen sich hier Optionswerte von 8,56 und 288,79 Punkten ergeben. Der festgestellte Abrechnungspreis der Option von 74,50 Punkten wird im dargestellten Szenario bis zum Abrechnungszeitpunkt des Folgetages im Extremfall theoretisch also um 65,94 Punkte fallen bzw. um 214,29 Punkte steigen. Die Additional Margin-Sätze für den Käufer bzw. den Verkäufer des Optionsgeschäfts ergeben sich aus diesen maximal erwarteten Änderungen des Optionspreises multipliziert mit dem Kontraktwert zu: 65,94 5 €
329,70 €
214, 29 5 € 1.071, 45 €
Für den Käufer und den Verkäufer sind Premium wie auch Additional Margins täglich neu zu bestimmen. Da der Optionspreis nicht negativ werden kann, wird der beim Käufer anfallende absolute Additional Margin-Betrag immer kleiner sein als der Premium Margin-Satz. Auf Käuferseite tritt deshalb korrekterweise keine negative Gesamt-Margin auf, da für den Optionskäufer keine über die gezahlte Optionsprämie hinausgehende Nachschusspflicht besteht. Einzel- und Gesamtpositionen des Margin-Kontos von Käufer und Verkäufer der Option zum Ende des ersten Handelstages sind in der Tabelle 3.6 zusammengefasst. Eine positive Gesamt-Margin ist als Gutschrift, eine negative als Nachschussverpflichtung bzw. Belastung zu interpretieren. Tabelle 3.6. Margin-Berechnung bei DAX-Optionen Käufer der Option Premium Margin Additional Margin Gesamt-Margin
Verkäufer der Option +372,50 € Premium Margin –329,70 € Additional Margin +42,80 € Gesamt-Margin
–372,50 € –1.071,45 € –1.443,95 €
74
3 Märkte für Derivate
Tabelle 3.7. Margin-Parameter ausgewählter Eurex-Kontrakte; März 2009 Margin-Klasse Dreimonats-EuriborFuture Euro-Schatz-Future Euro-BoblFuture Euro-BundFuture DAX-Future bzw. DAX-Option
Margin-Parameter in Punkten 0,25 Juni 2004: 0,25 Juni 2001: 0,25 0,53 Juni 2004: 0,50 Juni 2001: 0,50 1,25 Juni 2004: 1,20 Juni 2001: 0,70 2,63 Juni 2004: 1,80 Juni 2001: 1,60 445,00 Juni 2004: 360,00 Juni 2001: 400,00
Back Month Spread Margin 321 € Juni 2004: 200 € Juni 2001: 300 € 130 € Juni 2004: 100 € Juni 2001: 120 € 223 € Juni 2004: 120 € Juni 2001: 140 € 165 € Juni 2004: 130 € Juni 2001: 160 € 193 € Juni 2004: 150 € Juni 2001: 190 €
Spot Month Spread Margin 321 € Juni 2004: 300 € Juni 2001: 300 € 150 € Juni 2004: 200 € Juni 2001: 140 € 223 € Juni 2004: 250 € Juni 2001: 200 € 466 € Juni 2004: 300 € Juni 2001: 240 € 193 € Juni 2004: 250 € Juni 2001: 190 €
Quelle: Eurex-Angaben unter www.eurexchange.com
In der Tabelle 3.7 sind Margin-Intervalle und Spread-Sätze ausgewählter EurexMargin-Klassen angegeben. Eine Anpassung der Parameter erfolgt durch die Eurex in Abhängigkeit von der Entwicklung des Marktumfeldes. Im Laufe der Jahre scheinen sich die Zeiträume zwischen zwei Anpassungszeitpunkten immer mehr zu verkürzen. Zu beachten ist weiter die insbesondere für Kapitalmarktprodukte relevante Unterscheidung zweier Spread Margin-Sätze. Ist in einer SpreadBildung eine Kontraktfälligkeit im nächsten Liefermonat enthalten, so fällt die höhere Spot Month Spread Margin an. Ist kein Kontrakt mit Fälligkeit im nächsten Liefermonat Bestandteil der Spread-Konstruktion, so ist die geringere Back Month Spread Margin zu entrichten. Nur kurzzeitig ab dem Jahr 2004 wurden auch bei den Aktienindex-Futures Back und Spot Month Spreads mit unterschiedlichen Margins belegt. Zur Vergleichbarkeit sind in der Tabelle 3.7 die jeweils im Juni 2001 bzw. Juni 2004 geltenden Parameter ebenfalls abgetragen. 3.4.5 Umsätze In Europa hat sich die Frage um den führenden europäischen Terminbörsenplatz in den neunziger Jahren lange auf einen Konkurrenzkampf zwischen Liffe auf der einen und einer Allianz aus DTB sowie Matif auf der anderen Seite zugespitzt. Dabei beherrschte die Suche nach den Vorteilen und Nachteilen des deutschen Weges einer elektronischen Börse ohne Präsenz an einem Börsenparkett die Diskussionen um die entscheidenden Wettbewerbsparameter. Durch den Zusammenschluss von DTB und Soffex zur Eurex und den gerade im wichtigen BundFuture-Kontrakt enormen Markterfolg der Eurex hat sich die Situation seit 1998 deutlich geändert und die älteren Diskussionen beendet. Die Eurex ist mittlerweile
3.4 Instrumente und Handel an der Eurex
75
die umsatzstärkste Terminbörse in Europa, deren Bund-Future-Kontrakt das wichtigste und umsatzstärkste börsengehandelte Derivat in Europa. Im Jahr 1997 wurden noch über 60 % des Bund-Future-Handels in London abgewickelt. Im August 1998 entfielen dagegen auf die Liffe nur noch 5 % des gesamten Bund-FutureMarktes. Die relative Entwicklung der Kontraktumsätze an der Eurex in den Kapitalmarktprodukten Bobl- und Bund-Future bzw. Future-Optionen sowie DAXFutures und DAX-Optionen ist in den März-Monaten der Jahre 1996, 2000, 2004, 2008 und schließlich 2009 in der Abb. 3.6 summiert auf 100 % abgetragen. Die mittlerweile erreichte große Bedeutung der Euro-Kapitalmarktprodukte wird hier deutlich (siehe dazu auch Abb. 3.7 und Abb. 3.8). In Abb. 3.7 sind Daten zur Zahl gehandelter Kontrakte ausgewählter seit Bestehen der Eurex bzw. des Vorläufers DTB notierter Derivate abgetragen. An der Eurex wurden im Jahr 2003 erstmals mehr als eine Milliarde Kontrakte gehandelt, im Jahr 2007 betrug das Handelsvolumen 1,9 Milliarden Kontrakte. Den größten Anteil stellen Kapitalmarktprodukte, die Geldmarktprodukte haben marginale Bedeutung. Die Aktienoptionen weisen insbesondere durch den Zusammenschluss zur Eurex ebenso wie die Aktienindexderivate – auch aufgrund der Einführung paneuropäischer Indexderivate – eine spürbare Steigerung bei den gehandelten Kontrakten auf (Abb. 3.8). Aktienoptionen auf dt. Werte
100%
DAX-Optionen
80%
DAX-Futures
60%
Optionen auf Bobl-Futures
40%
Bobl-Futures
20%
Optionen auf Bund-Futures Bund-Futures
0% März 1996
März 2000
März 2004
März 2008
März 2009
Quelle: Kapitalmarktstatistiken der Deutschen Bundesbank Abb. 3.6. Aufteilung der Zahl gehandelter Kontrakte ausgewählter Eurex-Derivate
76
3 Märkte für Derivate
1.000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 1990
1992
1994
1996
1998
Bund-Future Bobl-Future DAX-Futures Aktienoptionen auf deutsche Werte
2000
2002
2004
2006
2008
Option auf Bund-Futures Option auf Bobl-Futures DAX-Optionen
Quelle: Kapitalmarktstatistiken der Deutschen Bundesbank Abb. 3.7. Gehandelte Kontrakte ausgewählter Eurex-Produkte in Millionen seit 1990
1.000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Aktienoptionen
Aktienindexderivate
Kapitalmarktprodukte
Quelle: Eurex-Daten unter www.eurexchange.com Abb. 3.8. Gehandelte Kontrakte in Eurex-Produktkategorien in Millionen seit 1997
3.4 Instrumente und Handel an der Eurex
77
Quelle: Eurex-Daten unter www.eurexchange.com Abb. 3.9. Aufteilung gehandelter Aktien- und Aktienindexkontrakte im Dezember 2008
2002
2003
CBOE CBoT CME Euronext.Liffe Eurex 0
200
400
600
800
1.000
Quelle: Deutsche Börse 2004, S. 53. Abb. 3.10. Jahresumsätze an ausgewählten Terminbörsen in Millionen Kontrakten
1.200
78
3 Märkte für Derivate
Die gemessen an den Kontraktvolumina erfolgreichsten Aktienindexderivate der Eurex sind die Futures und Optionen auf den Dow Jones Euro STOXX 50 sowie auf die im Index enthaltenen Aktientitel, gefolgt von Futures und Optionen auf den Deutschen Aktienindex DAX und Aktien des Swiss Market Index SMI. Weitere Aktienderivate haben – bezogen auf die Zahl gehandelter Kontrakte – keine größere Bedeutung und sind deshalb in der Abb. 3.9 nicht enthalten. Mit dem Wegfall der währungsspezifischen Risiken konzentriert sich der europäische Zinsterminhandel zunehmend auf Frankfurt und London. Hat die Eurex die Vorherrschaft in den Bund-Futures inne, so findet der Umsatz in kurzlaufenden Euro-Geldmarktderivaten überwiegend in London bzw. bei Euronext.Liffe, dem Zusammenschluss der Terminbörsen Paris, London, Brüssel, Amsterdam und Lissabon statt. Gemessen an der Zahl gehandelter Kontrakte ist die Eurex mittlerweile die führende Terminbörse derWelt (Abb. 3.10).
3.5 Optionsscheine und Zertifikate Zu den Kassamärkten der Wertpapierbörsen haben sich mittlerweile Sekundärmärkte für strukturierte Produkte wie Optionsscheine und Retail-Zertifikate gesellt, die außerbörslich emittiert, aber an der Börse gehandelt werden. Optionsscheine und Zertifikate stellen also eine Art Mischform aus börsengehandelten und OTC-Derivaten dar. Der Markt in Deutschland ist durch institutionelle Emittenten gekennzeichnet, die versuchen, ein von ihnen entworfenes Instrument an möglichst viele Anleger zu veräußern. Die individuellen Gestaltungs- und Nachbesserungsmöglichkeiten der einzelnen Anleger sind dabei sehr begrenzt. Strukturierte Produkte werden auch als verbriefte Derivate bezeichnet. Bei Optionsscheinen handelt es sich um Wertpapiere, die eine Verbriefung eines Optionsrechts beinhalten. Ein Optionsschein (Warrant) auf Aktien berechtigt zum Bezug von Aktien einer Gesellschaft unter genau festgelegten Konditionen und war in früheren Jahren mit der Emission einer Optionsanleihe verbunden. Eine Aktienoptionsanleihe ist eine besondere Form der Schuldverschreibung, die über die Schuldrechte hinaus mit dem Bezugsrecht ausgestattet ist, innerhalb einer bestimmten Frist eine bestimmte Anzahl von Aktien des emittierenden Unternehmens zu einem im voraus festgelegten Bezugspreis zu beziehen. Eine Optionsanleihe weist einen Zinssatz unter dem Marktzins auf und bietet stattdessen zusätzlich das Aktienbezugsrecht. In den meisten Fällen können Optionsscheine von der Anleihe abgetrennt und gesondert an der Börse als „Optionsschein“ separat neben „Anleihe cum“ und „Anleihe ex“ gehandelt und notiert werden. Nachdem sie vor etlichen Jahren noch als direkt emittierter Optionsschein (Issue Linked Warrant) von Unternehmen mit genehmigtem Kapital emittiert wurden und zum Bezug neuer Aktien des emittierenden Unternehmens berechtigten, begeben Banken nun auch eigenständige Optionsscheinemissionen (Naked Warrants), die häufig einen Barausgleich zur Fälligkeit vorsehen. Dabei gehen die Banken Stillhalterpositionen ein, die zusammen mit eigenen Vermögenswerten eine geschlossene Position bilden (Covered Warrant). In neuerer Zeit wird immer mehr auf das Instrumenta-
3.5 Optionsscheine und Zertifikate
79
rium des Deckungsbestands verzichtet. Statt dessen stellen die Emittenten durch den Abschluss weiterer Finanztransaktionen sicher, dass Lieferansprüche des Optionsscheininhabers bei Ausübung erfüllt werden können. Zertifikate sind Inhalberschuldverschreibungen, mit denen der Erwerber einen im Zertifikat verkörperten (verbrieften) schuldrechtlichen Anspruch gegen den Emittenten auf Zahlung bzw. Rückzahlung und Verzinsung des an den Aussteller der Schuldverschreibung zur Verfügung gestellten Geldbetrags erlangt. Die genaue Höhe des am Fälligkeitstag auszuzahlenden Betrags richtet sich dabei nach dem wirtschaftlichen Erfolg bzw. dem Anstieg eines ihm zugrunde gelegten Wertes, das Basiswertes. Dieser kann der Kurs einer Aktie, der Stand eines Aktienindex oder ein bestimmter Korb von Aktien, ein Zins- oder Wechselkursniveau, Warenpreise oder auch eine makroökonomische Größe wie die Inflation sein. Zahlreiche weitere Varianten des Basiswertes sind denkbar. Der Ausgestaltungen der Zertifikate sind praktisch und rechtlich kaum Grenzen gesetzt. Die Strukturierung der Produkte mit Hilfe des Instrumentariums sogenannter exotischer Optionen ist Gegenstand der Inhalte des dreizehnten und vierzehnten Kapitels. In Deutschland gibt es zwei bedeutende Börsenhandelsplätze für Optionsscheine. Auf die European Warrant Exchange Euwax der Stuttgarter Börse entfällt im Juni 2008 ein Marktanteil von zwei Dritteln. Dieses Börsensegment wurde 1999 speziell für den Handel in verbrieften Derivaten gegründet. Der zweite Handelsplatz, die Handelsplattform Scoach ist ein Gemeinschaftsprodukt der Frankfurter und der Züricher Börse. Das Volumen der Märkte in Deutschland hat in den letzten Jahren sehr stark zugenommen, wie die Entwicklung der Zahlen ausstehender Produkte von rund 300 im Jahr 1989 auf über 325.000 im Juni 2008 unterstreicht. Alleine im Juni 2008 wurden knapp 40.000 neue Produkte emittiert (Abb. 3.11). 350.000 300.000 250.000 200.000 150.000 100.000 50.000 0 Mrz 06 Jun 06 Sep 06 Dez 06 Mrz 07 Jun 07 Sep 07 Dez 07 Mrz 08 Jun 08
Quelle: Marktübersichten des Deutschen Derivate Verbandes Abb. 3.11. Neuemissionen und ausstehende Produkte im Börsenhandel verbriefter Derivate
80
3 Märkte für Derivate
Literaturhinweise zu Kapitel 3 Die Ausführungen zur historischen Entwicklung an den derivativen Märkten basieren auf Rudolph 1992, 1995. Sehr ausführlich, auch mit einem Blick auf die vergangenen Jahrhunderte, ist hier Weber (2008). Neben einzelnen Studien, die beispielsweise von den nationalen Zentralbanken, der Europäischen Zentralbank wie auch der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich herausgegeben werden, erfüllen die regelmäßigen Statistiken der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich über das weltweite Börsengeschäft wie auch insbesondere die Erhebungen über das OTC-Geschäft wichtige Informationsfunktionen. Diese sind in der Quartalsberichten der BIZ sowie in den jährlichen Geschäftsberichten veröffentlicht (www.biz.org). Im Herausgeberband von Zerey 2009 werden die Dokumentation von außerbörslichen Derivaten, rechtliche und steuerliche Fragen praxisbezogen darestellt. Umsatzzahlen, Handelsparameter und Kennzahlen des börslichen Margining- bzw. des Clearing-Systems sind meist über entsprechende Informationsportale der Börsenplätze zu erhalten (für die Eurex www.eurexchange.com). Eck u. Riechert 2007 beschreiben den Handel in Eurex-Produkten Den Markt für Retail-Zertifikate in Deutschland beschreiben Glaser u. Schmitz 2007 sowie Krimphove u. Monnet 2006. Die Marktübersichten des Deutschen Derivate Verbandes (www.deutscher-derivate-verband.de) informieren über die Börsenumsätze in verbrieften Derivaten.
Schlüsselbegriffe Additional Margin Außerbörsliche Geschäfte Börsenhandel Central Clearing Counterparty Clearing Eurex European Warrant Exchange Euwax Margins Optionsschein
Over the Counter-Geschäfte Premium Margin Retail-Zertifikat Risk Based Margining Scoach Spread Margin Variation Margin Warrant Zentrale Verrechnungsstelle
Fragen und Aufgaben Fragen 1. Warum war der Terminhandel in Deutschland im Zeitraum von 1970 bis 1990 nicht sonderlich erfolgreich? 2. Welche der Instrumentengruppen Aktien-, Währungs- und Zinsderivate weisen im Börsenterminhandel vergleichsweise geringe Volumina auf? 3. Im Triennal Central Bank Survey der BIZ wird das außerbörsliche derivative Geschäft über Nominalwerte und Marktwerte dargestellt. Erläutern Sie diese beiden Wertbegriffe.
Fragen und Aufgaben
81
4. 5. 6. 7.
Welche Produktkategorien werden an der Terminbörse Eurex gehandelt? Charakterisieren Sie das Risk Based Margining-System der Terminbörse Eurex. Warum ist die Variation Margin keine Sicherheitsleistung im engeren Sinne? Welche Margin-Arten sind für Optionen auf Kassapositionen an der Eurex relevant? 8. Grenzen Sie die Märkte für Optionsscheine und Zertifkate vom Terminbörsenhandel der Eurex ab. Aufgabe 3.A Sie gehen am 24. November 2009 gegen vormittag eine Long-Position über 25 Dow Jones Euro STOXX 50-Futures zum Kurs von 2.900 Punkten ein. Berechnen Sie die Variation Margin der Position, indem Sie die folgende Tabelle ausfüllen Tabelle 3.8. Beispiel zu den Variation Margins bei DAX-Futures Tag 24.11.09 25.11.09 26.11.09 27.11.09
Abrechnungspreis 2.850 2.880 2.910 2.930
PunktDifferenz
Wert pro Punkt 10 € 10 € 10 € 10 €
Kontraktanzahl 25 25 25 25
Variation Margin
Aufgabe 3.B Sie gehen am 24. November 2009 eine Long-Position über 25 Dow Jones Euro STOXX-Futures mit Liefermonat Dezember zum Kurs von 2.900 Punkten ein. Der Additional Margin-Parameter beträgt hierfür 279 Punkte, der Spread MarginSatz 47 €. Der Kontraktwert beträgt 10 € pro Punkt. 1. Berechnen Sie die zu hinterlegende Additional Margin. 2. Am 1. Dezember verkaufen Sie 25 Dow Jones Euro STOXX-Futures mit Liefermonat März. Berechnen Sie die zugehörige Spread Margin. Aufgabe 3.C Betrachten Sie die Situation eines Verkäufers von 50 DAX-Optionen. Berechnen Sie die zum Ende eines bestimmten Handelstages zu leistende Premium Margin, wenn sich ein Abrechnungspreis der DAX-Option von 137,50 Punkten einstellt. Der Kontraktwert beträgt 5 € pro Punkt. Lösungsskizzen sowie weitere Fragen und Aufgaben sind auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de zu finden.
4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
Gegenstand der folgenden Kapitel vier bis acht ist die exemplarische Darstellung statischer Handelsstrategien, bei denen Derivate auf einfache Weise zum Management von Wertänderungsrisiken im Basisobjekt eingesetzt werden. Die Übersicht über die gängigsten Strategien des Abschnitts 2.6 soll um kurze Fallbeispiele – insbesondere für Aktien-, Aktienindex-, Zins- und Währungsderivate – ergänzt werden und zugleich einen Überblick über marktgängige derivative Instrumente vermitteln. Die Kapitel sind nach der Art des Basisobjekts und in den einzelnen Kapiteln dann jeweils nach den Charakteristika des derivativen Instruments gegliedert. Die Marktübersichten des vorangegangenen Kapitels haben die überragende Bedeutung außerbörslicher derivativer Instrumente insbesondere im Zins- und Währungssegment deutlich werden lassen. Aktienderivate werden zwar auch außerbörslich gehandelt. Gerade in diesem Marktsegment gibt es aber volumensstarke und liquide Börsenkontrakte, so dass die Darstellung der Möglichkeiten zur Steuerung des Preisänderungsrisikos von Aktienpositionen anhand börsengehandelter Aktienderivate erfolgt. Da in den Beispielen die Eurex-Produkte als Basis der Darstellung dienen, wird vorab ein Überblick zu den entsprechenden EurexDerivaten und zu den Kontraktspezifikationen von DAX-Futures, DAX-Optionen, Aktienoptionen und Aktien-Futures auf deutsche Basiswerte gegeben.
4.1 Kontraktspezifikationen in Aktienderivaten der Eurex Das durch die Einführung des Euro ausgelöste Interesse der Marktteilnehmer an paneuropäischen Indizes zeigt sich in der Etablierung der europäischen Aktienindexfamilie Dow Jones STOXX, die die Deutsche Börse AG, Dow Jones, Schweizer Börse AG und SBF-Paris Bourse im Jahr 1998 eingeführt haben. Dies hat in Verbindung mit dem Zusammenschluss der deutschen mit der schweizerischen Terminbörse sowie der strategischen Allianz mit der finnischen Helsinki Exchange HEX gegen Ende der neunziger Jahre zu einer deutlichen Erweiterung des Spektrums an Aktien- und Aktienindexderivaten an der Eurex geführt. Dieses ist in den weiteren Jahren ausgebaut worden. In der Tabelle 4.1 sind Kurzcharakterisierungen der Aktien- und Aktienindexderivate der Eurex mit Stand Oktober 2009 abgetragen.
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4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
Tabelle 4.1. Aktien- und Aktienindexderivate an der Eurex; Oktober 2009 Derivat Aktien-Futures
Aktienoptionen Low Exercise PriceAktienkaufoptionen LEPO DAX-Futures und -Optionen DAX 1st, 2nd, 4th, 5th Friday Weekly-Optionen DivDAX-Futures und -Optionen TecDAX-Futures und -Optionen MDAX-Futures und -Optionen SMI-Futures und -Optionen SMI 1st, 2nd, 4th, 5th Friday Weekly-Optionen SMIM-Futures und -Optionen SLI-Futures und -Optionen OMXH25-Futures und -Optionen DJ Euro STOXX 50Futures und -Optionen DJ Euro STOXX 1st, 2nd, 4th, 5th Friday WeeklyOptionen DJ Euro STOXXBranchen-Futures DJ Euro STOXXBranchen-Optionen
Basisobjekt Belgische, britische, deutsche, finnische, französische, griechische, irische, italienische, niederländische, norwegische, österreichische, portugiesische, schwedische, schweizerische, spanische, russische und US-amerikanische Aktien. Belgische, deutsche, finnische, französische, italienische, niederländische, österreichische, schwedische, schweizerische, spanische und russische Aktien. Basisobjekte wie bei Aktienoptionen; LEPOs sind Kaufoptionen mit sehr niedrigem Ausübungspreis. Deutscher Aktienindex DAX; beinhaltet die 30 größten und liquidesten deutschen Unternehmen des Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse. DAX; Friday Weekly-Indexoptionen haben eine Laufzeit von einem Monat mit Fälligkeit am 1., 2., 4. und 5. Freitag eines Kalendermonats. Dividendenindex DivDAX; beinhaltet die 15 Unternehmen des DAX mit der höchsten Dividendenrendite. Technologieindex TecDAX; beinhaltet die 30 größten und liquidesten deutschen Unternehmen aus den Technologiesektoren des Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse. Midcap-Index MDAX; beinhaltet die 50 deutschen Unternehmen des Prime Standard, die hinsichtlich Größe und Umsatz auf die DAX-Werte folgen. Swiss Market Index SMI; beinhaltet die 20 größten und liquidesten schweizerischen Aktientitel. SMI; Friday Weekly-Indexoptionen haben eine Laufzeit von einem Monat mit Fälligkeit am 1., 2., 4. und 5. Freitag eines Kalendermonats. SMI Mid SMIM ; beinhaltet die 30 schweizerischen Aktientitel, die in Größe und Umsatz auf die SMI-Werte folgen. Swiss Leader Index SLI; beinhaltet die 30 größten und liquidesten schweizerischen Unternehmen; Indexgewicht eines einzelnen Titels wird limitiert. Finnischer Aktienindex OMX Helsinki 25 OMXH25; beinhaltet die 25 größten und liquidesten finnischen Aktientitel. Europäischer Aktienindex Dow Jones Euro STOXX 50; beinhaltet die 50 größten und liquidesten Eurozone-Aktientitel. DJ Euro STOXX 50; Friday Weekly-Indexoptionen haben eine Laufzeit von einem Monat mit Fälligkeit am 1., 2., 4. und 5. Freitag eines Kalendermonats. Dow Jones Euro STOXX-Sektor-Indizes Automobiles & Parts, Banks, Basic Resources, Chemicals, Construction & Materials, Financial Services, Food & Beverage, Health Care, Industrial Goods & Services, Insurance, Media, Oil & Gas, Personal & Household Goods, Real Estate, Retail, Technology, Telecommunications, Travel & Leisure, Utilities.
4.1 Kontraktspezifikationen in Aktienderivaten der Eurex
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Tabelle 4.1. (Fortsetzung) Derivat DJ STOXX 50-Futures und -Optionen
Basisobjekt Europäischer Aktienindex Dow Jones STOXX 50; beinhaltet die 50 größten und liquidesten europäischen Aktientitel (auch außerhalb der Eurozone). DJ STOXX 600-Futures Breiter europäischer Aktienindex Dow Jones STOXX 600; und -Optionen beinhaltet 600 europäische Aktientitel. DJ STOXX Large 200-, Indizes auf Basis des DJ STOXX 600; beinhaltet die 200 Mid 200- bzw. Small 200- nach Größe und Umsatz größten (Large), mittleren (Mid) Futures und -Optionen bzw. kleinsten (Small) Unternehmen des DJ STOXX 600. DJ STOXX 600Dow Jones STOXX-Sektor-Indizes Automobiles & Parts, Branchen-Futures Banks, Basic Resources, Chemicals, Construction & MateriDJ STOXX 600als, Financial Services, Food & Beverage, Health Care, InBranchen-Optionen dustrial Goods & Services, Insurance, Media, Oil & Gas, Personal & Household Goods, Real Estate, Retail, Technology, Telecommunications, Travel & Leisure, Utilities. DJ Global Titans 50-Futures Weltweiter Aktienindex Dow Jones Global Titans 50-Index; und -Optionen beinhaltet 50 große und liquidie europäische, USamerikanische und japanische Aktientitel. DJ Global Titans 50Dow Jones Global Titans-Sektor-Indizes Bank 30, Branchen-Futures Insurance 30, Oil & Gas 30, Telecommunication 30, DJ Global Titans 50Utilitites 30. Branchen-Optionen MSCI Japan-Futures MSCI Japan Index; beinhaltet große und liquide börsengehandelte japanische Unternehmen (z. Zt. 347). MSCI Russia-Futures MSCI Russia Index; beinhaltet große und liquide russische und -Optionen Unternehmen (z. Zt. 32), die zum Börsenhandel in Russland, London oder New York zugelassen sind. RDXxt USD-Futures RDX Extended Index; berechnet von der Wiener Börse in US-Dollar; beinhaltet mindestens 15 umsatzstarke an der London Stock Exchange gehandelte russische Aktienwerte. DJ Euro STOXX 50-Index- Summe der ausgeschütteten Dividenden der einzelnen UnDividenden-Futures ternehmen des DJ EURO STOXX 50. DJ Euro STOXX Select Summe der ausgeschütteten Dividenden der 30 Unternehmen Dividend 30 Index-Futures des DJ EURO STOXX 50 mit der höchsten Dividendenrenund -Optionen dite. DAX KursindexSumme der ausgeschütteten Dividenden der einzelnen UnDividenden-Futures ternehmen des DAX. DiVDAX-DividendenSumme der ausgeschütteten Dividenden der 15 Unternehmen Futures des DAX mit der höchsten Dividendenrendite. SMI-Dividenden-Futures Summe der ausgeschütteten Dividenden der einzelnen Unternehmen des SMI. VSTOXX Mini-Futures Volatilitätsindex VSTOXX; misst die Volatilität des deutschen Aktienmarktes auf Basis der an der Eurex gehandelten DJ Euro STOXX 50-Optionen. Exchange Traded Fund BGI iShares DAX-Futures und -Optionen EXTF-Derivate BGI iShares Dow Jones Euro STOXX 50-Futures und -Optionen CSAM XMTCH SMI-Futures und -Optionen.
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4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
Basisobjekt der DAX-Futures und der DAX-Optionen ist der Deutsche Aktienindex DAX, der als abstrakter Wert die Kursbewegungen des gesamten deutschen Aktienmarktes anhand einer einzigen Zahl abbilden soll. Die Deutsche Börse AG berechnet diesen Index seit 1988 basierend auf den Kursen des elektronischen Handelssystems Xetra. Im DAX enthalten sind die hinsichtlich Orderbuchumsatz und Marktkapitalisierung 30 größten deutschen Unternehmen des Prime StandardSegments. Der DAX ist ein Performance-Index, d. h. Dividendenzahlungen und Bezugsrechte werden fiktiv wieder im Index angelegt, so dass Indexbewegungen allein daraus resultieren, dass die Marktteilnehmer der Gesamtanlage aus Aktien und Dividenden einen neuen Wert beimessen. DAX-Futures und DAX-Optionen basieren somit auf einem synthetischen Finanztitel. Bei Fälligkeit erfolgt keine Lieferung der Basiswerte, sondern eine Barabrechnung (Cash Settlement), die Derivate sind als Differenzgeschäfte konzipiert. Bei den DAX-Optionen findet zum Zeitpunkt der Fälligkeit ein Barausgleich mit einem Kontraktwert von 5 €, beim DAX-Future von 25 € pro Indexpunkt statt. Während die Indexoptionen als europäische Optionen gehandelt werden, sind die Aktienoptionen der Eurex amerikanische Optionen, so dass eine Ausübung während des Börsenhandels bis zum Verfallzeitpunkt jederzeit möglich ist. Bei den Aktienoptionen ist eine physische Lieferung der Kontraktgröße vereinbart. Die Aktienwerte sind in drei unterschiedliche Laufzeitkategorien – bis 12 Monate, bis 24 Monate, bis 60 Monate – eingeteilt. Zu allen Aktienkaufoptionen existiert die Variation als Low Exercise Price-Kaufoption LEPO, die einen sehr niedrigen Ausübungspreis von beispielsweise einem Euro besitzt. Diese notiert damit weit im Geld und erlaubt die Nachbildung einer Position im Basiswert, wie sie in Reinform mit Aktien-Futures realisiert werden kann. Den Handel in Aktien-Futures hat die Eurex im Oktober 2005 aufgenommen. Bei den Dow Jones-Indizes gibt es eine Vielzahl an Branchen- und Teilindexkonstruktionen. Die Erkenntnisse aus den Marktübersichten des dritten Kapitels deuten allerdings darauf hin, dass Branchenderivate meist nur einen geringen Kontraktumsatz aufweisen. Die Dividenden-Futures besitzen als Basisobjekt die Summe der während der Kontraktlaufzeit ausgeschütteten Dividenden der einzelnen Unternehmen des jeweiligen Aktienindex. Die Laufzeiten sind zunächst auf Jahreskontrakte (bis Dezember 2014) begrenzt, die den Dividendenstrom des Index für jedes Jahr in Form von Indexpunkt-Äquivalenten abbilden. Der Volatilitätsindex VSTOXX wird als implizite Volatilität aus den am Geld notierenden Optionen auf den europäischen Aktienindex DJ Euro STOXX 50 berechnet. Der Index wird – analog zur Indexkonzeption des sich auf den deutschen Aktienindex beziehenden VDAX-NEW – aus den nur aus dem Zeitwert bestehenden Optionsprämien von am Geld und aus dem Geld notierenden Optionen. Mit dem Index soll die erwartete Schwankungsbreite des DJ Euro STOXX 50 für die zukünftigen 30 Tage abgebildet werden. Bei den Exchange Traded Funds-Derivaten bietet die Eurex Produkte auf den deutschen und europäischen Aktienmarkt replizierende Indexfonds des Anbieters iShares bzw. den schweizerischen Aktienmarkt replizierende Indexfonds der Asset Management Sparte der Credit Suisse an.
4.1 Kontraktspezifikationen in Aktienderivaten der Eurex
87
Tabelle 4.2. Eurex-Kontraktparameter für ausgewählte Aktien- und Aktienindexderivate; März 2009 Aktien-Futures auf deutsche Werte Kontraktgröße 1, 10, 50, 100, 500 oder 1.000 Aktien; bei deutschen Werten in der Regel 100 Aktien; beispielsweise bei Allianz, Münchener Rückversicherung und Porsche 10, bei Beiersdorf, Bilfinger Berger und SAP 50 Aktien. Liefermonate Die dreizehn nächsten aufeinander folgenden Kalendermonate sowie die zwei darauf folgenden Jahresmonate aus dem Zyklus Dezember, d. h. Laufzeiten bis zu 36 Monaten. Letzter Handelstag Dritter Freitag des Liefermonats. Ausübung Amerikanische Option; Ausübung an jedem Börsentag mit Ausnahme des Tages eines Dividendenbeschlusses. Erfüllung Physische Lieferung des Aktienpakets zwei Börsentage nach der Ausübung. Abrechnungspreis Festlegung durch die Terminbörse auf Basis des in der täglichen Schlussauktion festgestellten Schlusspreises des Basiswertes zuzüglich der jeweiligen Haltekosten („Cost of Carry“). Erfüllung Barausgleich. Aktienoptionen auf deutsche Werte Kontraktgröße 10, 50, 100, 500 oder 1.000 Aktien; bei deutschen Werten in der Regel 100 Aktien; beispielsweise bei Allianz, Münchener Rückversicherung und Porsche 10, bei Beiersdorf, Bilfinger Berger und SAP 50 Aktien. Verfallmonate Laufzeiten bis zu 12 Monaten: Die drei nächsten Monate sowie die drei darauf folgenden Monate aus dem Zyklus März, Juni, September, Dezember. Laufzeiten bis zu 24 Monaten: Die drei nächsten Monate, die drei darauf folgenden Monate aus dem Zyklus März, Juni, September, Dezember sowie die beiden darauf folgenden Monate des Zyklus Juni und Dezember. Laufzeiten bis zu 60 Monaten: Die drei nächsten Monate, die drei darauf folgenden Monate aus dem Zyklus März, Juni, September, Dezember, die vier darauf folgenden Monate des Zyklus Juni und Dezember sowie die zwei darauf folgenden Monate des Zyklus Dezember. Letzter Handelstag Dritter Freitag des Verfallmonats. Ausübung Amerikanische Option; Ausübung an jedem Börsentag mit Ausnahme des Tages eines Dividendenbeschlusses. Erfüllung Physische Lieferung des Aktienpakets zwei Börsentage nach der Ausübung. Abrechnungspreis Festlegung durch die Terminbörse auf Basis des aus einem Optionsbewertungsmodell abgeleiteten (theoretischen) Optionswertes. Ausübungspreise Vorgegebene Staffelung; für jeden Optionstyp mindestens drei Serien mit je einem Basispreis im Geld, am Geld und aus dem Geld. Optionsprämie Zahlungen an dem Börsentag, der dem Kauftag folgt.
88
4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
Tabelle 4.2. (Fortsetzung) DAX-Futures Basiswert Kontraktwert Preisermittlung Liefermonate Letzter Handelstag Abrechnungspreis Erfüllung DAX-Optionen Basiswert Kontraktwert Preisermittlung Verfallmonate
Letzter Handelstag Ausübung Erfüllung Abrechnungspreis Ausübungspreise Optionsprämie
Deutscher Aktienindex DAX. 25 € pro Indexpunkt des DAX. In Punkten; auf eine Dezimalstelle. Die jeweils nächsten drei Quartalsmonate des Zyklus März, Juni, September, Dezember. Dritter Freitag des Liefermonats. Festlegung durch die Terminbörse auf Basis des volumengewichteten Durchschnitts der Preise aller Geschäfte in der Minute vor dem Referenzzeitpunkt (17:30 Uhr MEZ). Barausgleich.
Deutscher Aktienindex DAX. 5 € pro Indexpunkt des DAX. In Punkten; auf eine Dezimalstelle. Die drei nächsten Monate, die drei darauf folgenden Monate aus dem Zyklus März, Juni, September, Dezember, die vier darauf folgenden Monate des Zyklus Juni und Dezember sowie die zwei darauf folgenden Monate des Zyklus Dezember, d. h. Laufzeiten bis zu 60 Monaten. Dritter Freitag des Verfallmonats. Europäische Option; Ausübung am letzten Handelstag der Optionsserie. Barausgleich. Festlegung durch die Terminbörse auf Basis des aus einem Optionsbewertungsmodell abgeleiteten (theoretischen) Optionswertes. Vorgegebene Staffelung; für jeden Optionstyp mindestens fünf Serien mit je einem Basispreis im Geld, am Geld und aus dem Geld. Notierung in Punkten; Zahlungen des Euro-Wertes an dem Börsentag, der dem Kauftag folgt.
Quelle: Informationen der Eurex unter www.eurexchange.com
Wichtige Kontraktspezifikationen der Eurex-Produkte Aktien-Futures und Aktienoptionen auf deutsche Basiswerte sowie DAX-Futures und DAX-Optionen sind in der Tabelle 4.2 beispielhaft abgetragen. Das Management von Aktienkursrisiken hat erheblich an Bedeutung gewonnen, da das Ausmaß der Schwankungen an den Aktienmärkten in den letzten Jahren außergewöhnlich hoch ist. Einen Eindruck davon kann die Entwicklung der Monatsendstände des Deutschen Aktienindex im Zeitraum 1998 bis 2009 vermitteln (Abb. 4.1).
4.2 Aktienoptionen und Aktienindexoptionen
89
8.000 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 Jan. Jul. Jan. Jul. Jan. Jul. Jan. Jul. Jan. Jul. Jan. Jul. Jan. Jul. Jan. 88 89 91 92 94 95 97 98 00 01 03 04 06 07 09 Quelle: Zeitreihen der Deutschen Bundesbank unter www.bundesbank.de Abb. 4.1. DAX-Monatsendstände im Zeitraum Januar 1988 bis Juli 2009
4.2 Aktienoptionen und Aktienindexoptionen 4.2.1 Mikro- und Makro-Hedging von Aktienkursrisiken Die Absicherung einer Aktienposition über eine Protective Put-Strategie erfolgt durch den Kauf von Verkaufsoptionen für jede Aktie aus dem Bestand. Zur exemplarischen Umsetzung dieser Strategie wird ein Investor betrachtet, der 200 Aktien eines Unternehmens hält. Zum Ausgangszeitpunkt t0 steht die Aktie bei 61,50 €. Der Investor möchte seine Position auf dem gegenwärtigen Kursniveau absichern und kauft für jede Aktie seines Bestands eine Verkaufsoption mit Ausübungspreis 60 € und Fälligkeit in t1 zum Preis von 10,82 €. Damit hat er als Inhaber der Option die Gewähr, seine 200 Aktien bis zum Zeitpunkt t1 zum Preis von 60 € pro Aktie zu veräußern. Der Optionspreis ist die für die Absicherung zu zahlende Prämie. Fällt der Aktienkurs, so wird der Wertverlust der Aktien durch den entsprechenden Wertzuwachs der Verkaufsoptionen immunisiert. Bei steigendem Aktienkurs wird die Option wertlos verfallen, der Wertzuwachs in der Aktienposition verringert sich in Höhe der gezahlten Optionsprämie. Kassa- und Terminposition sowie die Gesamtposition als Mikro-Hedge sind in der Abb. 4.2 abgetragen. Der Verlust bei dieser Protective Put-Strategie ist bei Vernachlässigung von Transaktionskosten und Zinseffekten pro Aktien/Optionskombination begrenzt auf: 12,32 € 10,82 € 61,50 € 60,00 €
90
4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
Gewinn/ Verlust in €
Long Basiswert
49,18
60
-10,82 -12,32 Gesamtposition = Protective Put
Aktienkurs zur Fälligkeit Long Put
Abb. 4.2. Gewinn/Verlustprofil einer Protective Put-Strategie
Bei Portfolios mit einer größeren Anzahl verschiedener Aktienwerte mag es nicht möglich sein, Verkaufsoptionen auf alle Aktien zu schreiben. Zum einen ist die Anzahl der angebotenen Aktienoptionen auf ausgewählte Basiswerte beschränkt, zum anderen beansprucht der Kauf vieler verschiedener Optionswerte hohe Transaktionskosten, die die Absicherung tendenziell als nicht lohnenswert erscheinen lassen. Alternativ empfiehlt sich der Kauf von Aktienindexoptionen. Die Absicherung eines Portfolio in deutschen Standardwerten kann so als Makro-Hedge mit DAX-Optionen erfolgen. Ist das Basis-Portfolio dem DAX exakt nachgebildet, dann kann die Absicherung über DAX-Optionen perfekt sein (Mikro-Hedge). Reagiert der Kurswert des Portfolio mehr oder weniger stark als der DAX, so muss die Abweichung in der Konzeption der Absicherung berücksichtigt werden. Ausdruck für das systematische Risiko, das den Risikozusammenhang mit dem Gesamtmarkt zum Ausdruck bringt, ist der Beta-Faktor einer Aktie bzw. eines Aktienkorbes. Bei der Analyse einzelner DAX-Titel fasst man üblicherweise den DAX als „Markt“ auf, so dass der Beta-Faktor den Kurszusammenhang einer Aktie mit dem DAX misst. Die zur Absicherung der physischen Position notwendige Anzahl zu kaufender DAX-Verkaufsoptionen wird als Hedge Ratio bezeichnet. Sie bestimmt sich aus der Division des Kurswertes des Aktien-Portfolio mit dem Kontraktwert der Terminposition multipliziert um den Beta-Faktor des AktienPortfolio. Der Beta-Faktor liegt dann nahe bei Eins, wenn das Aktien-Portfolio dem Index nachgebildet ist: Hedge Ratio
Wert des Aktien-Portfolio Portfolio-Beta Basispreis der DAX-Option 5 €
(4.1)
4.2 Aktienoptionen und Aktienindexoptionen
91
Die Absicherung von Short-Positionen bzw. beabsichtigter Investitionen in der Basisaktie ist über eine Long Call Hedge-Strategie möglich. Erwartet ein Investor in einem zukünftigen Zeitpunkt t1 einen Zahlungseingang, den er zum Kauf von Aktien eines bestimmten Unternehmens verwenden will, so kann er sich bereits heute in t0 einen entsprechenden Einstandskurs sichern. Betrachtet man die Aktie der Siemens AG und geht von den Zeitpunkten t0 = 10. Mai 2004 und t1 = Dezember 2004 aus, so kann eine Long Call HedgeStrategie mit Siemens-Kaufoptionen Fälligkeit Dezember 2004 in Abhängigkeit vom gewählten Ausübungspreis auf unterschiedlichem Niveau umgesetzt werden. Die Siemens-Aktie notiert am 10. Mai bei 57,60 €, eine Kaufoption mit Ausübungspreis 57,50 € bzw. Ausübungspreis 60,00 € und Fälligkeit im Dezember notiert an der Eurex zu 4,43 € bzw. 5,62 €. Verbleibt die Aktie auf einem Kursniveau oberhalb des gewählten Basispreises, so kann der Investor seine geplante Position zum Einstandskurs von 57,50 € bzw. 60,00 € realisieren. Fällt dagegen der Aktienkurs bzw. steht die Aktie zur Fälligkeit unterhalb des Basispreises der gekauften Option, so lässt der Inhaber die Option verfallen. In der Abb. 4.3 sind die Profile der beiden Absicherungsstrategien nicht maßstabsgetreu abgetragen. Die Gesamtpositionen schneiden sich bei einem Kursniveau von 58,69. Die Break Even-Kurse der Long Call Hedge-Profile liegen bei: 57, 60 € 5, 62 €
51,98 €
57, 60 € 4, 43 €
53,17 €
Abb. 4.3. Beispiel zur Long Call Hedge-Absicherung mit Siemens-Optionen
92
4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
4.2.2 Trading mit Optionen und Optionskombinationen Das Eingehen einer Grundposition in einer Option, d. h. der Kauf bzw. Verkauf einer Option eignet sich zur Umsetzung spekulativer Kurserwartungen. Mit Optionen auf Aktienindizes ist eine Spekulation auf die Entwicklung des Basisindex und damit eine Umsetzung der Erwartungen hinsichtlich grundsätzlicher Markttendenzen möglich. In der Abb. 4.4 sind Long- bzw. Short-Positionen in DAXVerkaufsoptionen der Eurex mit Fälligkeit Dezember 2004 und Ausübungspreis 3.800 Punkte abgetragen. Ausgangsdatum der beispielhaften Betrachtung ist der 10. Mai 2004, der Schlussabrechnungspreis am 10. Mai beträgt 263,50 Punkte. Die Gewinngrenze der Optionspositionen ergibt sich demnach zu: 3.800,00 263,50 3.536,50
Bei der DAX-Option findet zum Zeitpunkt der Fälligkeit ein Cash Settlement mit einem Kontraktwert von 5 € pro Indexpunkt statt. Steht der DAX zur Fälligkeit, d. h. am dritten Freitag im Dezember 2004 beispielsweise bei 3.450 Punkten, so erhält der Käufer der Verkaufsoption im Rahmen des Barausgleichs letztlich also den Betrag:
3.800,00 3.450,00 5 €
1.750, 00 €
Die vom Käufer an den Verkäufer zu zahlende Optionsprämie bestimmt sich zu 263,50 5 € = 1.317,50 €. Diese Prämie ist an dem Börsentag zu zahlen, der dem Kauftag folgt, d. h. hier am 11. Mai 2004.
Abb. 4.4. Beispiel zum Gewinn/Verlustprofil in DAX-Verkaufsoptionen
4.2 Aktienoptionen und Aktienindexoptionen
321,00
93
Gewinn/Verlust in Punkten Short DAX-Put mit Ausübungspreis 3.600
Gesamtposition = Bull Put Spread
165,10
DAX-Stand im März 2004
0 3.200
3.434,90
-155,90
3.600
Long DAX-Put mit Ausübungspreis 3.200
-234,90
Abb. 4.5. Beispiel zur Bullish Put Vertical Spread-Strategie mit DAX-Optionen
In Abb. 4.5 ist eine auf steigende Kurse setzende Spread-Strategie in DAX-Puts abgetragen. Am 4. August 2003 notieren DAX-Puts mit Fälligkeit März 2004 und Ausübungspreis 3.200 bzw. 3.600 Punkten zu 155,90 bzw. 321,00 Punkten. Durch den Kauf eines Verkaufsoption mit Ausübungspreis 3.200 Punkten und den Verkauf einer Verkaufsoption mit Ausübungspreis 3.600 Punkten wird die auf einen steigenden DAX setzende Spread-Strategie implementiert mit maximalem Gewinn 165,10 321,00 155,90 ,
maximalem Verlust
234,90 3.600,00 3.200,00 165,10 und Gewinnschwelle: 3.434,90 3.600, 00 165,10
Terminbörsen bieten meist die Möglichkeit, über einen einzelnen Auftrag Positionen in grundlegenden Optionskombinationen eingehen zu können, was die Attraktivität dieser Trading-Strategien erhöht: Die Kombinationen müssen nicht vom Marktteilnehmer über Einzelaufträge konstruiert werden. Die Transaktionskosten werden reduziert und das Risiko, nicht alle zur Kombination notwendigen Teilpositionen in einem fixierten kurzen Zeitraum eingehen zu können, verschwindet. Butterfly Spreads bestehen aus dem Kauf einer Kaufoption mit hohem Ausübungspreis K3, dem Kauf einer Kaufoption mit niedrigem Ausübungspreis K1 und dem Verkauf zweier Kaufoptionen mit mittlerem Ausübungspreis K2: K1 K 2 K 3
94
4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
Betrachtet man DAX-Calls der Eurex mit Fälligkeit Dezember 2004, so notieren diese am 10. Mai 2004 zu 320,00 (Ausübungspreis 3.800), zu 205,30 (Ausübungspreis 4.000) bzw. zu 125,00 (Ausübungspreis 4.200) Punkten. In der Abb. 4.6 ist die auf Basis dieser Calls erstellte Butterfly Spread-Strategie abgetragen. Das Gewinnmaximum beträgt 165,60 2 205,30 125,00 320,00 4.000, 00 3.800, 00
und der maximale Verlust: 34, 40 165, 60 4.000, 00 3.800, 00
Die Gewinnschwellen liegen demnach bei 3.834,40 = 4.000,00 – 165,60 bzw. 4.165,60 = 4.000,00 + 165,60. Analog sind Butterfly Spreads über Positionen in Verkaufsoptionen konstruierbar. In der Abb. 4.7 ist eine solche Spread-Strategie mit DAX-Puts zu 263,50 (Ausübungspreis 3.800), zu 350,00 (Ausübungspreis 4.000) bzw. zu 473,40 (Ausübungspreis 4.200) Punkten abgetragen (Ausgangsdatum: 10. Mai 2004). Ein Beispiel zur Illustration von Long Straddles mit DAX-Optionen enthält Abb. 4.8. Der Basispreis der Optionen beträgt 4.000 Punkte mit Fälligkeit im Dezember 2004. Am 10. Mai 2004 notieren die Call- bzw. die Put-Option zu 350,00 bzw. 205,30 Punkten. Die maximalen Verluste begrenzen sich auf die Summe der Prämien, die Gewinnschwellen liegen bei 3.444,70 bzw. 4.555,30 Punkten.
Abb. 4.6. Beispiel zur Butterfly Spread-Strategie mit DAX-Calls
4.2 Aktienoptionen und Aktienindexoptionen
Gewinn/Verlust in Punkten
95
Short zwei Puts mit Ausübungspreis 4.000
700
Gesamtposition = Butterfly Put Spread DAX-Stand im Dezember 2004
163,10 -36,90 3.800 -263,50 -473,40
4.000
4.200
Long Put mit Ausübungspreis 3.800 Long Put mit Ausübungspreis 4.200
Abb. 4.7. Beispiel zur Butterfly Spread-Strategie mit DAX-Puts
Gewinn/Verlust in Punkten Long DAX-Call
Long DAX-Put
0 3.444,70
3.800
4.000
4.555,30
-205,30
DAX-Stand im Dezember 2004
-350 -555,30
Gesamtposition = Long Straddle
Abb. 4.8. Beispiel zur Long Straddle-Strategie mit DAX-Optionen
4.2.3 Conversions und Reversals Etliche Arbitrage-Strategien auf dem Optionsmarkt beruhen auf einer einfachen Preisrelation zwischen Kauf- und Verkaufsoptionen gleichen Typs, der Put-Call-
96
4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
Parität. Die Put-Call-Parität gibt das Verhältnis zwischen den Preisen von Puts und Calls mit gleichem Ausübungspreis K und gleicher Restlaufzeit T an. Im Falle des Basiswertes Aktie bwz. Aktienindex entspricht der Wert P einer europäischen Put-Option dem Wert C einer europäischen Call-Option des gleichen Typs abzüglich des Aktienkurses bzw. Aktienindexstands S plus des mit dem risikolosen Zins r über die Laufzeit diskontierten Basispreises K: P
C S K r T
(4.2)
Ist der Put-Preis P größer als durch die Gl. 4.2 angegeben, so gilt die Put-Option als überbewertet bzw. die Call-Option als unterbewertet. Ist der Put-Preis P kleiner als durch die Gl. 4.2 angegeben, so gilt die Put-Option als unterbewertet bzw. die Call-Option als überbewertet. Solche Situationen können für risikolose, gewinnbringende Arbitrage-Strategien ausgenutzt werden, indem die überbewertete Option verkauft bzw. die unterbewertete Option gekauft und die entgegengensetzte Position synthetisch gemäß der Put-Call-Parität aufgebaut wird. Es werden also die im zweiten Kapitel eingeführten synthetischen Konzeptionen angewandt. Mit den Conversions und den Reversals unterscheidet man hier zwei ArbitrageStrategien. Die Conversion-Strategie ist anzuwenden, wenn die Put-Prämien kleiner sind als durch Gl. 4.2 vorgegeben. Puts sind also zu billig bzw. Calls zu teuer: P C S K r T C ! P S K r T
Angenommen, zum heutigen Zeitpunkt t0 = 0 notiert eine Aktie zu 198,00 € und eine Call-Option auf diese Aktie mit Ausübungspreis 220,00 € und Fälligkeit in fünf Monaten zu 23,00 €. Bestimmt sich der risikofreie Marktzins zu 4,4% p.a., dann folgt für den fairen Wert der Put-Option nach der Put-Call-Parität 4.2 bei angenommener unterjähriger Verzinsung: P
C S K r
T
5 § · 23,00 198, 00 220,00 ¨ 1 0, 044 ¸ 12 © ¹
1
41, 04
Notieren die Puts am Markt aber beispielsweise zu 37,90 €, sind sie im Sinne der Put-Call-Parität 4.2 zu billig. Dies nutzt man mit einer Conversion über den Kauf der Puts bei gleichzeitigem Aufbau synthetischer Short Put-Positionen aus. Der Call-Verkauf, der Put-Kauf und der Kauf einer Aktie – finanziert über eine Kreditaufnahme in Höhe des diskontierten Ausübungspreises – ergibt einen Arbitrage-Gewinn in Höhe der Fehlbewertung der Puts von 3,14 € = 41,04 € – 37,90 €. Die Strategie führt also zu einem Mittelzufluss von 3,14 € in t0 = 0 bei gleichzeitig ausgeglichenen Zahlungsströmen zu allen zukünftigen Zeitpunkten. Dies ist grafisch in der Abb. 4.9 und in Form einer Arbitrage-Tabelle in der Tabelle 4.3 abgetragen. Die in Abb. 4.9 enthaltene Gesamtposition liegt parallel zur Abszisse, ist also gegen Aktienkursänderungen immunisiert. Das Niveau bei 7,10 € beinhaltet den Arbitrage-Gewinn von 3,14 zuzüglich der in der Abbildung nicht abgetragenen Finanzierungsfunktion für die Kreditaufnahme über 3,96 € (= 220,00 € – 216,04 €).
4.2 Aktienoptionen und Aktienindexoptionen
97
Tabelle 4.3. Arbitrage-Tabelle zum Beispiel der Conversion-Strategie Strategie Kauf Put-Option Verkauf Call-Option Kauf Aktie Kreditaufnahme zu 4,4% p.a. Summe
Zahlungsstrom in t0 = 0 – 37,90 € + 23,00 € – 198,00 € + 216,04 € 3,14 €
Zahlungsstrom in fünf Monaten Aktienkurs S unter Aktienkurs S über 220 € 220 € aus dem Geld 220 € S aus dem Geld – (S 220 €) +S +S – 220,00 € – 220,00 € =0 =0
In einer Arbitrage-Tabelle werden die einzelnen Bestandteile einer Strategie mit den jeweiligen Zahlungsströmen abgetragen, die beim Aufbau wie auch dem Glattstellen der Positionen anfallen. Im vorliegenden Falle sind der heutige Zeitpunkt und der Fälligkeitszeitpunkt der Optionen zu betrachten. Zur Fälligkeit sind die zwei Szenarien „Call im Geld und Put aus dem Geld“ bzw. „Call aus dem Geld und Put im Geld“ zu unterscheiden. Die in einer solchen Arbitrage-Tabelle abgetragene Strategie basiert auf der Annahme keiner weiteren Mittelzuflüsse von außen, d. h. sie ist selbstfinanzierend konzipiert. Reversals (inverse Conversions, Reversal Arbitrage-Strategien) sind bei zu hohen Put-Preisen bzw. zu niedrigen Call-Preisen anzuwenden. Durch den Call-Kauf und den Verkauf des Basiswertes wird eine synthetische Long Put-Position geschaffen. Beim gleichzeitigen Verkauf der zu teuren Put-Option wird die risikofreie Position erreicht (Abb. 4.10): P ! C S K r T
Abb. 4.9. Gewinn/Verlustprofil einer Conversion-Strategie
98
4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
Abb. 4.10. Gewinn/Verlustprofil der Reversal Arbitrage
Marktteilnehmer werden so lange Arbitrage-Strategien umsetzen und ArbitrageGewinne realisieren, bis Wertdifferenzen und damit risikolose Gewinnmöglichkeiten aufgrund der ausgelösten Angebots- und Nachfrageänderungen verschwunden sind. In der Praxis hat die Put-Call-Parität zwar durchaus ihre Bedeutung, jedoch schmälern beispielsweise Gebühren und Margins den Arbitrage-Gewinn erheblich, so dass eine Arbitrage-Strategie erst bei einer deutlichen Verletzung der Paritätsrelation gewinnbringend durchführbar ist. So sind neben den Transaktionskosten insbesondere noch Dividendenzahlungen auf die Basisaktie sowie die vorzeitige Ausübungsmöglichkeit amerikanischer Optionen in die Put-Call-Parität zu integrieren. Die Put-Call-Parität in ihrer einfachsten Form gilt nur für europäische Optionen, auf deren Basistitel während der Optionsrestlaufzeit keine Dividenden ausgeschüttet werden. Speziellere Formen der Put-Call-Parität werden weiter unten im zehnten Kapitel im Rahmen der verteilungsfreien Abschätzungen von Optionspreisen vorgestellt.
4.3 Aktien-Futures und Aktienindex-Futures 4.3.1 Beta-Hedging mit Index-Futures Bestehende bzw. geplante Positionen in einem Aktien-Portfolio lassen sich mit Aktienindex-Futures auf einem bestimmten Kursniveau absichern, indem bei einem existierenden Bestand in Aktien eine Short Future-Position, bei einem geplanten Aktienerwerb eine Long Future-Position in geeignetem Umfang einge-
4.3 Aktien-Futures und Aktienindex-Futures
99
gangen wird. Entsteht auf der Kassaseite ein Verlust, so wird dieser über einen Wertzuwachs in der Terminposition ausgeglichen. Ist dagegen die Kassaposition gewinnbringend, so entsteht in den Futures ein Verlust in gleicher Höhe. Eine Mikro-Hedge-Strategie kann nur dann konzipiert werden, wenn die abzusichernde Aktienposition der Zusammensetzung eines existierenden Aktienindex, entspricht, auf den ein Terminkontrakt gehandelt wird. Im Allgemeinen wird dies aber nicht der Fall sein, da beispielsweise ein verwaltetes Portfolio in deutschen Standardwerten mehr oder weniger stark von einem Aktienindex wie dem DAX abweichen wird. Dementsprechend wird eine Makro-Hedge-Strategie umzusetzen sein, d. h. es ist ein Index zu wählen, auf den zum einen Derivate gehandelt werden und der zum anderen eine möglichst hohe Korrelation zur Wertentwicklung des Basis-Portfolio aufweist. Mit einem solchen geeigneten Index bzw. IndexTerminkontrakt ist im nächsten Schritt die Preissensitivität des abzusichernden Portfolio auf allgemeine Marktveränderungen abzugleichen mit der des Basisindex der Futures. Dazu greift man auf den bereits oben eingeführten Beta-Faktor E als Maß für das systematische Risiko eines Wertpapiers zurück. Der Beta-Faktor einer Aktie drückt die Empfindlichkeit der Aktie auf Schwankungen des Gesamtmarktes aus. Beta-Werte messen den Risikenzusammenhang zwischen den Renditen des Wertpapiers und der Rendite eines repräsentativen Index. Ein negativer Beta-Wert besagt, dass sich die Aktie gegenläufig zum betrachteten Aktienindex entwickelt. Bei einem Beta-Faktor von Null liegt kein systematisches Risiko für die Wertpapierrendite vor. Für Betas zwischen Null und Eins ist die prozentuale Kursänderung der Aktie kleiner als die des Marktes, jedoch gleichgerichtet. Bei einem Beta von Eins ist die prozentuelle Kursänderung der Aktie gleich der des Index. Eine Aktie mit einem Beta-Wert größer als Eins reagiert überproportional auf Schwankungen des Gesamtmarktes, die Aktie ist dann riskanter als der Aktienindex. Der Beta-Faktor gilt in der praktischen Anwendung als Grundlage für die Prognose der Entwicklung einzelner Wertpapiere. Beta-Faktoren werden normalerweise aus historischen Kursdaten prognostiziert, indem das mit der Marktmodell-Regression geschätzte Beta der Vorperiode als Prognose für die kommende Periode verwendet oder das historische Beta mit Anpassungsverfahren korrigiert wird. Die Prognose aus vergangenen Kursdaten wirft insbesondere das Problem auf, dass die Beta-Faktoren im Zeitablauf nicht als stabil unterstellt werden können. Beta-Werte können sich also im Zeitablauf ändern. Hier wird jedoch zunächst der Einfachheit halber unterstellt, dass der Beta-Faktor auch in Zukunft unverändert bleibt. Eine bereits bestehende Portfolio-Position kann über eine Short Hedge-Position in Futures gegen Kursänderungen abgesichert werden. Ein Kursverfall des Portfolio wird durch einen Wertanstieg der Future-Position aufgefangen; bei einem Kursanstieg kompensieren Kursgewinne des Aktienbestands Wertminderungen in der Future-Position. Die Anzahl der zu verkaufenden Terminkontrakte (Hedge Ratio) einer solchen als Nominal-Hedge bezeichneten Absicherung bestimmt sich nach der Formel:
100
4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
Hedge Ratio
Wert des Aktien-Portfolio Portfolio-Beta Kontraktvolumen des Index Wert des Aktien-Portfolio Portfolio-Beta Indexstand Kontraktwert
(4.3)
Zur illustrativen Anwendung der Gl. 4.3 wird ein Marktteilnehmer betrachtet, der ein Portfolio mit einem Kurswert von 1 Mio. € verwaltet und einen als geeignet erscheinenden Index identifiziert, der bei 1.000 Punkten mit einem Kontraktwert von 25 € pro Punkt steht. Aus den Beta-Werten der Aktien des Portfolio bestimmt sich das Portfolio-Beta nach Annahme zu 0,7000. Für die Hedge Ratio folgt dann nach Gl. 4.3: Hedge Ratio
1.000.000 € 0,7000 1.000 25 €
28
Der Marktteilnehmer wird also durch den Verkauf von 28 Futures auf den Index mit einer gewünschten Fristigkeit eine Short Hedge-Strategie mit Futures umsetzen können. Angenommen, Aktien- und Terminposition werden bis zur Fälligkeit der Futures gehalten und es sind zwei Szenarien zu unterscheiden, ein Indexstand am Fälligkeitsdatum von 650 Punkten bzw. von 1.150 Punkten. Das im Ausgangszeitpunkt der Absicherung berechnete Beta des Portfolio impliziert, dass sich der Marktwert der Aktienposition in den beiden Szenarien verändert hat um: 1.000.000 € 0,7000
650 1.000 1.000
1.000.000 € 0,7000
1.150 1.000 105.000 € 1.000
245.000 €
Das Aktien-Portfolio hat demnach zum Liefertermin einen Marktwert von 755.000 € bzw. von 1.105.000 €. In der Kassaposition hat der Marktteilnehmer je nach Szenario eine Wertminderung oder einen Wertanstieg zu verzeichnen. In der Terminposition tritt ein dementsprechender Wertanstieg bzw. eine Wertminderung ein zuzüglich einer weiteren Wertkomponente, die sich aus der Basisänderung ergibt. Die während der Laufzeit bestehende Differenz zwischen dem Indexstand und dem Index-Future-Preis bezeichnet man als Basis. Die Basisänderung bestimmt sich bei einem Halten der Futures bis zur Fälligkeit ausschließlich aus der im Ausgangszeitpunkt realisierten Basis multipliziert mit dem Kontraktwert und der Kontraktanzahl. Ist die Basis zum Ausgangszeitpunkt gleich Null, d. h. steht der FutureKontrakt ebenfalls bei 1.000 Punkten, so ist die Basisänderung gleich Null. Wertveränderungen in Kassa- und Terminposition gleichen sich exakt aus. Notiert der Future-Preis beispielsweise bei 1.100 Punkten, so ergeben sich zur Fälligkeit der Futures durch die Barabrechnung in den beiden Szenarien folgende kumulierten Zahlungsflüsse, die die Wertänderungen der Terminposition darstellen:
4.3 Aktien-Futures und Aktienindex-Futures
1.100 650 25 € 28 1.100 1.150 25 € 28
101
315.000 €
35.000 €
Voraussetzung für diese Ergebnisse ist insbesondere die Annahme, dass der auf Basis historischer Kursdaten berechnete Beta-Wert als Schätzer für die Absicherungsperiode geeignet ist. Würde sich beispielsweise im ersten Szenario bei einem Rückgang des Index von 1.000 auf 650 Punkte tatsächlich eine Wertminderung des Portfolio von 1 Mio. € auf 650.000 € einstellen, so berechnet sich ex post der „tatsächliche“ Beta-Wert für die Absicherungsperiode wie folgt: 650.000 € 1.000.000 € 1.000.000 € 650 1.000 1.000
1, 0000
Die Hedge-Strategie wäre demnach „falsch“ konzipiert, da der Marktteilnehmer mit einem Beta-Wert von 0,7000 kalkuliert hatte. Die Wertminderung der Kassaposition beträgt nun 350.000 €, der im Falle eines Future-Preises von 1.100 Punkten im Ausgangszeitpunkt eine Wertsteigerung auf der Terminposition von 315.000 € gegenübersteht. Die Hedge-Position wäre demnach im Gesamtergebnis mit einem Verlust von 35.000 € zu beurteilen. 4.3.2 Ein Beispiel Die Diskussion über den Einfluss insbesondere der Basisänderung und des BetaFaktors auf das Absicherungsergebnis soll anhand eines Anwendungsbeispiels weitergeführt werden. Es wird dazu angenommen, dass ein Marktteilnehmer seinen Bestand in deutschen Standardaktien durch Verkäufe von DAX-Futures abgesichern will. Am 4. Juni 2003 verwaltet der Marktteilnehmer ein Portfolio mit einem Marktwert von 724.160,00 €. Die Ausgangsdaten sind in der Tabelle 4.4 abgetragen. Da er ausschließlich DAX-Aktien in seinem Portfolio hält, scheint die Wahl des DAX bzw. der DAX-Futures als Absicherungsderivat für die geplante Absicherung geeignet (Makro-Hedge). Zur Abgleichung der Preissensitivität des abzusichernden Portfolio auf allgemeine Marktveränderungen mit der der Future-Position ist die Berechnung des Beta-Faktors des Portfolio EP erforderlich. Dieser errechnet sich als gewichteter Durchschnitt der einzelnen Beta-Faktoren, die jeweils historisch auf 250 TageBasis bestimmt sind und für die DAX-Unternehmen börsentäglich veröffentlicht werden. Die Gewichtung erfolgt mit den jeweiligen prozentualen Wertanteilen xi der Aktie i am Gesamtwert des Portfolio: n
C P xi ¸Ci i 1
(4.4)
102
4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
Für die Daten der Tabelle 4.4 berechnet sich der Beta-Faktor des Portfolio demnach zu: CP
275.200, 00 € 32.000, 00 € ¸1,3729 ! ¸ 0,9731 1, 2333 724.160, 00 € 724.160, 00 €
Der Index notiert im Zeitpunkt der Implementation der Absicherung bei 3.080,02 die Futures mit Liefertermin Juni bei 3.074,00 und mit Liefertermin September bei 3.090,00. Die erforderliche Anzahl der Future-Kontrakte, die zur Eliminierung des Kursrisikos des Portfolio zu verkaufen sind, ermittelt sich – unabhängig von dem konkret gewählten Future-Kontrakt, d. h. unabhängig von der gewählten Absicherungsfrist – nach Gl. 4.3 zu: Hedge Ratio
724.160,00 € 1, 2333 11,5987 3.080,02 25 €
Es sind demnach elf oder zwölf Futures zu verkaufen, um das Nominal-Hedging umzusetzen. Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass der Marktteilnehmer sich für den Verkauf von zwölf DAX-Futures entscheidet. In der Tabelle 4.5 bzw. der Tabelle 4.6 sind die Kursdaten des Portfolio zu den Zeitpunkten 20. Juni 2003 (Fälligkeit der Juni-Futures) und 19. September 2003 (Fälligkeit der September-Futures) abgetragen. Offenbar war die Absicherung der Aktienposition mit Futures ex post betrachtet nicht von Vorteil, da am Kassamarkt deutliche Wertzuwächse erzielt werden konnten: Zur Fälligkeit der Juni-Futures am 20. Juni 2003 hat das Aktien-Portfolio einen Gesamtwert von 780.370,00 € und verzeichnet somit einem Wertzuwachs von 56.210,00 €. Zur Fälligkeit der September-Futures am 19. September 2003 hat das Aktien-Portfolio einen Gesamtwert von 884.170 € und verzeichnet somit einem Wertzuwachs von 160.010,00 €. Tabelle 4.4. Kurse und Beta-Faktoren der Aktienpositionen am 4. Juni 2003 Aktie Allianz ALV Bayer BAY Commerzbank CBK Deutsche Telekom DTE HypoVereinsbank HVM Infineon IFX SAP Siemens SIE Volkswagen VOW Portfolio
Anzahl 4.000 3.000 2.000 2.000 6.000 6.000 1.000 2.000 1.000
Quelle: Handelsblatt vom 5. Juni 2003
Kurs 68,80 € 18,47 € 10,35 € 12,85 € 13,50 € 8,10 € 101,75 € 41,90 € 32,00 €
Gesamtwert 275.200,00 € 55.410,00 € 20.700,00 € 25.700,00 € 81.000,00 € 48.600,00 € 101.750,00 € 83.800,00 € 32.000,00 € 724.160,00 €
Beta-Faktor 1,3729 1,1118 1,0562 1,1719 1,3221 1,4059 0,9908 1,1256 0,9731 1,2333
4.3 Aktien-Futures und Aktienindex-Futures
103
Zur Fälligkeit der Juni-Futures am 20. Juni 2003 steht dem Wertzuwachs in der Aktienposition von 56.210,00 € der Barausgleich in der Juni-Future-Position gegenüber. Der DAX steht bei 3.269,00 Punkten. Da die Basis zur Fälligkeit eines Future-Kontraktes zwingend gleich Null sein muss, stehen auch die DAX-Futures bei 3.269,00 Punkten. Der Verlust aus dem Engagement in den Juni-Futures übersteigt mit 58.500,00 € jedoch die Kursgewinne aus der Aktienposition, so dass sich der Marktteilnehmer in der Gesamtposition sogar einer Wertminderung von 2.290,00 € gegenübersieht (Tabelle 4.7). Tabelle 4.5. Kurse und Beta-Faktoren der Aktienpositionen am 20. Juni 2003 Aktie ALV BAY CBK DTE HVM IFX SAP SIE VOW Portfolio
Anzahl 4.000 3.000 2.000 2.000 6.000 6.000 1.000 2.000 1.000
Kurs 75,35 € 19,92 € 12,01 € 13,02 € 15,03 € 8,77 € 104,00 € 43,70 € 34,95 €
Gesamtwert 301.400,00 € 59.760,00 € 24.020,00 € 26.040,00 € 90.180,00 € 52.620,00 € 104.000,00 € 87.400,00 € 34.950,00 € 780.370,00 €
Beta-Faktor 1,3830 1,1235 1,0890 1,1456 1,3571 1,4065 0,9862 1,1251 0,9741 1,3413
Quelle: Handelsblatt vom 23. Juni 2003 Tabelle 4.6. Kurse und Beta-Faktoren der Aktienpositionen am 19. September 2003 Aktie ALV BAY CBK DTE HVM IFX SAP SIE VOW Portfolio
Anzahl 4.000 3.000 2.000 2.000 6.000 6.000 1.000 2.000 1.000
Kurs 75,00 € 21,05 € 14,08 € 13,26 € 18,45 € 13,04 € 118,80 € 57,00 € 44,60 €
Gesamtwert 300.000,00 € 63.150,00 € 28.160,00 € 26.520,00 € 110.700,00 € 78.240,00 € 118.800,00 € 114.000,00 € 44.600,00 € 884.170,00 €
Beta-Faktor 1,3752 1,1256 1,2400 1,0449 1,4596 1,4584 0,9792 1,0955 1,0392 1,5321
Quelle: Handelsblatt vom 22. September 2003 Tabelle 4.7. Gesamtposition der Short Hedge-Strategie mit Juni-Futures Datum
DAX
04.06.03 3.080,02 20.06.03 3.269,00 Wertänderung
DAXFuture 3.074,00 3.269,00
AktienPortfolio 724.160,00 € 780.370,00 € 56.210,00 €
FuturePosition 922.200,00 € 980.700,00 € 58.500,00 €
Ergebnis + 198.040,00 € 200.330,00 € 2.290,00 €
104
4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
Tabelle 4.8. Gesamtposition der Short Hedge-Strategie mit September-Futures Datum
DAX
04.06.03 3.080,02 19.09.03 3.601,00 Wertänderung
DAXFuture 3.090,00 3.601,00
AktienPortfolio 724.160,00 € 884.170,00 € 160.010,00 €
FuturePosition 927.000,00 € 1.080.300,00 € 153.300,00 €
Ergebnis + 202.840,00 € 196.130,00 € + 6.710,00 €
Die Berechnung der Hedge Ratio mit dem Kontraktvolumen im Basisindex als Nenner statt der auch in der Literatur zu findenen Berechnung mit dem Kontraktvolumen des Future-Kontraktes weist den Vorteil auf, das Gesamtergebnis der einzelnen Absicherungen auf die folgende einfache Art interpretieren zu können. Das Gesamtergebnis kann auf die Wertveränderung dreier Komponenten zurückgeführt werden: die nicht ganzzahlige Hedge Ratio, die Veränderung der Basis sowie das Beta-Risiko. Zum einen ist die Hedge Ratio offensichtlich nicht zwingend ganzzahlig. Die notwendige Rundung auf eine ganzzahlige Kontraktanzahl führt in Abhängigkeit von der zukünftigen Kursentwicklung zu einer Unter- oder Übersicherung bzw. zu einer verstärkten positiven oder negativen Wertveränderung in der Terminposition. Der sich durch die gerundete Hedge Ratio ergebende Beitrag zum Gesamtergebnis berechnet sich aus:
Hedge Ratio gerundete Hedge Ratio F tT , T F t0 , T Kontraktwert
(4.5)
Dabei stehen F(tT,T) bzw. F(t0,T) für die Future-Preise mit Fälligkeit T in den Zeitpunkten t = tT bzw. t = t0. Der Zeitpunkt der Implementation der Absicherung wird mit t0 bezeichnet. Wird nicht vorzeitig glattgestellt, so folgt tT = T. Für die Absicherung mit Frist Juni mit dem Ergebnis aus Tabelle 4.7 folgt also:
11,5987 12 3.269,00 3.074, 00 25 €
1.956, 34 €
Der Einfluss der Basisänderung umfasst die Veränderung der Basis als Differenz zwischen Termin- und Kassakurs während der Restlaufzeit. Diese Änderung kann in einen Zinseffekt und in das Risiko der Basisänderung über diesen Zinseffekt hinaus aufgeteilt werden. Während der Zinseffekt ex ante bestimmt werden kann, entspricht das eigentliche Basisrisiko als unsicherer Teil der Basisänderung der Abweichung der Basis von den theoretischen Bestandshaltekosten des AktienPortfolio und ist ausschließlich dann von Bedeutung, wenn die Future-Position vor Kontraktfälligkeit aufgelöst wird. Der Einfluss der Basisänderung lässt sich wie folgt kalkulieren: ª¬ Basis in t0 Basis in tT º¼ Hedge Ratio Kontraktwert ª¬ F t0 , T S t0 F tT , T S tT º¼ Hedge Ratio Kontraktwert
(4.6)
Dabei stehen S(t0) bzw. S(tT) für die jeweiligen DAX-Stände. Gilt also tT = T, so folgt sofort:
4.3 Aktien-Futures und Aktienindex-Futures
F tT , T
F T , T
S T
105
S tT
Der Anteil an der Wertveränderung in der Gesamtposition aufgrund der Basisänderung besteht dann ausschließlich aus der Basis im Ausgangszeitpunkt multipliziert mit der nicht gerundeten Hedge Ratio und dem Kontraktwert. Für die Absicherung mit Frist Juni folgt: ª¬ 3.074, 00 3.080, 02 0º¼ 11,5987 25 €
1.745,60 €
Das Beta-Risiko resultiert aus der Annahme konstanter Beta-Faktoren während der Laufzeit. Das Portfolio-Beta wird auf Basis historischer Daten bestimmt und als Schätzer für das Beta der Absicherungsperiode herangezogen. Die Beta-Faktoren der Einzelwerte und damit auch das Portfolio-Beta ändern sich aber im Zeitablauf. Damit ergibt sich auch eine neue Hedge Ratio, so dass die Absicherungsposition ständig überwacht und angepasst werden müsste. Zur Kalkulation des Beta-Risikos ist die sich tatsächlich einstellende Wertveränderung im Aktien-Portfolio um die Veränderung im Aktienindex als Basisobjekt der Futures zu korrigieren:
Aktien-Portfolio-Wert in tT Aktien-Portfolio-Wert in t0 Indexstand in tT Indexstand in t0 Hedge Ratio Kontraktwert Aktien-Portfolio-Wert in tT Aktien-Portfolio-Wert in t0 S tT S t0 Hedge Ratio Kontraktwert
(4.7)
Für die Absicherung mit Frist Juni folgt:
780.370,00 € 724.160,00 € 3.269,00 3.080, 02 11,5987 25 €
1.411, 94 €
Für die Absicherung mit Frist Juni ergibt die Addition der drei berechneten Teilkomponenten das in der Tabelle 4.7 ausgewiesene Gesamtergebnis. In der Tabelle 4.9 sind die Ergebnisse der Berechnungen für die nicht ganzzahlige Hedge Ratio, die Basisänderung sowie das Beta-Risiko für die beiden betrachteten Absicherungsfristen zusammenfassend aufgeführt. Die Basisänderung enthält hier kein Basisrisiko, da nicht vorzeitig glattgestellt wurde (siehe in diesem Zusammenhang auch die ergänzenden Übungsaufgaben zum Beta-Hedging des vierten Kapitels auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de). Offenbar erfordert bereits dieser einfache Fall des Einsatzes derivativer Instrumente zur Absicherung von (Aktien-) Kursrisiken ein durchdachtes Risikomanagement, um die Steuerung der Risiken hin auf ein gewünschtes Gesamtergebnis realisieren zu können.
106
4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
Tabelle 4.9. Aufteilung des Gesamtergebnisses auf die drei Teilkomponenten Juni-Hedge Glattstellung am 20. Juni 2003 1.956,34 € 1.745,60 € + 1.411,94 € 2.290,00 €
Hedge Ratio Basisänderung Beta-Risiko Gesamtergebnis
September-Hedge Glattstellung am 19. September 2003 5.126,61 € + 2.893,88 € + 8.942,73 € + 6.710,00 €
4.3.3 Market Timing und Spreads Kurserwartungen kann ein Investor statt über das Basisobjekt auch über eine entsprechende Position in Futures umsetzen. Mit Futures ist eine Spekulation auf die Entwicklung des Basiswertes und damit eine Umsetzung der Erwartungen hinsichtlich grundsätzlicher Markttendenzen möglich. Beispielhaft sind in der Abb. 4.11 die Long- und Short-Positionen in DAX-Futures der Eurex mit Fälligkeit Dezember 2004 abgetragen. Ausgangsdatum der Betrachtung ist wiederum der 10. Mai 2004, der letzte DAX-Future-Preis im Handel des 10. Mai beträgt 3.857,50 Punkte. Der Barausgleich mit einem Kontraktwert von 25 € pro Indexpunkt ergibt bei einem DAX-Stand zur Fälligkeit, d. h. am dritten Freitag im Dezember 2004, von beispielsweise 3.600 Punkten einen Barausgleich, den der Future-Käufer an den Future-Verkäufer zu zahlen hat, in Höhe von:
3.857,50 3.600, 00 25 €
6.437,50 €
Futures finden darüber hinaus auch in Verbindung mit einem bestehenden Portfolio Verwendung zur Umsetzung von Anlagemotiven. Die Market Timing-Strategien mit Aktienindex-Futures basieren auf einer Erhöhung des Portfolio-Betas in Erwartung eines Marktaufschwungs und auf einer Reduktion des Betas bei einem erwarteten Abwärtstrend des Marktes. Das Aktien-Portfolio wird zur Feineinstellung des Portfolio-Betas nicht umgeschichtet. Vielmehr werden Futures gekauft oder verkauft, um ein gewünschtes Beta zu erzielen. Auch bei Futures lassen sich Spread-Positionen konstruieren. In der einfachsten Form der Time Spreads werden gleichzeitig Kontrakte des gleichen Basiswertes mit unterschiedlichen Fristigkeiten gekauft und verkauft. Dabei wird meist die Preisdifferenz zwischen den beiden Futures als Time Spread bezeichnet. Der Kauf von Spreads entspricht dem Kauf der kurzfristigen und dem Verkauf der langfristigen, der Verkauf von Spreads dem Verkauf der kurzfristigen und dem Kauf der langfristigen Futures. Bei Performance-Indizes wie auch Preisindizes im Falle positiver Nettofinanzierungskosten wird die Erwartung eines steigenden Kursniveaus durch den Verkauf von Spreads bzw. die Erwartung eines fallenden Kursniveaus durch den Kauf von Spreads in eine Anlagestrategie umgesetzt.
4.3 Aktien-Futures und Aktienindex-Futures
107
Abb. 4.11. Beispiel zum Gewinn/Verlustprofil in DAX-Futures
4.3.4 Arbitrage mit Aktien-Futures und Aktienindex-Futures Die Identifizierung von Preisungleichgewichten zwischen Future- und Kassamarkt, beispielsweise in Form von Fehlbewertungen des Future-Kontraktes, erfordert ein Bewertungskalkül. Im neunten Kapitel werden Bewertungsansätze für unbedingte Termingeschäfte hergeleitet, so dass hier zunächst nur eine verbale Beschreibung und Einordnung von Arbitrage-Strategien mit Futures erfolgen kann. Strategien zur Ausnutzung von Über- und Unterbewertungen durch Transaktionen auf mindestens zwei Märkten subsummiert man unter dem Begriff der Differenz-Arbitrage. Der Verkauf überbewerteter Futures auf dem Terminmarkt und der gleichzeitige Aufbau einer Kaufposition im Basisobjekt wird als Cash and Carry-Arbitrage (Long Arbitrage) bezeichnet. Die Differenz zwischen dem erhaltenen Terminaufschlag und den Refinanzierungs- und Transaktionskosten stellt den sicheren Gewinn des Arbitrageurs dar. Bei einer Unterbewertung des FutureKontraktes eröffnet sich über die entgegengesetzte Position die Möglichkeit der Reverse Cash and Carry-Arbitrage (Short Arbitrage). Der Investor wird die unterbewerteten Futures kaufen und einen gleichzeitigen Kassaverkauf vornehmen. Davon abzugrenzen sind Strategien, bei denen der Marktteilnehmer bereits an einem der beiden Märkte eine Position hält. So bietet sich beispielsweise dem
108
4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
Manager eines großen institutionellen Aktienvermögens die Möglichkeit, eine Unterbewertung von Aktienindex-Futures zur Engagementsverbilligung adäquater Aktien auszunutzen. Dazu werden die unterbewerteten Futures gekauft und die entsprechenden Aktien aus dem Bestand verkauft. Der Vorteil der Engagementsverbilligung gegenüber der Differenz-Arbitrage liegt darin, dass keine Kosten des Leerverkaufs der Aktien anfallen. Die Argumentation lässt sich analog auf den Fall von Futures auf einzelne Aktientitel übertragen. Ergeben sich Preisvorteile aus Bewertungsabweichungen von Futures, so kann die Future-Position als zeitliches Substitut zu einer direkten Position im Kasssamarkt gewählt werden. Statt eines Aktienkaufs werden Aktien-Futures gekauft und das zum Aktienkauf bestimmte Kapital für die Laufzeit des Future-Kontraktes festverzinslich angelegt. Im Unterschied zur Differenz-Arbitrage führt diese Form der Ausgleichs-Arbitrage nur zu einer Transaktion an dem jeweils günstigeren Marktsegment. Transaktionskosten ergeben sich nur aus dem Kauf der Futures zum aktuellen Zeitpunkt und schließlich des Aktienpakets zur Kontraktfälligkeit. Eine Unterbewertung am Terminmarkt kann so bereits profitabel sein, während bei der Differenz-Arbitrage noch die höheren Kosten des Leerverkaufs zu berücksichtigen sind. Der theoretische Spread der erwähnten Spread-Strategien mit Futures, d. h. die Kursdifferenz zwischen Futures kürzerer Laufzeit und Futures längerer Laufzeit, entspricht genau den Bestandshaltekosten für diese Laufzeitdifferenz. Ist die beobachtete Kursdifferenz größer als die theoretisch kalkulierte Größe, dann wird ein Arbitrageur die zu teuren Futures kürzerer Laufzeit verkaufen bei einem gleichzeitigen Kauf der Futures mit längerer Laufzeit. Bei einer Verringerung der Kursdifferenz werden beide Positionen wieder aufgelöst und der Arbitrageur realisiert einen Gewinn. Ein für den praktischen Einsatz bedeutender Vorteil des Spreading besteht darin, dass der Kauf wie auch Leerverkauf des Kassainstruments vermieden werden.
Literaturhinweise zu Kapitel 4 Das vierte Kapitel enthält weitgehend Standardresultate zu Aktien- und Aktienindexderivaten, die auch in Chance u. Brooks 2008 sowie Hull 2008 zu finden sind. Auch ein Blick in Cox u. Rubinstein 1985 kann sich lohnen, da sich dort auf Aktien- und Aktienindexderivate fokussiert wird. Albrecht u. Maurer 2008 sowie Steiner u. Bruns 2007 behandeln Aktienderivate ebenfalls im Kontext der Eurex-Produkte. Sehr ausführlich werden Handelsstrategien mit EurexAktien- und Eurex-Aktienindexderivaten natürlich in Broschüren (mit ergänzenden Fallstudien bzw. Wiederholungsfragen) der deutsch-schweizerischen Terminbörse diskutiert. Mit der neueren Asset-Klasse der Volatilitätsderivate beschäftigen sich Thomas u. Schmidt 2005a, 2005b. Bei Janßen u. Rudolph 1992 werden ausgehend von der Darstellung der Konzeption des Deutschen Aktienindex DAX die Einsatzmöglichkeiten von DAX-Futures und DAX-Optionen aufgeführt. An diese Ausführungen angelehnt ist das im Abschnitt 4.3.2 diskutierte Fallbeispiel zum Beta-Hedging mit Aktienindex-Futures. Die Put-Call-Parität wird in verschiedenen Variationen noch im zehnten Kapitel behandelt und dort auch mit entsprechenden Literaturkommentaren versehen. Strategien auf Basis
Fragen und Aufgaben
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von Put-Call-Paritäten und Box Spreads sind unter anderem Ausgangspunkt empirischer Überprüfungen der Effizienz von Optionsmärkten. Hemler u. Miller 1997 untersuchen Box Spreads mit Optionen auf den S&P 500-Index im Zeitraum vor und nach dem OktoberCrash von 1987. Bharadwaj u. Wiggins 2001 führen Box Spread- und Paritäts-Tests für an der CBOE gehandelte S&P 500-Indexoptionen durch.
Schlüsselbegriffe Aktienderivate Aktienindex Aktienoptionen Aktien-Futures Basis Basisrisiko Beta-Faktor Beta-Hedging Beta-Risiko Box Spread Arbitrage Butterfly Spread Cash and Carry Arbitrage Conversion DAX DAX-Future DAX-Option Differenz-Arbitrage Friday Weekly-Optionen
Hedge Ratio Long Call Hedge Low Exercise Price-Optionen Makro-Hedge Market Timing Mikro-Hedge Nominal-Hedge Protective Put Put-Call-Parität Reversal Reverse Cash and Carry Arbitrage Spreading Straddle Synthetische Positionen Time Spread Vertical Spread Volatilitätsindizes
Fragen und Aufgaben Fragen 1. Welche Volatilitätsderivate werden an der Eurex gehandelt? 2. Beschreiben Sie das Basisobjekt der Dow Jones Euro STOXX 50-DividendenFutures der Eurex an. 3. Wie groß sind die Kontraktwerte der Eurex-DAX-Optionen bzw. -Futures? 4. Aus welchen einzelnen Positionen besteht eine Butterfly Spread-Strategie? 5. Geben Sie die Put-Call-Parität an. 6. Wann empfiehlt sich eine Conversion-, wann eine Reversal-Strategie? 7. Welche Funktion erfüllt der Beta-Faktor im Rahmen des Hedging einer AktienPortfolio-Position mit Index-Futures? 8. Was versteht man unter Beta-Risiko, was unter Basisrisiko beim Beta-Hedging mit Index-Futures? 9. Erläutern Sie die Begriffe Cash and Carry Arbitrage sowie Reverse Cash and Carry Arbitrage.
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4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
Aufgabe 4.A Ein Anleger besitzt 100 Aktien der Automobil AG. Eine Aktie notiert zu 40 €. Er strebt eine Absicherung durch den Kauf eines Optionspakets an einer Terminbörse, bestehend aus 100 Verkaufsoptionen auf die Aktie mit Ausübungspreis 42 €, an. Die Prämie einer Option des Pakets beträgt 7 €. Der Anleger muss bei seiner gewünschten Absicherung noch berücksichtigen, dass die Terminbörse eine einmalige Gebühr von 15 € für das Gesamtpaket in Rechnung stellt und seine das Geschäft abwickelnde Bank eine Grundgebühr von 40 € für das Paket zuzüglich 1% Provision von der zu zahlenden gesamten Optionsprämie verlangt. 1. Stellen Sie graphisch in einem Gewinn/Verlust-Profil die Position in einer Aktie, die Position in einer Put-Option und schließlich die Kombination beider Positionen unter Berücksichtigung der Optionsprämie und der auf die einzelne Option umgerechneten Transaktionskosten dar. 2. Bestimmen Sie die Gewinn- und Verlustschwellen dieser Absicherungsstrategie zum Laufzeitende der Optionen. Aufgabe 4.B Am 19. Mai 2004 (DAX-Stand bei 3.872,26 Punkten) wurden für die Eurex-DAXKaufoptionen mit Fälligkeit Juni 2004 folgende Schlussabrechnungspreise in Punkten festgestellt: Ausübungspreis 3.900: Call-Prämie 83,00 Punkte Ausübungspreis 4.000: Call-Prämie 41,30 Punkte Ausübungspreis 4.100: Call-Prämie 17,00 Punkte Ausübungspreis 4.200: Call-Prämie 6,80 Punkte 1. Konstruieren Sie das Gewinn/Verlustprofil einer Bullish Call Vertical SpreadStrategie mit den Ausübungspreisen 3.900 (= Long) beziehungsweise 4.100 (= Short) Punkten graphisch. 2. Wo muss der DAX stehen, damit eine solche Optionskombination am Fälligkeitstermin einen Gewinn erbringt? Wie hoch sind der maximale Verlust sowie der maximale Gewinn dieser Optionskombination in Punkten? Aufgabe 4.C Am 4. August 2003 werden DAX-Optionen mit Fälligkeit Dezember 2003 zu folgende Prämien gehandelt: Ausübungspreis 3.300: Call-Prämie 282,00 Punkte Ausübungspreis 3.500: Call-Prämie 165,50 Punkte Ausübungspreis 3.300: Put-Prämie 150,00 Punkte Ausübungspreis 3.500: Put-Prämie 217,00 Punkte Konstruieren Sie aus den vier Optionen das Gewinn/Verlustprofil einer BoxSpread-Strategie über den Kauf der Call-Option mit Ausübungspreis 3.300, den
Fragen und Aufgaben
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Verkauf der Call-Option mit Ausübungspreis 3.500, den Kauf der Put-Option mit Ausübungspreis 3.500 und den Verkauf der Put-Option mit Ausübungspreis 3.300. Aufgabe 4.D Ein Anleger verfügt am 17. März 1999 über das folgende Portfolio: Tabelle 4.10. Kurse und Beta-Faktoren der Aktienpositionen am 17. März 1999 Aktie BAY DBK MAN SIE
Anzahl 5000 7000 3000 6000
Kurs 35,80 85,40 25,30 61,70
Beta-Faktor 0,7307 1,0615 0,8125 0,8902
Der DAX steht an diesem Tag bei 5062,59 Punkten, die DAX-September-Futures bei 5.131,50. 1. Der Anleger möchte sich bis September durch einen Beta-Hedge absichern. Errechnen Sie dazu das Portfolio-Beta und erläutern Sie, welche Transaktion er zur Absicherung tätigen muss. 2. Am 15. September 1999 ergeben sich die folgenden Kurse: BAY: 40,80, DBK: 71,45, MAN: 33,60, SIE: 83,00, DAX: 5.387,18, DAX-Future: 5.390. Errechnen Sie den tatsächlichen Gewinn oder Verlust des Anlegers bei Durchführung einer Beta-Hedge-Strategie gemäß Aufgabenteil 1. Erläutern Sie kurz, aufgrund welcher Risiken der Anleger trotz der Absicherungsstrategie eine Veränderung seines Vermögens erlebt. 3. Der Anleger erwartet für den Sommer 1999 steigende Kurse und möchte daher mit E = 2 ein höheres als das bisher von ihm realisierte Beta verwirklichen. Welche Transaktion in DAX-Futures muss er dafür tätigen? Welchen Gewinn erzielt er dabei bis zum 15. September 1999, und wie genau entspricht das so realisierte Beta bezogen auf den Kurs des DAX dem angestrebten E = 2? Aufgabe 4.E Ein Anleger rechnet mit einem deutlichen Kursrückgang auf dem deutschen Aktienmarkt. Er möchte zur begrenzten Spekulation auf diese Kurserwartungen Time Spread-Positionen in DAX-Futures eingehen. Bei Eintritt des erwarteten Kursrückgangs sinken zwar beide Future-Kurse, er geht aufgrund der ihm bekannten Kalküle jedoch auch davon aus, dass sich die Differenz der Future-Preise (Spread) verändert. In der Ausgangssituation (März) beobachtet er für DAX-Futures mit Fälligkeit Juni einen Kurs von 3.742,00 Punkten und für DAX-Futures mit Fälligkeit September einen Kurs von 3.806,50 Punkten. 1. Konstruieren Sie aus den Juni- und September-Futures zehn Time Spreads zur Umsetzung der Kurserwartungen. 2. Berechnen Sie den Spread der realisierten Strategie im März.
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4 Management von Aktienkursrisiken mit Optionen und Futures
3. Im April ist der erwartete Kursrückgang eingetreten. Die Juni-Futures notieren zu 4.464,50 Punkten, die September-Futures zu 4.526 Punkten. Berechnen Sie den Spread der realisierten Strategie im April. 4. Welchen Gewinn hat der Anleger mit der Time Spread-Strategie erzielt? Lösungsskizzen sowie weitere Fragen und Aufgaben sind auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de zu finden.
5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
Die hohe Bedeutung des Geschäfts in Zinsderivaten für deutsche Finanzinstitute zeigt sich unter anderem darin, dass Deutschland im Handel mit Zinsderivaten neben Großbritannien (35 %) und den USA (17 %) mit 14 % des gesamten Transaktionsvolumen zu den drei wichtigsten Marktplätzen zählt (Deutsche Bundesbank 2003, S. 37). Zinsderivate nehmen an den Terminbörsen wie auch im außerbörslichen Geschäfte eine herausragende Position ein. Im fünften Kapitel sollen Instrumente beider Marktplätze betrachtet werden. Dabei wird insbesondere das Segment der außerbörslichen Zinsderivate intensiver beschrieben.
5.1 Laufzeit- und Terminzinssätze Das Management von Zinsänderungsrisiken hat für Finanz- wie auch Nichtfinanzunternehmen eine sehr hohe Bedeutung. Das Ausmaß der Zinsschwankungen an den Märkten ist außerordentlich hoch. Einen Eindruck von den Zinsänderungen in den vergangenen Jahren kann die Entwicklung des Dreimonats-Euribor-Satzes im Zeitraum 1999-2009 in Abb. 5.1 geben. Der Euribor-Satz (Euro Interbank Offered Rate) ist ein Durchschnittszinssatz aus Interbanken-Geldmarktzinssätzen, zu denen eine Bank einer anderen Bank Euro-Termingelder anbietet. Die Ermittlung erfolgt täglich für Laufzeiten von einer Woche sowie ein bis zwölf Monaten auf drei Nachkommastellen gerundet auf der Basis von Briefsätzen für InterbankenKredite von Banken mit erstklassigem Standard mit Sitz oder Niederlassung im Gebiet der Währungsunion. Für das Zinsrisikomanagement hat nicht nur die Bewegung eines einzelnen Zinssatzes im Zeitablauf Bedeutung, sondern die Veränderung der gesamten Zinsstrukturkurve. Die Zinsstrukturkurve beschreibt den funktionellen Zusammenhang zwischen Laufzeiten bzw. Fristigkeiten und dem jeweiligem Zinsniveau. Man spricht von einer normalen Zinskurve, wenn längerfristige Anlagen mit einem höheren Zinssatz versehen sind als kürzerfristige, von einer inversen Zinskurve, wenn kürzerfristige Anlagen einen höheren Zinssatz erbringen als längerfristige, und schließlich von einer flachen Zinskurve, wenn Anlagen aller Laufzeiten denselben Zinssatz erbringen.
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5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
6,00% 5,00% 4,00% 3,00% 2,00% 1,00% 0,00% Jan. 99
Jul. 00
Jan. 02
Jul. 03
Jan. 05
Jul. 06
Jan. 08
Jul. 09
Quelle: Zeitreihen der Deutschen Bundesbank unter www.bundesbank.de Abb. 5.1. Dreimonats-Euribor-Sätze im Monatsdurchschnitt 1999-2009
Die analytische Beschreibung der Zinsstruktur zu einem bestimmten Zeitpunkt kann über das Spektrum der Marktzinssätze für Mittelanlagen vom heutigen Zeitpunkt t0 = 0 bis zum Ende einer Zeitperiode (Laufzeitzinssätze, Spot Rates) oder über die auf Basis der Informationen im heutigen Zeitpunkt ermittelten Jahreszinssätze für die jeweilige Periode (Terminzinssätze, Forward Rates) beschrieben werden. Ohne die Existenz von Terminmärkten muss der Terminzins aus den Laufzeitzinsen abgeleitet werden. In diesem Fall spricht man auch von einem impliziten Zinssatz: Der implizite Zinssatz stellt jenen Zinssatz dar, den der Markt aus heutiger Sicht für einen in der Zukunft liegenden Zeitraum erwartet. Bei bestehenden Terminmärkten gibt es für bestimmte zukünftige Zeitspannen auch marktmäßige Terminzinssätze. Der implizite Zinssatz kann dann mit dem am Markt ermittelten Zinssatz verglichen werden. Im Folgenden werden mit It die Laufzeitzinssätze für den Anlagezeitraum von t0 = 0 bis zum Ende der Periode t und mit it die Terminzinssätze für die Periode t bezeichnet mit t als positiver ganzer Zahl. Gilt beispielsweise am Markt für eine einjährige Nullkupon-Anleihe ein Zinssatz von I1 = 6 % und für zweijährige Nullkupon-Anleihen von I2 = 7 %, dann impliziert das einen für das zweite Jahr geltenden Terminzinssatz i2 in Höhe von:
1 I 2 1 I1
2
i2
1
1, 07 2 1 8, 0094 % 1, 06
Die Investition in die einjährige Nullkupon-Anleihe mit anschließender Anlage zum Terminzinssatz muss auf einem vollkommenen Kapitalmarkt das gleiche Endvermögen ergeben wie die Investition in die zweijährige Nullkupon-Anleihe:
5.1 Laufzeit- und Terminzinssätze
1 I1 1 i2 1 i1 1 i2 1 I 2
115
2
Diese Zusammenhänge gelten unabhängig von der möglichen Einschätzung des Terminzinssatzes als erwarteter Zinssatz der zweiten Periode (Abb. 5.2). Allgemein stellt sich der Laufzeitzinssatz als geometrisches Mittel aus den bis zum jeweiligen Laufzeitende geltenden Terminzinssätzen dar:
IW
W
W
3 1 i 1 t 1
W
mit W als positiver ganzer Zahl
(5.1)
Als Kassazinssätze bzw. Spot Rates sind Laufzeitzinssätze von NullkuponAnleihen zur Bestimmung des impliziten Terminzinssatzes, der Forward Rate, herangezogen worden. Betrachtet man dagegen die Zinssätze von Kupon-Anleihen, dann gelten auf einem vollkommenen Kapitalmarkt von den aus den NullkuponAnleihen gewonnenen Spot Rates abweichende Effektivzinssätze. Bei den unterstellten Terminzinssätzen i1 = 6 % und i2 = 8,009 % des obigen Beispiels weist eine zweijährige Kupon-Anleihe mit einem Kupon von 7 % keinen Effektivzinssatz von Ieff,2 = 7 % auf, weil der in t = 1 fällige Kupon in der zweiten Periode zu einem Zinssatz von 8,009 % reinvestiert werden könnte. Ist k der Kupon in Prozent und ist der Tilgungskurs der zweijährigen Kupon-Anleihe auf eins normiert, dann folgt: k k 1 1 I eff ,2 1 I eff ,2 2
k k 1 1 i 1 i 1 1 1 i2
bzw. 0, 07 1,07 1 I eff ,2 1 I eff ,2 2
0,07 1, 07 1, 06 1,06 1, 08009
1,000621
Es berechnet sich für das vorliegende Beispiel schließlich ein Effektivzinssatz von Ieff,2 = 6,966 %. Der Effektivzins der Kupon-Anleihe wird wegen der angenommenen steigenden Zinskurve bei gleichen Nominalzinssätzen also kleiner als der Effektivzins einer Nullkupon-Anleihe sein.
Abb. 5.2. Illustration zum Beispiel des impliziten Terminzinssatzes
116
5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
Verändert sich die Zinsstrukturkurve und bestehen zusätzlich Fristeninkongruenzen und unterschiedliche Zinsbindungsfristen zwischen Geldanlage und Geldaufnahme, so besteht ein Zinsänderungsrisiko. Dem Zinsänderungsrisiko unterliegen bei Unternehmen sämtliche verzinsliche Positionen, deren Zinssatz wirtschaftlich oder rechtlich betrachtet nicht jederzeit an geänderte Marktzinsen angepasst werden kann. Zinsänderungsrisiken sind damit nicht auf die Passivseite beschränkt, sondern betreffen auch Aktivpositionen. Aus Sicht eines Kreditnehmers, also auf der Passivseite der Bilanz, besteht bei einem variabel verzinslichen Kredit ein Zinsänderungsrisiko darin, dass der Zinssatz sich beispielsweise erhöhen kann und die Finanzierungskosten damit steigen. Ein Anleger in variabel verzinsten Titeln könnte dagegen einen Zinsrückgang und eine dadurch ausgelöste Reduktion seines Zinsertrags befürchten. Die Steuerung des Zinsänderungsrisikos bezeichnet man als Zinsmanagement bzw. als Zinsrisikomanagement. Ein traditionelles Zinsrisikomanagement über Investitionen in Kredite und Wertpapiere mit festem oder variablem Zins bewegt Kapitalströme und wirkt sich somit auch auf die Bilanz aus. Derivative Finanztitel ermöglichen dagegen ein bilanzneutrales Zinsrisikomanagement ohne direkte Konsequenzen für die Liquidität. Als Zinsderivate bezeichnet man solche Kontrakte und Geschäfte, deren Wert aus dem Marktpreis einer Schuldverschreibung oder einem Referenzzinssatz hergeleitet wird. Dazu zählen insbesondere Futures auf Anleihen und auf Geldmarktzinssätze sowie Optionen auf diese Futures, außerbörsliche Termingeschäfte auf Zinssätze, außerbörsliche Zinsoptionen sowie Zins-Swaps (Abb. 5.3).
Abb. 5.3. Übersicht zu ausgewählten marktgängigen Zinsderivaten
5.2 Außerbörsliche Zinssatzoptionen
117
5.2 Außerbörsliche Zinssatzoptionen 5.2.1 Parameter von Caps und Floors Außerbörslich gehandelte Zinsoptionen in der Form von Optionsgeschäften auf Zinssätze werden als Caps und Floors, in der Form von Optionen auf Anleihen als Anleihe- oder Bond-Optionen bezeichnet. Aufgrund ihrer sehr hohen Marktliquidität werden im Folgenden ausschließlich Optionen auf Zinssätze behandelt. Das Cap-Geschäft stellt eine vertragliche Vereinbarung dar, bei der dem Käufer gegen Zahlung einer Prämie für einen vereinbarten Zeitraum eine Zinsobergrenze bezogen auf einen bestimmten Referenzzinssatz und ein bestimmtes Nominalkapital garantiert wird. Der Verkäufer leistet für jede vereinbarte Zinsperiode eine Ausgleichszahlung an den Käufer in Höhe der Zinsdifferenz, wenn der Referenzzinssatz über die Zinsobergrenze, die ebenfalls kurz als Cap bezeichnet wird, hinausgeht. Mit analogen Rahmenvereinbarungen sichert sich der Käufer eines Floor-Geschäfts eine Zinsuntergrenze. Der Verkäufer verpflichtet sich zu einer Ausgleichszahlung, wenn der Referenzzinssatz in den vereinbarten Zinsperioden unter die Zinsuntergenze, kurz: Floor, gesunken ist. Der Käufer als Sicherungsnehmer zahlt bei Vertragsabschluss eine Optionsprämie an den Verkäufer der Option. Der Optionsverkäufer leistet während der Laufzeit für jede vereinbarte Zinsperiode immer dann eine Ausgleichszahlung an den Käufer, wenn der Marktzinssatz die festgelegte Zinsschranke übersteigt bzw. unterschreitet. Die Höhe der Ausgleichszahlung bestimmt sich aus der Differenz der beiden Zinssätze und dem zugrunde liegenden Nominalbetrag. Der Abschluss eines Cap- bzw. eines Floor-Geschäfts bedingt demnach die Vereinbarung folgender Parameter: x x x x x x
Zinsobergrenze bzw. Zinsuntergrenze Referenzzinssatz (Marktzinssatz) Länge der Zinsperiode Laufzeit der Option und damit Anzahl der Zinsperioden zugrunde liegender Nominalbetrag Optionsprämie
Da es sich bei Caps und Floors um OTC-Optionen handelt, sind alle Parameter von den Vertragspartnern frei zu vereinbaren. An den Märkten bestehen hohe Handelsvolumina für Laufzeiten bis zu zehn Jahren. Als Referenzzinssatz dient meist ein Euribor-Satz, beispielsweise für 3 oder 6 Monate. Üblich ist in den standardisierten Rahmenverträgen die Zahlung der Optionsprämie einmalig und die Zahlung etwaiger Ausgleichsbeträge zum Ende der jeweiligen Vergleichsperiode auf Basis der taggenau/360-Zinsberechnungsmethode. Zinsunter- und -obergrenze sind frei wählbar, der den Zinsberechnungen zugrunde liegende Kapitalbetrag umfasst im Minimum ungefähr 0,5 Millionen €. Die Laufzeiten von Cap- bzw. Floor-Vereinbarungen werden in Zinsperioden gleicher Länge unterteilt. Zu Beginn der zweiten, dritten und jeder weiteren Zinsperiode, den Terminen des Zins-Fixing, wird jeweils der Stand des Referenzzins-
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5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
satzes relativ zu den vereinbarten Zinsschranken abgefragt. Die vom Verkäufer am Ende der Vergleichsperiode zu leistenden Ausgleichszahlungen berechnen sich für jede Zinsperiode aus der Höhe der Differenz zwischen Referenzzinssatz und Zinsgrenze bezogen auf das vereinbarte Nominalkapital: Cap-Ausgleich
Tage der Zinsperiode · § max ¨ Nominalbetrag Ref.zinssatz Cap ,0¸ 360 © ¹
(5.2)
Floor-Ausgleich
Tage der Zinsperiode · § max ¨ Nominalbetrag Floor Ref.zinssatz ,0¸ 360 © ¹
(5.3)
Da die Prämie für das Optionsgeschäft einmalig vorab zu entrichten ist, Ausgleichszahlungen aber mehrmals während der Laufzeit möglich sind, wird oftmals eine Aufteilung der Prämie auf die Optionslaufzeit durchgeführt. 5.2.2 Gewinn/Verlustprofile in Caplets und Floorlets Caps bzw. Floors lassen sich als Portfolio einzelner, nach Laufzeit gestaffelter Kauf- bzw. Verkaufsoptionen auf den Referenzzinssatz auffassen. In jeder Zinsperiode wird jeweils eine Option fällig. Ausübungspreis jeder Option ist die jeweils vereinbarte Zinsgrenze. Die einzelnen Optionen eines Cap-Geschäfts werden als Caplets, die Optionen einer Floor-Vereinbarung als Floorlets bezeichnet. Aufgrund der zeitpunktbezogenen Betrachtung lassen sich in den bisher genutzten Gewinn/Verlustprofilen ausschließlich Caplets bzw. Floorlets und nicht deren Hintereinanderschaltung, die eigentlichen Cap- bzw. Floor-Geschäfte, darstellen. Die Grundpositionen des Kaufs und des Verkaufs einer Zinsobergrenze sind in der Abb. 5.4, die des Kaufs und des Verkaufs einer Zinsuntergrenze in der Abb. 5.5 mit folgenden beispielhaften Parameterwerten abgetragen: x x x x
Cap 6 % bzw. Floor 3 % Zinsperiode ein Jahr Nominalkapital 1 Millionen € Caplet-Prämie 0,7 % bzw. Floorlet-Prämie 1,05 %
Ist die Optionsprämie bereits auf die Zinsperioden aufgeteilt, so kann von der Caplet- bzw. Floorlet-Prämie gesprochen werden. Die Prämien sind als Zinssatz bezogen auf das Nominalkapital zu verstehen, d. h. der Käufer der Zinsobergrenze hat 7.000 € und der Käufer der Zinsuntergrenze 10.500 € zu zahlen. Das Cap-Geschäft gleicht in jeder Zinsperiode offenbar dem Gewinn/Verlustprofil einer Kaufoption auf den Referenzzinssatz mit der Zinsobergrenze als Ausübungspreis (Abb. 5.4). Steht der Referenzzinssatz zum Zins-Fixing unterhalb von 6 %, so wird der Verkäufer nicht in Anspruch genommen. Ergibt sich beispielsweise ein Referenzzinssatz von 7,5 %, so erhält der Käufer der Zinsobergrenze gemäß Gl. 5.2 eine Ausgleichszahlung in Höhe von 1,5 % bezogen auf das Nominalkapital, also 15.000 €. Bei einem Referenzzinssatz von 6,7 % entspricht der zu leistende Ausgleichsbetrag der Caplet-Prämie, so dass die Gewinn/Verlustprofile die horizontale Achse in diesem Zinssatz schneiden.
5.2 Außerbörsliche Zinssatzoptionen
119
Abb. 5.4. Gewinn/Verlustprofil einer Vereinbarung einer Zinsobergrenze (Cap)
Abb. 5.5. Gewinn/Verlustprofil einer Vereinbarung einer Zinsuntergrenze (Floor)
Die Vereinbarung einer Zinsuntergrenze ergibt ein Gewinn/Verlustprofil, das dem einer Verkaufsoption auf den Referenzzinssatz mit der Zinsuntergrenze als Basispreis gleicht (Abb. 5.5). Steht der vereinbarte Referenzzinssatz zum Fixing oberhalb von 3 %, so wird der Verkäufer nicht in Anspruch genommen. Ergibt sich dagegen ein Referenzzinssatz von 2 %, so erhält der Käufer der Zinsuntergrenze gemäß Gl. 5.3 eine Ausgleichszahlung in Höhe von 1 % bezogen auf das Nomi-
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5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
nalkapital, also über 10.000 €. Bei einem Referenzzinssatz von 1,95 % entspricht der zu leistende Ausgleichsbetrag der Floorlet-Prämie, so dass die Gewinn/Verlustprofile die horizontale Achse in diesem Zinssatz schneiden. Ein variabel verzinster Kredit bzw. eine zukünftig geplante Kreditaufnahme kann als Short-Position im Kreditzinssatz interpretiert werden. Dementsprechend ist die im zweiten Kapitel vorgestellte Strategie des Kaufs einer Kaufoption (Long Call Hedge) zur Reduktion des Zinsänderungsrisikos und damit zur Absicherung der Kreditposition gegenüber steigenden Kreditzinsen anwendbar. Zur Illustration wird beispielhaft der Fall einer geplanten Kreditaufnahme von 1 Millionen € betrachtet, die sich mit einer Zinsperiode von einem Jahr zum dann geltenden Marktzinssatz zuzüglich eines Aufschlags von 0,25 % verzinst. Ein Cap-Geschäfts mit den angenommenen Parametern sichert gegen Zahlung einer Prämie eine Zinsschranke, die den Kreditzins nach oben begrenzt. Der Kauf der Zinsobergrenze und die Kreditaufnahme resultieren in den Gewinn/Verlustprofilen der Abb. 5.6. Liegt der Zinssatz unterhalb der Zinsobergrenze, so erfolgt keine Ausgleichszahlung und die Gesamtbelastung des Kreditnehmers hat sich gegenüber der offenen Position ohne Absicherung um die gezahlte Cap-Prämie erhöht. Steht der Referenzzinssatz oberhalb von 6 %, so wird der über 62.500 € hinausgehende Kreditzins (= 6 % zuzüglich des Aufschlags von 0,25 % bezogen auf das Nominalkapital) durch eine gleich hohe Ausgleichszahlung aufgrund des Cap-Geschäfts egalisiert.
Abb. 5.6. Gewinn/Verlustprofil einer Kreditaufnahme mit vereinbarter Zinsobergrenze
5.2 Außerbörsliche Zinssatzoptionen
121
Abb. 5.7. Gewinn/Verlustprofil einer Kapitalanlage mit vereinbarter Zinsuntergrenze
Die Standardstrategie der Absicherung von Bestandspositionen durch den Kauf von Verkaufsoptionen (Protective Put) findet Anwendung im Zinsrisikomanagement einer variabel verzinsten Anlage bzw. einer zukünftig zum Referenzzinssatz geplanten Kapitalanlage. Ist beispielsweise für einen längerfristigen Zeitraum eine Anlage von 1 Millionen € zum Referenzzinssatz zuzüglich eines Aufschlags von 0,30 % möglich und beabsichtigt, so wird mit dem Kauf einer Floor-Option mit den oben angenommenen Parametern gegen Zahlung einer Prämie eine Zinsuntergrenze vereinbart, die einen Mindestzinsertrag der geplanten Kapitalanlage sichert (Abb. 5.7). Liegt der Zinssatz oberhalb der Zinsuntergrenze, so erfolgt keine Ausgleichszahlung und das Ergebnis in der Gesamtposition hat sich gegenüber der offenen Position ohne Absicherung um die gezahlte Floor-Prämie verringert. Steht der Referenzzinssatz unterhalb von 3 %, so wird der unter 33.000 € sinkende Zinsertrag durch eine gleich hohe Ausgleichszahlung egalisiert. Unter Berücksichtigung der gezahlten Floorlet-Prämie von 10.500 € wird die zukünftige Anlage von 1 Millionen € einen Mindestzins von 22.500 € pro Jahr erbringen. In der Literatur werden die Profile beim Einsatz von Zinssatzoptionen seltener über die obigen Gewinn/Verlustprofile dargestellt. Die gängige Illustration nutzt vielmehr eine Darstellungsweise wie in der Abb. 5.8, bei der die grundsätzlichen Zahlungsbeziehungen (Zufluss/Abfluss von Mitteln) abgetragen werden. Die Abb. 5.8 beschreibt die Situation eines Kreditnehmers, der sich variabel verzinslich zum Referenzzinssatz zuzüglich eines Aufschlags finanziert und in einer vom Kreditgeschäft zwar getrennten, aber sich auf dessen Parameter beziehenden Vereinbarung eine Zinsobergrenze sichert. In praktischen Konstellationen wird der Kreditgeber oft auch der Verkäufer der Zinsobergrenze sein.
122
5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
Abb. 5.8. Zahlungsstrukturen einer Kreditaufnahme mit vereinbarter Zinsobergrenze
5.2.3 Collars als Kombinationen von Caps und Floors Marktgängige Kombinationen außerbörslicher Zinssatzoptionen sind die CollarStrategien, mit denen das Zinsänderungsrisiko auf eine gewisse Bandbreite begrenzt wird. Der Kauf einer Collar-Position (Long Collar) entsteht aus dem Kauf einer Zinsobergrenze bei gleichzeitigem Verkauf einer Zinsuntergrenze mit identischen Vertragsparametern bzgl. Referenzzinssatz, Nominalkapital sowie Laufzeit bzw Zinsperioden.
Abb. 5.9. Gewinn/Verlustprofil einer Long Collar-Strategie
5.2 Außerbörsliche Zinssatzoptionen
123
Gewinn/Verlust in €
Verkauf eines Caplet 7.000 3%
Referenzzinssatz zum Zins-Fixing
6%
0 -3.500 -10.500 Kauf eines Floorlet Gesamtposition = Short Collar
Abb. 5.10. Gewinn/Verlustprofil einer Short Collar-Strategie
In der Abb. 5.9 sind die jeweils auf eine Zinsperiode bezogenen Optionsbestandteile, d. h. der Caplet-Kauf und der Floorlet-Verkauf, sowie deren Kombination, die Collar-Strategie, mit den unveränderten Beispieldaten von oben abgetragen. Der Verkauf einer Collar-Position (Short Collar) ergibt sich analog aus dem Verkauf einer Zinsobergrenze und dem Kauf einer Zinsuntergrenze (Abb. 5.10). Die Collar-Strategie impliziert offenbar größere Gewinn- und Verlustpotenziale als der alleinige Kauf bzw. Verkauf einer Cap- bzw. Floor-Option. Im Vergleich zur Situation der Abb. 5.6 erfordert die Absicherung einer zinsvariablen Kreditfinanzierung durch den Kauf einer Collar-Position eine geringere Prämie. Bei Collars wird durch den Kauf einer Cap-Option nicht nur eine Prämie gezahlt, sondern durch den gleichzeitigen Verkauf einer Floor-Option auch eine Optionsprämie eingenommen. Damit wird aber auch ein Chancenpotenzial aufgegeben, da bei unterhalb der Zinsuntergrenze stehendem Referenzzinssatz die Absicherung über die Long Collar-Position durch die Inanspruchnahme aus der Floor-Option nicht zu einer weiter fallenden Belastung in der Gesamtposition führt (Abb. 5.11). Es resultiert eine Begrenzung des Zinsänderungsrisiko auf eine bestimmte Bandbreite, nämlich den Bereich möglicher Referenzzinssätze zwischen der Zinsuntergrenze und der Zinsobergrenze. Steht der Referenzzinssatz zum Termin des Zins-Fixing beispielsweise bei 2 %, so weist die Gesamtposition bestehend aus der Kreditaufnahme, dem Kauf der Cap-Option und dem Verkauf der Floor-Option mit den obigen Beispieldaten folgende prozentuale Gesamtbelastung auf:
2% 0, 25% 0,7% 1,05% 3% 2%
2, 9%
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5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
Bezogen auf das zugrunde liegende Nominalkapital von 1 Millionen € resultiert eine Gesamtbelastung von 29.000 €. Steht der Referenzzinssatz oberhalb der Bandbreite beispielsweise bei 6,5 %, so ergibt sich die Belastung:
6,5% 0, 25% 0,7% 6,5% 6% 1,05%
5,9%
Steht der Referenzzinssatz schließlich innerhalb der Bandbreite beispielsweise bei 4,5 %, so sind beide Zinssatzoptionen aus dem Geld und es resultiert die Belastung:
4,5% 0, 25% 0,7% 1, 05%
4, 4%
Die Bandbreitenabsicherung einer variabel verzinsten Kapitalanlage mittels einer Short Collar-Strategie ist analog zu interpretieren und in der Abb. 5.12 abgetragen. An dem Gewinn/Verlustprofil ist zu erkennen, dass die Zinsuntergrenze durch den Kauf der Floor-Option gesichert wird und der Verkauf der Cap-Option das aufzubringende Prämienvolumen gegenüber der Absicherung in der Abb. 5.7 verringert bei gleichzeitiger Aufgabe des Gewinnpotenzials bei über der Zinsobergrenze stehendem Referenzinssatz. Gewinn/Verlust in € Verkauf eines Floorlet 7.000 0 -3.500
3%
Kauf eines Caplet
6%
Referenzzinssatz zum Zins-Fixing
-29.000 Gesamtposition = Hedge mit Long Collar -59.000
offene Position = Kreditzins
Abb. 5.11. Gewinn/Verlustprofil einer Kreditaufnahme mit einer Long Collar-Absicherung
5.2 Außerbörsliche Zinssatzoptionen
125
Gewinn/Verlust in €
59.000
offene Position = Zinsertrag
Gesamtposition = Hedge mit Short Collar
29.000 Verkauf eines Caplet 3.500 0 -7.000
3%
Referenzzinssatz zum Zins-Fixing
6%
Kauf eines Floorlet
Abb. 5.12. Gewinn/Verlustprofil einer Kapitalanlage mit einer Short Collar-Absicherung
Collars ermöglichen das Zinsänderungsrisikomanagements mit Zinssatzoptionen bei relativ geringerem Prämienvolumen. In der Finanzpraxis hat dies zur Entwicklung spezifischer Collar-Strategien geführt. Weit verbreitet sind Collars ohne expliziten Optionsprämienaufwand: Man wählt hierzu die Zinsunter- und Zinsobergrenze so, dass die Cap- und die Floor-Prämie gleich hoch sind. Da bei Collars eine Zinsbegrenzung gekauft und eine verkauft wird, ist für die Absicherungsstrategie somit keine Prämienzahlung notwendig, man spricht deshalb auch von Zero Cost Collars. Die Gewinn/Verlustprofile ergeben sich analog zu oben. Als Besonderheit der Zero Cost Collars verläuft die Gesamtposition innerhalb der Bandbreite zwischen Zinsunter- und Zinsobergrenze aufgrund der Prämiensumme von Null auf der horizontalen Achse (Abb. 5.13). Dementsprechend liegen bei der Absicherung mit Zero Cost Collars die originär offene Position und die Gesamtposition innerhalb der Bandbreite auf einer Linie (Abb. 5.14). In der Abb. 5.13 bzw. der Abb. 5.14 ist dieser Zusammenhang beispielhaft für Long-Positionen in Zero Cost Collars bzw. der Absicherung einer variabel verzinsten Kreditaufnahme mit Zero Cost Long Collars abgetragen. Die Short Zero Cost Collar-Position und eine entsprechende Absicherung einer variabel verzinsten Kapitalanlage mit Zero Cost Collars sind analog zu erstellen.
126
5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
Gewinn/Verlust
Gesamtposition = Zero Cost Long Collar
Verkauf eines Floorlet
Floor
Cap
Referenzzinssatz zum Zins-Fixing
Kauf eines Caplet
Abb. 5.13. Gewinn/Verlustprofil der Zero Cost Long Collar-Strategie
Gewinn/Verlust Verkauf eines Floorlet
Floor
Cap
Referenzzinssatz zum Zins-Fixing
Kauf eines Caplet Gesamtposition = Hedge mit Zero Cost Long Collar
offene Position = Kreditzins Abb. 5.14. Gewinn/Verlustprofil der Absicherung mit einem Zero Cost Long Collar
5.3 Forward Rate Agreements
127
5.3 Forward Rate Agreements Ein Forward Rate Agreement FRA beinhaltet als außerbörsliches unbedingtes Termingeschäft auf einen Zinssatz die Vereinbarung eines festen Zinssatzes für eine bestimmte zukünftige Zinsperiode bezogen auf ein bestimmtes Nominalkapital. Zu Beginn der Zinsperiode, dem Termin des Zins-Fixing, wird die Lage eines Referenzzinssatzes relativ zum fixierenden Zinssatz, dem FRA-Satz, ermittelt. Liegt der Referenzzinssatz über dem FRA-Satz, so erhält der Käufer der Zinsvereinbarung von dem Verkäufer eine Ausgleichszahlung in Höhe der auf den Kapitalbetrag bezogenen Zinsdifferenz. Liegt der Zins dagegen unter dem FRA-Satz, so erhält der Verkäufer die jeweilige Ausgleichszahlung. Der zugrunde liegende Kapitalbetrag dient auch hier ausschließlich als Basis zur Berechnung der Höhe der Ausgleichszahlung. Der Abschluss von Forward Rate Agreements bedingt die Festlegung folgender Parameter:
x x x x
Festzinssatz (FRA-Satz) Referenzzinssatz (Marktzinssatz) Zinsperiode zugrunde liegender Nominalbetrag
Die Kontraktparameter der außerbörslich gehandelten Forward Rate Agreements sind von den Vertragspartnern frei verhandelbar. An den Zinsmärkten haben sich analog zu den Zinssatzoptionen gewisse gängige Standards eines hochliquiden Marktsegments auch bei FRAs etabliert. Diese haben meist eine Gesamtlaufzeit bis maximal zwei Jahre, Laufzeiten innerhalb eines Jahres sind sehr marktgängig. Als Referenzzinssatz dient überwiegend der Euribor-Satz, die Kapitalbasis umfasst im Minimum ungefähr 0,5 Millionen €.
Abb. 5.15. Handlungsschritte bei FRA-Geschäften
128
5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
Die zeitliche Abfolge eines FRA-Geschäfts über den Abschluss im heutigen Zeitpunkt t0, die Vorlaufzeit bis zum Zins-Fixing t1 und schließlich die Zinslaufzeit bis t2 sind in der Abb. 5.15 kurz zusammengefasst. Der zu leistende Ausgleich bestimmt sich aus der Höhe der Differenz zwischen Referenzzinssatz und FRA-Satz bezogen auf das zugrunde liegende Nominalkapital mit Wertstellung zum Ende der Zinslaufzeit: FRA-Ausgleich
Nominalbetrag Referenzzinssatz - FRA-Satz
Tage der Zinsperiode 360
(5.4)
Da die Höhe des Ausgleichs bereits zu Beginn der Zinsperiode bekannt ist, wird sie bereits zu diesem Zeitpunkt diskontiert über die Länge der Zinsperiode gezahlt. Die zum Termin des Zins-Fixing erfolgende Ausgleichszahlung berechnet sich deshalb aus Gl. 5.4 wie folgt: FRA-Ausgleichszahlung
FRA-Ausgleich Tage der Zinsperiode 1 Referenzzinssatz 360
(5.5)
Die Grundpositionen des Kaufs und des Verkaufs eines FRA-Satzes sind in der Abb. 5.16 mit folgenden beispielhaften Parameterwerten abgetragen:
x FRA-Satz 4 % x Zinsperiode ein Jahr x Nominalkapital 1 Millionen €
Gewinn/Verlust in €
15.000
Verkauf eines FRA
Referenzzinssatz zum Zins-Fixing
0 2,5 %
-15.000
4%
5,5 %
Kauf eines FRA
Abb. 5.16. Gewinn/Verlustprofile einer Vereinbarung eines FRA-Satzes
5.3 Forward Rate Agreements
129
Steht der Referenzzinssatz zum Zins-Fixing bei 4 %, so fließen keine Zahlungen zwischen den FRA-Vertragspartnern. Steht der Referenzzinssatz dagegen beispielsweise bei 5,5 %, so zahlt der Verkäufer den Zins berechnet aus der Zinssatzdifferenz von 5,5 % und 4 % bezogen auf das Kapital von 1 Million €, also 15.000 €. Steht der Referenzzinssatz beispielsweise bei 3,5 %, so erhält nun der Verkäufer die Ausgleichszahlung von 5.000 €. Forward Rate Agreements sind grundlegend zur Absicherung gegen Zinsänderungsrisiken geeignet. Hat ein Marktteilnehmer einen zukünftigen Finanzierungsbedarf, so sichert der FRA-Kauf den FRA-Satz als zukünftigen Finanzierungszinssatz. Zur Illustration wird wieder der Fall einer geplanten Kreditaufnahme von 1 Million € betrachtet, die sich mit einer Zinsperiodelänge von einem Jahr zum dann geltenden Marktzinssatz zuzüglich eines Aufschlags von 0,25% verzinst. In der Abb. 5.17 ist das als Long FRA-Hedge bezeichnete Gewinn/Verlustprofil dieser Strategie mit einem konstanten Kreditzins von 42.500 € abgetragen. Besteht dagegen die Absicht einer zukünftigen Mittelanlage am Geldmarkt, so sichert der Verkauf eines geeigneten Forward Rate Agreement die Anlage gegen fallende Geldmarktzinssätze ab. In der Abb. 5.18 ist das als Short FRA-Hedge bezeichnete Gewinn/Verlustprofil dieser Strategie für den Fall einer einjährigen Anlage von 1 Million € zum Referenzzinssatz zuzüglich eines Aufschlags von 0,30 % abgetragen. Der vereinbarte FRA-Satz von 4 % mit den weiteren geeignet gewählten Parametern resultiert schließlich in einen konstanten Zinsertrag von 43.000 €.
Gewinn/Verlust in € Kauf eines FRA
0 1,875 %
4%
Referenzzinssatz zum Zins-Fixing
-21.250 -42.500 Gesamtposition = Long FRA-Hedge offene Position = Kreditzins Abb. 5.17. Gewinn/Verlustprofil einer Kreditaufnahme mit vereinbartem FRA-Satz
130
5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
Gewinn/Verlust in € offene Position = Zinsertrag 43.000 Gesamtposition = Short FRA-Hedge
21.500 0 1,85 %
4%
Referenzzinssatz zum Zins-Fixing
Verkauf eines FRA
Abb. 5.18. Gewinn/Verlustprofil einer Kapitalanlage mit vereinbartem FRA-Satz
5.4 Zins-Swaps 5.4.1 Swap-Konstruktionen Die Ausgleichszahlung, d. h. der Austausch von Zinszahlungsströmen erfolgt bei Forward Rate Agreements zu einem einzigen zukünftigen Zeitpunkt. Zins-Swaps dagegen verpflichten die Vertragspartner zum wiederholten Austausch zukünftiger Zahlungen in bestimmter, noch zu berechnender Höhe zu bestimmten Zeitpunkten. Swaps sind demnach unbedingte Termingeschäfte und können als eine Folge von Forward-Geschäften, ein Portfolio von Forwards, interpretiert werden. Auf den Swap-Märkten haben sich aus gewissen Standardgeschäften heraus vielfältige Swap-Konstruktionen bzw. -Variationen entwickelt. Das gilt insbesondere für Zins- und Währungs-Swaps, aber auch für Equity sowie Non Financial Swaps. Zu den gängigsten Swap-Konstruktionen gehören fix-variable Zins-Swaps, die den Tausch fixer Zinszahlungen aus einem Festzinstitel mit einer bestimmten Fristigkeit gegen variable Zinszahlungen aus einem Geldmarktgeschäft beinhalten. Werden ausschließlich variable Zinszahlungsströme ausgetauscht, so spricht man von Basis-Swaps, da dabei die Basen für die variablen Zinssätze, beispielsweise Euribor- und Eonia-Sätze, gewechselt werden. Während der Laufzeit steigende oder fallende Nominalbeträge finden Berücksichtigung bei den Step Up bzw. Step Down Swaps. Erfolgt der Tausch von Zinszahlungen nicht in einer einheitlichen,
5.4 Zins-Swaps
131
sondern in unterschiedlichen Währungen, so handelt es sich um kombinierte ZinsWährungs-Swaps. Diese werden oft kurz als Währungs-Swaps bezeichnet und im folgenden Kapitel im Rahmen des Währungsrisikomanagements betrachtet. Bei Equity Swaps wird eine Performance-Komponente eines Aktienmarktes bzw. des Segments eines Aktienmarktes gegen eine Performance-Komponente eines anderen Aktienmarktes oder auch eines Rentenmarktes, eines Geldmarktes oder einer Währung getauscht. Gleiches gilt für Non Financial Swaps, die sich als Commodity Swaps auf Waren oder als Loan Swaps auf den Kreditbereich beziehen können. Debt to Equity Swaps schließlich tauschen Schuldnerkredite gegen Beteiligungen aus. Zweifach derivative Instrumente im Zusammenhang mit Swaps treten in der Form der Forward Swaps und der Swaptions auf. Forward Swaps entsprechen in ihrer Funktionsweise den Zins-Swaps mit dem Zusatz, dass die erste Zinsperiode mit dem Austausch der Zahlungsströme erst nach einer festgelegten Vorlaufzeit beginnt. Diese Vorlaufzeit beträgt in der Regel zwischen einem Monat und zwei Jahren. Mit Swaptions erwirbt man das Recht, in ein vorher fixiertes SwapGeschäft einzutreten. Payer Swaptions gewähren dem Käufer gegen Zahlung einer Prämie das Recht, ein Swap-Geschäft zu kaufen, d. h. den fixen Zins zahlen und den variablen Zins zu erhalten. Receiver-Swaptions gewähren dem Käufer gegen Zahlung einer Prämie das Recht, ein Swap-Geschäft zu verkaufen, d. h. den fixen Zins zu erhalten und den variablen Zins zu zahlen. Anfang der achtziger Jahre wurde die Grundidee der Währungs-Swaps zunehmend auf den Zinsbereich übertragen. Banken traten zunächst fast ausschließlich als Vermittler von Swaps zwischen Nichtfinanzunternehmen auf. Der Markt für außerbörsliche Derivate entwickelte sich erst, als auch Banken verstärkt auf eigene Rechnung Geschäfte mit den Endkunden abschlossen. Der weitaus größte Teil des außerbörslichen Derivategeschäfts findet mittlerweile zwischen international tätigen Banken oder sonstigen Finanzinstitutionen statt. Die aggregierten Zahlenangaben des dritten Kapitels unterstreichen, dass Zins-Swaps gemessen am gehandelten Nominalvolumen mit Abstand zu den umfangreichsten derivativen Finanzinstrumenten gehören. 5.4.2 Parameter von Zins-Swaps Zins-Swaps sind Vereinbarungen zwischen zwei Parteien, Zinszahlungen auf einen bestimmten Kapitalbetrag für einen bestimmten Zeitraum in regelmäßigen Abständen auszutauschen. Man spricht deshalb auch von Kupon Swaps. ZinsSwaps sind faktisch und rechtlich von den zu sichernden Geschäften unabhängig und eigenständig. Zur Absicherung von Zinsänderungsrisiken werden sie jedoch mit dem zu sichernden Grundgeschäft kombiniert. Bei einfachen Standard-Swaps verpflichtet sich die eine Partei, eine Zinsverbindlichkeit einzugehen, die auf einem festen Referenzzins, dem Swap-Satz, beruht. Die andere Partei verpflichtet sich zum Eingehen einer Verbindlichkeit, die auf einem variablen Zinsindex basiert. Periodische Nettozinszahlungen leistet jeweils die Partei, deren Zinsverbindlichkeit höher ist, an die Partei, die die niedri-
132
5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
gere Zinsverbindlichkeit hat. Den Bezahler des Festzinses im Rahmen der Swaps bezeichnet man als Payer, den Empfänger des Festzinses als Receiver. Der Abschluss von Zins-Swaps bedingt insbesondere die Festlegung folgender Parameter:
x x x x x x
Festzinssatz (Swap-Satz) variabler Zinssatz Länge der Zinsperiode Anzahl der Zinsperioden Zinszahlungstermine und Zinsberechnungsmethode zugrunde liegender Nominalbetrag
Swaps als maßgeschneiderte Produkte des Zinsmanagements werden zwischen den Swap-Partnern individuell abgeschlossen, wobei die endgültige Festlegung der Konditionen zumeist telefonisch bzw. erfolgt. Im Rahmen der Dokumentation wird für alle Zinssicherungsgeschäfte ein Swap-Rahmenvertrag abgeschlossen, in dem alle das Geschäft betreffenden Punkte genau festgelegt sind. Aufgrund des starken Wachstums der Swap-Märkte hat sich bei den Verträgen eine gewisse Standardisierung entwickelt. So wurde für Geschäfte zwischen deutschen Partnern der sogenannte Deutsche-Rahmen-Vertrag von den dem Bundesverband deutscher Banken angehörenden Instituten ausgearbeitet. Handelt es sich dagegen um Geschäfte zwischen internatonalen Partnern, so kommt der ISDA-Swap-Vertrag zur Anwendung, der auf die internationale Vereinigung der Swap-Händler International Swap Dealer Association ISDA zurückgeht. Ähnlich wie bei den außerbörslich gehandelten Forward Rate Agreements und den Zinssatzoptionen haben sich auch bei den außerbörslichen Zins-Swaps gewisse Kontraktspezifikationen als besonders marktgängig herauskristallisiert. Die sehr hohe Liquidität bei Zins-Swaps zeigt sich auch in einem sehr ausgeprägten Laufzeitenspektrum von einjährigen Swaps bis hin zu Swaps mit Laufzeiten von zehn Jahren. Die Nominalbeträge betragen mindestens ca. 0,5 Millionen. €. In fixvariablen Zins-Swaps wird der Festzins auf Basis der 30/360-Berechnungsmethode halbjährlich oder jährlich nachschüssig gezahlt. Der variable Zins – oft auf Basis des Euribor- bzw. eines anderen relevanten Marktzinssatzes – wird über die taggenau/360-Tageszählkonvention berechnet, viertel- oder halbjährlich angepasst und nachschüssig gezahlt. Fallen die Zinszahlungen beider Seiten terminlich zusammen, so werden sie zu einer Nettozahlung verrechnet. Gemäß der üblichen Marktusancen bestimmen sich die auszutauschenden Beträge nach den Formeln: Zins Festzinssatz
Zins variabler Zinssatz
Nominalbetrag Festzinssatz
30 Monate der Zinsperiode 360
Nominalbetrag var iabler Zinssatz
Tage der Zinsperiode 360
(5.6)
(5.7)
Die Glattstellung von Swaps kann für eine beteiligte Partei auf drei verschiedenen Wegen erfolgen: Der Abschluss von Reverse Swaps, d. h. von Swaps mit im Vergleich zum ursprünglichen Geschäft genau entgegengesetzten Zahlungsströmen, neutralisiert die ursprüngliche Swap-Position. Die explizite Aufhebung von Swaps
5.4 Zins-Swaps
133
durch sogenannte Close Outs erfordern die Berechnung einer einmalig zu zahlenden Ausgleichssumme, die zur Kündigung des Swap-Geschäfts führt. Es wird dabei sozusagen eine Reverse Swap-Position theoretisch konstruiert und bewertet. Swap Assignments schließlich führen zum Eintritt eines anderen Partners in die Swap-Vereinbarung. Diese Übertragung erfolgt meist auch gegen Zahlung eines Betrags, der sich ähnlich wie bei Close Outs bestimmen wird. 5.4.3 Einsatz von Zins-Swaps Das Management von Zinsänderungsrisiken bereits bestehender als auch geplanter Positionen über Zins-Swaps beinhaltet Einsatzmöglichkeiten für Marktteilnehmer sowohl mit Anlage- als auch mit Finanzierungsbedarf. Unterscheidet man SwapGeschäfte nach deren grundsätzlichen Motivation der Steuerung des Zinsänderungsrisikos von Vermögensgegenständen oder von Verbindlichkeiten, so spricht man von Asset Swaps oder Liability Swaps. Bei Asset Swaps wird als Grundposition von einer Vermögensanlage ausgegangen, bei Liability Swaps dagegen wird die Zinsempfindlichkeit einer Schuldnerposition geeignet verändert. So ermöglichen Asset Swaps einem Marktteilnehmer den Tausch variabler bzw. fester Zinserträge aus einer Kapitalanlage in feste bzw. variable Zinszahlungen. Unterliegen die Zahlungen aus einer Anlage einem variablen Zinssatz und werden tendenziell fallende Geldmarktzinssätze erwartet, so kann durch ZinsSwaps der variable Zinsertrag in einen Festzins transformiert werden. Analog kann ein Anleger, der zu einem festen Zins investiert hat, durch Zins-Swaps seine fixen Zinszuflüsse in variable Zahlungen tauschen. Ein Marktteilnehmer kann das mit einer variabel verzinsten Mittelaufnahme unterliegende Risiko einer Verteuerung der Finanzierungskosten bei zum nächsten Zinsanpassungstermin erwarteten Zinssteigerungen durch Liability Swaps in ein Festzinsdarlehen überführen. Solche Zins-Swaps führen zum Tausch der variablen Zahlungsverpflichtung gegen eine Festzinszahlung und damit zu einer Absicherung gegen Zinssteigerungen. Ebenso ist eine bestehende Mittelaufnahme zu Festsatzkonditionen in eine variabel verzinste Schuldnerposition wandelbar. Beispielhaft wird ein Unternehmen betrachtet, das vor einem Jahr einen zum Sechsmonats-Euribor verzinsten Kredit über 2 Millionen Euro für eine Laufzeit von vier Jahren aufgenommen hat. Der zu zahlende Kreditzins berechnet sich aus den sich zu den Zinsanpassungsterminen jeweils ergebenden SechsmonatsEuribor-Sätzen zuzüglich eines Aufschlags von 0,6 %. Die Gefahr steigender Geldmarktsätze bewirken, dass das Unternehmen den variablen Kredit in eine festverzinsliche Verbindlichkeit umwandeln möchte. Die vorzeitige Tilgung des Kredits und eine Neuaufnahme als Festzinskredits kann unter Umständen nur eingeschränkt möglich sein und hohe Transaktionskosten verursachen. Deshalb erwägt das Unternehmen den Abschluss eines Liability Swap-Geschäfts in Form eines Zinstauschs auf der Basis der Quotierung „3 Jahre: 3,53 – 3,59“. Diese Quotierung bedeutet, dass für die Laufzeit von drei Jahren eine Bank, die als Market Maker fungiert, bereit ist, den festen Satz von 3,53 % zu zahlen gegen Euribor bzw. den festen Satz von 3,59 % zu empfangen gegen Euribor.
134
5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken 3,59 % fix
Bank
Unternehmen Euribor
Euribor
zuzüglich 0,6 %
Kreditgeber
Abb. 5.19. Zahlungsstrukturen der Kreditposition und des Liability Swap-Geschäfts
Die Kreditposition wird unverändert beibehalten, durch das Swap-Geschäft und den damit verbundenen Austausch von Zinszahlungsströmen resultiert für den Unternehmer aber faktisch die gewünschte Umwandlung in einen festverzinslichen Kredit mit einer Zinsbelastung in Höhe von 4,19 % bezogen auf das vereinbarte Nominalkapital: aus dem Kredit zahlt der Unternehmer weiterhin Euribor zuzüglich 0,6 %, aufgrund des Zinstauschs erhält er von dem Swap-Partner den EuriborSatz und zahlt dafür den Festzins von 3,59 %. Die Zahlungsströme sind in der für Swaps üblichen Diagrammdarstellung in Abb. 5.19 zusammengefasst. Der im Rahmen des vereinbarten Swap-Geschäfts zu zahlende Festzinsbetrag ist an jedem Zahlungstermin gleich groß und berechnet sich gemäß Gl. 5.6 zu: Zins Festzinssatz
2.000.000 € 0, 0359
360 360
71.800 €
Die Zahlungen auf Basis des Euribor-Satzes sind zum einen von der Höhe des jeweiligen Zinsniveaus und schließlich auch von der Anzahl der tatsächlichen Kalendertage pro Zinsperiode (siehe Gl. 5.7) abhängig, so dass sich hier unterschiedlich hohe Euro-Beträge ergeben werden. Aus Sicht der Bank können die aus der Swap-Vereinbarung resultierenden Zahlungswirkungen offenbar über den Kauf einer endfälligen Festzinsanleihe über 2 Millionen € mit Laufzeit von drei Jahren, Festzins 3,59 % und Kurs 100 % sowie die Emission einer variabel verzinslichen Anleihe, d. h. einer Floating Rate Note, über 2 Millionen € mit dreijähriger Laufzeit, Zinssatz Euribor und Kurs 100 % nachgebildet werden. 5.4.4 Komparative Kostenvorteile Die beschriebenen Einsatzmöglichkeiten von Asset und Liability Swaps lassen sich je nach der spezifischen Situation Hedging- bzw. Trading-Motiven zuordnen
5.4 Zins-Swaps
135
und sind analog zur vorherigen Vorgehensweise in weitere Strategien umsetzbar. Die Arbitrage-Strategien, deren Ausnutzung nicht gerechtfertigte Preisunterschiede gleichartiger Geschäfte voraussetzt, werden im Falle von Swaps oft ergänzt um das Argument, dass der Abschluss von Swaps nicht zwingend ein Nullsummengeschäft ist, bei dem nur eine der beiden Vertragsparteien gewinnen kann und die andere einen dementsprechenden Verlust verzeichnet. Dieser Argumentationslinie folgend sind Swaps vielmehr dazu geeignet, vorhandene komparative Kostenvorteile auszunutzen. Diese Zusammenhänge sollen anhand eines Beispiels erläutert werden. Ein Marktteilnehmer A benötigt auf Basis einer gesicherten Kalkulationsgrundlage Fremdmittel über 10 Millionen €. Er kann sich diese Mittel am Kapitalmarkt entweder zum Festzinssatz von 7 % beschaffen oder sich variabel finanzieren, wobei er einen Aufschlag von 0,85 % auf den Geldmarktzinssatz zu zahlen hat. Ein Marktteilnehmer B, der einen gleich hohen Mittelbedarf hat und tendenziell die variable Verzinsung vorzieht, kann Fremdmittel zum Festzinssatz von 6 % beschaffen oder sich variabel zum Geldmarktsatz zuzüglich eines Aufschlags von 0,25 % refinanzieren. Im Folgenden soll von einem Euribor-Satz als relevantem Geldmarktzinssatz gesprochen werden. Die den Marktteilnehmern angebotenen Fremdkapitalkostensätze ergeben sich aus der unterschiedlichen Risikoeinschätzung durch den Kapitalmarkt. Offenbar wird die Bonität von Marktteilnehmer A schlechter beurteilt als die von Marktteilnehmer B, der über absolute Kostenvorteile durch den niedrigeren Festzinssatz wie auch den niedrigeren variablen Zinssatz verfügt. Es bestehen jedoch relative Kostenvorteile durch die unterschiedlichen Differenzen zwischen den beiden Festzinssätzen bzw. Aufschlägen auf den Euribor-Satz, da der für Marktteilnehmer A anfallende Risikoaufschlag bei einer Festverzinsung mit 1 % höher ausfällt als der Risikoaufschlag bei variabler Verzinsung mit 0,6 %. Verschuldet sich nun das Unternehmen A variabel und das Unternehmen B fest und tauschen die Marktteilnehmer über eine Swap-Vereinbarung die Zinszahlungen aus, so stellen sich beide gegenüber einer Mittelaufnahme ohne Swap-Abschluss besser. Die gesamten Finanzierungskosten können um die Differenz der Risikoaufschläge der Zinssegmente, also um 0,4 %, reduziert werden. Die Aufteilung dieses Zinsvorteils ist im Rahmen der Vereinbarung der Swap-Parameter zu fixieren. Zur Vereinfachung wird im Folgenden von einer gleichmäßigen Aufteilung auf die Marktteilnehmer ausgegangen. Wird im Rahmen des Swap-Geschäfts vereinbart, dass Marktteilnehmer B einen Festzinssatz von 6,2 % empfängt gegen Euribor, so ergeben sich die folgenden effektiven Belastungen:
x Marktteilnehmer A zahlt aufgrund der Mittelaufnahme Euribor zzgl. 0,85 %, zahlt auf der Swap-Festzinsseite 6,2 % und erhält Euribor zzgl. 0,25 % aus der variablen Seite. Es resultiert eine effektive Festzinsbelastung mit einem Festzinssatz von 6,8 %. x Marktteilnehmer B zahlt aufgrund der Mittelaufnahme 6 %, zahlt auf der variablen Swap-Seite Euribor zzgl. 0,25 % und erhält den Festzinssatz 6,2 %. Es resultiert eine effektive variable Belastung über Euribor zzgl. 0,05 %.
136
5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
Abb. 5.20. Zahlungsstrukturen des Beispiels zur Ausnutzung komparativer Kostenvorteile
Diese Zahlungswirkungen aus den jeweiligen Kreditgeschäften der beiden Marktteilnehmer wie auch aus dem Tausch der Zinszahlungsströme über die SwapVereinbarung sind in der Abb. 5.20 dokumentiert. Aus diesem Zahlenbeispiel scheint zu folgen, dass Swap-Geschäfte durch die Ausnutzung komparativer Kostenvorteile beiden Vertragspartnern einen Vorteil erbringen können. In der Tat dient eine solche Konstellation oft als Begründung für die herausragende Bedeutung der Swap-Konstruktionen unter den derivativen Instrumenten. Die vorgebrachte Argumentation ist jedoch lückenhaft, da sie nur unvollständig die offenbar vorhandenen Bonitätsunterschiede der Marktteilnehmer berücksichtigt. So wird bei der ausschließlich auf Nominalzinssätzen basierenden Berechnung der Finanzierungskosten gänzlich vernachlässigt, dass die Zahlungen aus dem Swap-Geschäft ebenso einem Ausfallrisiko unterliegen. Eine konsistente Erfassung dieser Ausfallgefahr durch geforderte erwartete Verzinsungen wird dagegen die beide Vertragspartner betreffende Vorteilhaftigkeit des Swap-Geschäfts verschwinden lassen. Darüber hinaus setzt die Konstruktion der Abb. 5.20 voraus, dass die Differenz der Festzinssätze größer ist als die Differenz der variablen Zinssätze. Der Zinsnachteil eines Marktteilnehmers mit geringerer Bonität sollte aber im variablen Zinssegment tendenziell größer sein als im Festzinsbereich. Die Konstellation der Abb. 5.20 entspringt demnach nur einer hypothetischen Konstellation ohne praktische wie auch theoretische Relevanz. 5.4.5 Strukturierte Zins-Swaps Im Gegensatz zu den obigen Standard-Zins-Swaps zahlen und empfangen bei einem Constant Maturity Swap CMS (auch: Yield Curve Swap, Yield Curve Spread Notes) beide Vertragspartner einen variablen Zinssatz. So erhält eine Partei beispielsweise einen (kurzfristigen) Geldmarktsatz wie den 12-Monats-Euribor und zahlt einen (langfristigen) Kapitalmarktsatz wie den 10-Jahres-Swap-Satz an die andere Partei. Zu Beginn einer neuen Zinsbindungsperiode werden Geld- und Ka-
5.4 Zins-Swaps
137
pitalmarktsatz an die aktuellen Marktkonditionen angepasst. Swap-Sätze sind wichtige Referenzzinssätze im Kapitalmarkt. Sie basieren auf einem liquiden Markt mit täglich offiziellen Fixings durch die ISDA. Die Zinsdifferenz zwischen Swap-Sätzen wird als Referenzgröße für den Renditeabstand zwischen entsprechenden Laufzeiten im Kapitalmarkt gesehen. Ein CMS bietet die Möglichkeit, auf einer Kapitalmarktbasis eine variabel verzinsliche Position einzugehen. Haupteinflussfaktor für den CMS-Preis ist die Lage der Terminkurve. Bei einer normalen Zinsstrukturkurve ergibt sich ein CMSAbschlag, während bei inverser Gestalt ein Aufschlag erfolgt. Je steiler die Zinsstrukturkurve verläuft, desto höher ist demnach der erzielbare Abschlag. Mögliche Vorteile eines CMS können neben der Spekulation auf eine Veränderung der Zinsstrukturkurve ein geringeres Zinsänderungsrisiko durch Anpassung beider Zinssätze sein. Ebenso lassen sich durch einen CMS eine hohe GeldmarktsatzVolatilität gegen eine geringere Kapitalmarktsatz-Volatilität austauschen („swappen“). Für den Zahler eines CMS-Zinses ergeben sich Gewinnchancen, wenn sich die Differenz zwischen Kapitalmarktzinsen und Geldmarktzinsen verringert bzw. die zukünftig eintretenden Swap-Sätze weniger stark steigen als es die heutigen Terminkurven vorhersagen. Ein Risiko ergibt sich aus einer steiler werdenen Zinsstrukturkurve und durch den Anstieg des absoluten Zinsniveaus. Oft wird zur Absicherung gegen einen unerwarteten Anstieg der Kapitalmarktzinsen zusätzlich eine Zinsobergrenze für den zu zahlenden Kapitalmarktzinssatz vereinbart. Die Hinzunahme einer Optionskomponente zum unbedingten Swap-Geschäft lässt das gesamte Geschäft in der Terminologie der Finanzpraxis zu einem strukturierten Produkt werden. Produktstrukturierungen sind im OTC-Markt zunehmend populär, da sie die kundenspezifische Gestaltung des Derivats ermöglichen. Man kann mit ihnen relativ schnell und einfach auf Kundenwünsche reagieren und Alleinstellungsmerkmale etablieren. Der Grad der individuellen Ausgestaltung reduziert allerdings die Vergleichbarkeit des Geschäfts mit ähnlichen Absicherungsund Spekulationsprodukten. Die folgerichtig geringe Liquidität reduziert die Möglichkeit des Kunden, das Geschäft vor Ende der Laufzeit durch ein geeignetes Gegengeschäft glattzustellen bzw. weiterzuverkaufen. In stark spezialisierten Teilsegmenten des derivativen Marktes existiert kein oder nur ein eingeschränkter Handel. Eine weitere Swap-Variante, die in den letzten Jahren zum Einsatz gekommen ist, greift wieder zurück auf den Austausch fixer gegen variable Zinssätze. Der variable Zinssatz bestimmt sich aber nun nicht aus einem einzigen kurzfristigen Geldmarktzinssatz, sondern entspricht einem Spread-Satz. Solche CMS Spread Swapserlauben die gezielte Spekulation auf die Form der Zinsstrukturkurve und können die Fristigkeitstransformation unterstützen. CMS Spread Swaps sind eine Spielart der Constant Maturity Swaps. Ladder-Konstruktionen sind eine weitere Variation, bei denen sich der pro Zinsperiode neu zu berechnende variable Zinssatz auch aus dem variablen Zinssatz der Vorperiode bestimmt. Es besteht also eine rekursive Beziehung zwischen den variablen Zinssätzen der einzelnen Perioden. Mithin wird bei CMS Spread Ladder Swaps ein fixer gegen einen variablen Zinssatz ausgetauscht, wobei der
138
5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
variable Zinssatz sich auf einen Spread-Satz bezieht und rekursiv aus vorhergehenden Swap-Sätzen bestimmt wird. Die festzulegenden Parameter eines CMS Spread Ladder Swap-Geschäfts sind demnach:
x x x x x x
Festzinssatz Spread-Satz und Formel zur rekursiven Bewertung der variablen Zinsgröße Länge der Zinsperiode Anzahl der Zinsperioden Zinszahlungstermine und Zinsberechnungsmethode zugrunde liegender Nominalbetrag
5.5 Börsengehandelte Zinsderivate an der Eurex 5.5.1 Kontraktspezifikationen An Börsen werden Zinsderivate in nennenswerter Liquidität in der Form von Geldmarkt-Futures, d. h. von Futures auf Geldmarktzinssätze, sowie in der Form von Rentenmarkt- bzw. Kapitalmarkt-Futures, d. h. von Futures auf festverzinsliche Wertpapiere, gehandelt. Unbedingte Zinstermingeschäfte sind meist ausschließlich als Optionen auf Geldmarkt- oder Kapitalmarkt-Futures, d. h. als zweifach derivative Instrumente vorhanden. Eine Zins-Future-Option beinhaltet für den Käufer das Recht, eine standardisierte Menge eines Zins-Future-Kontraktes zu einem vereinbarten Kurs während eines bestimmten Zeitraums zu beziehen oder anzudienen. Der vergleichsweise späte Start einer in Deutschland ansässigen Terminbörse war mit ein Grund dafür, dass in D-Mark denominierte Zinsderivate zunächst vor allem an der Londoner Terminbörse gehandelt wurden. Erst im Laufe der neunziger Jahre verlagerte sich ein Großteil des Handels, insbesondere der für die Terminbörse so bedeutende Future-Kontrakt auf zehnjährige Bundesanleihen, nach Frankfurt. Bei den Geldmarktkontrakten hingegen konnte London seine Marktstellung bis heute behaupten. Die Europäische Währungsunion hat die europäische Derivatelandschaft weiter entscheidend verändert. Insbesondere die Zinsderivate waren davon betroffen, da sich die Renditedifferenzen zwischen den einzelnen Teilnehmerländern nach dem Wegfall des Währungsrisikos weiter reduziert haben. Auch dies hat zu einer Konzentration des Handels von Euro-denominierten Rentenkontrakten auf die Eurex geführt. Tabelle 5.1 enthält die Übersicht der an der Eurex gehandelten Zinsderivate, d. h. der Geldmarkt- und Kapitalmarktprodukte, mit Stand Oktober 2009. In der Tabelle 5.2 sind die Ausstattungsmerkmale ausgewählter Zinsderivate der Eurex exemplarisch abgetragen.
5.5 Börsengehandelte Zinsderivate an der Eurex
139
Tabelle 5.1. Zinsderivate an der Eurex; Oktober 2009 Kategorie EuroGeldmarktProdukte EuroKapitalmarktProdukte
Derivate Dreimonats-Euribor-Futures Optionen auf DreimonatsEuribor-Futures Einmonats-Eonia-Futures Euro-Schatz-Futures
Optionen auf Euro-SchatzFutures Euro-Bobl-Futures Optionen auf Euro-BoblFutures Euro-Bund-Futures
Basisobjekt European Interbank Offered Rate Euribor Dreimonats-Euribor-Future Euro Overnight Index Average Eonia Idealtypische kurzfristige Schuldverschreibung des Bundes oder der Treuhandanstalt mit 1¾- bis 2¼jähriger Restlaufzeit und Zinssatz von 6 %. Euro-Schatz-Future Idealtypische mittelfristige Schuldverschreibung des Bundes mit 4½- bis 5½jähriger Restlaufzeit und Zinssatz von 6 %. Euro-Bobl-Future
Idealtypische langfristige Schuldverschreibung des Bundes mit 8½- bis 10½jähriger Restlaufzeit und Zinssatz von 6 %. Optionen auf Euro-Bund-Futures Euro-Bund-Future Euro-Buxl-Futures Idealtypische langfristige Schuldverschreibung des Bundes mit 24- bis 35jähriger Restlaufzeit und Zinssatz von 4 %. Euro-BTP-Futures Idealtypische langfristige Schuldverschreibung der Republik Italien (BTP: Buoni del Tesoro Poliennali) mit 8½- bis 11jähriger Restlaufzeit und Zinssatz von 6 %. CONF-Futures Idealtypische langfristige Schuldverschreibung des schweizerischen Bundes mit 8bis 13jähriger Restlaufzeit und Zinssatz von 6 %. Tabelle 5.2. Kontraktparameter für Eurex-Zinsderivate; Oktober 2009 Dreimonats-Euribor-Futures Basiswert Euribor-Satz für Dreimonats-Termingelder in Euro. Kontraktwert 1.000.000 €. Preisermittlung In Prozent auf drei Dezimalstellen auf der Basis 100 abzüglich gehandeltem Zinssatz. Liefermonate Laufzeiten bis zu 36 Monate: Die nächsten zwölf Quartalsmonate des Zyklus März, Juni, September und Dezember. Letzter Handelstag Zwei Börsentage vor dem dritten Mittwoch des jeweiligen Erfüllungsmonats. Abrechnungspreis Volumengewichteter Durchschnitt der Preise aller Geschäfte eine Minute vor 17:15, sofern in diesem Zeitraum mehr als fünf Geschäfte abgeschlossen wurden. Erfüllung Barausgleich.
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5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
Tabelle 5.2. (Fortsetzung) Basiswert
Kontraktwert Preisermittlung Liefermonate Letzter Handelstag Liefertag Abrechnungspreis
Erfüllung
Basiswert
Kontraktwert Preisermittlung Ausübung Erfüllung Abrechnungspreis Optionsprämie
Euro-Bobl-Futures Fiktive mittelfristige Schuldverschreibung der Bundesrepublik Deutschland mit 4½- bis 5½jähriger Laufzeit und Zinssatz 6 %. 100.000 €. In Prozent vom Nominalwert; auf drei Dezimalstellen (0,005). Die jeweils nächsten drei Quartalsmonate des Zyklus März, Juni, September, Dezember. Zwei Börsentage vor dem Liefertag des jeweiligen Erfüllungsmonats. Zehnter Kalendertag des jeweiligen Quartalsmonats. Volumengewichteter Durchschnitt der Preise aller Geschäfte eine Minute vor 17:15, sofern in diesem Zeitraum mehr als fünf Geschäfte abgeschlossen wurden. Bestimmte Schuldverschreibungen (Bundesanleihen und Bundesobligationen) mit einer Restlaufzeit von 4½ bis 5½ Jahren sowie einem Mindestemissionsvolumen von 5 Milliarden €.
Euro-Bund-Futures Fiktive langfristige Schuldverschreibung der Bundesrepublik Deutschland mit 8½- bis 10½jähriger Laufzeit und Zinssatz 6 %. 100.000 €. In Prozent vom Nominalwert; auf zwei Dezimalstellen (0,01). Die jeweils nächsten drei Quartalsmonate des Zyklus März, Juni, September, Dezember. Zwei Börsentage vor dem Liefertag des jeweiligen Erfüllungsmonats. Zehnter Kalendertag des jeweiligen Quartalsmonats. Volumengewichteter Durchschnitt der Preise aller Geschäfte eine Minute vor 17:15, sofern in diesem Zeitraum mehr als fünf Geschäfte abgeschlossen wurden. Bestimmte Schuldverschreibungen (Bundesanleihen) mit einer Laufzeit von 8½ bis 10½ Jahren sowie einem Mindestemissionsvolumen von 5 Milliarden €.
Optionen auf Euro-Bobl-Futures Future auf eine fiktive mittelfristige Schuldverschreibung der Bundesrepublik Deutschland oder der Treuhandanstalt mit 4½- bis 5½jähriger Laufzeit und Zinssatz 6 %. Nominalwert eines FutureKontraktes 100.000 €. Ein Euro-Bobl-Future-Kontrakt. In Punkten; auf zwei Dezimalstellen. Amerikanische Option. Eröffnung der Euro-Bobl-FuturePosition. Festlegung durch die Terminbörse auf Basis des binomialen Optionspreismodells. Abrechnung gemäß dem Future Style-Verfahren.
Optionen auf Euro-Bund-Futures Future auf eine fiktive langfristige Schuldverschreibung der Bundesrepublik Deutschland oder der Treuhandanstalt mit 8½- bis 10½jähriger Laufzeit und Zinssatz 6 %. Nominalwert eines FutureKontraktes 100.000 €. Ein Euro-Bund-Future-Kontrakt. In Punkten; auf zwei Dezimalstellen. Amerikanische Option. Eröffnung der Euro-Bund-FuturePosition. Festlegung durch die Terminbörse auf Basis des binomialen Optionspreismodells. Abrechnung gemäß dem Future Style-Verfahren.
Quelle: Informationen der Eurex unter www.eurexchange.com
5.5 Börsengehandelte Zinsderivate an der Eurex
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Basisobjekt des Dreimonats-Euribor-Future-Kontraktes ist der Euribor-Satz für Dreimonats-Termingelder in Euro. Der Einmonats-Eonia-Future-Kontrakt wiederum leitet sich ab vom Euro Overnight Index Average Eonia, einem Durchschnittszinssatz für die Beschaffung von Tagesgeld (Overnight) von ersten Adressen in den Teilnehmerstaaten der Europäischen Währungsunion. Die Quotierung des Future-Preises bei Geldmarkt-Futures lautet jeweils 100 minus Zinssatz auf drei Dezimalstellen, also beispielsweise 97,120. Das Kontraktvolumen der Euribor-Futures bzw. der Eonia-Futures beträgt 1 Millionen bzw. 3 Millionen Euro. Die Kapitalmarktprodukte basieren auf fiktiven Anleihen und decken über die Schatz-, Bobl-, Bund- und Buxl-Futures ein breites Laufzeitenspektrum ab. Zur Erfüllung sind bestimmte Schuldverschreibungen des Bundes aus einem von der Börse definierten Anleihenkorb heranzuziehen. Die Future-Optionen der Eurex resultieren in der Eröffnung der jeweiligen Future-Position und weisen gegenüber den Kassaoptionen die weitere Besonderheit auf, dass die Optionsprämie über die Variation Margin des ersten Handelstags erfasst wird. 5.5.2 Strategieelemente mit Eurex-Zinsderivaten Kapitalmarkt-Futures als handelbare Zinsterminkontrakte beziehen sich auf einen festverzinslichen Schuldtitel und beinhalten die vertragliche Verpflichtung, den Schuldtitel in einer festgelegten Menge zu einem festen Kurs zu einem vereinbarten Termin abzunehmen bzw. zu liefern. Die verpflichtende Abnahme des Schuldtitels, d. h. der Future-Kauf lässt sich demnach als Geldanlage per Termin, die vereinbarte Lieferung über den Future-Verkauf als Geldaufnahme per Termin interpretieren. Bei Zins-Futures handelt es sich somit um den Handel von Rentenwerten per Termin. Die Bezeichnung Zins-Future beruht auf dem engen und direkten Zusammenhang zwischen dem Marktzinsniveau und dem Kurs eines festverzinslichen Wertpapiers. Daraus ergeben sich vielfältige Motivationen und Strategien des Einsatzes von Kapitalmarkt-Futures. Gleiches gilt für GeldmarktFutures im Segment der kurzfristigen Geldmarktzinssätze. Im Rahmen des Trading-Motivs können Erwartungen hinsichtlich steigender Rentenkurse und damit sinkenden Zinsniveaus durch den Kauf von Zins-Futures, Erwartungen hinsichtlich sinkender Rentenkurse und damit steigender Zinsen durch den Verkauf von Zins-Futures umgesetzt werden. Die Strategie der Time Spreads, d. h. des gleichzeitigen Kaufs und Verkaufs von Futures unterschiedlicher Laufzeiten, kann geeignet sein zur Spekulation auf eine nicht parallele Verschiebung der Zinsstrukturkurve. Erwartet ein Marktteilnehmer beispielsweise, dass die Einmonats-Zinssätze stärker steigen als die Dreimonats-Zinssätze, so wird er diese Erwartung über den Kauf geeigneter Futures mit kurzer Restlaufzeit und den Verkauf von Futures mit längerer Restlaufzeit umsetzen können. Hedging-Strategien mit Kapitalmarkt-Futures ermöglichen die Sicherung gewünschter Zinspositionen für zukünftige Zeitpunkte. Geht ein Investor beispielsweise eine Long Hedge-Position in Bund-Futures ein, so kann er damit den Terminzinssatz für eine zukünftige Anlage in Bundesanleihen sichern. Plant ein Unternehmer beispielsweise den Rückkauf emittierter kurzfristiger Schuld-
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5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
verschreibungen, so ist über den Kauf von Schatz-Futures ein weitgehender Schutz vor steigenden Kursen möglich. Mit einer Short Hedge-Strategie dagegen kann sich ein Marktteilnehmer das Terminzinsniveau für eine geplante Mittelbeschaffung bzw. für einen geplanten Verkauf von Anleihen sichern. Die genannten Strategien unterscheiden sich in ihrer grundlegenden konzeptionellen Ausgestaltung nicht von den einführend im zweiten Kapitel und anwendungsbezogen für Aktienpositionen im vierten Kapitel vorgestellten Strategien mit Futures. Optionen auf Geldmarkt- und Kapitalmarkt-Futures ermöglichen analog die Konzeption der vielfältigen Formen der Spreads, Straddles und Strangles als Standard-Optionskombinationen, so dass an dieser Stelle auf eine wiederholende Darstellung verzichtet werden kann. Im Folgenden sollen dagegen die spezifisch insbesondere für die Kapitalmarkt-Futures geltenden Zusammenhänge näher betrachtet werden. Ergänzende Beispiele finden sich in den Übungsaufgaben zum Ende des Kapitels und auf http://www.derivate.uni-bayreuth.de. 5.5.3 Cheapest to Deliver-Anleihe Die in der Form der Kapitalmarkt-Futures der Eurex notierten Anleihen sind fiktive, nicht lieferbare Schuldverschreibungen, die die Renditen der lieferbaren Anleihen widerspiegeln. Beispielhaft sollen die damit zusammenhängenden Charakteristika aller Eurex-Futures auf Anleihen im Folgenden für den Fall des BundFuture-Kontraktes als bedeutendem Kontrakt der Eurex formuliert werden. Eine Übertragung auf Schatz-, Bobl-, Buxl- und auch CONF-Futures ist aber jeweils unmittelbar möglich. Die zugrunde liegende Schuldverschreibung des Bund-Future-Kontraktes wird auch als idealtypische sechsprozentige Bundesanleihe bezeichnet. Den BundFutures liegen verschiedene Bundesanleihen mit Restlaufzeiten von 8½ bis 10½ Jahren zugrunde. Welche Anleihe aus dem von der Eurex definierten Anleihenkorb letztlich geliefert wird, entscheidet bei Kontraktfälligkeit der FutureVerkäufer. Der Betrag, den der Bund-Future-Käufer am Liefertermin an den Verkäufer zu zahlen hat, bestimmt sich in Abhängigkeit von der gelieferten Anleihe. Er basiert auf dem am letzten Handelstag eines Kontraktes festgestellten offiziellen Schlussabrechnungspreis, multipliziert mit einem von der Eurex für die jeweilige Anleihe ermittelten Preisfaktor (Konversionsfaktor, Umrechnungsfaktor). Mit diesem Preisfaktor wird der Lieferpreis der Anleihe bei physischer Lieferung berechnet. Zusätzlich werden die vollen bis zum Liefertag angefallenen Stückzinsen berücksichtigt, die noch dem Verkäufer zustehen. Ziel der Bestimmung des Preisfaktors ist es, die unterschiedlichen Restlaufzeiten und Zins-Kupons der lieferbaren Anleihen auf eine gemeinsame Renditebasis zu bringen, d. h. die lieferbaren Anleihen sollen vergleichbar gemacht werden. Bezogen auf die Eurex-BundFutures repräsentiert der Preisfaktor den Preis pro einem Euro nominal einer Bundesanleihe, mit dem die Anleihe am Liefertag eine Rendite von 6 % erzielen würde. Der Preisfaktor PF wird für jede lieferbare Anleihe Bi, i = 1, 2, ..., L gemäß der folgenden Formel berechnet und von der Börse veröffentlicht:
5.5 Börsengehandelte Zinsderivate an der Eurex
PF Bi
1 mi
1,06 12
§ m · ci ¨ 1 i ¸ ªc § 1 · 1 º 12 ¹ « i ¨ 1, 06 © ni ¸ ni » 6 1,06 1, 06 100 ¹ ¬ © ¼
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(5.8)
Dabei stehen ci für den Kupon der jeweiligen Anleihe Bi, mi für die Zahl der vollen Monate bis zur nächsten Kupon-Zahlung, ni für die Zahl der Jahre bis zur Fälligkeit der Anleihe und L für die Zahl lieferbarer Anleihen im Anleihenkorb. Der Future-Verkäufer wird zum Liefertermin diejenige Anleihe liefern, die aus seiner Sicht die günstigste Alternative darstellt, d. h. deren Lieferung aufgrund ihres Kurses unter Berücksichtigung des Preisfaktors und der Stückzinsen die geringsten Kosten verursacht. Man bezeichnet diese Anleihe auch als Cheapest to Deliver CTD-Anleihe. Je geringer der Kurs der Anleihe ist und je größer der Preisfaktor ist, desto vorteilhafter ist es für den Marktteilnehmer, eine bestimmte Anleihe zu liefern. Die Existenz einer CTD-Anleihe ist Resultat einer bei der Berechnung der Preisfaktoren getroffenen Annahme: Im Falle der Bund-Futures wird eine flache Zinskurve bei 6 % unterstellt. Nur in dem speziellen Fall, dass die Zinskurve in Höhe der Nominalverzinsung der dem Future-Kontrakt unterliegenden fiktiven Anleihe tatsächlich flach sein sollte, wird der zur Lieferung verpflichtete Future-Verkäufer indifferent bezüglich der zu liefernden Anleihe sein. Ansonsten wird zu jedem Zeitpunkt während der Laufzeit des Kontraktes genau eine Anleihe am günstigsten zu erwerben sein. Bezeichnet man den Schlussabrechnungspreis des Future-Kontraktes mit FT, und die aufgelaufenen Stückzinsen der Anleihe Bi bei Fälligkeit des Future-Kontraktes mit SZ, so ergibt sich der Betrag, den der Future-Käufer an den Verkäufer zu zahlen hat, aus: FT 1.000 € PF Bi SZ Bi
(5.9)
Der Future-Verkäufer wird diesen Rechnungsbetrag mit den entsprechenden Kosten vergleichen, die der Erwerb der erforderlichen Anzahl von Anleihen am Markt verursacht. Mit S als Kassakurs (Spot Price) bzw. Marktwert der entsprechenden Anleihe folgt dafür: S Bi 1.000 € SZ Bi
(5.10)
Die CTD-Anleihe bestimmt sich am Liefertag des Future-Kontraktes also als diejenige Anleihe, bei der die Differenz aus dem Rückfluss bei Lieferung der Anleihe in den Terminkontrakt nach Gl. 5.9 und den Kosten des Kaufs der Anleihe am Kapitalmarkt nach Gl. 5.10 maximal ist:
max ª¬ FT PF Bi S Bi º¼ Bi
(5.11)
Die CTD-Anleihe kann somit auch als Anleihe mit der maximalen Basis, d. h. der maximalen Differenz aus Terminkurs und Kassakurs, bezeichnet werden.
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5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
5.5.4 Hedge Ratio-Ermittlung bei Kapitalmarkt-Futures Die Absicherung einer Portfolio-Position erfordert die Bestimmung der Anzahl benötigter Futures, d. h. die Ermittlung der Hedge Ratio. Bereits im vierten Kapitel wurde das Problem der Bestimmung der Hedge Ratio im Rahmen einer als Makro Hedge bezeichneten Absicherung mit Aktienindex-Futures diskutiert. Die spezifische Konstruktion der Kapitalmarkt-Futures mit der fiktiven Anleihe als Basiswert bei physischer Lieferung bestimmter Schuldverschreibungen und das damit entstehende Phänomen der CTD-Anleihe resultiert für den Bereich der ZinsFutures zu alternativen Hedge Ratio-Berechnungen, die je nach Situation geeignet sein können. Die Hedge Ratio beim Nominal-Hedge (naiver Hedge, Nominalwertmethode) ergibt sich aus dem Quotienten des Nominalwerts der Kassaposition NWSpot durch den Nominalwert der Futures NWTermin. Der Nominalwert der Kassaposition wird hierbei also durch den gleichen Nominalwert an entsprechenden Future-Positionen abgesichert. Diese Berechnung ist nur dann approximativ hinreichend, wenn ein Portfolio abgesichert werden soll, das ausschließlich lieferbare Anleihen des Future-Kontraktes enthält. Mögliche Unterschiede bezüglich Laufzeit, Nominalzins und Schuldnerbonität in der Zusammensetzung des Portfolio zu den lieferbaren Anleihen werden hingegen vernachlässigt: Hedge Ratio NW
Nominalwert der Kassaposition Nominalwert der Future-Position
NWSpot NWTermin
(5.12)
Alle weiteren Hedge Ratio-Bestimmungen ersetzen die Betrachtung von Nominalwerten durch die jeweiligen Marktwerte, auch wenn in der Literatur vereinzelt anstelle der nachfolgend angegebenen Marktwerte durchaus noch mit Nominalwerten argumentiert und gerechnet wird. Setzt man die Marktwerte der Kassaposition bzw. Terminposition MWSpot bzw. MWTermin in Relation, so erhält man den sogenannten Preisfaktor-Hedge. Unter der Annahme, dass der Future-Preis sich als Quotient aus dem Preis der CTD-Anleihe und dem CTD-Preisfaktor bestimmt, ergibt sich die Hedge Ratio aus dem Verhältnis der Marktwerte der Kassaposition durch den Marktwert der CTD-Anleihe multipliziert mit dem Preisfaktor. Dabei wird üblicherweise der Marktwert der CTD ausgedrückt durch den Preis der CTD-Anleihe in Prozent multipliziert mit 1.000 €, so dass zur besseren Vergleichbarkeit im Folgenden dieser Notationsform gefolgt wird. Durch die Kalkulation auf Basis der Marktwerte erfolgt beim Preisfaktor-Hedge eine erste Anpassung der unterschiedlichen Laufzeiten und Nominalzinsen, die für betragsmäßig unterschiedliche Kursveränderungen der Anleihen und der Futures verantwortlich sind. Auch hier muss das abzusichernde Portfolio aber ausschließlich lieferbare Anleihen enthalten: Hedge Ratio PF
MWSpot MWTermin
MWSpot
S CTD 1.000 €
PF (CTD)
(5.13)
5.5 Börsengehandelte Zinsderivate an der Eurex
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Stimmen die abzusichernden Wertpapiere nicht mit den lieferbaren Anleihen im Future-Kontrakt überein (Cross Hedge), so sind bei nicht flacher Zinsstrukturkurve die Zinssensitivitäten der Kassa- und der Terminposition geeignet zu berücksichtigen. Üblicherweise wird als Kennzahl hier auf die modifizierte Duration, die sich aus der Macaulay-Duration ergibt, zurückgegriffen. Die Macaulay-Duration ist als mittlere Bindungsdauer eines Zinsinstruments definiert. Sie gibt den Zeitpunkt an, in dem das Zinsinstrument gegen Zinsänderungen immun ist, da sich Marktpreisänderungen und Veränderungen bei der Wiederanlage in diesem Zeitpunkt ausgleichen. Sie wird berechnet, indem man den Anteil des Barwertes jeder Zahlung am Kurswert mit den Zahlungszeitpunkten des Wertpapiers gewichtet. Die Duration ist eine Kennzahl für die durchschnittliche Bindungsdauer eines finanziellen Engagements mit genau definiertem Zahlungsstrom. Neben der mittleren Bindungsdauer kann man mit der Duration aber auch die Preissensitivität eines Zinsinstruments auf Änderungen in der Zinsstrukturkurve bestimmen. Im Unterschied zur Macaulay Duration, die in der Maßeinheit Jahre quantifiziert wird, beschreibt die modifizierte Duration die prozentuale Preisänderung eines Zinsinstruments bei Verschiebung des Zinsniveaus. Damit lässt sich die Gestalt der Zinsstrukturkurve – unter Berücksichtigung der Grenzen des Duration-Ansatzes – zumindest approximativ über die DurationHedge-Strategie berücksichtigen. Die im Rahmen der Preisfaktor-Hedge-Formel berechnete Hedge Ratio nach Gl. 5.13 wird multiplikativ um das Verhältnis der modifizierten Duration der Kassaposition DSpot und der modifizierten Duration der CTD-Anleihe DCTD korrigiert. Damit sind in der Berechnung der Hedge Ratio die möglichen Unterschiede in der Zinssensitivität der Futures und der Anleihen berücksichtigt: Hedge Ratio D
MWSpot
DSpot
S CTD 1.000 € DCTD
PF (CTD)
(5.14)
Der Duration-Hedge wird standardmäßig bei der Absicherung von Anleihe-Portfolios mit Future-Kontrakten angewandt. Eine in der Literatur zuweilen genannte weitere Möglichkeit, die absoluten Kursveränderungen der Portfolio-Werte mit den Future-Preisänderungen auszugleichen, bietet der Basispunkt-Hedge (Sensitivitäts-Hedge). Es wird dazu getrennt für Kassa- und Future-Position ermittelt, wie hoch die Kursveränderung sein müsste, so dass dies eine Veränderung der jeweiligen Rendite um einen Basispunkt, also um 0,01 %, zur Folge hätte. Das Verhältnis der beiden errechneten Kursveränderungen, der Quotient aus der Wertveränderung der Kassaposition pro Basispunkt 'Spot durch die Wertveränderung der CTD-Anleihe pro Basispunkt 'CTD, wird entsprechend umgesetzt. Man erkennt aber sofort an der Gl. 5.15, dass die Basispunktmethode dem Konzept der Duration gleicht, also keine neue Methode darstellt, da der Basispunktwert der mit dem Marktwert gewichteten modifzierten Duration dividiert durch 100 entspricht:
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5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
Hedge Ratio '
' Spot ' CTD
PF (CTD) MWSpot
DSpot 100
S CTD 1.000 € DCTD 100
PF (CTD)
(5.15)
Hedge Ratio D
Bei einem weiteren Verfahren, dem Regressions-Hedge, werden mit Hilfe einer Regressionsanalyse Preisveränderungen am Kassa- und am Teminmarkt über bestimmte Zeiträume erfasst und ausgewertet, um so eine auf Basis historischer Daten korrekte Kontraktanzahl zu erhalten. Ein wesentlicher Kritikpunkt an dieser Berechnung ist die Übertragung der aus Vergangenheitswerten geschätzten Größen auf die zukünftige Entwicklung. Mit einem aus der historischen Analyse gewonnenen Regressionskoeffizienten bSpot,Termin gilt: Hedge Ratiob
MWSpot
S CTD 1.000 €
PF (CTD) bSpot,Termin
(5.16)
Der Preisfaktor resultiert bei der Absicherung einer CTD-Anleihe nur dann in einer gewünschten Absicherungsqualität, wenn im Zeitablauf keine wesentlichen Änderungen der Zinsstrukturkurve eintreten. Änderungen der Zinsstrukturkurve können einen Wechsel der CTD-Anleihe hervorrufen und den Erfolg einer unveränderten, statischen Anlagestrategie limitieren. Generell gilt, dass die vereinfachenden Annahmen bezüglich der Zinsstruktur, die den Absicherungsmodalitäten zugrunde liegen, sowie die Änderung der relativen Zinssensitivitäten im Zeitablauf eine Anpassung der Absicherungsposition, d. h. eine dynamische Hedge-Strategie erfordern. Zu beachten ist darüber hinaus, dass die Standardisierung auf bestimmte Kontraktlaufzeiten dazu führt, dass realiter die Fristigkeit der abzusichernden Position von der Fristigkeit der Future-Position abweichen kann. Es existiert also ein Basisrisiko infolge einer Fristeninkongruenz. Weiter existiert ein Liquiditätsrisiko infolge des täglichen Gewinn- und Verlustausgleichs. Zwar wird in Verbindung mit den erforderlichen Margin-Zahlungen das Erfüllungsrisiko weitgehend ausgeschaltet. Unabhängig von diesem positiven Effekt führt der Gewinn- und Verlustausgleich bzw. die daraus resultierende, ex ante unsichere Margin-Zahlung jedoch dazu, dass die Einschussverpflichtungen während der Laufzeit bei Abschluss der Futures unsicher sind. Am Beispiel der Währungs-Futures wird dies im sechsten Kapitel weiter analysiert.
Schlüsselbegriffe
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Literaturhinweise zu Kapitel 5 Zinsderivate stehen im Fokus des Lehrbuchs von Schmidt 2006. Neben Hull 2008 ist gerade auch für Zinsderivate Stoll u. Whaley 1993 empfehlenswert. Albrecht u. Maurer 2008 und Steiner u. Uhlir 2001 widmen sich ebenfalls intensiv dem Zinsrisikomanagement. Mit Industrieunternehmen haben Gebhardt u. Ruß 1999 sowie Bodnar u. Gebhardt 1999 einen Anwender von Zins- (und Währungs-) derivaten im Fokus. Die Deutsche Bundesbank untersucht in einem Beitrag (Deutsche Bundesbank 2003) die Rolle und Bedeutung von Zinsderivaten an den Kapitalmärkten und diskutiert etwaige Konsequenzen aus dem großen Marktvolumen in Zinsderivaten. Die Ausgestaltung sowie Anwendungsfragen der Eurex-Zinsderivate werden in Informationsbroschüren der Eurex dargestellt. Zins-Futures, Preisfaktoren und CTD-Anleihe im Kontext der Eurex-Produkte sind dort ebenfalls enthalten. Die detailliertere Betrachtung von Swaps erfordert den Rückgriff auf Spezialliteratur. Ergänzend zu Schmidt 2006, Hull 2008 und Albrecht u. Maurer 2008 wird auf Eller 1996 hingewiesen. Eisele et al. 2001 und Turnbull 1987 hinterfragen die Existenz komparativer Kostenvorteile bei Swap-Geschäften. Breuer 1998 erklärt den großen Erfolg von SwapFinanzierungen durch deren Beitrag zur Lösung von Risikoanreizproblemen. Swap-Strukturierungen wie die Constant Maturity Ladder Swaps behandelt Wiedemann 2009.
Schlüsselbegriffe Asset Swap Basispunkt-Hedge Bobl-Future Bund-Future Cap Caplet Cheapest to Deliver-Anleihe Collar Constant Maturity Spread Ladder Swap Duration Duration-Hedge Eonia Eonia-Future Equity-Swap Euribor Euribor-Future Floor Floorlet Forward Rate Forward Rate Agreement Forward Swap FRA-Satz
Geldmarkt-Futures Hedge Ratio Kapitalmarkt-Futures Komparative Kosten Ladder Swap Laufzeitzinssatz Liability Swap Nominal-Hedge Preisfaktor Preisfaktor-Hedge Regressions-Hedge Sensitivitäts-Hedge Spot Rate Swap Swaption Swap-Satz Terminzinssatz Währungs-Swap Yield Curve Swap Zinsstruktu Zins-Swap
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5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
Fragen und Aufgaben Fragen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Was versteht man unter Caps, was unter Caplets? Erläutern Sie die Bestandteile einer Zero Cost Collar-Strategie? Welche Parameter sind beim Abschluss von FRAs zu vereinbaren? Wie lassen sich mit Hilfe von Swaps komparative Kostenvorteile ausnutzen? Lassen sich an den Zinsmärkten solche komparativen Unterschiede grundsätzlich identifizieren? Welche Geldmarkt-Futures werden an der Eurex gehandelt? Wie erfolgt die Lieferung bzw. Erfüllung in Bund-Future-Kontrakten? Erläutern Sie das Phänomen der Cheapest to Deliver-Anleihe in FutureKontrakten. Stellen Sie vergleichend die Hedge Ratio-Berechnung bei Anleihe-Futures über den Duration-Hedge und den Sensitivitäts-Hedge dar.
Aufgabe 5.A Ein Unternehmen hat einen Kredit in Höhe von 1 Million Euro aufgenommen, der variabel auf Basis des 6-Monats-Euribor-Satzes von zur Zeit 3,50 % p.a. verzinst wird, möchte sich aber zugleich gegen einen Zinsanstieg und damit eine Mehrbelastung aus dem Kredit über einen Cap absichern. Die Prämie für eine Cap-Option mit dem 6-Monats-Euribor-Satz als Referenzzins und einer Zinsobergrenze von 4,50 % beträgt 0,15 % p.a. 1. Geben Sie die Finanzierungskosten des Unternehmens ohne und mit Vereinbarung eines Caps bei Euribor-Sätzen von 3 %, 4 % und 5 % an. 2. Stellen Sie allgemein das Absicherungsprofil eines Caps graphisch dar. Erläutern Sie die Abbildung kurz. Aufgabe 5.B Für eine Erweiterungsinvestition in Ihrer Firma haben Sie einen Kredit über 10.000.000 Euro aufgenommen. Für diesen Betrag fällt eine jährliche Zinszahlung in Höhe des sechsmonatigen Libor-Satzes (6m-Libor) zuzüglich 1,0 % an. Zur Absicherung dieser variablen Zinsposition über den Zeitraum von einem Jahr stehen Ihnen folgende Instrumente zur Verfügung: Cap auf den 6m-Libor mit einer Zinsgrenze von 4,5 %; Prämie: 0,15 % Floor auf den 6m-Libor mit einer Zinsgrenze von 1,5 %; Prämie 0,35 % 1. Mit welcher Einzelposition können Sie sich gegen steigende Finanzierungskosten absichern? 2. Zur Absicherung Ihrer Zinsposition entscheiden Sie sich für eine Long CollarStrategie. Erläutern Sie die Funktionsweise dieser Strategie.
Fragen und Aufgaben
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3. Stellen Sie die Position (zum Ende des Absicherungszeitraumes von einem Jahr) grafisch dar. 4. Stellen Sie die Ergebnisse der Strategien aus 1. und 2. (zum Ende des Absicherungszeitraumes) im Vergleich zur ausbleibenden Absicherung der Zinsposition für die drei als möglich erachteten Zinsentwicklungen im 6m-Libor von 1 %, 2,5 % und 5% dar. Aufgabe 5.C Ein Unternehmen hat eine Anlage am Geldmarkt getätigt und erhält hierfür einen variablen Zinsertrag in Höhe des 6-Monats-EURIBOR-Satzes abzüglich 0,2 %. Dem Unternehmen stehen am Markt folgende zusätzliche Finanzinstrumente zur Verfügung: Swap (6-Monats-Euribor versus 4,2 % Festzinssatz) Cap auf den 6-Monats-Euribor (0,17 % Prämie; 3,5 % Zinsgrenze) Floor auf den 6-Monats-EURIBOR Satz (0,23 % Prämie; 2,5 % Zinsgrenze) 1. Das Unternehmen möchte sich gegen das Risiko fallender Zinsen absichern, ohne das Chancenpotential aus steigenden Zinsen aufzugeben. Wählen Sie die geeignete Strategie für das Unternehmen und zeigen Sie in einem adäquaten Diagramm graphisch die realisierbaren Renditen im Vergleich zur ungesicherten Geldanlage. 2. Das Unternehmen entscheidet sich für einen Short Collar. Welche Überlegungen des Unternehmens stehen hinter dieser Strategie? Welche Positionen muss es für diese Absicherungsstrategie eingehen? Zeigen Sie für 6-Monats-EuriborZinssätze von 2 %, 3 % und 4 % die Rendite mit und ohne Absicherungsgeschäft. Aufgabe 5.D Ein Unternehmen hat in sechs Monaten einen Liquiditätsbedarf von 5 Millionen Euro für sechs Monate und erwartet Kreditkonditionen in Höhe Euribor zuzüglich 0,25 %. Um bereits heute einen Festzinssatz zu vereinbaren, kauft es ein FRA-Geschäft mit sechs Monaten Vorlaufzeit und zwölf Monaten Gesamtlaufzeit. 1. Bestimmen Sie – mit Hilfe der grundsätzlichen Zusammenhänge zwischen Laufzeit- und Terminzinssätzen des Abschnitts 5.1 – den FRA-Satz, wenn der heutige Sechsmonats-Euribor bei 3,245 % und der Zwölfmonats-Euribor bei 3,655 % stehen. 2. Bestimmen Sie die prozentuale Belastung des Kredits aus dem FRA-Geschäft und schließlich die prozentuale Gesamtbelastung, falls der SechsmonatsEuribor in sechs Monaten bei 3,000 % oder bei 4,500 % liegt. 3. Berechnen Sie die anfallenden Ausgleichszahlungen anhand der Gl. 5.5, falls der Sechsmonats-Euribor in sechs Monaten bei 3,000 % oder bei 4,500 % liegt.
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5 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Zinsänderungsrisiken
Aufgabe 5.E Ein Unternehmer plant einen Zahlungseingang von 5 Millionen Euro, den er in einem Jahr erhält, zinsvariabel für vier Jahre anzulegen. Mittelfristig erwartet er ein sinkendes Zinsniveau, so dass er sich nach den Konditionen für Forward Swaps, d. h. für einen zukünftigen Zinstausch erkundigt. Der Unternehmer schließt einen Forward Swap mit folgenden Parametern ab: Vorlaufzeit ein Jahr, Swap-Laufzeit vier Jahre, Referenzzinssatz Sechsmonats-Euribor und Forward-Swap-Satz 4,2 %. Bestimmen Sie den für die Anlage erhaltenen Zinssatz in den drei Situationen, dass der Euribor in einem Jahr um ein Prozent gestiegen, um ein Prozent gefallen bzw. unverändert geblieben ist. Aufgabe 5.F Ein institutioneller Anleger möchte sein Anleihe-Portfolio mit einem Marktwert von 40 Millionen Euro ausgehend vom aktuellen Betrachtungsmonat März in den nächsten zwei Monaten abbauen. Über den Verkauf von Bund-Futures mit Fälligkeit Juni desselben Jahres soll der geplante Verkauf der Anleihen gegen einen Anstieg der Kapitalmarktzinsen und damit ein Fallen der Kurse der Anleihen abgesichert werden. 1. Bestimmen Sie unter Beachtung der Diskussion im Vorgriff der Gl. 5.13 den Preisfaktor der CTD-Anleihe. 2. Bestimmen Sie die Hedge Ratio über den Duration-Hedge (Gl. 5.14), da das Anleihe-Portfolio auch Anleihen enthält, die nicht zur Lieferung im BundFuture-Kontrakt zugelassen sind. 3. Berechnen Sie den Basispunktwert des Anleihe-Portfolio und der CTD-Anleihe unter Rückgriff auf die Beziehungen der Gl. 5.15. Die zur Kalkulation zur Verfügung stehenden Daten sind in der Tabelle 5.3 abgetragen. Tabelle 5.3. Daten zum Beispiel der Duration-Hedge-Strategie Marktwert des Anleihe-Portfolio Modifizierte Duration des Anleihe-Portfolio Modifizierte Duration der CTD-Anleihe Preis CTD-Anleihe Preis Bund-Future Juni
40.000.000 € -8,20 % -7,11 % 95,12 106,00
Lösungsskizzen sowie weitere Fragen und Aufgaben sind auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de zu finden.
6 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Währungsrisiken
Der Zusammenbruch des Systems fester Wechselkurse zu Beginn der siebziger Jahre beendete eine lange Zeit relativ stabiler Wechselkursrelationen. Die Auswirkungen flexibler Wechselkurse auf die Unternehmen waren beträchtlich. Als Reaktion auf den gestiegenen Absicherungsbedarf wurden in der Folgezeit verschiedene börsliche und insbesondere außerbörsliche derivative Finanzinstrumente geschaffen. Im sechsten Kapitel wird das differenzierte Angebot außerbörslicher Derivate zum Management von Währungsrisiken beschrieben.
6.1 Komponenten des Währungsrisikos Abb. 6.1 stellt beispielhaft €-US$-Tageskurse als Referenzkurse der Europäischen Zentralbank im Zeitraum 1999 bis 2009 dar und zeigt kurz- wie mittelfristig erhebliche Schwankungen. Die Tageskurse geben an, welchen Betrag in US-Dollar man am jeweiligen Feststellungstermin für einen Euro erhält (Mengennotierung).
1,60 1,50 1,40 1,30 1,20 1,10 1,00 0,90 0,80 Jan. 99
Jul. 00
Jan. 02
Jul. 03
Jan. 05
Jul. 06
Jan. 08
Quelle: Zeitreihen der Deutsche Bundesbank unter www.bundesbank.de Abb. 6.1. €-US$-Referenztageskurse der Europäischen Zentralbank 1999-2009
Jul. 09
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6 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Währungsrisiken
Der Devisenkurs gibt an, wieviele inländische Geldeinheiten zum Erwerb einer Fremdwährungseinheit zu zahlen sind bzw. wieviele Geldeinheiten man beim Verkauf einer Fremdwährungseinheit erhält. Man spricht in diesem Fall auch von einer Preisnotierung, also dem Preis, der für eine Mengeneinheit der Fremdwährung zu entrichten ist. So steht der €-US$-Devisenkurs beispielsweise am 30. September 2003 bei 0,8582 Euro pro US-Dollar und am 2. Januar 2009 bei 0,7212 Euro pro US-Dollar. Alternativ wird die Umtauschrelation zweier Währungen in der Mengennotierung angegeben, bei der der angegebene Kurs jenen Betrag in Fremdwährung bezeichnet, den man für eine Einheit heimischer Währung erhält. Der entsprechende €-US$-Kurs in Mengennotierung beträgt am 30. September 2003 folglich 1,1652 US-Dollar pro Euro und am 2. Januar 2009 1,3866 US-Dollar pro Euro. Diese Mengennotierung wird also in der Einheit USDollar angegeben. Das Währungsrisiko eines Unternehmens resultiert aus den Positionen eines Unternehmens in fremden Währungen, dem Währungs-Exposure, und den potenziellen Änderungen der Wechselkurse. Dabei wird die Unsicherheit über die zukünftige Wechselkursentwicklung als Wechselkursrisiko bezeichnet. Das Währungsrisiko resultiert aus der Unsicherheit über die Höhe der zukünftigen Zahlungen in heimischer Währung. Es kann in verschiedene Komponenten abgegrenzt werden. Ein Währungs-Exposure entsteht im Unternehmen aus dessen realund finanzwirtschaftlichen Aktivitäten und stellt eine Art Angriffsfläche für das Wechselkursrisiko dar. Im Hinblick auf eine Abgrenzung des Währungsrisikos ist es darüber hinaus wichtig, zwischen nominalen und realen Wechselkursänderungen zu unterscheiden. So folgt aus einer nominalen Veränderung des Wechselkurses nur dann eine reale Wechselkursänderung, wenn die nominale Veränderung nicht durch eine gleichzeitige Änderung der Inflationsraten ausgeglichen wird. Heben sich eine nominale Veränderung der Wechselkurse und eine Veränderung der Inflationsraten dagegen auf, so verändert sich der reale Wechselkurs nicht und es herrscht relative Kaufkraftparität. Während die nominalen Wechselkurse täglich zum Teil starken Schwankungen unterliegen, verändern sich die Inflationsraten nur sehr langsam. Aus diesem Grund gilt die relative Kaufkraftparität zumindest kurz- bis mittelfristig nicht. Inwieweit Fluktuationen der nominalen oder realen Wechselkurse die Zahlungsströme eines Unternehmens verändern, inwieweit also bei gegebenem Wechselkursrisiko ein Währungsrisiko besteht, wird durch die (real- und finanz-) wirtschaftlichen Aktivitäten des Unternehmens determiniert und durch das WährungsExposure gemessen. In der Literatur existieren im wesentlichen zwei unterschiedliche Konzepte zur Quantifizierung des Währungs-Exposure bzw. Währungsrisikos, nämlich das Translationsrisiko (Translation Risk) sowie das ökonomische Risiko (Economic Risk). Das Translations-Exposure orientiert sich an den Vorgaben der externen Rechnungslegung, so dass das Translations-Risiko entsprechend die Unsicherheit bzw. die möglichen Schwankungen des buchhalterischen Reinvermögens infolge von Wechselkursänderungen misst. Das ökonomische Exposure ist dagegen zahlungsstrombezogen und umfasst neben den bereits fest kontrahierten Fremdwährungszahlungen alle bekannten potenziellen zukünftigen in- und ausländischen Zahlungsströme, deren Höhe noch ungewiss und von der Wechsel-
6.1 Komponenten des Währungsrisikos
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kursentwicklung abhängig sind. Das ökonomische Risiko stellt dementsprechend die möglichen Schwankungen der zukünftigen Zahlungen in Heimatswährung infolge von Wechselkursänderungen dar. Betrachtet man ausschließlich das ökonomische Risiko, so wird das Währungsrisiko in die drei Komponenten Transaktionsrisiko, Contingent Risk sowie Operating Risk abgegrenzt, die sich hinsichtlich der Art der Unsicherheit und der Abhängigkeit von Wechselkursveränderungen unterscheiden: x Ein Transaktionsrisiko (Transaction Risk) entsteht dann, wenn aufgrund bereits abgeschlossener Verträge an zukünftigen Zeitpunkten Ein- oder Auszahlungen in Fremdwährung erfolgen. Unter diese Exposure-Definition lassen sich neben den bilanziell erfassten Forderungen und Verbindlichkeiten auch die Geschäfte subsumieren, die noch nicht den Objektivierungserfordernissen der externen Rechnungslegung genügen oder aus außerbilanziellen Geschäften resultieren. Da sich der Wechselkurs bis zur Fälligkeit der Fremdwährungszahlungen ändern kann, stehen zwar die jeweiligen Fremdwährungsbeträge ab Vertragsabschluss fest, nicht aber deren zukünftiger Gegenwert in heimischer Währung. Das Transaktions-Exposure ist folglich zeitpunktabhängig und umfasst zu jedem zukünftigen Zeitpunkt den jeweiligen Saldo der heute bereits bekannten Fremdwährungsein- und -auszahlungen. Eine Unsicherheit hinsichtlich der Liefermenge, die auch als Mengenrisiko oder Quantity Risk bzw. Exposure bezeichnet wird, besteht nicht. Zur Messung des Transaktionsrisikos ist der nominale Wechselkurs ausschlaggebend, da der reale Wechselkurs bei Gültigkeit der relativen Kaufkraftparität die Unsicherheit des Gegenwerts der Zahlungen gegenüber Schwankungen der ausländischen Inflationsrate nicht erfasst. x Die zweite Komponente des Währungsrisikos neben dem Transaktionsrisiko stellt das Contingent Risk dar. Charakteristisch für das Contingent Exposure ist eine binomiale Wahrscheinlichkeitsverteilung des Fremdwährungs-Exposure, wie sie beispielsweise aus der Teilnahme an einer Ausschreibung resultiert: Gewinnt das Unternehmen die Ausschreibung, so entsteht ein TransaktionsExposure, erhält das Unternehmen dagegen nicht den Zuschlag, so sieht es sich auch keinem Fremdwährungs-Exposure gegenüber. Vor dem Abschluss von Export- oder Importverträgen oder auch in Verbindung mit Übernahmeangeboten sind etliche vergleichbare Situationen denkbar. x Das Competitive Risk, manchmal auch als Operating Risk bezeichnet, besteht darin, dass sowohl der Gegenwert der heute noch unsicheren zukünftigen Fremdwährungszahlungen als auch die Höhe zukünftiger inländischer Zahlungen infolge eines Wechselkursrisikos unsicher sind. Es besteht also ein Mengenrisko. Das Competitive Exposure setzt letztlich an Zahlungsströmen an, die in einem Zeitraum anfallen, der sich deutlich weiter in die Zukunft erstreckt als der des Transaktions- und des Contingent Risk. Da der absolute Betrag der Zahlungen nicht fixiert, sondern risikobehaftet ist, wird das Competitive Risk wesentlich durch reale Wechselkursänderungen determiniert. Korrespondiert nämlich eine nominale Wechselkursänderung nicht mit einer Änderung der Inflationsraten, wird also die relative Kaufkraftparitätentheorie verletzt, so verän-
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6 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Währungsrisiken
dert sich mit einer Änderung der relativen Preise auch die Wettbewerbssituation des betrachteten Unternehmens. Das Competitive Risk ist aufgrund der Abhängigkeit der Exposure-Höhe von dem Wechselkurs im Unterschied zum Transaktionsrisiko und zum Contingent Risk weder linear noch bedingt linear im Wechselkurs. Infolge der Komplexität, die mit der Quantifizierung des Competitive Risk verbunden ist, wird in der Praxis in einem ersten Schritt vor allem das Transaktionsrisiko adressiert. Darüber hinaus wird das Contingent Risk zuweilen nicht gesondert betrachtet, sondern unter das Transaktionsrisiko subsumiert. Da derivative Instrumente vor allem zur Steuerung der Transaktionsrisiken geeignet sind, konzentrieren sich darauf auch die folgenden Ausführungen. Ohne gesonderte Erwähnung wird in den aufgeführten Beispielen ausschließlich von einem existierenden Transaktions-Exposure ausgegangen. Die verschiedenen Typen derivativer Instrumente sind je nach zugrunde liegendem Exposure-Konzept zur Steuerung des Währungs-Exposure unterschiedlich geeignet. Empirische Untersuchungen belegen, dass erstens der Einsatz derivativer Instrumente im Risikomanagement zugenommen hat und sich zweitens das Instrumentarium vor allem auf unbedingte Termingeschäfte (Forwards, Swaps) und Optionen konzentriert. Im Währungsbereich dominieren OTC-Produkte. Insbesondere für kleinere Unternehmen, für die der Börsenmarkt aufgrund eines zu geringen Transaktionsvolumens nicht geeignet ist, bieten sich die Devisentermingeschäfte und Devisenoptionen der Kreditinstitute an. Ziel der folgenden Abschnitte ist es, die grundlegenden derivativen Finanzinstrumente und ihre Einsatzmöglichkeiten im Bereich des Währungsmanagements darzustellen (Abb. 6.2).
Abb. 6.2. Systematik von Währungsderivaten
6.2 Außerbörsliche Währungsoptionen
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6.2 Außerbörsliche Währungsoptionen 6.2.1 Grundpositionen Durch den Kauf einer Währungsoption erwirbt der Käufer gegen Zahlung einer Optionsprämie das Recht, eine im voraus festgelegte Menge der fremden Währung zu einem bestimmten Ausübungspreis zu kaufen (Call) oder zu verkaufen (Put). Die optionstypischen Merkmale behalten auch für den Bereich der Währungsoptionen ihre Gültigkeit, so dass die grundlegenden Hedging- (Protective Put, Long Call Hedge etc.), Trading- (Optionskombinationen etc.) sowie Arbitrage-Strategien (Synthetische Positionen etc.) auch mit Währungsoptionen umgesetzt werden können. Es soll an dieser Stelle daher lediglich die Absicherung einer Forderung in Fremdwährung über eine Protective Put-Strategie kurz beispielhaft skizziert werden. Ausgegangen wird dazu von einem im Euro-Währungsraum ansässigen Unternehmen, das eine Forderung über 1 Million US$ zahlbar in 180 Tagen besitzt. Der zukünftige Zahlungseingang in US-Dollar ist sicher, aufgrund der unsicheren zukünftigen Umtauschrelation von US-Dollar in Euro besteht aber ein Transaktionsrisiko. Steht der Wechselkurs in sechs Monaten beispielsweise bei 1,2500 US$/€ (Mengennotierung), so beträgt der Zahlungseingang beim Unternehmen nach Umrechnung des US$-Betrags in Heimatwährung 800.000 €. Steht der Wechselkurs bei 1,6000 US$/€, so resultiert ein geringerer Zahlungseingang in Euro, denn das Unternehmen erhält nunmehr nur noch 0,6250 Euro pro US-Dollar: 625.000 €
1.000.000 US$ 1, 6000 US$ / €
1.000.000 US$ 0, 6250 € / US$
Die von der zukünftigen Umtauschrelation linear abhängige Zahlung ist in Abb. 6.3 skizziert und als offene Position in Euro bezeichnet. Auf der Horizontalen ist demnach abgetragen, welchen Euro-Betrag man beim Verkauf eines US-Dollar erhält, mithin die der Preisnotierung entsprechende Wechselkursdarstellung. Das Transaktionsrisiko kann über den Kauf einer Verkaufsoption reduziert werden. Mit der Verkaufsoption erwirbt das Unternehmen das Recht, einen USDollar zu verkaufen und dafür eine bestimmte Anzahl an Euro zu erhalten, d. h. das Unternehmen bekommt für einen US-Dollar die über den Ausübungspreis festgelegte Anzahl an Euro. In der Abb. 6.4 ist ein solcher Put mit Ausübungspreis 1,0000 Euro pro US-Dollar und einer Optionsprämie von 0,2500 € abgetragen. Hat der US-Dollar in Relation zum Euro an Wert gewonnen – was sich in einer geringeren Euro pro US-Dollar-Notierung ausdrückt –, so wird der geringere Zahlungseingang in Euro durch das vorteilhafte Ausüben der Verkaufsoption teilweise ausgeglichen. Steht der Wechselkurs bei 1,6000 US$/€, so erhält das Unternehmen aus der Forderung nur noch 625.000 Euro. Die Option endet im Geld mit einem Wert von 375.000 € abzüglich der Optionsprämie von 250.000 €, aus dem derivativen Geschäft werden also 125.000 € erzielt. Es resultiert eine Gesamtposition von 750.000 €.
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6 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Währungsrisiken
Abb. 6.3. Transaktionsrisiko des Unternehmens im Zahlenbeispiel
Abb. 6.4. Beispiel einer Protective Put-Absicherung
6.2 Außerbörsliche Währungsoptionen
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Zahlung in Heimatwährung
Long Call
Fremdwährung pro Einheit Heimatwährung
offene Position
Long Call Hedge = offene Position und Long Call
Abb. 6.5. Long Call Hedge-Absicherung einer offenen Fremdwährungsverbindlichkeit
Besitzt ein Unternehmen eine feste Verbindlichkeit in Fremdwährung, so ist diese Verbindlichkeit zu interpretieren als Absicht, zukünftig eine Fremdwährungsposition zur Erfüllung der Zahlungsverpflichtung einzugehen. Das Unternehmen hat also eine Short-Position in der Fremdwährung, so dass die Long Call Hedge-Strategie mit der Fremdwährung als Basisobjekt anwendbar ist. Die offene Position kann über den Kauf einer Kaufoption gegen eine ungünstige Wechselkursentwicklung abgesichert werden (Abb. 6.5). Ungünstig ist die Wechselkursentwicklung dann, wenn die Fremdwährung in Relation zur Heimatwährung an Wert gewinnt. Auf der Horizontalen ist demnach der Wert der Fremdwährung pro Einheit Heimatwährung abzutragen. 6.2.2 Absicherungsstrategien mit Collars und Corridors Die vielfältigen Möglichkeiten der Kombination von Optionen haben auch bei der Absicherung von Transaktionsrisiken in Fremdwährungspositionen zu gewissen Standardisierungen geführt. Den Strategien ist gemeinsam, dass sie ein begrenztes Verlust- und Gewinnpotenzial besitzen und die Summe der anfallenden Optionsprämien gegenüber beispielsweise einer Protective Put- oder Long Call HedgeStrategie reduziert bzw. sogar eliminiert ist. Man spricht deshalb auch von Low Cost-Absicherungsstrategien. Im Wesentlichen sind damit die Bandbreitenoptionen gemeint, d. h. Optonskombinationen, die das Wertänderungsrisiko der Position in Abhängigkeit gewisser Bandbreiten möglicher Wechselkurse steuern. Ein zukünftiger Zahlungseingang in Fremdwährung kann über eine Short Collar-Strategie auf eine Bandbreite möglicher getauschter Beträge in Heimatwäh-
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6 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Währungsrisiken
rung abgesichert werden. Short Collars ergeben sich aus dem Verkauf einer Kaufoption mit relativ höherer Umtauschrelation und dem Kauf einer Verkaufsoption mit relativ niedrigerem Wechselkurs. Im Falle einer zukünftigen Zahlungsverpflichtung in Fremdwährung ist eine Long Collar-Absicherung über den Kauf einer Kaufoption, den Verkauf einer Verkaufsoption und im Rahmen der Gesamtposition aus der zugrunde liegenden Kassaposition möglich. Bei Collars bleibt das Währungs-Exposure innerhalb einer gewissen Bandbreite offen, ist außerhalb der Bandbreite aber begrenzt. Neben der Bezeichnung Collars findet man auch stellenweise die Begriffe Range Forwards, Forward Bands oder Cylinder. Analog zu den bereits im fünften Kapitel vorgestellten Zero Cost Collars bei Zinsrisiken werden auch im Währungsrisikomanagement die Collars zuweilen in der Form der Zero Cost Collars konstruiert. Bei Zero Cost Collars werden Putund Call-Option so gewählt, dass die Prämieneinzahlungen aus dem Optionsverkauf gleich den Prämienauszahlungen aus dem Optionskauf sind. In Abb. 6.6 ist eine solche Zero Cost Long Collar-Strategie abgetragen. In Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden Optionen und Ausübungspreisen sind alternative Zero Cost Collars konstruierbar, die sich durch den Abstand der gewählten Ausübungspreise und damit durch die Bandbreite, in der die Exposure-Position variiert, und durch das abgesicherte Niveau außerhalb dieser Bandbreite unterscheiden (Abb. 6.7). Zahlungsstrom in Heimatwährung
Short Put
Long Call
Fremdwährung pro Einheit Heimatwährung
offene Position
Hedge-Position durch Zero Cost Long Collar = Long Call und Short Put und offene Position Abb. 6.6. Gewinn/Verlustprofil der Zero Cost Collar-Strategie
6.2 Außerbörsliche Währungsoptionen
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Zahlungsstrom in Heimatwährung
Hedge mit Zero Cost Long Collar 2
Fremdwährung pro Einheit Heimatwährung
Hedge mit Zero Cost Long Collar 1
offene Kassaposition Abb. 6.7. Gewinn/Verlustprofile alternativer Zero Cost Collar-Strategien
Bei Corridors wird im Gegensatz zu den Collars das Währungs-Exposure innerhalb einer Bandbreite abgesichert und bleibt außerhalb dieses Bereichs erhalten. Bei Corridors werden Optionen gekauft, um das in der Kassaposition vorhandene Verlustpotenzial auszugleichen. Die daraus entstehende Absicherung wird aber zum Teil wieder aufgegeben durch den Verkauf einer gleichgerichteten Option, die sich stärker aus dem Geld befindet. Da die verkaufte Option stärker aus dem Geld liegt als die gekaufte, ist die Realisierung einer Zero Cost-Strategie im Allgemeinen nicht möglich. Verkauft man ein Vielfaches der Anzahl der gekauften Optionen, ist das dadurch erzeugte Verlustpotenzial bzw. die erzeugte Sensitivität größer als bei der ursprünglichen offenen Position. Aus diesem Grund wird die Konstruktion von Corridors in der Regel eine Nettoprämienzahlung erfordern. Geht man wieder von einer vorliegenden Short-Kassaposition aus, so bestehen Corridors aus dem Kauf einer Kaufoption mit niedrigem und dem Verkauf einer Kaufoption mit hohem Ausübungspreis (Abb. 6.8). Die offene Position wird dadurch verwandelt in eine Hedge-Position, die zwischen den beiden gewählten Basispreisen eine fixen Zahlungsstrom erzeugt, außerhalb dieser Bandbreite aber weiterhin einem Wechselkursrisiko unterliegt. Je nach Wahl der Basispreise lassen sich wiederum unterschiedliche Varianten konstruieren, die sich in der Bandbreite und damit auch im Absicherungsniveau unterscheiden (Abb. 6.9).
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6 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Währungsrisiken
Zahlungsstrom in Heimatwährung Short Call
Fremdwährung pro Einheit Heimatwährung
Long Call
Hedge-Position durch Corridor = Long Call und Short Call und offene Position
offene Position
Abb. 6.8. Gewinn/Verlustprofil der Corridor-Strategie
Zahlungsstrom in Heimatwährung Fremdwährung pro Einheit Heimatwährung Hedge mit Corridor 1
Hedge mit Corridor 2
offene Position Abb. 6.9. Gewinn/Verlustprofile alternativer Corridor-Strategien
Break Forwards sind eine weitere Low Cost-Absicherungsstrategie, die Forwards mit einer Option kombinieren, bei einer für das Unternehmen günstigen Entwick-
6.2 Außerbörsliche Währungsoptionen
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lung aus den Forwards aussteigen zu können („break“). Dem Forward-Geschäft wird sozusagen noch eine (Options-) Komponente angehängt, mit der die Verpflichtung aus dem Termingeschäft nicht erfüllt werden muss, sofern der Wechselkurs ein bestimmtes Niveau über- oder untersteigt. Die Kosten der Option werden üblicherweise nicht bei Abschluss des Geschäfts entrichtet, sondern zeigen sich in einem etwas ungünstigeren Terminkurs. 6.2.3 Beispiele zum Einsatz exotischer Optionen Exotische Optionen sind Weiterentwicklungen der Standardoptionen. Das Konstruktionsprinzip exotischer Optionen besteht darin, den Berechnungsmodus der Zahlungen klassischer Optionen zu verändern oder die Möglichkeiten zur Ausübung des Optionsrechts zu modifizieren. Durch diese Veränderungen entstehen neuartige Finanzderivate. Exotische Optionen werden weiter unten noch detaillierter behandelt; ihre besondere Bedeutung im Währungsrisikomanagement soll jedoch Anlass sein, zwei Beispiele vorab zu betrachten. Das erste Beispiel bezieht sich auf die Absicherung eines Zahlungsstroms aus bereits kontrahierten Exportaktivitäten. Im zweiten Beispiel wird ein Investitionsprojekt im Ausland betrachtet, dessen Durchführung von der Entwicklung des Wechselkurses abhängt; dabei sind die Zahlungen in Fremdwährung noch nicht fixiert. Im ersten Beispiel wird von einem europäischen Exportunternehmen ausgegangen, das aufgrund eines bereits abgeschlossenen Liefervertrages mit einem japanischen Abnehmer für das kommende Jahr mit regelmäßigen Einzahlungen in Yen rechnet. Das Unternehmen unterliegt einem Wechselkursrisiko, da der EuroGegenwert der fest kontrahierten Zahlungen in der Fremdwährung mit dem Wechselkurs schwankt. Angenommen, jeweils am Monatsende gehen 1 Millionen Yen bei dem Unternehmen ein und werden zum dann herrschenden Wechselkurs sofort in Euro umgetauscht. Wird ein asymmetrisches Absicherungsprofil gewünscht, so kommt ein Währungs-Swap nicht in Frage, sondern nur eine Absicherung mit Optionen gegen eine Abwertung des Yen. Hier bieten sich drei Strategien mit Optionen an: x Alternative 1: Das Unternehmen kann ein Portfolio aus zwölf klassischen Optionen zum Verkauf von jeweils 1 Millionen Yen gegen Euro erwerben, die jeweils am Monatsende fällig werden. Das Unternehmen ist dann für jedes Monatsende gegen eine Abwertung des Yen geschützt. x Alternative 2: Es könnte auch eine einzige klassische Option zum Verkauf von 12 Millionen Yen gegen Euro erwerben, die am Jahresende fällig wird. Diese Alternative bietet Schutz dagegen, dass der Yen am Jahresende abgewertet hat. x Alternative 3: Schließlich ist die Absicherung über eine sogenannte Average Rate-Option möglich, bei der am Jahresende zum Durchschnitt der Monatsendstände des Wechselkurses 12 Millionen Yen verkauft werden können. Es wird zur Vereinfachung unterstellt, dass die Ausübungspreise der Optionen in allen Alternativen gleich sind. Alternative 2 kann als ein Bündel aus zwölf Optionen auf je 1 Millionen Yen interpretiert werden. Auch in Alternative 1 wird ein
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6 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Währungsrisiken
Bündel aus Optionen erworben; allerdings haben elf dieser Optionen kürzere Laufzeiten als bei Alternative 2. Nur im Hinblick auf die letzte, am Jahresende fällige Option sind die Alternativen 1 und 2 identisch. Da Optionen bei gleichem Basispreis um so weniger kosten, je kürzer ihre Laufzeit ist, ergibt sich ein Preisunterscheid: Elf der zwölf Optionen aus Alternative 1 kosten weniger als die entsprechenden Optionen aus Alternative 2, die zwölfte Option kostet gleich viel. Ingesamt kostet Alternative 2 damit bei gleichem Ausübungspreis der Optionen mehr als Alternative 1. Die Average Rate-Option (Alternative 3) kostet weniger als die zwölf jeweils am Monatsende verfallenden Optionen (Alternative 1). Dies spiegelt das geringere Absicherungsniveau der Alternative 3 wider, denn sie bietet nur einen Schutz gegen das Absinken des durchschnittlichen Wechselkurses. Dagegen ist das Unternehmen bei Alternative 1 gegen ein Absinken des Wechselkurses unter den Ausübungspreis für jedes Monatsende geschützt. Dies zeigt sich z. B. dann, wenn der €/Yen-Kurs nur in den Monaten März und April unter den Ausübungspreis sinkt, der über zwölf Monate gebildete durchschnittliche €/Yen-Kurs aber über dem Ausübungspreis liegt. Dann ist die Ausübung der im März und im April fälligen Verkaufsoptionen der Alternative 1 profitabel, nicht aber die Ausübung der Average Rate-Option. Dann fallen nur bei Alternative 1 positive Zahlungen aus der Absicherungsstrategie an; dies zeigt das geringere Absicherungsniveau der Alternative 3. Alternative 2 erscheint aus folgendem Grund wenig sinnvoll: Es ist möglich, dass der €/Yen-Kurs während der ersten elf Monate deutlich absinkt, aber kurz vor Jahresende wieder so stark ansteigt, dass die Verkaufsoption über 12 Millionen Yen nicht profitabel ausgeübt werden kann. In diesem ungünstigen Fall ist der Euro-Gegenwert der ersten elf Yen-Zahlungen niedrig, nur der Gegenwert der letzten Zahlung ist hoch. Alternative 2 kommt zur Absicherung daher kaum in Frage. Die Entscheidung zwischen den Alternativen 1 und 3 hängt davon ab, welches Absicherungsniveau das Exportunternehmen anstrebt. Wird nur eine Absicherung gegen den Durchschnitt der Monatsendstände des €/Yen-Kurses gewünscht, so ist der Erwerb der Average Rate-Option kostengünstiger. Soll dagegen an jedem Monatsende über einen Mindestbetrag in Euro verfügt werden, so ist das Portfolio der zwölf klassischen Optionen vorzuziehen. Hier können kurzfristige Liquiditätseffekte den Ausschlag geben. Dank der Average Rate-Option bietet sich dem Exporteur aber eine über die Möglichkeiten klassischer Optionen hinausgehende Alternative zur Absicherung des Wechselkursrisikos. Ausgangspunkt des zweiten Beispiels ist ein europäisches Unternehmen, das die Durchführung eines Investitionsprojekts in den USA plant. Der heutige Wechselkurs beträgt 0,95 Euro pro US-Dollar, d. h. für einen US-Dollar hat das Unternehmen 0,95 Euro zu zahlen (Preisnotierung). Das Projekt wird nicht in einem einzigen Schritt, sondern in zwei Investitionsstufen realisiert. Entscheidet sich das Unternehmen für die Durchführung der ersten Stufe, so fallen Auszahlungen über 2 Millionen US$ an, z. B. für die Errichtung von Verkaufsrepräsentanzen. Die Entscheidung über die Durchführung der ersten Stufe ist in drei Monaten zu treffen. Wird die erste Stufe realisiert, so ist nach weiteren vier
6.2 Außerbörsliche Währungsoptionen
163
Monaten zu entscheiden, ob auch die zweite Stufe des Projekts realisiert werden soll. In diesem Fall betragen die Auszahlungen weitere 10 Millionen US$, z. B. für die Fertigstellung der Repräsentanzen und eine sich anschließende Werbekampagne. Die Entscheidungen über die Realisierung der ersten und der zweiten Stufe des Investitionsprojekts hängen davon ab, wie sich der €-US$-Kurs entwickelt. Dabei ist einerseits zu beachten, dass das Unternehmen einen möglichst geringen EuroBetrag für die Realisierung der beiden Investitionsstufen zahlen möchte. Andererseits hat das Unternehmen aber auch die zukünftigen Einzahlungen in USDollar im Blick, die nur bei ausreichend hoher US-Dollar-Notierung einen hohen Wert in der Euro-Heimatwährung ergeben. Damit sind folgende Entscheidungsschritte zu beachten: x Liegt der €-US$-Kurs in drei Monaten bei mindestens 0,80 Euro pro USDollar, so wird mit der ersten Stufe des Projekts begonnen; liegt er darunter, so wird das Projekt nicht durchgeführt. Das Unternehmen geht dann davon aus, dass sich der Verkauf der Produkte in den USA langfristig nicht lohnen wird. x Die zweite Stufe des Projekts wird dann realisiert, wenn der Wechselkurs in sieben Monaten bei mindestens 0,90 Euro pro US-Dollar liegt. x Die Auszahlungen von 2 bzw. 10 Millionen US$ in den beiden Investitionsstufen werden auf einem Wechselkurs von höchstens 0,92 Euro pro US-Dollar abgesichert. x Absicherungen späterer Einzahlungen in US-Dollar werden nicht betrachtet. Das Investitionsprojekt ist also auch dadurch gekennzeichnet, dass seine Realisierung in Abhängigkeit von der Wechselkursentwicklung erfolgt. Damit ist heute unsicher, ob überhaupt ein Wechselkursrisiko besteht. Die Existenz eines Wechselkursrisikos hängt von den Entscheidungen des Unternehmens und damit wiederum vom Wechselkurs ab. Die möglichen US-Dollar-Zahlungen, die in drei und in sieben Monaten anfallen können, sind getrennt zu betrachten. Der Euro-Gegenwert der ersten Zahlung kann mit dem Erwerb einer klassischen Kaufoption über 2 Millionen US$ mit Ausübungspreis 0,92 Euro pro US-Dollar und einer Laufzeit von drei Monaten abgesichert werden. Dann sind in drei Monaten folgende Szenarien möglich: x Liegt der Wechselkurs unter 0,80 Euro pro US-Dollar, dann wird das Projekt nicht begonnen. Zahlungen in US-Dollar fallen nicht an; zugleich verfällt die Kaufoption wertlos. x Bei Kursen zwischen 0,80 und 0,92 Euro pro US-Dollar wird die erste Stufe des Projekts realisiert, so dass das Unternehmen 2 Millionen US$ benötigt; die Option verfällt allerdings ebenfalls wertlos. Der Euro-Gegenwert der 2 Millionen US$ liegt zwischen 1,60 und 1,84 Millionen €. x Liegt der Wechselkurs über 0,92 Euro pro US-Dollar dann wird in die erste Stufe des Projekts investiert. Zugleich wird die Call-Option gewinnbringend ausgeübt. Die gesamte Auszahlung beträgt dann 1,84 Millionen €; um wieviel der Wechselkurs das Niveau von 0,92 €/US$ überschreitet, ist dabei irrelevant.
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6 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Währungsrisiken
Schwieriger ist die Absicherung der US-Dollar-Zahlung in sieben Monaten. Eine heute erworbene klassische Kaufoption kommt hier nicht in Betracht, denn die mit ihr verbundene Absicherung wird nur dann benötigt, wenn der Wechselkurs in drei Monaten das angestrebte Niveau erreicht. Aus heutiger Sicht bietet sich statt dessen eine zusammengesetzte Option, eine sogenannte Compound-Option an, bei der heute eine Option (Mutteroption) erworben wird, die in drei Monaten fällig ist und zum Bezug einer weiteren Option (Tochteroption) berechtigt. Die Mutteroption ist so zu strukturieren, dass ihre Ausübung bei einem Wechselkurs ab 0,80 Euro pro US-Dollar profitabel ist. Die Ausübung der Mutteroption berechtigt zum Erwerb der Tochteroption, die nach weiteren vier Monaten fällig wird und zum Bezug von 10 Millionen US$ zu einem Wechselkurs von 0,92 €/US$ berechtigt. Es resultieren folgende Szenarien: x Liegt der Wechselkurs in drei Monaten unter 0,80 Euro pro US-Dollar, so verfällt die Mutteroption, eine Absicherung auf sieben Monate kommt nicht zustande. Dies ist auch nicht erforderlich, da bei Kursen unter 0,80 €/US$ bereits die erste Stufe des Projekts nicht realisiert wird und somit Zahlungen aus der zweiten Stufe nicht anfallen können. x Bei einem Kurs von mindestens 0,80 Euro pro US-Dollar wird die erste Stufe realisiert und zugleich die Mutteroption ausgeübt. Ist der Wechselkurs in sieben Monaten kleiner als 0,90 €/US$, wird das Projekt abgebrochen; zugleich verfällt die Tochteroption. Die zweite Stufe des Projekts ist bei einem Kurs ab 0,90 Euro pro US-Dollar zu realisieren. Liegt der Wechselkurs zwischen 0,90 und 0,92 €/US$, dann verfällt die Tochteroption wertlos; die Auszahlung für die 10 Millionen US$ beträgt umgerechnet zwischen 9 und 9,2 Millionen €. Bei einem Kurs ab 0,92 €/US$ wird neben der Fertigstellung des Projekts auch die Tochteroption gewinnbringend ausgeübt, so dass die Auszahlung für die zweite Investitionsstufe auf 9,2 Millionen € begrenzt ist. Die Compound-Option erlaubt es also, bereits heute eine Absicherung gegen einen Wertverlust im US-Dollar per sieben Monate aufzubauen, die nur dann wirksam wird, wenn der Wechselkurs per drei Monate mindestens 0,80 €/US$ beträgt. Damit entspricht die Struktur der Compound-Option exakt der Struktur des Investitionsprojekts. Denn die erste Stufe des Investitionsprojekts wird nur dann realisiert, wenn der Wechselkurs die Schwelle von 0,80 €/US$ überschreitet. Unter derselben Bedingung ist die Mutteroption auszuüben. Das bedingte Wechselkursrisiko aus dem als Realoption interpretierbaren Investitionsprojekt begrenzt sich durch die bedingte Absicherung der Compound-Option.
6.3 Währungs-Forwards Währungs-Forwards sind Vereinbarungen zwischen Käufer und Verkäufer, eine im voraus festgelegte Menge eines bestimmten Währungsbetrags als Basiswert zu
6.3 Währungs-Forwards
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einem bestimmten Preis an einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt zu kaufen oder zu verkaufen. Man spricht in der Finanzpraxis auch von einem Devisentermingeschäft. Käufer von Währungs-Forwards verpflichten sich, den Fremdwährungsbetrag entsprechend der Spezifikation zu kaufen und gehen damit eine LongPosition ein. Verkäufer von Währungs-Forwards gehen entsprechend eine ShortPosition ein. Bei Abschluss des Vertrages wird der Lieferpreis der Forwards so gewählt, dass der Wert der Position zunächst Null ist. Dieser Lieferpreis ist gleichzeitig der zu diesem Zeitpunkt gültige Terminkurs des Basiswertes für die dem Forward-Geschäft zugrunde liegende Laufzeit. Der Forward-Preis bestimmt sich in Abhängigkeit von dem aktuellen Wechselkurs, dem Lieferdatum und den Zinsniveaus der beiden Währungsregionen über die sogenannte Zinsparität (Covered Interest Rate Parity). Die Zinsparität wird im neunten Kapitel hergeleitet. Im zweiten Kapitel wurde in einem einführenden Beispiel eine offene Währungsposition, eine Verpflichtung zur Zahlung eines Fremdwährungsbetrags, über eine Long Forward Hedge-Strategie abgesichert (Abb. 2.3). Mit einer ShortPosition in Forwards verpflichtet sich ein Investor zum Verkauf eines Fremdwährungsbetrags und sichert damit einen erwarteten Zahlungseingang in Fremdwährung gegen Wechselkursänderungen ab. Zur Illustration wird wieder das im EuroWährungsraum ansässige Unternehmen betrachtet, das eine Forderung über 1 Million US$ besitzt. Der Euro-Gegenwert der Verpflichtung schwankt mit dem im zukünftigen Zeitpunkt geltenden Wechselkurs.
Abb. 6.10. Beispiel zur Short Forward Hedge-Strategie
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6 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Währungsrisiken
Graphisch ist diese Situation in Abb. 6.10 dargestellt. Auf der Horizontalen ist abgetragen, wieviele Euro pro US-Dollar man zum Ende des Betrachtungszeitraums erhält. Auf der Vertikalen ergibt sich abhängig vom Wechselkurs der zukünftige Zahlungsstrom in Euro. Sichert das Unternehmen seine US-Dollar-Position durch einen Terminverkauf ab, so ist es sowohl gegenüber einer (nachteiligen) Abwertung des Dollar als auch gegenüber einer (vorteilhaften) Aufwertung des Dollar immunisiert.
6.4 Währungs-Swaps Währungs-Swaps bzw. Straight Currency Swaps können als direkte Vorläufer der heutigen Swap-Transaktionen bezeichnet werden. Bei Straight Currency Swaps werden keine Darlehen an die Gegenpartei ausgereicht, sondern die entsprechenden Devisenbeträge an die Gegenpartei mit der gleichzeitigen Verpflichtung verkauft, diese Beträge zum gleichen Wechselkurs zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zurückzukaufen. In ihrer rudimentären Form bestehen Currency Swaps aus dem Austausch einer Serie von Zahlungsströmen in unterschiedlicher Währung zwischen zwei Parteien. Diese Grundbeträge werden entsprechend der zum Zeitpunkt der Swap-Vereinbarung geltenden Wechselkurse so gewählt, dass sie sich zu Beginn der Transaktion entsprechen. Eine Currency Swap-Transaktion lässt sich demnach in die vier grundlegenden Schritte Aufnahme des Kapitals, Austausch des Kapitals, Austausch der Zinsen und Rücktausch der Grundbeträge einteilen. Die ersten Währungs-Swaps kamen bereits in den sechziger Jahren auf, blieben aber zunächst von untergeordneter Bedeutung. Die Swap-Transaktion zwischen IBM und Weltbank im Jahre 1981 war ein wichtiges Ereignis für die Entwicklung und Bedeutung der Swaps. Das Unternehmen IBM suchte damals nach Möglichkeiten, bestehende Schweizer Franken-Verbindlichkeiten, die zur Finanzierung von US-Dollar-Investitionen eingegangen worden waren, vorzeitig zurückzuzahlen, um Währungsgewinne zu realisieren. Die Weltbank dagegen wollte sich in Niedrigzinswährung verschulden, konnte aufgrund vorangegangener Beanspruchung des Schweizer Franken-Kapitalmarktes aber keine erstklassigen Konditionen mehr durchsetzen. Weltbank und IBM schlossen deshalb ein SFr-US$Währungs-Swap-Geschäft ab. Das Unternehmen IBM kaufte am Devisenmarkt Schweizer Franken, gab diese an die Weltbank weiter und bekam dafür den durch einen vertraglich vereinbarten Tauschkurs fixierten Gegenwert in US-Dollar. Die Weltbank hatte sich diese US-Dollar-Beträge aus einer Anleihe besorgt, die günstig am US-Dollar-Markt platziert werden konnte. Da bei Währungs-Swaps üblicherweise auch Zinszahlungen in unterschiedlichen Währungen getauscht werden, spricht man auch von Zins-Währungs-Swaps (Cross Currency Swaps). Werden jeweils Festzinsen getauscht, so handelt es sich um Fixed to Fixed-Währungs-Swaps. Werden jeweils variable Zinsen getauscht, so handelt es sich um Floating to Floating-Währungs-Swaps. Dementsprechend gelten bei den Währungs-Swaps grundsätzlich die gleichen Motive für einen Ab-
6.5 Börsengehandelte Währungsderivate
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schluss wie bei den Zins-Swaps. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass Währungs-Swaps insbesondere für lange Zeithorizonte auch vorgenommen werden, um lediglich die Kapitalbeträge der Währungen auszutauschen.
6.5 Börsengehandelte Währungsderivate Unter einem Währungs-Future-Kontrakt versteht man die vertragliche Vereinbarung, einen standardisierten Betrag einer bestimmten Währung zu einem zukünftigen, standardisierten Zeitpunkt zu einem im voraus fixierten Kurs zu kaufen bzw. zu verkaufen. Der Future-Käufer bzw. -Verkäufer verpflichtet sich, den Währungsbetrag abzunehmen bzw. zu liefern. Bedeutende Börsen, an denen Währungs-Futures (Devisen-Futures) in den wichtigsten Währungen gehandelt werden, sind der International Money Market IMM an der Chicago Mercantile Exchange CME, die Euronext.Liffe sowie die Singapore International Monetary Exchange SIMEX. Der erste Future-Kontrakt auf Devisen wurde im Jahre 1972 am IMM eingeführt, der heute die bedeutendste Börse für Devisen-Futures ist. Kontrakte werden auf eine Vielzahl von Währungen wie beispielsweise den australischen Dollar, das britische Pfund, den kanadischen Dollar, den Euro, den japanischen Yen und den schweizerischen Franken gehandelt. Währungs-Futures entsprechen von ihrem grundsätzlichen Charakter her Währungs-Forwards. Sowohl Währungs-Futures wie auch -Forwards stellen eine unbedingte Vereinbarung über den verpflichtenden Austausch eines bestimmten Währungsbetrags zu einem bestimmten Zeitpunkt zu im vorhinein vereinbarten Konditionen dar. Der Unterschied besteht insbesondere in dem börslichen Handel und der daraus folgenden Standardisierung und Clearing der Geschäfte. Die Unterschiede zwischen Futures und Termingeschäften müssen bei der Steuerung des Währungsrisikos berücksichtigt werden. So kann es aufgrund der Standardisierung der Futures der Fall sein, dass x der Betrag der abzusichernden Position nicht mit der Kontraktgröße oder einem Vielfachen davon übereinstimmt (Ganzzahligkeitsproblem), x die Fälligkeitstermine der Future-Position und der abzusichernden Position nicht kongruent sind (Fristeninkongruenz), x keine Futures auf die abzusichernde Währung angeboten werden. In all diesen Fällen besteht im Vergleich zu einer Steuerung mit Forwards ein Restrisiko, das als Basisrisiko bezeichnet wird. Von besonderer Bedeutung ist dabei das Basisrisiko infolge einer Inkongruenz des Basiswertes sowie der Absicherungsfrist. Des weiteren existiert im Unterschied zu außerbörslichen Termingeschäften ein Liquiditätsrisiko, das aus der Erfordernis zum Einschuss von Margins resultiert. Während beispielsweise im Falle einer offenen US-Dollar- oder einer EuroPosition liquide Future-Kontrakte als Absicherungsinstrumente zur Verfügung stehen, existieren für weniger gängige Währungen entweder keine oder nur recht illi-
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6 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Währungsrisiken
quide börslich gehandelte Kontrakte, so dass eine Absicherung mit Hilfe von Futures auf andere Währungen in Betracht gezogen werden muss. In diesem Fall spricht man auch von Cross Hedging. Um eine möglichst gute Absicherung zu erreichen, sollte bei der Cross HedgeStrategie auf Futures zurückgegriffen werden, deren Basiswert mit dem der abzusichernden Währung stark korreliert. Welche Währungen für Cross Hedge-Strategien geeignet sind, ist also ein empirisches Problem und kann beispielsweise mit Hilfe einer Korrelationsanalyse bestimmt werden. Unter der Zielsetzung der Varianzminimierung ist bei der Absicherung mit gegebenen Futures diejenige Währung zu wählen, für die die Korrelation zum Basiswert der Futures am größten ist. Das Quadrat dieser Korrelation bezeichnet man auch als Hedging-Effizienz. Sie gibt an, wieviel Prozent der Streuung der Wechselkursänderung in der Währung des Future-Kontraktes durch die Streuung der Wechselkursänderung in der Währung erklärt wird und damit wie groß die Eignung der Währung als Absicherungswährung ist. Ein prinzipielles Problem dieser Konstruktion von Cross Hedges besteht darin, dass die Strategie auf Basis historischer Datenanalysen umgesetzt wird. Die Absicherungsposition muss deshalb regelmäßig angepasst werden, um eventuelle Veränderungen in der Zusammenhangsstruktur zu antizipieren. Selbst wenn Futures auf die in Betracht kommende Währung gehandelt werden, kann die Standardisierung auf bestimmte Fristigkeiten zu ähnlichen Restrisiken führen wie die Produktnormierung. Stimmen Laufzeit der Futures und Fälligkeit der Basisposition nicht überein, so bezeichnet man dies gelegentlich auch als zeitliches Cross Hedging. Bei stochastischer Basis als Differenz zwischen dem Kassaund dem Future-Kurs entsteht dadurch ein im Vergleich zu einer fristenkongruenten Absicherung zusätzliches Basisrisiko. Eine varianzminimierende Zahl an Future-Kontrakten (Hedge-Ratio) ähnelt jener bei einer Inkongruenz des Basiswertes, nur dass anstelle der anderen Fremdwährung der Future-Kurs mit entsprechender Fristigkeit von Bedeutung ist. Empirisch kann hier somit ebenfalls eine Regressionsanalyse angesetzt werden. Ein spezifisches Problem stellt die Absicherung eines langfristigen Exposure mit Futures dar, da Währungs-Futures üblicherweise nur Laufzeiten bis zu zwei Jahren besitzen und meist auch nur kurz bis mittelfristige Futures ausreichende Liquidität aufweisen. Ist die Laufzeit der am längsten laufenden Futures kürzer als die der Basisposition, besteht zum einen die Möglichkeit, die Basisposition offen zu lassen, bis Futures mit genügend langer Laufzeit zur Verfügung steht. Zum anderen kann eine Position in Futures mit der längsten Laufzeit eröffnet und die Basisposition über den Zeitraum zwischen dem Verfalltag dieser Futures und dem Fälligkeitstag der Basisposition offen gelassen werden. Diese Hedging-Strategien, die auch als Teilzeitabsicherungen bezeichnet werden, sind vor allem dann in Erwägung zu ziehen, wenn der Fristigkeitsunterschied zwischen der längsten FuturePosition und der Basisposition gering ist. Mit zunehmendem Fristigkeitsunterschied und zunehmender Wechselkursvolatilität erscheint es als attraktiver, kurzfristige Terminkontrakte einzugehen und diese sukzessive zu prolongieren. Die ursprüngliche Future-Position wird also nach einiger Zeit glattgestellt und durch eine neue Future-Position mit späterer
Literaturhinweise zu Kapitel 6
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Fälligkeit ersetzt. Dies wiederholt sich, bis eine Position in hinreichend liquiden Futures eröffnet werden kann, deren Fälligkeit mit dem Fälligkeitstag der Basisposition übereinstimmt. Diese Strategie wird als Roll Over Hedge, Rolling the Hedge Forward, Rolling Stack oder auch als Sequential Hedging bezeichnet. Sie involviert zwar eine Absicherung des absoluten Preisrisikos über die gesamte Laufzeit, es entstehen aber zu den Roll Over-Zeitpunkten jeweils Basisrisiken. Die Hedge-Ratios bzw. Hedge-Volumina werden rekursiv, d. h. ausgehend von dem am weitesten in der Zukunft liegenden Roll Over-Termin bestimmt. Da die letzte Prolongation sinnvollerweise erst dann stattfindet, wenn Futures mit ausreichender Fristigkeit vorhanden sind und eine fristenkongruente Absicherung möglich ist, wird zu diesem Zeitpunkt ein Hedge-Volumen in Höhe des Exposure eingegangen. Da Gewinne und Verluste aus der Future-Position täglich verrechnet werden, entsteht eine Asynchronität der Zahlungen aus der Basis- und der Absicherungsposition. Steigt beispielsweise der Wechselkurs im Falle einer mit Short Futures abgesicherten Long Basis-Position, so sind die aus der Future-Position entstandenen Verluste bereits auszugleichen, während die kompensierenden Gewinne aus der Basisposition reine Buchgewinne darstellen. Wenngleich sich die Gewinne und Verluste aus der Basis- und der Future-Position bei Fristenkongruenz und gleichem Basiswert zu Ende der Laufzeit ausgleichen, können während der Laufzeit beträchtliche Cash Flow-Schwankungen entstehen. Dies gilt umso mehr, je länger die Laufzeit und je höher das Volumen der Hedge-Position sind. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass trotz der grundsätzlichen Ähnlichkeit von Forwards und Futures zusätzliche Risiken bei einer Absicherung mit Futures existieren. Während der Laufzeit existiert ein Liquiditätsrisiko sowie im Falle von Roll Over-Hedges ein intertemporales Basisrisiko. Bei Fälligkeit besteht darüber hinaus ein Basisrisiko infolge von Ganzzahligkeitsproblemen, einer Inkongruenz des Basiswertes oder einer Fristeninkongruenz. Diese Restrisiken beeinträchtigen die Absicherungswirkung. Die gemachten Aussagen sind grundsätzlich unabhängig von dem Typ des Basiswertes und somit auf den Fall von Futures auf Aktienindizes, auf Zinstitel und auf sonstige Basiswerte übertragbar.
Literaturhinweise zu Kapitel 6 Neben Hull 2008 und Schmidt 2006 beschäftigen sich die Bücher von Breuer 2000, Copeland 2000, Galitz 1995, Grabbe 1996 und Ritchken 1996 speziell mit Derivaten im Währungsrisikomanagement. Bloss et al. 2009 adressieren sich an die Unternehmenspraxis. Einen Einblick über das Ausmaß der Nutzung von Währungsderivaten in Unternehmen in Deutschland erhält man bei Gebhardt u. Ruß 1999 sowie Glaum 2002. Die Frage der Vor- und Nachteile der Verwendung außerbörslicher Instrumente zur Absicherung des Währungsrisikos gegenüber börslich gehandelten Produkten behandelt Büschgen 1997. Das Exposure-Konzept wurde zunächst im Zusammenhang mit Währungsrisiken verwandt (Adler u. Dumas 1984), später aber auf andere Risikoarten übertragen (Smith 1999). Pfennig 1998 beschäftigt sich ausführlich mit der Systematisierung der Komponenten des
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6 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Währungsrisiken
Währungsrisikos. Beispielhafte Strategien zur Steuerung von Währungsrisiken mit exotischen Optionen findet man bei Adam-Müller u. Schäfer 2001 sowie bei Rudolph 1996. Rudolph 1996 diskutiert ebenso Low Cost-Absicherungsstrategien (Collars, Corridors). Das Beispiel des erwähnten IBM-Weltbank-Swap-Geschäfts ist in Nabben 1990 dokumentiert. Pfennig u. Rudolph 2001 bieten eine modelltheoretische Formulierung der Behandlung des Basisrisikos beim Hedging mit Währungs-Futures.
Schlüsselbegriffe Average-Option Break Forward Competitive Risk Compound-Option Contingent Risk Corridor Covered Interest Rate Parity Cross Currency Swap Durchschnittsoption Exotische Option Exposure
Mengenrisiko Operating Risk Straight Currency Swap Transaction Risk Translation Risk Währungs-Exposure Währungs-Forward Währungsrisiko Währungs-Swap Wechselkurs Wechselkursrisiko
Fragen und Aufgaben Fragen 1. Erläutern Sie den Unterschied zwischen Preis- und Mengennotierung. 2. Betrachten Sie das ökonomische Risiko als Teil des Währungsrisikos. Welche Komponenten des Währungsrisikos eignen sich eher zur Steuerung mit Derivaten, welche weniger? 3. Mit welcher Optionskombination kann man ein Währungs-Exposure ausschließlich innerhalb einer Bandbreite absichern? 4. Formulieren Sie eine Situation, in der ein Contingent Risk durch den Einsatz exotischer Optionen gesteuert werden kann. 5. Gibt es für Industrieunternehmen typische Wechselkursrisiken, die sich mit Hilfe von Durchschnittsoptionen steuern lassen? 6. Werden an der Eurex Währungsderivate gehandelt? Nennen Sie einige Börsenplätze, an denen Währungsderivate gehandelt werden. 7. Was versteht man unter einer Cross Hedge-Strategie mit Futures? 8. Kann bei der Absicherung von Währungsrisiken mit Futures ein Basisrisiko aufgrund von Fristeninkongruenzen auftreten?
Fragen und Aufgaben
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Aufgabe 6.A Betrachten Sie den Fall eines US-amerikanischen Unternehmens, das in einigen Monaten eine Million Computer Chips fertigstellt, die in den USA für 1 US$ pro Stück oder alternativ in Deutschland für 1 € pro Stück verkauft werden können. 1. In welcher Situation ist es für das Unternehmen bei Vernachlässigung von Transaktionskosten von Vorteil, die Produktlinie nach Europa zu exportieren? 2. Zeigen Sie, dass das Euro-Exposure nichtlinear abhängig ist vom Wechselkurs. 3. Welchem Zahlungsstrom sieht sich der Unternehmer in drei Monaten ausgesetzt, wenn er keine Absicherungsstrategie implementiert? 4. Zeigen Sie anhand des Zahlungsflusses in drei Monaten, dass eine Absicherung mit Forwards nicht in einer perfekten Hedge-Position mündet, der Verkauf einer Kaufoption aber das nichtlineare Kursrisiko eliminiert. Aufgabe 6.B Ein US-amerikanisches Unternehmen mit starker Exportorientierung nach Europa verfügt in einem Jahr über das folgende nichtlineare Risiko-Exposure gegenüber dem €-US$-Wechselkurs: Der Gewinn aus dem operativen Geschäft in US$ beträgt genau 1 Million US$, wenn der €-US$-Wechselkurs zwischen 1,05 und 1,15 Euro pro US-Dollar liegt. Fällt der Wechselkurs unter 1,05 oder steigt er über 1,15, so sinkt der Gewinn mit einer Veränderung des Wechselkurses von 0,01 um 20.000 US$. 1. Zeichnen Sie den Gewinn aus dem operativen Geschäft in US$ in Abhängigkeit vom €-US$-Wechselkurs in ein Payoff-Diagramm ein. An welche Optionskombination erinnert Sie dieser Payoff? 2. Das Unternehmen wendet sich an seine Bank, um sich über die Möglichkeiten einer Absicherung des Währungsrisikos zu informieren. Ziel ist es, die Varianz der Gewinne aus dem operativen Geschäft zu minimieren. Beschreiben Sie die Absicherungsstrategie, die Sie dem Unternehmen empfehlen. Aufgabe 6.C Sie erwarten in sechs Monaten einen Zahlungseingang in Höhe von einer Million US-Dollar. 1. Unterstellen Sie zunächst, dass Sie nicht der Meinung sind, eine bessere Prognose des US-Dollar-Kurses als jene des Marktes abgeben zu können. Welche Absicherungsstrategie sollten Sie dann verfolgen? 2. Im Unterschied zu dem Konsens der Marktteilnehmer gehen Sie davon aus, dass der Wechselkurs in sechs Monaten unter dem Terminmarktkurs notiert. Wie würden Sie Ihre Terminposition dann grundsätzlich anpassen? Was könnte dem jedoch entgegenstehen? 3. Nehmen Sie nun an, dass Sie in sechs Monaten entgegen dem Marktkonsens einen über dem Terminkurs notierenden Wechselkurs erwarten. Welche Position streben Sie nun an? Durch welchen Instrumenteneinsatz erreichen Sie diese?
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6 Derivative Finanzmarktinstrumente im Management von Währungsrisiken
Aufgabe 6.D Ein Exporteur erwartet in drei Monaten einen Zahlungseingang in Höhe von 1 Million US$. Er möchte diesen Betrag „so teuer wie möglich“ verkaufen, ist aber nicht bereit, das Risiko eines großen Verlusts gemessen in Euro einzugehen. Der US-Dollar notiert zur Zeit bei 0,85 Euro pro US-Dollar, der Terminabschlag für 3 Monate beträgt 0,01 Euro pro US-Dollar. 1. Stellen Sie überblicksartig geeignete Forward-Positionen in Abhängigkeit von erwarteten Wechselkursen von 0,80 €/US$, 0,85 €/US$ und 0,90 €/US$ dar. 2. Alternativ zu einem Termingeschäft kann auch eine Währungsoption eingesetzt werden. Welche Art von Währungsoption (Call oder Put) ist in diesem Fall grundsätzlich geeignet? Unterstellen Sie, dass diese Option mit einem Ausübungspreis in Höhe von 0,85 €/US$ bei den derzeitigen Marktverhältnissen einen Prämieneinsatz von 0,03 €/US$ erfordert. Berechnen Sie den EuroGegenwert des US$-Zahlungseingangs für alternative Wechselkurse und stellen Sie die Absicherungsposition graphisch dar. 3. Aufgrund einer intensiven Wettbewerbssituation ist dem Exporteur die Optionsprämie zu teuer. Welche Möglichkeiten bieten sich, diese durch Veränderung der Kontraktspezifika der Option zu reduzieren bzw. durch eine zusätzliche Optionsposition teilweise oder vollständig zu kompensieren? 4. Nehmen Sie an, dass eine US$-Kaufoption mit einer Laufzeit von drei Monaten und einem Ausübungspreis von 0,90 €/US$ zu einer Prämie von 0,03 €/US$ am Markt gehandelt wird. Wie kann mit diesen Calls und geeigneten Puts eine Zero Cost-Absicherung des Zahlungseingangs gegen einen starken Verfall des US-Dollar durchgeführt werden? Berechnen Sie für diese Position den EuroGegenwert für alternative Wechselkurse und stellen Sie die Positionen graphisch dar. Lösungsskizzen sowie weitere Fragen und Aufgaben sind auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de zu finden.
7 Kreditderivate und Handel von Kreditrisiken
Ebenso wie eine Steuerung der Marktrisiken von Aktien, Rentenwerten oder Devisen über den Einsatz derivativer Finanzinstrumente erfolgen kann, ist es auch möglich, mit Hilfe von Derivaten auf Kreditpositionen ein Management von Kreditrisiken zu betreiben. Kreditderivate sind Finanzinstrumente, die Kreditrisiken isolieren und von dem zugrunde liegenden Kreditgeschäft separat transferieren können. Sie stellen sich als Derivate im üblichen Sinn mit der Besonderheit dar, dass ihre Zahlungscharakteristik an das Kreditrisiko eines Referenzaktivums als Basiswert geknüpft ist.
7.1 Konstruktionsmerkmale von Kreditderivaten Kreditderivate eröffnen die Möglichkeit, einzelne Bestandteile von Kreditrisiken, den gesamten Risikogehalt einer Kreditposition oder sogar die Risiken ganzer Kredit-Portfolios zu separieren und getrennt handelbar zu machen. Im J. P. Morgan Guide to Credit Derivatives wird dazu formuliert „In so doing, credit derivatives separate the ownership and management of credit risk from other qualitative and quantitative aspects of ownership of financial assets.“ (Risk 1999, Chapter 1). Der Transfer kann über die gesamte Laufzeit oder einen bestimmten Laufzeitabschnitt der Kredite erfolgen. Neben Anleihen und Kreditpositionen kommen dementsprechend als Referenzaktiva Portfolios aus kreditrisikosensitiven Instrumenten oder Indizes in Frage, die ein Kollektiv von Kreditrisiken erfassen. Bei der Konstruktion der Kreditderivate muss dabei im Einzelnen spezifiziert werden, welcher „Trigger“ gewählt wird, der den Eintritt des Schadensfalles definiert. Neben dem Ausfall des Kredits oder der Insolvenz des Schuldners können auch Wertänderungen des Basistitels oder Rating-Verschlechterungen des Schuldners als Auslöser für die Zahlungen aus einem Kreditderivat vereinbart werden. Als Vorgänger der Kreditderivate gelten die in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts üblichen Asset Swaps als Kombinationen aus festverzinslicher Anleihe und Zins-Swap, so dass das Kreditrisiko der Anleihe isoliert werden konnte. Die ersten spezifischen Kreditderivate wurden zu Beginn der neunziger Jahre von US-amerikanischen Investmentbanken entwickelt und emittiert. Bankers Trust gilt dabei mit einer 1991 emittierten Collateralised Bond Obligation mit eingebauter Credit Default-Option als erstmaliger Anwender. Im Zuge der Asienkrise von 1997 erlebte der Kreditderivatemarkt einen deutlichen Aufschwung, der im Zuge der Russlandkrise 1998 noch einmal verstärkt wurde. Auch danach verzeichnete
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7 Kreditderivate und Handel von Kreditrisiken
der internationale Markt für Kreditderivate eine beachtliche Entwicklung. So hat sich von 1997 bis 2002 das Volumen des Marktes mehr als verzehnfacht. Deutsche Banken sind im internationalen Vergleich erst ab Ende der neunziger Jahre an den Märkten für Kreditderivate aktiv geworden. Ein Asset Swap-Paket besteht aus einer ausfallrisikobehafteten Kuponanleihe und einem Zins-Swap. Der Asset Swap-Verkäufer (Partei A) liefert gegen die Bezahlung des Kaufpreises eine Anleihe an den Asset Swap-Käufer (Partei B) und leistet regelmäßig Kuponzahlungen. Zudem wird eine Swap-Vereinbarung getroffen, in welcher die Festzinszahlung in Höhe des Kupons der Anleihe gegen eine variable Zinszahlung plus/minus einer Marge (Asset Swap Spread) getauscht wird. Hierbei wird die Marge so bestimmt, dass der Wert des Asset Swap-Pakets zum Ausgabezeitpunkt dem Nennwert der Anleihe entspricht. Die Swap-Vereinbarung wird durch einen möglichen Ausfall der Anleihe nicht berührt, sie läuft davon unabhängig weiter. Die Zahlungsströme eines Asset Swap sind in Abb. 7.1 dargestellt. Da Kreditderivate mit wenigen Ausnahmen wie den an der Chicago Mercantile Exchange notierten Futures auf den CME Quarterly Bankruptcy Index und den iTraxx Europe Kredit-Futures der Eurex außerbörslich gehandelt werden, gibt es mittlerweile eine große Vielfalt an Kreditderivatekonstruktionen. Nach der internationalen Finanzkrise 2007-2009 wurden erhebliche Anstrengungen unternommen, für den Handel mit Kreditderivaten das Abrechnungsmodell der zentralen Gegenpartei attraktiv zu machen bzw. sogar verbindlich vorzuschreiben. Wie bei den anderen OTC-Derivaten auch stellt sich in diesem Fall eine Central Clearing Counterparty mit Vertragsabschluss zwischen den Käufer und Verkäufer des Derivats und trägt damit für beide Vertragspartner das Risiko, dass die Gegenpartei ausfällt. Das Gegenparteirisiko wurde in der internationalen Finanzkrise schlagend, als die American International Group AIG, die riesige Volumina übernommener Zahlungsverpflichtungen aus Kreditderivaten im Juni 2008 nicht bedienen konnte und so den Schutz viele Sicherungskäufer zerstörte, vom Staat aufgefangen werden musste. Lieferung der Anleihe
Kaufpreis der Anleihe
Asset Swap Verkäufer (A)
Kupon der Anleihe
Festzinszahlung in Höhe des Kupons der Anleihe
LIBOR + Asset Swap Spread
Abb. 7.1. Asset Swap
Asset Swap Käufer (B)
7.1 Konstruktionsmerkmale von Kreditderivaten
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Die folgende Übersicht über die wesentlichen Konstruktionsbausteine von Kreditderivaten weist auf die Vielfalt der Ausgestaltungsmöglichkeiten hin: x Als Vertragspartner stehen sich der Sicherungskäufer (Protection Buyer, Risikoverkäufer), der sich gegen das Kreditrisiko absichern möchte, und der Sicherungsverkäufer (Protection Seller, Risikokäufer) gegenüber, der das Kreditrisiko übernimmt und im Gegenzug dafür eine Prämienzahlung erhält. Vertragspartner sind insbesondere Kreditinstitute, Versicherungsgesellschaften und Industrieunternehmen. x Als Basis- oder Referenzinstrument können einzelne Kreditpositionen (Anleihen, Buchkredite), Kredit-Portfolios oder Teile solcher Portfolios (Körbe, Baskets) bzw. Indizes oder andere synthetisch gebildete Einheiten vereinbart werden. x Die Laufzeit des Kreditderivats kann auf die Laufzeit des Basisinstruments abgestimmt sein oder mit kürzerer Frist gewählt werden. x Als Kreditereignis (Credit Event) kommen die Insolvenz des Kreditnehmers, das Ausbleiben von Zinszahlungen oder das Erreichen einer bestimmten Rating-Verschlechterung in Betracht. Besteht das Kreditderivat aus einem Korb, dann kann der Ausfall eines einzigen Referenzschuldners oder eine Kombination von Tatbeständen als „Trigger“ vereinbart sein. Es ist vorteilhaft, öffentlich verfügbare, leicht überprüfbare und nicht zu breit definierte Kreditereignisse zu vereinbaren. Kreditereignisse knüpfen häufig an Wertänderungen des Basisoder Referenzinstruments an, können aber auch relativ unabhängig davon beispielsweise durch eine Änderung des Kreditschuldner-Rating definiert sein. x Die Kompensation (Ausgleichszahlung) bei Eintritt des Kreditereignisses (Credit Event Payment) kann entweder von der physischen Lieferung des Referenzaktivums (also z. B. des Kredits) an den Sicherungskäufer begleitet sein, der dann die Kreditforderung in seinen Bestand nimmt, oder in Form einer Ausgleichzahlung (Cash Settlement) erfolgen. Als Kompensationsbetrag kann eine Wertdifferenz oder ein Festbetrag vereinbart sein. Ist die Kompensation erfolgt, so erlischt der Vertrag und die Laufzeit des Kreditderivats ist vorzeitig beendet. x Schließlich ist die Prämie des Kreditderivats Vertragsgegenstand, die der Sicherungskäufer dem Sicherungsverkäufer für die Übernahme des Kreditrisikos zu zahlen halt. Die Prämie kann einmalig oder in Form einer periodischen Zahlung geleistet werden. Die Kalkulation fairer Prämien ist Gegenstand spezieller Abhandlungen, wird aber in diesem Buch nicht im Einzelnen behandelt. Der Risikokäufer des Geschäfts übernimmt mit dem Kreditderivat eine synthetischen Risikoposition an dem Schuldnervermögen, während der Risikoverkäufer die originäre Position behält, aber das damit verbundene Risiko weitergegeben hat. Während das Grundmotiv der Emission von Kreditderivaten in den 80er Jahren zunächst die Absicherung von Risiken war, sind heute wie in den anderen derivativen Märkten ebenfalls Anlagemotive, die durchaus in einem größeren Kontext wiederum Elemente der Absicherung aufweisen können (Risikostreuung) sowie Arbitrage-Motive die wesentlichen Treiber des Marktes.
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7 Kreditderivate und Handel von Kreditrisiken
Kreditderivat Prämie
Sicherungsnehmer (Protection Buyer)
Sicherungsgeber (Protection Seller) Absicherung gegen Kreditrisiko
Originäre Kreditbeziehung Synthetische Kreditrisikoposition
Referenzschuldner bzw. -aktivum Abb. 7.2. Grundstruktur eines Kreditderivats
Abbildung 7.2 zeigt die Grundstruktur eines typischen Kreditderivats. Der Sicherungsgeber (Risikokäufer) des Geschäfts übernimmt mit dem Kreditderivat eine Risikoposition an dem Schuldnervermögen, während der Sicherungsnehmer (Risikoverkäufer) seine ursprüngliche Position als Eigentümer beibehält, das damit verbundene Risiko aber weitergibt. Ein Kreditderivat fügt also der Beziehung des Kreditgebers zum Kreditnehmer eine dritte Partei hinzu, welche die Funktion eines Bürgen bzw. Garanten (Protection Seller) übernimmt. Der Risikokäufer als Protection Seller unterhält nunmehr eine indirekte Kreditbeziehung zum Drittschuldner, da er, wenn dieser seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, einen Verlust ausgleichen und eine Zahlung leisten muss.
7.2 Außerbörsliche Standardformen der Kreditderivate Der konkreten Ausgestaltung der Kreditderivate stehen prinzipiell alle auch für die Marktpreisrisiken entwickelten Instrumente und Varianten zur Verfügung. Das sind also unbedingte Termingeschäfte (Forwards) und Optionen sowie die daraus konstruierbaren zusammengesetzten Instrumente. Die am Markt am meisten verbreitete Kreditderivate-Struktur sind mit Abstand die Credit Default Swaps. Von Bedeutung sind darüber hinaus auch Total Return Swaps, Credit Spread Options sowie Credit Linked Notes. Credit Default Swaps transferieren das reine Ausfallrisiko, Credit Spread Options dagegen das Bonitätsänderungsrisiko (SpreadRisiko). Das Marktwertänderungsrisiko, das sich aus dem Kredit- und Marktpreisrisiko zusammensetzt, wird durch Total Return Swaps transferiert.
7.2 Außerbörsliche Standardformen der Kreditderivate
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Prämie
Risikokäufer / Sicherungsverkäufer
keine Ausgleichszahlung kein Kreditereignis Kreditereignis
Risikoverkäufer / Sicherungskäufer
Ausgleichszahlung
Anleihe / Kredit (Referenzaktivum)
Abb. 7.3. Credit Default Swap
Bei Credit Default Swaps CDS übernimmt der Risikokäufer als Sicherungsgeber die Verpflichtung, bei Eintritt eines vereinbarten Kreditereignisses eine Ausgleichszahlung an den Risikoverkäufer zu leisten. Andere Wertänderungen, die nicht auf das Kreditereignis zurückzuführen sind, bleiben unberücksichtigt. Der Risikoverkäufer als Sicherungsnehmer entrichtet als Gegenleistung eine einmalige oder periodische Prämie. Je nach Konstruktion handelt es sich ökonomisch eher um eine Option als um eine Swap-Vereinbarung (Abb. 7.3). Bei der vertraglichen Gestaltung der Credit Default Swaps werden in der Regel verschiedene Kreditereignisse einbezogen, um den Ausfall des Referenzaktivums möglichst vollständig abzudecken. Als Kreditereignisse werden beispielsweise die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, die Zahlungsunfähigkeit, die Nichteinlösung einer fälligen Zahlungsverpflichtung oder eine Rating-Herabstufung vereinbart. Zur Objektivierung des Eintritts eines Kreditereignisses kann zusätzlich vereinbart werden, dass die Information über das Kreditereignis öffentlich verfügbar sein muss (Publicly Available Information) oder der Wertverlust einen vorgegebenen Prozentsatz des Nennwertes des Referenzaktivums überschreitet (Materiality). Die bei Eintritt des Kreditereignisses fällige Kompensation kann vereinbart werden als x Barausgleich der Differenz zwischen dem Nominalbetrag des Basiswertes und seinem nach dem Kreditereignis festgestellten Marktwert oder als x Zahlung des Nominalwertes gegen physische Lieferung des Referenzaktivums mit oder ohne die Übertragung der Sicherheiten. Credit Default Swaps transferieren also das Risiko eines definierten Verlusts in Höhe des vereinbarten Betrags und bei Eintritt der vertraglich vereinbarten Credit Events. In der Risikostruktur entsprechen Credit Default Swaps demzufolge einer Garantie (Aval) bzw. einer Kreditversicherung, sind aber im Gegensatz zu diesen traditionellen Produkten weiter transferierbar.
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7 Kreditderivate und Handel von Kreditrisiken Kupon + Wertsteigerungen des Referenzaktivums
Risikokäufer (TR-Empfänger)
EURIBO + Prämie / Spread +
Risikoverkäufer (TR-Zahler)
Wertminderungen des Referenzaktivums
Anleihe/Kredit (Referenzaktivum)
Abb. 7.4. Total Return Swap
Bei Total Return Swaps (Total Rate of Return Swaps) transferiert der Kreditrisikoverkäufer die gesamten wirtschaftlichen Erträge (Total Return) eines Referenztitels auf den Kreditrisikokäufer. Der Risikoverkäufer leitet die Zinszahlungen sowie die Marktwertsteigerungen aufgrund von Kursgewinnen periodisch oder am Ende der Laufzeit an den Risikokäufer weiter. Im Gegenzug erhält der Risikoverkäufer vom Risikokäufer mögliche Marktwertminderungen aufgrund von Kursverlusten des Referenztitels sowie einen – zumeist variablen – Zinssatz, der den synthetischen Refinanzierungskosten entspricht. Insgesamt handelt es sich bei Total Return Swaps um den periodischen Tausch der gesamten Wertänderung eines Kredittitels oder eines Kredit-Portfolio gegen einen meist variablen Zahlungsbetrag (Abb. 7.4). Im Gegensatz zu den Credit Default Swaps schützen Total Return Swaps unabhängig vom Eintritt bestimmter Kreditereignisse gegen Wertminderungen des Referenztitels. Wertminderungen im Referenztitel können hierbei sowohl aus einer Bonitätsverminderung des Referenzschuldners, die ja nicht zwangsläufig den Eintritt eines Kreditereignisses nach sich ziehen muss, als auch aus den dem Referenztitel immanenten Marktrisiken resultieren. Als Basistitel können gleichermaßen Anleihen und Kreditforderungen in Buchform dienen Kreditverkaufsoptionen (Credit Puts) stellen derivative Kreditinstrumente dar, bei denen gegen eine Optionsprämie eine Entschädigungszahlung geleistet wird, wenn sich die Qualität einer definierten Kreditposition soweit verschlechtert, dass ein im Vertrag definiertes Kreditereignis eintritt. Je nach der Definition des Kreditereignisses sichert eine Credit Put-Option gegen den Ausfall eines Kredits oder gegen eine Qualitätsverschlechterung des zugrunde liegenden Assets ab. Im ersten Fall handelt es sich um eine Credit Default-Option, die bei einem definierten Ausfallereignis wie der Zahlungseinstellung des Kreditnehmers ausgeübt werden kann. Im zweiten Fall wird durch die Credit Put-Option auf den Wert des Basisobjekts ein ähnliches Ziel erreicht, wie mit einer Credit Spread Call-Option, d. h. in beiden Fällen profitiert der Inhaber von einer Qualitätsverschlechterung des Kredits, die zu einer Ausweitung der Spreads führt. Mit Credit Spread-Optionen kann das Risiko einer Verschlechterung der Spreads abgesichert werden. Basiswert für die im Bereich der Kreditoptionen wichtigste Gruppe der Credit Spread-Optionen ist die negative Entwicklung der
7.2 Außerbörsliche Standardformen der Kreditderivate
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Zinsspanne (Credit Spread) zwischen dem kreditrisikobehafteten Titel als Basisobjekt und einer festgelegten Benchmark, für die in der Regel eine kreditrisikolose Anleihe mit ansonsten gleichen Ausstattungsmerkmalen und gleicher Laufzeit gewählt wird. Gegebenenfalls wird als Bezugswert der entsprechende EuriborSatz des Geldmarktes gewählt. Die Credit Spread-Option berechtigt den Erwerber bei Optionsausübung zum Erhalt eines Differenzbetrages zwischen dem aktuellen Credit Spread und einem vereinbarten Strike Spread. Für dieses Recht zahlt der Käufer dem Verkäufer der Option eine Prämie. Bei einer europäischen Credit Spread Call-Option wird der Optionskäufer am Verfalldatum die Kaufoption immer dann ausüben, wenn die Zinsspanne zur Fälligkeit größer ist als der Strike Spread. In diesem Fall erhält er einen finanziellen Vorteil in Höhe der positiven Differenz zwischen dem Credit Spread zur Fälligkeit und dem Strike Spread. Ist der Spanne zur Fälligkeit hingegen niedriger, so ist die Kaufoption wertlos, da am Markt ein kleinerer Credit Spread erzielt werden kann (Abb. 7.5). Beim Credit Spread handelt es sich also um eine Kreditrisikomessgröße, die das Risiko einer Veränderung der Bonität des Schuldners einschließlich eines Ausfalls des Schuldners als Extremfall einer Bonitätsverminderung angibt. Die Ausgleichszahlung fällt unabhängig vom Eintritt eines Zahlungsausfalls oder einer Insolvenz des Kreditnehmers bei einer Ausweitung der Spreads an, wie sie z. B. aufgrund einer Qualitätsverschlechterung des Kredits verursacht wird. Der Käufer der Credit Spread Call-Option profitiert von einer Credit SpreadAusweitung, d. h. von der Verschlechterung der Kreditqualität des Basiswertes. Das Risiko einer Spread-Ausweitung wird demzufolge auf den Optionsverkäufer transferiert. Eine andere Optionsausprägung berechtigt den Optionskäufer, eine bestimmte Menge eines bestimmten kreditrisikosensitiven Basiswertes zu einer vereinbarten Strike Spread-Ausprägung zu kaufen bzw. zu verkaufen. Strike Spreads sind hier die bestimmenden Faktoren für die Ermittlung des Basispreises der zugrunde liegenden Anleihe. Es ist zu beachten, dass eine Spread-Ausweitung stets mit einer Marktwertsenkung des Basiswertes korrespondiert. Eine Credit Spread Call-Option als Kaufoption auf das Credit Spread-Niveau entspricht demzufolge einer Credit Spread Put-Option als Verkaufsoption auf den Basiswert. Prämie
Optionsverkäufer
Max [0, Spread zur Fälligkeit – Strike Spread]
Optionskäufer
Anleihe / Kredit (Referenzaktivum)
Abb. 7.5. Europäische Credit Spread Call-Option
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7 Kreditderivate und Handel von Kreditrisiken Nominalbetrag
Risikokäufer
Zinsen + Prämie / Spread Nominalbetrag
Nominalbetrag abzüglich Ausgleichszahlung
Risikoverkäufer
kein Kreditereignis Kreditereignis
Anleihe / Kredit (Referenzaktivum)
Abb. 7.6. Credit Default Linked Note
Kreditderivate können mit Anleihen zu strukturierten Wertpapieren wie den Credit Linked Notes kombiniert werden. Die einfachste Form ist die Verbindung eines Credit Default Swap-Geschäfts mit einer Schuldverschreibung zu einem strukturierten Produkt, der Credit Default Linked Note. Bei einer Credit Linked Note wird die Tilgung der vom Risikokäufer emittierten Anleihe an den Eintritt des festgelegten Kreditereignisses gekoppelt. Tritt das Kreditereignis nicht ein, so wird die Anleihe wie üblich zum Nominalbetrag zurückgezahlt. Tritt das spezifizierte Kreditereignis dagegen ein, dann erhält der Risikoverkäufer als Tilgung lediglich den Nominalbetrag der Anleihe abzüglich der vereinbarten Ausgleichszahlung. Bei einer Credit Linked Note handelt es sich also um eine Anleihe, deren Rückzahlungsbetrag an die Veränderung einer festgelegten Referenzbonität geknüpft ist. Man spricht hier auch von einer synthetischen Unternehmensanleihe (Abb. 7.6). Im Zuge des immer noch überwiegend außerbörslich durchgeführten Handels sowie des enormen Wachstums der Märkte für Kreditderivate sind insbesondere zu Beginn des Jahrzehnts neue „innovative“ Derivatetypen konstruiert und platziert worden. Diese neuen Instrumente, die auch als exotische Kreditderivate bezeichnet werden, sind Ausdruck einer noch recht unsystematischen Weiterentwicklung im Segment der Kreditderivate. Man gewinnt die exotischen Instrumente jeweils aus Veränderungen der Konstruktionsbausteine der vorgestellten derivativen Grundformen. Insbesondere Credit Default Swaps finden sich häufig als Ausgangsprodukt für exotische Weiterentwicklungen. Sowohl die Digital als auch die Recovery Credit Default Swaps variieren die CDS-Grundform hinsichtlich des Umfangs der Ausgleichszahlung. Bei der digitalen Variante leistet der Sicherungsgeber bei Eintritt des vertraglich vereinbarten Kreditereignisses eine im Voraus festgelegte Zahlung, ohne dass der tatsächlich eingetretene Wertverlust des Referenzaktivums Bedeutung erlangt. Digital Default Swaps sind damit identisch mit „normalen“ Credit Default Swaps, wobei allerdings die Recovery Rate auf 0 % festgesetzt wird. Vorteil dieser Variante ist, dass sich eine Ermittlung des Restwertes erübrigt, die besonders im Falle nicht öffentlich gehandelter Referenzaktiva problematisch sein kann. Darüber hinaus erhält der Sicherungsnehmer auch dann eine feste Ausgleichszahlung, wenn das zugrunde liegende Kreditereignis re-
7.2 Außerbörsliche Standardformen der Kreditderivate
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al (noch) keinen Ausfall verursacht hat. Dem steht jedoch der Nachteil einer möglicherweise unvollständigen Absicherung gegenüber, so dass sich die digitale Variante besonders für Spekulationsgeschäfte eignet, bei denen eine schnelle und unkomplizierte Abwicklung im Vordergrund steht. Bei Recovery Credit Default Swaps erhält der Sicherungsnehmer nur dann eine Ausgleichszahlung, wenn der Restwert (Recovery) des Referenzaktivums in Folge eines Kreditereignisses unter einen vertraglich vereinbarten Prozentsatz bezogen auf den Nominalwert fällt. Die Ausgleichszahlung ergibt sich dann aus dem Nominalbetrag bezogen auf die Differenz der vorgegebenen Prozentmarke und der Recovery Rate. Da diese Variante nur eine Teilabsicherung des Kreditrisikos bewirken kann, steht diesem Nachteil der Vorteil einer entsprechend geringeren Prämie gegenüber. Während es sich in der „Plain Vanilla-Variante“ der Credit Default Swaps hinsichtlich des Referenzaktivums beispielsweise um eine genau spezifizierte Anleihe handelt, kann sich das Kreditderivat auch auf ein ganzes Bündel von Titeln verschiedener Referenzschuldner beziehen. Damit wird das Kreditrisiko mehrerer Kreditnehmer handelbar gemacht. Bei Basket Default Swaps ist die Auszahlung proportional an das Kreditrisiko aller Titel oder an bestimmte Ausfälle von Titeln des Korbs gebunden. Wird die Auszahlung beispielsweise vom ersten Ausfall eines beliebigen Korbtitels abhängig gemacht, so handelt es sich um einen First-toDefault (FTD)-Basket. Dieser enthält also mehrere exakt spezifizierte Referenzaktiva unterschiedlicher Schuldner mit vertraglich vereinbarten Kreditereignissen. Die Absicherung erstreckt sich aber nur auf das erste Kreditereignis eines im Korb befindlichen Referenzaktivums. Bei FTD-Baskets kann der Sicherungsnehmer also nur für den zeitlich ersten Ausfall eine Ausgleichsleistung beanspruchen, während die Besicherung für alle anderen Referenzaktiva aufgrund einer als Bestandteil der Transaktion vereinbarten Knock Out-Option mit Eintritt des ersten Kreditereignisses endet. Aus Sicht des Sicherungsnehmers findet somit lediglich eine partielle Absicherung des Kostenrisikos statt, was durch eine gegenüber einer Einzelabsicherung durch mehrere selbständige Credit Default Swaps erheblich geringere Prämie ausgeglichen wird. Die Absicherung über Basket Default Swaps ist günstiger als der kumulierte Kauf einzelner Kreditpositionen. Index-Based Default Swaps beziehen sich auf einen Kreditindex wie beispielsweise einen Index der Dow Jones iTraxx-Produktfamilie. Mit diesen Kreditindizes soll die Entwicklung der CDS-Spreads bestimmter Marktsegemente abgebildet werden. Der Dow Jones iTraxx Europe-Index beispielsweise beinhaltet die 125 in Bezug auf das Handelsvolumen liquidesten Titel des europäischen Kreditmarktes. Diese Indizes erfüllen zum einen eine Informationsfunktion und eignen sich zum anderen als Basiswerte für Derivate. Mit der Zunahme an Volatilität und Höhe der Spreads hat auch das Interesse der Marktteilnehmer an Optionsprodukten auf Credit Spreads zugenommen. Bei Default Swaptions handelt es sich um Optionen auf Credit Default Swaps, so dass der Credit Default Swap selbst das Basisobjekt eines Kreditderivats wird. In der Form der Payer (Receiver) Default Swaption erwirbt der Käufer gegen Zahlung einer Prämie das Recht, zu festgelegten Konditionen eine CDS-Position zu kaufen
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7 Kreditderivate und Handel von Kreditrisiken
(zu verkaufen). Ausgeübt wird die Payer (Receiver) Default Swaption, wenn der CDS Spread zur Fälligkeit größer (kleiner) als der vereinbarte Spread ist. In analoger Art und Weise sind auch unbedingte Termingeschäfte auf Swaps konstruierbar, beispielsweise in Form des Forward Credit Default Swap. Callable Default Swaps sind CDS mit Kündigungsrechten, bei denen der Verkäufer seine Exposure-Position vorzeitig kündigen kann.
7.3 Kreditindizes und börsengehandelte Kreditderivate Kreditindizes bilden die Entwicklung der Prämien für Credit Default Swaps unterschiedlicher Teilsegmente des CDS-Marktes ab. Nachdem sich insbesondere mit iBoxx und DJ TRAC-X zwei Indexfamilien am Markt zu etablieren begannen, hat deren Fusion zum Dow Jones iTraxx im Juni 2004 zu einer deutlichen Standardisierung und Erhöhung der Liquidität vieler Kontrakte geführt. Die von der International Index Company IIC berechnete iTraxx-Familie bietet CDS-Indizes, die heute als transparente, handelbare Benchmarks für globale Kreditrisiken angesehen werden. CDS-Indizes sind auf zentrale Regionen bezogen und mit standardisierten Kontraktfälligkeiten ausgestattet. Innerhalb der geografischen Ausrichtung sind Hauptindizes auf wichtige Währungen, für Investment-Grade- und Non-InvestmentGrade-Adressen und für hochvolatile Adressen sowie Subindizes auf ausgewählte Branchen verfügbar. Alle ausgewählten Einzeladressen sind im Index typischerweise gleichgewichtet. Am breitesten angelegt sind die Investment-Grade-Indizes iTraxx Europe für Europa und CDX.NA.IG für Nordamerika. Sie umfassen jeweils 125 Referenzschuldner, die in Bezug auf das Handelsvolumen liquidesten High Yield-Titel des CDS-Marktes. Definiert wird die Auswahl durch eine Händlerumfrage, die zu den Stichtagen die Angaben zu ihren meistgehandelten Schuldnern melden. Aufgrund der gewählten naiven Diversifikation erhält jeder Referenzschuldner eine Gewichtung im Index von je 0,8 %. Der Index besitzt eine feste Branchenstruktur und wird halbjährlich – im März und im September – an die Marktentwicklung angepasst. Im iTraxx Europe HiVol sind die 30 Titel aus dem iTraxx Europe mit den höchsten Spreads enthalten. Der iTraxx Crossover umfasst gleichgewichtet 50 liquide europäische Referenzschuldner im Bereich Subinvestment Grade. Der Index besitzt keine feste Sektorenstruktur, die Zahl enthaltener Referenzschuldner kann angepasst werden. Indizes eignen sich grundsätzlich als Basiswert für den Handel mit Optionen und Futures. An der Eurex werden Futures auf den iTraxx Europe, den iTraxx Europe HiVol und den iTraxx Europe Crossover gehandelt. Die Eurex-KreditindexFutures beziehen sich jeweils auf die fünfjährige Laufzeit. In Tabelle 7.1 sind die Eurex-Kontraktparameter der iTraxx Europe Index-Futures abgetragen.
Literaturhinweise zu Kapitel 7
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Tabelle 7.1. Kontraktparameter der Eurex-iTraxx Europe Index-Futures; Oktober 2009 iTraxx Europe Index-Futures Basiswert Aktuelle iTraxx Europe 5-Jahres-Index-Serie. Kontraktwert 100.000 €. Preisermittlung und In Prozent; auf drei Dezimalstellen als Summe aus minimale der Basis als Summe der Gewichte der Referenzschuldner in Preisveränderung der zugrunde liegenden Index-Serie, die kein tatsächliches Kreditereignis erlitten haben (d. h. die Basis ist gleich 100, solange kein tatsächliches Kreditereignis eingetreten ist), der Barwertveränderung bezogen auf die Basis, der aufgelaufenen Prämie seit dem Inkrafttreten der zugrunde liegenden Index-Serie auf Basis des für die zugrunde liegende Index-Serie festgelegten Kupons und gegebenenfalls dem anteiligen Rückkaufswert des Referenzschuldners in der zugrunde liegenden Index-Serie, der ein tatsächliches Kreditereignis erlitten hat. Die minimale Preisveränderung beträgt 0,005 Prozent, also 5 €. Laufzeiten Die nächste Halbjahresfälligkeit aus dem Zyklus März und September. Letzter Handelstag Der fünfte Börsentag nach dem 20. Kalendertag des jeweiligen Kontraktmonats. Abrechnungspreis Der in der täglichen Schlussauktion ermittelte Preis. Erfüllung Barausgleich. Kreditereignis Bei Eintritt eines Kreditereignisses wird der Future-Kontrakt in seiner ursprünglichen Form weiter gehandelt. Zusätzlich wird ein Future-Kontrakt auf Basis der neuen Version des zugrunde liegenden Index eingeführt.
Literaturhinweise zu Kapitel 7 Kreditrisiken lassen sich wie andere Risiken auch mit Hilfe weitere Finanzinstrumente transferieren, die nicht Gegenstand dieses Kapitels sind. Der Transfer von Kreditrisiken durch neue Instrumente wie Asset Backed Securities und Collateralized Loan Obligations wird in Rudolph et al. 2007 dem Transfer mit Hilfe von Kreditderivaten ausführlich gegenübergestellt. Einen umfassenden Überblick zu Kreditderivaten bieten die zahlreichen Beiträge im Herausgeberband von Burghof et al. 2005. Der J. P. Morgan Guide, herausgegeben von Risk 1999, enthält grundlegende Informationen zu Kreditderivaten in kompakter Form. Die deutsche Bundesbank führte im Rahmen einer Initiative des Bankenaufsichtsausschusses des Europäischen Systems der Zentralbanken 2003 eine Erhebung unter den zehn auf diesen Märkten aktivsten deutschen Banken durch. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse ist in Deutsche Bundesbank 2004 zu finden. Zur Diskussion um die Einführung zentraler Gegenparteien im Handel mit Credit Default Swaps siehe Cecchetti et al. 2009.
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7 Kreditderivate und Handel von Kreditrisiken
Schlüsselbegriffe Asset Swap Basket Default Swap Callable Default Swap CDS-Index Central Clearing Counterparty Credit Default-Option Credit Default Swap Credit Default Swap-Index Credit Linked Note Credit Spread-Option Default Swaption Digital Credit Default Swap Dow Jones iTraxx
Eurex-Kreditindex-Future Exotische Kreditderivate First-to-Default Basket Forward Credit Default Swap Index-Based Default Swap iTraxx Kreditindex Kreditindex-Future Kreditrisiko Recovery Credit Default Swap Total Return Swap Zentrale Gegenpartei
Fragen 1. Erklären Sie die Konstruktionsmerkmale und Wirkungsweise von Credit Default Swaps. 2. Nennen Sie vier Beispiele für Kreditereignisse, die in einem Kreditderivat definiert sein können. 3. Was ist der Unterschied zwischen Credit Default Swaps und Total Return Swaps? Wann kann es sinnvoller sein, ein Kreditrisiko über Credit Default Swaps, wann über Total Return Swaps weiter zu transferieren? 4. Erläutern Sie die Wirkungsweise einer Credit Linked Note. 5. Machen Sie Vorschläge, wie man mit Hilfe von Kreditderivaten einen Risikotransfer für Risiken aus einem Portfolio von Krediten bewerkstelligen kann. 6. Erläutern Sie einige Beispiele für innovative, „exotische“ Konstruktionen bei Kreditderivaten. 7. Beschreiben Sie die Konstruktionsweise von Kreditindizes. Nennen Sie Beispiele. 8. Gibt es börsengehandelte Kreditderivate? Lösungsskizzen sowie weitere Fragen und Aufgaben sind auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de zu finden.
8 Weitere Typen derivativer Instrumente
Derivative Finanzmarktinstrumente eignen sich nicht nur zum Management von Aktienkurs-, Zins-, Währungs- und Kreditrisiken. An den Märkten lassen sich vielfältige weitere Objekte identifizieren, die Basisinstrument eines Derivats sein können. So weisen Warenderivate (Commodity Derivatives) eine sehr lange Historie auf. Mit der in zahlreichen Regionen der Welt umgesetzten Liberalisierung der Elektrizitäts- und Gasmärkte sowie den Initiativen zum Klimaschutz sind gerade im Energiesektor neue Märkte und derivative Produkte entstanden. Im vorliegenden Kapitel soll ein Überblick über diese wichtigen Sektoren derivativer Märkte gegeben werden, der um Hinweise auf weitere Typen, wie Wetterderivate, Katastrophenderivate, Immobilienderivate und schließlich auch makroökonomische Derivate abgerundet wird.
8.1 Warenderivate 8.1.1 Systematisierung von Waren Mit dem Begriff Waren (Commodities, Rohstoffe) werden Erzeugnisse der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft oder der Fischwirtschaft sowie Minerale in natürlicher oder veränderter Form bezeichnet. Waren sind Objekte mehrerer Wissenschaftsdisziplinen, wobei ökonomische Analysen zur Rohstoffproblematik zumeist aus einer gesamtwirtschaftlichen Perspektive heraus und nur ansatzweise betriebswirtschaftlich geführt werden. Dementsprechend wird auch die Steuerung von Warenpreisrisiken in der betriebswirtschaftlichen Theorie nur am Rande behandelt, während das Management der finanziellen Preisrisiken wie Aktienkurs-, Währungs- und Zinsrisiken Gegenstand zahlreicher theoretischer wie auch praktischer Untersuchungen ist. Da aber Warenpreise insbesondere für Industrieunternehmen eine hohe betriebliche Relevanz besitzen, existiert auch hier bereits seit längerem ein vielfältiges derivatives Instrumentarium, das von den Marktteilnehmern zur gezielten Umsetzung von Hedging-, Trading- und Arbitrage-Strategien genutzt wird. Die Abb. 8.1 zeigt eine Abgrenzung von Waren in Anlehnung an die HavannaCharta von 1948 und die Außenhandelsstatistik der Bundesrepublik Deutschland. Waren werden in agrarische Rohstoffe, Industrierohstoffe und Energieprodukte strukturiert. Die Agrarprodukte werden in Abhängigkeit von ihrer Herkunft in pflanzliche sowie tierische Produkte aufgeteilt. Zu den pflanzlichen Produkten
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8 Weitere Typen derivativer Instrumente
zählen beispielsweise Weizen, Raps, Mais, Kartoffeln, Kakao, Baumwolle und Zucker, zu den tierischen Produkten neben den in der Grafik aufgeführten Schweinebäuchen, lebenden Schweinen und Mastrindern weiter auch Häute oder Schmalz. Die Industrierohstoffe werden in Metalle und nicht-metallische Industrierohstoffe – beispielsweise Bauholz und Altpapierprodukte – unterteilt. Die Unterscheidung der Metalle in Industrie- und Edelmetalle basiert auf ihrem Verwendungszweck entweder als industrieller Produktionsfaktor oder als werthaltiges Anlagemedium. Wenn auch dieser Übergang nicht eindeutig ist, so zeichnen sich Edelmetalle im Unterschied zu Industriemetallen vor allem durch eine Angebotsknappheit aus, die eine gewisse Werthaltigkeit garantiert. Zu den Energieprodukten zählen zunächst Rohöl und daraus gewonnene Ölprodukte wie z. B. Heizöl. Daneben besitzen Gas und Elektrizität eine große Bedeutung. Beide Märkte finden aufgrund einer historisch starken Regulierung und monopolistischer Angebotsstrukturen in vielen Ländern erst seit Ende der neunziger Jahre in Verbindung mit Preisänderungsrisiken Erwähnung. Mittlerweile ist jedoch auch in Europa die Liberalisierung der Elektrizitäts- und Gasmärkte so weit fortgeschritten, dass sich sogar etliche börsengehandelte Instrumente zum Management der entsprechenden Preisrisiken etablieren konnten. Strom unterscheidet sich von vielen anderen Waren vor allem dadurch, dass eine Lagerung nur bedingt bzw. überhaupt nicht möglich ist. So können Energieprodukte wie Rohöl, Heizöl und Gas sowie Industrie- und Edelmetalle auch über einen längeren Zeitraum, Agrarprodukte wie Weizen oder Schweinebäuche zumindest temporär gelagert werden. Im Falle von Strom kann jedoch allenfalls der Primärenergieträger gelagert und bei Bedarf zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Dies hat zur Folge, dass Erzeugung und Verbrauch synchron stattfinden müssen und Angebots- und Nachfrageschwankungen kurzfristig zu großen Preisausschlägen führen können.
Abb. 8.1. Abgrenzung der Commodity-Märkte
8.1 Warenderivate
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Aus der Gliederung folgt, dass sich der Rohstoffbegriff vornehmlich an technologischen und stofflichen Merkmalen orientiert und nur unzureichend marktliche Elemente berücksichtigt. Die verschiedenen Teilmärkte für Waren unterscheiden sich jedoch erheblich hinsichtlich ihrer Angebots- und Nachfragestruktur, der Produktionsmechanismen und der Saisonalität sowie der Möglichkeit der Lagerhaltung. Damit sind verschiedene Faktoren für die Preisbildung von Bedeutung, d. h. die Preisbildungsprozesse unterschiedlicher Waren weichen zum Teil erheblich voneinander ab. Auch wenn sich die Aussagen eines Teilmarktes deshalb nicht unmittelbar auf andere Teilmärkte übertragen lassen, so kann doch grundsätzlich festgehalten werden, dass x die einzelnen Waren für Wirtschaftsprozesse teils unverzichtbar und nur teils bedingt – wenn Substitutionsstoffe existieren – verzichtbar sind, x die Verfügbarkeit der Waren begrenzt ist, x die Verfügbarkeit der Waren nur eingeschränkt und dann auch nur langfristig beeinflussbar ist und x Rohstoffe in der Regel streng ortsgebunden sind. Diese Merkmale beeinflussen entscheidend Einsatz und Bewertung derivativer Instrumente im Rahmen des Managements von Warenpreisrisiken. Auch die Transaktionen im Warensektor erfolgen auf nicht organisierten außerbörslichen Märkten und an Warenbörsen, die nach dem Zeitmoment in Kassamärkte (Spot Markets) und Terminmärkte (Future Markets) gegliedert werden. Neben allgemeinen Warenbörsen, die mehrere Rohstoffe handeln, sind durchaus auch Spezialbörsen für eine Rohstoffart am Markt zu finden. Warenkassa- und Warenterminbörsen erfüllen gesamt- und einzelwirtschaftliche Funktionen und sichern und erleichtern den Rohstoffhandel durch Standardisierungen in örtlicher, zeitlicher, sachlicher und persönlicher Hinsicht. Eine wichtige Aufgabe der Warenterminbörsen ist die Preisbildungsfunktion, gegenüber der die Funktion der physischen Warenvermittlung in den Hintergrund tritt. Die effektive Erfüllung der in den Terminkontakten vereinbarten Lieferverpflichtungen wird von den Marktteilnehmern nur selten angestrebt, was ein regelmäßig hoher Anteil nicht effektiver Erfüllungen durch vorherige Glattstellung der Geschäfte unterstreicht. Aus der Vielfalt der Bestimmungsfaktoren und der komplexen Struktur der Nachfrage wie auch des Angebots an Rohstoffen folgt zumeist eine hohe Volatilität der Warenpreise. Für bedingte Termingeschäfte stellen sich demnach hohe Prämien ein, so dass an den organisierten Warenterminmärkten zumeist ausschließlich unbedingte Termingeschäfte, d. h. Futures bzw. außerbörslich Forwards auf die zugrunde liegenden Waren gehandelt werden. An den Warenterminbörsen gelistete derivative Kontrakte mit Optionscharakter beziehen sich dagegen meist auf entsprechende Future-Kontrakte; es handelt sich dabei also um Future-Optionen. Derivative Instrumente können prinzipiell bei allen Marktteilnehmern, die von Warenpreisrisiken betroffen sind, zur Anwendung kommen. Risiken aus der Änderung von Warenpreisen betreffen naturgemäß an erster Stelle Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit in der Produktion und dem Handel von Agrarprodukten, Industrierohstoffen und Energieträgern bestehen. Darüber hinaus sind auch jene
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8 Weitere Typen derivativer Instrumente
Unternehmen betroffen, die im Rahmen ihrer Produktion diese Waren entweder als Input-Faktoren benötigen oder als Zwischen- bzw. Abfallprodukte hervorbringen. Unter diese Kategorie fallen nahezu alle Industrieunternehmen. Es sind aber auch weitere Intermediäre und unter diesen auch Kreditinstitute in den Warenhandel involviert, da sie vielfach als Anbieter von Absicherungsinstrumenten auftreten, im Eigenhandel offene Positionen eingehen oder als Market Maker agieren. 8.1.2 Börsengehandelte Derivate auf Waren Finanzderivate bilden heute den Großteil aller Transaktionen an den Terminmärkten, schafften den Durchbruch aber erst in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Bei den frühen Derivaten handelt es sich dagegen fast ausnahmslos um Warenderivate. Insbesondere an den Warenterminbörsen in Chicago wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstmalig Mengen und Preise standardisiert, Nachschusspflichten geregelt und die Glattstellung von Kontrakten ermöglicht. Die Tabelle 8.1 gibt einen exemplarischen Überblick über Börsen für Waren. Die größeren Börsenplätze haben zumeist einen Kassa- und einen Terminmarkt. Zur besseren Übersicht wird der recht kleine Sektor der Börsenderivate auf nichtmetallische Industrierohstoffe nun nicht mehr explizit aufgeführt, so dass in der Tabelle 8.1 nur noch zwischen Agrar-, Metall- und Energiederivaten zu unterscheiden ist. Tabelle 8.1. Ausgewählte Börsenplätze für Warenderivate; Juni 2002 Zentren des Börsenhandels
Weitere Börsenplätze
Agrarderivate Chicago Board of Trade CBoT Chicago Mercantile Exchange CME New York Board of Trade NYBoT Tokyo Grain Exchange TGE Minneapolis Grain Exchange MGE Kansas City Board of Trade KCBoT Winnipeg Commodity Exchange WCE Osaka Grain Exchange OGE Sydney Futures Exchange SFE Euronext.Liffe Warenterminbörse Hannover WTB (jetzt Eurex)
Metallderivate New York Commodity Exchange COMEX New York Mercantile Exchange NYMEX Tokyo Commodity Exchange TOCOM London Metal Exchange LME Chicago Board of Trade CBoT
Energiederivate New York Mercantile Exchange NYMEX Singapore Exchange SGX International Petroleum Exchange London IPE NordPool Chicago Board of Trade CBoT Kansas City Board of Trade KCBoT Minneapolis Grain Exchange MGE Sydney Futures Exchange SFE New Zealand Futures & Options Exchange NZFOE European Energy Exchange (EEX)
8.1 Warenderivate
189
Offensichtlich sind insbesondere die Börsenplätze in Chicago (CBOT und CME), New York (NYBoT und NYMEX), London (IPE, Euronext.Liffe, LME) und auch Tokio (TOCOM, TGE) internationale Zentren des weltweiten Warenterminhandels. Während die CBoT und die CME das Handelszentrum in Agrarderivaten bilden, ist die London Metal Exchange LME die bedeutendste Metallbörse der Welt. In New York werden neben Agrar- und Metallderivaten insbesondere auch Energiedervate gelistet. Die New York Mercantile Exchange NYMEX vereint deutlich vor der International Petroleum Exchange IPE in London das höchste Kontraktvolumen in Öl-Future-Kontrakten auf sich. Die weiteren in der Tabelle 8.1 abgetragenen Börsenplätze bieten zumeist derivative Instrumente auf ausgewählte Waren mit, gemessen an den Kontraktvolumina, unterschiedlichem Erfolg an. Die Tabelle 8.2 gibt einen nicht vollständigen Überblick über gelistete Warenderivate. Grundsätzlich weisen meist nur einzelne Produkte einer Börse einen nennenswerten Umsatz auf. Ebenso hat der Umsatz einer Warenkategorie nur an wenigen, zumeist sogar nur an einer einzigen Börse eine erwähnenswerte Bedeutung. Während Finanzderivate in ähnlicher oder sogar gleicher Form an verschiedenen Börsenplätzen in nennenswerter Liquidität gehandelt werden, ist dies nur bei einigen wenigen Warentypen der Fall. Der Handel in Warenderivaten wird somit von Spezialbörsen dominiert. Bereits an den umgesetzten Kontrakten können Tendenzen über die relative Bedeutung der Marktplätze abgelesen werden. Zu beachten ist aber auch hier die hohe Spezifität des Handels der jeweiligen Spot- und Future-Märkte. An der CBoT werden überwiegend pflanzliche Agrarprodukte, an der CME dagegen tierische Produkte gehandelt. An der NYBoT, die aus der Fusion der New York Cotton Exchange NYCE mit der Coffee, Sugar & Cocoa Exchange CSCE entstanden ist, weisen Baumwolle, Kaffee und Zucker die größte Bedeutung auf. Edelmetallderivate werden von der Tokyo Commodity Exchange TOCOM, Industriemetalle von der LME dominiert. Die NYMEX ist die bedeutendste Energiebörse der Welt und vor der Londoner IPE führend im Volumen gehandelter Kontrakte bei ÖlFutures. Die in der Tabelle 8.2 angegebenen Zahlen beziehen sich auf die Umsätze in den Jahren 1998 bzw. 1999. Der im Juni 1993 gegründete Förderverein Warenterminbörse e.V. Warberg führte zur Gründung einer Warenterminbörse in Hannover, die 1998 ihren Handel aufgenommen hat. Der Handel startete mit Future-Kontrakten auf geschlachtete Mastschweine und Kartoffeln, zwischenzeitlich folgten auch Futures auf Altpapier, Raps wie auch Heizöl. Mit Stand August 2004 wurden an der WTB Futures auf Schlachtschweine, Ferkel, Kartoffeln (Speisekartoffeln, Veredelungskartoffeln, London Potatoes), Weizen und Braugerste gehandelt. Im Juni 2004 wurden 3.155 Kontrakte umgesetzt, davon 2.326 in den Schweine- und 408 in den London Potatoes-Futures. Nachdem die WTB in der Risk Management Exchange RMX aufgegangen ist und diese 2008 um eine technische Plattform zum Transfer von Darlehensanteilen („Creparts“) erweitert wurde, ist der öffentliche Börsenhandel im Jahr 2009 eingestellt worden. Letzter Börsenbetreiber war die Eucomex AG. Der Terminhandel mit ausgewählten Agrarderivaten findet seitdem an der Eurex statt.
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8 Weitere Typen derivativer Instrumente
Tabelle 8.2. Übersicht zu ausgewählten Warenterminbörsen und Warenderivaten Börsen und Kontraktvolumina in Waren CBoT 1998: 58.798.541 CME 1998: 8.987.255 MGE 1998: 1.169.533 NYBoT 1996: 17.618.064 KCBoT 1998: 2.279.501 COMEX NYMEX 1998: 76.482.995 TGE 1999: 17.100.361 TOCOM 1998: 43.589.723
SGX SFE 1998: 37.235 NZFOE 1998: 220 LME 1998: 53.075.081 IPE 1998: 19.352.677 LIFFE 1998: 4.475.002 MATIF 1999: 195.673 NordPool WTB Juli-Nov. 1999: 15.302
Beispiele für zugrunde liegende Waren (Kontraktvolumina in Klammern) Agrarderivate: Hafer, Mais (1998: 20.062.767), Reis, Sojabohnenprodukte (1998: 30.971.158), Weizen (1998: 7.027.841) Metallderivate: Gold, Siber (1998: 35.659) Energiederivate: Elektrizität (1998: 272) Agrarderivate: Butter, Käse, magere Schlachtschweine (1998: 2.342.296), lebende Mastrinder (1998: 4.902.112), Milch, weitere Schweine- und Rinderprodukte Agrarderivate: Shrimps, Weizen (1998: 1.167.894) Energiederivate: Elektrizität Agrarderivate: Baumwolle (1998: 4.328.156), Kaffee (1998: 3.367.797), Kakao, Milch, Zucker (1998: 7.637.420) Agrarderivate: Weizen (1998: 2.119.604) Energiederivate: Gas Metallderivate: Gold, Silber, Kupfer, Aluminium Metallderivate: Platin, Palladium Energiederivate: Elektrizität, Gas (1998: 19.664.547), Rohöl (1998: 38.797.737) Agrarderivate: Mais (1999: 7.735.302), Kaffee (1999: 3.857.544), Sojabohnen, Weizen, Zucker Agrarderivate: Baumwolle Nicht-metallische Industrierohstoffe: Kautschuk (1998: 9.975.520) Metallderivate: Aluminium, Gold (1998: 9.373.909), Palladium (1998: 5.194.391), Platin (1998: 16.944.343), Silber Energiederivate: Gas Energiederivate: Rohöl Agrarderivate: Baumwolle (1998: 14.091), Weizen (1998: 11.732) Energiederivate: Elektrizität (1998: 11.412) Energiederivate: Elektrizität (1998: 220) Metallderivate: Aluminium (1998: 21.116.917), Blei, Kupfer (1998: 16.767.049), Nickel, Zinn, Silber Energiederivate: Gas, Heizöl (1998: 5.066.971), Rohöl (1998: 13.958.766) Agrarderivate: Kaffee (1998: 1.449.606), Kakao (1998: 1.811.407), Kartoffeln, Weizen, Zucker (1998: 1.043.845) Agrarderivate: Mais, Rapsprodukte (1999: 140.708), Weizen, Zucker Energiederivate: Elektrizität Agrarderivate: Kartoffeln (Juli-Nov. 1999: 8.958), Rapsprodukte, lebende Schweine (Juli-Nov. 1999: 1.416), Weizen (Juli-Nov. 1999: 4009) Nicht-metallische Industrierohstoffe: Altpapier Energiederivate: Heizöl
8.1 Warenderivate
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Quelle: Eurex-Daten unter www.eurexchange.com Abb. 8.2. Aufteilung gehandelter Agrarkontrakte der Eurex im Oktober 2009
Seit 20. Juli 2009 hat die Eurex erstmals auch Agrarderivate im Produktangebot. Der Handel ist mit vier Futures basierend auf den landwirtschaftlichen Produkten Schlachtschweine (Hogs) und Ferkel (Piglets) sowie Kartoffeln für den britischen Markt (London Potatoes) und europäische Veredelungskartoffeln (European Processing Potatoes) gestartet. Alle vier Futures werden im Fälligkeitsmonat bar auf Basis geeigneter Marktpreisindizes abgerechnet. Der Großteil der Agrarderivate, gemessen an der Zahl gehandelter Kontrakte, wird in Schweine-Futures umgesetzt (Abb. 8.2). Der Einsatz von Agrar-Futures zur Absicherung physischer Positionen stellt aufgrund der üblicherweise ausgeprägten Basisrisiken erhebliche Anforderungen an das unternehmerische Risikomanagement. So sind die offenen physischen Positionen, seien es Long-Positionen der Farmer und Zwischenhändler oder ShortPositionen beispielsweise der Nahrungsmittelindustrie, in der Regel durch eine bestimmte Lieferqualität sowie einen bestimmten Lieferort gekennzeichnet. Selbst wenn Kontrakte an den Börsen die Andienung verschiedener, ausgewählter Qualitäten vorsehen sollten, so existiert zumindest bei hiervon abweichenden Qualitäten ein Qualitätsprämienrisiko. Ob und in welcher Höhe ein Ortsprämienrisiko besteht, hängt sowohl von dem gewünschten Lieferort als auch von dem Liefersystem der Terminbörse ab. An der WTB war beispielsweise bei den Schlachtschweine-Futures die Erfüllung nur über eine tatsächliche Lieferung möglich, bei der der Käufer die Wahl zwischen den autorisierten Schlachtstätten in Deutschland hatte und ein Frachtausgleich auf Basis der Entfernungen nach Münster in Westfalen gezahlt wurde. Die Agrarderivate der Eurex sehen dagegen einen Barausgleich vor. Die Kontraktspezifikationen der Eurex-Futures auf europäische Veredelungskartoffeln sind in der Tabelle 8.3 abgetragen.
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8 Weitere Typen derivativer Instrumente
Tabelle 8.3. Kontraktparameter der European Processing Potato-Futures an der Eurex; Oktober 2009 European Processing Potato-Futures Basiswert Eurex European Processing Potato Index Der Index repräsentiert den ungewichteten Durchschnittspreis für eine Dezitonne (100 Kilogramm) Veredelungskartoffeln bestimmter Anbaugebiete in Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Frankreich ab Verladestation, lose verladen auf dem Transportmittel des Käufers, ohne Ausweis von Umsatzsteuer oder sonstigen Abgaben. Die Preisbasis bestimmt sich anhand der Parameter „Veredelungskartoffeln zur Frittenherstellung“, „Knollengröße: 40 mm +; mind. 60 % größer 50 mm“, „Sortenkorb: Bintje, Agria sowie preislich und verarbeitungstechnisch vergleichbare Sorten“. Der Index wird zwischen Ende der Vermarktungsperiode der letzten Erntesaison (ca. Mitte Juni) bis zu Beginn der Vermarktungsperiode der neuen Erntesaison (ca. Mitte Oktober) nicht berechnet. Kontraktgröße 250 Dezitonnen (25 Tonnen). Notierung Euro pro 100 Kilogramm auf drei Dezimalstellen Preisermittlung In Punkten auf eine Dezimalstelle. Liefermonate Die drei nächsten aufeinander folgenden Verfallmonate aus dem Zyklus April, Juni und November sowie der darauf folgende Verfallmonat April, d. h. Laufzeiten bis zu 24 Monaten. Letzter Handelstag Der letzte Freitag des Liefermonats, im Liefermonat Juni der erste Freitag des Monats. Erfüllung Barausgleich. Quelle: Informationen der Eurex unter www.eurexchange.com
Im Segment der Industrierohstoffe bietet die Eurex Metallderivate und hier ausschließlich Derivate auf Edelmetalle an. So sind seit Februar 2009 Futures und Optionen auf Gold sowie seit Juni 2009 Futures und Optionen auf Silber handelbar. Die Derivate sind in US-Dollar denominiert und werden in bar ausgeglichen. Die Goldderivate beziehen sich auf den Wert von 100 Unzen Feingold, die Silberderivate auf den Wert von 5.000 Feinunzen Silber. Referenzpreise für den Barausgleich sind die Preis-Fixings am Londoner Gold- bzw. Silbermarkt. Im Oktober 2009 wurden an der Eurex 71 Gold-Futures, keine Silber-Futures, 2.630 GoldOptionen und 11 Silver-Optionen gehandelt. Kohle-Futures werden an der European Energy Exchange EEX mit Sitz in Leipzig angeboten. Auch für Rohstoffe gibt es Indizes, die eine aggregierte Beurteilung der Preisentwicklung von Rohstoffen ermöglichen und als Basisobjekt für Derivate dienen. Bereits 1957 wurde vom Anbieter Commodity Research Bureau CRB ein erster breiter Rohstoffindex aufgelegt. Typischerweise wird ein Rohstoffindex nicht anhand der Spot-Preise bestimmter Commodities, sondern über die Rohstoffterminpreise berechnet. Der mittlerweile von CRB Commodity Index zu Reuters/Jeffries CRB Commodity Futures Index umbenannte Index existiert zwar auch in einer Kassapreisversion. Die Aussagekraft eines Rohstoffindex auf Basis von Kassapreisen ist aber auch deshalb begrenzt, da bei einer Direktanlage in Rohstoffe anfallende Lagerkosten keine Berücksichtigung finden. Neben dem Reuters/Jeffries
8.1 Warenderivate
193
CRB Commodity Futures Index RJ-CRB sind mit Goldman Sachs Commodity Index GSCI, Rogers International Commodity Index RICI, Dow Jones-UBS Commodity Index DJ-UBSCI, Standard & Poor’s Commodity Index SPCI sowie Deutsche Bank Liquid Commodity Index DBLCI zahlreiche bedeutende Rohstoffindizes (bzw. genauer Rohstoff-Futures-Indizes) am Markt vertreten. Die Konstruktionsweise der genannten Indizes unterscheidet sich deutlich. So orientiert sich die Gewichtung der Indexkomponenten beispielsweise an der Weltproduktion von Rohstoffen, der Liquidität an bestimmten Marktplätzen oder auch an einer gewünschten breiten Diversifikation. Der 1991 eingeführte GSCI enthält ausschließlich in OECD-Ländern gehandelte Futures, die anhand ihres Marktvolumens gewichtet werden. Auf diese Weise gewinnen Rohstoffe mit steigenden Preisen an Gewicht, Rohstoffe mit fallenden Preisen verlieren hingegen. Unter anderem aus diesem Grund machen Energierohstoffe mittlerweile zwei Drittel des GSCI aus. Aufgrund der Beschränkungen auf OECD-Länder sind durchaus bedeutende Agrarrohstoffe wie etwa Kakao nicht enthalten. Ähnlich verfährt der SPCI, der sich aus den in den USA gehandelten Commodity Futures zusammensetzt. Der seit 1998 bestehende RICI hingegen ist sehr breit angelegt und beinhaltet auch speziellere Commodities wie Seide, Azukibohnen, Hafer und Reis. Der DJ-UBSCI ist ebenfalls breiter gestreut und beinhaltet zur Zeit 19 Rohstoffe, beschränkt sich dabei aber auf in den USA sowie an der London Metal Exchange (Aluminium, Nickel, Zink) gehandelte Rohstoff-Futures. Die Indexzusammensetzung wird jährlich auf Basis von Handelsliquiditäten angepasst. Eine Rohstoffkategorie kann maximal 33 %, ein einzelner Rohstoff zwischen 2 % und 15 % des Index bestimmen. Im Gegensatz dazu besteht der erst 2003 eingeführte DBLCI aus lediglich sechs verschiedenen Rohstoffen. Weiter lassen sich Indexkonstruktionen unterscheiden hinsichtlich der berücksichtigten Renditekomponenten und etwaiger Verzinsungseffekte. Die Gesamtrendite von Rohstoff-(Future-)Indizes lässt sich nämlich wie bei einzelnen Futures in mehrere Komponenten zerlegen. Um die Performance einer Anlage in Rohstoff-Futures mit anderen Anlageklassen vergleichbar zu machen, wird von einer 100 %igen Kapitalunterlegung beim Erwerb einer Long Future-Position ausgegangen, so dass eine Hebelwirkung ausgeschlossen ist. Der Gesamtertrag (Total Return) setzt sich demnach aus einer Spot-, einer Roll- und einer CollateralRendite zusammen. Die Spot-Rendite spiegelt die reine Preisbewegung der Futures wider. Die Roll-Rendite entsteht durch die zur Future-Fälligkeit nötige Umschichtung in Futures mit einem späteren Lieferdatum, wobei diese positiv oder negativ sein kann. Sind die in der Zukunft liegenden Terminkontrakte günstiger als die auslaufenden (Backwardation), so ist die Roll-Rendite positiv, im anderen Falle (Contango) negativ. Die Collateral-Rendite schließlich ergibt sich aus der Verzinsung des freien Kapitals, welches nicht als Sicherheit auf dem MarginKonto hinterlegt werden muss. Ein Spot Return-Index bildet demnach die Entwicklung der am kürzesten laufenden Futures ab. Die sogenannten Excess ReturnIndizes bezeichnen Indizes, die zusätzlich die Roll-Rendite abbilden. Die Total Return-Indizes schließlich enthalten auch die Collateral-Rendite. Seit 1986 werden an der New York Board of Trade RJ-CRB-Futures gehandelt, seit 1992 bietet die Chicago Mercantile Exchange Futures auf den GSCI an. An
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8 Weitere Typen derivativer Instrumente
der Eurex werden vier Futures auf Indizes der DJ-UBSCI-Familie gehandelt. Basiswerte der Futures-Kontrakte sind der breit gefasste DJ-UBSCI sowie die drei Subindizes Agriculture, Energy und Industrial Metals. Die vier Future-Kontrakte basieren auf der Excess Return-Variante der Indizes, sind in US-Dollar denominiert und werden bar abgerechnet. Im Oktober 2009 sind an der Eurex 2.720 Futures auf den breiten DJ-UBSCI gehandelt worden. 8.1.3 Elektrizitäts- und Gasderivate Die weltweiten Liberalisierungsbestrebungen an den Energiemärkten haben in den vergangenen Jahren zu weitreichenden Veränderungen im Bereich der Regulierung der Energiesektoren geführt. Die Wertschöpfungskette in der Stromwirtschaft, bislang bestehend aus den funktionalen Bereichen Erzeugung, Übertragung und Verteilung, erweiterte sich um die Stufen Handel sowie Vertrieb und Marketing und hat neue Teilnehmer in den Markt eintreten lassen. Der zunehmende Wettbewerb und die Angebots- und Nachfrageänderungen können zwar zum einen zu sinkenden Strompreisen führen, zum anderen jedoch ebenso zu einem Anstieg der Strompreisvolatilität, die die Preisvolatilität anderer Waren deutlich übersteigt. Das Management des Strompreisrisikos hat damit für die Marktteilnehmer eine völlig neue Qualität gewonnen, die mit einer gestiegenen Nachfrage nach derivativen Instrumenten zur Absicherung des Preisrisikos einhergeht. Unter einem Strompreisrisiko versteht man die Unsicherheit über die zukünftige Höhe der Preise von Strom. Man spricht von einem Strompreis-Exposure, wenn der zukünftige Wert einer bereits vorhandenen oder geplanten, zukünftigen Vermögensposition durch Schwankungen des Strompreises beeinflusst wird. Einem solchen Strompreis-Exposure sind – in unterschiedlichem Ausmaß – eine Vielzahl von Unternehmen ausgesetzt. An erster Stelle sind sicherlich Energieversorger zu nennen, die Strom erzeugen und verkaufen. Daneben besitzen auch Industrieunternehmen ein Strompreis-Exposure, das naturgemäß umso größer ist, je energieintensiver ihre Produktion ist. Neben diesen bereits traditionell existierenden Marktteilnehmern kommen mit fortschreitender Marktliberalisierung reine Stromhändler ohne Erzeugungs- und Versorgungskapazität sowie Investmentbanken und Broker hinzu, die derivative Instrumente zur Preissicherung anbieten. Strom weist weitere Besonderheiten auf, die die einfache Übertragung der Kontrakt- und Handelsspezifika, wie sie bei sonstigen Commodities bekannt sind, erschweren. So ist Elektrizität ein Kuppelprodukt, das aus dem eigentlichen Produkt der Energieumwandlung in Strom sowie der Transportleistung des Netzes besteht. Die Leitungsgebundenheit von Strom begrenzt dessen Übertragungsmöglichkeiten, da Engpässe in den Netzkapazitäten bestehen und die Durchleitung über längere Distanzen aufgrund zunehmender Übertragungsverluste unwirtschaftlich wird. Als Konsequenz sind Preisunterschiede und -volatilitäten nur beschränkt durch räumliche Arbitrage-Prozesse ausgleichbar. Da die Produktion von Strom durch sehr unterschiedliche Primärenergieträger möglich ist, ergeben sich zeitlich und regional deutlich unterschiedliche Preisstrukturen. Zusammenfassend kann gefolgert werden, dass
8.1 Warenderivate
195
x die fehlende Speichermöglichkeit, x die Leitungsgebundenheit, d. h. die eingeschränkte Transportfähigkeit, x die regelmäßigen Nachfrageschwankungen in Abhängigkeit von Tages-, Wochen- und Jahreszeit, x die unregelmäßigen Nachfrageschwankungen in Abhängigkeit von der Wetterlage und schließlich x die große Zahl von Einflussfaktoren sowie deren verhältnismäßig komplexe Struktur (Kraftwerksspezifische Kosten, Ausfälle, usw.) aus Sicht der Marktteilnehmer ein Strompreisrisikomanagement als notwendig erscheinen lassen. Die Form der Preisbildung aufgrund schwankender Kapazitäten und schwankender Nachfrage führt zu einer hohen Volatilität der Preise, woraus für die Energieversorgungsunternehmen Einnahmenunsicherheiten und für die Abnehmer bzw. lokalen Verteilungsunternehmen nicht bekannte Einkaufskosten resultieren. Da diese jedoch in der Regel zu festen Einkaufspreisen Brennstoffe beziehen bzw. zu festen Preisen Strom an die Endabnehmer weiterverkaufen, haben sie ein Interesse an Möglichkeiten zur Absicherung der hohen Risiken. Börsengehandelte derivative Produkte werden beispielsweise in Norwegen an der Nordpool, in den USA an der NYMEX, dem CBoT und der MGE, in Australien an der SFE und in Neuseeland an der NZFOE angeboten. In Deutschland hatten sich mit der Leipzig Power Exchange LPX mit Sitz in Leipzig und der European Energy Exchange EEX mit Sitz in Frankfurt zunächst zwei Energiebörsen im Aufbau befunden. Beide Börsen und die dazugehörigen Trägergesellschaften wurden im Laufe des Jahres 2002 zur European Energy Exchange mit Sitz in Leipzig zusammengelegt. Die EEX betreibt Spot- und Terminmärkte für Elektrizität, Gas, Emissionsrechte und Kohle. Im Stromhandel kooperiert die EEX darüber hinaus mit der französischen Powernext SA. Über die gemeinsame Gesellschaft EPEX Spot SE mit Sitz in Paris wird der kurzfristige (Spot-) Stromhandel für Deutschland, Frankreich, Österreich und die Schweiz betrieben. Der deutsche und französische Terminhandel für Strom ist in der EEX Power Derivatives GmbH gebündelt. Das Clearing und Settlement aller Spot- und Termingeschäfte in Strom erfolgt durch die Tochtergesellschaft European Commodity Clearing ECC, die seit November 2008 bereits die Powernext-Gasgeschäfte abwickelt. An der EEX werden unter anderem Elektrizitäts- und Erdgasderivate gehandelt. Bei den Stromfutures sind die per Barausgleich abzuwickelnden Futures auf Phelix-Indizes (Phelix = Physical Electricity Index) von Strom-Futures auf den deutschen sowie den französischen Strommarkt mit physischer Erfüllung zu unterscheiden. Die Kooperationen zwischen der EEX und der Eurex erlauben es den Marktteilnehmern unter anderem, Positionen in Phelix-Derivate über beide Marktzugänge einzugehen. Die Phelix-Strom-Futures der EEX sind bezüglich Volumen, Lieferort bzw. Lieferdauer, Qualität, finanzielle und physische Abwicklung standardisierte Termingeschäfte. Die Strom-Futures sind wie üblich charakterisiert durch einen täglichen Gewinn- und Verlustausgleich sowie durch die Verpflichtung zur Hinterlegung von Sicherheiten. EEX-Futures werden nicht physisch, sondern als Quartals- und Jahreskontrakte durch Kaskadierung sowie als Monatskontrakte durch einen finanziellen Ausgleich erfüllt (Tabelle 8.4).
196
8 Weitere Typen derivativer Instrumente
Tabelle 8.4. Kontraktspezifikationen der EEX- (bzw. Eurex-) Phelix-Strom-Futures; Oktober 2009 Basiswert Notierung Kontraktvolumen
Lasttypen
Erfüllung Lieferperiode
Lieferperioden
Fälligkeit
Phelix-Strom-Futures Elektrizitätsindex Phelix Day Base bzw. Peak Euro pro MWh auf zwei Dezimalstellen Lieferrate pro Kontrakt ist 1 MW während jeder Lieferstunde der Lieferperiode. Daraus ergibt sich beispielsweise folgendes Kontraktvolumen für Baseload-Month Futures September: 24 h/Tag 30 Tage 1 MW = 720 MWh Grundlast (Baseload) umfasst Liefertage Montag bis Sonntag für 24 Lieferstunden pro Tag Spitzenlast (Peakload) umfasst Liefertage Montag bis Freitag für Lieferstunden von 8 bis 20 Uhr Barausgleich bei Monatskontrakten und Kaskadierung bei Quartals- und Jahreskontrakten Monat, Quartal und Jahr: Die Lieferperiode beschreibt den Zeitraum, für den der Barausgleich zwischen dem vertraglich festgelegten Preis des Terminkontraktes und dem tatsächlichen Preis des Stromes unter Berücksichtigung des Lasttypes vereinbart wird. Die nächsten neun Kalendermonate und der aktuell in der Lieferperiode befindliche Monat (Monatskontrakte), die nächsten elf Kalenderquartale aus dem Zyklus März, Juni, September und Dezember (Quartalskontrakte) sowie die nächsten sechs Kalenderjahre aus dem Zyklus Dezember (Jahreskontrakte). Fälligkeit ist der Zeitpunkt, an dem der jeweilige Kontrakt in die Lieferperiode wechselt. Jahres- und Quartalskontrakte werden am vorletzten Börsenhandelstag vor Beginn der Lieferperiode kaskadiert. Monatskontrakte werden am letzten Börsenhandelstag vor Beginn der Lieferperiode fällig.
Quelle: Informationen der Eurex unter www.eurexchange.com
Die EEX-Futures sind für verschiedene Lieferfrequenzen verfügbar. BaseloadFutures beziehen sich dabei auf eine stündliche Lieferung von 1 MW Elektrizität über die gesamten 24 Stunden jeden Tages der Lieferperiode. Bei PeakloadFutures wird die stündliche Lieferung von 1 MW Elektrizität dagegen nur über die zwölf Stunden der Spitzenlastzeit zwischen 8 und 20 Uhr von Montag bis Freitag aufrechterhalten. Ein kurzes Beispiel soll die Anwendung der EEX-Futures illustrieren. Ein Stromerzeuger plant, 30 MW seiner Stromproduktion im Monat September vollständig (24 Stunden, 30 Tage) am EEX-Spot-Markt zu verkaufen. Er kalkuliert mit einem Preis von durchschnittlich 29 €/MWh. Das Geschäft sichert er ab durch den Verkauf von 30 EEX-Monats-Futures Baseload September für 29 €/MWh. Der Positionswert der Monats-Futures entspricht dem geplante Erlös der Stromlieferung: 30 MW 24 h/Tag 30 Tage 29 €/MWh
626.400 €
8.2 Emissionsderivate
197
Wie geplant veräußert der Stromproduzent 30 MW pro Stunde über den gesamten Monat am EEX-Spot-Markt. Er gibt somit an allen Tagen für jede der 24 Stunden preisunabhängige Gebote mit der Folge ab, dass er die Strommenge in jeder Stunde zum jeweils gültigen Spot-Preis absetzt. Ist der durchschnittliche Monatspreis am Spot-Markt nun aber unter den geplanten Wert von 29 €/MWh gefallen und erlöst der Teilnehmer im Durchschnitt beispielsweise nur 26,70 €/MWh, so erhält er lediglich 576.720 € und bleibt somit 49.680 € unter dem Planansatz: Spot-Markt: 30 MW 24 h/Tag 30 Tage 26, 70 €/MWh
576.720 €
Dieser Minderertrag wird durch eine Ausgleichszahlung über die Futures ausgeglichen Future-Markt: 21.600 MWh 29,00 26,70 €/MWh
49.680 €
Ist dagegen der durchschnittliche Spot-Marktpreis gestiegen, so wird im SpotMarkt mehr erlöst als 626.400 €. Die eingegangenen Future-Positionen lösen jedoch eine entsprechende Zahlungsverpflichtung aus, so dass der Gesamtertrag wieder auf den ursprünglich angesetzten Erlös von 626.400 € reduziert wird. An der EEX werden neben den Phelix-Futures auch Future-Optionen gehandelt, die den Inhabern das Recht einräumen, zur Fälligkeit eine Position in EEXFutures einzugehen. Die Produktpalette der skandinavischen Nord Pool als größter europäischer Strombörse umfasst neben Forwards und Futures auch Optionen. Bei den angebotenen Kontrakten handelt es sich um europäische Optionen. An der Nord Pool werden weiter so genannte Contracts for Difference CfD gehandelt. Sie ermöglichen es, das Ortsbasisrisiko abzusichern, welches im Falle von Kapazitätsengpässen auftritt. Die Nord Pool-Handelsregion wird dann in mehrere Gebotsgebiete mit unterschiedlichen Gebietspreisen aufgespaltet. Während sich Forwards und Futures grundsätzlich auf den Nord Pool-Systempreis beziehen, werden die Spot-Transaktionen zum jeweils gültigen Gebietspreis abgerechnet. Bei einem CfD-Kontrakt handelt es sich folglich um ein Forward-Geschäft, das sich auf die Differenz zwischen einem spezifischen Gebietspreis und dem Nord Pool-Systempreis bezieht.
8.2 Emissionsderivate Marktwirtschaftliche Instrumente und Mechanismen eines Spot- und Terminhandels werden seit einigen Jahren auch zur Unterstützung der Maßnahmen zum Klimaschutz eingesetzt. Nach Absichtserklärungen der internationalen Staatengemeinschaft auf den Klimakonferenzen in Rio de Janeiro 1992 und in Berlin 1995 markierte die Klimakonferenz in Kyoto 1997 einen Meilenstein in der globalen Klimaschutzpolitik. Mit der Verabschiedung des Kyoto-Protokolls kamen die Industrienationen ihrer Verpflichtung nach, ein Programm zur Minderung der Emission von Treibhausgasen aufzulegen. Es schreibt für Nationen erstmals rechtsverbindliche Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen fest. Dabei haben sich unter anderem die Industrieländer der OECD verpflichtet, Treibhausgase inner-
198
8 Weitere Typen derivativer Instrumente
halb des Zeitraums von 2008 bis 2012 gegenüber dem Niveau von 1990 um insgesamt mindestens 5,2 %. abzusenken. Die Last der Reduktionsverpflichtung wurde in der Staatengemeinschaft unterschiedlich verteilt. Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich zu einer gemeinschaftlichen Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 8 % gegenüber dem Stand von 1990 bereit erklärt. Wie dieses Ziel erreicht werden soll, überlässt das Kyoto-Protokoll grundsätzlich den Vertragsstaaten selbst. Prinzipiell ist jeder Vertragsstaat angehalten, durch nationale Klimaschutzmaßnahmen die vereinbarten Reduktionsverpflichtungen zu erfüllen. Im Rahmen des Kyoto-Protokolls sind aber konkret die drei Mechanismen Emissions Trading, Joint Implementation und Clean Development Mechanism genannt. Beim Emissionshandel können durch Kauf und Verkauf von Emissionsberechtigungen unter den Vertragsstaaten Abweichungen vom nationalen Emissionsziel ausgeglichen werden. Auch werden vom jeweiligen Staat an teilnehmende Unternehmen Emissionszertifikate ausgegeben bzw. versteigert. Alle Firmen erhalten idealerweise weniger Zertifikate zugeteilt, als sie für den laufenden Betrieb ohne Modernisierungsmaßnahmen benötigen. Somit können diese Unternehmen zwischen dem Zukauf von Zertifikaten und Investitionen in emissionsmindernde Maßnahmen abwägen. Bei den Instrumenten Joint Implementation und Clean Development Mechanism dagegen handelt es sich um projektbezogene Mechanismen, die es den Vertragsstaaten ermöglichen, die Finanzierung von Klimaschutzprojekten in anderen Vertragsstaaten durchzuführen. Die dadurch vermiedenen Emissionen dürfen die Investorländer dann in der Verpflichtungsperiode zusätzlich emittieren oder sich als Emissionsguthaben gutschreiben lassen und im Rahmen des Emissionshandels weiterverkaufen. Auf Vorschlag der EU-Kommission wurde im Sommer 2003 die Einführung eines obligatorischen Handelssystems für Emissionsberechtigungen innerhalb der EU beschlossen. Die Emissionshandelsrichtlinie verpflichtete die Mitgliedstaaten, zum 1. Januar 2005 ein zunächst auf Kohlendioxid (CO2) beschränktes Emissionshandelssystem einzuführen. Darüber hinaus wurde die im Kyoto-Protokoll festgeschriebene Möglichkeit genutzt, Reduktionsziele sowie Handels-und Projektaktivitäten von Staaten auf Unternehmen zu übertragen. Die Emissionshandelsrichtlinie setzt dies um, indem die Reduktionsziele verpflichtend auf die Betreiber von Anlagen verteilt werden, welche die Emissionen verursachen. CO2-Emissionen entstehen vor allem durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Durch die Etablierung des Marktes für CO2-Emissionsberechtigungen sind somit unmittelbar Unternehmen der Energiewirtschaft als Betreiber von Energieerzeugungsanlagen und die Industrieunternehmen als Betreiber emissionsintensiver Produktionsanlagen betroffen. Unternehmen der Energiewirtschaft sind dabei stärker berührt als die der produzierenden Industrien, da durch sie der Hauptteil der europäischen CO2-Emissionen erzeugt wird und sie dementsprechend über die Mehrzahl an Emissionsberechtigungen verfügen. Betriebe beider Sektoren müssen sich seit Beginn des Jahres 2005 in ihrer Produktions- und Investitionsplanung mit der Entwicklung des Zertifikatspreises auseinandersetzen und geeignete Strategien im Umgang mit dem Emissionshandelssystem finden. Direkte Konsequenzen ergeben sich für die Unternehmen zunächst im Falle einer Über- oder Unterdeckung mit Emissionsrechten. Bei einer Überdeckung mit Zertifikaten können die Unter-
8.2 Emissionsderivate
199
nehmen die überschüssigen Zertifikate verkaufen. Ergibt sich jedoch eine Unterdeckung mit Zertifikaten müssen die Unternehmen sich im Emissionshandel betätigen und den fehlenden Saldo am Markt erwerben. Für die meisten zum Handel verpflichteten Unternehmen dient der Emissionshandel somit zunächst der Erfüllung der ihnen auferlegten Verpflichtung und der Vermeidung von Sanktionen bei Nichterfüllung. Besonders die großen europäischen Energieversorger besitzen aber umfangreiche Erfahrungen mit Handelsinstrumenten durch Handelstätigkeiten in verwandten Rohstoffmärkten und nutzen die neuen Märkte auch zur Spekulation und Arbitrage. Anlagenbetreiber aus der Industrie haben hingegen oft weniger Erfahrung in solchen Märkten und auch weniger Kenntnisse über die den Zertifikatepreis beeinflussenden Faktoren und agieren daher am Markt eher aus Hedging-Motiven heraus. Neben der unmittelbar zur Teilnahme verpflichteten Unternehmen der Energiewirtschaft und der Industrie sind auch weitere nicht unmittelbar beteiligte Unternehmen im Emissionshandel aktiv. Hierzu gehören vor allem Unternehmen des Finanzsektors, für die der Emissionshandel eine Reihe neuer Geschäftsfelder eröffnet hat. Sie treten als Intermediär auf und engagieren sich zusätzlich aktiv im Handel als Käufer und Verkäufer. Zum anderen ergeben sich für Finanzunternehmen auch Chancen, Nichtfinanzunternehmen beim Aufbau eines eigenen Risikomanagements behilflich zu sein und sie sowohl durch Beratung als auch durch die Bereitstellung konkreter Produkte zu unterstützen. Die gesetzlichen Regelungen schreiben nicht vor, wie die Beteiligten Emissionsrechte untereinander zu handeln haben. Ein Großteil der Berechtigungen wird außerbörslich transferiert, aber auch eine Reihe von Börsen hat sich für den Handel mit Emissionsberechtigungen etabliert. Hierzu gehört die European Energy Exchange EEX, an der Emissionsberechtigungen im Rahmen eines Spot- und Terminmarktes gehandelt werden. Der Terminmarkt für Emissionsberechtigungen startete an der EEX am 4. Oktober 2005 und umfasst derzeit Futures auf EUEmissionsberechtigungen (European Union Allowance EUA-Futures), Optionen auf EUA-Futures und Futures auf zertifizierte Emissionsreduktionen (Certified Emission Reductions CER) im Rahmen von projektbezogenen Mechanismen mit anderen Staaten. Die Termininstrumente sind im Rahmen der EEX-EurexKooperation auch an der Eurex handelbar. Handelsgegenstand der EUA-Futures ist die Verpflichtung zur Lieferung bzw. Abnahme von europäischen Emissionsberechtigungen. Käufer und Verkäufer vereinbaren, eine bestimmte Menge an EU-Emissionsberechtigungen zu einem zukünftigen Zeitpunkt zu einem vorher vereinbarten Preis zu liefern. Diese Kontrakte haben ein Kontraktvolumen von 1.000 Emissionsberechtigungen, d. h. berechtigen zur Emission von 1.000 Tonnen CO2. Sämtliche Preise werden in Euro pro Tonne CO2 auf zwei Nachkommastellen notiert, die minimalste Preisbewegung wird in 1 Cent pro Tonne CO2 angegeben, d. h. 10 Euro je Kontrakt. Sofern die Futures auf Emissionsberechtigungen nicht durch ein entsprechendes Gegengeschäft glattgestellt werden, erfolgt eine physische Erfüllung nach Fälligkeit, d. h. durch Lieferung bzw. Abnahme der Berechtigungen. Die Lieferung geschieht durch Umbuchung des Bestandes bei einer geeigneten nationalen Registerstelle.
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8 Weitere Typen derivativer Instrumente
8.3 Wetterderivate Bei Wetterderivaten handelt es sich um derivative Finanzmarktinstrumente, deren Auszahlung in Abhängigkeit der Entwicklung von Wetterkonditionen, wie der Temperatur, der Niederschlags- oder der Schneemenge, festgelegt wird. Wetterderivate ermöglichen die Absicherung wetterabhängiger Unternehmensrisiken. Da das Elektrizitäts-Exposure von Elektrizitätserzeugern und -händlern in bedeutendem Ausmaß von Wettereinflüssen bestimmt wird, werden diese zumeist als prädestinierte Anwender von Wetterderivaten genannt. Wetterderivate unterscheiden sich in ihrer Konstruktion als Futures bzw. Forwards, Swaps und Optionen nicht von anderen derivativen Finanzinstrumenten. Die Besonderheit liegt in der Auswahl der zugrunde liegenden Wetterdaten und deren Aufbereitung. Als Referenzgröße dient zumeist ein Index, der die Entwicklung täglicher Wetterereignisse an einem festgelegten Ort im Zeitablauf abbildet. Wetterderivate haben in Analogie zur Lieferperiode bei Elektrizitätsderivaten einen Bezugszeitraum, über den die Wetterdaten aggregiert werden. So kann als Basiswert eines Wetterderivats die Summe, der Durchschnitt oder auch das Minimum bzw. Maximum der täglichen Werte in der Bezugsperiode verwendet werden. Aus dem Jahr 1997 ist ein Wetterderivat in Form eines Wetter-Swap-Geschäfts zwischen Enron und Koch Energy Trading dokumentiert, das zum Ziel hat, die durch Temperaturschwankungen ausgelösten Absatzschwankungen von Strom auszugleichen. Neben der Deregulierung des Energieversorgungsmarktes in den USA kann auch der durch das El Nino-Phänomen verursachte milde Winter 199798 als weiterer Auslöser eines entstehenden Wetterderivate-Marktes angesehen werden. Wetterderivate werden überwiegend außerbörslich gehandelt. An der CME werden seit dem 22. September 1999 Futures auf Degree Day-Indizes zehn ausgewählter USamerikanischer Wetterstationen gelistet. Im Produktangebot der Eurex finden sich Hurrikan-Futures, die dort zwar als Wetterderivate bezeichnet sind, hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs aber eher zu den Katastrophenderivaten zu zählen sind und deshalb weiter unten angesprochen werden. Häufig basieren Wetterderivate auf Temperaturdaten. Sogenannte Degree DayIndizes erfassen die Abweichung der Temperaturentwicklung von dem Referenzwert 65 Grad Fahrenheit (= 18,33 Grad Celsius) an einer bestimmten Wetterstation über einen gegebenen Zeitraum. Die Konstruktion erfolgt über Heating Degree Days HDD-Indizes für das Winterhalbjahr November bis März und als Cooling Degree Days CDD-Indizes für das Sommerhalbjahr April bis Oktober. Der HDD bzw. der CDD eines Tages berechnen sich wie folgt: HDD
max 65 Tagesdurchschnitt, 0
CDD
max Tagesdurchschnitt 65, 0
Der Index als Basiswert des Derivats wiederum ergibt sich aus der Addition der Tages-HDD bzw. -CDD, so dass ein Degree Day-Index sehr hoch ist bei einem heißem Sommer bzw. einem kaltem Winter. Eine solche Indexkonstruktion be-
8.3 Wetterderivate
201
rücksichtigt die Temperaturabhängigkeit des Energieverbrauchs und wendet sich damit bewusst an Energieproduzenten und -großabnehmer. Eine alternative Indexberechnung ist der Average Temperature-Index, der aus dem Mittelwert der Durchschnittstemperaturen während der Referenzperiode berechnet wird. Die sogenannten Critical Degree Days-Derivate sind auf das Management der Auswirkungen extremer Temperaturen ausgerichtet. Als Max- oder Min-Indizes konzipiert geben Critical Degree Days-Indizes an, an wieviel Tagen des Betrachtungszeitraums die Temperatur einen fixierten Temperaturwert überstiegen oder unterschritten hat. Ein fiktives Beispiel soll zur Illustration des Einsatzes und der Konzeption von HDD-Derivaten dienen. In Folge klimatischer Veränderungen werden für die kommende Wintersaison überdurchschnittlich milde Temperaturen prognostiziert. Das Absatzvolumen eines staatlich regulierten Gasversorgers in den USA zeigte in der Vergangenheit eine starke Korrelation mit der Temperatur. Das Unternehmen analysiert seine historischen Absatz- wie auch Wetterdaten im Zeitraum November bis März und kommt zu dem Ergebnis, dass im Mittel pro Wintersaison 2.035 HDD auftreten. Der Umsatzrückgang pro HDD wird auf 12.500 US$ kalkuliert. Aufgrund der niedrigen Temperaturen rechnet das Unternehmen mit einem Umsatzrückgang und entschließt sich zum Kauf einer Verkaufsoption auf einen HDD-Index. Dazu muss es insbesondere eine geeignete Wetterstation auswählen, eine Absicherungsgrenze fixieren und die Tick Size, d. h. den US$-Betrag pro HDD vereinbaren. Die Absicherung soll auf dem Niveau von 1.950 HDD erfolgen. Wenn in dem Betrachtungszeitraum, der Laufzeit der Option, weniger als 1.950 HDD gemessen werden, dann kommt die Optionsposition ins Geld und das Unternehmen enthält eine entsprechende Ausgleichszahlung. Als Zahlung werden 12.500 US$ pro HDD unterhalb der Absicherungsgrenze vereinbart. In den praktischen Optionsgeschäften werden üblicherweise Obergrenzen (Caps) der etwaigen Zahlung durch den Stillhalter vereinbart, um die Absicherungsprämie in einer für Käufer attraktiven Höhe gestalten zu können. Alternativ werden Low Cost-Absicherungsstrategien (Collars bzw. Zero Cost Collars, Corridors) konzipiert, die in einem ähnlichen Gewinn- und Verlustprofil resultieren. Für das vorliegende Beispiel soll davon ausgegangen werden, dass das Unternehmen aus dem Kauf der Verkaufsoption maximal 900.000 US$ erhält. Das Unternehmen erreicht also bei gemessenen 1.878 HDD 1.950 HDD 900.000 US$ 12.500 US$
die maximale Auszahlung. Die Gesamtposition – mit einer angenommenen Optionsprämie des Zehnfachen des US$-Betrages eines HDD – ergibt eine Absicherung der Position, wie sie aus den Corridor-Positionen des Abschnitts zum Währungsrisikomanagement bekannt ist. Die Absicherung greift nur so lange, wie die vereinbarte Begrenzung noch nicht erreicht ist. Fällt der HDD-Index unter 1.878 HDD, so sinkt mit jedem weiteren Rückgang des HDD-Index der generierte Unternehmensumsatz (Abb. 8.3). Die Vereinbarung einer höheren Auszahlung erweitert die Absicherung auf niedrigere Indexstände, erhöht jedoch die Optionsprämie.
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8 Weitere Typen derivativer Instrumente
Abb. 8.3. Beispiel des Einsatzes einer HDD-Verkaufsoption mit Auszahlungsbegrenzung
8.4 Katastrophenderivate Wetterderivate sind konzipiert zum Schutz vor Wetterereignissen mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit und geringem Schadensrisiko. Sie eignen sich aber nicht zum Schadensmanagement selten auftretender Wetterereignisse mit relativ großen Schadenssummen wie beispielsweise Unwetter, die Überflutungen, Stürme oder Hagel auslösen, Erdbeben sowie Vulkanausbrüche. Die anwachsenden Schäden durch Naturkatastrophen und der damit einhergehende Bedarf an alternativen Risikoträgern auf dem Erst- und Rückversicherungsmarkt hat deshalb an den Kapitalmärkten zur Entwicklung weitere Produktinnovationen, den Katastrophenderivaten, geführt. In den zurückliegenden Jahren gab es mehrere, meist erfolglose Versuche, einen Börsenhandel mit Katastrophenderivaten zu etablieren. So führte 1992 führte die Chicago Board of Trade Futures ein, die auf einem vom Insurance Service Office ISO berechnetem Index basierten, der als aggregierte Schadenquote aus Angaben zu Katastrophenrisiken von mehr als 100 Versicherungsgesellschaften berechnet wurde. 1995 startete die CBoT den Handel mit Property Claim Services PCS-Optionen. Diesen auch als Cat-Optionen bezeichneten Katastrophenderivaten liegen Verlustindizes zugrunde, die PCS-Indizes. Die PCS-Indizes geben auf täglicher Basis für verschiedene Regionen und auf landesweiter Ebene der USA die möglichen Schäden, die den Versicherungen durch Katastrophen entstehen können, an. Cat-Optionen sind europäische Optionen, die über einen Barausgleich erfüllt werden. Bereits 1996 legte die Bermuda Commodities Exchange BCOE ih-
8.5 Immobilienderivate
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rerseits CAT-Optionen auf, die auf dem Guy Carpenter Catastrophe Index GCCI basierten. Dieser Index führt Daten von 39 Versicherern zusammen. Die in New York angesiedelte Catastrophe Risk Exchange Catex schließlich ist zwar keine registrierte Börse, aber ein Handelsplatz, an dem insbesondere Erst- und Rückversicherer Geschäfte zum Transfer von Katastrophenrisiken abschließen können. Im Juli 2009 hat die Eurex Futures auf Sturmschäden, sogenannte HurrikanFutures in ihr Produktangebot aufgenommen. Basiswert für die Berechnung der durch einen Hurrikan ausgelösten Versicherungsschäden ist ein ISO PCS-Index, bezogen auf eine der drei Regionen USA gesamt, Florida und die Küstenstaaten der Golfregion (Alabama, Louisiana, Mississippi und Texas). Im Jahr 2009 wurden an der Eurex allerdings noch keine Hurrikan-Futures umgesetzt. Das Volumen in Katastrophenderivaten ist recht gering. Das Gesamtvolumen aller Wertpapierformen, die an Katastrophenrisiken gebunden sind, betrug 1999 in den USA über 13 Milliarden US$, wobei nur rund 400 Millionen US$ auf Derivate entfielen. Mit einem Volumen von 6 Milliarden US$ waren dagegen die Katastrophen-Bonds als Schuldverschreibungen des Versicherers mit einer ereignisabhängigen Verzinsung oder Rückzahlung bereits damals am Markt etabliert. Eine weitere alternative Kontraktform sind die Contingent Surplus Notes als bedingte, nachgeordnete Schuldverschreibung des Versicherers, über die im Falle eines Katastrophenereignisses weitere Finanzmittel generiert werden.
8.5 Immobilienderivate Derivate auf immobilienbezogene Referenzpreise werden in vergleichsweise geringem Umfang und fast ausschließlich außerbörslich gehandelt. Zwar besteht angesichts der Größe des Immobilienmarktes und der Schwakungen bei Immobilienpreisen ein Bedarf an Instrumenten des Risikomanagements. Allerdings fehlte es lange Jahre an geeigneten Referenzpreisen. Immobilienmärkte weisen vielfältige Besonderheiten auf, die in den Charakteristika des Wirtschaftsgutes Immobilie liegen. Das wesentlichste Merkmal ist die Immobilität, also die Unbeweglichkeit, und damit die Gebundenheit einer Immobilie an einen bestimmten Standort, womit Abhängigkeiten von regionalen Marktbedingungen, der Infrastruktur sowie ökologischen Faktoren impliziert sind. Als Konsequenz ist der Immobilienmarkt in eine Vielzahl regionaler Teilmärkte zergliedert. Geeignete Referenzpreise eines Derivats könnten Immobilienindizes sein, die größere Märkte abbilden. Aber auch hier scheiterte in der Vergangenheit immer wieder der Versuch, derivative Instrumente auf Immobilien zu etablieren. Begründet wird das Scheitern meist damit, dass die Indizes nicht für operative Zwecke konzipiert sind und Mängel hinsichtlich der Datengrundlage und der Häufigkeit der Ermittlung aufweisen. Die Terminbörse Eurex hat nun 2009 Futures auf den IPD UK Annual All Property-Index eingeführt. Im Investment Property Databank IPD-Index waren Ende 2007 über 12.000 Immobilien mit einem Gegenwert von 184 Milliarden Briti-
204
8 Weitere Typen derivativer Instrumente
schen Pfund abgebildet. Der Index misst die ungehebelten Gesamterträge aus Direktinvestitionen in Immobilien in Großbritannien und wird anhand von zeitgewichteten monatlichen Erträgen berechnet, die anschließend zur Indexberechnung annualisiert werden.
8.6 Ökonomische Derivate Die Palette derivativer Instrumente wird ständig komplettiert. In der Produktkonstruktion werden mit steigender Liquidität der Märkte immer exotischere Instrumente entwickelt. Darüber hinaus wird auch der Bereich der von den Derivaten abgedeckten Basisinstrumente erweitert. Neben Katastrophen- und Wetterderivaten werden unterschiedliche Inflations- und Indexderivate angeboten. Allen diesen Derivaten ist gemeinsam, dass es keinen expliziten Handel der Basistitel der Derivate gibt. Die Bewertung kann sich also nicht ohne weiteres an deren Marktpreisen orientieren, sondern es müssen Ersatzbewertungen vorgenommen und dementsprechend auch besondere Preisbildungsmechanismen etabliert werden. Weitergehende Vorschläge zur Emission innovativer Finanztitel sind von Robert J Shiller in einer Reihe von Beiträgen und zusammenfassend in seinem Buch mit dem Titel „Die neue Finanzordnung“ gemacht worden. Shiller stellt fest, dass die Aktien- und Zinsmärkte selbst in den USA nur einen sehr kleinen Teil der Risiken umfassen, denen Unternehmen, insbesondere aber Privatpersonen im Laufe ihres Lebens ausgesetzt sind. An den Börsen werden also Ansprüche auf einen nur kleinen Sektor der Volkswirtschaft ohne enge Beziehung zur Gesamtwirtschaft gehandelt. Daher schlägt der Autor die Einrichtung neuer Märkte vor und nennt darunter die Beispiele von x Märkten für Lebensstandard- und Eigenheimkapitalversicherungen, x innovativen einkommensgebundenen Krediten, bei denen die Tilgungszahlungen von der konjunkturellen Situation der Wirtschaft abhängig sind oder x generationengerechte Rentenversicherungen. Besonders interessant erscheinen die Überlegungen zur Einrichtung von Makromärkten, an denen langfristige Titel auf gesamtwirtschaftliche und individuelle Einkommen, aber auch auf schwer liquidierbare Vermögensgegenstände wie etwa Immobilien gehandelt werden. „Gemessen am Finanzvolumen würden derartige Handelsplätze alles bisher vorhandene weit in den Schatten stellen. Es könnte und sollte sogar eine Börse für das Bruttoinlandsprodukt aller Staaten geschaffen werden, also ein Markt für die Summe aller wirtschaftlich erzeugten Werte. Schon durch ihr Handelsvolumen würde sie mehr zur Risikostreuung beitragen als die derzeitigen Finanzmärkte und den Druck und die Volatilität aus dem überhitzten Börsengeschehen nehmen. Privatanleger und institutionelle Investoren könnten Makrowertpapiere kaufen und verkaufen, nicht anders, als sie heute mit Aktien und Anleihen handeln. (Shiller 2003, S. 25)“ Makroökonomische Derivate lassen sich definieren als Termingeschäfte, deren Basiswert ein makroökonomischer Indikator ist, dessen Stand von staatlichen In-
Literaturhinweise zu Kapitel 8
205
stitutionen oder Forschungsinstitutionen festgestellt wird. Besonderheiten von Makroindikatoren liegen in der Nichthandelbarkeit sowie einer nur eingeschränkten Informationsverarbeitung, aus der eine teilweise Vorhersagbarkeit zukünftiger Indikatorstände resultiert. Entsprechende Handelsplattformen für institutionelle Anleger sind in Ansätzen bereits seit 2002 an den Märkten zu finden. Inflationsderivate, die sich auf den Harmonized Index of Consumer Price HICP als Basis beziehen, werden seit Mai 2003 von den Investmentbanken Goldman Sachs und Deutsche Bank auf einer eigens eingerichteten Handelsplattform angeboten. Nach Angaben von Goldman Sachs wurden bei der ersten Auktion auf die US-Arbeitsmarktzahlen im Oktober 2002 über 120 Orders im Volumen von 60 Millionen US$ abgegeben und ein Optionsvolumen von 19 Millionen US$ gehandelt. Ökonomische Derivate sind auch als Inflationsderivate handelbar. Basiswert ist beispielsweise die durch die europäische Statistikbehörde Eurostat veröffentlichte Inflationsrate im Euroraum. Die Termibörse bietet Futures auf den unrevidierten Harmonisierten Verbraucherpreisindex der Euro-Zone HVPI (exklusive Tabakwaren) an.
Literaturhinweise zu Kapitel 8 Unter den Standardlehrbüchern dürfte man bei Hull 2008 Ausführungen zu allen angesprochenen derivativen Formen finden, zu den Inhalten des achten Kapitels gibt es aber sehr viel Spezialliteratur. Fokussiert auf Warenderivate ausgerichtet sind Edwards u. Ma 1992. Die dargestellte Systematisierung der Rohstoffmärkte findet man in Brink 1989, strukturierende Charakteristika zu Warenterminbörsen in Hielscher 1989. Gorton u. Rouwenhorst 2006 sowie Gorton et al. 2007 haben Rendite- und Risikostrukturen im Commodity Future-Sektor empirisch untersucht. Die Komponenten von Warenpreisrisiken als Basis eines Preisrisikomanagements analysieren Pfennig u. Schäfer 1999. Übertragen wird der bei Pfennig u. Schäfer 1999 abgeleitete Ansatz auf den Bereich der Strommärkte von Brummer et al. 1999. Energiepreisrisikomanagenet und Energiederivate werden bei Fusaro 1998, Krapels 2000 und Pilipovic 1998 behandelt. Mit der auch in der breiten Öffentlichkeit diskutierten Frage, inwieweit der Kassamarkt durch spekulative Akteure an den Terminmärkten beeinflusst wird, beschäftigt sich Möbert 2009. Den Kassa- und Terminhandel mit Emissionsberechtigungen beschreiben Wilkens u. Wimschulte 2006 sowie speziell für die EEX Grichnik u. Vortmeyer 2002. Der Markt für Wetterderivate wurde bereits vor einigen Jahren als besonderer Wachstumsmarkt gesehen (Deutsche Bank 2003, Meyer 2002). Eine Übersicht, die auch detailliert eingeht auf die Bewertung von Wetterderivaten, bietet Schirm 2000. Die Gemeinsamkeiten bei der Bewertung von Strom- und Wetterderivaten unterstreichen Pirrong u. Jermakyan 2008. Die Verbindung zu Versicherungsderivaten stellt Geman 1999 her. Katastrophenund Wetterderivate behandeln ebenso Becker u. Bracht 1999. Rodt 2003 legt dar, dass man mit Wetterderivaten auch das Elektrizitätsmengenrisiko absichern kann. Hübner 2002 diskutiert die Anforderungen an einen börslichen Handel in Immobilienderivaten für Deutschland. Shiller 2008 zeigt die Möglichkeiten eines Marktes für Derivate auf Immobilienpreise auf.
206
8 Weitere Typen derivativer Instrumente
Ergänzend zur oben erwähnten Lektüre von Shiller 2003 bieten Gadanecz et al. 2007 sowie Trauten et al. 2004 eine zusammenfassende Behandlung von ökonomischen Derivaten.
Schlüsselbegriffe Agrarderivate Backwardation Cat-Optionen CO2-Derivate Commodity-Index Contango Creparts Elektrizitätsderivate Emissionsderivate Gasderivate Hurrikan-Futures
Immobilienderivate Inflationsderivate Katastrophenderivate Makroderivate Ökonomische Derivate PCS-Optionen Phelix-Futures Rohstoffindex Sturmschäden-Futures Warenindex Wetterderivate
Fragen 1. Strukturieren Sie das Segment der Rohstoffe und geben Sie Beispiele innerhalb der einzelnen Rohstoffkategorien 2. Nennen Sie einige Merkmale von Rohstoffen, die beim Einsatz von Rohstoffderivaten besondere zu beachten sind. 3. Beschreiben Sie die Rolle von Basisrisiken beim Einsatz von Rohstoffderivaten. 4. Welche Besonderheiten weist Elektrizität unter den Rohstoffen auf? 5. Diskutieren Sie, inwieweit Energieversorger auch am Einsatz von Wetterderivaten interessiert sein könnten. 6. Beschreiben Sie mögliche Ausprägungen von Wetterderivaten. Welche Formen eignen sich auch zum Management von Versicherungs- bzw. Katastrophenrisiken? 7. Hat ein Rückversicherungsunternehmen, das sich mit Katastrophenderivaten absichern möchte, auch Basisrisiken zu beachten? 8. Geben Sie einige Ideen für Makroderivate, die bislang noch nicht kreiert wurden und daher auch noch nicht gehandelt werden. Lösungsskizzen sowie weitere Fragen und Aufgaben sind auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de zu finden.
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
Das moderne Investment- und Risikomanagement ist geprägt von quantitativen, auf mathematisch-statistischen Kennzahlen und Verfahren beruhenden Strategien. Die isolierte Bewertung, Bündelung und Weitergabe von Marktpreisrisiken als zentrale ökonomische Funktion derivativer Finanzmarktinstrumente ist nur möglich, wenn die Werte der eingesetzten Derivate bestimmt werden können. Gleiches gilt für ein Risikomanagement im Sinne einer Steuerung und Kontrolle von Hedging-, Trading- und Arbitrage-Strategien. Den Ausführungen zu wichtigen derivativen Finanzmarktinstrumenten in den vorangegangenen Kapiteln soll sich deshalb im Folgenden die Darstellung der theoretischen Modelle der Bewertung von Derivaten anschließen. Die grundlegenden Modelle werden jeweils ausführlich vorgestellt und analysiert, spezifischere Modellierungen motiviert und zitiert. Gegenstand des neunten Kapitels ist die Bewertung unbedingter Termingeschäfte, d. h. insbesondere die Bewertungstheorie für Forwards. Zunächst wird der Cost of Carry-Ansatz für Forward-Geschäfte abgeleitet, auf ausgewählte Bewertungsprobleme angewandt und schließlich die Übertragung der Cost of CarryBewertung auf Future-Kontrakte diskutiert. Das Kapitel schließt mit der Ableitung optimaler Volumina im Hedging mit unbedingtern Termingeschäften im Rahmen von Portfolio-Ansätzen.
9.1 Komponenten der Basis Bewertungsmodelle setzen voraus, dass der Preis, zu dem ein Zahlungsstrom am Markt gehandelt wird, für jeden Marktteilnehmer gleich und gegeben ist. Ein solcher Kapitalmarkt wird als vollkommen bezeichnet und zumeist über einen Prämissen-Katalog charakterisiert. Demnach ist ein Kapitalmarkt vollkommen, wenn folgende Annahmen erfüllt sind: 1. Es fallen keine Steuern, Informations- oder Transaktionskosten an. 2. Jeder Marktteilnehmer sieht die Preise der Wertpapiere und Derivate als von seinen Dispositionen unabhängig an. 3. Jeder Investor kann beliebige Bruchteile von Wertpapieren kaufen oder auch (leer-) verkaufen. 4. Alle Investoren haben gleichen Marktzugang.
208
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
Der durch die Annahmen 1. bis 4. definierte vollkommenen Kapitalmarkt erfüllt gewisse Bedingungen hinsichtlich der Existenz eines Kalkulationszinssatzes (Franke 1983). Zur Verdeutlichung werden diese Bedingungen in folgender Prämisse explizit unterstellt: 5. Für jede Zinsperiode existiert ein bekannter und konstanter risikofreier Zinssatz, zu dem Kapital in beliebiger Höhe aufgenommen und angelegt werden kann. Darüber hinaus wird zumeist eine flache Zinskurve unterstellt, d. h. der Kalkulationszinssatz bleibt in allen betrachteten Zinsperioden gleich. Dies vereinfacht die Notationen erheblich. Kann jeder beliebige Zahlungsstrom unabhängig von der Höhe, der zeitlichen Struktur oder auch der Sicherheit bzw. Unsicherheit der Zahlungen gehandelt werden, so spricht man von einem vollständigen Kapitalmarkt. Im Folgenden wird ohne explizite Erwähnung die Existenz eines vollkommenen und vollständigen Kapitalmarktes vorausgesetzt. Die während der Laufzeit eines Termingeschäfts bestehende Differenz zwischen dem Terminpreis bzw. Terminkurs und dem Kurs des zugrundeliegenden Kassatitels bezeichnet man als Basis: Basis
Terminkurs Kassakurs
(9.1)
Am Liefertag, d. h. dem Fälligkeitsdatum des Termingeschäfts, beträgt die Basis offenbar gleich null, da sich Kassa- und Terminkurse annähern, bis sie bei Kontraktfälligkeit übereinstimmen. Ist der Kurs des Termingeschäfts unmittelbar vor der Fälligkeit nämlich geringer als der Kurs des Basisobjekts am Spot-Markt, dann kann ein Marktteilnehmer eine Arbitrage-Strategie umsetzen: Der Kauf des Termingeschäfts ist mit der Abnahme des Basiswertes am Liefertag zum Terminkurs verbunden. Bei unmittelbarem Weiterverkauf des Basisobjekts am Spot-Markt führt dies zu einem risikolosen Gewinn in Höhe der Differenz aus Kassakurs und Terminkurs. Ist andererseits das Termingeschäft am Liefertag teurer als das Basisobjekt, so kann über den Verkauf des Temingeschäfts, den Kauf des Basiswertes und die gleichzeitige Liefererfüllung im Termingeschäft ein Arbitrage-Gewinn erzielt werden. Auf einem Kapitalmarkt mit ausschließlich risikoneutralen Akteuren entspricht der Terminkurs dem Erwartungswert des Kassakurses. Risikoaversion dagegen führt zu einer Bestimmung des Terminkurses anhand des Erwartungswertes des Kassakurses abzüglich einer Risikoprämie. Sind in einem Markt die Terminkurse kleiner als die Erwartungswerte der Kassakurse, so sagt man auch, der Markt befindet sich in einer Normal Backwardation-Situation. Von einem Contango-Markt spricht man, wenn die Terminkurse größer sind als die erwarteten Kassakurse. In der Regel wird der Terminkurs größer sein als der Kassakurs. Das Prinzip der Bewertung unbedingter Termingeschäfte beruht auf ähnlichen Arbitrage-Überlegungen wie im obigen Nachweis der Identität zwischen Terminund Kassakurs zur Fälligkeit. So kann ein Marktteilnehmer eine Bestandsposition in einem Basiswert zu einem zukünftigen (Liefer-) Termin alternativ über ein Engagement im Termin- oder im Kassamarkt realisieren. Kauft er ein entsprechendes
9.2 Bewertung von Forwards mit dem Cost of Carry-Ansatz
209
Termingeschäft, so nimmt er das Basisobjekt am Liefertag gegen Zahlung des vereinbarten Terminpreises in seinen Bestand auf. Kauft er dagegen bereits zum heutigen Zeitpunkt den Basiswert, so muss zum einen bereits heute eine Finanzierung des Kaufs erfolgen und zum anderen der Basiswert bis zum zukünftigen Termin gelagert werden. Es ist also bei der Strategie über den Kauf am SpotMarkt zu berücksichtigen, dass Bestandshaltekosten anfallen. Diese Bestandshaltekosten umfassen die Zinskosten und die Lagerungskosten. Man spricht bei den Bestandshaltekosten auch von den Cost of Carry. Bezeichnet man den Ausgangszeitpunkt mit t = 0 und den Liefertermin mit t = T, den Spot-Preis zum Ausgangszeitpunkt mit S = S0 und den in t = 0 sich einstellenden Kurs per Termin T mit FT = F0,T, so ergibt sich mit den Cost of Carry CoCT auf einem vollkommenen und vollständigen Kapitalmarkt offenbar folgende Relation zwischen Terminkurs und Kassakurs: FT
S CoCT
(9.2)
Die weitere Konkretisierung der Gl. 9.2 bedingt die Erfassung der Komponenten der Cost of Carry, der Finanzierungs- und der Lagerungskosten. Im folgenden Abschnitt wird dies auf Basis gewisser Annahmen hinsichtlich des zeitlichen Anfalls von Zinszahlungen und Lagerungsgebühren erfolgen. Kassa- und Terminmarkt befinden sich im Gleichgewicht, wenn die Basis genau den Cost of Carry entspricht und somit der Terminkurs den in Gl. 9.2 angegebenen Wert annimmt. Die Preisbildung an den unvollkommenen und unvollständigen Märkten wird neben den Cost of Carry durch vielfältige weitere Faktoren beeinflusst. Diese Faktoren werden in der sogenannten Value-Basis zusammengefasst. Man unterscheidet mithin zwei Komponenten der Basis, die theoretischen Bestandshaltekosten und die Value-Basis: Basis Carry - Basis Value - Basis
(9.3)
9.2 Bewertung von Forwards mit dem Cost of CarryAnsatz Die Bewertungsrelationen werden im Folgenden anhand von Arbitrage-Tabellen hergeleitet, die vertikal die zeitpunktbezogenen Zahlungen zu den horizontal abgetragenen einzelnen Positionen einer Gesamtstrategie abbilden. Es wird davon ausgegangen, dass alle Positionen im Ausgangszeitpunkt aufgebaut und zu den Lieferterminen aufgelöst werden. Die auf einem vollkommenen Kapitalmarkt geltende Arbitrage-Freiheit ermöglicht die Ableitung gewisser Preisrelationen aus den Summen der ausgelösten Zahlungsströme. Der vollkommene Kapitalmarkt garantiert einen unbeschränkten Marktzugang zu Kauf- und Verkaufspositionen, die Annahme der Vollständigkeit des Kapitalmarktes sichert darüber hinaus die Existenz der abgebildeten Zahlungsströme. Im ersten Schritt zur Erfassung der Cost of Carry-Komponente wird angenommen, dass die Laufzeit des Forward-Geschäfts genau eine Periode beträgt, d. h. der
210
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
Liefertermin wird auf T = 1 gesetzt. Der Ausgangszeitpunkt wird im Folgenden zur vereinfachten Notation generell auf t = 0 gesetzt. Die Ergebnisse können unmittelbar auf beliebige Laufzeiten wie auch einen allgemein gehaltenen Ausgangszeitpunkt t = t0 übertragen werden. Für die Parameter wird vereinbart: x x x x x x x x x x
t
0
t
T
S
S0
ST ST
FT F0,T CoCT WT W0,T c i r 1 i
Ausgangszeitpunkt Liefertermin Kassakurs zum Ausgangszeitpunkt Kassakurs zum Liefertermin Forward-Kurs zum Ausgangszeitpunkt mit Liefertermin T Cost of Carry für den Zeitraum von t = 0 bis t = T Kosten der Lagerung während der Laufzeit des Termingeschäfts kontinuierliche Rate zur Begleichung der Bestandshaltekosten Kalkulationszinssatz für eine Periode der Länge 1 Zinsfaktor
Im Folgenden wird die explizite Notation der Unsicherheit mit dem Zeichen a zumeist unterdrückt. Weitere Parameter werden in den benötigten Zusammenhängen eingeführt. Der Kauf am Spot-Markt erfordert auf einem vollkommenen Kapitalmarkt mit Kalkulationszinssatz i Finanzierungskosten in Höhe von Si, so dass sich mit W1 für die Kosten einer Lagerung über eine Periode der Cost of Carry-Betrag wie folgt ergibt: CoC1
S i W1
(9.4)
Die Herleitung der Gl. 9.2 erfordert eine Annahme über die Konventionen der Begleichung der Lagerungsgebühren. Hier soll gemäß Gl. 9.4 zunächst offenbar davon ausgegangen werden, dass die Lagerungskosten mit einer einmaligen Zahlung nachschüssig am Liefertermin beglichen werden. Die in der Tabelle 9.1 abgebildete Arbitrage-Strategie besteht aus dem Kauf des Basisobjekts am Kassamarkt und dem Verkauf auf Termin durch ein Short Forward-Geschäft. Der Kauf des Basisobjekts löst in t = 0 eine Zahlung von –S aus. Zum Liefertermin wird die Position aufgelöst, der Verkauf führt zu einer Zahlung von S1. Die Begleichung der Lagerungskosten erfordert die Zahlung des Betrags desjenigen Cost of Carry-Anteils, der nicht in den Finanzierungskosten enthalten ist. In t = 1 wird dementsprechend folgender Zahlungsstrom ausgelöst: S1 CoC1 S i
In Höhe des diskontierten Wertes der Lagerungskosten ist im Ausgangszeitpunkt t = 0 eine Rücklage zu bilden:
CoC1 S i 1 i
1
9.2 Bewertung von Forwards mit dem Cost of Carry-Ansatz
211
Tabelle 9.1. Cost of Carry-Bewertung mit T = 1 Strategie Kauf Basisobjekt und Zahlung Lagerungskosten Rücklage für Lagerungskosten Verkauf Forward Geldaufnahme
Zahlungsstrom in t = 0
Zahlungstrom in t = 1
S
S1 CoC1 S i
CoC1 S i 1 i
1
S CoC1 S i 1 i
1
0
Summe
=0
CoC1 S i F1 S1 S CoC1 F1 S CoC1
Das Forward-Geschäft löst zum Liefertermin eine Zahlung in Höhe der Differenz aus Forward-Kurs und Kassapreis aus, da man über diese Short-Position das Basisobjekt zum vereinbarten Forward-Kurs verkauft: F1 S1
Die Finanzierung des Kassakaufs und der Rücklage für die Lagerungskosten erfolgt durch eine Aufnahme des Betrags von: S CoC1 S i 1 i
1
Dieser Betrag ist zum Liefertermin zu tilgen und mit dem risikolosen Zinssatz 1 + i zu verzinsen: ª S CoC1 S i 1 i 1 º 1 i S CoC1 ¬ ¼ Über die Strategie lässt sich die grundlegende Preisformel ableiten. Da in t = 0 kein Mittelzu- oder -abfluss realisiert wird, ergibt sich der Cost of CarryBewertungsansatz somit für den Wert F eines Forward-Geschäfts mit den Bestandshaltekosten CoC1 des Basistitels S: F1
S CoC1
(9.5)
Die Gl. 9.5 kann unmittelbar auf den Fall beliebiger Laufzeiten übertragen werden, woraus die bereits zitierte Gl. 9.2 resultiert. Zu beachten ist lediglich die von Gl. 9.4 abweichende Erfassung der Bestandshaltekosten: FT
S CoCT
In der Literatur ist zuweilen auch eine andere Notation üblich, bei der die Bestandshaltekosten im Verhältnis zum Kurs des Basisobjekts ausgedrückt werden (Tabelle 9.2): F1
§ CoC1 · S ¨1 ¸ S ¹ ©
S 1 CoC1proz
(9.6)
212
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
Tabelle 9.2. Bewertung mit prozentualer Cost of Carry-Komponente Strategie
Zahlungsstrom in t = 0
S
Kauf Basisobjekt und Zahlung Lagerungskosten Rücklage für Lagerungskosten Verkauf Forward Geldaufnahme
CoC1 S i 1 i
1
S CoC1 S i 1 i
1
0
Summe
=0
Zahlungstrom in t = 1
S1 S CoC1proz i
CoC1 S i F1 S1 S CoC1
F1 S 1 CoC1proz
Tabelle 9.3. Cost of Carry-Bewertung mit konstanter Rate c Strategie
Zahlungsstrom in t = 0
S
Kauf Basisobjekt Rücklage für Lagerungskosten Verkauf Forward
^
S exp ¬ª c i T ¼º S
Geldaufnahme
`
Zahlungstrom in t = T ST
0
0
FT ST
S exp ¬ª c i T ¼º
S exp c T
=0
FT S exp c T
Summe
Eine weitere Variation der Cost of Carry-Darstellung basiert schließlich auf der Annahme, dass die Bestandshaltekosten kontinuierlich mit einer konstanten Rate c anfallen. Bei der in Tabelle 9.3 abgetragenen zeitpunktbezogenen Darstellung der Strategie wird die explizite Aufnahme der kontinuierlich zu leistenden Zahlungen zur Begleichung der Lagerungskosten unterdrückt. Es folgt für den Wert des Forward-Geschäfts: FT
S exp c T
(9.7)
Die Ausgestaltung der Preisformel für konkret gegebene Bewertungsprobleme unbedingter Termingeschäfte hängt offenbar von dem Ausmaß der Bestandshaltekosten und der im Einzelfall geltenden Zahlungsvereinbarung über die Lagerungsgebühren ab. Bei Warentermingeschäften bedarf diese Spezifikation besonderer Aufmerksamkeit. Bei Finanztermingeschäften dagegen ist die üblicherweise aus den Depotführungsgebühren bestehende Komponente der Lagerungskosten vernachlässigbar klein, so dass die Bestandshaltekosten ausschließlich aus den Finanzierungskosten des Kaufs des Basistitels bestehen. Es resultieren dann Preisformeln ähnlich zur Gl. 9.6 oder zur Gl. 9.7 mit CoC1/S bzw. c als spezifischer Zinsgröße in Abhängigkeit von den Konventionen zur Zinsver-
9.3 Preisrelationen bei ausgewählten Basisobjekten
213
rechnung am betrachteten Marktsegment. Die im Folgenden genutzte Notationsform resultiert in der Bewertungsrelation: S 1 i
FT
T
S rT
(9.8)
9.3 Preisrelationen bei ausgewählten Basisobjekten 9.3.1 Bewertung von Aktienindex-Futures
Die zum Management von Aktienkursrisiken eingesetzten unbedingten Termingeschäfte beziehen sich seltener auf Einzelaktien als vielmehr auf Aktienindizes und werden üblicherweise als Futures an organisierten Börsenplätzen gehandelt. An dieser Stelle soll davon ausgegangen werden, dass die Übertragbarkeit des Cost of Carry-Ansatzes für Forwards auf die Bewertung von Futures gegeben ist. Eine detailliertere Analyse dieser Zusammenhänge wird auf den folgenden Abschnitt verschoben. Im Falle von Aktienindex-Futures bestehen die Bestandshaltekosten offenbar aus den Finanzierungskosten des Kaufs des Index-Portfolio, d. h. eines AktienPortfolio, dessen Zusammensetzung mit der des Index übereinstimmt. Die Finanzierungskosten sind um die zugeflossenen Dividendenausschüttungen zu korrigieren, es müssen also Annahmen über die Art des Dividendenzahlungsstroms getroffen werden. Sind die während der Laufzeit des Kontraktes ausgeschütteten Dividenden auf die im Index enthaltenen Aktien in ihrer Höhe und dem anfallenden Zeitpunkt sichere Größen, so ist die Ableitung der Cost of Carry-Relation analog zu oben durchführbar. Geht man zunächst von einem diskreten Dividendenzahlungsstrom, d. h. von n Dividendenausschüttungen Di zu den Zeitpunkten t1 bis tn aus, so erhält man über den Kauf des exakt dem Index nachgebildeten Index-Portfolio, finanziert durch eine Geldaufnahme zum Kalkulationszinssatz, sowie den Verkauf des IndexFuture-Kontraktes aus der in Tabelle 9.4 abgetragenen Strategie die Bewertungsformel: n
S r T ¦ Di r T ti
FT
(9.9)
i 1
Eine weitere, einfache Version der Cost of Carry-Beziehung für AktienindexFutures erhält man über die Annahme, dass Dividenden in einem Betrag zur Fälligkeit des Future-Kontraktes ausgeschüttet werden. In der Tabelle 9.5 ist dies mit einer Dividendenrate bzw. -rendite, d. h. dem Verhältnis Dividendenhöhe zu Indexstand im Ausgangszeitpunkt, von d für den Liefertermin T = 1 abgetragen: F1
S 1 i d
(9.10)
214
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
Tabelle 9.4. Bewertung von Aktienindex-Futures bei diskretem Dividendenzahlungsstrom
Strategie
Zahlungsstrom in t = 0 S
Kauf Index-Portfolio
Zahlungstrom in t = T n
ST ¦ Di r T ti i 1
Verkauf Future
0
FT ST
Geldaufnahme
+S
S rT
Summe
=0
FT S r T ¦ Di r T ti
n
i 1
Tabelle 9.5. Bewertung von Aktienindex-Futures bei konstanter Dividendenrate
Strategie
Zahlungsstrom in t = 0
Zahlungstrom in t = 1 S d S
Verkauf Future
S 0
Geldaufnahme
+S
S 1 i
Summe
=0
F1 S 1 i d
Kauf Index-Portfolio
F1 S1
Für beliebige Laufzeiten folgt mit einem an die Kontraktlaufzeit angepassten Zinssatz i* und der Dividendenrendite über die Laufzeit des Terminkontraktes d*: FT
S 1 i * d *
(9.11)
Einen wichtigen Einfluss auf die Berechnung des theoretischen Future-Preises übt die Konstruktion des zugrunde liegenden Aktienindex aus. Ein Aktienindex ist als Kursindex oder als Performance-Index konzipiert. Bei einem Kursindex werden Dividendenausschüttungen auf im Index enthaltenen Titel bei der Berechnung des Indexstands nicht berücksichtigt. Für die Bewertung von Futures auf Kursindizes sind folgerichtig grundsätzlich Bewertungsausdrücke des Prinzips der Gl. 9.9, Gl. 9.10 bzw. Gl. 9.11 zu verwenden. In der Formel zur Kalkulation von Performance-Indizes sind dagegen Dividendenausschüttungen enthalten. Dividenden werden dabei rechnerisch so behandelt, als wenn sie zum Dividendentermin in die jeweilige Aktie reinvestiert werden würden. Geht man davon aus, dass ausgeschüttete Dividenden mit einem gleich hohen Abschlag auf den Aktienkurs einhergehen, so verursachen Dividenden bei einem Performance-Index – im Gegensatz zum Kursindex – offenbar keinen Rückgang im Stand des Index. Dies vereinfacht die Bewertung von Futures auf Performance-Indizes erheblich: Im Bewertungsausdruck entfällt die Berücksichtigung der Dividendenbeträge. Der theoretische Wert eines Future-Kontraktes auf einen Aktien-Performance-Index berechnet sich also nach dem Prinzip der Gl. 9.8. Die als Basiswert der Eurex-Kontrakte genutzte Version des Deutschen Aktienindex DAX ist als Performance-Index berechnet, so dass sich die Bewertung von
9.3 Preisrelationen bei ausgewählten Basisobjekten
215
DAX-Futures auf Basis der Cost of Carry-Relation der Gl. 9.8 ergibt. Aufgrund der Laufzeiten der Eurex-DAX-Futures von maximal neun Monaten wird die Zinsverrechnung unterjährig durchgeführt. Mit 360 Zinstagen pro Jahr und tTage als Symbol für die Restlaufzeit in Tagen erhält man die Formel zur Bewertung von Futures auf den DAX wie folgt: FTDAX
t · § S DAX ¨ 1 i Tage ¸ 360 ¹ ©
(9.12)
Ist die theoretische Bewertungsbeziehung verletzt, so können Marktteilnehmer anhand Strategien ableiten und Arbitrage-Gewinne erzielen. Liegt der am Markt beobachtete Future-Kurs über dem theoretisch korrekten Preis, sind die Futures überbewertet. Ein Arbitrageur wird in diesem Fall eine Cash and Carry-Arbitrage bzw. eine Long Arbitrage-Strategie durchführen, indem er zum Ausgangszeitpunkt überbewertete Futures verkauft und sich Mittel zum Kauf des IndexPortfolio über eine Geldaufnahme am Kapitalmarkt besorgt. Die Reverse Cash and Carry-Arbitrage- bzw. Short Arbitrage-Strategie kommt im Falle einer Unterbewertung der Futures zur Anwendung. Der Arbitrageur wird dann genau die entgegengesetzten Transaktionen zur Long Arbitrage-Strategie vornehmen. Als Beispiel soll die Bewertung von DAX-Futures mit Fälligkeit Juni 1998 bei einem DAX-Stand von 4.602,65 Punkten am 20. Februar 1998 betrachtet werden. Für die Restlaufzeit des Future-Kontraktes wird mit vier Monaten gerechnet. Der Geldmarktzinssatz für 3-Monats-Anlagen dient als Kalkulationszinssatz. Er beträgt 3,4 % p. a. Für den theoretischen Wert der DAX-Futures folgt mit Gl. 9.12 gerundet: F
4· § 4.602, 65 ¨ 1 0, 0340 ¸ 12 ¹ ©
4.654,81
Der Schlusskurs der DAX-Juni-Futures am 20. Februar 1998 liegt aber tatsächlich unter diesem Wert bei 4.632,00 Punkten. Zur Implementierung einer Reverse Cash and Carry-Arbitrage sind nun DAX-Futures zu kaufen bei einem gleichzeitigen Verkauf des DAX-Portfolio. Geht man beispielhaft und vereinfachend davon aus, dass der Wert des Index-Portfolio genau 500.000 € beträgt, dann bestimmt sich die Anzahl der zu kaufenden DAX-Futures zu: 500.000 € 4.602,65 25 €
4,3453
Für die Cost of Carry pro Future-Kontrakt gilt: CoC
4.602,65 0, 0340
4 12
52,16
216
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
Tabelle 9.6. Beispiel zur Reverse Cash and Carry-Arbitrage mit DAX-Futures
Strategie
Wert in Indexpunkten + 4.602,65 4.632,00 + 52,16 + 22,81
Verkauf DAX Kauf Future Cost of Carry Summe
Multiplikator
Anzahl
Euro-Wert
25 € 25 € 25 € 25 €
4,3453 4,3453 4,3453 4,3453
+ 499.997,38 € 503.185,74 € + 5.666,27 € + 2.477,91 €
Die Reverse Cash and Carry-Arbitrage-Strategie resultiert in einem Gewinn in Höhe der Fehlbewertung der Future-Kontrakte von 22,81 Punkten, d. h. von 2.477,91 € (Tabelle 9.6). Die Basis bestimmt sich hier zu: Basis
4.632,00 4.602,65 29,35
Der unterbewertete Future-Kontrakt hat also eine negative Value-Basis: Value-Basis
Basis Carry-Basis
29,35 52,16
22,81
In der Praxis des unvollkommenen Kapitalmarktes ist es nicht zwingend möglich, mit den oben beschriebenen Strategien risikolose Gewinne zu erzielen. So existieren sowohl am Kassa- als auch am Terminmarkt Transaktionskosten in Form von Kommissionen und Provisionen. Weiter schmälern auch die Bid Ask Spreads bei An- und Verkauf der Aktien bzw. der Future-Kontrakte den möglichen ArbitrageGewinn. Profitable Arbitrage ist erst dann möglich, wenn der Gewinn auch nach Berücksichtigung der Transaktionskosten positiv ist, d. h. wenn der Wert der fehlbewerteten Aktienindex-Futures außerhalb des Arbitrage-Bands liegt, das sich durch Berücksichtigung der Transaktionskosten bildet. Ein solches ArbitrageBand ist im allgemeinen nicht symmetrisch um den theoretischen Wert nach der Gl. 9.12 angeordnet, sondern spiegelt unter anderem die mit einem sogenannten Leerverkauf verbundenen zusätzlichen Kosten wider. Der bei Short Arbitrage-Strategien vorzunehmende Leerverkauf des IndexPortfolio unterliegt gewissen Restriktionen, die die Durchführung einer ShortStrategie im Gegensatz zur Long Arbitrage erheblich erschweren. Mit Ausnahme von institutionellen Anlegern kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Arbitrageur die entsprechenden zu verkaufenden Aktien bereits in seinem Bestand hält. Er muss also einen Leerverkauf tätigen und die Aktien gegen Entgelt beispielsweise über eine Wertpapierleihe für die Dauer des Geschäfts leihen. Darüber hinaus gibt es durchaus Marktsegmente (und Marktsituationen), an denen der Leerverkauf von Wertpapieren untersagt nicht. Um zu hohe Transaktionskosten bei der exakten Nachbildung eines Index zu vermeiden, werden nicht indexanaloge Portfolios, sondern sogenannte IndexBaskets entwickelt. Das dem Terminkontrakt zugrunde liegende Index-Portfolio wird dabei nur näherungsweise am Kassamarkt nachgebildet. Man versucht, durch wenige Transaktionen ein kleineres Portfolio aus beispielsweise fünf bis sieben möglichst marktbreiten Aktien zu bestimmen, das in hohem Maße mit dem Index korreliert. Aus der lediglich approximativen Replikation resultiert eine nicht perfekte Korrelation der Zeitreihen des Index-Portfolio und des Kassaindex. Man
9.3 Preisrelationen bei ausgewählten Basisobjekten
217
spricht hier auch von dem Tracking-Risiko, d. h. von dem Risiko, dass der Kurs des Index-Portfolio sich nicht synchron zum Kurs des Kassaindex entwickelt und die Index-Arbitrage nicht gewinnbringend zu Ende geführt werden kann. Mit der Annahme nicht stochastischer Zinssätze und der darauf beruhenden Preisidentität zwischen Forward- und Future-Kontrakten wurden sämtliche während der Laufzeit anfallenden Margins, also auch insbesondere die Variation Margin-Zahlungen vernachlässigt. Der Arbitrageur unterliegt aber einem Liquiditätsrisiko, da bei einer ungünstigen Entwicklung der Future-Position eine Nachschusspflicht besteht. Durch solche Nachschusszahlungen entstehende Finanzierungskosten können den potenziellen Arbitrage-Gewinn deutlich mindern. Steuerlich bedingte Effekte auf den Wert der DAX-Futures ergeben sich insbesondere aus unterschiedlichen Steuerzahlungen, die bei Dividendenerträgen der indexanalogen Portfolios anfallen. So erhält der einkommensteuerpflichtige Aktionär lediglich eine Auszahlung in Höhe der Nettodividende, hat aber bei der Nachbildung des Index-Portfolio die Bardividende in die Aktien der ausschüttenden Gesellschaft zu reinvestieren. Einen weiteren zu berücksichtigenden Faktor stellt der eventuelle zeitliche Unterschied der An- und Verkaufsgeschäfte am Kassa- und Terminmarkt dar. 9.3.2 Bewertung von Währungs-Forwards und -Futures
Mit Währungs-Forwards wird zum Ausgangszeitpunkt ein Wechselkurs vereinbart, an dem der zu einem festgelegten späteren Termin stattfindende Währungsaustausch stattfinden soll. Der Terminkurs bestimmt sich bei Währungs-Forwards aus der Zinsparität, der (Covered) Interest Rate Parity IRP: F1
§1 if · S ¨ ¸ © 1 id ¹
§ i f id · S S ¨ ¸ © 1 id ¹
(9.13)
Die Bewertungsbeziehung ergibt sich aus der Überlegung, dass eine Anlage in Heimatwährung zum Zinssatz id den gleichen Ertrag bringen muss, wie eine direkte Anlage in die Fremdwährung zum Zinssatz if bei gleichzeitiger Sicherung des Wechselkurses per Termin. Die Anlage einer Einheit in Heimatwährung zum Zinssatz id für eine Periode ergibt ein Endvermögen von:
1 id
(9.14)
Alternativ können die Mittel in Fremdwährung zum Zinssatz if sicher angelegt werden. Dazu wird die Einheit der Heimatwährung in die Fremdwährung getauscht. Das aus dieser Anlage resultierende Endvermögen ergibt einen Betrag in Fremdwährung, der gemessen in Heimatwährung unsicher ist. Ein Anleger ist aber in der Lage, zum Ausgangszeitpunkt diesen Betrag zum Terminkurs zu verkaufen und erhält schließlich einen sicheren Betrag in Heimatwährung von:
218
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
S 1 i f
1 F1
(9.15)
Bei vollkommenem Kapitalmarkt herrscht Arbitrage-Freiheit und die beiden Vermögenspositionen stimmen überein: Aus der Gleichsetzung von Gl. 9.14 und Gl. 9.15 folgt die Zinsparität in Gl. 9.13. Übersteigt beispielsweise der tatsächliche Terminkurs den theoretisch korrekten Terminkurs, so könnten die Marktteilnehmer durch Kauf der Fremdwährung, Anlage zum Fremdwährungszinssatz und gleichzeitigem Verkauf per Termin einen risikolosen Gewinn im Vergleich zu einer sicheren Anlage in Heimatwährung erwirtschaften. Auf beliebige Kontraktlaufzeiten verallgemeinert und für den Fall des USDollar als Fremdwährung und des Euro als Heimatwährung schreibt man: FT
§i i · S S ¨ US$ € ¸ T © 1 i€ ¹
(9.16)
Im einführenden Beispiel des Abschnitts 2.2 ist von einem Unternehmen mit Sitz im Euro-Währungsraum ausgegangen worden, das in einem Jahr 101.920 US$ zu zahlen hat. Der €-US$-Wechselkurs im Ausgangszeitpunkt beträgt in dem Beispiel in Mengennotierung S = 1,2500 US-Dollar pro Euro. Mit den Zinssätzen für den US-Dollar- und den Euro-Währungsraum von iUS$ = 1,92 % p. a. und i€ = 4,00 % p. a. errechnet sich der in Mengennotierung angegebene Terminkurs nach der Gl. 9.16 zu 1,2250 US-Dollar pro Euro: F1
§ 0, 0192 0, 0400 · 1, 2500 US$ € 1, 2500 US$ € ¨ ¸ 1, 2250 US$ € 1, 0400 © ¹
Angenommen, der Terminkurs notiert tatsächlich bei 1,2000 US$/€. Der Unternehmer kann weiterhin aufgrund des aktuellen Wechselkurses von 1,2500 US$/€ für den Betrag von 80.000 € insgesamt 100.000 US$ erwerben. Die Anlage dieses Betrags in US-Dollar ergibt den Endwert von 101.920 US$. Kauft der Marktteilnehmer diesen Betrag gleichzeitig zum angenommenen Terminkurs von 1,2000 US$/€, so beträgt das Endvermögen dieser Strategie in Euro 84.933,33 €. Legt der Marktteilnehmer seinen Anfangsbetrag von 80.000 € dagegen zum €Zinssatz von 4,00% an, so erreicht er einen Endwert von 83.200 €. Können weitere Marktfriktionen vernachlässigt werden, so führen an der Fehlbewertung ansetzende Arbitrage-Prozesse dazu, dass sich der tatsächliche Terminkurs in Höhe des theoretisch exakten Terminkurses einstellen wird. Die Form der Interest Rate Parity in der Gl. 9.13 basiert auf dem Verständnis von Wechselkursen in Mengennotierung. Die in der Literatur auch zu findende folgende Form der Gl. 9.13 ist dann anzuwenden, wenn Wechselkurse in Preisnotierung angegeben werden, d. h. wenn die Währungsrelationen in der Sprachregelung „Heimatwährung pro Einheit Fremdwährung“ genutzt sind:
9.3 Preisrelationen bei ausgewählten Basisobjekten
F1
§ 1 id S ¨ ¨ 1 i f ©
· ¸¸ ¹
§ id i f S S ¨ ¨ 1 i f ©
· ¸¸ ¹
219
(9.13a)
Währungs-Futures werden ebenfalls über die Interest Rate Parity bewertet, auch wenn Abweichungen der Future-Preise von den Forward-Preisen sowohl aufgrund von Transaktionskosten als auch infolge des bei einer Absicherung mit Futures zusätzlich anfallenden Margins entstehen können. 9.3.3 Bewertung von Zinsderivaten
Zunächst erscheint es naheliegend, das Cost of Carry-Prinzip bei unveränderten Rahmenbedingungen auf die Bewertung von Forwards und Futures auf Zinssätze bzw. auf Anleihen zu übertragen. Es lassen sich ähnliche Relationen zu oben ableiten, die erste Spezifika der Zinsderivate integrieren. So erhält man beispielsweise für die Bewertung von Zins-Futures wie den Kapitalmarkt-Futures der Eurex aus der Strategie der Tabelle 9.7 eine Preisformel, die neben den Stückzinsen insbesondere die Lieferpreisberechnung über den Preisfaktor berücksichtigt:
F0,1
F1
S SZ 1 i SZ1 PF
(9.17)
Die Bewertung von Zinsderivaten ist jedoch wesentlich komplexer, da im Allgemeinen eine Bewertung nur auf Basis einer Modellierung der Zinsstrukturkurve möglich ist. Die Preisfindung ist damit abhängig vom stochastischen Verhalten der Zinsen und der entsprechenden Modellierung der Zinsen, die auf verschiedene Arten erfolgen kann. Hier sollen lediglich kurze Hinweise auf zentrale Modellierungen gegeben werden. Bei den zeitdiskreten Zinsmodellen steht insbesondere der Ansatz von Ho u. Lee 1986 im Mittelpunkt der Betrachtungen. Das Ho/Lee-Modell erlaubt eine Beschreibung der zeitlichen Entwicklung von Kursen mehrerer Kuponanleihen frei von Arbitrage und ist zinsstrukturkonform, d. h. die modellierte Zinsstrukturkurve stimmt mit der aktuellen Zinstrukturkurve des Marktes überein. Die Diskontierungsfunktion wird in einem binomialen Prozess modelliert, was mit einer leichten Bestimmbarkeit der Modellparameter und einer guten numerischen Lösbarkeit einhergeht. Im Black/Derman/Toy-Modell wird die Zinsstrukturkurve über den kurzfristigen Zinssatz modelliert. Ausgehend von der aktuellen Struktur langfristiger Zinssätze und deren Volatilitäten wird ein Binomialbaum zukünftiger kurzfristiger Zinssätze konstruiert, der die Ausgangsbasis möglicher Bewertungsmodelle von Zinsderivaten darstellt. Bei den zeitstetigen Zinsmodellen stellt insbesondere das Heath/Jarrow/Morton-Modell einen zentralen Entwicklungsschritt dar. Eine neuere Modellklasse sind die Libor- bzw. Swap-Marktmodelle, die von am Markt beobachtbaren Libor- bzw. Swap-Sätzen ausgehen.
220
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
Tabelle 9.7. Bewertung von Kapitalmarkt-Futures
Strategie
Zahlungsstrom in t = 0
Kauf Anleihe
S
Stückzinsen
SZ 0
Verkauf PF Futures Geldaufnahme Summe
Zahlungstrom in t = 1 S1 F1,1 PF
F
SZ1
0,1 F1,1 PF
S + SZ
S SZ 1 i
=0
F0,1 PF S SZ 1 i SZ1
9.3.4 Bewertung von Commodity Forwards
Zur Übertragung der Cost of Carry-Relation auf die Bewertung unbedingter Warentermingeschäfte muss zunächst untersucht werden, ob das physische Basisobjekt lagerfähig ist und ob es sich beim Basisobjekt um ein Saisonprodukt handelt. Für lagerfähige Waren stellen die Bestandshaltekosten entsprechend der Gl. 9.2 lediglich die Obergrenze der Basis dar. Der Einfluss der Bestandshaltung wird in den Preisbildungsmodellen des Warenhandels in einer Größe subsumiert, der sogenannten Convenience Yield CYT. Die in der Regel positive Convenience Yield reflektiert die Vorteilhaftigkeit einer Bestandshaltung und beschreibt als absolute Größe die Differenz zwischen den Bestandshaltekosten und der Basis. Eine Reverse Cash and Carry-Arbitrage über den Verkauf des Bestands bei gleichzeitigem Kauf per Termin setzt somit erst dann an, wenn die Basis unter die Cost of Carry abzüglich der Convenience Yield fällt.: FT S
CoCT CYT
(9.18)
Eine Convenience Yield kann an den Märkten im Allgemeinen nicht direkt beobachtet werden, sondern wird beispielsweise indirekt aus Terminprämien geschätzt. Neben der Nichtnegativität wird für die Convenience Yield gewöhnlich unterstellt, dass sie eine monoton fallende und konvexe Funktion des Lagerbestands ist. Bei hohen Lagerbeständen sind die absolute und die marginale Convenience Yield nahe null. Entspricht die Basis genau den Cost of Carry, so bezeichnet man diese Situation als Full Cost Contango. Bei sehr geringen Lagerbeständen ist die absolute Convenience Yield relativ groß. Ein Rückgang des Lagerbestands bewirkt somit einen Anstieg der Convenience Yield bei gleichzeitiger Angebotsverknappung. Da sich dadurch die Elastizität des Angebots verringert, steigt die Preisvolatilität bei gegebener Volatilität der Nachfrage. Es lässt sich daraus ein positiver Zusammenhang zwischen der Höhe der Convenience Yield und der Höhe der Volatilität des Kassakurses und der Terminkurse ableiten. Bei sehr hohen Lagerbeständen verändert sich dagegen die Convenience Yield als Reaktion auf eine Veränderung von Angebot und Nachfrage kaum, so dass sich Kassa- und Terminkurs fast im gleichen Umfang ändern und die Volatilität von Kassa- und Terminkurs damit annähernd gleich ist. Bei geringen Lagerbe-
9.4 Spezielle Aspekte der Bewertung von Futures
221
ständen führen temporäre Angebots- oder Nachfrageschwankungen zu großen Veränderungen der Convenience Yield, was sich insbesondere im Kassakurs bzw. den Kursen der kurzfristigen Futures niederschlägt. Ist die Lagerfähigkeit zeitlich beschränkt bzw. tritt wie bei Agrarprodukten ein Qualitätsverlust bei längerer Lagerung ein, so ist die Gl. 9.18 nur für ForwardKontrakte mit entsprechend kürzerer Lieferfrist anwendbar. Auch bei Elektrizität als nichtlagerfähigem Gut wird in den Bewertungsansätzen grundsätzlich von einer Convenience Yield gesprochen. Deren ursprüngliche ökonomische Motivation tritt in den Hintergrund bzw. ist nur im Zusammenhang mit der Lagerungsmöglichkeit der Primärenergieträger aufrecht zu erhalten. Die Convenience Yield ist in den Bewertungsansätzen eine Art Aggregat aller Besonderheiten des Basisobjektes Strom. Für die Anwendbarkeit der Modelle ist es somit entscheidend, ob es gelingt, die Convenience Yield zu beschreiben und quantitativ zu erfassen. Die Terminpreise von Elektrizität werden grundsätzlich ebenso wie die Spot-Preise durch Angebot und Nachfrage ermittelt, so dass die gleichen fundamentalen Faktoren wie im Falle des Spotpreises auch für den Terminpreis und damit für die Terminpreisstrukturkurve von Bedeutung sind. Zur Ableitung von Terminpreisen für Strom können entsprechend der Bedeutung der fundamentalen Einflussfaktoren ökonometrische Modelle erstellt werden, die Schätzwerte für die zukünftigen Kassakurse auf Basis von Rohstoffkosten, Nachfrage, Kapazitäten, Wettervorhersagen etc. sowie unter Berücksichtigung von Korrelationen und stochastischen Zusammenhängen ableiten. Die Qualität der Aussagen hängt dabei entscheidend von den unterstellten Zusammenhängen und der Qualität der Inputdaten ab. Eine weitere Modellkategorie stützt sich auf Arbitrage-Beziehungen zwischen den Strompreisen und Preisen der zur Erzeugung eingesetzten Energieträger. Die Terminpreiskurve für Strom wird dazu aus den Terminpreisstrukturen der Primärenergieträger generiert, die eine Speicherung zulassen. Da für diese Rohstoffe in aller Regel liquide Terminmärkte existieren, liegen marktliche Terminpreise vor, aus denen ein Schätzwert für den zukünftigen Strompreis abgeleitet wird. Der Vorteil dieser Methode gegenüber reinen Strompreisprognosen liegt in der Verwendung von realen Marktdaten in Form von Terminpreiskurven der Primärenergieträger. Schließlich kann versucht werden, Terminpreiskurven mit Hilfe stochastischer Prozesse der Spotpreise abzuleiten.
9.4 Spezielle Aspekte der Bewertung von Futures 9.4.1 Zur Identität von Forward- und Future-Preisen bei deterministischen Zinssätzen
Die Übertragung der für Forward-Geschäfte abgeleiteten Cost of Carry-Relation auf die Bewertung von Futures ist nicht ohne weiteres möglich. Grundsätzlich können Preisdifferenzen zwischen laufzeitgleichen Forwards und Futures mit unterschiedlichen Transaktionskostensätzen, Unterschieden in Liquidität und Ausfallrisiken der beiden Marktsegmente sowie in der Standardisierung des Kontrakt-
222
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
volumens bei Futures begründet sein. Im Folgenden sollen zwei Aspekte und deren Einfluss auf die Bewertung von Futures näher untersucht werden: x Margin-Zahlungen bei Future-Kontrakten x Implizite Optionen in Future-Kontrakten Margin-Zahlungen sind zu berücksichtigen, da die Clearing-Stelle der Börse täglich im Rahmen des Mark to Market-Systems die Wertveränderungen in den Future-Positionen berechnet. Gewinne und Verluste, die durch Kursveränderungen gegenüber dem Vortag entstehen, werden durch die Variation Margin-Zahlungen täglich ausgeglichen. Es entstehen Zahlungsströme mit täglichen Zahlungen, die kumuliert bei Glattstellung bzw. am Laufzeitende das Gesamtergebnis der FuturePosition darstellen. Dagegen fallen bei Forwards weder bei Abschluss noch während der Laufzeit Zahlungen an. Die Wertänderungen des Forward-Geschäfts wirken sich erst am Liefertermin als Differenz zwischen vereinbartem Forward-Preis und aktuellem Kassakurs aus. Während also die Zahlungsströme bei Futures und Forwards bei Vernachlässigung von Zinseffekten ihrer Höhe nach identisch sind, bestehen Unterschiede im zeitlichen Auftreten der Zahlungen. Die Cost of Carry-Bewertung berücksichtigt offenbar nicht den täglichen Gewinn- und Verlustausgleich der Future-Positionen. Es kann nun aber gezeigt werden, dass im Falle deterministischer Zinssätze die Preise von Forwards und Futures identisch sind, mithin die Vernachlässigung der Variation Margins in der Cost of Carry-Relation keine Probleme verursacht. Bei stochastischen Zinssätzen dagegen unterscheiden sich die Preise von Futures und Forwards, auch wenn empirische Erkenntnisse auf lediglich geringe Preisunterschiede hinweisen. Der Nachweis der Identität zwischen Forward- und Future-Preisen bei deterministischen Zinssätzen erfolgt hier nur den Spezialfall, dass der kurzfristige Zinssatz, d. h. der Zinssatz für Geldanlagen und Geldaufnahmen kurzer Laufzeit während der Kontraktlaufzeit konstant ist. Mit den Größen x x x x x x x x x
t
0
Ausgangszeitpunkt
Liefertermin gemessen in Tagen Kassakurs zum Liefertermin F0,T Future-Preis zum Ausgangszeitpunkt mit Liefertermin in T Tagen Fk ,T Fk ,T Future-Preis am Ende des Tages k mit k = 1,...,T FW0,T Forward-Preis zum Ausgangszeitpunkt mit Liefertermin T FWT ,T ST Forward-Preis am Liefertermin id konstanter Kalkulationszinssatz pro Tag rd 1 id Zinsfaktor t
T
ST ST
sind in Tabelle 9.8 die Komponenten der folgenden Strategie vom Tag 0 bis zum Liefertag T abgetragen: x Kauf von rd Futures mit Fälligkeit in T am Ende von Tag 0 x Erhöhung des Bestands an Futures auf rdk am Ende von Tag k–1 für k = 2,...,T
9.4 Spezielle Aspekte der Bewertung von Futures
223
Tabelle 9.8. Wertentwicklung der Roll Over-Strategie in Futures
Tag
0
Future-Preis Anzahl Kontrakte Gewinn bzw. Verlust aufgezinster Gewinn bzw. Verlust
1
...
T1 FT 1,T T
F0,T
F1,T
...
rd
2
...
F0,T rd
...
F0,T rd T
...
rd
F
1,T
F
1,T
rd
F
T 1,T
F
T FT ,T
FT 2,T rd T 1
F
FT 1,T rd T
FT 2,T rd T
F
FT 1,T rd T
T 1,T
T ,T
T ,T
Tabelle 9.9. Identität von Forward- und Future-Preisen bei konstantem Zinssatz
Strategie
Zahlungstrom in t = T
Zahlungsstrom in t = 0
Kauf Roll OverFuture-Positionen Verkauf Forward
S
0
F0,T rd T
ST FW0,T rd T
0
Summe
T
FW
=0
0,T
F0,T rd T
In der letzten Zeile der Tabelle 9.8 sind die auf den Liefertermin T aufgezinsten Gewinne bzw. Verluste abgetragen. Anfallende Gewinne aus dem täglichen Gewinn- und Verlustausgleich der Futures werden bis zum Tag T angelegt. Entstandene Verluste werden durch eine Geldaufnahme gedeckt, die am Tag T zurückgezahlt wird, so dass keine zwischenzeitlichen Zahlungen anfallen. Der Aufbau der Future-Positionen in Tabelle 9.8 ist die Umsetzung einer spezifischen rollierenden Strategie in Futures. Die Addition der auf den Liefertag T bezogenen Gewinne und Verluste ergibt: ªT º T « ¦ Fk ,T Fk 1,T » rd ¬k 1 ¼
F
T ,T
F0,T rd T
S
T
F0,T rd T
(9.19)
Der Kauf von rdT Forward-Geschäften zum Forward-Preis FW0,T am Tag 0 führt am Liefertag T zum Wert:
S
T
FW0,T rd T
(9.20)
Da beide Anlagen identische Zahlungsströme generieren (Tabelle 9.9), folgt aus der Identität von Gl. 9.19 und Gl. 9.20 die Identität von Forward- und FuturePreisen bei konstantem kurzfristigen Zinssatz: FW0,T
F0,T
(9.21)
224
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
9.4.2 Lieferoptionen in Future-Kontrakten
Die Standardisierung bei Future-Kontrakten geht einher mit der Konzentration auf Futures auf bestimmte marktgängige Basisobjekte. Um ein ausreichendes Handelsvolumen zu generieren und den Marktteilnehmern mit den standardisierten Futures ein geeignetes Instrument zur Steuerung der Risiken für eine Vielzahl spezifischer, verwandter Kassapositionen zu ermöglichen, sind Future-Kontrakte üblicherweise mit sogenannten Lieferoptionen (Delivery-Optionen) ausgestattet. Commodity Futures beispielsweise beinhalten für den Verkäufer neben der Verpflichtung, eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem vereinbarten Preis zu liefern, gewisse Wahlmöglichkeiten hinsichtlich des Warentyps, des Lieferortes und des Lieferzeitpunktes. Futures auf Anleihen wie die Bund-Futures an der Eurex beziehen sich auf einen synthetischen Basiswert, beinhalten aber die Pflicht zur physischen Erfüllung aus einem tatsächlichen Korb von Anleihen. Der synthetische Basiswert muss dabei möglichst repräsentativ für das zugrunde liegende Kassamarktsegment sein, das wiederum durch die einzelnen Anleihen für die physische Erfüllung definiert wird. Aus dieser Kontraktspezifikation resultiert ebenfalls eine Lieferoption, die dem Inhaber der Option, d. h. dem Future-Verkäufer, die Wahl der zu liefernden Anleihe gestattet. Die Zwischenschaltung der synthetischen Anleihe erfordert zur Bestimmung des vom Käufer zu zahlenden Abrechnungspreises die Berücksichtigung der Ausstattungsmerkmale der gelieferten Anleihe mit dem Ziel, alle lieferbaren Anleihen nach der Konversion gleichzustellen. Im fünften Kapitel ist anhand des Preisfaktors bei Bund-Futures bereits diskutiert worden, dass dies in der Regel nicht erreicht wird. Es wird sich vielmehr in jedem Zeitpunkt eine Reihenfolge in der Vorteilhaftigkeit zur Erfüllung der Lieferverpflichtung ergeben. Der Future-Verkäufer als Inhaber der Delivery-Option kann zum Aufbau einer Hedge-Position zum aktuellen Zeitpunkt die aus seiner Sicht günstigste Anleihe erwerben. Zum Liefertermin überprüft er seine Wahl und tauscht gegebenenfalls die von ihm gehaltene Anleihe gegen die dann sich einstellende Cheapest to Deliver- (CTD-) Anleihe ein, die er schließlich zur Kontrakterfüllung einliefert. Es bietet sich deswegen an, den Wert der Lieferoption in die Komponente des Wertes der synthetischen Delivery-Option und des Flexibilitätswertes der DeliveryOption zu unterscheiden. Die den Wert der synthetischen Option bestimmende aktuelle CTD-Anleihe kann über das Cost of Carry-Modell zumindest approximativ ermittelt werden. Der Flexibilitätswert dagegen umfasst den Wert des Rechts, bei Fälligkeit die gehaltene CTD-Anleihe gegen die dann gültige CTD-Anleihe auszutauschen. Aus Sicht des zur Lieferung Verpflichteten entspricht ein Termingeschäft mit Delivery-Option einer europäischen Kaufoption auf das Minimum der Kurse der lieferbaren Anleihen mit einem Basiswert von null. Dementsprechend basieren Ansätze zur Bewertung der Flexibilitätskomponente auf Optionsbewertungsmodellen.
9.4 Spezielle Aspekte der Bewertung von Futures
225
Tabelle 9.10. Cost of Carry-Bewertung von Futures mit Lieferoption und T = 1
Strategie
Zahlungsstrom in t = 0
Zahlungstrom in t = 1
S A
S A,1 CoC1 S A i
0
F1 min S A,1 , S B ,1
Kauf A Verkauf Future
CoC1 S A i 1 i
Rücklage für Lagerungskosten Verkauf einer Austauschoption Geldaufnahme
1
OB o A
S A OB o A CoC1 S A i 1 i
Summe
1
0
CoC1 S A i max S A,1 S B ,1 ,0
S A CoC1 OB o A 1 i F1 S A CoC1 OB o A 1 i
Zur Illustration wird ein Future-Kontrakt betrachtet mit der Option, zur Erfüllung der Lieferverpflichtung zur Fälligkeit zwischen zwei Titeln A und B, die zum Ausgangszeitpunkt die Preise SA und SB aufweisen, zu wählen. Geht man ohne Beschränkung der Allgemeinheit davon aus, dass der Future-Verkäufer zunächst eine Position im Basisobjekt A eingeht, so ist seine Möglichkeit zum Austausch von A gegen B abzubilden. Diese Flexibilitätskomponente wird in Tabelle 9.10 über die explizite Erfassung des Wertes eine Austauschoption OBoA berücksichtigt. Die Tabelle 9.10 enthält die Cost of Carry-Strategie zur Bewertung des FutureKontraktes mit Lieferoption durch den Kauf von A, den Future-Verkauf, die Rücklage für Lagerungskosten, den Verkauf der Austauschoption sowie eine Geldaufnahme. Die Tabelle 9.10 ist im Aufbau ähnlich zur Tabelle 9.1 auf Seite 211 und übernimmt auch die entsprechenden Bezeichnungen. Die Glattstellung der FuturePosition zur Fälligkeit ist dahingehend anzupassen, dass die Terminposition den Kauf der billigeren der beiden Objekte A und B zum Preis max S A,1 S B ,1 ,0 und den Verkauf zum vertraglich vereinbarten Terminkurs F1 impliziert. Mit SA,1 bzw. SB,1 werden die Kurse von A bzw. B zur Fälligkeit bezeichnet. Der Future-Preis entspricht nach der Strategie aus Tabelle 9.10 dem Kassakurs eines der beiden Basisobjekte zuzüglich der Bestandshaltekosten – insofern also dem theoretischen Preis ohne Lieferoption – abzüglich dem Wert der Austauschoption: F1
S A CoC1 OB o A 1 i
(9.22)
Die Austauschoption ist ein bedingtes Derivat und kann nicht mit den bisher abgeleiteten Preisformeln für unbedingte Derivate bewertet werden. Als Vorgriff auf entsprechende Bewertungsmodelle der folgenden Kapitel wird hier nur das Ergebnis für den Wert der Austauschoption – in dem speziellen Fall t = 0 und T = 1 – zitiert:
226
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
OB o A
S A N d1B o A S B N d 2B o A
(9.23)
mit ln d1B o A
SA V 2 SB 2
V ln
d 2B o A
V2
d1B o A V
(9.24)
SA V 2 SB 2
(9.25)
V
V A2 V B2 2 V AB
(9.26)
und den Variablen bzw. Parametern x S A , SB
Kurs von A bzw. B zum Ausgangszeitpunkt t = 0
x V ,V x V AB x N .
Varianz der Rendite von A bzw. B Korrelation der Renditen von A und B Verteilungsfunktion einer standardnormalverteilten Zufallsvariablen
2 A
2 B
Unter Umständen stehen den Verkäufern von Futures noch weitere implizite Optionen zu. Dabei handelt es sich zumeist um Zeitoptionen, d. h. um einen gewissen Handlungsspielraum bei der Wahl des Zeitpunktes der Lieferung. Zeitoptionen treten nur bei ausgewählten börsengehandelten Terminkontrakten auf und haben in der Regel einen relativ geringen Wert. Bei den US Treasury Bond Futures beispielsweise sind drei Zeitoptionen zu unterscheiden: x Die Timing-Option erlaubt jederzeit während der Handelszeit der Futures die Erfüllung zwei Börsentage nach Ankündigung. x Die End of the Month-Option gestattet die Lieferung während der letzten sieben Börsentage des Fälligkeitsmonats, obwohl der Future-Handel am achten Börsentag vor Ende des Fälligkeitsmonats eingestellt wird. x Die Wild Card-Option erlaubt dem Verkäufer die Lieferankündigung bis 20.00 Uhr an jedem Handelstag des Future-Kontraktes im Fälligkeitsmonat, obwohl der Future-Handel um 14.00 Uhr endet, während der Kassahandel weiterläuft.
9.5 Bewertung von Swaps Ein Swap ist der periodische Austausch von Zahlungen zwischen zwei Parteien über eine bestimmte Laufzeit. Swaps entsprechen demnach dem Abschluss einer Portfolio-Position in unbedingten Termingeschäften unterschiedlicher Laufzeiten.
9.5 Bewertung von Swaps
227
Am Beispiel von Waren-Swaps bedeutet diese Interpretation, dass Zahlungen ausgetauscht werden, die auf Warenpreisen beruhen. Mit Waren-Swaps werden Vereinbarungen getroffen, bei denen der Swap-Käufer für eine bestimmte Warenmenge zu festgelegten zukünftigen Zeitpunkten einen Festpreis an den SwapVerkäufer zahlt. Dieser wiederum ist verpflichtet, zu den vereinbarten Zeitpunkten den sich jeweils einstellenden Marktpreis der Ware zu zahlen. Es werden also fixe gegen variable Rohstoffpreise getauscht. Diese Überlegung dient auch gleichzeitig als Basis für die Bewertung von Waren-Swaps. Illustriert wird dies anhand eines Swap-Geschäfts auf eine Einheit einer Ware mit Zahlungszeitpunkten t = 1, ..., T. Der Kalkulationszinssatz i soll für alle Perioden gleich sein. Der Swap-Käufer hat zu jedem Zeitpunkt den fixen Preis K zu zahlen und erhält den Marktpreis, d. h. er sieht sich folgendem Zahlungsstrom ausgesetzt: St K
für t 1,!, T
(9.27)
Zur Berechnung des Wertes des Swap-Geschäfts als Barwert dieses Zahlungsstroms sind die in t = 1 bis T anfallenden Zahlungen gemäß der Gl. 9.27 zu duplizieren und in sichere Größen zu transformieren. In der Tabelle 9.11 ist dies beispielhaft für die sich in t = 1 einstellende Zahlungsverpflichtung abgetragen. Die Long Swap-Position wird um eine Short Forward-Position und geeignete Mittelanlagen und -aufnahmen zu einer Hedge-Strategie ergänzt, die in t = 1 einen Wert von null hat. Es resultiert ein Wert der ersten Zahlungskomponente von: F0,1 K
(9.28)
1 i
Überträgt man diese Duplikationsstrategie auf die weiteren Zahlungszeitpunkte t = 2, ..., T, so folgt schließlich mit dem Barwertkalkül für den Wert des SwapGeschäfts zum Ausgangszeitpunkt: T
F0,t K
¦ 1 i
(9.29)
t
t 1
Tabelle 9.11. Ermittlung des Wertes der ersten Teilzahlung bei Waren-Swaps
Strategie Kauf Swap Verkauf Forward Geldaufnahme Geldanlage Summe
Zahlungsstrom in t = 0 SW1 0
Zahlungstrom in t = 1 S1 K F0,1 S1
F0,1 1 i
1
F0,1
K 1 i
1
K
=0
228
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
Zins-Swaps beinhalten die Vereinbarung über den Austausch von Zinszahlungen. In der Form der fix-variablen Swaps werden fixe Zinszahlungen aus einem Festzinstitel mit einer bestimmten Fristigkeit gegen variable Zinszahlungen aus einem Geldmarktgeschäft getauscht. Die Bewertung von Zins-Swaps kann demnach unterteilt werden in das Problem der Bewertung von Bonds, nämlich der Bewertung einer Festzinsanleihe und der Bewertung einer variabel verzinslichen Anleihe, einer Floating Rate Note. Aus der Sicht eines Marktteilnehmers, der den festen Zinssatz zahlt und den variablen Zinssatz erhält, ergibt sich der Barwert der SwapPosition als Differenz der Barwerte der variabel verzinslichen Anleihe und der Festzinsanleihe: barw barw Bvar Bfest
(9.30)
Der Barwert der Festzinsanleihe ergibt sich aus der Summe der diskontierten Kuponzahlungen und der Diskontierung der zum Laufzeitende erfolgenden Einlösung zum Nominalbetrag. Die variablen Zinszahlungen sind ex ante unbestimmt. Unmittelbar nach einer erfolgten Zinszahlung notiert der variable Teil der Anleihe zu pari. Zwischen zwei Zinszahlungszeitpunkten nähert sich der Wert der variabel verzinslichen Anleihe der pari-Situation an, d. h. das Zinsänderungsrisiko verschwindet aufgrund der anstehenden Neufestsetzung zu Marktkonditionen. Da der Barwert einer Anleihe als Wert der Anleihe in t = 1 diskontiert über eine Periode berechnet werden kann, ergibt sich der Barwert der variabel verzinslichen Anleihe aus dem Nominalbetrag zuzüglich der ersten variablen Zinszahlung diskontiert über eine Periode. Da es sich bei Swap-Geschäften lediglich um die Verteilung eines Austauschs von Zahlungen, d. h. um eine Umverteilung zwischen zwei Vertragspartnern handelt, sind sie üblicherweise so konstruiert, dass sie zum Ausgangszeitpunkt einen Wert von null besitzen. Bei den fix-variablen Zins-Swaps sind demnach die Parameter der Swaps so zu wählen, dass die Barwerte der beiden Anleihepositionen aus Gl. 9.30 identisch sind. In Abhängigkeit von der Festlegung des Nominalbetrags, der Laufzeit, der Zahlungszeitpunkte wie auch des Marktzinssatzes ist der Festzinssatz, d. h. die Swap-Rate, so zu bestimmen, dass diese Bedingung erfüllt ist. Man spricht hier auch von der fairen Swap-Rate bzw. der Par-Swap-Rate. Der sich zu den zukünftigen Zeitpunkten einstellende Marktzinssatz determiniert die variablen Zinszahlungen, ist bei Abschluss des Swap-Geschäfts aber unsicher. Es lassen sich jedoch bereits im Ausgangszeitpunkt Informationen über diese zukünftigen Zinssätze ableiten. So können aus der herrschenden Zinsstrukturkurve implizite Terminzinssätze abgeleitet werden. Diese haben sich auf Basis der aktuellen Erwartungen der Marktteilnehmer gebildet und dienen als Schätzer der zukünftigen kurzfristigen Zinssätze. Währungs-Swaps können analog zu Zins-Swaps bewertet werden. Hier ist lediglich bei einer der beiden auszutauschenden Beträge der Faktor zur geeigneten Währungsumrechnung einzuführen. Da Zins-Swaps als Portfolio aus Forward Rate Agreements unterschiedlicher Laufzeiten interpretiert werden können, ist die Bewertung von Swaps auch über die Bewertung von Forward Rate Agreements möglich.
9.6 Optimales Hedging als Risikominimierung
229
9.6 Optimales Hedging als Risikominimierung Im einführenden zweiten Kapitel und in den Übersichtskapiteln zu derivativen Finanzmarktinstrumenten wurde dem Verständnis der Absicherung (Hedging) als Umsetzung einer statischen Handelsstrategie, die eine deutliche Reduktion des Preisänderungsrisikos der Kassaposition mit sich bringt, gefolgt. Das durch ein gegebenes Engagement in einem Kassamarktinstrument bestehende Risiko kann durch geeignete derivative Instumente reduziert werden. Sind das Kassamarktinstrument und das derivative Basisobjekt identisch, so kann bei korrekter Bepreisung des Derivats das Preisänderungsrisiko durch Hedging völlig eliminiert werden. Bei Cross Hedges wie auch bei einer Fehlbewertung wird aufgrund des auftretenden Basisrisikos jedoch zumeist ein Preisänderungsrisiko im Portfolio verbleiben. Wird im Rahmen eines Kalküls die derivative Position nun so aufgebaut, dass das Preisänderungsrisiko der Gesamtposition minimiert wird, so spricht man von einem optimalen Hedge. Im Folgenden sollen Bedingungen für optimale Hedge-Positionen bei einer Absicherung mit Forward-Geschäften bzw. FutureKontrakten abgeleitet werden. Hat ein Marktteilnehmer eine Einheit eines Kassainstruments im Bestand, so sieht er sich über einen Zeitraum von 0 bis t einem Preisänderungsrisiko ausgesetzt: St S0 %St
(9.31)
Geht er eine Position in h Future-Kontrakten auf das Kassainstrument oder einen verwandten Titel mit Fälligkeit in T ein, so beträgt seine Risikoposition im Termininstrument:
Ft ,T F0,T ¸ h %Ft ¸ h
(9.32)
Ein positives h symbolisiert dabei den Kauf von Terminkontrakten, ein negatives h den Verkauf von Terminkontrakten. Seine Gesamtposition aus Kassa- und Termininstrumenten unterliegt dann offenbar der aus Gl. 9.31 und Gl. 9.32 folgenden Wertentwicklung: %St %Ft ¸ h
Mit den Parametern x V2S
Varianz der Preisänderungen des Spot-Kontraktes
x x x x x
Standardabweichung der Preisänderungen des Spot-Kontraktes Varianz der Preisänderungen des Future-Kontraktes Standardabweichung der Preisänderungen des Future-Kontraktes Kovarianz zwischen Spot- und Future-Preisänderungen Korrelation zwischen Spot- und Future-Preisänderungen
VS
V VF V SF U SF 2 F
folgt aus Gl. 9.33 für die Varianz der Preisänderungen der Gesamtposition:
(9.33)
230
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
V2S h 2 V2F 2 h V SF
(9.34)
Die Zahl an Future-Kontrakten hopt, die das Preisänderungsrisiko der Gesamtposition minimiert, bestimmt den optimalen Hedge und wird dementsprechend als optimale Hedge Ratio bzw. varianzminimierende Hedge Ratio bezeichnet. Sie bestimmt sich über die mit Hilfe der ersten Ableitung der Funktion in Gl. 9.34 ausgedrückte notwendige Bedgingung 2 h V2F 2 V SF
0
V SF V2F
VS VF
zu:
hopt
U SF
(9.35)
Verhalten sich Future- und Kassapreisbewegungen ähnlich zueinander und setzt man die Korrelation gleich eins, so folgt für die optimale Hedge Ratio: U SF
1: hopt
VS VF
(9.36)
Gilt darüber hinaus die Identität zwischen den Standardabweichungen der Preisänderungen im Termin- und im Kassainstrument, so wird die Hedge Ratio wie erwartet gleich minus eins: U SF
1, V S
V F : hopt
1
(9.37)
Aus Gl. 9.34 entnimmt man für diesen speziellen Fall des perfekten Gleichlaufs zwischen Spot- und Future-Markt nach Gl. 9.37 die Möglichkeit, durch den Verkauf eines Future-Kontraktes für jede Einheit des Basisobjekts das Preisänderungsrisiko der Gesamtposition völlig zu eliminieren. Gl. 9.35 stellt gleichzeitig einen Ansatz für die praktische Ermittlung optimaler Hedge-Positionen und damit auch ein Kalkül zur Ermittlung einer HedgeEffizienz dar. Der Quotient aus Kovarianz zwischen Spot- und Future-Preisänderungen und Varianz der Preisänderungen des Future-Kontraktes entspricht einem Regressionskoeffizienten. Er gibt die Steigung einer linearen Regressionsfunktion der Preisänderungen des Kassamarktinstruments in Abhängigkeit von den Preisänderungen des Future-Kontraktes an. Die zur vereinfachten Notation erfolgte Normierung auf eine Einheit des Kassainstruments in Gl. 9.31 begrenzt die Allgemeinheit der Aussagen nicht. Die abgeleiteten Zusammenhänge sind darüber hinaus sofort auf die Fälle von ShortPositionen im Kassainstrument zu übertragen. Die bei einer Short-Position umgekehrten Vorzeichen in Gl. 9.33 beeinflussen die auf Gl. 9.34 basierende weitere Ableitung nicht. Die analogen Überlegungen bei der Absicherung eines Warenpreisrisikos sollen mit der Berücksichtigung zweier unsicherer Preise etwas erweitert werden. Es wird dazu von einem unternehmerischen Produktionsprozess mit einem Input- und einem Output-Faktor ausgegangen. Das als Input-Faktor dienende Produkt wird
9.6 Optimales Hedging als Risikominimierung
231
zum jeweiligen Marktpreis gekauft, im Rahmen des Produktionsprozesses, der gewisse Kosten verursacht, unmittelbar umgewandelt und das entstehende Produkt zum Marktpreis verkauft: x x x
Stin Einkaufspreis des Input-Faktors in t Stout Verkaufspreis des Output-Faktors in t
Kosten des Produktionsprozesses
K
Zur Vereinfachung wird die Kostengröße als fixer Kostenblock verstanden, der zum Ende des Betrachtungszeitraums anfällt. Ebenso wird davon ausgegangen, dass zur Produktion einer Einheit des Output-Faktors genau eine Einheit des Input-Faktors nötig ist. Die Länge der Produktionszeit ist marginal. Die Allgemeingültigkeit der folgenden Aussagen bleibt davon jedoch unberührt. Werden im Ausgangszeitpunkt zur Absicherung der Preisänderungsrisiken für die Produktion in t genau h Future-Positionen eingegangen, so resultiert im Zeitpunkt t folgender Zahlungsstrom: Stout Stin Ft ,T F0,T ¸ h K
(9.38)
Die auf Basis der Preisänderungen in den drei unsicheren Positionen %Stout Stout S0out %Stin Stin S0in %Ft Ft ,T F0,T
formulierte Darstellung erhält man aus einer geeigneten Erweiterung der Gl. 9.38: %Stout %Stin %Ft ,T ¸ h S0out S0in K
(9.39)
Mit den Parametern x V2S out , V2S in
Varianz der Preisänderungen des Output- bzw. Input-Faktors
x V S out , V S in
Standardabweichung der Output- bzw. Input-Preisänderungen
x V S out S in
Kovarianz zwischen Output- und Input-Preisänderungen
x V S out F
Kovarianz zwischen Output- und Future-Preisänderungen
x V S in F
Kovarianz zwischen Input- und Future-Preisänderungen
x US
Korrelation zwischen Output- und Input-Preisänderungen
out in
S
sowie entsprechenden Bezeichnungen für die Varianzen und Kovarianzen der Preisänderungen in den beiden Spot-Positionen und bei den Futures folgt aus Gl. 9.39 für die Varianz der Preisänderung in der Gesamtposition: V2S out V2S in h 2 V2F 2 V S out S in 2 h V S out F 2 h V S in F
(9.40)
232
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
Wird auf den Einsatz von Futures verzichtet, so resultiert aus Gl. 9.40 sofort die Varianz: h
0 : V2S out V2S in 2 V S out S in
Sind die Preisänderungen im Input- und Output-Faktor dann perfekt korreliert und sind die Standardabweichungen identisch, so liegt eine perfekte „natürliche“ Hedge-Situation vor: h
0, U S out S in
1, V S out
V S in : V2S out V2S in 2 V S out S in
0
Werden dagegen Futures eingesetzt, so bestimmt sich die optimale Hedge Ratio wiederum aus der Minimierung der Varianz. Aus der Überprüfung der notwendigen Bedingung zu Gl. 9.40 2 h V 2F 2 V S out F 2 V S in F
0
folgt: hopt
V S in F V S out F V2F
(9.41)
Die optimale Hedge Ratio entspricht damit der Differenz zweier Regressionskoeffizienten und zwar der Steigung einer linearen Regressionsfunktion der Preisänderungen des Input-Faktors und einer linearen Regressionsfunktion der Preisänderungen des Output-Faktors in Abhängigkeit von den Preisänderungen des FutureKontraktes. Bei der Absicherung einer Aktien-Portfolio-Position P mit Futures F auf einen Aktienindex S ist bereits im vierten Kapitel im Rahmen eines Fallbeispiels auf die Bedeutung des Beta-Faktors bei der Wahl der Hedge Ratio hingewiesen worden. Dieser Ansatz soll nun auch im Rahmen der Ableitung optimaler Positionen gezeigt werden. Als Parameter sind gegeben: x x x x x x
RP RS R
Rendite des Aktien-Portfolio Rendite des Aktienindex Rendite des Aktienindex-Future-Kontraktes F C P Beta-Faktor des Aktien-Portfolio cov Kovarianz var Varianz
Das Beta eines Aktien-Portfolio ist als Quotient der Kovarianz zwischen den Renditen des Portfolio bzw. des Index und der Varianz der Rendite des Index definiert: CP
cov RP , RS
var R
S
(9.42)
9.6 Optimales Hedging als Risikominimierung
233
Bei der Absicherung mit Futures mit Liefertermin T ergibt sich über die gesamte Absicherungsperiode von t = 0 bis t = T für die Rendite des Aktienindex als Basisobjekt der Futures, für die Rendite der Future-Position und für die Rendite im Aktien-Portfolio: S S0 %ST RS T S0 S0
(9.43)
F F0,T %FT RF T ,T F0,T F0,T
(9.44)
P P0 %PT RP T P0 P0
(9.45)
Mit der Cost of Carry-Relation für Aktienindex-Futures der Gl. 9.11 und den damit postulierten Annahmen über die Zahlung und Verrechnung von Dividenden bzw. Zinsen folgt nach Gl. 9.43 und Gl. 9.44 für die Rendite der Future-Position: R F
ST S0 1 i * d * S0 1 i * d *
R S i * d * 1 i * d * 1 i * d *
(9.46)
Es besteht demnach folgender Zusammenhang zwischen den Renditen des Aktienindex und der Aktienindex-Futures: RS RF ¸ 1 i * d * i * d *
(9.47)
Ersetzt man in Gl. 9.42 die Indexrendite nach Gl. 9.47 durch die Future-Rendite, so folgt: CP
cov RP , RF
1 i * d * ¸ var RF
(9.48)
In Notation der Preisänderungen mit Gl. 9.44 und Gl. 9.45 lautet dies: %P %F ¬ cov T , T cov %PT , %FT ¸ F0,T P0 F0,T ® CP %F ¬ P ¸ 1 i * d * ¸ var %FT
1 i * d * ¸ var T 0 F0,T ®
(9.49)
Mit der optimalen Hedge Ratio nach Gl. 9.35 und der Cost of Carry-Relation nach Gl. 9.11 lässt sich der Beta-Wert nach Gl. 9.49 auch kurz als Quotient aus dem Indexstand und dem Wert des Aktien-Portfolio im Ausgangszeitpunkt multipliziert mit der negativen optimalen Hedge Ratio schreiben:
234
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
C P hopt ¸
S0 P0
(9.50)
Die optimale Hedge Ratio entspricht also dem Kalkül der Gl. 4.3 des vierten Kapitels: hopt
P0 ¸C P S0
(9.51)
Unter der Zielsetzung der Minimierung der Varianz des erwarteten Ertrags eines abgesicherten Portfolio bestimmt sich die optimale Hedge Ratio entscheidend über eine Regression als Quotient aus der Kovarianz der erwarteten Preisänderungen der abzusichernden Aktienposition mit denen des Index-Future-Kontraktes und der Varianz der erwarteten Future-Preisänderungen. Weiterführende Hedging-Modelle verlassen die Annahme einer gegebenen, unveränderbaren Kassaposition und berücksichtigen die Möglichkeit der Gestaltung des Engagements im Termin- und Kassamarkt. Im Rahmen dieser sogenannten Portfolio-Ansätze ist es also das Ziel, Kassa- und Terminposition nach Ertragsund Risikocharakteristika bei gegebenen Risikopräferenzen optimal zu kombinieren.
Literaturhinweise zu Kapitel 9 Die Bewertung unbedingter Termingeschäfte ist in allen Standardlehrbüchern behandelt, so unter anderem bei Hull 2008, Jarrow u. Turnbull 2000 und Stoll u. Whaley 1993. Zahlreiche Varianten der Cost of Carry-Relation sind bei Stoll u. Whaley 1993 abgeleitet, an dessen Notationsweise sich auch die hier gewählte Darstellung anlehnt. Dort (und original bei Cox et al. 1981) finden sich auch die gezeigten Zusammenhänge zur Identität zwischen Forward- und Future-Preisen bei konstantem kurzfristigen Zinssatz. Auch wenn die Standardlehrbücher bereits weite Inhalte abdecken, so kann sich beispielsweise bezüglich der Besonderheiten bei spezifischen Basiswerten der Blick auf weitere Literatur lohnen. Die Bewertung von Aktienindex-Futures am Beispiel des DAX und empirische Erkenntnisse zu den möglichen Arbitrage-Strategien mit DAX-Futures unter Beachtung ausgewählter Marktunvollkommenheiten findet man bei Bamberg u. Röder 1994 sowie Bühler u. Kempf 1993. Zins- und Währungsderivate und damit auch deren Bewertung bilden den Schwerpunkt bei Schmidt 2006. Intensiv behandeln Branger u. Schlag 2004a sowie Brigo u. Mercurio 2001 die anspruchsvolle Bewertung von Zinsderivaten. Fokussiert auf Zins-Swaps sind Eisele et al. 2001 sowie Jarrow u. Turnbull 1996. Der Einfluss von Lieferoptionen auf die Future-Bewertung wird theoretisch wie auch empirisch am Beispiel des Bund-Future-Kontrakts der Eurex von Berendes u. Bühler 1994 analysiert. Margrabe 1978 hat die Bewertungsformel für Austauschoptionen ausgearbeitet. Besonderheiten bei der Bewertung von Warentermingeschäften sind insbesondere die eingeschränkte Lagerfähigkeit bei Commodities und die damit notwendige Erfassung der Convenience Yield. Grundlegend dazu sind Fama u. French 1987 sowie Ng u. Pirrong 1994 mit einer Anwendung auf Metallmärkte. Die Bewertung von Energiederivaten ist Gegen-
Fragen und Aufgaben
235
stand bei Pilipovic 1998 und Clewlow u. Strickland 2000. Bessembinder u. Lemmon 2002 entwickeln einen Bewertungsansatz für Termingeschäfte auf Elektrizität. Stoll u. Whaley 1993 untersuchen auch das einfache optimale Hedigng im Rahmen von Portfolio-Ansätzen. Weiterführende formale Analysen der nutzentheoretisch optimalen Hedge-Position stammen von Breuer 2000, Kürsten 1997, Pfennig 1998 und Spremann 1991.
Schlüsselbegriffe Austauschoption Backwardation Basis Carry-Basis Cash and Carry Arbitrage Contango Convenience Yield Cost of Carry Covered Interest Rate Parity End of the Month-Option
Hedge Ratio Implizite Optionen Interest Rate Parity IRP Lieferoption Optimales Hedging Reverse Cash and Carry Arbitrage Timing Option Value-Basis Wild Card-Option Zinsparität
Fragen und Aufgaben Fragen
1. Was versteht man unter der Basis? Erläutern Sie die Begriffe Carry- und ValueBasis sowie Backwardation und Contango. 2. Erklären Sie das grundlegende Bewertungsprinzip nach den Cost of Carry und machen Sie dabei deutlich, welche Bedeutung etwaige Gebühren der Lagerung haben. Was foglt daraus für die Anwendung des Cost of Carry-Ansatzes für die Bewertung von Warenderivaten? 3. Welche Rolle spielt die Konstruktion eines Aktienindex als Performance- oder als Kursindex für die Bewertung von Aktienindex-Futures nach den Cost of Carry? 4. Was besagt die Zinsparität (Covered Interest Rate Parity)? 5. Was versteht man unter einer rollierenden Strategie? 6. Nennen Sie Gründe, warum der Cost of Carry-Ansatz zur Bewertung unbedingter Termingeschäfte nicht unmittelbar auf die Bewertung von Futures übertragbar ist. 7. Nennen Sie einige konkrete Beispiele für in Futures enthaltene implizite Optionen. 8. Was drückt die faire Swap-Rate bzw. Par-Swap-Rate aus?
236
9 Cost of Carry-Bewertung unbedingter Termingeschäfte und optimales Hedging
Aufgabe 9.A
Der Kassakurs für Gold in t = 0 beträgt nach Annahme 360 US$ pro Unze, der Terminkurs eines Forward-Geschäfts mit Fälligkeit in einem Jahr 400 US$ pro Unze. Der Kalkulationszinssatz ist mit 9 % p. a. gegeben. Die Lagerungskosten bestimmen sich zu 3,60 US$ pro Unze im Jahr und sind am Ende der Laufzeit zu entrichten. 1. Bestimmen Sie den Forward-Preis nach dem Cost of Carry-Ansatz. 2. Zeigen Sie, wie ein Investor die identifizierte Überbewertung ausnutzen kann. Aufgabe 9.B
Am 7. Mai 2004 schließen die DAX-Futures mit Fälligkeit Dezember 2004 an der Eurex zu 3.916,50 Punkten. Der DAX steht bei 3.895,64 Punkten. Der Kalkulationszinssatz bestimmt sich nach dem 6-Monats-Geldmarktzinssatz zu 2,10 % p. a. 1. Bestimmen Sie den theoretischen Wert eines DAX-Future-Kontraktes nach den Cost of Carry. 2. Geben Sie eine Arbitrage-Strategie zur Ausnutzung der Fehlbewertung an. Gehen Sie dabei vereinfachend davon aus, dass der Wert des DAX-Portfolio genau 100.000 € beträgt. 3. Bestimmen Sie die Value-Basis. Aufgabe 9.C
Am 7. Mai 2004 schließen die DAX-Futures mit Fälligkeit September 2004 bzw. Dezember 2004 an der Eurex zu 3.895,00 bzw. 3.916,50 Punkten. Der Kalkulationszinssatz beträgt 2,00 % p. a. Überprüfen Sie das Verhältnis der Preise der beiden DAX-Futures. Welche Spread-Positionen müsste man eingehen, um aus einer erwarteten Korrektur der Fehlbewertung einen kurzfristigen Arbitrage-Gewinn zu erzielen? Aufgabe 9.D
Ein Unternehmer beabsichtigt in drei Monaten den Kauf von 1 Million Barrel Benzin. Die Standardabweichung der Veränderungen des Benzinpreises bestimmt sich über den 3-Monats-Zeitraum zu 0,0320. Der geplante Kauf soll über Futures auf Heizöl abgesichert werden. Die Standardabweichung beim Future-Preis ist für den betrachteten Zeitraum gleich 0,0400, der Preisgleichlauf zwischen Benzin und Heizöl wird über einen Korrelationskoeffizienten von 0,8 angegeben. Bestimmen Sie die optimale Hedge Ratio. Welche Future-Position sollte man eingehen, wenn ein Heizöl-Future-Kontrakt auf 10.000 Barrel lautet?
Fragen und Aufgaben
237
Aufgabe 9.E
Der Kassakurs für Silber beläuft sich in t = 0 auf 18 € pro Unze. Der Future-Kurs mit Fälligkeit in einem Jahr beträgt bei einem risikolosen Zinssatz von 4,6 % p. a. 19 € pro Unze, wobei ein Kontrakt jeweils 100 Unzen Silber umfasst. Für die reine Lagerung des Silbers sind am Ende der Laufzeit jährliche Kosten in Höhe von 0,12 € je Unze zu entrichten. 1. Ermitteln Sie den Wert der Futures. 2. Auf welcher grundlegenden Prämisse baut die Ermittlung des fairen Wertes eines Future-Kontraktes auf? Nennen Sie Faktoren, die in der Praxis dazu führen können, dass trotz Abweichungen von der fairen Bewertung eine ArbitrageStrategie nicht sinnvoll durchführbar ist. 3. Zeigen Sie mit Hilfe einer Tabelle, mit welcher Strategie und in welcher Höhe Arbitrage-Gewinne erzielbar sind. Berücksichtigen Sie dabei die drei in t = 1 möglichen Kassakursen für Silber von 18, 19 bzw. 20 € je Unze. 4. Ermitteln Sie die varianzminimale Hedge Ratio auf Basis des portfoliotheoretischen Hedge-Ansatzes für den Fall eines Future-Verkaufs zur Absicherung einer Long-Position im Basiswert. Dabei beträgt die Varianz der Kassaposition 0,5, die Kovarianz zwischen Future und Kassaposition 0,4472 und der Korrelationskoeffizient 1. Lösungsskizzen sowie weitere Fragen und Aufgaben sind auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de zu finden.
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Auf einem vollkommenen und vollständigen Kapitalmarkt lassen sich bereits ohne Annahmen über das Kursverhalten des Basiswertes einfache Relationen für den Wert von Optionen bestimmen. Obere und untere Preisgrenzen wie auch die bereits im vierten Kapitel dargestellte Put-Call-Parität sind Beispiele für solche verteilungsfreien Abschätzungen, die nachfolgend behandelt werden. Der Beginn der neueren Entwicklung auf dem Gebiet der Optionspreistheorie und damit die Etablierung eines grundlegenden finanzierungstheoretischen Konzeptes geht auf Arbeiten aus den Jahren 1972 und 1973 von Fischer Black und Myron Scholes sowie Robert C. Merton zurück. Die von Black, Scholes und Merton entwickelten Modelle sind in der Folgezeit vielfach verändert, verallgemeinert und auf andere Bewertungsprobleme übertragen worden. Die Black/Scholes-Formel stellt jedoch bis heute insbesondere in der Bewertung von Aktienoptionen den Standard dar. Unter den numerischen Ansätzen gilt das Binomialmodell als wichtiger Ansatz. Beide Theorien sollen im vorliegenden Kapitel als Standardmodelle der Optionsbewertung detailliert ausgeführt werden. Zur Vereinfachung wird dabei ausschließlich der Fall der Optionen auf Aktien betrachtet. Eine Darstellung des Anwendungspotenzials sowie eine Übertragung der Ergebnisse auf weitere Bewertungsprobleme erfolgt in den sich anschließenden Kapiteln.
10.1 Verteilungsfreie Abschätzungen 10.1.1 Untere und obere Schranken des Wertes von Kaufoptionen Im Folgenden wird von den Prämissen eines vollkommenen und vollständigen Kapitalmarktes ausgegangen, d. h. insbesondere von Informations- und Transaktionskosten sowie Steuern abstrahiert. Käufe wie auch Leerverkäufe von Finanztiteln sind unbeschränkt und in beliebiger Teilbarkeit möglich. Geldaufnahmen und Geldanlagen können zu einem gegebenen konstanten risikolosen Zinssatz getätigt werden. Investoren ist es auf dem vollkommenen Kapitalmarkt nicht möglich, risikolose Arbitrage-Gewinne zu erzielen. Die Annahme der Marktvollständigkeit gewährleistet, dass die gewünschten Positionen in jedem Fall eingegangen werden können bzw. Zahlungsströme mit der gesuchten Zahlungscharakteristik am Markt vorhanden sind. Die Marktteilnehmer ziehen größere Zahlungen geringeren vor. Falls Dividenden berücksichtigt werden, wird unterstellt, dass die Kurse der jewei-
240
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
ligen Aktien unmittelbar nach einer erfolgten Dividendenausschüttung um den jeweiligen Dividendenbetrag fallen. In den Relationen der nächsten Abschnitte werden die folgenden Notationen genutzt: x S x x x x x x x x x x x x x
S0
St
C C0,T Ct Ct ,T CE ,C A P P0,T Pt Pt ,T PE , P A K tD D, D Dmin , Dmax D barw barw barw Dmin , Dmax
Kurs des Basisobjekts in t = 0 Kurs des Basisobjekts im Zeitpunkt t Preis einer Kaufoption in t = 0 mit Fälligkeit in T Preis einer Kaufoption im Zeitpunkt t mit Fälligkeit in T Preis einer europäischen bzw. amerikanischen Kaufoption Preis einer Verkaufsoption in t = 0 mit Fälligkeit in T Preis einer Verkaufsoption im Zeitpunkt t mit Fälligkeit in T Preis einer europäischen bzw. amerikanischen Verkaufsoption Basispreis der Option Zeitpunkt einer Dividendenausschüttung Sichere bzw. unsichere Dividendenausschüttung pro Aktie Abschätzung einer unsicheren Dividende nach unten bzw. oben Barwert der sicheren Dividendenausschüttungen Barwert der minimal bzw. maximal erwarteten Dividenden
Der Ausgangszeitpunkt wird weiter mit t = 0, der Fälligkeitszeitpunkt der Optionen mit t = T bezeichnet. Die Relationen werden überwiegend nur für Wertabschätzungen mit Bezug auf den Ausgangszeitpunkt angegeben, eine Übertragung auf beliebige Zeitpunkte während der Kontraktlaufzeit ist aber leicht möglich. Der Kalkulationszinssatz i bzw. der zugehörige Zinsfaktor r = 1 + i bleiben in allen Perioden gleich. Gelten die Abschätzungen ausschließlich für europäische oder amerikanische Optionen, so wird dies durch eine Indizierung deutlich gemacht. Ansonsten wird kurz C bzw. P notiert. Sind Optionswerte in ausgewählten Relationen nicht nur hinsichtlich des Bewertungszeitpunkts zu unterscheiden, so werden die relevanten Einflussparameter beispielsweise in der Form C = C (K) explizit aufgelistet. Die Werte von Kauf- und Verkaufsoptionen zur Fälligkeit lassen sich mit der eingeführten Notation schreiben als: CT
max 0, ST K
(10.1)
PT
max 0, K ST
(10.2)
Die im Folgenden herangezogenen Herleitungen beruhen auf der Technik sogenannter Widerspruchsbeweise, d. h. die Annahme des Gegenteils der zu zeigenden Behauptung wird zu einem Widerspruch zu den Annahmen eines vollkommenen und vollständigen Kapitalmarktes geführt. Diese Vorgehensweise soll anhand einer ersten einfachen Abschätzung ausgeführt werden: Es soll gezeigt werden, dass
10.1 Verteilungsfreie Abschätzungen
241
eine Kaufoption nie mehr wert ist als die zugrunde liegende Aktie. Falls das Gegenteil der zu beweisenden Behauptung gültig ist, wird über die Konstruktion eines geeigneten Portfolio gezeigt, dass Arbitrage-Gewinne erzielt werden können. Kauft man eine Aktie zum Kurs von S und verkauft gleichzeitig eine Kaufoption auf die Aktie mit der Prämie C, so weist dieses Portfolio zu jedem zukünftigen Zeitpunkt bei Ausübung der Option einen nichtnegativen Zahlungsstrom auf. Da der zum aktuellen Zeitpunkt t = 0 ausgelöste Zahlungsstrom C S nach Annahme aber echt größer als null ist, erzielt der Investor einen Arbitrage-Gewinn. Da auf einem vollkommenen Kapitalmarkt jedoch Arbitrage-Freiheit herrscht, steht die (unterstellte) Bedingung C > S offensichtlich im Widerspruch zur Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes. Für amerikanische wie auch europäische Kaufoptionen gilt somit: Ct d St
für 0 d t d T
(10.3)
Die Strategie ist in Tabelle 10.1 zusammengefasst. Um die Behauptung für amerikanische wie auch europäische Optionen zu zeigen, muss in der Tabelle der Zeitpunkt einer potenziellen vorzeitigen Ausübung durch die Gegenpartei, den Optionsinhaber der implementierten Short Call-Position, berücksichtigt werden. Da eine amerikanische Kaufoption mehr Rechte als eine ansonsten gleichartige europäische Kaufoption beinhaltet, gilt: CtE d CtA
für 0 d t d T
(10.4)
Eine weitere einfache Abschätzung von Optionspreisen erhält man aus der Beobachtung, dass eine Option lediglich ein Recht und keine Verpflichtung beinhaltet, so dass sie keinen negativen Preis haben kann. Es gilt also: Ct t 0 für 0 d t d T
(10.5)
Eine erste feinere untere Abschätzung für C lässt sich – zunächst – nur für amerikanische Optionen zeigen. Demnach gilt: CtA t St K
für 0 d t d T
(10.6)
Zum Beweis überlegt man sich, dass eine amerikanische Kaufoption nicht unter ihrem inneren Wert notieren kann, denn sonst könnte man eine Kaufoption kaufen und sofort ausüben. Die zu K gekaufte Aktie würde ebenfalls sofort zum Kurs S verkauft, so dass man mit Sicherheit einen Gewinn in Höhe von C K + S > 0 erzielt hätte. Tabelle 10.1. Erste obere Abschätzung des Wertes einer Kaufoption Strategie
Zahlungsstrom in t = 0
Wert in t bei vorzeitiger Ausübung
Verkauf Call
+C
Kauf Aktie
S
St + K + St
+ ST
ST + K + ST
t0
t0
t0
Summe
Zahlungsstrom in t = T ST < K ST t K
242
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Eine strengere untere Abschätzung für den Wert von Calls erhält man mit: C t S K r T
(10.7)
Auch hier nimmt man zum Beweis zunächst an, dass die zu Gl. 10.7 gegenteilige Beziehung gültig ist und konstruiert bzw. betrachtet die in der Tabelle 10.2 abgebildeten Vermögenspositionen. Über den Kauf einer Kaufoption, den Verkauf eines Anteils des Basisobjekts und eine Geldanlage in Höhe des abgezinsten Ausübungspreises wird ein Portfolio konstruiert, das in den beiden zu unterscheidenden zukünftigen Umweltzuständen nichtnegative Zahlungsströme auslöst und aufgrund der getroffenen Annahme zum aktuellen Zeitpunkt t = 0 einen positiven Zahlungsstrom aufweist. Die Bedingung der Arbitrage-Freiheit ist somit verletzt, und es folgt die Gültigkeit der Gl. 10.7. Anzumerken ist, dass die Relation 10.7 für europäische wie auch für amerikanische Kaufoptionen gilt. Die mögliche vorzeitige Ausübung einer amerikanischen Kaufoption muss in der Tabelle 10.2 nicht explizit berücksichtigt werden. Bereits ohne vorzeitige Ausübung kann der Inhaber der Kaufoptionen mit der implementierten Strategie – bei Gültigkeit der gegenteiligen Beziehung – einen ArbitrageGewinn erzielen. Die Gl. 10.7 kann mit folgender Notation unmittelbar übertragen werden auf beliebige Zeitpunkte während der Optionslaufzeit: Ct t St K r T t
für 0 d t d T
(10.8)
Beachtet man, dass der Betrag des diskontierten Ausübungspreises nicht größer als der Ausübungspreis selbst sein kann, so folgt aus der zuletzt gezeigten Abschätzung sofort auch die Gültigkeit der Gl. 10.6 für europäische Kaufoptionen: S t K r T t t S t K
für 0 d t d T
Man kann also Gl. 10.6 ohne Indizierung gleichermaßen für europäische wie auch amerikanische Kaufoptionen notieren: Ct t St K
für 0 d t d T
(10.6)
Gl. 10.6 besagt, dass eine – europäische wie auch amerikanische – Kaufoption nie unter ihren inneren Wert notiert. Im Abschnitt 10.1.3 wird anhand dieser Aussage gezeigt, dass es nicht sinnvoll ist, eine amerikanische Kaufoption vor ihrem Fälligkeitsdatum auszuüben. Tabelle 10.2. Untere Abschätzung des Wertes einer Kaufoption Strategie Kauf Call Verkauf Aktie Geldanlage Summe
Zahlungsstrom in t = 0 C +S K r T
Zahlungsstrom in t = T ST < K ST t K ST K ST +K
ST +K
>0
=0
10.1 Verteilungsfreie Abschätzungen
243
Sind Dividenden zu berücksichtigen, so verringert sich die zuvor identifizierte untere Schranke jeweils um den Barwert der sicher erwarteten Dividendenausschüttungen auf die betrachtete Aktie. Für den Fall einer sicheren Ausschüttung in Höhe von D zum Zeitpunkt tD lässt sich dies mit der in der Tabelle 10.3 abgebildeten Strategie beweisen. Die Dividendenausschüttung D macht eine weitere Geldanlage in Höhe des diskontierten Dividendenbetrags nötig, um ein Portfolio zu konstruieren, das in jedem zukünftigen Umweltzustand einen nichtnegativen Wert hat. Es folgt: C t S K r T D r tD
(10.9)
Bei mehreren Dividendenzeitpunkten ist die untere Wertgrenze analog anzupassen. Lässt sich die zu erwartende Dividendenhöhe nicht fixieren, dann benötigt man zur Abschätzung des Optionswerts die Kenntnis des als maximal möglich erachteten Dividendenbetrags. Wird zum sicheren Dividendenzeitpunkt tD eine keinesfalls über Dmax liegende unsichere Dividende in Höhe von bD D max ausgeschüttet, so lässt sich folgende Abschätzung zeigen: C t S K r T Dmax r tD
(10.10)
Der Beweis basiert auf der Strategie der Tabelle 10.3 und lässt sich analog nachvollziehen. Nahezu alle Positionen bleiben unverändert. Zum Ausgleich der auf die Aktie zukünftig erfolgenden Dividendenausschüttung ist nun lediglich der diskontierte Betrag der maximal möglichen Dividendenhöhe Dmax r tD
anzulegen. Die Bedingungen sind unmittelbar auf den Fall mehrerer Dividendenzeitpunkte übertragbar. Mit dem Barwert der bis zur Optionsfälligkeit maximal erwarteten Dividendenausschüttungen gilt: barw C t S K r T Dmax
(10.11)
Tabelle 10.3. Untere Abschätzung des Wertes einer Kaufoption bei sicherer Dividende Strategie Kauf Call Verkauf Aktie Geldanlage Geldanlage Summe
Zahlungsstrom in t = 0
Zahlungsstrom in t = tD
Zahlungsstrom in t = T ST < K ST t K
C +S D r tD K r T
ST – K –D +D
=0
– ST
– ST
+K
+K
>0
=0
244
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Mit ebenso einfachen Arbitrage-Überlegungen lassen sich Aussagen hinsichtlich des Einflusses verschiedener Parameter wie Restlaufzeit und Ausübungspreis auf den Optionswert treffen. So kann der Wert einer amerikanischen Kaufoption CA(T2) nicht kleiner sein als der Wert einer ansonsten gleichartigen amerikanischen Kaufoption CA(T1) mit einer geringeren Restlaufzeit: C A T2 t C A T1 für T1 T2
(10.12)
Optionswerte sind monoton im Ausübungspreis, d. h. unterscheiden sich zwei Kaufoptionen lediglich hinsichtlich ihrer Ausübungspreise K1 und K2, so gilt: C K1 t C K 2 für K1 d K 2
(10.13)
Da die absolute Steigung der Optionspreise im Ausübungspreis nicht größer als eins ist, lässt sich für Kaufoptionen zeigen: C K1 C K 2 d K 2 K1 für K1 d K 2
(10.14)
Zum Beweis dieser Abschätzung konstruiert man durch den Verkauf der Kaufoption mit niedrigerem und den Kauf der Kaufoption mit höherem Basispreis eine Vertical Spread-Strategie (Tabelle 10.4). Verfallen beide Optionen der SpreadPosition wertlos, d. h. gilt für einen beliebigen Zeitpunkt St d K1, so verbleibt lediglich der nichtnegative Rückfluss aus der Geldanlage. Werden beide Optionen zu einem Zeitpunkt t vorteilhaft ausgeübt, d. h. St t K2, so verbleibt als Summe der Portfolio-Strategie der nichtnegative Zins aus der Anlage der Differenz der Basispreise: K1 K 2 K 2 K1 r t t 0 für K1 d K 2
Wird hingegen lediglich die Kaufoption mit dem geringeren Ausübungspreis ausgeübt, d. h. K1 < St < K2, so ergibt sich die positive Summe: K1 St K 2 K1 r t
K 2 St K1 K 2 K1 K 2 r t
K 2 St K1 K 2 1 r t !0
0
0
Der Fall, dass nur die Kaufoption mit Basispreis K2 vorteilhaft ausgeübt wird, kann nicht auftreten. Tabelle 10.4. Preisabschätzung bei Kaufoptionen mit unterschiedlichen Basispreisen Strategie Verkauf Call mit Basispreis K1 Kauf Call mit Basispreis K2 Geldanlage Summe
Zahlungsstrom in t = 0
Zahlungsstrom zum Ausübungszeitpunkt t K1 < St < K2 St d K1 St t K2
+ C(K1)
K1 St
K1 St
C(K2)
0
St K2
K2 K1 r t
K2 K1 r t
K2 K1 r t
t0
>0
t0
K 2 K1
10.1 Verteilungsfreie Abschätzungen
245
Tabelle 10.5. Preisabschätzung bei europäischen Calls mit unterschiedlichen Basispreisen Strategie
Zahlungsstrom in t = 0
Verkauf Call mit Basispreis K1 Kauf Call mit Basispreis K2 Geldanlage
Zahlungsstrom im Fälligkeitszeitpunkt t = T K1 < ST < K2 ST d K1 ST t K2
+ CE(K1)
K1 ST
K1 ST
CE(K2)
0
ST K2
K 2 K1
K 2 K1
K 2 K1
>0
t0
=0
K 2 K1 r T
Summe
Im Falle einer europäischen Kaufoption lässt sich die Gl. 10.14 abändern in: C E K1 C E K 2 d K 2 K 1 r T
für K1 d K 2
(10.15)
In der Tabelle 10.5 ist zu erkennen, dass bei einer etwaigen vorzeitigen Ausübung die Anlage von lediglich
K 2 K1 r T nicht garantieren kann, dass die Summe der Zahlungsströme zu einem vorzeitigen Ausübungszeitpunkt nichtnegativ ist, weshalb die Gl. 10.15 nicht auf amerikanische Kaufoptionen übertragen werden kann. Schließlich lässt sich noch zeigen, dass Optionswerte konvex sind im Ausübungspreis. Für die Werte dreier Kaufoptionen, die sich nur in den Ausübungspreisen K1, K2 und K3 unterscheiden, gilt: C K2 d
K3 K2 K K1 C K1 2 C K 3 für K1 K 2 K 3 K 3 K1 K 3 K1
(10.16)
10.1.2 Untere und obere Schranken des Wertes von Verkaufsoptionen
Für Verkaufsoptionen lassen sich fast durchgängig analoge Beziehungen herleiten. So ist der Wert einer Verkaufsoption zu jedem Zeitpunkt nichtnegativ. Eine amerikanische Verkaufsoption kann zu keinem Zeitpunkt einen geringeren Wert als eine ansonsten gleichartige europäische Verkaufoption haben. Schließlich ist der im Optionskontrakt festgelegte Ausübungspreis eine obere Schranke für den Wert einer amerikanischen Verkaufsoption. Diese letzte in Gl. 10.19 ausgedrückte Beziehung wird explizit in der Arbitrage-Strategie der Tabelle 10.6 bewiesen: für 0 d t d T
(10.17)
Pt E d Pt A für 0 d t d T
(10.18)
Pt A d K
(10.19)
Pt t 0
für 0 d t d T
246
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Tabelle 10.6. Erste obere Abschätzung des Wertes einer Verkaufsoption Zahlungsstrom in t = 0
Wert in t bei vorzeitiger Ausübung
Verkauf Put
+P
K + St
K + ST
Anlage von K
K
K r
K rT
Strategie
t
Zahlungsstrom in t = T ST < K ST t K
t0
Summe
t0
K rT t0
Tabelle 10.6 ist weiter zu entnehmen, dass sich für europäische Verkaufsoptionen sogar eine im Vergleich zu Gl. 10.19 strengere obere Schranke angeben lässt. Die Strategie des Verkaufs einer Verkaufsoption und der Anlage des über die Optionsrestlaufzeit diskontierten Ausübungspreises liefert die Abschätzung: Pt E d K r T t
für 0 d t d T
(10.20)
Auch für amerikanische Verkaufsoptionen stellt der innere Wert eine untere Schranke des Optionswertes dar: Pt A t K St
für 0 d t d T
(10.21)
Diese Ungleichung kann nicht verletzt sein, da auf einem vollkommenen und vollständigen ein Arbitrage-Gewinn über den Kauf einer Verkaufsoption, den Kauf des Basisobjekts und das sofortige Ausüben des Optionsrechts resultieren würde. Eine schwächere untere Abschätzung, die auch für europäische Verkaufsoptionen gilt, folgt aus der in Tabelle 10.7 abgetragenen Strategie. Die Summe der Zahlungsströme aus dem Kaufs einer Verkaufsoption und dem Kauf der Basisaktie, finanziert durch eine Mittelaufnahme in Höhe des diskontierten Basispreises, ist zur Optionsfälligkeit nichtnegativ. Es muss deshalb gelten: P t K r T S
(10.22)
Für einen beliebigen Zeitpunkt während der Optionslaufzeit folgt daraus für den Wert der Verkaufsoption: Pt t K r
T t
St
für 0 d t d T
(10.23)
Man beachte, dass auch diese Bedingung für amerikanische wie europäische Puts gilt. Die Möglichkeit der vorzeitigen Ausübung kann im Beweis unberücksichtigt bleiben, da nur die Optionskäuferseite betrachtet wird. Tabelle 10.7. Untere Abschätzung des Wertes einer Verkaufsoption Strategie
Zahlungsstrom in t = 0
Kauf Put
P
Kauf Aktie
S
Geldaufnahme Summe
K r
T
Zahlungsstrom in t = T ST < K ST t K
K ST + ST
+ ST
K
K
=0
0
10.1 Verteilungsfreie Abschätzungen
247
Tabelle 10.8. Untere Abschätzung des Put-Wertes bei unsicherer Dividende Strategie
Zahlungsstrom in t = 0
Kauf Put
P S Dmin r t
Kauf Aktie Geldaufnahme Geldaufnahme
Zahlungsstrom in t = tD
D
Zahlungsstrom in t = T ST < K ST t K
K – ST +D
+ ST
+ ST
K
K
=0
0
Dmin
K r T
Summe
0
Die Berücksichtigung von Dividenden hat bei Verkaufsoptionen genau den gegenteiligen Effekt auf die untere Wertgrenze im Vergleich zu entsprechenden Ergebnissen für Kaufoptionen: Die untere Abschätzung erhöht sich um den diskontierten Dividendenbetrag und ist insofern strenger. Für den Fall einer sicheren Ausschüttung von D zum Zeitpunkt tD folgt also: P t D r t D K r T S
(10.24)
Ist die Höhe der Dividendenausschüttung unsicher und ist lediglich bekannt, dass zu einem sicheren Zeitpunkt tD eine Dividende von mindestens Dmin ausgeschüttet wird, so lässt sich mit Hilfe der in Tabelle 10.8 abgetragenen Strategie die folgende Relation zeigen: P t Dmin r tD K r T S
(10.25)
Ist mehr als ein möglicher Dividendenzeitpunkt zu berücksichtigen, so gilt mit dem Barwert der bis zur Optionsfälligkeit maximal erwarteten Dividendenausschüttungen: barw P t Dmin K r T S
(10.26)
Der Einfluss der Laufzeit bei amerikanischen Puts entspricht dem in Gl. 10.12 ausgedrückten Verhalten bei amerikanischen Calls. Der Wert einer amerikanischen Verkaufsoption kann nicht kleiner sein als der Wert einer mit kürzerer Restlaufzeit, ansonsten aber gleichartig ausgestatteten amerikanischen Verkaufsoption: P A T2 t P A T1 für T1 T2
(10.27)
Die Monotonie im Ausübungspreis zeigt sich bei Verkaufsoptionen in der Form: P K1 d P K 2 für K1 d K 2
(10.28)
Für Verkaufsoptionen gilt analog zu Gl. 10.14: P K 2 P K1 d K 2 K1 für K1 d K 2
(10.29)
Für europäische Verkaufsoptionen lässt sich darüber hinaus eine zur Gl. 10.15 analoge Bedingung zeigen: P E K 2 P E K1 d K 2 K1 r T
für K1 d K 2
(10.30)
248
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Schließlich gilt aufgrund der Konvexität der Optionswerte im Ausübungspreis für drei gleichartige Verkaufsoptionen, die sich nur in den Ausübungspreisen K1, K2 bzw. K3 unterscheiden, die der Gl. 10.16 entsprechende folgende Relation: P K2 d
K3 K2 K K1 P K1 2 P K 3 für K1 K 2 K 3 K 3 K1 K 3 K1
(10.31)
10.1.3 Zum Preisunterschied von europäischen und amerikanischen Optionen
Da börsengehandelte Optionen meist ein Recht auf vorzeitige Ausübung besitzen, ist das Problem der Bewertung amerikanischer Optionen seit jeher intensiv diskutiert worden. Dabei kommt im Falle von Aktien- und Aktienindexoptionen dem Einfluss von Dividendenzahlungen eine bedeutende Rolle zu. Merton 1973a zeigt, dass die Möglichkeit der vorzeitigen Ausübung von Kaufoptionen auf dividendenlose Aktien wertlos ist. Es ist also nicht sinnvoll, eine amerikanische Kaufoption vor ihrem Fälligkeitsdatum auszuüben, wenn auf die zugrunde liegende Aktie während der Optionslaufzeit keine Dividende gezahlt wird. Zum Beweis benötigt man lediglich die obige Gl. 10.7 bzw. Gl. 10.8, die besagt, dass der Wert einer Kaufoption immer größer oder gleich dem Maximum von null und der Differenz aus Aktienkurs und diskontiertem Ausübungspreis ist. Bei vorzeitiger Ausübung einer amerikanischen Kaufoption realisiert der Inhaber einer im Geld liegenden Option nämlich (lediglich) den inneren Wert. Der Wert der Kaufoption ist jedoch außer zur Fälligkeit immer größer als der innere Wert: CtA t St K r
T t
! St K
für 0 d t T
Eine vorzeitige Ausübung der Kaufoption ist also nicht vorteilhaft. Ein rationaler Investor wird eine Kaufoption immer bis zur Fälligkeit halten oder sie verkaufen, jedoch nicht vorzeitig ausüben. Dieses Ergebnis lässt sich weiter analysieren, indem zwei werthaltige Komponenten näher betrachtet werden, die ein Optionsinhaber durch eine vorzeitige Ausübung aufgeben würde. Dazu wandelt man die Ungleichung 10.8 mit Hilfe einer nichtnegativen Größe, für die das Symbol VWC gewählt wird, in folgende Gleichung um: CtA
St K r
T t
VWCt
(10.32)
Die Größe VWCt soll im Folgenden als Versicherungswert der Call-Position bezeichnet werden. Erweitert man die Gl. 10.32 noch mit + K und K , so folgt aus CtA
schließlich:
St K K K r
T t
VWCt
10.1 Verteilungsfreie Abschätzungen
CtA St K
t K K r T
VWCt ,
Zinsertrag für Anlage von K
Verlust aufgrund vorzeitiger Ausübung
249
(10.33)
Versicherungswert der Option
Bei vorzeitiger Ausübung einer amerikanischen Kaufoption wird lediglich der innere Wert S K erzielt. Mit der Gl. 10.33 zeigt man aber, dass die Differenz aus dem theoretischen Optionswert und dem bei vorzeitiger Ausübung realisierten inneren Wert positiv ist. Diese Differenz lässt sich offenbar aufsplitten in zwei Komponenten: Der zweite Teil, der Versicherungswert, ist nichtnegativ und drückt den Absicherungscharakter einer Optionsinhaberposition aus. Die erste Komponente kann als Zinsertrag durch die Anlage von K interpretiert werden, da erst mit Ausübung der Option der vertraglich vereinbarte Basispreis K zu zahlen ist. Der mögliche Zinsertrag ist vor dem Verfalltermin der Option (immer) größer als null. Es folgt also: K K r
T t
VWCt ! 0 für 0 d t T
Nur durch das Halten (bzw. Verkaufen) der Optionsposition kann also der höhere theoretische Optionsw realisiert werden. Es besteht eine Wertidentität zwischen einer amerikanischen Aktienkaufoption und einer gleichartigen europäischen Kaufoption im Nichtdividendenfall: Im Nichtdividendenfall gilt: CtE
CtA für 0 d t d T
(10.34)
Bei einer Verkaufsoption ist dagegen die Wahrscheinlichkeit einer vorteilhaften vorzeitigen Ausübung in jedem Zeitpunkt größer als null. Es kann also durchaus optimal sein, eine amerikanische Verkaufsoption vor dem Fälligkeitstermin auszuüben. Diese Tatsache soll mit einem analogen Ansatz zu oben erläutert werden. Wandelt man mit Hilfe einer nichtnegativen Größe, dem Versicherungswert VWP, die bereits bewiesene Ungleichung 10.23 in eine Gleichung um und erweitert diese um + K und K, so erhält man den Ausdruck: Pt A t K St K r
T t
K VWPt
Die Aufspaltung der Wertkomponenten und die Interpretation der Vorzeichen macht deutlich, dass die Beurteilung der vorzeitigen Ausübung bei Puts zwei gegenläufige Effekte berücksichtigen muss, den nichtnegativen Versicherungswert und den negativen Zinsertrag einer Anlage von K. Erst mit Ausübung der Verkaufsoption erhält nämlich der Optionsinhaber den vereinbarten Basispreis und kann demnach erst dann Zinserträge durch die Anlage von K erzielen, wenn er die Option ausübt: Pt A K St Verlust oder Gewinn aufgrund vorzeitiger Ausübung
T t K r K
(Negativer) Zinsertrag für Anlage von K 0
VWPt ,
(10.35)
Versicherungswert der Option t0
Es kann also sein, dass im Nichtdividendenfall amerikanische Puts einen echt größeren Wert als ansonsten gleichartige europäische Puts haben.
250
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Bezieht man Dividendenzahlungen in das Kalkül mit ein, so verändert sich die Argumentation grundlegend, da nun nicht nur für Puts, sondern auch für Calls eine vorzeitige Ausübung zwar nicht zwingend vorteilhaft sein muss, aber kann. Für Kaufoptionen gilt folgende Aussage: Wenn der Barwert der während der Restlaufzeit einer amerikanischen Aktienkaufoption maximal erwarteten Dividendenausschüttungen zu jedem Zeitpunkt kleiner ist als der Zinsertrag, der sich aus der Anlage des Basispreises während dieses Zeitraums ergibt, dann wird die Kaufoption nicht vorzeitig ausgeübt. Die Umkehrung dieser Aussage gilt nicht. Der Inhaber einer Kaufoption muss also eine Abwägung zwischen erzielbaren Dividenden und Zinserträgen vornehmen: Übt er die Aktienoption aus und nimmt die Aktien in sein Depot, so partizipiert er anteilig an den Dividendenausschüttungen. Übt er dagegen die Aktienoption nicht aus, so kann er beispielsweise den vereinbarten Kaufpreis K weiterhin zum Kalkulationszinssatz anlegen. Da ihm allerdings die Ausübung der Option unmittelbar vor einem Dividendentermin genügt, um die Dividende zu erhalten, können alle anderen Zeitpunkte als vorteilhafte Ausübungstermine ausgeschlossen werden. Es folgt, dass Calls außer am Fälligkeitstermin nur unmittelbar vor einem Dividendentermin vorteilhaft ausgeübt werden. Der Wert einer Kaufoption ist somit zu jedem Zeitpunkt – außer zum Fälligkeitstermin und unmittelbar vor Dividendenterminen – größer als der innere Wert. Wenn es schließlich optimal ist, eine Kaufoption auszuüben, dann ist eine ansonsten gleichartige Kaufoption mit geringerem Ausübungspreis oder kürzerer Restlaufzeit ebenfalls vorteilhaft auszuüben. Im Folgenden soll eine Entscheidungsregel für die optimale vorzeitige Ausübung von Calls abgeleitet werden. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass sich der Kurs einer Aktie unmittelbar nach einer Dividendenausschüttung als Differenz des Aktienkurses S vor der Dividendenzahlung und dem Dividendenbetrag D ergibt. Der Aktienkurs unmittelbar nach einer Dividendenausschüttung wird auch als Ex-Dividende-Kurs bezeichnet. Falls nun der Inhaber einer Kaufoption sein Optionsrecht unmittelbar vor dem Dividendentermin ausübt, hat sein Portfolio nach erfolgter Dividendenausschüttung den Wert:
S D K D
SK
(10.36)
Wird dagegen die Kaufoption nicht ausgeübt, sondern gehalten bzw. verkauft, so entspricht der Wert der Position dem Wert der Kaufoption mit den gegebenen Parametern: C
C S D, t D , K , T
(10.37)
Eine Ausübung wird demnach genau dann für den Inhaber lohnenswert sein, wenn der Wert nach Gl. 10.36 größer ist als der Optionswert gemäß Gl. 10.37. Existiert ein kritisches Kursniveau Smin, bei dem die beiden Werte identisch sind, dann sollte eine Option im Falle eines über dem kritischen Kurs stehenden Aktienkurses sofort und im Falle eines unter dem kritischen Kurs notierenden Aktienkurses nicht ausgeübt werden: S min K
C S min D, tD , K , T
(10.38)
10.1 Verteilungsfreie Abschätzungen
251
Das Kursniveau Smin ist also der minimale Aktienkurs, bei dem sich eine Ausübung gerade noch lohnt. Anhand dieser optimalen Ausübungsschranke kann der Inhaber der Kaufoption entscheiden, ob eine Ausübung unmittelbar vor dem Dividendentermin tD vorteilhaft ist oder nicht. Hier wird weiter vorausgesetzt, dass ein Wertanstieg der Aktie um eine Einheit unmittelbar vor einem Dividendentermin einen Wertanstieg der Kaufoption am Dividendentermin um maximal eine Geldeinheit auslöst. Ist diese, die Allgemeingültigkeit der Aussage offensichtlich nicht stark einschränkende Annahme aufgrund einer besonderen Dividendenpolitik verletzt, so kann dagegen Smin nicht unbedingt als Ausübungsschranke herangezogen werden. Für Verkaufsoptionen gilt auch im Dividendenfall eine deutlich schwächere Aussage hinsichtlich potenzieller optimaler Ausübungszeitpunkte: Falls in jedem Zeitpunkt der Barwert der mindestens erwarteten Dividendenausschüttungen größer ist als der Zinsertrag durch die Anlage des Basispreises, dann wird eine amerikanische Aktienverkaufsoption nicht vorzeitig ausgeübt. Die Umkehrung dieser Aussage gilt nicht. Diese Bedingung erlaubt nur geringe Schlussfolgerungen für eine praktikable Umsetzung, da sie überhaupt nur im speziellen Fall, dass der Fälligkeitszeitpunkt mit einem Dividendentermin zusammenfällt, erfüllt sein kann. Eine Verkaufsoption, die sich gegenüber einer vorteilhaft auszuübenden Verkaufsoption nur durch einen höheren Ausübungspreis oder eine längere Restlaufzeit unterscheidet, sollte demnach ebenfalls ausgeübt werden. Weitere Aussagen zu den optimalen Ausübungszeitpunkten von amerikanischen Puts sind beispielsweise nur mit Hilfe von Simulationsrechnungen ableitbar. Nach Annahme stellt sich unmittelbar nach einer Dividendenausschüttung ein Aktienkurs von S D ein. Übt der Inhaber einer Verkaufsoption unmittelbar vor einem Dividendentermin die Option aus, so führt dies zur Zahlung von: K S
Wird dagegen unmittelbar nach einem Dividendentermin ausgeübt, so resultiert aufgrund des Dividendenabschlags die folgende Zahlung: K S D
K S D
Der Zinsertrag auf die Anlage von K im Zeitraum unmittelbar vor bis unmittelbar nach dem Dividendentermin wiederum ist nur von marginaler Größe. Damit kann zumindest die Aussage abgeleitet werden, dass eine Verkaufsoption nicht unmittelbar vor einem Dividendentermin vorteilhaft ausgeübt werden kann. 10.1.4 Put-Call-Parität und Erweiterungen
Für europäische Optionen lässt sich eine Gleichungsbeziehung zwischen den Werten von Kauf- und Verkaufsoptionen gleichen Typs herleiten, die bereits im vierten Kapitel im Rahmen der Conversion- und Reversal-Strategien genutzt wurde. Nach dieser Put-Call-Parität ist der Wert einer europäischen Aktienverkaufsoption gleich dem Wert einer europäischen Kaufoption auf diese Aktie, beide mit identi-
252
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
scher Restlaufzeit und identischem Ausübungspreis, abzüglich dem Aktienkurs zuzüglich dem über die Restlaufzeit diskontierten Ausübungsspreis: PE
C E S K r T
(10.39)
Zur Herleitung der Beziehung bildet man ein Portfolio bestehend aus dem Kauf einer Aktie und einer Verkaufsoption auf die Aktie, dem Verkauf einer gleichartigen Kaufoption und einer Kreditaufnahme in Höhe des abgezinsten Basispreises der Optionskontrakte. Die Zahlungsströme der Positionen sind in der Tabelle 10.9 abgetragen. Die Gl. 10.39 lässt sich erweitern in die Form: Pt E
CtE St K r
T t
für 0 d t d T
(10.40)
Bei in Höhe und Ausschüttungszeitpunkt sicheren Dividenden bleibt die Parität als Gleichung erhalten. Im einfachsten Fall nur eines ausstehenden Dividendentermins mit einer Dividende D, gilt nach den in Tabelle 10.10 abgetragenen Positionen: PE
C E S D r tD K r T
(10.41)
Sind mehrere Dividendenzeitpunkte mit sicheren Dividenden zu berücksichtigen, dann folgt mit dem Barwert Dbarw der während der Laufzeit der Optionskontrakte ausgeschütteten Dividenden: C E S D barw K r T
PE
(10.42)
Tabelle 10.9. Put-Call-Parität Zahlungsstrom in t = T ST < K ST t K
Strategie
Zahlungsstrom in t = 0
Kauf Put
PE + CE
K ST
S K r T
+ ST
ST + K + ST
K
K
=0
=0
Verkauf Call Kauf Aktie Geldaufnahme Summe
Tabelle 10.10. Put-Call-Parität mit sicherer Dividende Strategie
Zahlungsstrom in t = 0
Kauf Put
PE + CE S D r t K r T
Verkauf Call Kauf Aktie Geldaufnahme Geldaufnahme Summe
D
Zahlungsstrom in t = tD
Zahlungsstrom in t = T ST < K ST t K
K – ST +D
+ ST
– ST + K + ST
–K
–K
=0
=0
–D
=0
10.1 Verteilungsfreie Abschätzungen
253
Tabelle 10.11. Put-Call-Parität mit unsicherer Dividende Strategie
Zahlungsstrom in t = 0
Kauf Call Verkauf Put Verkauf Aktie Geldanlage Geldanlage
Zahlungsstrom in t = tD
CE + PE +S Dmax r t D
K r
Zahlungsstrom in t = T ST < K ST t K
ST – K –D
– K + ST – ST
– ST + K – ST
+K
+K
=0
=0
Dmax
T
t 0
Summe
Ist die Höhe einer Dividendenausschüttung unsicher, lässt sich aber für eine unsichere Ausschüttungshöhe zu einem sicheren Zeitpunkt tD zumindest eine untere und eine obere Abschätzung der Form bD Dmin b D max angeben, so erhält man die Put-Call-Parität für europäische Optionen in folgender Form einer Ungleichung: C E S Dmin r tD K r T d P E d C E S Dmax r tD K r T
(10.43)
Die Abschätzung des Put-Wertes nach oben wird mit der Strategie des Kaufs einer Kaufoption, des Verkaufs einer Verkaufsoption und einer Aktie sowie zweier Geldanlagen mit geeigneter Fälligkeit nachgewiesen (Tabelle 10.11). Sind mehrere Dividendenzeitpunkte zu beachten, so folgt mit Abschätzungen des Barwertes der Dividendenzahlungen nach unten und oben die Beziehung: barw barw C E S Dmin K r T d P E d C E S Dmax K r T
(10.44)
Im Falle amerikanischer Optionen sind die Put-Call-Paritäten in den jeweiligen Fällen grundsätzlich nur als Ungleichungen erfüllt. So gilt bei der Vernachlässigung von Dividenden: C A S K r T d P A d C A S K
(10.45)
Der Beweis der Abschätzung des Put-Wertes nach unten, d. h. der linken Ungleichung erfolgt mit der bereits in Tabelle 10.9 abgetragenen Strategie. Eine vorzeitige Ausübung der amerikanischen Optionen braucht hier nicht berücksichtigt zu werden: Da die Verkaufsoption gekauft wird, kann eine Ausübung nicht von der Gegenseite ausgehen. Die verkaufte amerikanische Kaufoption wiederum wird aufgrund der Dividendenvernachlässigung nicht vorteilhaft vorzeitig ausgeübt. Zu beachten ist weiter, dass die obige Strategie zwar zu einem Portfolio führt, das zur Fälligkeit in der Summe keine Zahlungsströme auslöst, daraus aber nicht gefolgert werden darf, dass der aktuelle Portfolio-Wert ebenfalls gleich null ist. Aufgrund der positiven Wahrscheinlichkeit einer vorzeitigen Ausübung amerikanischer Puts ist ein solcher Schluss nicht möglich.
254
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Tabelle 10.12. Obergrenze der Put-Call-Parität bei amerikanischen Optionen Zahlungsstrom in t = 0
Wert in t bei vorzeitiger Ausübung
Zahlungsstrom in t = T ST < K ST t K
CA + PA
Zeitwert 0
ST K
K + St
K + ST
Verkauf Aktie
+S
St
ST
Geldanlage
K
Strategie Kauf Call Verkauf Put
K r
t
t0
Summe
K r
T
t0
ST K rT t0
Im Nachweis der rechten Ungleichung der Gl. 10.45 ist dagegen die vorzeitige Ausübungsmöglichkeit der Verkaufsoption explizit zu berücksichtigen, da in der Verkaufsoption, mithin der womöglich vorteilhaft ausübbaren Option eine ShortPosition eingegangen wird (Tabelle 10.12). Die Put-Call-Paritäten für amerikanische Optionen mit Berücksichtigung von Dividendenausschüttungen ergeben sich nach den gleichen Prinzipien. Auf explizite Herleitungen soll an dieser Stelle verzichtet werden. Die Relationen lauten: C A S K r T d P A d C A S D r tD K
(10.46)
C A S K r T d P A d C A S Dmax r tD K
(10.47)
barw C A S K r T d P A d C A S Dmax K
(10.48)
10.1.5 Zusammenfassung
Im Abschnitt 10.1 ist bislang gezeigt worden, dass bereits aus der Annahme eines vollkommenen und vollständigen Kapitalmarktes Abschätzungen für die Werte von Calls und Puts abgeleitet und diese damit zumindest grob abgeschätzt werden können, ohne explizit auf das Kursverhalten in der Basisaktie eingehen zu müssen. Aus der Vielzahl der dargestellten allgemeinen Arbitrage-Relationen werden im Folgenden die wichtigsten nochmals aufgelistet. Zur Vereinfachung sind die Relationen der getroffenen Konvention folgend nur für den Fall t = 0 notiert. Für amerikanische und europäische Kaufoptionen stellt der Kurs des Basisobjekts, für amerikanische bzw. europäische Verkaufsoptionen der Ausübungspreis bzw. der diskontierte Ausübungspreis die obere Wertgrenze dar: CdS
(10.3)
PA d K
(10.19)
P E d K r T
(10.20)
Optionspreise sind nichtnegativ. Die Differenz aus Aktienkurs und diskontiertem Ausübungspreis und damit auch die Differenz aus Aktienkurs und Ausübungspreis
10.1 Verteilungsfreie Abschätzungen
255
ist Untergrenze des Wertes einer Kaufoption. Während die Differenz aus diskontiertem Ausübungspreis und Aktienkurs Untergrenze einer beliebigen Verkaufsoption ist, stellt die Differenz aus Ausübungspreis und Aktienkurs nur für amerikanische Verkaufsoptionen eine Untergrenze dar: Ct0
(10.5)
Pt0
(10.17)
C tSK
(10.6)
C t S K r T
(10.7)
PA t K S
(10.21)
P t K r T S
(10.22)
Fallen während der Restlaufzeit der Option Dividendenausschüttungen auf die Basisaktie an, so verringert bzw. erhöht sich die untere Abschätzung des Preises einer Kauf- bzw. Verkaufsoption um die diskontierte Dividende. Berücksichtigt man eine Unsicherheit in der Dividendenhöhe, so ist der Dividendenbetrag abzuschätzen und die Untergrenze des Optionswertes wird schwächer: C t S K r T D r tD
(10.9)
C t S K r T Dmax r tD
(10.10)
barw C t S K r T Dmax
(10.11)
P t D r t D K r T S
(10.24)
P t Dmin r tD K r T S
(10.25)
barw P t Dmin K r T S
(10.26)
Der Wert von Optionen mit einer längeren Laufzeit ist mindestens so hoch wie der Wert ansonsten gleichartiger Optionen: C A T2 t C A T1 für T1 T2
(10.12)
P A T2 t P A T1 für T1 T2
(10.27)
Optionen sind monoton und konvex im Basispreis. Die absolute Steigung der Optionspreise im Basispreis ist nicht größer als eins bzw. bei europäischen Optionen nicht größer als der Kehrwert des Diskontierungsfaktors über die Restlaufzeit der Option. Für K1 d K2 bzw. in Gl. 10.16 und Gl. 10.31 für K1 d K2 < K3 oder K1 < K2 d K3 gilt:
256
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
C K1 t C K 2
(10.13)
P K1 d P K 2
(10.28)
C K 1 C K 2 d K 2 K1
(10.14)
P K 2 P K1 d K 2 K1
(10.29)
C E K1 C E K 2 d K 2 K1 r T
(10.15)
P E K 2 P E K1 d K 2 K1 r T
(10.30)
C K2 d
K3 K2 K K1 C K1 2 C K3 K 3 K1 K 3 K1
(10.16)
P K2 d
K3 K2 K K1 P K1 2 P K3 K 3 K1 K 3 K1
(10.31)
Die Put-Call-Parität ist im strengen Sinne einer Gleichung nur für europäische Optionen bei sicheren Dividenden erfüllt. Erweitert man die Grundform der Put-CallParität auf den Fall unsicherer Dividenden oder auch auf amerikanische Optionen, so lassen sich die Beziehungen zwischen Put- und Call-Preisen über Ungleichungen darstellen. Die verschiedenen allgemeinen Formen der Put-Call-Parität lauten: C E S K r T
(10.39)
C E S D r tD K r T
(10.41)
C E S D barw K r T
(10.42)
PE PE PE
C E S Dmin r tD K r T d P E d C E S Dmax r tD K r T
(10.43)
barw barw C E S Dmin K r T d P E d C E S Dmax K r T
(10.44)
C A S K r T d P A d C A S K
(10.45)
C A S K r T d P A d C A S D r tD K
(10.46)
C A S K r T d P A d C A S Dmax r tD K
(10.47)
barw C A S K r T d P A d C A S Dmax K
(10.48)
10.2 Binomialmodell zur Bewertung von Optionen
257
10.2 Binomialmodell zur Bewertung von Optionen 10.2.1 Ein einleitendes Beispiel
Ein einfacher Zugang zur Idee optionspreistheoretischer Modelle ist über das Binomialmodell möglich. Zunächst soll anhand eines Zahlenbeispiels die Motivation der weiteren Ausführungen für den Fall von Aktienoptionen verdeutlicht werden. Dazu betrachten wir eine Kaufoption auf eine Aktie mit Ausübungspreis 250 € und einer Laufzeit von einer Zeitperiode. Die der Option zugrunde liegende Aktie notiert im Ausgangszeitpunkt t = 0 zum Kurs von 250 €, die Option liegt also am Geld. Die Entwicklung des künftigen Aktienkurses ist unsicher. Als eine sehr einfache Annahme wird unterstellt, dass sich am Ende der Periode, d. h. in t = 1, nur zwei unterschiedliche Aktienkurse einstellen können: Entweder notiert die Aktie zu 400 € oder zu 200 €. Ausgehend vom aktuellen Kursniveau verändert sich der Aktienwert also um den Faktor u = 1,60 oder um den Faktor d = 0,80. Die angenommene Kursentwicklung ist in der Abb. 10.1. dargestellt. Der Optionsinhaber wird die Kaufoption am Verfalltag immer dann ausüben, wenn der Aktienkurs in t = 1 über 250 € liegt, da er einen finanziellen Vorteil in Höhe der Differenz zwischen Aktienkurs und Basispreis erzielt. Falls aber der Aktienkurs am Verfalltag unterhalb von 250 € notiert, dann wird der Inhaber die Option verfallen lassen. Die zustandsabhängige Wertentwicklung der Kaufoption ist in der Abb. 10.2. angegeben. t
S
0
t
1
uS
400 mit u 1, 60
d S
200 mit d
250
0,80
Abb. 10.1. Beispiel einer einperiodigen Aktienkursbewegung
t
C
0
t
1
Cu
max 0, u S K 150
Cd
max 0, d S K
?
Abb. 10.2. Beispiel zur einperiodigen Wertentwicklung einer Option
0
258
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
t
0
t
1
3 u S 150 150 4
3 150 S 4 1,12
3 d S 150 4
0
Abb. 10.3. Beispiel zur Wertentwicklung mittels Duplikation
Die Aufgabe besteht darin, den Wert der Kaufoption im Ausgangszeitpunkt zu bestimmen. Dazu wird eine gewisse Anzahl von Aktien mit einer Geldaufnahme zum Kalkulationszinssatz so kombiniert, dass die Wertentwicklung der Kaufoption dupliziert wird. Der Wert des duplizierten Zahlungsstroms im Ausgangszeitpunkt kann bestimmt werden, da der Kurs der Aktie bekannt ist und sich der Barwert der risikofreien Position durch Diskontierung ergibt. Der Wert des so duplizierten Zahlungsstroms muss auf einem vollkommenen und vollständigen Kapitalmarkt dem Prinzip der Arbitrage-Freiheit folgend zwingend dem Wert der Kaufoption entsprechen. Der benötigte Kalkulationszinssatz für risikolose Geldaufnahmen und Geldanlagen soll nach Annahme 12 % pro Periode betragen. Die Aktie weist in t = 1 entweder das Kursniveau 400 € oder 200 €, mithin eine Wertdifferenz von 200 € auf. Die Differenz in den beiden möglichen Kaufoptionswerten beträgt dagegen nur 150 € (Abb. 10.2). Im Duplikations-Portfolio wird deshalb eine Position in einem Bruchteil einer Aktie, genau in 0,75 Aktien eingegangen. Damit stellt sich für die Aktienposition in t = 0 der Wert 187,50 € und in t = 1 der Wert 300 € oder 150 €, also eine Wertdifferenz von 150 €, ein. Weiter nutzt man in t = 0 eine Verschuldungsmöglichkeit in Höhe von 150 €/1,12. Die Wertentwicklung der Position in der anteiligen Aktie und der Geldaufnahme ist in Abb. 10.3. abgetragen. Man sieht unmittelbar, dass es gelungen ist, die zustandsabhängigen Optionswerte durch das Portfolio nachzubilden. Für den Wert der Kaufoption im Ausgangszeitpunkt t = 0 folgt: C
3 150 € S 4 1,12
187,50 €
150 € 1,12
53,57 €
(10.49)
Es ist also möglich, bei der angenommenen Aktienkursentwicklung den zustandsabhängigen Zahlungsstrom der Option mit dem Kassatitel und einer risikofreien Position nachzubilden. Da der Kapitalmarkt frei von Arbitrage-Möglichkeiten ist, entspricht der gesuchte Optionswert dem Wert des Duplikations-Portfolio. Dieses Prinzip des „Pricing by Duplication“ ist von dem 1995 verstorbenen Fischer Black und den Nobelpreisträgern des Jahres 1997 Myron Scholes und Robert C. Merton zu Beginn der 70er Jahre in der Optionspreistheorie angewandt worden. Ihre Einsichten haben die Finanzmarkttheorie revolutioniert.
10.2 Binomialmodell zur Bewertung von Optionen
259
Tabelle 10.13. Beispiel zur Bewertung mittels Hedging Strategie Kauf Call Verkauf von 3/4 Aktien Geldanlage zu 12% Summe
Zahlungsstrom in t = 0 C + 187,50 150/1,12
Zahlungsstrom in t = 1 dS = 200 uS = 400 + 150 150 300 + 150 + 150 =0 =0
In der alternativen Darstellung der Tabelle 10.13 wird der Optionswert über die Konstruktion einer Hedge-Position dupliziert. Dem Kauf der Kaufoption wird dazu der über den Verkauf der Aktienposition und einer Mittelanlage duplizierte Verkauf der Kaufoption gegenübergestellt. Die resultierende perfekte Absicherung der zukünftigen Zahlungsströme führt natürlich zum gleichen Ergebnis für den Optionswert wie in Gl. 10.49. Bereits in diesem einführenden Einperiodenbeispiel treten die charakteristischen Merkmale der im Folgenden angenommenen Aktienkursentwicklung hervor: 1. Der Handel und damit auch die Kursfeststellung findet zu diskreten Zeitpunkten statt. Der Abstand zwischen zwei Zeitpunkten, d. h. die Periodenlänge, bleibt gleich. 2. Der Kurs der zugrunde liegenden Aktie nimmt zu jedem Zeitpunkt nur einen von zwei möglichen Werten an. Die Kursänderung wird durch konstante Faktoren beschrieben, d. h. die Kursänderungsraten bleiben in allen Perioden gleich. Die Kursstochastik entspricht der eines binomialen Ansatzes, weshalb wir vom Binomialmodell sprechen. Den Marktteilnehmern wird kein spezifisches Präferenzkalkül unterstellt, sie ziehen lediglich größere Zahlungen geringeren vor. Die weiteren Annahmen der Grundform des Binomialmodells lauten: 3. Der Kapitalmarkt ist vollkommen und vollständig. 4. Die Optionen können nur an einem bestimmten Termin ausgeübt werden, d. h. es werden ausschließlich europäische Optionen betrachtet. 5. Es fallen während der Optionslaufzeit keine Dividendenzahlungen auf die zugrunde liegende Aktie an. 10.2.2 Binomialmodell im Einperiodenfall
Im Binomialmodell wird angenommen, dass der Kurs der zugrunde liegenden Aktie einem multiplikativen binomialen Prozess in zeitgleichen Abständen folgt. Die Zeitpunkte werden mit t = 0, 1, 2, ..., T bezeichnet. Der Aktienkurs verändert sich entweder um den Faktor u oder den Faktor d. Die Bewertungsrelationen werden für den Typ einer europäischen Kaufoption formuliert, die in t = T fällig ist. Eine Übertragung auf europäische Verkaufsoptionen ist ohne Probleme möglich. Zunächst soll die allgemeine Darstellung nach dem Duplikationsprinzip für den Fall zweier Zeitpunkte und damit zweier möglicher Kurszustände hergeleitet werden.
260
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
t
0
t
1
uS S
d S
Abb. 10.4. Einperiodige Aktienkursbewegung im Binomialmodell
t
CE
0
t
1
CuE
max 0, u S K
CdE
max 0, d S K
?
Abb. 10.5. Einperiodige Wertentwicklung einer Kaufoption im Binomialmodell
Für den Kalkulationszinssatz i bzw. den Zinsfaktor r = 1 + i wird ohne Beschränkung der Allgemeinheit im Folgenden angenommen: d ru
(10.50)
Ist dies nicht erfüllt, dann würden am Markt unmittelbar Arbitrage-Möglichkeiten bestehen. Falls beispielsweise u > d > r gilt, dann genügt es, sich zu r zu verschulden und in die Aktie zu investieren, um einen risikolosen Gewinn zu erzielen. Gl. 10.50 garantiert also die Arbitrage-Freiheit der unterstellten binomialen Kursentwicklung. Der spezielle Fall u = d = r wird als uninteressant ausgeschlossen. Aus der im Einperiodenfall angenommenen Aktienkursentwicklung (Abb. 10.4.) ergibt sich die in Abb. 10.5 abgetragene zustandsabhängige Entwicklung des Wertes der Kaufoption. Das zu bildende Duplikations-Portfolio besteht aus einer gewissen Zahl an Aktien und einer risikofreien Position im Kalkulationszinssatz. Die Aktienzahl wird mit 'C, der Umfang der Mittelanlage bzw. -aufnahme im Kalkulationszinssatz mit B bezeichnet. Nach Konstruktion hat dieses Portfolio in t = 0 den Wert 'C S + B, der sich wie in der Abb. 10.6. abgetragen entwickelt. Die Wertentwicklung der Kaufoption wird also genau dann dupliziert, wenn gilt: 'C u S r B
CuE
(10.51)
'C d S r B
CdE
(10.52)
10.2 Binomialmodell zur Bewertung von Optionen
t
0
t
261
1
' C u S 1 i B 'C S B ' C d S 1 i B
Abb. 10.6. Einperiodige Entwicklung des Portfolio-Wertes im Binomialmodell
Löst man das System der Gl. 10.51 und 10.52 nach den zu bestimmenden Positionen in der Aktie und dem Kalkulationszinssatz auf, so erhält man: 'C
B
CuE CdE u d S
(10.53)
u CdE d CuE u d r
(10.54)
Ist das Duplikations-Portfolio gemäß der Bedingungen der Gl. 10.53 und 10.54 konstruiert, so folgt auf dem vollkommenen und vollständigen Kapitalmarkt für den Wert der Kaufoption in t = 0: CE
'C S B
1 § rd E ur E · ¨ Cu Cd ¸ r ©ud ud ¹
(10.55)
Ist die Option teurer als in Gl. 10.55 angegeben, so kann durch den Verkauf der Option und den Kauf des Duplikations-Portfolio ein Arbitrage-Gewinn erzielt werden. Im Falle einer zu billigen Option wird man dagegen die Option kaufen und das Portfolio verkaufen. Setzt man die Daten des einführenden Beispiels in die Gl. 10.55 ein, so wird das Ergebnis des vorigen Abschnitts bestätigt: CE
1 § 1,12 0,8 1,6 1,12 · 150 0 53,57 1,12 ¨© 1, 6 0,8 1, 6 0,8 ¸¹
Neben der Duplikation und dem Hedging soll nun noch ergänzend ein weiterer Ansatz zur Bestimmung des Optionswertes diskutiert werden. In einem Erwartungswertkalkül bestimmt sich in einer Welt mit ausschließlich risikoneutralen Investoren der Optionswert aus der Diskontierung des zukünftig erwarteten Zahlungsstroms. Sind die Eintrittswahrscheinlichkeiten für die beiden möglichen Kurszustände in t = 1 mit q und 1 q bezeichnet, so folgt:
262
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
CE
q CuE 1 q CdE r
(10.56)
Soll die Gültigkeit des Optionswertes nicht auf den Fall einer risikoneutralen Welt beschränkt bleiben, so muss der nach Gl. 10.56 berechnete Erwartungswert korrigiert werden. Dies geschieht mit Hilfe risikoadjustierter Eintrittswahrscheinlichkeiten, mit denen die Option nach Gl. 10.56 berechnet werden kann, „als ob die Investoren risikoneutral wären“. Man spricht auch von der risikoneutralen Bewertung. Die risikoadjustierten Wahrscheinlichkeiten bestimmen sich so, dass mit deren Verwendung der Aktienkurs in t = 0 dem Gegenwartswert des erwarteten Aktienkurses entspricht. Es muss also gelten: q u 1 q d
r
Es folgt unmittelbar: rd ud
q
(10.57)
Betrachtet man schließlich die bereits abgeleitete Bewertungsgleichung für die Kaufoption im Einperiodenfall nach Gl. 10.55, so kann man diese mit der geeigneten Definition einer Zahl p offenbar auch schreiben in der Form: CE
p CuE 1 p CdE r
(10.58)
mit p
rd ud
1 p
ur ud
(10.59)
Der Parameter p nach Gl. 10.59 entspricht anscheinend der risikoadjustierten Wahrscheinlichkeit q nach Gl. 10.57 und ist in diesem Sinne auch als Wahrscheinlichkeitsziffer interpretierbar. Die Parameter p und 1 p werden deshalb als Pseudowahrscheinlichkeiten bezeichnet. Aufgrund der Annahme der Gl. 10.50 liegen p und 1 p zwischen null und eins. Verwendet man im Beispiel die Pseudowahrscheinlichkeiten p und 1 p als risikoadjustierte Wahrscheinlichkeiten, so ergibt sich der Aktienkurs in t = 0 wie beabsichtigt als Gegenwartswert des erwarteten zukünftigen Aktienkurses: S
mit
0, 4 1,6 250 0, 6 0,8 250 1,12
250
10.2 Binomialmodell zur Bewertung von Optionen
p
1 p
rd ud ur ud
1,12 0,8 1, 6 0,8 1, 6 1,12 1, 6 0,8
263
0, 4
0, 6
Der Optionswert wird auch mit der Gl. 10.58 bestätigt zu: CE
q CuE 1 q CdE r
0, 4 150 1,12
53,57
Die Ableitung des Optionspreises im Einperiodenfall ist offenbar auf drei Arten möglich: Die vorgestellten Konzepte der Konstruktion des Duplikations-Portfolio, der Konstruktion der Hedge-Position und der Berechnung des risikoadjustierten Erwartungswertes sind äquivalent und führen zum identischen Ergebnis. Folgt man in der Bewertung beispielsweise der Vorgehensweise über die Duplikation des Zahlungsstroms der Option, so scheint der Optionspreis unabhängig von den Risikopräferenzen der Marktteilnehmer zu sein. Man spricht deswegen auch von einer präferenzfreien Bewertung. Implizit spielen die Risikoaversion der Anleger, die Eintrittswahrscheinlichkeiten und das Verhalten der Aktienkurse im Vergleich zu anderen Aktienbewegungen allerdings sehr wohl eine Rolle. Diese Faktoren sind aber bereits in dem herrschenden Aktienkurs verarbeitet und mit der (angenommenen) Verteilung der Kurse unterstellt. 10.2.3 Binomialmodell im Zweiperiodenfall
Im nächsten Schritt wird die im Einperiodenfall unterstellte Kursentwicklung auf eine zweiperiodige Betrachtung mit Handelszeitpunkten in t = 0, t = 1 und t = 2 erweitert. Der Aktienkurs kann unter der getroffenen Verteilungsannahme nach zwei Perioden im Zeitpunkt t = 2 genau drei mögliche Werte annehmen (Abb. 10.7.). Die Wertentwicklung der Kaufoption auf diese Aktie mit Fälligkeit in t = 2 bei ansonsten unveränderten Parametern ergibt sich analog (Abb. 10.8.). 0
t
t
1
uS
t u2 S ud S
S
d S
d2 S
Abb. 10.7. Zweiperiodige Aktienkursbewegung im Binomialmodell
2
d u S
264
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
t
0
t
t
1
CuE
CE C
E d
2
CuuE
max 0, u 2 S K
CudE
max 0, u d S K
CddE
max 0, d 2 S K
Abb. 10.8. Zweiperiodige Entwicklung des Optionswertes im Binomialmodell
Die Methode zur Ableitung des Optionswertes kann aus dem Einperiodenfall übernommen werden. Das Zweiperiodenproblem besteht nämlich aus drei einperiodigen Binomialbäumen, der von C ausgehenden Kursentwicklung hin zu den Optionswerten in t = 1, der von Cu und schließlich auch der von Cd ausgehenden Entwicklung jeweils hin zu den zwei möglichen Werten zur Fälligkeit. Man wählt deshalb eine rekursive Berechnungsweise und bestimmt zunächst die Werte der Option zur Fälligkeit, dann die beiden Optionswerte in t = 1 über die Einperiodenmethode der Gl. 10.58 und schließlich den Wert CE in t = 0 ebenfalls über den Ansatz der Gl. 10.58. Für die Werte der Option in t = 1 gilt demnach: CuE
p CuuE 1 p CudE r
(10.60)
CdE
p CudE 1 p CddE r
(10.61)
Durch nochmaliges Anwenden der einperiodigen Bewertungsformel nach Gl. 10.58 folgt für den aktuellen Optionswert: CE
p CuE 1 p CdE r
(10.62)
Ersetzt man in Gl. 10.62 die Werte der Option in t = 1 nach Gl. 10.60 und Gl. 10.61, so erhält man schließlich: p 2 CuuE 2 p 1 p CudE 1 p CddE 2
CE
r2 1 ª p 2 max 0, u 2 S K 2 p 1 p max 0, u d S K r2 ¬ 2 1 p max 0, d 2 S K º ¼
(10.63)
10.2 Binomialmodell zur Bewertung von Optionen
t
0
t
1
1, 60 250
t
2
1, 60 1, 60 250
640
1, 60 0,80 250
320
400
250
0,80 250
265
200
0,80 0,80 250 160
Abb. 10.9. Beispiel zur zweiperiodigen Aktienkursbewegung im Binomialmodell
Mit den Daten unseres Beispiels stellt sich die zweiperiodige Aktienkursentwicklung gemäß der Abb. 10.9. ein. Für die Optionswerte zur Fälligkeit in t = 2 folgt unmittelbar: CuuE
max 0, u 2 S K 390
CudE
max 0, u d S K 70
C
max 0, d 2 S K 0
E dd
Gl. 10.60 und Gl. 10.61 resultieren in den Optionswerten in t = 1 CuE
0, 40 390 0,60 70 176, 79 1,12
CdE
0, 40 70 0,60 0 1,12
25
und Gl. 10.62 schließlich im gesuchten Optionswert zum Ausgangszeitpunkt t = 0: CE
0, 40 176, 79 0,60 25 1,12
76,53
Dieses Ergebnis kann mit Gl. 10.63 bestätigt werden: CE
0, 402 390 2 0, 40 0,60 70 0,602 0 1,122
76,53
Betrachtet man die angestrebte Duplikation des Zahlungsstroms der Option etwas genauer, so stellt man fest, dass nun eine Umschichtung des in t = 0 gebildeten Duplikations-Portfolio notwendig ist. Das Maß für die Anpassung der Aktienposition ist das Options-Delta, das in jeder betrachteten Periode in Abhängigkeit von dem sich einstellenden Aktienkurs neu zu berechnen ist. Das Delta der Kaufoption für die erste Periode berechnet sich nach Gl. 10.53:
266
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
'C
CuE CdE (u d ) S
0, 76
Verändert sich der Aktienkurs um den Faktor u und stellt sich damit in t = 1 ein Kurs von uS ein, so bestimmt sich das Delta der Kaufoption in der zweiten Periode, wie mit analogen Überlegungen wie bei der Ableitung der Gl. 10.53 gezeigt werden kann, über die Formel: CuuE CudE (u d ) u S
' Cu
(10.64)
Verändert sich der Aktienkurs um den Faktor d und stellt sich damit in t = 1 ein Kurs von dS ein, so folgt für das Delta der Kaufoption in der zweiten Periode: ' Cd
CudE CddE (u d ) d S
(10.65)
Im Beispiel ergeben sich mit Gl. 10.53 bzw. Gl. 10.64 und Gl. 10.65 folgende Delta-Werte in der ersten bzw. zweiten Periode: 'C
0,76
'
C u
1,00
'
C d
0, 44
Das Portfolio ist nach jeder Kursänderung auf Basis des Delta-Wertes der Options umzuschichten. Das Options-Delta gibt die Zahl der Aktien pro Optionsposition an. Erhöht sich das Delta, ist also die Aktienposition im Duplikations-Portfolio zu erhöhen (bzw. sind im Hedge Portfolio weitere Aktien zu verkaufen). Ein Rückgang des Delta führt dementsprechend zu einer geringeren Aktienposition im Duplikations-Portfolio (bzw. zum Rückkauf an Aktien im Hedge Portfolio). Die Umstrukturierungen im Hedge Portfolio gemäß der Veränderungen im Delta-Wert können so erfolgen, dass die Summe der ausgelösten Zahlungsströme zu jedem Zeitpunkt gleich null ist. Man spricht deshalb auch von einer selbstfinanzierenden Portfolio-Strategie. Im elften Kapitel wird das Prinzip der Delta-Absicherung als wichtige Anwendung der Optionspreistheorie weiter behandelt. 10.2.4 Binomialmodell im n-Periodenfall
Im letzten Schritt ist die bisher auf ein bzw. zwei Perioden beschränkte Modellierung auf den Fall einer beliebigen Periodenzahl zu übertragen. Ausgehend vom Startzeitpunkt t = 0 ist die Laufzeit der Option in n Perioden der Länge eins unterteilt. Der Fälligkeitszeitpunkt der Option fällt mit dem Ende der Periode n zusammen. Eine Kursfeststellung findet zu den n + 1 Zeitpunkten t = 0, 1, ..., n statt.
10.2 Binomialmodell zur Bewertung von Optionen
267
Die dargestellte Bewertungstechnik bleibt erhalten, d. h. mit dem einperiodigen Ansatz der Gl. 10.58 ermittelt man x jeweils aus den n + 1 möglichen Werten der Option am Verfalltermin t = n die n möglichen Werte der Option im Zeitpunkt t = n 1, x daraus wiederum die n 1 möglichen Optionswerte in t = n 2, x daraus wiederum die n 2 möglichen Optionswerte in t = n 3 usw. x bis hin zu dem aus den beiden möglichen Optionswerten in t = 1 berechneten Optionswert zum Ausgangszeitpunkt. Der Kurs der zugrunde liegenden Aktie folgt nach Annahme einem binomialen Prozess in zeitgleichen Abständen mit konstanten Veränderungsfaktoren pro Periode u und d. Der Kalkulationszinssatz ist ebenso in jeder Periode konstant. Das nPeriodenmodell der Aktienkursbewegung lässt sich wie in der Abb. 10.10. skizziert darstellen. Die Notationen bleiben erhalten und werden auf den nPeriodenfall geeignet übertragen. Gl. 10.66 beschreibt die Werte der Kaufoption zur Fälligkeit. Aus den n + 1 Werten folgen in Gl. 10.67 die n möglichen Optionswerte im Zeitpunkt t = n 1:
max 0, u j d n j S K für j
CuEj d n j
p CuEj d n j 1 p CuEj1d n j1
CuEj1d n j
0,1, 2,, n
(10.66) (10.67)
für j 1, 2, , n
r
Diese sukzessive Anwendung des Einperiodenmodells liefert den Optionswert zum Ausgangszeitpunkt. Durch konsequentes Einsetzen erhält man so – nach etlichen weiteren Umformungen – die binomiale Optionsbewertungsformel. Diese Formel kann man ebenso über die Diskontierung des mit risikoadjustierten Wahrscheinlichkeiten gebildeten Erwartungswertes ableiten. t
0
t
1
t
2
t
3
u S
u3 S
2
uS S
d S
ud S
d S
u2 d S u d2 S
2
d3 S
t
n
un S
u n 1 d S u n2 d 2 S u 2 d n2 S u d n 1 S dn S
Abb. 10.10. Aktienkursbewegung über n Perioden im Binomialmodell
268
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Die Anwendung des Erwartungswertkalküls erfordert die Bestimmung der risikoadjustierten Wahrscheinlichkeiten. Im Einperiodenfall werden sie im Folgenden aufgrund der bereits gezeigten Zusammenhänge mit p bezeichnet. Die risikoadjustierte Wahrscheinlichkeit, dass nach n Perioden genau j Veränderungen um den Faktor u und damit n – j Veränderungen um den Faktor d auftreten, lautet nun: §n· j n j ¨ j ¸ p 1 p © ¹
n! n j p j 1 p j! n j !
(10.68)
Gewichtet man die Optionswerte zur Fälligkeit nach Gl. 10.66 mit den risikoadjustierten Wahrscheinlichkeiten nach Gl. 10.68, so folgt für den Wert der Option: §n· j n j E ¨ j ¸ p 1 p Cu j d n j © ¹ §n· j n j j n j ¨ j ¸ p 1 p max 0, u d S K © ¹
1 n ¦ rn j 0
CE
1 n ¦ rn j 0
(10.69)
Aus der Gl. 10.69 fallen diejenigen Summanden heraus, die einen Wert von null annehmen. Es können also mit anderen Worten die Optionswerte herausgelassen werden, die zur Fälligkeit aus dem Geld sind. Damit eine Kaufoption zur Fälligkeit im Geld ist, muss in der Aktienkursentwicklung eine bestimmte Zahl an Kursveränderungen um den Faktor u eingetreten sein. Bezeichnet man die Mindestzahl an Kursbewegungen um den Faktor u mit a, so endet eine Option mit a oder mehr Aufwärtsbewegungen im Geld bzw. nach weniger als a Aufwärtsbewegungen aus dem Geld. Es gilt also: u j d n j S ! K u d j
n j
S d K
für j
a , , n
für j
0, , a 1
(10.70)
Zur Bestimmung von a berechnet man die Zahl a*, für die die Option gerade am Geld endet. Aus u a * d n a* S
K
folgt für a*: a* ln
K u ln d S d n
Es ist bereits an dieser Formel zu erkennen, dass a* nicht zwingend ganzzahlig ist. Man bestimmt nun den gesuchten Wert a als kleinste ganze Zahl mit a t a*. Die Optionsbewertungsformel der Gl. 10.69 schreibt sich mit diesem Wert a aufgrund der Gl. 10.70 nun als CE
1 n §n· j n j p 1 p u j d n j S K n ¦ ¨ ¸ r j a © j¹
und wird zur weiteren Umformung dargestellt als:
(10.71)
10.2 Binomialmodell zur Bewertung von Optionen
269
j n j n §n· n j u d S ¦ ¨ ¸ p j 1 p n r j a © j¹
CE
1. Summand
(10.72) §n· n j K r ¦ ¨ ¸ p j 1 p j j a © ¹ n
n
2. Summand
Um die Gl. 10.72 in einer etwas kompakteren Darstellung notieren zu können, soll der erste Summand der Gl. 10.72 in der typisierten Form des zweiten Summanden geschrieben werden. Dazu wird eine (weitere) Hilfsgröße p* eingeführt: p* 1 p*
p
u r
1 p
(10.73)
d r
Aus Gl. 10.73 folgt unmittelbar:
p * 1 p * j
p j 1 p
n j
n j
u j d n j rn
(10.74)
Nutzt man die Beziehung nach Gl. 10.74 im Bewertungsausdruck der Gl. 10.72 zur Umformung des ersten Summanden, so resultiert die Optionsbewertungsformel im Binomialmodell in der folgenden Schreibweise: CE
n n §n· j n j S ¦ ¨ ¸ p * 1 p * K r n ¦ j a © j¹ j a
§n· j n j ¨ j ¸ p 1 p © ¹
(10.75)
Sie gibt unter den getroffenen Annahmen den Wert einer europäischen Option auf Aktien im Nichtdividendenfall an. Für die Summe der risikoadjustierten Wahrscheinlichkeiten des Auftretens von j t a Kursveränderungen um den Faktor u im n-Perioden-Binomialmodell, d. h. letztlich einen Abschnitt der Verteilungsfunktion einer binomialverteilten Zufallsvariablen, notiert man auch: B a n, p
§ · ¦ ¨ j ¸ p 1 p n
n
j a
© ¹
j
n j
(10.76)
Damit schreibt sich die Bewertungsformel nach Gl. 10.75 kurz als: CE
S B a n, p * K r n B a n, p
(10.77)
270
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Die analoge Bewertungsformel für europäische Verkaufsoptionen kann beispielsweise mit Hilfe der Put-Call-Parität (Gl. 10.39) sofort aus Gl. 10.77 gewonnen werden: PE
S ª¬1 B a n, p * º¼ K r n ª¬1 B a n, p º¼
(10.78)
Die konkrete Anwendung des Binomialmodells zur Bewertung von Aktienoptionen benötigt den Aktienkurs in t = 0, den Ausübungspreis der Option, den risikofreien Kalkulationszinssatz, die Optionslaufzeit und die die Aktienkursbewegung beschreibenden Parameter u und d. Schließlich ist die Optionslaufzeit in Teilperioden zu zerlegen, d. h. es ist die Approximationsgüte n festzulegen. Die Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt der Kursänderung um u bzw. d sind nicht zu schätzen, dagegen gehen die risikoadjustierten Eintrittswahrscheinlichkeiten in die Bewertungsformel ein. Die risikoadjustierten Wahrscheinlichkeiten für eine einperiodige Kursänderung um den Faktor u bzw. um d bleiben bei konstanten Parametern u, d und r im gesamten binomialen Kursprozess gleich. Deren Berechnung erfolgt nach den diskutierten Zusammenhängen der Gl. 10.57 und 10.59, so dass sie hier generell mit p bzw. 1 – p bezeichnet werden.
10.3 Optionsbewertung mit der Black/Scholes-Formel 10.3.1 Grundlagen des Basismodells von Black, Scholes und Merton
Das bekannteste Modell zur Bewertung von Optionen ist das Modell von Fischer Black und Myron Scholes sowie Robert C. Merton aus den 70er Jahren. Deren Optionsbewertungsformel, die meist kurz als Black/Scholes-Formel bezeichnet wird, hat sich zum „Industriestandard“ entwickelt und ist die Ausgangsbasis vieler optionspreistheoretischer Überlegungen. Black, Scholes und Merton modellieren in ihrem Ansatz die Aktienkursbewegung über einen geometrischen Brownschen Prozess, der die Annahme normalverteilter Aktienrenditen impliziert. Die Black/Scholes-Formel beruht auf den folgenden Annahmen: 1. Das logarithmierte Verhältnis der Aktienkurse ist normalverteilt, d. h. die Aktienrenditen sind normalverteilt. Die Momentanvarianz p. a. ist konstant. 2. Aktien und Optionen werden kontinuierlich gehandelt. Die weiteren Prämissen des Binomialmodells müssen auch im Modell von Black, Scholes und Merton erfüllt sein: 3. Der Kapitalmarkt ist vollkommen und vollständig. 4. Die Optionen können nur an einem bestimmten Termin ausgeübt werden, d. h. es werden ausschließlich europäische Optionen betrachtet. 5. Es fallen während der Optionslaufzeit keine Dividendenzahlungen auf die zugrunde liegende Aktie an.
10.3 Optionsbewertung mit der Black/Scholes-Formel
271
Die klassische Black/Scholes-Formel für europäische Kaufoptionen auf Aktien ohne Dividenden lautet: CE
S N d1 K r T N d 2
(10.79)
S § V2 · ¨ ln r ¸ T K © 2 ¹ V T
(10.80)
mit ln d1 d2
d1 V T
(10.81)
Die Symbole der preisbestimmenden Einflussgrößen stehen für: x x x x x
S K T r V
Kurs der Basisaktie im Ausgangszeitpunkt t = 0 Ausübungspreis der Option Laufzeit der Option in Perioden Zinsfaktor r = 1 + i pro Periode mit i als Kalkulationszinssatz pro Periode Standardabweichung der Aktienrendite pro Periode
Mit N(.) wird die Verteilungsfunktion einer standardnormalverteilten Zufallsvariablen bezeichnet. Ist die Kaufoption tief im Geld, d. h. ist der Aktienkurs deutlich größer als der Ausübungspreis, dann ergibt sich nach Gl. 10.80 ein tendenziell sehr großes, positives d1. Dann resultieren approximativ Verteilungsfunktionswerte nahe bei eins: N d1 | N d 2 | 1
Der Wert der Kaufoption verhält sich also in diesem speziellen Falle ungefähr wie der aktuelle Aktienkurs abzüglich des diskontierten Ausübungspreises: CE
S K r T
In einer ersten groben Annäherung kann die Black/Scholes-Formel auch wie folgt interpretiert werden: Der erste Summand in Gl. 10.79 entspricht dem Aktienkurs gewichtet mit der Anzahl an Aktien, die in einem Duplikations-Portfolio pro Kaufoptionsposition benötigt werden. Er repräsentiert also den Wert der Aktie, die der Optionsinhaber im Falle der Ausübung kaufen kann. Der zweite Summand entspricht dem diskontierten Ausübungspreis gewichtet mit der Wahrscheinlichkeit, dass die Option im Geld liegt. Er drückt somit den zu zahlenden Wert für den Bezug der Aktie aus. Die entsprechende Black/Scholes-Formel für europäische Verkaufsoptionen auf Aktien im Nichtdividendenfall ist mit Hilfe der Put-Call-Parität (Gl. 10.39) aus der Formel für Calls in Gl. 10.79 ableitbar: PE
S ª¬1 N d1 º¼ K r T ª¬1 N d 2 º¼
(10.82)
272
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Gl. 10.82 lässt sich mit der für beliebige Argumente geltenden Eigenschaft der Standardnormalverteilung 1 N x
N x
auch schreiben in der Form: S N d1 K r T N d 2
PE
(10.83)
Die Herleitung der Black/Scholes-Formel kann nach den gleichen Ansätzen wie im Binomialmodell erfolgen. Ausgehend von der Annahme über die Stochastik der Aktienrenditen erhält man mit Hilfe des Duplikationsprinzips eine Differentialgleichung mit gewissen Randbedingungen, deren Lösung die Black/ScholesFormel ergibt. Ebenso führt die Diskontierung des risikoadjustierten Erwartungswertes der Optionspreise zur Fälligkeit zur Black/Scholes-Formel. Im zwölften Kapitel sind im Rahmen der Vertiefungen einige Ausführungen zu den Eigenschaften der geometrischen Brownschen Bewegung und der Black/Scholes-Differentialgleichung sowie zum risikoneutralen Bewertungsansatz enthalten. Die Black/Scholes-Formel kann darüber hinaus auch als Grenzfall der binomialen Bewertungsformel interpretiert und dementsprechend hergeleitet werden. So ist die Struktur der Formel im Modell von Black, Scholes und Merton, dargestellt am Beispiel des Falls der Kaufoption, CE
S N d1 K r T N d 2
„sehr ähnlich“ zur Gestalt der entsprechenden Formel im Binomialmodell: CE
S B a n , p * K r T B a n , p
In dieser Darstellung wird angenommen, dass sich der Kalkulationszinssatz auf die Länge einer Schrittweite in der binomialen Kursentwicklung bezieht und als Schrittweite T/n gewählt wird. Es kann gezeigt werden, dass die Gl. 10.77 bzw. 10.78 für ein gegen unendlich strebendes n, d. h. für beliebig kleine Periodenlängen, gegen die Gl. 10.79 bzw. 10.82 konvergieren. Dazu sind die Einflussgrößen u und d (sowie r) geeignet zu setzen. Das wird beispielsweise erreicht durch: u
d
§ T· exp ¨¨ V ¸ n ¸¹ ©
(10.84)
§ T· exp ¨¨ V ¸ n ¸¹ ©
(10.85)
Der Übergang von der binomialen Verteilungsfunktion zur Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung erfolgt schließlich mit den Aussagen des Zentralen Grenzwertsatzes. Im zwölften Kapitel ist diese Herleitung bei der Bewertung von Währungsoptionen explizit ausgeführt und kann auf den Fall von Aktienoptionen übertragen werden.
10.3 Optionsbewertung mit der Black/Scholes-Formel
273
10.3.2 Ein einfaches Beispiel zur Black/Scholes-Formel
Das folgende kurze Zahlenbeispiel soll einen Einblick in die numerische Anwendung der Black/Scholes-Formel geben. Es werden die Werte europäischer Kaufund Verkaufsoptionen auf den Deutschen Aktienindex DAX, der zum Betrachtungszeitpunkt am 17. Februar 2005 bei 4.369,68 Punkten schließt, berechnet. Die Optionen mit Ausübungspreis 4.400 Punkte sind im Juni 2005 fällig, so dass mit einer Restlaufzeit von vier Monaten gerechnet werden kann. Als Kalkulationszinssatz dient der Viermonats-Euribor von 2,145 % p. a.: x x x x
S = 4.369,68 Punkte K = 4.400 Punkte T = 4/12 Jahre r = 1,02145 p. a.
Die Volatilität wird als Standardabweichung historischer Aktienkursrenditen geschätzt, es wird also eine historische Volatilität berechnet. Als historischer Zeitraum werden der Länge der Optionsrestlaufzeit entsprechend die vergangenen vier Monate gewählt. Die detailliert aufgelisteten Index- und Indexrenditezeitreihen der Tabelle 10.14 enthalten die Wochenschlussstände S1, ..., S17 der letzten 17 Kalenderwochen und dementsprechend 16 Renditen. Die Berechnungen wurden mit einem Tabellenkalkulationsprogramm durchgeführt. Alle Ergebnisse sind jeweils auf sechs Nachkommastellen genau angegeben. Tabelle 10.14. Beispiel zur Berechnung der historischen Volatilität
Datum
Indexstände S1 bis S17
Sj S j 1
mit
j = 2, ..., 17 22.10.04 29.10.04 05.11.04 12.11.04 19.11.04 26.11.04 03.12.04 10.12.04 17.12.04 23.12.04 30.12.04 07.01.05 14.01.05 21.01.05 28.01.05 04.02.05 11.02.05 Summe:
3.935,14 3.960,25 4.063,58 4.143,35 4.134,89 4.154,27 4.208,87 4.174,55 4.182,27 4.251,62 4.256,08 4.316,40 4.232,36 4.213,70 4.201,81 4.339,28 4.387,80
1,006381 1,026092 1,019630 0,997958 1,004687 1,013143 0,991846 1,001849 1,016582 1,001049 1,014173 0,980530 0,995591 0,997178 1,032717 1,011182
§ Sj · ln ¨ ¨ S j 1 ¸¸ © ¹
0,006361 0,025757 0,019440 -0,002044 0,004676 0,013057 -0,008188 0,001848 0,016446 0,001048 0,014073 -0,019662 -0,004419 -0,002826 0,032193 0,011120 0,108882
ª § Sj · º «ln ¨¨ ¸ P» «¬ © S j 1 ¸¹ »¼
2
0,000000 0,000359 0,000160 0,000078 0,000005 0,000039 0,000225 0,000025 0,000093 0,000033 0,000053 0,000701 0,000126 0,000093 0,000645 0,000019 0,002652
274
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Das arithmetische Mittel der Indexrenditen, d. h. des logarithmierten Verhältnisses der Indexstände, bestimmt sich mit 16 beobachteten Renditen zu: P
S 1 16 ¦ ln j 16 j 1 S j 1
0,006805
Die Stichprobenvarianz auf Wochenbasis folgt mit: 1 26 ª § S j · º ¦ «ln ¨ ¸ P» 15 j 1 ¬« ¨© S j 1 ¸¹ ¼»
2
0, 000177
Daraus folgt schließlich die gesuchte Volatilität als Standardabweichung der Indexrenditen p. a. zu 9,59 %: V
52 0, 000177
0,095876
Für die Argumente der Normalverteilungsfunktion berechnet man mit Gl. 10.80 bzw. Gl. 10.81: ln d1
4.369,68 § 0,0958762 · 4 ¨ ln1,02145 ¸ 12 4.400 2 © ¹ 0,095876
d2
4 12
0, 030561 0,095876
4 12
0, 030561
0,024793
Die Funktionswerte für die Standardnormalverteilung lassen sich entweder mit Hilfe einschlägiger Tafelwerke, über Approximationsformeln bzw. über Rechnerprogramme bestimmen. Mit dem genutzten Tabellenkalkulationsprogramm erhält man hier: N d1 0,512190 N d 2 0, 490110
Im Modell von Black, Scholes und Merton nach Gl. 10.79 ergibt sich schließlich folgender Wert für die Kaufoption: CE
4.369,68 0,512190 4.400 1,02145 4 12 0, 490110 96,83
Für die Verkaufsoption gleichen Typs folgt analog mit Gl. 10.82: PE
4.369, 68 1 0,512190 4.400 1, 02145 4 12 1 0, 490110 96,13
Dieses Ergebnis bestätigt man auch mit der Put-Call-Parität: PE
C E S K r T
96,83 4.369,68 4.400 1,02145 4 12
96,13
10.3 Optionsbewertung mit der Black/Scholes-Formel
97,40
275
Optionswert
97,20 97,00 96,80 96,60 96,40
Periodenzahl n
96,20 65
70
75
80
85
90
95
100
Abb. 10.11. Grenzverhalten der binomialen Kaufoptionswerte für wachsendes n
Tabelle 10.15. Analogie von Binomialmodell und Black/Scholes-Modell
Zahl der Perioden n 2 5 10 25 50 75 100 250 500 750 1.000
Faktor u
Faktor d
Zinsfaktor pro Periode
a
1,039917 1,025064 1,017659 1,011132 1,007859 1,006412 1,005551 1,003507 1,002479 1,002023 1,001752
0,961615 0,975549 0,982648 0,988990 0,992202 0,993629 0,994480 0,996505 0,997528 0,997981 0,998251
1,003543 1,001416 1,000708 1,000283 1,000141 1,000094 1,000071 1,000028 1,000014 1,000009 1,000007
2 3 6 13 26 39 51 126 252 377 502
Wert der Kaufoption CBin 92,67 100,78 97,40 97,01 97,28 96,59 97,03 96,74 96,87 96,85 96,81
CBin CB/S CB/S 4,29 % -4,09 % -0,59 % -0,19 % -0,47 % 0,24 % -0,21 % 0,09 % -0,04 % -0,02 % 0,02 %
Die angesprochene Interpretation der Black/Scholes-Formel als Grenzfall der binomialen Optionspreisformel soll anhand dieses Beispiels mit ganz geringen Schrittweiten exemplarisch gezeigt werden. Die Tabelle 10.15 enthält die Werte der Kaufoption CBin, die sich mit zunehmender Intervallzahl n im Binomialmodell ergeben, d. h. mit zunehmender Unterteilung der Optionsrestlaufzeit in Perioden abnehmender Länge. Offenbar strebt der Optionswert nach dem Binomialmodell CBin gegen den berechneten Black/Scholes-Optionswert CB/S von 96,83 für wachsendes n. Die Konvergenz ist jedoch nicht monoton. Zum einen wird dies durch die Angabe der prozentualen Abweichung in der letzten Spalte der Tabelle 10.15 deutlich. Zum anderen ist in der Abb. 10.11 die Annäherung des Optionswertes
276
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
nach Black, Scholes und Merton durch den Optionswert des Binomialmodells für den Abschnitt der Intervallzahl n von 65 bis 100 grafisch abgetragen. Zur expliziten Anwendung der binomialen Optionsbewertungsformel nach Gl. 10.77 bzw. Gl. 10.75 sind die Parameter u und d gemäß der Gl. 10.84 und der Gl. 10.85 zu berechnen. Der Viermonats-Euribor ist darüber hinaus in einen Periodenzinssatz umzurechnen:
1 i
T n
Diese Parameter sowie die Mindestzahl a an Indexänderungen um den Faktor u, so dass die Option im Geld endet, sind ebenfalls in der Tabelle 10.15 abgetragen. 10.3.3 Optionspreisbestimmende Parameter
Die Aktienoptionsbewertung im Rahmen des Grundmodells von Black, Scholes und Merton erfordert die Bestimmung des Aktienkurses S, des Ausübungspreises K, der Restlaufzeit T, des Kalkulationszinssatzes i und der Volatilität des Basiswertes V. Der Kurs des Basisobjekts wird aktuellen Kursveröffentlichungen entnommen. Ausübungspreis und Restlaufzeit sind im Optionskontrakt fixiert. Als Kalkulationszinssatz wählt man üblicherweise einen an die Optionslaufzeit angepassten Geldmarktzinssatz. Die Volatilität, der Kalkulationszinssatz und die Restlaufzeit der Option sind auf die gleiche Zeiteinheit zu beziehen. Mit der Ermittlung der Volatilität als Schätzung der während der Optionslaufzeit erwarteten Kursschwankungen ist explizit eine in die Zukunft gerichtete Größe zu bestimmen. Ermittelt man diese als Standardabweichung aus historischen Daten, so müssen insbesondere der Einfluss unterschiedlich langer Zeitreihen wie auch der Datentyp (Tages-, Wochen-, Monatskurse etc.) Beachtung finden. Alternative Berechnungsmethoden der Volatilitätskennzahl werden im folgenden Kapitel diskutiert. Weiter werden im nächsten Kapitel Optionswertsensitivitäten analytisch abgeleitet. Vorab soll hier der Einfluss von Änderungen der preisbestimmenden Größen skizziert werden. Der Wert einer Kaufoption steigt mit höherem Aktienkurs, der Wert einer Verkaufsoption fällt mit steigendem Aktienkurs (Abb. 10.12, Abb. 10.13 und Abb. 10.20, Abb. 10.21). Bereits in der verteilungsfreien Abschätzung der Gl. 10.13 wurde gezeigt, dass eine Kaufoption mit höherem Ausübungspreis einen geringeren Wert als eine ansonsten gleichartige Kaufoption mit niedrigerem Ausübungspreis hat. Ansonsten gleichartige Verkaufsoptionen mit höherem Ausübungspreis haben dagegen, wie in Gl. 10.28 gezeigt, einen höheren Wert. Ebenfalls bekannt ist aus Abschnitt 10.1, dass amerikanische Optionen mit längerer Restlaufzeit höhere Optionswerte haben (Gl. 10.12 und Gl. 10.27). Dies gilt auch für europäische Kaufoptionen und zumindest in gewissen Wertigkeitsbereichen auch für europäische Verkaufsoptionen. In Abb. 10.14 und insbesondere Abb. 10.15 scheint ein außergewöhnliches Steigungsverhalten am kurzen Laufzeitende bei im Geld liegenden Calls und Puts erkennbar. Variiert man zusätzlich auch den Volatilitätsparameter, so zeigen Puts bei geringer Volatilität einen steigenden Optionswert mit abnehmender Restlaufzeit (Abb. 10.23).
10.3 Optionsbewertung mit der Black/Scholes-Formel
Abb. 10.12. Werte einer Kaufoption in Abhängigkeit vom Aktienkurs
Abb. 10.13. Werte einer Verkaufsoption in Abhängigkeit vom Aktienkurs
277
278
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Abb. 10.14. Werte einer Kaufoption in Abhängigkeit von der Restlaufzeit der Option
Abb. 10.15. Werte einer Verkaufsoption in Abhängigkeit von der Restlaufzeit der Option
10.3 Optionsbewertung mit der Black/Scholes-Formel
Abb. 10.16. Werte einer Kaufoption in Abhängigkeit vom Kalkulationszinssatz
Abb. 10.17. Werte einer Verkaufsoption in Abhängigkeit vom Kalkulationszinssatz
279
280
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Abb. 10.18. Werte einer Kaufoption in Abhängigkeit von der Volatilität
Abb. 10.19. Werte einer Verkaufsoption in Abhängigkeit von der Volatilität
10.3 Optionsbewertung mit der Black/Scholes-Formel
281
Das Zinsniveau beeinflusst Call- und Put-Werte unterschiedlich. Der Stillhalter einer Kaufoption kann seiner etwaigen Lieferverpflichtung beispielsweise dadurch nachkommen, dass er bereits im Zeitpunkt des Optionsverkaufs die Aktien in sein Portfolio aufnimmt, um sie bei Bedarf zu liefern. Mit dem Aktienkauf bindet er allerdings Kapital und verzichtet auf mögliche Zinserträge. Mit höherem Zinsniveau wird er deshalb eine höhere Optionsprämie verlangen. Der Inhaber der Kaufoption hat dagegen die Möglichkeit erworben, den Kauf der Aktie zu einem fixen Einstandspreis erst in einem zukünftigen Zeitpunkt zu tätigen. Er ist also während der Optionslaufzeit nicht zu einer vergleichsweise hohen Kapitalbindung eines Aktienkaufs gezwungen und kann bis zu einer potenziellen Optionsausübung entsprechende Mittel am Kapitalmarkt anlegen. Je höher das Zinsniveau ist, desto größer wird tendenziell seine Bereitschaft sein, eine höhere Optionsprämie zu akzeptieren (Abb. 10.16). Eine analoge Argumentaton liefert eine erste Erklärung für geringere Put-Prämien bei steigendem Kalkulationszinssatz (Abb. 10.17). Die Auswirkungen einer steigenden Volatilität schließlich bewirken Änderungen in den Werten von Kauf- und Verkaufsoptionen in die gleiche Richtung: Die Optionswerte steigen bei zunehmender Volatilität (Abb. 10.18 und Abb. 10.19 sowie Abb. 10.20 bis Abb. 10.23). Eine volatilere Aktie bietet dem Optionsinhaber die Chance, einen höheren inneren Wert zu realisieren. Der Stillhalter wird dafür eine höhere Prämie verlangen.
Abb. 10.20. Werte einer Kaufoption in Abhängigkeit von Aktienkurs und Volatilität
282
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Abb. 10.21. Werte einer Verkaufsoption in Abhängigkeit von Aktienkurs und Volatilität
Abb. 10.22. Werte einer Kaufoption in Abhängigkeit von Restlaufzeit und Volatilität
Literaturhinweise zu Kapitel 10
283
Abb. 10.23. Werte einer Verkaufsoption in Abhängigkeit von der Restlaufzeit der Option
Literaturhinweise zu Kapitel 10 Die Standardansätze zur Optionsbewertung sind in allen gängigen Lehrbüchern enthalten. Obere und untere Wertgrenzen werden insbesondere in Dubofsky u. Miller 2002 sehr ausführlich und weiter auch in Cox u. Rubinstein 1985, Hull 2008 und Steiner u. Uhlir 2001 sowie bei Ritchken 1985, 1996 dargestellt. Die Put-Call-Parität geht auf Stoll 1969 und ergänzend auf Merton 1973b zurück. Verteilungsfreie Abschätzungen fanden insbesondere Einsatz bei einfachen Tests zur effizienten Bepreisung neu etablierter Optionsmärkte (siehe beispielsweise Bhattacharya 1983, Galai 1978, Geske u. Trautmann 1986 sowie Klemkosky u. Resnick 1979). Die Diskussion zur Vorteilhaftigkeit einer vorzeitigen Ausübung amerikanischer Optionen (Abschnitt 10.1.3) basiert auf Subrahmanyam 1990 und bezieht sich hinsichtlich der numerischen Bestimmung optimaler Ausübungszeitpunkte auf Cox u. Rubinstein 1985. Empirische Erkenntnisse zu den tatsächlichen Ausübungszeitpunkten liefern beispielsweise Finucane 1997 und Koziol 2006. Die Ausführungen zum Binomialmodell orientieren sich eng an der Originalarbeit von Cox et al. 1979, die auch in Cox u. Rubinstein 1985 enthalten ist. Nahezu zeitgleich wurde das Binomialmodell auch von Rendleman u. Bartter 1979 entwickelt. Der Grenzübergang von der binomialen Optionsbewertungsformel hin zur Black/Scholes-Formel ist in Cox et al. 1979 (und ebenso wieder in Cox u. Rubinstein 1985) ausgeführt. Bei Omberg 1987 findet man Ergebnisse zum Konvergenzverhalten der binomialen Formel. Die Originalarbeiten zur Black/Scholes-Formel sind Black u. Scholes 1973 und Merton 1973a. Die weitere Entwicklung optionspreistheoretischer Forschung wird unter anderem in deren Beiträgen anlässlich der Verleihung des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften nachgezeichnet: Merton 1998, Scholes 1998.
284
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
Schlüsselbegriffe Binomialmodell Black/Scholes-Formel Cox/Ross/Rubinstein-Bewertungsformel Delta Duplikation Historische Volatilität Modell von Black, Scholes und Merton
Pseudowahrscheinlichkeit Put-Call-Parität Verteilungsfreie Abschätzungen Volatilität Vorzeitige Ausübung Wertgrenzen einer Option
Fragen und Aufgaben Fragen
1. Warum wird eine amerikanische Aktienkaufoption nicht vorzeitig ausgeübt, wenn während ihrer Laufzeit keine Dividendenausschüttungen erfolgen? 2. An welchen Zeitpunkten wird eine amerikanische Aktienverkaufsoption keinesfalls vorzeitig ausgeübt? 3. Erläutern Sie das Duplikationsprinzip in der Bewertung von Optionen. 4. Was gibt der Delta-Wert einer Option an? 5. Auf welchen Annahmen basiert das binomiale Optionsbewertungsmodell von Cox, Ross und Rubinstein? 6. Auf welchen Annahmen basiert das Optionsbewertungsmodell von Black, Scholes und Merton? 7. Inwieferen kann die Black/Scholes-Formel als Grenzfall der binomialen Optionspreisformel aufgefasst werden? 8. Welche Parameter müssen Sie bestimmen, um die Black/Scholes-Formel zur Bewertung einer Aktienoption anzuwenden? Aufgabe 10.A
Gegeben sind zwei europäische Verkaufsoptionen gleichen Typs mit unterschiedlichen Ausübungspreisen. Die Put-Option mit Ausübungspreis 300 € notiert zu 17 €, die Put-Option mit Ausübungspreis 320 € notiert zu 35 €. Die Laufzeiten der Optionen betragen ein Jahr, der Kalkulationszinssatz ist 25 % p. a. 1. Zeigen Sie, dass die Gl. 10.30 nicht erfüllt ist. 2. Zeigen Sie anhand einer Tabelle, wie die identifizierte Fehlbewertung in eine Arbitrage-Strategie umgesetzt werden kann.
Fragen und Aufgaben
285
Aufgabe 10.B
Eine europäische Kaufoption auf eine Aktie notiert zu 5,75 € bei einem Ausübungspreis von 90 €. Die Option hat eine Restlaufzeit von einem Jahr. Der Kalkulationszinssatz ist 10 % p. a. Der heutige Aktienkurs beträgt 87,50 €. 1. Bestimmen Sie den Wert einer Verkaufsoption gleichen Typs über die PutCall-Parität. 2. Bestimmen Sie den Wert einer Verkaufsoption gleichen Typs, wenn genau nach der Hälfte der Restlaufzeit eine Dividende in Höhe von 4,50 € ausgeschüttet wird. Aufgabe 10.C
Betrachten Sie den Fall amerikanischer Aktienoptionen. Beachten Sie, dass bei Vernachlässigung von Dividenden die Beziehung in Gl. 10.45, im Falle unsicherer Dividenden dagegen die Relation der Gl. 10.48 gilt. 1. Eine Kaufoption mit Fälligkeit in drei Perioden und Ausübungspreis 100 € notiert zu 18 €. Die Basisaktie notiert zu 100 €. Der risikolose Periodenzinssatz liegt bei 5 %. Geben Sie die Schranken für den Wert der amerikanischen Verkaufsoption an. 2. Gehen Sie nun davon aus, dass die Basisaktie in t = 1 eine Dividende zwischen 10 € und 15 € und in t = 2 eine Dividende zwischen 0 € und 10 € abwirft. Alle anderen Daten aus 1. bleiben erhalten. Berechnen Sie die obere Schranke für den Wert der amerikanischen Verkaufsoption im Dividendenfall. Aufgabe 10.D
Ein Aktienindex steht bei 4.000 Punkten. Es wird angenommen, dass der Index über die nächsten drei Perioden eine binomiale Veränderung um die Faktoren u = 1,1 oder d = 0,9 erfährt. Der Kalkulationszinssatz beträgt 2 % pro Periode. 1. Berechnen Sie den aktuellen Wert einer Indexkaufoption mit K = 4.400 und einer Restlaufzeit von drei Perioden. 2. Wie viele Kursaufwärtsbewegungen sind nötig, damit die Kaufoption zur Fälligkeit im Geld endet? Aufgabe 10.E
Im Rahmen eines einperiodigen Binomialmodells wird von einem aktuellen Aktienindexstand von 2.500 Punkten ausgegangen, der sich zum Ende der Periode entweder auf 2.700 Punkte oder auf 2.350 Punkte verändert. Der am Markt herrschende risikolose Periodenzinssatz beträgt 7 %. 1. Bestimmen Sie den Wert einer Indexkaufoption sowie einer Indexverkaufsoption mit Ausübungspreis 2.500 Punkten und einer Restlaufzeit von einer Periode. 2. Berechnen Sie das Call-Delta sowie das Put-Delta.
286
10 Standardmodelle der Bewertung von Aktienoptionen
3. Zeigen Sie allgemein, dass folgende Relation für ein Einperiodenbinomialmodell gilt: 'C ' P
1
Weitere Aufgaben zum Binomialmodell und zu Black/Scholes-Formel sind am Ende der Kapitel 11, 12 und 13 abgetragen. Lösungsskizzen sowie weitere Fragen und Aufgaben sind auf der begleitenden Website http://www.derivate.unibayreuth.de zu finden.
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
Aus Optionsbewertungsmodellen lassen sich Risikomaße herleiten, auf die in weiten Teilen das unternehmerische Management von Preisrisiken aufbaut. Risikomaße ermöglichen die Beurteilung von Optionspositionen hinsichtlich ihres Risikoprofils sowie den Aufbau und die Steuerung auch komplexerer Hedging-, Trading- und Arbitrage-Strategien. Zunächst wird im Anschluss an die Ausführungen des vorangegangenen Kapitels das Konzept der impliziten Volatilität vorgestellt und mit einem kurzen Beispiel unterlegt. Die implizite Volatilität ist zum einen eine Methode zur Schätzung der Schwankungsintensität der Kursrenditen im Basisobjekt. Zum anderen ist sie ein eigenständiges Risikomaß, das die am Markt erwartete Schwankungsintensität abbilden soll. Damit kann die implizite Volatilität Motivation und Ansatzpunkt bei der Umsetzung und Steuerung von Anlagestrategien sein. Der Schwerpunkt des vorliegenden Kapitels liegt auf der Darstellung der sogenannten Optionskennzahlen. Optionskennzahlen geben über die Ableitungen einer Optionsbewertungsformel die analytischen Optionspreissensitivitäten an. Das Anwendungsspektrum wird durch exemplarische Rechnungen aufgezeigt. Insbesondere wird das Beispiel zum Delta-Hedging aus dem Abschnitt zum Binomialmodell wieder aufgegriffen.
11.1 Implizite Volatilitäten Die Volatilitätskennzahl der Black/Scholes-Formel ist eine Schätzung der zukünftig erwarteten Schwankungen im Kurs des Basisobjekts. Die Verfahren zur Ermittlung der Volatilität lassen sich einer historischen und einer impliziten Berechnungsweise zuordnen. Die historische Volatilität wird aus vergangenen Zeitreihen als Standardabweichung der Kursrendite berechnet und drückt damit das Ausmaß historischer Kursschwankungen im Basiswert aus. Die aus den vergangenen 30 und 250 Tagesschlusskursen berechneten historischen Volatilitäten wichtiger Aktienindizes wie auch der in den Indizes enthaltenen Aktien werden börsentäglich veröffentlicht. Die implizite Volatilität wird aus einer Optionsbewertungsausdrucks anhand sich am Markt bildender Optionsprämien berechnet. Nach dem Modell von Black, Scholes und Merton hängt der Wert einer Aktienoption neben der Volatilität der Kursrenditen von den vier weiteren Größen S, K, T und i ab. Bestimmt man diese
288
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
Einflussgrößen und darüber hinaus die Marktprämie der Option, so bleibt die Volatilität V die einzige noch unbestimmte Größe. Das Umstellen der Black/ScholesFormel nach der Volatilität ergibt nun die sogenannte implizite Volatilitätsschätzung aus den Marktprämien der Option. Die implizite Volatilität soll letztlich die in der Optionsprämie kumulierten Erwartungen der Marktteilnehmer bezüglich der Schwankungsintensität des Basisobjektkurses ausdrücken. Die Black/Scholes-Formel kann nicht analytisch nach der Volatilität umgestellt werden kann. Die (implizit) gegebene Volatilität ist über numerische Näherungsverfahren wie beispielsweise die Newton/Raphson-Methode zu berechnen. Ausgehend von einem zu wählenden Startwert V0 werden der zugehörige Optionswert C(V0) und eine Volatilität V1 gemäß der Berechnungsvorschrift der folgenden Gl. 11.1 bestimmt. Mit der berechneten Volatilität V1 erhält man im nächsten Schritt mit der rekursiven Vorschrift nach Gl. 11.1 den weiteren Wert V2 etc. Insbesondere von der Güte des gewählten Startwertes hängt es ab, ob und wie schnell man auf diesem Weg eine hinreichend gute Approximation der impliziten Volatilität erhält: Vj
V j 1
C V j 1 CM wC wV j 1
für j 1,
(11.1)
Mit CM wird die sich am Markt einstellende Optionsprämie bezeichnet. Für den Wert der jeweils betrachteten europäischen Kauf- wie auch Verkaufsoptionen wird kurz C bzw. P statt CE bzw. PE notiert. Die Volatilität kann dann auch analytisch abgeleitet werden, wenn man eine approximative Darstellung der Verteilungsfunktion nutzt. Die dazu benötigte Darstellung der Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung als Taylor-Reihe lautet: N d
· 1 1 § d3 d5 ¨ d ¸ 2 6 40 2S © ¹
(11.2)
Man vernachlässigt nun alle Komponenten in Gl. 11.2 mit einer Ordnung größer als zwei
N d |
1 d 2 2S
und setzt diese Taylor-Approximation in die Black/Scholes-Formel ein: C
§ 1 d V T · d · §1 S ¨ 1 ¸ K r T ¨ 1 ¸ 2S ¹ 2S ¹ ©2 ©2
(11.3)
Setzt man in Gl. 11.3 schließlich den Wert von d1 nach Gl. 10.80 ein, so folgt nach einfachem Umsortieren eine in der Volatilitätsvariablen quadratische Gleichung:
11.1 Implizite Volatilitäten
0
§ S K r T · V2 T S K r T V T 8 S ¨ C ¸ 2 © ¹ S T 2 S K r ln K r T
289
(11.4)
Corrado u. Miller 1996 zeigen, dass man mit einer weiteren Approximation der Form ln
S K r T
2
S K r T S K r T
die Gl. 11.4 analytisch lösen kann und folgende Darstellung der impliziten Volatilität erhält:
V
§ S K r T ¨C 2 2S ¨ 2 S K r T T ¨¨ § C S K r T ·2 S K r T ¨ ¸ ¨ S 2 © ¹ ©
· ¸ ¸ ¸ ¸ ¸ ¹
(11.5)
In der speziellen Situation S = KrT vereinfacht sich darüber hinaus Gl. 11.4 und in Folge auch Gl. 11.5 deutlich. Auf der begleitenden Website wird dazu eine Übungsaufgabe gerechnet. An den Märkten werden üblicherweise mehrere Optionen auf das gleiche Basisobjekt gehandelt, die sich im Ausübungspreis oder der Laufzeit unterscheiden. Im Modell von Black, Scholes und Merton wird eine konstante Momentanvarianz der Kursrenditen vorausgesetzt. Bei Gültigkeit dieser Annahme müsste es demnach für die Berechnung der impliziten Volatilität irrelevant sein, welche Option bzw. welche Optionsprämie in Gl. 11.1 herangezogen wird. Empirische Ergebnisse bestätigen dies jedoch nicht. Typischerweise kann ein sogenannter Smile-Effekt beobachtet werden: Die impliziten Volatilitäten im Aktien- und Aktienindexsegment fallen mit zunehmender Wertigkeit der Kaufoptionen. Diese Unterschiede in der Volatilitätsschätzung aufgrund der Wertigkeit sind geringer bei Optionen mit längeren Laufzeiten (Abb. 11.1). Bei Währungsoptionen charakteristisch ist eine höhere Volatilität, je weiter eine Option im Geld oder aus dem Geld ist. Der entstehende „U“-förmige Verlauf der Volatilität in Abhängkeit vom Kurs des Basisobjekts hat zur Bezeichnung Smile-Effekt bzw. Volatility Smile geführt. Ist der Verlauf deutlich asymmetrisch, so wird in der Literatur stellenweise auch von der Volatility Skew gesprochen, bei einem falllenden Verlauf wie in Abb. 11.1 auch von einer Volatility Sneer. Üblicherweise erhält man also in Abhängigkeit von den Parametern der gewählten Optionen verschiedene implizite Volatilitätsschätzungen. Es stellt sich damit die Frage, wie aus den einzelnen Volatilitäten eine möglichst „repräsentative“ Volatilitätsgröße für die Kursrenditen des Basiswertes berechnet wird. Zumeist wird eine spezifische Gewichtung der einzelnen Volatilitäten vorgeschlagen. Eine naheliegend Möglichkeit scheint die Bildung des Durchschnitts über sämtli-
290
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
che Volatilitätswerte zu sein. Liegen n Volatilitätsschätzungen Vj, j = 1, ..., n vor, so ergibt sich: V
1 n ¦Vj n j1
(11.6)
Die Gewichtung in Gl. 11.6 vernachlässigt, dass Optionen unterschiedlich stark auf Volatilitätsänderungen reagieren. In einem alternativen Ansatz gewichtet man deshalb die Volatilitäten mit der partiellen Ableitung des Optionswertes nach der Volatilität. Diese Ableitung wird weiter unten auch als Optionskennzahl Lambda eingeführt. Damit erhöht sich der Einfluss derjenigen Optionen, die stärker auf Volatilitätsänderungen reagieren: wC
n
¦ wV j 1
V
n
Vj
j
(11.7)
wC
¦ wV j 1
j
Gl. 11.7 berücksichtigt ausschließlich die absolute Veränderung des Optionswertes bei veränderter Volatilität. Es ist aber zu vermuten, dass die Höhe des Wertes der Option keinen Einfluss auf die Volatilität hat. Deshalb wird in einem weiteren Ansatz eine Gewichtung anhand der Volatilitätselastizität vorgenommen: n
V
wC
¦ wV
Vj
Vj C V j n Vj wC ¦ wV C V j j 1 j
j 1
j
(11.8)
Zuweilen wird auch vorgeschlagen, die Volatilitäten mit dem jeweiligen Handelsvolumen des zugehörigen Optionskontraktes zu gewichten, so dass liquide Optionen die Volatilitätsberechnung bestimmen. Schließlich verbleibt noch die Nennung der quadratischen Fehlerminimierung. Man wählt hier diejenige implizite Volatilität, bei der die quadratische Abweichung des Optionswertes nach Black, Scholes und Merton von der Marktprämie minimal ist. Als Gewichtungsfaktoren werden die erwähnten Options-Lambdas herangezogen: n
Minimiere V j , j 1,, n
wC
¦ wV j 1
j
ª¬CM V j C V j º¼ n
wC
¦ wV j 1
2
(11.9)
j
Im Folgenden werden die Gl. 11.6 bis 11.9 angewandt, um repräsentative Volatilitäten für die an der Eurex gehandelten DAX-Optionen zu schätzen. Die Rechnungen sind auf Basis der Tagesschlusskurse des 6. Juli 2004 durchgeführt. An die-
11.1 Implizite Volatilitäten
291
sem Tag schließt der DAX bei 3.944,88 Punkten. Die Optionen haben folgende Fälligkeiten mit den zugehörigen, grob in Monate angegebenen Restlaufzeiten: x x x x x x
August 2004, d. h. Restlaufzeit ein Monat September 2004, d. h. Restlaufzeit zwei Monate Dezember 2004, d. h. Restlaufzeit fünf Monate März 2005, d. h. Restlaufzeit acht Monate Juni 2005, d. h. Restlaufzeit elf Monate Dezember 2005, d. h. Restlaufzeit siebzehn Monate
Die Schrittweite der Ausübungspreise der Optionen beträgt 50 Indexpunkte. Als Kalkulationszinssatz wird für die beiden kurzen Fälligkeiten der Einmonats- bzw. Zweimonats-Geldmarktzinssatz von 2,074 % p. a. bzw. 2,092 % p. a., für die anderen Fälligkeiten der Sechsmonats-Geldmarktzinssatz von 2,163 % p. a. gewählt. In der Abb. 11.1 sind die impliziten Volatilitäten der DAX-Optionen über die Ausübungspreise 3.700 bis 4.300 Punkte in den jeweiligen Laufzeiten angegeben. Zu erkennen ist der angesprochene Volatility Smile (bzw. Sneer) in Form abnehmender impliziter Volatilitäten bei steigender Optionswertigkeit. Berechnet sind die impliziten Volatilitäten anhand der obigen Approximationsformel 11.5. Die vorgestellten Gewichtungsverfahren werden exemplarisch anhand der September-Kaufoptionen umgesetzt. Die Tabelle 11.1 enthält die relevanten Werte zur Berechnung eines repräsentativen Volatilitätsschätzers. Über die einfache Durchschnittsbildung der Gl. 11.6 bestimmt sich mit den Daten aus der Tabelle 11.1 eine implizite Volatilität des DAX von 23,25 %. Die Gewichtung anhand der Sensitivität des Optionspreises bezüglich Änderungen der Volatilität („Lambda“) nach der Gl. 11.7 führt zu einer Volatilität von 23,15 %. Die Wahl der Volatilitätselastizitäten als Gewichtungsfaktoren gemäß Gl. 11.8 resultiert in einer impliziten Volatilität von 22,50 %. Die Minimierung der quadratischen Fehlerabweichung nach Gl. 11.9 ergibt schließlich eine implizite Volatilität von 22,38 %.
0,29
Implizite Volatilität
0,27
Aug 04
0,25
Sep 04
0,23
Dez 04
0,21
M rz 05
0,19
Jun 05
0,17
Dez 05
0,15 3650
3800
3950
4100
4250
Abb. 11.1. Implizite Volatilitäten der DAX-Kaufoptionen
Ausübungspreis
292
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
Tabelle 11.1. Kennzahlen zur Volatilitätsschätzung der September-DAX-Option Basispreis Optionsprämie Implizite Volatilität Lambda Elastizität
3.700 3.750 3.800 3.850 3.900 3.950 4.000 323.50 284,80 246,90 211,10 178,60 147,40 121,90
4.050 97,40
4.100 76,20
0,2608 0,2547 0,2464 0,2381 0,2315 0,2230 0,2193 0,2126 0,2064 507,26 545,41 578,88 607,52 629,15 640,96 640,84 627,16 598,95 0,4090 0,4878 0,5776 0,6851 0,8153 0,9697 1,1527 1,3692 1,6223
Die Frage nach der geeigneten Methode zur Volatilitätsschätzung ist auch in der Empirie nicht eindeutig beantwortet. Meist werden liquide Optionen mit hoher Volatilitätssensitivität stärker gewichtet, womit insbesondere am Geld liegende Optionen die Berechnung dominieren. Die Deutsche Börse hat 1994 den Volatilitätsindex VDAX als Barometer für implizite Volatilitäten eingeführt. Beim VDAX werden für die nächsten acht Fälligkeitstermine innerhalb der kommenden zwei Jahre je vier Eurex-DAX-Optionen ausgewählt und über die Black/Scholes-Formel mit Hilfe eines iterativen Verfahrens deren implizite Volatilität ermittelt. Im zweiten Schritt ist für jeden Fälligkeitstermin aus den vier impliziten Volatilitäten mittels linearer Interpolation ein Subindex zu berechnen, um dann den VDAX aus den beiden, die Restlaufzeit von 45 Tagen umschließenden Subindizes mittels Interpolation zu bestimmen. Der Index wird in Prozent per Annum angegeben und soll die erwartete Schwankungsniveaus des DAX innerhalb der nächsten 45 Tage ausdrücken. Auch weil der VDAX nicht replizierbar ist, ist es nicht gelungen, VDAX-Derivate am Markt zu etablieren. So wurden beispielsweise nur bis Ende des Jahres 1998 an der Eurex Futures auf implizite Dreimonats-Volatilitäten der DAX-Option gehandelt. Mit dem Ziel, dieses Problem zu beheben, hat die Deutsche Börse im Jahr 2005 den VDAX-NEW veröffentlicht Der VDAX-NEW ähnelt in der Berechnungsweise dem S&P500-Volatilitätsindex VIX. Der VDAX-NEW wird nun nicht aus der impliziten Volatilität am Geld liegender Optionen, sondern aus den nur aus dem Zeitwert bestehenden Optionsprämien von am Geld und aus dem Geld notierenden Optionen berechnet. Eine analoge Indexkonzeption ist auch beim auf den europäischen Aktienmarkt bezogenen VSTOXX umgesetzt. An der Eurex werden Futures auf den VSTOXX gehandelt.
11.2 Berechnung und Bedeutung von Optionssensitivitäten Optionskennzahlen werden in der Regel mit griechischen Buchstaben versehen und deshalb als Greeks bezeichnet. Sie drücken aus, wie sich der Wert einer Option ändert, wenn sich einer der wertbestimmenden Faktoren um ein Prozent ändert. Optionskennzahlen ermittelt man über die partiellen Ableitungen einer Optionspreisformel. Sie geben somit die Sensitivitäten des Optionswertes bezüglich der einzelnen Einflussfaktoren an. Insbesondere bei dynamischen Handelsstrategien
11.2 Berechnung und Bedeutung von Optionssensitivitäten
293
bilden sie wichtige Beurteilungskriterien. Die Gegenposition wird dann so aufgebaut und im Zeitablauf adjustiert, dass die Gesamtposition gegen marginale Veränderungen des jeweiligen in der Kennzahl erfassten Risikoparameters immun ist. 11.2.1 Delta-Faktor und dynamisches Hedging
Die für die praktische Anwendung wohl bedeutendste Optionskennzahl ist der Delta-Faktor oder auch kurz das (Options-) Delta. Das Delta ' bezeichnet die Veränderung des Optionspreises bei einer Veränderung des Basisobjektkurses um eine Einheit und gibt somit die Sensitivität des Optionswertes bezüglich dem Basisobjektkurs an. Das Delta einer Aktienoption lässt sich aus der ersten partiellen Ableitung einer Optionsbewertungsformel nach der Aktienkursvariablen bestimmen. Im Folgenden wird durchgehend von der Black/Scholes-Formel ausgegangen. Für das Delta 'C einer Aktienkaufoption und das Delta 'P einer Aktienverkaufsoption gilt dann: 'C
'P
wP wS
wC wS
N d1
(11.10)
N d1 1 N d1
(11.11)
Das Delta einer Kaufoption ist positiv, das Delta einer Verkaufsoption ist negativ. Bei Kaufoptionen nimmt der Delta-Faktor Werte zwischen null und eins, bei Verkaufsoptionen zwischen minus eins und null an (Abb. 11.2, Abb. 11.3).
Abb. 11.2. Delta einer Kaufoption in Abhängigkeit vom Kurs des Basisobjekts
294
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
Abb. 11.3. Delta einer Verkaufsoption in Abhängigkeit vom Kurs des Basisobjekts
Abb. 11.4. Delta einer Kaufoption in Abhängigkeit von Basisobjektkurs und Volatilität
Der Einfluss von Kassakursänderungen auf Optionswerte ist nichtlinear. Das Ausmaß der Veränderung der Optionswerte hängt von der Wertigkeit der Option ab. Eine weit aus dem Geld liegende Option wird von einer Kursänderung im Basiswert nur gering beeinflusst. Wertzuwächse bei Calls bzw. Wertminderungen bei Puts werden größer, wenn der Kassakurs sich um eine Einheit erhöht. Die Steigungen flachen mit zunehmender Volatilität ab (Abb. 11.4, Abb. 11.5).
11.2 Berechnung und Bedeutung von Optionssensitivitäten
295
Abb. 11.5. Delta einer Verkaufsoption in Abhängigkeit von Basisobjektkurs und Volatilität
Abb. 11.6. Delta einer Kaufoption in Abhängigkeit von der Optionslaufzeit
296
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
Das Delta im Geld bzw. aus dem Geld liegender Kaufoptionen strebt mit abnehmender Restlaufzeit gegen eins bzw. null, das Delta im Geld bzw. aus dem Geld liegender Verkaufsoptionen gegen minus eins bzw. null (Abb. 11.6, Abb. 11.7). Volatilitätsänderungen bei einem hohen Volatilitätsniveau beeinflussen die DeltaWerte von Kauf- bzw. Verkaufsoptionen verschiedener Wertigkeit im ähnlichen Ausmaß (Abb. 11.8, Abb. 11.9).
Abb. 11.7. Delta einer Verkaufsoption in Abhängigkeit von der Optionslaufzeit
Abb. 11.8. Delta einer Kaufoption in Abhängigkeit von der Volatilität
11.2 Berechnung und Bedeutung von Optionssensitivitäten
297
Abb. 11.9. Delta einer Verkaufsoption in Abhängigkeit von der Volatilität
Bei den in vorangegangenen Kapiteln dargestellten Hedge-Strategien erfolgt die Absicherung einer Kassaposition durch den Aufbau einer geeigneten Optionsposition, die über einen bestimmten längeren Zeitraum bestehen bleibt. Man spricht deshalb auch von statischen bzw. fixen Handelsstrategien. Beim dynamischen Hedging wird dagegen die Portfolio-Position an die Marktpreisentwicklung der Teilpositionen laufend angepasst. Es wird also berücksichtigt, dass sich der Kurs des Basisobjekts und damit auch der des derivativen Instruments bei jeder Kursfeststellung ändern kann. Soll eine perfekte Hedge-Situation im Sinne einer vollständigen Absicherung gegen Kursänderungsrisiken gewährleistet sein, so ist das Ausmaß der Long- oder Short-Positionen im Basisobjekt und der Option fortwährend anzupassen. Aufbau und Steuerung der Portfolio-Positionen können anhand der DeltaFaktoren erfolgen. Man spricht deshalb auch kurz von einem dynamischen DeltaHedge. Mündet dieser in eine Position, deren Wert von Änderungen im Kurs des Basisobjekts unabhängig ist, dann ist mit anderen Worten der Delta-Wert des gesamten Portfolio gleich null und die Position wird als Delta-neutral bezeichnet. Zunächst wird ein ausschließlich aus Termingeschäften bestehendes Portfolio betrachtet. Das Portfolio besteht aus x1 Kaufoptionen C1 und x2 Kaufoptionen C2 auf das gleiche Basisobjekt, die sich nur hinsichtlich der Fälligkeit oder des Ausübungspreises unterscheiden. Der Wert der Gesamtposition in den beiden Optionen ist offenbar genau dann gegen Änderungen des Basisobjektkurses immunisiert, wenn die erste Ableitung des Portfolio-Wertes nach dem Kurs S gleich null ist: x1
wC1 wC x2 2 wS wS
0
298
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
Ausrichtung und Anzahl der Positionen in den beiden Optionen x1 bzw. x2 müssen deshalb so gewählt werden, dass gilt: x1 x2
' C2 ' C1
Für jede Long- (Short-) Position in einer Option vom Typ C1 sind demnach dem Verhältnis der beiden Delta-Werte entsprechend viele Optionen vom Typ C2 zu verkaufen (zu kaufen): ' C1 ' C2 Besteht ein Portfolio dagegen beispielsweise aus Positionen in Aktien und darauf bezogenen Kaufoptionen, so folgt analog sofort, dass pro Optionskäuferposition 'C Aktien zu verkaufen bzw. pro gekaufter Aktie 1/'C Optionen zu verkaufen sind. Diese Aussage stimmt mit den Ergebnissen aus Abschnitt 10.2 überein. Das im zehnten Kapitel zur Illustration des Binomialmodells eingeführte Beispiel wird nun wieder aufgegriffen, um die Umsetzung des Delta-Hedging anhand des Falls eines binomialen Kursprozesses zu zeigen. Aus der dort angenommenen zweiperiodigen Aktienkursbewegung konnte man die Optionswerte zur Fälligkeit Cuu = 390, Cud = 70, Cdd = 0 und daraus die Werte Cu = 176,79 und Cd = 25 sowie C = 76,53 bestimmen. Für die erste Periode, d. h. für den Zeitraum von t = 0 bis t = 1, ist genau ein Delta-Wert zu bestimmen. Demnach sind für jede gekaufte CallOption 0,7589 Aktien zu verkaufen, um ein in der ersten Periode gegen Aktienkursänderungen immunisiertes Portfolio zu erhalten: Cu Cd u d S
'C
0, 7589
Die Tabelle 11.2 zeigt das Hedge-Portfolio bestehend aus dem Kauf einer Kaufoption und dem Verkauf von 'C Aktien. Es ist in der ersten Periode immunisiert gegen Änderungen des Aktienkurses. Der zum Kalkulationszinssatz anzulegende Betrag resultiert aus dem Verkaufserlös der Aktienposition abzüglich der bezahlten Optionsprämie. Er kann auch analog wie im zehnten Kapitel bei der Ableitung des Duplikations-Portfolio nach der Gl. 10.54 – bis auf Rundungsabweichungen – bestätigt werden: B
u Cd d Cu u d r
Lediglich aufgrund der Rundung aller Werte auf zwei bzw. vier Nachkommastellen addieren sich die Zahlungsströme in Tabelle 11.2 nicht auf null.
11.2 Berechnung und Bedeutung von Optionssensitivitäten
299
Tabelle 11.2. Beispiel zum Delta-Hedging beim Binomialmodell Strategie Kauf Call Verkauf 'C Aktien Geldanlage Summe
Zahlungsstrom in t = 0 76,53 + 0,7589250 = + 189,73 113,20 =0
Zahlungsstrom in t = 1 dS = 200 uS = 400 + 25,00 + 176,79 0,7589200 = 0,7589400 = 151,78 303,56 + 126,78 + 126,78 =0 =0
Tabelle 11.3. Beispiel zum Delta-Hedging im Binomialmodell für uS in t = 1 Strategie Kauf Call Verkauf eine Aktie Geldanlage Summe
Zahlungsstrom in t = 1 176,79 + 400,00 223,21 =0
Zahlungsstrom in t = 2 duS = 320 uuS = 640 + 70 + 390 320 640 + 250 + 250 =0 =0
Tabelle 11.4. Beispiel zum Delta-Hedging im Binomialmodell für dS in t = 1 Strategie Kauf Call Verkauf 0,4375 Aktien Geldanlage Summe
Zahlungsstrom in t = 1 25,00 + 0,4375200 = + 87,508 62,50 =0
Zahlungsstrom in t = 2 ddS = 160 duS = 320 +0 + 70 0,4375160 = 0,4375320 = 70 140 + 70 + 70 =0 =0
Für die zweite Periode ist von zwei verschiedenen Umweltzuständen auszugehen: In t = 1 hat sich entweder ein Aktienkurs von 400 oder ein Kurs von 200 eingestellt. Im Falle des höheren Kurses berechnet sich der Delta-Wert zu eins, im Falle des niedrigeren Kurses ergibt sich ein Delta von 0,4375. In Tabelle 11.3 und Tabelle 11.4 sind die beiden zugehörigen Hedge-Strategien abgetragen. Die in eine Delta-neutrale Position resultierende dynamische Hedge-Strategie lautet somit für den vorliegenden Aktienkursverlauf: x t = 0: Kauf einer Kaufoption, (Leer-) Verkauf von 0,7589 Aktien und Geldanlage zu 12 % in Höhe von 113,20 x t = 1 und Kursanstieg auf 400: (Leer-) Verkauf weiterer 0,2411 Aktien und Anlage der erhaltenen Mittel zum Kalkulationszinssatz x t = 1 und Kursrückgang auf 200: (Rück-) Kauf von 0,3214 Aktien und entsprechende Verringerung des angelegten Betrags Werden die Termin- und Kassapositionen nach dieser Vorschrift ausgerichtet, so entsteht auf dem vollkommenen und vollständigen Kapitalmarkt eine selbstfinan-
300
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
zierende Portfolio-Strategie, die gegen Änderungen im Kurs des Basisobjektes immunisiert ist. Optionskennzahlen eines Portfolio bestimmen sich unmittelbar aus der Summe der Optionskennzahlen der einzelnen Portfolio-Positionen. Sind in einem Portfolio n verschiedene Optionstypen bezogen auf das gleiche Basisobjekt – die sich also pro Typ nur in Restlaufzeit oder Ausübungspreis unterscheiden – enthalten, so folgt mit xj als der Anzahl der Optionen vom Typ j und mit 'j als dem Delta-Wert einer Option vom Typ j für das Portfolio-Delta: '
n
¦x
j
' j
(11.12)
j 1
Kaufpositionen in einer Option sind dabei als positive Anzahl xj und Verkaufspositionen als negative Anzahl xj zu interpretieren. Die Bestimmung von PortfolioDeltas über verschiedene Basisobjekte erfordert darüber hinaus die Berücksichtigung von Korrelationen zwischen den Kursrenditen. Gl. 11.12 gilt schließlich nicht nur für Options-Portfolios, sondern ist auf weitere Termin- und Kassapositionen erweiterbar. Der Delta-Faktor des Basisobjekts ist gleich eins. Als Beispiel wird eine Position in verschiedenen Optionstypen auf eine Aktie betrachtet. Das Portfolio besteht aus Kaufpositionen in 100.000 Calls mit einem Delta von jeweils 0,5330, 200.000 Verkaufspositionen in Calls mit einem Delta von 0,4680 und 50.000 Verkaufspositionen in Calls mit einem Delta von 0,5080. Das Delta des Options-Portfolio berechnet sich nach Gl. 11.12 zu –65.700, d. h. steigt der Aktienkurs um einen Euro, so sinkt der Wert des Options-Portfolio um 65.700 Euro. Durch den Kauf von 65.700 Aktien wird demnach – bis zur nächsten Aktienkursänderung – eine Delta-neutrale Portfolio-Position erreicht: 0 0,5330 100.000 0, 4680 200.000 0,5080 50.000 1 65.700
Portfolio Insurance-Strategien sind eine weitere Anwendungskategorie, bei der es zum Einsatz des Delta-Faktors kommt. Der Begriff Portfolio Insurance wird zuweilen als Oberbegriff für Anlagestrategien genutzt, die ein Portfolio gegen Kursänderungsrisiken so absichern, dass der zum Ende des Anlagehorizonts erreichte Wert des Portfolio einen im Ausgangszeitpunkt festgelegten Mindestwert nicht unterschreitet. Offenbar ist die bereits im zweiten Kapitel behandelte Protective Put-Strategie in ihrer Grundform als statische Strategie also eine Spielart der Portfolio Insurance. Anhand der erarbeiteten optionspreistheoretischen Erkenntnisse der vorangegangen Abschnitte lässt sich zum einen die Protective Put-Strategie synthetisch replizieren und auch dynamisiert mit Hilfe des Delta-Wertes steuern. Die dynamische Replikation einer Put-Position im Rahmen der Portfolio Insurance geht allerdings bei einer hohen Handelsfrequenz mit relativ hohen Transaktionskosten einher. Das für eine solche Form der Portfolio Insurance angewandte Optionsbewertungsmodell muss deshalb um diese Marktunvollkommenheiten erweitert werden, um weiterhin eine approximativ korrekte Duplikationsstrategie zu gewährleisten.
11.2 Berechnung und Bedeutung von Optionssensitivitäten
301
11.2.2 Gamma-Faktor
Eine Delta-neutrale Position bedingt Umschichtungen im Portfolio, sobald sich der Kurs des Basisobjekts ändert. Die praktische Umsetzung des Delta-Hedging steht dabei vor der grundsätzlichen Schwierigkeit, dass Kursänderungen zu jedem Zeitpunkt der Aktualisierung von Kursnotierungen auftreten können. Die dynamische Hedge-Position bedarf somit fortwährender Zu- und Verkäufe. Approximativ wird ein Delta-Hedging beispielsweise über regelmäßige stündliche, tägliche oder auch wöchentliche Anpassungen der Portfolio-Struktur realisiert. Je öfter die Umstrukturierungen vorgenommen werden, desto genauer wird die angestrebte perfekte Hedge-Situation abgebildet. Häufige Anpassungen erhöhen aber nicht nur die Anforderungen an die Organisation des Risikomanagements. Es fallen vielmehr mit jeder weiteren Umschichtung auch Transaktionskosten an. Es erscheint deshalb von Vorteil, weitere Kennzahlen zur Steuerung der Risikoposition einzusetzen, die insbesondere die Reagibilität des Delta-Wertes auf Änderungen des Basisobjektkurses beschreiben. Das Options-Gamma * ist eine solche Kennzahl. Es beschreibt die absolute Veränderung des Delta-Wertes bei einer infinitesimal kleinen Veränderung des Basisobjektkurses und wird als zweite partielle Ableitung der Black/ScholesFormel nach der Größe S berechnet: *
w' C wS
w 2C wS 2
1 N ' d1 S V T
*
w' P wS
w2 P wS 2
1 N ' d1 S V T
(11.13)
Das Gamma-Hedging wird als Strategie definiert, bei der analog zur Vorgehensweise des Delta-Hedging eine Gamma-neutrale Position aufgebaut wird. Gelingt es, die Positionen so auszurichten, dass der Gamma- wie auch der Delta-Wert des Portfolio gleich null sind, dann liegt eine Delta-Gamma-neutrale Strategie vor. Zum einen ist dann die Delta-Neutralität weiterhin gegeben. Zum anderen wird durch die Gamma-Neutralität die Sensitivität des Delta gering gehalten, so dass Umschichtungen weniger häufig notwendig sind. Der Gamma-Faktor kann deshalb als Maß für die Stabilität der (Delta-) Absicherungsposition bezeichnet werden. Analog zum Delta der Gl. 11.12 wird das Portfolio-Gamma definiert. Die Vorgehensweise bei der Konzeption Delta-Gamma-neutraler Positionen soll an einem Beispiel illustriert werden. Ein Portfolio in Aktienoptionen mit 35.000 LongPositionen in Calls mit einem Delta von 0,7000, 20.000 Long-Positionen in Calls mit einem Delta von 0,8500 und 15.000 Short-Positionen in Calls mit einem Delta von 0,2500 besitzt ein Portfolio-Delta von 37.750. Fällt der Aktienkurs um einen Euro, so verliert das Portfolio 37.750 € an Wert. Verkauft man 37.750 Aktien, so erhält man ein Delta-neutrales Portfolio: 37.750 0,7000 35.000 0, 2500 15.000 0,8500 20.000
302
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
Besitzt dieses Delta-neutrale Portfolio nun beispielsweise einen Gamma-Wert von 540, so fällt das Delta bei einem Anstieg des Aktienkurses um einen Euro auf das Niveau –540. Ist am Terminmarkt eine Option auf diese Aktie mit einem Options-Gamma von 0,0900 und einem Delta von 0,4000 vorhanden, so wird das gesamte Portfolio durch den Kauf von 6.000 solcher Optionen Gamma-neutral. Das konstruierte Gamma-neutrale Portfolio ist nun aber nicht mehr Delta-neutral, sondern hat durch den Kauf der weiteren Optionen einen Delta-Wert von:
2.400 0, 4000 6.000 Wird die Verkaufsposition in Aktien um weitere 6.000 verkaufte Aktien aufgestockt, so ist das Portfolio wiederum Delta-neutral und bleibt Gamma-neutral, da das Gamma der Basisaktie gleich null ist. Das Portfolio ist somit Delta-Gammaneutral, d. h. das Delta bleibt auch bei einer geringen Änderung des Aktienkurses nahe bei null. Das Options-Gamma ist für Calls und Puts identisch und immer positiv. Der Optionswert ist deshalb konvex im Basisobjektkurs. Für sehr niedrige und sehr hohe Kurse des Basisobjekts tendiert es aufgrund der abnehmenden Steigung des Verlaufs der Delta-Kurven gegen null. Es nimmt seine größten Werte im Bereich am Geld liegender Optionen an (Abb. 11.10). Maximal wird es bei: S
§ 3 · K r T exp ¨ V2 T ¸ © 2 ¹
Abb. 11.10. Options-Gamma in Abhängigkeit vom Kurs des Basisbjekts
11.2 Berechnung und Bedeutung von Optionssensitivitäten
303
Das Gamma einer am Geld liegenden Option steigt gegen Ende der Laufzeit an. Das Gamma von im und aus dem Geld liegenden Optionen strebt dagegen mit abnehmender Restlaufzeit gegen null (Abb. 11.11). Mit abnehmender Volatilität fällt das Options-Gamma gegen null. Der zunächst zu identifizierende Anstieg des Gamma-Faktors ist bei am Geld liegenden Optionen deutlich ausgeprägt (Abb. 11.12).
Abb. 11.11. Options-Gamma in Abhängigkeit von der Optionslaufzeit
Abb. 11.12. Options-Gamma in Abhängigkeit von der Volatilität
304
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
Mit zunehmender Volatilität geht der Einfluss von Änderungen des Basisobjektkurses bzw. der abnehmenden Restlaufzeit auf das Gamma zurück (Abb. 11.13, Abb. 11.14).
Abb. 11.13. Options-Gamma in Abhängigkeit von Aktienkurs und Volatilität
Abb. 11.14. Options-Gamma in Abhängigkeit von Laufzeit und Volatilität
11.2 Berechnung und Bedeutung von Optionssensitivitäten
305
11.2.3 Theta als Maß für die Restlaufzeitsensitivität
Das Theta 4 einer Option gibt die Veränderung des Optionspreises bei einer abnehmenden Restlaufzeit, d. h. bei Fortschreiten der Zeit um eine Einheit, an. Es bestimmt sich aus der negativen ersten partiellen Ableitung der Black/ScholesFormel nach der Zeitvariablen: 4C
wC wT 4P
S V N ' d1 K r T ln r N d 2 2 T
wP wT
wC ln r K r T wT
(11.14)
(11.15)
Kürzere Restlaufzeiten erhöhen zum einen den Barwert des Ausübungspreises und verringern damit den Wert der Kaufoption nach der Black/Scholes-Formel. Zum anderen reduzieren sie das Potenzial an Kurszuständen, bei denen die Option im Geld endet. Der Preis einer Kaufoption ist somit eine steigende Funktion der Restlaufzeit, d. h. das Call-Theta ist negativ (Abb. 11.15). Im Falle von Verkaufsoptionen sind diese beiden Effekte genau gegenläufig, so dass das Vorzeichen des Theta-Faktors positiv oder negativ sein kann (Abb. 11.16 sowie Abb. 11.18, Abb. 11.19). Mit steigendem Kurs des Basisobjekts fällt das Theta zunächst und steigt anschließend leicht an (Abb. 11.15, Abb. 11.16). Mit längerer Laufzeit flacht der Funktionsverlauf ab (Abb. 11.21).
Abb. 11.15. Theta einer Kaufoption in Abhängigkeit vom Kurs des Basisobjekts
306
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
Abb. 11.16. Theta einer Verkaufsoption in Abhängigkeit vom Kurs des Basisobjekts
Abb. 11.17. Theta einer Kaufoption in Abhängigkeit von der Optionslaufzeit
Veränderungen der Restlaufzeit wirken sich besonders stark auf am Geld liegende Optionen aus. Liegt die Option aus dem Geld, so nimmt das Theta mit kürzerer Laufzeit zunächst leicht ab, erreicht ein Minimum und strebt schließlich zum Verfalltermin gegen Null. Bei Optionen, die am Geld liegen, ist der Verlauf des Theta in Abhängigkeit von der Laufzeit monoton steigend (Abb. 11.17, Abb. 11.18).
11.2 Berechnung und Bedeutung von Optionssensitivitäten
307
Abb. 11.18. Theta einer Verkaufsoption in Abhängigkeit von der Optionslaufzeit
Abb. 11.19. Theta einer Verkaufsoption in Abhängigkeit von der Volatilität
Ist die Verkaufsoption aus dem Geld und darüber hinaus die Volatilität gering, so ist das Put-Theta deutlich positiv (Abb. 11.19). Das Call-Theta liegt bei geringeren Volatilitäten näher an null (Abb. 11.20, Abb. 11.22).
308
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
Abb. 11.20. Theta einer Kaufoption in Abhängigkeit von Basisobjektkurs und Volatilität
Abb. 11.21. Theta einer Kaufoption in Abhängigkeit von Basisobjektkurs und Laufzeit
11.2 Berechnung und Bedeutung von Optionssensitivitäten
309
Abb. 11.22. Theta einer Kaufoption in Abhängigkeit von Laufzeit und Volatilität
11.2.4 Lambda-, Rho-, Alpha- und Omega-Faktor
Die Abhängigkeit des Optionswertes von der Volatilität der Renditen des Basisobjekts soll als Options-Lambda / bezeichnet werden. Üblich ist in der Literatur auch die Bezeichnung als Options-Vega, stellenweise findet man auch die Nennungen Epsilon, Eta, Kappa bzw. Sigma einer Option. Im Modell von Black, Scholes und Merton wird eine konstante Momentanvarianz unterstellt, so dass die Analyse des Lambda-Faktors in dieser Modelltheorie nur eingeschränkt begründbar ist. Trotzdem wird das Options-Lambda in der Praxis des Risikomanagements eingesetzt. Für die Anwendung ist es insbesondere deshalb von Relevanz, da bedingte Termingeschäfte häufig zur Spekulation auf Kursschwankungen eingesetzt werden. Im obigen Abschnitt zur Bestimmung der impliziten Volatilität ist es in einem Schätzverfahren ebenfalls angewandt worden. Das Options-Lambda bestimmt sich aus der ersten partiellen Ableitung der Black/Scholes-Formel nach der Volatilität V und ist für Calls und Puts identisch: /
wC wV
S T N ' d1
/
wP wV
S T N ' d1
(11.16)
310
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
Abb. 11.23. Lambda einer Option in Abhängigkeit vom Kurs des Basisobjekts
Abb. 11.24. Lambda einer Option in Abhängigkeit von der Optionslaufzeit
Das Options-Lambda ist positiv. Der Optionswert einer am Geld liegenden Option reagiert sehr stark auf Volatilitätsänderungen, das Lambda von am Geld liegenden Optionen ist also deutlich größer als das Lambda von im bzw. aus dem Geld liegenden Optionen (Abb. 11.23). Das Lambda ist bei Optionen mit längerer Laufzeit größer, d. h. bei abnehmender Restlaufzeit fällt das Options-Lambda (Abb. 11.24, Abb. 11.26). Der Lambda-Faktor wiederum reagiert auf Volatilitätsänderungen insbesondere bei einem geringen Volatilitätsniveau (Abb. 11.25).
11.2 Berechnung und Bedeutung von Optionssensitivitäten
311
Abb. 11.25. Lambda einer Option in Abhängigkeit von der Volatilität
Abb. 11.26. Lambda einer Option in Abhängigkeit von Basisobjektkurs und Laufzeit
Die Sensitivität des Options-Wertes bezüglich des Kalkulationszinssatzes drückt das Options-Rho 5 aus. Mit wachsendem Kurs des Basisobjekts strebt der Verteilungsfunktionswert N(d2) gegen eins, d. h. mit höherem Kurs S steigt das Kaufoptions-Rho und fällt das Verkaufsoptions-Rho:
312
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
wC wr
5C
wP wr
5P
T K r T 1 N d 2
(11.17)
T K r T 1 N d 2
(11.18)
Das Options-Alpha $ schließlich ist die partielle Ableitung des Optionswertes nach dem Ausübungspreises: wC wK
$C
wP wK
$P
r T N d 2
(11.19)
r T ª¬1 N d 2 º¼
(11.20)
Die Optionskennzahlen sind abschließend in der Tabelle 11.5 zusammengefasst. Tabelle 11.5. Vorzeichen der Optionskennzahlen Wertbestimmende Größe Kurs des Basisobjekts
Delta-Faktor
Optionskennzahl Delta
Gamma
Kaufoption
Verkaufsoption
'C ist positiv
'P ist negativ
wC
wP
N d1 wS * ist positiv 2 wC
wS
Optionslaufzeit
Theta
1
2
S V T 4C ist negativ
wC wT
S V 2 T
N d1 1 wS * ist positiv
N ' d1
N ' d1
2 w P
wS
S V T 4P wechselnd
wP wT
Kalkulationszinssatz
Lambda (Vega)
Rho
Alpha
wC wT
/ ist positiv
/ ist positiv
wC
wP
S T N ' d1
wV 5C ist positiv
S T N ' d1 wV 5P ist negativ
wC
T K r T 1 N d 2
wP
wr
Ausübungspreis
N ' d1
ln r K r T
K r T ln r N d 2 Volatilität der Kursrendite
1
2
$C ist negativ wC wK
r T N d 2
wr
T K r T 1 N d 2
$P ist positiv wP wK
r T >1 N d 2 @
11.2 Berechnung und Bedeutung von Optionssensitivitäten
313
Optionskennzahlen können in einem speziellen, für praktische Zwecke durchaus relevanten Fall approximativ in einer sehr einfachen Form dargestellt werden. Hierzu erfolgt zum einen eine Beschränkung auf tendenziell am Geld liegende Optionen, indem angenommen wird, dass der Kurs des Basisobjekts dem über die Restlaufzeit diskontierten Ausübungspreis entspricht: S
K r T
(11.21)
Die Black/Scholes-Formel für Kaufoptionen stellt sich unter Berücksichtigung von Gl. 11.21 dann dar als: C
K r T ª¬ N d1 N d 2 º¼
(11.22)
mit ln d1
K r T § 1 · ¨ ln r V2 ¸ T K 2 © ¹ V T
d2
1 V T 2
1 V T 2
(11.23)
(11.24)
Zum anderen greift man analog zum obigen Abschnitt zur impliziten Volatilität auf die Taylor-Approximation der Normalverteilungsfunktion bis zum Glied zweiter Ordnung zurück: N d |
1 d 2 2S
Setzt man diese Approximation in die spezifische Black/Scholes-Formel der Gl. 11.22 unter Beachtung von Gl. 11.23 und 11.24 ein, so ergibt sich für den Wert der Kaufoption: C
K r T
V T 2S
(11.25)
Der Wert der Kaufoption kann aufgrund der Annahme in Gl. 11.21 und bei Rundung des Nenners in Gl. 11.25 auf zwei Nachkommastellen auch kurz geschrieben werden als: C
0, 40 S V T
(11.26)
Aus der besonderen Gestalt der Put-Call-Parität in dieser speziellen Betrachtung folgt sofort das analoge Ergebnis für den Wert einer Verkaufsoption. Im Rahmen dieser approximativen Vorgehensweise erhält man für das Delta einer Kauf- bzw. einer Verkaufsoption: 'C
1 0, 20 V T 2
(11.27)
314
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
1 0, 20 V T 2
'P
(11.28)
Gamma bzw. Lambda einer Option bestimmen sich in diesem Kontext wie folgt: / *
0, 40 S T 0, 40
1 S V T
(11.29) (11.30)
11.3 Omega-Faktor, einfacher Hebel und Aufgeld Die Elastizität des Optionswertes ist definiert als Verhältnis der relativen Änderung im Optionswert zu der sie auslösenden relativen Änderung des Kurses des Basisobjekts. Sie wird als Options-Omega und auch als theoretischer Hebel bezeichnet. Der Omega-Faktor : gibt an, um wieviel Prozent sich der Optionswert ändert, wenn der Basisobjektkurs um ein Prozent steigt. Für Kaufoptionen bzw. Verkaufsoptionen berechnet sich das Omega demnach zu: :C
:P
S C ' C S P ' P
S N d1 C
(11.31)
S ª N d1 1¼º P ¬
(11.32)
Das Options-Omega ist größer oder gleich eins, die Beziehung ist also elastisch. Das Omega drückt das höhere relative Wertänderungsrisiko in der Option im Vergleich zum Basisobjekt aus. Die Elastizität für weit im Geld liegende Kaufoptionen bzw. Verkaufsoptionen nimmt sehr große bzw. sehr kleine Werte an, da hier absolute Kursänderungen im Basisobjekt tendenziell voll im Optionswert antizipiert werden. Weit aus dem Geld liegende Optionen reagieren dagegen nur marginal auf Kursänderungen im Basiswert, so dass die Elastizität gegen null geht (Abb. 11.27, Abb. 11.28).
11.3 Omega-Faktor, einfacher Hebel und Aufgeld
315
Abb. 11.27. Omega einer Kaufoption in Abhängigkeit vom Kurs des Basisobjekts
Abb. 11.28. Omega einer Verkaufsoption in Abhängigkeit vom Kurs des Basisobjekts
Insbesondere bei Optionsscheinen werden mit Aufgeld und einfachem Hebel zwei Kennzahlen zur Entscheidungsunterstützung in der Anlagepraxis herangezogen, die keine Fundierung in einem theoretischen Bewertungskonzept haben. Es wird dabei grundsätzlich auf Marktprämien zurückgegriffen. Das Aufgeld einer Kaufoption ist wie folgt definiert:
316
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
Aufgeld C
CM S K S
100 Prozent
(11.33)
Das Aufgeld bzw. Agio einer Kaufoption bezeichnet die in Prozent ausgedrückte Betragsabweichung des Erwerbs des Basisobjekts über das Termininstrument, d. h. über Erwerb und Ausübung der Kaufoption, gegenüber dem Kauf des Basisobjekts am Kassamarkt. Das Aufgeld einer Verkaufsoption ist analog als PutPrämie abzüglich der Differenz aus Basispreis und Basisobjektkurs bezogen auf den Kurs des Basisobjekts definiert. Offensichtlich ist das Aufgeld einer im Geld liegenden Option gleich dem auf den aktuellen Kurs des Basisobjekts bezogenen Zeitwert. Der einfache Hebel einer Option wird auch als Leverage-Faktor bezeichnet. Er bestimmt sich als Quotient aus dem Kurs des Basisobjekts und der Optionsprämie, d. h. für Kaufoptionen gilt: HebelC
S CM
(11.34)
Der einfache Hebel entspricht in der spezifischen Situation eines Delta-Wertes von eins dem Omega-Faktor, d. h. dem theoretischen Hebel. Nur dann drückt er aus, um wieviel mal stärker die prozentuale Veränderung der Optionsprämie im Vergleich zur prozentualen Wertentwicklung des Basisinstruments ist. Nachfolgend werden für einen Aktienoptionsschein beispielhaft Aufgeld und Hebel berechnet (Tabelle 11.6). Der Optionsschein ist mit einem Ausübungspreis von 33,23 € ausgestattet und besitzt demnach bei einem Aktienkurs von 37,50 € einen inneren Wert von 4,27 €. Der Zeitwert der Option beträgt 3,34 €. Das Aufgeld gibt an, dass der Aktienkauf über das Termingeschäft um 8,91 % teurer ist als der Kauf am Kassamarkt: 8,91%
7,61 € 37,50 € 33, 23 € 37,50 €
100 %
Die Aktie notiert bei 37,50 €. Kauf und Ausübung der Option verursachen eine Zahlung von 40,84 €. Die Differenz von 3,34 € entspricht den berechneten 8,91 % bezogen auf den Aktienkurs von 37,50 €. Der einfache Hebel bestimmt sich nach Gl. 11.34 als Quotient aus Aktienkurs und Optionsscheinprämie zu 4,93: HebelC
37,50 7,61
4,93
Die übliche Interpretation setzt voraus, dass der Delta-Faktor gleich eins ist. Steigt dann der Aktienkurs beispielsweise um 2 €, d. h. um 5,33 %, so wird dies in der Optionsprämie voll antizipiert, d. h. die Optionsprämie steigt ebenfalls um 2 € auf 9,61 €. Die Prämie hat sich damit um 26,28 %, d. h. um das 4,93fache der prozentualen Änderung des Aktienkurses verändert.
Schlüsselbegriffe
317
Tabelle 11.6. Daten zum Beispiel des Aktienkaufoptionsscheins
Optionsprämie Aktienkurs Ausübungspreis Innerer Wert Zeitwert Aufgeld Hebel
7,61 € 37,50 € 33,23 € 4,27 € 3,34 € 8,91 % 4,93
Literaturhinweise zu Kapitel 11 Im Lehrbuch von Cox u. Rubinstein 1985 werden die Parameter und Kennzahlen der Optionsbewertung nach Black, Scholes und Merton ausführlich analytisch dargestellt und grafisch illustriert. Optionskennzahlen im Binomialmodell behandeln Pelsser u. Vorst 1994. Frühe Arbeiten zur impliziten Volatilität sind Latane u. Rendleman 1976 sowie Manaster u. Koehler 1982. Ein Literaturüberblick findet sich bei Mayhew 1995. Den Verfahren zur Schätzung der Volatilität widmet sich ausführlich der Herausgeberband von Jarrow 1998. Empirische Erkenntnisse zur impliziten Volatilität liefern Dumas et al. 1998. Der im Abschnitt 11.1 skizzierte Ansatz zur approximativen analytischen Bestimmung geht auf Brenner u. Subrahmanyam 1988 sowie Corrado u. Miller 1996 zurück, die analoge Approximation bei den Optionskennzahlen (Abschnitt 11.2.4) auf Brenner u. Subrahmanyam 1994. Schöne 2009 bringt die Berechnungskonzepte von VDAX und VDAX-New in Verbindung mit darauf bezogenen Derivaten.
Schlüsselbegriffe Alpha Aufgeld Delta Delta-Gamma-neutral Delta-neutral Dynamischer Delta-Hedge Elastizität einer Option Gamma Gamma-neutral Greeks Hebel
Implizite Volatilität Lambda Omega Optionskennzahlen Portfolio Insurance Rho Smile-Effekt Theta Vega Volatilitätsindex Volatility Smile
318
11 Parameter und Kennzahlen des Optionsbewertungsmodells
Fragen und Aufgaben Fragen
1. Wie lässt sich prinzipiell die Volatilität von Aktienkursen berechnen? Welches Verfahren würden Sie bevorzugen? 2. Erläutern Sie den bei der Bestimmung impliziter Volatilitäten auftretenden Smile-Effekt. 3. Zwischen welchen Grenzen liegt das Delta einer Verkaufsoption? 4. Warum ist das Options-Gamma nie negativ? 5. Nehmen Sie Stellung zu den potenziellen Vor- und Nachteilen eines dynamischen Hedging mit Hilfe von Delta- und Gamma-Faktoren. 6. Was ist eine Delta-Gamma-Lambda-neutrale Strategie? 7. Definieren Sie das Theta einer Option. 8. Was unterscheidet den einfachen vom theoretischen Hebel? Aufgabe 11.A
Gegeben ist eine Aktie mit dem aktuellen Kurs von 300. Dividenden werden vernachlässigt. Es wird angenommen, dass der Kurs der Aktie pro Periode entweder mit dem Faktor 1,3 steigt oder mit dem Faktor 0,8 fällt. Unterstellt wird ein Kursprozess gemäß eines zweiperiodigen Binomialmodells. 1. Wie hoch ist der theoretische Wert einer europäischen Kaufoption mit dem Ausübungspreis 310, wenn der Marktzins pro Periode 10 % beträgt? 2. Wie groß ist das Options-Delta in t = 0? Zeigen Sie, dass das Hedge-Portfolio bei dem von Ihnen berechneten Delta risikofrei ist. 3. Geben Sie die beiden Delta-Werte für die zweite Periode an. Konstruieren Sie entsprechende Duplikationsstrategien. Aufgabe 11.B
1. Ermitteln Sie mit Hilfe einfacher Ableitungsregeln aus dem Delta einer europäischen Kaufoption das Delta einer europäischen Verkaufsoption unter Anwendung der Put-Call-Parität. 2. Zeigen Sie mit Hilfe einfacher Ableitungsregeln und der Put-Call-Parität, dass das Gamma europäischer Calls und Puts identisch ist. Aufgabe 11.C
Sie kaufen 100 Puts mit einem Delta von jeweils 0,3. Wie viele Puts (auf den gleichen Basiswert) mit einem Delta von 0,85 sollten Sie zur Konstruktion einer Delta-neutralen Position verkaufen?
Fragen und Aufgaben
319
Aufgabe 11.D
Gegeben ist ein Delta-neutrales Options-Portfolio mit einem Portfolio-Gamma von 200 und einem Portfolio-Lambda von 18.000. Am Markt existiert eine weitere Option auf das gleiche Basisobjekt mit einem Delta von 0,70, einem Gamma von 0,005 und einem Lambda von 30. Konstruieren Sie aus dem Delta-neutralen Portfolio mit Hilfe der Option und Positionen im Basisobjekt ein Delta-Lambdaneutrales Portfolio. Berechnen Sie das Portfolio-Gamma des neuen DeltaLambda-neutralen Portfolio! Aufgabe 11.E
Gegeben ist ein Delta-neutrales Options-Portfolio mit einem Portfolio-Gamma von 15 und einem Portfolio-Lambda von 45.000. Am Markt existieren weitere Optionen C1 (mit einem Delta '1 = 0,70, einem Gamma *1 = 0,001 und einem Lambda /1 = 45) und C2 (mit einem Delta '2 = 0,50, einem Gamma *2 = 0,005 und einem Lambda /2 = 25) auf die gleiche Basisaktie. Konstruieren Sie aus dem Delta-neutralen Portfolio mit Hilfe der Optionen C1 und C2 sowie Positionen im Basisobjekt ein Delta-Gamma-Lambda-neutrales Portfolio! Aufgabe 11.F
Ein Investor-Portfolio umfasst die in der Tabelle 11.7 abgetragenene Position in DAX-Optionen. Berechnen Sie Delta und Gamma des Portfolio. Tabelle 11.7. Portfolio in DAX-Optionen
Option Call A Call B Put A Put B
Long / Short Long Short Long Short
Anzahl 2.000 500 1.000 1.500
Delta 0,7 0,5 –0,6 –0,4
Gamma 0,0010 0,0025 0,0040 0,0035
Aufgabe 11.G
Ein Optionsschein mit Basispreis 61,36 € notiert zu 3,30 €. Die zugrunde liegende Aktie notiert am selben Tag zu 48,65 €. Bestimmen Sie den inneren Wert, den Zeitwert, das Aufgeld und den einfachen Hebel dieses Optionsscheins. Lösungsskizzen sowie weitere Fragen und Aufgaben sind auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de zu finden.
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
Die Bedingungen an den real gegebenen Kassa- und Terminmärkten erfüllen sicher nicht die strengen Annahmen der Optionspreistheorie: Finanzmärkte sind weder vollkommen noch vollständig, was in vielerlei Hinsicht die Anpassung von Preisformeln erfordert. Die Vernachlässigung von Dividenden führt ebenso zu Fehlbewertungen wie die Vernachlässigung der vorzeitigen Ausübungsmöglichkeit, mit der die meisten in der Finanzpraxis vorzufindenden Aktienoptionstypen ausgestattet sind. Der identifizierte Volatilitäts-Smile wie auch viele weitere empirische Erkenntnisse weisen schließlich darauf hin, dass das Verhalten der Preise auf Finanzmärkten zum Teil deutlich von den unterstellten Kursstochastiken abweicht. Infolgedessen ist eine große Zahl an Modellen entwickelt worden, die die Standardmodelle verändern, erweitern und verallgemeinern oder einen anderen Weg der Optionsbewertung vorschlagen. Im Folgenden werden ausgewählte Erweiterungen vorgestellt, die sich alle am Binomialmodell oder an der Black/ScholesFormel orientieren, so dass die Lösungstechniken der vorangegangenen Kapitel unmittelbar umgesetzt werden können. Darüber hinaus ist die Frage zu beantworten, inwieweit die für Optionen auf Aktien konzipierten Modelle auch für Optionen auf andere Basisobjekte geeignet sind. Mit der Garman/Kohlhagen-Formel wird ein eng an der Modellierung bei Black, Scholes und Merton orientierter Ansatz dargestellt. Zusammen mit den Ausführungen zum stochastischen Kursprozess bei Black, Scholes und Merton und zu den Herleitungen der Bewertungsformel hat das vorliegende Kapitel deshalb einen ergänzenden, vertiefenden Charakter und soll eine erste Orientierung bei weiterführenden preistheoretischen Fragestellungen bieten. Die einzelnen Abschnitte bauen nicht aufeinander auf. Wichtige Referenzen sind bereits in den Textausführungen enthalten und werden um weitere Kommentare in den abschließenden Literaturhinweisen ergänzt.
12.1 Grenzen und Erweiterungen der Black/ScholesFormel Der Einfluss von Dividendenausschüttungen auf den Wert einer Aktien- bzw. Aktienindexoption ist im Rahmen der verteilungsfreien Abschätzungen bereits skizziert worden. Im Allgemeinen verringert sich demnach der Wert von Kaufoptio-
322
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
nen und steigt der Wert von Verkaufsoptionen bei erfolgter Dividendenzahlung. Ebenso wurde bereits gezeigt, dass Dividendenzahlungen die Wahrscheinlichkeit der vorzeitigen Ausübung bei amerikanischen Kaufoptionen erhöhen und bei amerikanischen Verkaufsoptionen verringern. Im Binomialmodell können Dividendenszenarien bei bekanntem Dividendenzeitpunkt und sicherem Dividendenbetrag durch die explizite Berücksichtigung im diskreten Kursprozess integriert werden. Im folgenden Abschnitt zur Bewertung amerikanischer Optionen wird dazu ein Beispiel gerechnet. Die Black/ScholesFormel kann um den Fall sicherer Dividenden zumindest approximativ ergänzt werden, indem der Barwert der während der Restlaufzeit auf das Basisobjekt entfallenden Dividendenzahlungen vom Aktienkurs abgezogen und dieser (niedrigere) Wert in die Black/Scholes-Formel für die Kursgröße eingesetzt wird. In diesem ersten Dividendenszenario stellt sich die erweiterte Black/Scholes-Formel für Kaufoptionen also dar in der Form:
S D N d K r
C D1, E
barw
D1 1
T
N d 2D1
(12.1)
mit ln d1D1
S D barw § V2 · ¨ ln r ¸ T K 2 ¹ © V T
d 2D1
d1D1 V T
Desweiteren existieren in Abhängigkeit vom unterstellten Dividendenzahlungsstrom einige analytische Erweiterungen der Black/Scholes-Formel. Im Ansatz von Merton 1973a wird angenommen, dass ein kontinuierlicher Dividendenstrom mit konstanter Dividendenrate vorliegt. Mit der Dividendenrate q als (konstantes) Verhältnis von Dividende zum Wert der Aktie ergibt sich die Black/Scholes-Formel in diesem Dividendenszenario wie folgt:
C D 2, E
S q T N d1D 2 K r T N d 2D 2
(12.2)
mit ln d1D 2
S § V2 · ¨ ln r ln q ¸ T 2 ¹ K © V T
d 2D 2
d1D 2 V T
Die Bedeutung der Gl. 12.2 liegt unter anderem auch darin, dass die Bewertungsformel auf den Fall von Währungsoptionen wie auch Aktienindexoptionen angewandt werden kann. Bei Währungsoptionen kann der Zinsertrag auf Anlagen in Fremdwährung als Dividende auf das Basisobjekt interpretiert werden, d. h. die Annahme bei Merton 1973a ist dann gleichbedeutend mit der Annahme der Existenz eines Kalkulationszinssatzes am Fremdwährungsmarkt. Bei Optionen auf ei-
12.1 Grenzen und Erweiterungen der Black/Scholes-Formel
323
nen Aktienindex, der als Kursindex konzipiert ist und relativ viele Aktien beinhaltet, kann das tatsächliche Dividendenszenario approximativ durch die Annahme eines kontinuierlichen Dividendenstroms mit konstanter Rate erfasst werden. Die Annahme einer bekannten, konstanten Momentanvarianz der Aktienkursrenditen im Modell von Black, Scholes und Merton ist in einer Vielzahl von Arbeiten diskutiert, erweitert bzw. abgeschwächt worden (Ball u. Roma 1994). Die Modelle können grob unterschieden werden in Ansätze, die eine ökonomisch motivierte und begründete Beziehung zwischen der Höhe des Kurses des Basisobjekts und der Größe der Volatilität postulieren, und in Ansätze, die keine Erklärung für etwaige Korrelationen zwischen Kurs und Varianz verlangen. Ein einfacher Ansatz, der wachsende Volatilitäten bei fallenden Kursen impliziert, ist das sogenannte Constant Elasticity of Variance CEV-Modell (Cox 1975, Beckers 1980). Im CEV-Modell wird unterstellt, dass die Varianz mit dem Kurs des Basisobjekts bei konstanter Elastizität schwankt. Setzt man ausgehend von der ermittelten Volatilität V für die Momentanstandardabweichung beispielsweise Vˆ S , T
V SU
mit U < 1, so erhält man offenbar folgende konstante Elastizität: wVˆ Vˆ
wS
U 1
S
Im CEV-Modell wird eine Bewertungsformel abgeleitet, die die Black/ScholesFormel für U = 1 als Spezialfall enthält. Das CEV-Modell ist folgerichtig eine Verallgemeinerung des Modells von Black, Scholes und Merton. Das Binomialmodell kann eine Abhängigkeit von Kurshöhe und Volatilität erfassen, indem die Faktoren der Kursänderung u und d in Abhängigkeit vom aktuellen Kurs des Basisobjekts gewählt werden. Bewertungsprobleme bei stochastischer Varianz erfordern zumeist den Einsatz von Simulationsverfahren. Das Modell von Black, Scholes und Merton ist charakterisiert durch die Annahme normalverteilter logarithmierter Kursrenditen. Die Entwicklung der Optionspreistheorie hat folgerichtig eine beträchtliche Zahl alternativer Modellierungen der Kursstochastik hervorgebracht. So setzten Arbeiten an der Beobachtung an, dass im Modell von Black, Scholes und Merton Kurssprünge, also stärkere Kursbewegungen in sehr kleinen Zeitintervallen, nicht erklärt werden können. Daraus haben sich Optionsbewertungsmodelle bei Kurssprüngen (Cox u Ross 1976, Ball u. Touros 1985) und bei gemischt-stochastischen Prozessen (Merton 1976) entwickelt. Diese Modelle arbeiten jedoch überwiegend weiter mit konstanten Volatilitäten. Einzelne Modelle auf Basis eines autoregressiven Verhaltens der Volatilität des Basistitels haben sich angeschlossen. Die Modellierung impliziter binomialer Bäume von Rubinstein 1994 bewertet Optionen mittels des Binomialansatzes bei einer nichtkonstanten Volatilität.
324
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
12.2 Bewertung amerikanischer Optionen mit dem Binomialmodell Die grundlegenden Bewertungskonzepte sind für europäische Optionen konstruiert. Das Recht auf vorzeitige Ausübung hat zwar im Nichtdividendenfall bei Aktienkaufoptionen einen Wert von null. Bei amerikanischen Verkaufsoptionen stellt jedoch der nach der Black/Scholes-Formel bestimmte Optionswert nur eine untere Grenze für den Optionswert dar. Im realitätsnäheren Dividendenfalle sind schließlich für alle Optionstypen amerikanischer Art weiterführende Bewertungsverfahren notwendig. Das Binomialmodell kann aufgrund der angenommenen diskreten Kursentwicklung zur Bewertung von Optionen mit vorzeitiger Ausübungsmöglichkeit wie auch zur Berücksichtigung ausgewählter Dividendenszenarien herangezogen und erweitert werden. Die prinzipielle Vorgehensweise soll im Folgenden skizziert werden, wozu das Beispiel zum zweiperiodigen Binomialmodell des zehnten Kapitels wieder aufgegriffen wird. Die dort angenommene zweiperiodige Entwicklung des Kurses der Basisaktie ist in der Abb. 12.1 nochmals abgetragen. Betrachtet wird nun eine amerikanische Verkaufsoption auf diese Aktie mit Fälligkeit in t = 2 und Ausübungspreis 250. Die Verkaufsoption ist also nur bei Eintritt des Kursniveaus von 160 in t = 2 im Geld und hat zur Fälligkeit in diesem Umweltzustand den Wert 90. Mit dem Wert für p = 0,4 und dem gegebenen Kalkulationszinssatz von 12 % pro Periode bestimmen sich die zustandsabhängigen Werte einer ansonsten gleichartigen europäischen Verkaufsoption im Kontext der Herleitungen des Binomialmodells zu:
t
0
PuE
0, 4 0 0, 6 0 1,12
PdE
0, 4 0 0, 6 90 1,12
PE
0, 4 0 0, 6 48, 21 1,12
t
1
0 48, 21 25,83
t
2
640 400
320
250 200
160
Abb. 12.1. Aktienkursentwicklung im Beispiel zur amerikanischen Verkaufsoption
12.2 Bewertung amerikanischer Optionen mit dem Binomialmodell
325
Der Inhaber einer amerikanischen Verkaufsoption hat aber das zusätzliche Recht, die Option vorzeitg, d. h. in t = 1 oder in t = 0 ausüben zu können und den zustandsabhängigen inneren Wert zu realisieren. Im Falle eines Aktienkursanstiegs in t = 1 auf Su = 400 ist die Verkaufsoption aus dem Geld und es ist auf dem Kurspfad auch kein Weg mehr möglich, dass die Option im Geld endet. Der Wert der amerikanischen Verkaufsoption ist gleich null. Nimmt der Aktienkurs in t = 1 den Wert 200 an, dann besitzt die europäische Verkaufsoption den Wert 48,21. Die ansonsten gleichartige amerikanische Verkaufsoption kann jedoch vorteilhaft vorzeitig ausgeübt werden und damit den höheren inneren Wert von 50 realisieren. Man muss also in der Bestimmung des zustandsabhängigen Optionswertes den Wert bei Halten der Option, der hier im Zweiperiodenfall dem Wert der europäischen Option entspricht, mit dem Wert bei einem sofortigen Ausüben der Option vergleichen:
PdA
max ª¬ max 0, K Sd ;48, 21º¼ 50
Die Bestimmung des Wertes der Verkaufsoption in t = 0 erfolgt nach dem gleichen Prinzip: Der innere Wert ist mit dem diskontierten Erwartungswert, der sich unter den risikoadjustierten Wahrscheinlichkeiten bildet, zu vergleichen: PA
ª p PuA 1 p PdA º max « max 0, K S , » r ¬ ¼ ª 0, 4 0 0,6 50 º max « 0, » 1,12 ¬ ¼ 26, 79
Die Vorgehensweise nach dem Binomialmodell bleibt also beim Wechsel von einer europäischen auf eine amerikanische Option letztlich erhalten. Die Optionswerte werden rekursiv ausgehend vom Fälligkeitsdatum bestimmt. Dabei ist nun zusätzlich der diskontierte Erwartungswert mit dem Wert der Option bei sofortiger Ausübung, d. h. mit dem zustandsabhängigen inneren Wert zu vergleichen. Anfallende Dividenden erfordern nicht nur für amerikanische Verkaufsoptionen, sondern auch für amerikanischen Kaufoptionen die Berücksichtigung der potenziell vorteilhaften vorzeitigen Ausübung. Die im Rahmen des Binomialmodells geltende Vorgehensweise bleibt aber auch hier erhalten, wenn geeignete Annahmen bezüglich des Dividendenstroms getroffen werden können. In einer sehr einfachen Modellierung geht man davon aus, dass eine konstante Dividendenrate vorliegt. Im Beispiel des zweiperiodigen Kursprozess der Abb. 12.1 wird nun angenommen, dass in t = 1 eine Dividende mit einer konstanten Rate U ausgeschüttet wird. Der unmittelbar nach der Dividendenausschüttung festgestellte Kurs weist dann einen entsprechenden Abschlag auf, d. h. beispielsweise statt uS stellt sich nun der Kurs uS – UuS ein. In der Abb. 12.2 ist die angepasste Aktienkursentwicklung in allgemeiner Notierung abgetragen.
326
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
0
t
t
1
t
2
u u S 1 U
u S 1 U
u d S 1 U
S
d S 1 U
d d S 1 U
Abb. 12.2. Zweiperiodige Aktienkursbewegung bei konstanter Dividendenrate
Nimmt man für die Dividendenrate U = 0,1 an, so ergibt sich der in Abb. 12.3 enthaltene Kurspfad. Verändert sich also beispielsweise die Aktie von 250 um den Faktor u = 1,6, so wird aufgrund der angenommenen Dividendenrate eine Dividende von 40 ausgeschüttet: Es stellt sich der Kurs 360 ein. Fällt dagegen der Kurs von 250 auf 200, so wird eine Dividende von 20 ausgeschüttet: Es resultiert der Kurs 180. Die Wahrscheinlichkeit einer vorteilhaften vorzeitigen Ausübung der amerikanischen Kaufoption mit Fälligkeit in t = 2 und Ausübungspreis 250 ist nur zu Zeitpunkten unmittelbar vor Dividendenausschüttungen größer als null. Dementsprechend muss ledglich im Dividendenzeitpunkt t = 1 der diskontierte Erwartungswert mit dem zustandsabhängigen inneren Wert verglichen werden: CuD , A
ª p CuuD , A 1 p CudD , A º max « max 0, Su K , » r ¬ ¼ 0, 4 326 0, 6 38 º ª max «150, » 1,12 ¬ ¼ 150
CdD , A
ª p CudD , A 1 p CddD , A º max « max 0, Sd K , » r ¬ ¼ ª 0, 4 38 0,6 0 º max « 0, » 1,12 ¬ ¼ 13,57
Im zehnten Kapitel hatte sich im Nichtdividendenfall ein Optionswert von 76,53 ergeben (Abschnitt 10.2.3). Durch die in t = 1 erfolgende Dividendenausschüttung verringert sich der Wert der Kaufoption auf 60,84: C D, A
p CuD , A 1 p CdD , A r
60,84
12.3 Bewertung von Währungsoptionen
t
0
t
1
327
2
t
576 360 288
250
180 144
Abb. 12.3. Beispiel zur zweiperiodigen Aktienkursbewegung mit Dividenden
t
0
t
1
t
2
326
150, 00 38
60,84 13,57
0
Abb. 12.4. Beispiel zur Wertentwicklung einer amerikanischen Kaufoption mit Dividenden
In der Abb. 12.4 ist die Entwicklung des Kaufoptionswertes zusammenfassend abgetragen. Die Vorgehensweise bei der Übertragung dieser Rechentechnik auf beliebige n-Periodenprobleme ist offensichtlich. Alternative Dividendenszenarien können dann integriert werden, wenn der binomiale Kurspfad erhalten bleibt. Die konstante Dividendenrate stellt hier beispielsweise sicher, dass weiterhin Sud = Sdu gilt (Abb. 12.2 bzw. Abb. 12.3).
12.3 Bewertung von Währungsoptionen 12.3.1 Verteilungsfreie Abschätzungen, Binomialmodell und GarmanKohlhagen-Formel
Die im zehnten Kapitel für Aktien- und Aktienindexoptionen entwickelten Bewertungszusammenhänge können unmittelbar auf den Fall von Währungsoptionen übertragen werden. Motivation, Annahmen und Anwendungsmöglichkeiten bleiben grundsätzlich erhalten. Es muss nun lediglich angenommen werden, dass in dem Heimat- wie auch dem Fremdwährungsmarkt jeweils ein Kalkulationszinssatz existiert. Die bekannten und konstanten Periodenzinssätze für Geldanlagen und -aufnahmen in Heimatwährung bzw. in Fremdwährung werden mit id bzw. if bezeichnet. Für die Zinsfaktoren notiert man analog rd bzw. rf.
328
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
Für Währungsoptionen lassen sich in völliger Analogie zur Vorgehensweise des zehnten Kapitels verteilungsfreie untere und obere Wertgrenzen und Paritäten zwischen Put- und Call-Preisen bestimmen. Anhand zweier Ausdrücke, einer unteren Abschätzung des Kaufoptionswertes sowie der Put-Call-Parität für europäische Optionen, soll dies im Folgenden beispielhaft gezeigt werden. Dabei sollte deutlich werden, wie die für Aktienoptionen gezeigten grundständigen Relationen auf andere Basiswerte anzupassen bzw. zu übertragen sind. Für Währungsoptionen ist nun nicht mehr nur ein risikofreier Zinssatz relevant, sondern es sind zwei Zinssätze für die beiden Währungen zu berücksichtigen Aus Gl. 10.7 wissen wir, dass der Wert einer Aktienkaufoption nicht kleiner ist als die Differenz aus dem Kurs der Basisaktie und dem über die Restlaufzeit diskontierten Ausübungspreis. Da das Basisobjekt einer Währungsoption eine Einheit der Fremdwährung bzw. der Wechselkurs ist, wird in der Abschätzung des Wertes einer Währungskaufoption der Zinseffekt der Anlage bzw. Aufnahme von Fremdwährung zu berücksichtigen sein. Der Wert einer Kaufoption auf eine Fremdwährungseinheit ist demnach nicht kleiner als die Differenz aus dem Wechselkurs, der auf die diskontierte Fremdwährungseinheit zu beziehen ist, und dem diskontierten Ausübungspreis: C W t S rfT K rd T
(12.3)
Die zum Beweis der Gl. 12.3 heranzuziehende Arbitrage-Strategie ist in Tabelle 12.1 abgetragen, die im Aufbau der Tabelle 10.2 gleicht. Die Put-Call-Parität für europäische Währungsoptionen beinhaltet die Aussage, dass der Wert einer europäischen Währungsverkaufsoption dem Wert einer ansonsten gleichartigen europäischen Währungskaufoption abzüglich dem Wechselkurs, der auf die diskontierte Fremdwährungseinheit zu beziehen ist, zuzüglich dem diskontierten Ausübungspreis entspricht: PW , E
C W , E S rfT K rd T
(12.4)
Die Gl. 12.4 entspricht im prinzipiellen Aufbau wiederum der analogen Beziehung für Aktienoptionen der Gl. 10.39. Der Beweis der Put-Call-Parität für europäische Währungsoptionen basiert auf der in Tabelle 12.2 abgetragenen Portfolio-Strategie des Kaufs einer Put-Option, des Verkaufs einer Call-Option, der Geldanlage in Fremdwährung und der Geldaufnahme in Heimatwährung. Tabelle 12.1. Untere Abschätzung des Wertes einer Kaufoption auf einen Währungsbetrag Strategie Kauf Call Geldaufnahme einer Einheit in Fremdwährung Geldanlage in Heimatwährung Summe
Zahlungsstrom in t = 0
Zahlungsstrom in t = T ST < K ST t K
CW
ST K
T f
S r
ST
ST
K rdT
+K
+K
>0
=0
12.3 Bewertung von Währungsoptionen
329
Tabelle 12.2. Put-Call-Parität für europäische Währungsoptionen Zahlungsstrom in t = T ST < K ST t K
Strategie
Zahlungsstrom in t = 0
Kauf Put
PW,E + CW,E S rf T
K ST + ST
ST + K + ST
K rdT
–K
–K
=0
=0
Verkauf Call Geldanlage einer Einheit in Fremdwährung Geldaufnahme in Heimatwährung Summe
Die Standardtheorien der Bewertung von Währungsoptionen können ebenso unmittelbar aus den im zehnten Kapitel erarbeiteten Modellen gewonnen werden. Zunächst wird die Vorgehensweise des binomialen Ansatzes motiviert: Dazu ist eine europäische Kaufoption auf eine Fremdwährungseinheit im Rahmen eines einperiodigen binomialen Modells zu bewerten. Die Kaufoption mit Ausübungspreis K ist in t = 1 fällig, die Kursparameter u und d sowie die Zinsfaktoren pro Periode rd und rf sind gegeben. Die Entwicklung des Wertes der Fremdwährungskaufoption wird durch eine Position 'W,C in Fremdwährung und eine Position BW in Heimatwährung dupliziert (Abb. 12.5). Daraus leitet man folgende Bedingung für den Umfang der Fremdwährungsposition, d. h. den Delta-Wert der Strategie, ab: 'W ,C
CuW , E CdW , E u d S rf
(12.5)
Die Bestimmung des Optionswertes über die Diskontierung des Erwartungswertes zeigt, dass sich der Ertrag aus dem Halten eines Betrags in Fremdwährung bzw. die Finanzierungskosten aus einer Verschuldung in Fremdwährung ausschließlich in den risikoadjustierten Wahrscheinlichkeiten niederschlagen. Es folgt im Einperioden-Binomialmodell:
CW ,E
r § rd · u d ¨ r d ¸ rf 1 ¨ f CuW , E CdW , E ¸ rd ¨ u d ud ¸ ¨ ¸ © ¹
(12.6)
Bei der folgenden Verallgemeinerung auf mehrere Perioden sollen die Zinsfaktoren in der Form rBin,d bzw. rBin,f notiert werden. Damit wird hervorgehoben, dass sich die Zinssätze jeweils auf die Länge einer Periode im Binomialmodell beziehen. Dies ist für die Darstellung des folgenden Abschnitts 12.3.2 von Bedeutung, in dem zwischen den Periodenzinssätzen und den auf eine Zeiteinheit bezogenen Zinssätzen unterschieden werden soll.
330
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
t
0
t
1
'W ,C 1 i f u S 1 id BW
'W ,C S BW 'W ,C 1 i f d S 1 id BW
Abb. 12.5. Einperiodige Entwicklung des Portfolio-Wertes bei Währungsoptionen
Für die risikoadjustierten Wahrscheinlichkeiten einer Periode zeigt man: rBin,d d rBin,f
pW
(12.7)
ud u
p *W
rBin,f rBin,d
pW
(12.8)
Mit dem Parameter a wird wieder die notwendige Mindestzahl der Kursänderungen um den Faktor u bezeichnet, damit die Option im Geld endet. Der Wert a ist dann die kleinste ganze Zahl mit a t a*: a* ln
K u ln d S d
(12.9)
n
Für die Summe der risikoadjustierten Wahrscheinlichkeiten des Auftretens von j t a Kursänderungen um den Faktor u im n-Periodenfall gilt schließlich: B a n , pW
n
§n·
j a
© ¹
¦ ¨ j ¸ p 1 p W
j
W
n j
(12.10)
Die binomiale Bewertungsformel für Währungsoptionen im n-Periodenfall bestimmt sich analog zur Herleitung der Gl. 10.77 zu: W ,E CBin
n W n W S rBin, f B a n, p * K rBin,d B a n , p
(12.11)
Mit Hilfe der Parität von Put- und Call-Preisen der Gl. 12.4 kann die Bewertungsformel 12.11 auf den Fall einer europäischen Verkaufsoption übertragen werden. Gleiches gilt auch für den folgenden Ausdruck, die von Garman u. Kohlhagen 1983 entwickelte, zur Black/Scholes-Formel vergleichbare Bewertungsformel für Währungsoptionen. Sie weist die Struktur der Preisformel von Merton 1973a für Aktien mit kontinuierlichem Dividendenstrom bei konstanter Dividendenrate auf (Gl. 12.2).
12.3 Bewertung von Währungsoptionen
331
Die Garman/Kohlhagen-Formel zur Bewertung von Währungsoptionen – hier für die Fall einer Kaufoption – lautet: W ,E CG/K
S rf T N d1W K rdT N d 2W
(12.12)
S § V2 · ¨ ln rd ln rf ¸ T K © 2 ¹ V T
(12.13)
mit ln d1W d 2W
d1W V T
12.3.2 Herleitung der Garman/Kohlhagen-Formel aus dem binomialen Ausdruck
Es soll nun der etwas technischere Übergang von der binomialen Bewertungsformel zur Garman/Kohlhagen-Formel explizit ausgeführt werden. Damit wird gezeigt, dass für wachsendes n, d. h. steigende Periodenzahl und damit eine feinere Unterteilung der Optionslaufzeit, die binomiale Bewertungsformel gegen die Garman-Kohlhagen-Formel konvergiert. Die Analogie der Garman/KohlhagenFormel zu der um kontinuierliche Dividendenzahlungen mit konstanter Dividendenrate erweiterten Black/Scholes-Formel ist offensichtlich. Ebenso ist bereits aus der Skizzierung des Einperioden-Binomialmodells der enge Zusammenhang in der Bewertung von Aktien- und Währungsoptionen deutlich geworden. Die folgende Herleitung lässt sich deshalb unmittelbar auf den Fall der Aktienoptionen übertragen. Der zentrale Grenzwertsatz von deMoivre-Laplace ist heranzuziehen, um die approximative Austauschbarkeit von binomial- und normalverteilten Zufallsgrößen auf eine genaue Basis zu stellen. Mit diesem Grenzwertsatz wird gezeigt, dass im Grenzübergang für wachsendes n die binomialen Verteilungsfunktionen der Gl. 12.11 in die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung der Gl. 12.12 übergehen (Feller 1968, S. 182-186). Zum einen ist also im Folgenden zu skizzieren, dass die Voraussetzungen der Anwendung des Grenzwertsatzes erfüllt sind. Zum anderen sind die im Grenzübergang sich ergebenden Zufallsvariablen bzw. Parameter nach Gl. 12.13 zu bestätigen. Der Grenzübergang wird anhand der Funktion B(a|n,pW) nach Gl. 12.10 ausgeführt und kann analog für B(a|n,p*W) nachvollzogen werden. Wird mit Prob (j d a – 1) die Wahrscheinlichkeit bezeichnet, dass weniger als a Kursänderungen um den Faktor u auftreten, d. h. dass die Option zur Fälligkeit aus dem Geld ist, so folgt durch die Definition der Verteilungsfunktion und durch einfaches Ergänzen sofort:
332
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
1 B a n , pW
Prob j d a 1 § · j n pW a 1 n pW ¸ Prob ¨ d ¨¨ n pW 1 pW n pW 1 pW ¸¸¹ ©
(12.14)
Die Gl. 12.14 liefert den Ansatzpunkt für die Anwendung des zentralen Grenzwertsatzes. Ruft man sich in Erinnerung, dass die (risikoadjustierte) Wahrscheinlichkeit für eine „Kursaufwärtsbewegung“ pW beträgt und interpretiert man j als Zufallsgröße, d. h. als zufällige Zahl an Kursänderungen um den Faktor u während der Optionslaufzeit, dann lassen sich Erwartungswert und Varianz von j angeben: E j var j
n pW
(12.15)
n pW 1 pW
(12.16)
Aus dem zentralen Grenzwertsatz gewinnt man die Aussage, dass folgender Ausdruck asymptotisch standardnormalverteilt ist: j n pW
(12.17)
n pW 1 pW
Die Wahrscheinlichkeit in Gl. 12.14 und damit die standardisierte binomialverteilte Zufallsvariable lassen sich also auf die Normalverteilung zurückführen: lim ª¬1 B a n, pW º¼
n of
§ · a 1 n pW ¸ lim N ¨ n of ¨¨ n pW 1 pW ¸¸ ¹ ©
(12.18)
Im nächsten Schritt sind die Parameter u, d und pW wie auch deren Grenzverhalten zu bestimmen, so dass Gl. 12.18 die beobachtbaren Größen S, K, V, T, rd und rf beinhaltet. Zur Vorbereitung dieses Schrittes ist die Optionslaufzeit T in n gleich große Teilintervalle der Länge 't = T/n zu unterteilen. Zur Optionsfälligkeit stellen sich im binomialen Kursprozess folgende zustandsabhängigen Wechselkurse ein: S j ,T
u j d n j S für j
0,1, 2, , n
(12.19)
Mit j ist auch Sj,T eine Zufallsvariable. Zunächst wird gezeigt, dass das logarithmierte Verhältnis aus dem Wechselkurs zur Fälligkeit und dem aktuellen Wechselkurs lognormalverteilt ist, d. h. Sj,T/S ist normalverteilt. Mit Gl. 12.19 gilt: ln
S j ,T S
j ln
u n ln d d
für j
0,1, 2, , n
(12.20)
Erwartungswert und Varianz von ln(Sj,T/S) ergeben sich damit unter Berücksichtigung von Gl. 12.15 und Gl. 12.16 zu:
12.3 Bewertung von Währungsoptionen
§ S · u E ¨ ln j ,T ¸ ln E j n ln d S ¹ d © § S · var ¨ ln j ,T ¸ S ¹ ©
ln
2
u n pW n ln d d
Pˆ pW n
333
(12.21)
2
§ u· § u· W W ¨ ln ¸ var j ¨ ln ¸ n p 1 p © d¹ © d¹
Vˆ 2pW n
(12.22)
Da a die kleinste ganze Zahl größer als a* gemäß Gl. 12.9 ist, lässt sich diese Mindestzahl an Kursänderungen um den Faktor u mit einer bestimmten Zahl H aus [0,1] darstellen als: a 1
K S dn H u ln d
ln
ln
K n ln d S H u ln d
(12.23)
Mit Gl. 12.23 und der Definition von Erwartungswert und Varianz aus Gl. 12.21 und 12.22 zeigt man: a 1 n pW
ln
n pW 1 pW
K u Pˆ pW n H ln S d Vˆ pW n
(12.24)
Für die weiteren Schritte sind nun die Faktoren u und d geeignet zu wählen. Ausgehend von den gegebenen Zinssätzen der diskreten Verzinsung id und if wird für den Grenzübergang darüber hinaus auf die kontinuierliche Verzinsung zurückgegriffen, d. h. man setzt: exp ikont,d 't
1 id
't
exp ikont, f 't
1 i f
't
(12.25)
Damit wählt man die Parameter u und d wie folgt (Bodurtha u. Courtadon 1987, S. 6): u
exp ª¬ ikont,d ikont, f 't V 't º¼
d
exp ª¬ ikont,d ikont, f 't V 't º¼
(12.26)
Mit dieser Parametersetzung stellt sich das folgende asymptotische Verhalten für die Größen in Gl. 12.24 ein:
334
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
§ V2 · i i ¨ kont,d kont,f ¸ T 2 ¹ ©
V T
lim Pˆ pW n n of
lim Vˆ pW n n of
lim ln n of
u d
(12.27)
0
Man erhält also für Gl. 12.24 ln lim
n of
K u Pˆ pW n H ln S d Vˆ pW n
ln
K § V2 · ¨ ikont,d ikont,f ¸ T 2 ¹ S © V T
(12.28)
und damit für das Argument der Normalverteilungsfunktion in Gl. 12.18:
lim ª¬1 B a n, pW º¼ n of
§ K § V2 · ¨ ln ¨ ikont,d ikont,f ¸ T S © 2 ¹ N¨ ¨ V T ¨ ©
· ¸ ¸ ¸ ¸ ¹
(12.29)
Indem man die Symmetrie der Normalverteilung ausnutzt, folgt daraus unmittelbar:
lim B a n, pW n of
§ S § V2 · ¨ ln ¨ ikont,d ikont,f ¸ T K © 2 ¹ N¨ ¨ V T ¨ ©
· ¸ ¸ ¸ ¸ ¹
(12.30)
Vollzieht man schließlich die gleichen Schritte für die Binomialverteilungsfunktion im ersten Summanden der binomialen Bewertungsformel der Gl. 12.11, so erhält man analog:
lim B a n, p *W n of
§ S § V2 · ¨ ln ¨ ikont,d ikont,f ¸ T K © 2 ¹ N¨ ¨ V T ¨ ©
· ¸ ¸ ¸ ¸ ¹
(12.31)
Schließlich stellt man ausgehend von den kontinuierlichen Zinssätzen die Diskontierungsfaktoren in der binomialen Bewertungsformel als unterjährige Zinsfaktoren dar:
12.4 Die Formel von Black
n Bin,d
§ i · lim ¨ 1 kont,d ¸ n of n ¹ ©
n Bin,f
§ i · lim ¨ 1 kont,f ¸ n of n © ¹
lim r
n of
lim r
n of
nT
n T
335
exp ikont,d T
(12.32) exp ikont,f T
Die Resultate der Gl. 12.32, 12.30 und 12.31 ergeben zusammengesetzt aus dem Grenzübergang bei wachsendem n aus der binomialen Bewertungsformel der Gl. 12.11 W ,E CBin
n W n W S rBin, f B a n, p * K rBin,d B a n , p
folgende Bewertungsformel für Währungsoptionen: CW ,E
S exp i f T N d1W K exp id T N d 2W
(12.33)
S § V2 · ¨ ikont,d ikont,f ¸ T K © 2 ¹ V T
(12.34)
mit ln d1W d 2W
d1W V T
Diese Formel entspricht der Notation der Garman/Kohlhagen-Formel in Gl. 12.12 bzw. 12.13, wenn man zur diskreten Verzinsung zurückkehrt, d. h. wenn man setzt: ikont,d
ln 1 id
ikont, f
ln 1 i f
12.4 Die Formel von Black Aus den Ausführungen der vorangegangenen Abschnitte geht hervor, dass die für das Basisobjekt Aktie konzipierten Bewertungsformeln des diskreten Modells von Cox, Ross und Rubinstein und des kontinuierlichen Modells von Black, Scholes und Merton unmittelbar auf Aktienindex- wie auch Währungsoptionen übertragbar ist. Die für die Finanzpraxis so bedeutenden zinssensitiven Derivate weisen aber nun Besonderheiten auf, die erheblich größere Anstrengungen bei der Formulierung arbitragefreier Modelle erfordern. Die Bewertung von Zinsoptionen ist weitaus komplexer als die Bewertung von Aktienoptionen, da letztlich der Wert einer Zinsoption nur dann abgeleitet werden kann, wenn es gelingt, Zinsstrukuren zu
336
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
modellieren, welche die im Zeitablauf abnehmende Unsicherheit über die Kursentwicklung einer Anleihe bzw. die Entwicklung eines Zinssatzes abbilden. Damit geht die Technik der Bewertung von Zinsoptionen weit über die angestrebten Inhalte des vorliegenden Buchs hinaus. Erwähnt werden soll hier abschließend mit dem Ansatz von Black 1976 dennoch eine recht einfache Modellierung, die nicht nur zur Bewertung von Optionen auf Futures, sondern auch zur approximativen Bestimmung des Wertes von Zinsoptionen wie Caps, Floors und Swaptions geeignet sein kann. Das Black-Modell ist eine Spezialform der Black/Scholes-Modellierung und kann aus ihr heraus motiviert werden, die Bestimmung der Input-Parameter ist also ähnlich einfach. Ursprünglich wurde das Black-Modell für die Bewertung von Optionen auf Rohstoff-Futures entwickelt (Siehe zur Bewertung von Future-Optionen auch Brenner et al. 1985). Im Black-Modell wird insbesondere der stochastische Prozess des Forwardbzw. Future-Preises betrachtet. Dabei kann man zeigen, dass die Volatilität des Kassapreises und die Volatilität der Terminpreise identisch sind, wenn Zinssätze und Cost of Carry deterministisch sind. Im Modell von Black wird angenommen, dass der Kurs des Basisobjekts zum Fälligkeitszeitpunkt lognormalverteilt ist, der stochastische Prozess während der Laufzeit wird nicht modelliert. Zusätzlich wird der erwartete Wert des Basisobjekts zur Fälligkeit über den Forward-Preis geschätzt. Beachtet man die Relation zwischen Kassakurs und Terminkurs im Rahmen der einfachen Cost of Carry-Modellierung des neunten Kapitels in Gl. 9.8 S rT ,
FT
so lässt sich aus der Black/Scholes-Formel der Bewertungsansatz von Black erhalten. Dabei steht V für die Standardabweichung der Verteilung des Terminpreise bei Fälligkeit der Option: C Black,E P Black,E
r T ª¬ FT N d1Black K N d 2Black º¼
(12.35)
r T ª¬ FT N d1Black K N d 2Black º¼
(12.36)
FT V2 T K 2 V T
(12.37)
d1Black V T
(12.38)
mit
d1Black d 2Black
ln
12.5 Black/Scholes-Formel und Erwartungswertkalkül Ein Weg zur Ermittlung des Optionswertes ist die Bestimmung des unter den risikoadjustierten Wahrscheinlichkeiten gebildeten Erwartungswertes. Im Rahmen
12.5 Black/Scholes-Formel und Erwartungswertkalkül
337
des Binomialmodells ist diese Vorgehensweise ausgeführt und insbesondere die Rolle der als Pseudowahrscheinlichkeiten bezeichneten Größen p und 1 – p diskutiert worden. Im Folgenden wird eine entsprechende Ableitung der Black/ScholesFormel für europäische Kaufoptionen skizziert. In der abschließenden Diskussion werden darüber hinaus erste Hinweise auf die Elemente fortgeschrittener, mathematischer Bewertungstheorien gegeben. Die Bestimmung des Optionswertes auf Basis des Erwartungswertkalküls erfolgt über die Diskontierung erwarteter Werte. Für den Erwartungswert der Option zur Fälligkeit gilt: E CT
E ª¬ max 0, ST K º¼
(12.39)
Das Modell von Black, Scholes und Merton beruht auf der Annahme normalverteilter Aktienrenditen mit konstanter Momentanvarianz, d. h. der logarithmierte Aktienkurs zur Fälligkeit lnST ist normalverteilt mit den Parametern PS und VS. Für die Dichtefunktion f von S folgt also: f ST
§ ln ST P S · 1 exp ¨ ¸ 2 VS ¹ ST V S 2 S ©
2
(12.40)
Für den erwarteten Optionswert lässt sich demnach schreiben: E CT
2
f
³ ST K K
§ ln ST P S · 1 exp ¨ ¸ dS 2 VS ¹ ST V S 2 S ©
(12.41)
Die Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte über das Integral 12.41 ist relativ schwierig. Die Anwendung von möglichen Approximationsformeln erfordert zunächst die Transformation der Zufallsvariable ST in eine standardnormalverteilte Zufallsvariable. Dieser Weg soll im Folgenden beschritten werden. Da ST lognormalverteilt ist, ist nach Definition lnST normalverteilt. Zunächst wird also ST durch Logarithmierung in eine normalverteilte und anschließend in eine standardnormalverteilte Zufallsvariable überführt. Ist lnST normalverteilt mit den Parametern PS und VS, so erhält man eine standardnormalverteilte Zufallsvariable wie folgt: y
ln ST P S VS
Mit einer einfachen Umstellung ergibt sich: ST
exp y V S P S
(12.42)
Weiter muss beachtet werden, dass bei der Transformation auch die untere Integrationsgrenze K entsprechend anzupassen ist: ln K P S VS
(12.43)
338
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
Schließlich wird auch die Integrationsvariable ausgetauscht, indem das Differential dS durch das Differential dy ersetzt wird. Dazu bestimmt man zunächst: V S exp y V S P S dy
dS
(12.44)
Setzt man Gl. 12.42, Gl. 12.43 und Gl. 12.44 in die Gl. 12.41 für den erwarteten Optionswert ein und nimmt man an, dass die jeweiligen Teilintegrale existieren, so folgt: E CT
f
³
exp y V S P S
ln K P S VS f
1 § 1 · exp ¨ y 2 ¸ dy 2 2S © ¹
³
K
1 § 1 · exp ¨ y 2 ¸ dy 2S © 2 ¹
ln K P S VS
(12.45)
Zur Umformung des ersten Teilintegrals in eine für Standardnormalverteilungstabellen praktikable Form, wird y durch PS und z + VS substituiert: E CT
f
1 § · 1 § 1 · exp ¨ P S V2S ¸ exp ¨ z 2 ¸ dz 2 2 © ¹ 2S © ¹ ln K P S V
³
VS
f
1 § 1 · exp ¨ y 2 ¸ dy 2S © 2 ¹
³
K
ln K P S VS
Es resultiert: · § ln K P S · 1 § · § ln K P S E CT exp ¨ P S V2S ¸ N ¨ VS ¸ K N ¨ ¸ 2 VS VS © ¹ © ¹ © ¹
(12.46)
Für den Erwartungswert und die Varianz einer logarithmierten Zufallsvariable lnST – siehe dazu auch die Ausführungen des folgenden Abschnitts – gelten: PS
1 2· § ¨ P V ¸ T ln S 2 © ¹
V
V T
2 S
(12.47)
2
Setzt man Gl. 12.47 in Gl. 12.46 ein, so folgt nach einigen einfachen Umordnungen: E CT
mit
S exp P T N d1 K N d 2
(12.48)
12.5 Black/Scholes-Formel und Erwartungswertkalkül
ln d1P d 2P
S § V2 · ¨P ¸ T K © 2 ¹ V T d1P V T
339
(12.49)
(12.50)
Diskontiert man den Erwartungswert mit einem risikoangepassten Zinssatz, so resultiert der aktuelle Optionswert. Die Black/Scholes-Formel – hier in der Form kontinuierlicher Verzinsung – folgt offenbar genau dann aus der Preisformel 12.48, wenn man für den Erwartungswert wie auch für den Diskontierungsfaktor jeweils den risikolosen Kalkulationszinssatz i setzen kann. Dies ist vereinfacht formuliert deshalb möglich, weil der Optionswert auf einem Markt frei von Arbitrage-Möglichkeiten unabhängig von den herrschenden Risikopräferenzen ist. Ein Optionswert kann deshalb beispielsweise in einer risikoneutralen Welt bestimmt werden, in der die geforderte Gleichgewichtsrendite dem risikofreien Zinssatz entspricht. Der theoretische Optionswert gleicht dem Barwert eines Sicherheitsäquivalents, wobei mit dem risikolosen Kalkulationszinsatz zu diskontieren ist. Das Sicherheitsäquivalent wiederum entspricht dem im Rahmen dieser sogenannten risikoneutralen Bewertung ermittelten Erwartungswert der Option zur Fälligkeit. Eine Verteilungsfunktion zukünftiger Wertpapierpreise, die folgende beiden Bedingungen erfüllt, bezeichnet man auch als risikoneutrale Wahrscheinlichkeitsfunktion: 1. Die mit positiver risikoneutraler Wahrscheinlichkeit eintretenden Wertpapierpreise sind identisch zu den Wertpapierpreisen, die mit positiver ursprünglicher Wahrscheinlichkeit auftreten. 2. Der Erwartungswert der Rendite ist unter der risikoneutralen Wahrscheinlichkeit bei allen Wertpapieren gleich. Eine risikoneutrale Verteilungsfunktion erlaubt also genau die oben skizzierte Vorgehensweise der Bewertung bedingter Ansprüche. Man spricht dabei auch von einem äquivalenten Martingalmaß, da zum einen Äquivalenz in Bezug auf die Menge der eintretenden Wertpapierpreise unter der risikoneutralen wie auch der ursprünglichen Wahrscheinlichkeitsverteilung gegeben ist und zum anderen die erwarteten Veränderungen der stochastischen Kursbewegung gleich null sind (= Martingal). Die Anwendbarkeit der Theorie risikoneutraler Bewertung ist durch die angenommenen Eigenschaften des zugrunde liegenden Kapitalmarktes definiert: Innerhalb einer Modellwelt ist genau dann keine risikoneutrale Bewertung möglich, wenn der betrachtete Markt nicht frei von Möglichkeiten zur Arbitrage ist. Darüber hinaus ist ein Markt genau dann vollständig, wenn auf ihm ein eindeutiges äquivalentes Martingalmaß existiert.
340
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
12.6 Brownsche Prozesse und Black/ScholesDifferentialgleichung In Optionsbewertungsmodellen wird ein bestimmter stochastischer Prozess für die Entwicklung des Wertes des Basisobjekts postuliert und aus den Eigenschaften des Prozesses heraus eine Lösung der Bewertungsaufgabe entwickelt. Stochastische Prozesse sind als zeitliche Abfolge realisierter Zufallsereignisse darstellbar. Im Folgenden wird eine Einführung in zentrale Elemente der stochastischen Modellierung von Aktienkurszeitreihen gegeben, um die Black/Scholes-Formel auf diesem Weg zu motivieren. 12.6.1 Wiener Prozesse und Aktienkurse
Eine wichtige Klasse stochastischer Prozesse stellen die Markov-Prozesse dar, die eine gewisse Vergesslichkeitseigenschaft besitzen. Die Markov-Eigenschaft besagt, dass die Werte der Zufallsvariablen in Zeitpunkten t > t* bei gegebenem Wert in t* nicht von vergangenen Werten der Zufallsvariablen abhängen. Bei Markov-Prozessen ist also nur der Zustand in t* relevant für den Fortgang des Prozesses. Aktienkursmodelle werden häufig mit Hilfe des Konzepts der Brownschen Bewegung, eines speziellen Markov-Prozesses, ausgedrückt. Die Brownsche Bewegung beruht unter anderem auf der von Robert Brown gemachten Beobachtung, dass kleine Teilchen in einer Flüssigkeit unter dem Einfluss rasch aufeinander folgender zufälliger Zusammenstöße mit Nachbarpartikeln eine unregelmäßige Bewegung ausführen. Das stochastische Verhalten der horizontalen Koordinate wt im Zeitablauf weist gewisse charakteristische Merkmale auf, die in einer stochastischen Modellierung von Norbert Wiener ausgearbeitet wurde. Ein Brownscher Prozess wird deshalb auch als Wiener Prozess bezeichnet. Folgt eine Variable w einer Brownschen Bewegung, so gilt für die Variablenänderung 'w in einem kleinen Zeitintervall der Länge 't: 'w
z 't
(12.51)
Dabei ist z eine standardnormalverteilte Zufallsvariable mit Mittelwert null und Varianz eins. Eine Brownsche Variable 'w ist also normalverteilt mit Mittelwert null und Varianz 't. Betrachtet man einen längeren Zeitraum T und unterteilt man diesen Zeitraum in n gleich große Intervalle der Länge 't, so gilt für Veränderungen wT w0 in T mit Gl. 12.51: wT w0
n
¦z i
't
(12.52)
i 1
Für jedes Zeitintervall der Länge T ist der Zuwachs wT w0 aufgrund eines der charakteristischen Merkmale eines Brownschen Prozesses normalverteilt mit Mittelwert null und Varianz T.
12.6 Brownsche Prozesse und Black/Scholes-Differentialgleichung
341
Ein Mittelwert von null besagt, dass erwartete künftige Werte für w dem heutigen Wert entsprechen. Eine bestimmte Richtung im Prozessverhalten lässt sich durch Einführung eines sogenannten Driftterms berücksichtigen. Dabei erhält man aus einem Brownschen Prozess w einen Brownschen Prozess mit Drift D durch die Umformung: 'x
D 't V 'w
(12.53)
Der Ausdruck V'w beschreibt den Störparameter des Prozesses. Er gibt die zufälligen Schwankungen um die erwarteten Veränderungen wider. Der erste Term auf der rechten Seite D'w steht dagegen für die erwartete Veränderung des Prozesses im Zeitablauf 't. Betrachtet man zur weiteren Erläuterung die eingeschränkte Gleichung 'x = D't, die keinen zufälligen Parameter enthält, so folgt aus dieser Relation sofort 'x/'t = D. In einem Zeitintervall der Länge t wächst der Prozess x also um den Betrag Dt: xt
x0 D t
(12.54)
Aus der diskreten Darstellung der Gl. 12.53 erhält man die stochastische Differentialgleichung vom Wiener Typ für die Veränderungen von xt als: dx
D dt V dw
(12.55)
Sind die Parameter D und V nicht konstant, sondern von den Größen x und t abhängig, so bezeichnet man x auch als Itô Prozess: D x, t dt V x, t dw
dx
(12.56)
Für finanzmathematische Anwendungen von besonderer Bedeutung ist der sogenannte geometrische Brownsche Prozess. Ihn erhält man aus einem Brownschen Prozess mit Drift D durch Transformation zu: St
exp xt für t t 0
(12.57)
Das vorgestellte Konzept stochastischer Prozesse wird nun zur Beschreibung des zeitlichen Verhaltens von Aktienkursen angewandt. Es wird dazu angenommen, dass S als Itô Prozess mit erwarteter Rendite P, Standardabweichung V und Wiener Prozess w darstellbar ist: dS
P S dt V S dw
(12.58)
Die diskretisierte Darstellung ergibt daraus unter Beachtung von Gl. 12.51 die Beziehung: 'S S
P ' t V z 't
(12.59)
Gl. 12.59 besagt, dass 'S/S normalverteilt ist mit Mittelwert P't und Standardabweichung V 't
342
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
Die linke Seite von Gl. 12.59 gibt die proportionale Wertänderung des Aktienkurses in einer kurzen Zeitphase 't an. Der Ausdruck P't stellt die erwartete Veränderung dar. Die Zufallskomponente der Veränderung.wird repräsentiert durch: V z 't
Beide Parameter P und V sind nach Annahme konstant. Eine Kursstochastik gemäß Gl. 12.58 impliziert, dass Aktienkurse einer geometrischen Brownschen Bewegung folgen: S
exp x
(12.60)
Das lässt sich sofort durch Anwendung des Lemmas von Itô zeigen. Das Lemma von Itô besagt, dass sich die taylorsche Approximation zweiten Grades der Veränderung einer Zufallsgröße S wie folgt ergibt:
dS
wS wS 1 w2S dx dt 2 V2 dt wx wt 2 wx
(12.61)
Die Anwendung des Lemmas von Itô auf Gl. 12.60 ergibt unter Beachtung der Zusammenhänge in Gl. 12.55: dS
wS wS 1 w2S dx dt 2 V2 dt wx wt 2 wx 1 S D dt V dw S V2 dt 2 S P dt S V dw
(12.62)
mit P
D
V2 2
Für das Verhalten von logarithmierten Aktienkursen lnS lässt sich analog zeigen: § V2 · ' ln S ¨ P ¸ 't V z 't 2 ¹ ©
(12.63)
Da die Differenz logarithmierter Kurse gleich der logarithmierten Rendite ist ' ln S ln St 't ln St
ln
St 't , St
(12.64)
erhält man schließlich: St 't
ª§ º V2 · St exp «¨ P ¸ 't V zt 't » 2 ¹ ¬© ¼
(12.65)
12.6 Brownsche Prozesse und Black/Scholes-Differentialgleichung
343
Mit Gl. 12.65 können Kursverläufe in verschiedenen Szenarien durch Vorgabe eines Kurses S0, der erwarteten Rendite P, der Kursvolatilität V und einer Schrittgröße 't simuliert werden. Dabei bezeichnet 't die Unterteilung des Zeitraums, für den Kurse erzeugt werden sollen. Die normalverteilte Variable zt wird mit dem Index t versehen, um deutlich zu machen, dass es sich nicht um eine konstante Zufallszahl handelt. Diese stochastische Größe ist für jeden Simulationsschritt neu anzugeben, so dass die Variablen unabhängig voneinander sind. Kursänderungen in einem größeren Zeitintervall T ergeben sich mit sukzessivem Einsetzen in die Gl. 12.65 aus der Beziehung: ST
ª§ º V2 · S0 exp «¨ P ¸ T V z T » 2 ¹ ¬© ¼
(12.66)
Es kann festgehalten werden, dass sich aufgrund der Annahme einer geometrischen Brownschen Bewegung folgendes stochastische Verhalten für den Aktienkurs einstellt: x Das logarithmierte Verhältnis der Aktienkurse ln
ST S0
ln ST ln S0
(12.67)
ist normalverteilt mit Mittelwert § V2 · ¨P ¸ T 2 ¹ ©
und Standardabweichung: V T
x Der Aktienkurs in T ist lognormalverteilt mit einer Varianz proportional zu T. 12.6.2 Eine (weitere) kurze Herleitung der Black/Scholes-Formel
Im Modell von Black, Scholes und Merton wird von Aktienkursbewegungen gemäß eines geometrischen Brownschen Prozesses ausgegangen. Demnach werden Veränderungen des Aktienkurses durch folgende Gleichung beschrieben: dS
P S dt V S dw
(12.68)
Für die Dynamik des Wertes einer europäischen Kaufoption auf diese Aktie zum Zeitpunkt t mit Ausübungspreis K und Fälligkeitszeitpunkt T folgt nach dem Lemma von Itô mit dem Kursprozess gemäß Gl. 12.68:
344
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
dC E
wC E wC E 1 w 2C E 2 2 dt dS V S dt wt wS 2 wS 2 § wC E wC E 1 w 2C E 2 2 · wC E P S V S ¸ dt V S dw ¨ 2 wt wS 2 wS © wS ¹
(12.69)
In diskretisierter Form stellt sich Gl. 12.69 dar als: 'C E
§ wC E wC E 1 w 2C E 2 2 · wC E P S S t V ' V S z 't ¨ ¸ wt wS 2 wS 2 © wS ¹
(12.70)
Im Originalansatz der Herleitung der Black/Scholes-Formel wird eine PortfolioPosition V bestehend aus dem Verkauf einer Option und dem Kauf einer bestimmten Anzahl (= Delta) Aktien konstruiert. Für dieses Portfolio ergibt sich zu Beginn des Betrachtungszeitraums der Wert: V
C E S
wC E wS
(12.71)
Die Veränderung des Portfolio-Wertes 'V in einem kleinen Zeitintervall 't setzt sich aus den Änderungen in den Einzelpositionen zusammen zu: 'V
'C E 'S
wC E wS
(12.72)
Aus der postulierten Aktienkursbewegung lässt sich nach den Bemerkungen des vorangegangenen Abschnitts folgern, dass für Kursänderungen in einem Zeitraum 't mit einer standardnormalverteilten Zufallsvariable z folgende Beziehung gilt: 'S S
P ' t V z 't
(12.73)
Indem man Gl. 12.73 und Gl. 12.70 in Gl. 12.72 einsetzt, erhält man: 'V
§ wC E 1 w 2C E 2 2 · V S ¸ 't ¨ 2 wS 2 © wt ¹
(12.74)
Die normalverteilte Variable z ist demanch vollständig eliminiert, d. h. nach Gl. 12.74 ist die Veränderung des Portfolio 'V im Zeitintervall 't unabhängig von zufälligen Größen. Da der Kapitalmarkt nach Annahme vollkommen und vollständig und somit auch frei von Arbitrage ist, muss das Portfolio V den gleichen Ertrag wie eine Anlage zum Kalkulationszinssatz erbringen: 'V
i V 't
(12.75)
Setzt man hier die Werte für 'V aus Gl. 12.74 und für V gemäß Gl. 12.71 ein, so erhält man die sogenannte Black/Scholes-Differentialgleichung:
12.6 Brownsche Prozesse und Black/Scholes-Differentialgleichung
wC E wC E 1 w 2C E 2 2 iS V S wt wS 2 wS 2
i CE
345
(12.76)
Die Aufgabe der Bewertung einer Kaufoption wird somit transformiert auf das Problem der Lösung einer Differentialgleichung. Diese Differentialgleichung beschreibt die dynamische Entwicklung des Optionspreises CE(S,t). Die europäische Kaufoption muss darüber hinaus noch den Randbedingungen CE(0,t) = 0 für alle t und CTE
max ST K , 0
genügen. In ihrem originären Beitrag zeigen Black u. Scholes 1973 schließlich, dass die Black/Scholes-Formel die eindeutige Lösung der Black/Scholes-Differentialgleichung unter den genannten Randbedingungen ist. Eine solche Vorgehensweise ist prinzipiell auf beliebige Bewertungsprobleme übertragbar. Aus der angenommen Kursstochastik und den Marktbedingungen wird ein Differentialgleichungssystem unter Randbedingungen abgeleitet. Aus der Lösung des Differentialgleichungssystems erhält man die gesuchte Optionsbewertungsformel. 12.6.3 Black/Scholes-Differentialgleichung und selbstfinanzierende Strategien
In der Darstellung der Veränderung des Portfolio-Wertes nach Gl. 12.74 ist zu beachten, dass die Hedge-Strategie nur in einem infinitesimal kurzen Zeitraum risikolos ist. Kursänderungen führen aber dazu, dass die Portfolio-Positionen anzupassen sind. Die dazu benötigte Konstruktion der sogenannten selbstfinanzierenden Portfolio-Strategie ist aber nicht mit Option und Aktie darstellbar, sondern wird mit Positionen in der Basisaktie und einer festverzinslichen Anleihe umgesetzt. Die nachfolgend skizzierte Ableitung der Black/Scholes-Differentialgleichung aus einem selbstfinanzierenden Portfolio stammt von Bergman 1985. Man betrachtet dabei ein Portfolio bestehend aus D(S,t) = D Aktien und E(S,t) = E Teilen einer risikofreien Anlage. Für den Wert V dieses Portfolio, das in einer speziellen Betrachtung dem Wert einer Option entsprechen kann, gilt also: V S, t
DS E B
(12.77)
Veränderungen des Portfolio-Wertes lassen sich mit der Kenntnis aus der Verteilungseigenschaft des Aktienkurses nach Gl. 12.68 und unter Anwendung des Lemmas von Itô somit darstellen als: dV
D dS E dB ª¬ S d D B d E d D dS d E dB º¼
(12.78)
Für die Wertänderung der risikofreien Position gilt bei angenommener kontinuierlicher Verzinsung dB = iexp(it). Ein Portfolio, dessen Wert sich nach Gl. 12.77 beschreiben lässt, wird nun als selbstfinanzierendes Portfolio bezeichnet, falls gilt:
346
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
S d D B d E d D dS d E dB 0
(12.79)
Bergman 1985 zeigt, dass ein Portfolio nach Gl. 12.77 genau dann selbstfinanzierend ist, wenn es die Black/Scholes-Differentialgleichung erfüllt. Beispielhaft wird hier eine Beweisrichtung skizziert. Es wird angenommen, dass das Portfolio selbstfinanzierend ist und gezeigt, dass dann die Black/Scholes-Differentialgleichung gilt. Nach Gl. 12.78 folgt in Verbindung mit Gl. 12.79: dV
D dS E dB
(12.80)
Mit Itôs Lemma und Gl. 12.68 folgt: dV
wV wV 1 w 2V dt P dt V dw S 2 V2 S 2 dt wt wS 2 wS § wV · wV wV 1 w 2V dt P S 2 V2 S 2 ¸ dt S V dw ¨ wS wS 2 wS © wt ¹
(12.81)
Aus Gl. 12.80 und Gl. 12.81 erhält man unmittelbar: D
wV wS
(12.82)
Mit Gl. 12.82, Gl. 12.68 und der Wertentwicklung der risikofreien Anlage folgt in Gl. 12.80: dV
wV § wV · P S E i exp i t ¸ dt V S V dw ¨ w wS S © ¹
(12.83)
Das Gleichsetzen der Relationen 12.83 und 12.81 ergibt schließlich: E i exp i t
wV 1 w 2V 2 2 V S wt 2 wS 2
(12.84)
Aus der Konstruktion von V in Gl. 12.77 zusammen mit B = exp(it) leitet sich unter Zuhilfenahme von Gl. 12.84 und 12.82 schließlich die Relation wV · § S¸ i ¨V wS ¹ ©
wV 1 w 2V 2 2 V S wt 2 wS 2
und damit die gesuchte Black/Scholes-Differentialgleichung ab: wV 1 w 2V 2 2 wV V S iS i V wt 2 wS 2 wS
0
Schlüsselbegriffe
347
Literaturhinweise zu Kapitel 12 In den Textpassagen sind bereits Referenzen angegeben, so dass im Folgenden nicht weiter auf vertiefende Einzelbeiträge, sondern auf Bücher und ausgewählte zentrale Übersichtsbeiträge hingewiesen wird. Ausgehend von der Black/Scholes-Formel werden Annahmenkatalog und Rahmenbedingungen sowie Modellerweiterungen sehr umfassend in Black 1989, Smithson 1992 sowie Risk 1992 diskutiert. Übersichten der älteren optionspreistheoretischen Literatur mit Bezug zum Erwartungswertkalkül des Abschnitts 12.5 findet man bei Smith 1976, Sprenkle 1961 und Cox u. Ross 1976. Auch die Zahl empirischer Studien, die den Erklärungsgehalt ausgewählter Optionspreisformeln untersuchen, ist mittlerweile sehr groß. Ergebnisse und Übersichten hierzu findet man bei Bates 1996, Geske u. Trautmann 1986 oder auch Rubinstein 1985. Die Bewertung von Derivaten im Kontext der mathematischen Theorie arbitragefreier Märkte (Abschnitt 12.6) behandelt ausführlich Sandmann 2010, die Lehrbücher von Baxter u. Rennie 1996 sowie Wilmott et al. 1995 argumentieren auf ähnlicher Basis. Grundlegend sind hier Harrison u. Kreps 1979; Cox u. Huang 1989 und Sundaresan 2000 fassen dies nochmals zusammen. Sundaram 1997 bietet einen einfachen Zugang. In der Bewertung amerikanischer Optionen kommen meist numerische Verfahren wie die Methode der finiten Differenzen zum Einsatz. Courtadon 1990 gibt einen Überblick. Verteilungsfreie Abschätzungen bei Währungsoptionen werden ausführlich in Giddy 1983, die binomiale Bewertung europäischer und amerikanischer Währungsderivate in Adams u. Wyatt 1987 vorgestellt. Die im Abschnitt 12.3.2 ausgeführte Ableitung der Garman/Kohlhagen-Formel aus dem binomialen Bewertungsansatz lehnt sich an Cox et al. 1979 sowie Bodurtha u. Courtadon 1987 an. Verteilungsfreie Abschätzungen bei Währungsoptionen werden ausführlich in Giddy 1983 vorgestellt. Bei Kruschwitz u. Husmann 2010 findet man in der Herleitung des zeitdiskreten Modells von Heath, Jarrow u. Morton 1990, 1992 eine relativ einfache, auf dem binomialen Modell des zehnten Kapitels basierende Zinsderivateformel. Die Bewertungstheorie von Zinsderivaten ist ausdrücklicher Gegenstand der Lehrbücher von Branger u. Schlag 2004a sowie Brigo u. Mercurio 2001. Bühler et al. 1997 vergleichen Modelle zur Bewertung von Zinsoptionen empirisch. Ho 1995 liefert eine komprimierte Übersicht der Entwicklungen in der Bewertung von Zinsoptionen.
Schlüsselbegriffe Bewertung amerikanischer Optionen Bewertung von Aktienoptionen mit Dividende Bewertung von Future-Optionen Bewertung von Währungsoptionen Black-Formel Black/Scholes-Differentialgleichung Brownsche Bewegung Constant Elasticity of Variance CEV Erwartungswertkalkül Garrman/Kohlhagen-Formel
Itô-Prozess Lemma von Itô Merton-Modell Markov-Prozess Martingal Put-Call-Parität bei Währungsoptionen Risikoneutrale Bewertung Selbstfinanzierende Strategie Sprungprozess Stochastischer Prozess Wiener Prozess
348
12 Vertiefungen und Spezialmodelle der Optionspreistheorie
Fragen und Aufgaben Fragen
1. Wie können einfache Dividendenszenarien in die Black/Scholes-Modellierung integriert werden? 2. Was besagt das CEV-Modell für die Kursvarianz im Basiswert? Inwiefern ist die CEV-Formel eine Erweiterung der Black/Scholes-Formel? 3. Können amerikanische Optionen mit dem Binomialmodell bewertet werden? Beschreiben Sie die Vorgehensweise. 4. Warum können nicht beliebige Dividendenszenarien in die binomiale Bewertung integriert werden? 5. Geben Sie eine gute untere Abschätzung des Wertes einer Verkaufsoption auf einen Währungsbetrag an. 6. Notieren Sie mit Hilfe der Put-Call-Parität (Gl. 12.4) die Garman-KohlhagenFormel (Gl. 12.12) für europäische Verkaufsoptionen. 7. Was ist ein Brownscher Prozess? Welche Rolle spielt er in der Finanzierungstheorie? 8. Was versteht man unter einer selbstfinanzierenden Strategie?
Aufgabe 12.A
Der Kurs einer Aktie steht in t = 0 bei S = 500 € und verändert sich gemäß eines zweiperiodigen Binomialmodells mit den Faktoren u = 1,1 bzw. d = 0,9. Der Kalkulationszinssatz pro Periode ist 5 %. Berechnen Sie den Wert einer amerikanischen Verkaufsoption in t = 0 auf diese Aktie mit Fälligkeit in t = 2 bei einem Ausübungspreis K = 500. Aufgabe 12.B
Gehen Sie davon aus, dass die Rahmenbedingungen des Binomialmodells gelten. Gegeben ist eine Aktie mit aktuellem Kurs 125 €. Für die kommenden Perioden wird damit gerechnet, dass sich der Aktienkurs bei Eintritt eines günstigen Umweltzustands um 25 % erhöht bzw. bei schlechter Umweltentwicklung auf 80 % sinkt. Am Markt existiert ein risikoloser Zinssatz von 2,5 % pro Periode. Berechnen Sie den Wert einer amerikanischen Verkaufsoption auf die Aktie mit Ausübungspreis 125 € und Fälligkeit in t = 3. Aufgabe 12.C
Betrachten Sie eine am Geld liegende europäische Kaufoption auf einen USDollar mit Ausübungspreis K = 0,80 Euro pro US-Dollar und gehen Sie davon aus, dass sich dieser Wechselkurs in einer Periode entweder zu 0,88 oder 0,72 Euro pro US-Dollar hin verändert. Für die Kursänderungsfaktoren gilt also u = 1,1 bzw. d = 0,9. Für die Zinssätze gilt i€ = 2,50 % p. a. bzw. iUS$ = 1,25 % p. a.
Fragen und Aufgaben
349
1. Bewerten Sie die Option im Rahmen eines einperiodigen Binomialansatzes. 2. Berechnen Sie den Wert des Delta-Faktors. Aufgabe 12.D
Der Kurs einer Währung steht in t = 0 bei S = 2,50 und verändert sich gemäß eines zweiperiodigen Binomialmodells mit den Faktoren u = 1,6 bzw. d = 0,8. Der risikolose Inlandszinssatz pro Periode beträgt 20 %, der risikolose Auslandszinssatz pro Periode 25 %. 1. Berechnen Sie den heutigen Wert einer europäischen Kaufoption auf eine Einheit dieser Währung mit Fälligkeit in t = 2 bei einem Ausübungspreis K = 2,50. 2. Leiten Sie in einer kurzen, aber vollständigen Argumentation die allgemeine Formel zur Berechnung des Delta-Wertes für die erste Periode im Binomialmodell bei Währungsoptionen her. 3. Bestimmen Sie den Delta-Hedge für die erste Periode und stellen Sie diesen anhand einer Arbitrage-Tabelle dar. 4. Berechnen Sie den zur Teilaufgabe 1. entsprechenden Wert einer amerikanischen Währungskaufoption. Aufgabe 12.E
Betrachten Sie die Relation zwischen den Optionskennzahlen Delta, Gamma und Theta anhand der Black/Scholes-Differentialgleichung. Welche Zusammenhänge folgen daraus für Delta-neutrale und Delta-Gamma-neutrale Portfolios? Lösungsskizzen sowie weitere Fragen und Aufgaben sind auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de zu finden.
13 Exotische Optionen
Indem neben den sogenannten klassischen Kauf- und Verkaufsoptionen eine Vielzahl neuartiger Optionsderivate entstanden sind, hat der Markt für Optionsprodukte eine bemerkenswerte Entwicklung erfahren. Ein Teil dieser Kontrakte wird meist ohne nähere Erläuterung und damit wenig aussagekräftig unter den Begriffen „exotische Optionen“, „Spezialoptionen“ oder auch derivative Instrumente der „zweiten“ bzw. „dritten Generation“ subsumiert. Die Gruppe von Optionen, die durch diese Bezeichnungen beschrieben wird, ist allerdings nicht eindeutig festgelegt, da keine einheitliche Auffassung darüber besteht, welche Kriterien zur Definition exotischer Optionen herangezogen werden sollten. Im folgenden Abschnitt werden das Segment exotischer Optionen deshalb strukturiert und die wichtigsten Formen exotischer Optionen dargestellt. Deren Bewertung wird an ausgewählten Beispielen skizziert.
13.1 Begriffsabgrenzung und Systematik exotischer Optionen Hinter der einfachen Struktur klassischer Optionen verbergen sich vier wesentliche Eigenschaften, von denen mindestens eine bei exotischen Optionen verändert ist: 1. Für die Ausübung einer klassischen Option ist nur ein einziger Kurs von Interesse, nämlich der Kurs des Basisinstruments. Bei exotischen Optionen können die Kurse mehrerer Basisinstrumente relevant sein und die Höhe der Zahlung bzw. die Zulässigkeit der Ausübung beeinflussen. 2. Der Wert, den der Optionserwerber bei Ausübung einer klassischen, im Geld liegenden Option erhält, ist linear steigend mit Steigung eins bezogen auf den Kassakurs des Basisinstruments. Bei exotischen Optionen kann diese Linearität ersetzt werden durch eine nichtlineare Beziehung zwischen der Zahlung bei Ausübung und dem Kurs des Basisinstruments. Die Ausübung kann auch zu einer fixen, kursunabhängigen Zahlung führen. 3. Die Zahlung bei Ausübung einer klassischen Option bemisst sich nur nach dem Kurs des Basisinstruments im Ausübungszeitpunkt. Bei exotischen Optionen können dagegen auch andere Zeitpunkte oder auch Zeiträume für die Berechnung dieser Zahlung relevant sein. 4. Das Recht des Erwerbers einer klassischen Option, diese wahrzunehmen, ist nur im Hinblick darauf beschränkt, wann er ausüben darf, ansonsten existieren keine Beschränkungen. Einige exotische Optionen dagegen knüpfen die Auf-
352
13 Exotische Optionen
rechterhaltung oder Inkraftsetzung des Ausübungsrechts an bestimmte Bedingungen, z. B. bezüglich des Kursverlaufs des Basisinstruments. Bezieht sich eine Option nur auf ein Basisobjekt, so kann man von einer einfaktoriellen Option sprechen. Ist dagegen das erste der oben genannten Merkmale varriert, d. h. ist die Auszahlung von mehreren Basisobjekten abhängig, so liegt eine mehrfaktorielle Option vor. Das Segment einfaktorieller Optionen soll wie folgt weiter unterteilt werden: x Bei einer quantitativen Option erfüllt der Ausübungspreis zwei Funktionen. Zum einen bestimmt er die Wertigkeit der Option, zum anderen beeinflusst er die Höhe des Auszahlungsbetrags. x Eine qualitative Option zeichnet sich hingegen dadurch aus, dass der Ausübungspreis nur darüber entscheidet, ob sie im, am oder aus dem Geld liegt. Die Höhe des Auszahlungsbetrags einer im Geld liegenden Option ist dann aber unabhängig von ihrem Ausübungspreis. Mit dieser begrifflichen Strukturierung ist auch eine Einteilung bezüglich des Entstehungszeitpunkts exotischer Instrumente verbunden. Während sich beispielsweise quantitative Optionen bereits seit den siebziger Jahren in der einschlägigen Literatur etabliert hatten, sind qualitative Optionen erst seit den neunziger Jahren in den Mittelpunkt weiterer Analysen gerückt. Quantitative exotische Optionen werden deshalb auch als Derivate der zweiten und qualitative Optionen als Derivate der dritten Generation bezeichnet. Stellenweise wird der Begriff der exotischen Option darüber hinaus begrenzt auf den Bereich der quantitativen, kurspfadabhängigen Option. Die Tabelle 13.1 enthält eine Systematik exotischer Optionen, die auf der horizontalen Ebene in kurspfadabhängige und kurspfadunabhängige Optionen unterscheidet. Eine Option wird als kurspfadabhängig bezeichnet, wenn die Auszahlung zur Optionsfälligkeit von der Kursentwicklung bis zu diesem Zeitpunkt (direkt) abhängt, d. h. wenn insbesondere die obige dritte Eigenschaft variiert wird. Kurspfadabhängige Optionen können des weiteren einem Schwellenkriterium unterliegen, d. h. es wird das vierte Kriterium variiert und beispielsweise verlangt, dass der Kurs des Basisobjekts während der Restlaufzeit eine bestimmte Kurshöhe (= Schwelle) niemals unterschreiten darf. In der Vertikalen wird in Tabelle 13.1 unterschieden in ein- und mehrfaktorielle Optionen. Die einfaktoriellen Optionen wiederum können als qualitative oder als quantitative Optionen konzipiert sein. Dieser Einteilung folgend ist die klassische Standardoption, auch Plain Vanilla-Option genannt, eine einfaktorielle, quantitative, kurspfadunabhängige Option. Die in der Tabelle 13.1 eingetragenen ausgewählten exotische Optionstypen werden in den folgenden Abschnitten detaillierter vorgestellt. In der Finanzpraxis sind diese Formen nicht nur in Reinform, sondern in zahlreichen Varianten und Kombinationen vorzufinden. Insbesondere die Knock In- und Knock Out-Elemente von Schwellenoptionen scheinen besonders intensiv bei Produktstrukturierungen genutzt zu werden.
13.2 Wichtige Formen exotischer Optionen
353
Tabelle 13.1. Systematik exotischer Optionen Faktorzahl
Einfaktorielle Optionen
Mehrfaktorielle Optionen
Determinanten
Kurspfadunabhängige Optionen
Kurspfadabhängige Optionen Ohne Schwelle Mit Schwelle
Qualitativ
Digital- (Binär-) Optionen (Asset or Nothing-, Cash or Nothing- sowie Gap-Optionen)
Schalteroptionen RangeOptionen
KontrollOptionen QuattroOptionen
Quantitativ
Klassische (= Plain Vanilla-) Optionen Power-Optionen Contingent-Optionen
Durchschnittsoptionen Extremwertoptionen
SchwellenOptionen
Basket-Optionen Performance-Optionen Quanto-Optionen
CompoundOptionen ChooserOptionen
13.2 Wichtige Formen exotischer Optionen Bei Digitaloptionen (Binäroptionen) bestimmt der Kurs des Basisobjekts nicht die Höhe der mit der Ausübung verbundenen Zahlung. Gegenüber klassischen Optionen ist das zweite oben genannte Charakteristikum verändert. Bei einer Cash or Nothing-Kaufoption darf der Inhaber einen fixen Betrag vom Stillhalter verlangen, wenn die Option im Geld ist. Die Höhe der dann positiven Differenz zwischen Ausübungspreis und Kurs des Basisobjekts beeinflusst die Zahlung jedoch nicht. Bei Asset or Nothing Calls erhält der Optionserwerber eine Zahlung in Höhe des Kurses des Basisinstruments, wenn der Kurs des Basisinstruments über dem Ausübungspreis liegt. Da der Ausübungspreis aber nicht gezahlt werden muss, sind Asset or Nothing Calls teurer als klassische Kaufoptionen. Gap-Optionen schließlich sind Kombinationen aus Cash or Nothing- und Asset or Nothing-Optionen. Schalteroptionen sind pfadabhängige Digitaloptionen, deren Zahlungen vom Kurs des Basisobjekts in mehreren Zeitpunkten abhängen. Der Inhaber erhält für jeden Zeitpunkt, an dem der Basisobjektskurs den Ausübungspreis übersteigt, eine fixe Zahlung. Je nach Vereinbarung können diese fixen Zahlungen entweder im jeweiligen Zeitpunkt oder am Ende der Optionslaufzeit gebündelt erfolgen. Der Erwerber hat kein explizites Ausübungswahlrecht, vielmehr ist der Stillhalter zur Zahlung verpflichtet. Bei einer ähnlichen Form, den Range-Optionen, muss der Kurs des Basisobjekts innerhalb einer Bandbreite (= Range) liegen, damit der Erwerber Zahlungen erhält. Man spricht hier auch von Korridor- bzw HAMSTEROptionen (HAMSTER = Hoffnung auf Marktstabilität in einer Range). Muss der Kurs des Basisobjekts außerhalb einer Bandbreite liegen, damit dem Erwerber Festbeträge gutgeschrieben werden, verwendet man auch die Bezeichnung HASEOption (HASE = Hoffnung auf Schwankungen).
354
13 Exotische Optionen
Ergänzt man Schalter- und Range-Optionen um Schwellenkriterien, so gelangt man zu den binären Schwellenoptionen, die auch als Kontrolloptionen bezeichnet werden. Der Inhaber einer Kontrolloption erhält nach bestimmten Zeiträumen, in denen sich der Kurs des Basisobjekts oberhalb oder unterhalb eines fixierten Kursniveaus befindet, einen Fixbetrag gutgeschrieben. Passiert der Kurs diese Schwelle, verfällt die Option wertlos, ansonsten wird dem Investor bei Fälligkeit die angesammelte Gutschrift ausbezahlt. Der Ausübungspreis entspricht hier der Schwelle und erfüllt somit eine Kontrollfunktion (= Kontrolloption). Durch die Kombination zweier Kontrolloptionen erhält man eine Range-Option mit Schwellenkriterium, die sogenannte BOOST-Option. Quattro-Optionen schließlich beziehen sich auf die Einhaltung mehrerer (vier) Ranges, wobei die Gutschrift pro eingehaltener Range unterschiedlich hoch ist. Notiert das Basisobjekt außerhalb aller Ranges, verfällt die Option wertlos. Nach einem ähnlichen Prinzip sind auch sogenannte TWIN- und ONION-Optionen konstruiert. Contingent-Optionen werden auch als Pay Later-Optionen bezeichnet, da sie sich nur dahingehend von klassischen Optionen unterscheiden, dass die Optionsprämie erst zur Ausübung der Option zu zahlen ist. Dabei ist die Option zwingend auszuüben, wenn sie zur Fälligkeit im Geld liegt. Die Optionsprämie einer Contingent-Option ist deutlich höher als die Optionsprämie einer klassischen Option. Power-Optionen unterscheiden sich von einer Standardoption durch die Potenzierung, meist eine Quadrierung, des entsprechenden Auszahlungsbetrags. Damit die zu fordernden Prämien für Power-Optionen nicht zu hoch sind, wird die Auszahlung nach oben limitiert. Bei Durchschnittsoptionen hängt die Zahlung bei Ausübung von einem Durchschnitt der Kurse des Basisinstruments ab, die zu mehreren Zeitpunkten beobachtet werden. Die Durchschnittsbildung erfolgt meist arithmetisch. Wird bei Ausübung die Differenz aus dem Durchschnittskurs und einem festen Ausübungspreis gezahlt, handelt es sich um einen Average Rate Call-Option, auch Asian Call genannt. Ergibt sich dagegen der Ausübungspreis (= Strike) als Durchschnitt, liegt eine Average Strike Call-Option vor, bei deren Ausübung die Differenz aus dem Kurs des Basisinstruments im Ausübungszeitpunkt und dem sich während der Laufzeit als Durchschnitt ergebenden Ausübungspreis gezahlt wird. Bei dieser Form ist der für die Zahlung bei Ausübung relevante Ausübungspreis im Erwerbszeitpunkt nicht bekannt. Average Options dämpfen also die Auswirkungen von Schwankungen im Kurs des Basisobjekts und sind insbesondere zur Absicherung einer Serie gleichartiger Risiken geeignet. Bei Extremwertoptionen, auch Lookback-Optionen genannt, kommt es nicht auf Kursdurchschnitte über die Zeit, sondern auf extreme Kursrealisationen an. So wird bei Ausübung einer Floating Rate Lookback Put-Option die Differenz aus dem Maximum des Kurses des Basisobjekts, das sich bis zum Verfalltag ergibt, und dem Ausübungspreis gezahlt. Der Inhaber erhält also bei Ausübung den ex post für ihn günstigsten Kurs. Daher sind diese Optionen teurer als klassische Optionen. Bei Ausübung einer Floating Strike Lookback Call-Option wird die Differenz aus dem Kurs des Basisobjekts zur Fälligkeit und dem Minimum der Kurse des Basisobjekts bis zur Ausübung gezahlt. Diese Option wird also stets ausgeübt.
13.2 Wichtige Formen exotischer Optionen
355
Schwellenoptionen, auch Barrier-Optionen genannt, stellen eine weitere Form pfadabhängiger Optionen dar. Sie unterscheiden sich im Hinblick auf das Recht zur Ausübung von klassischen Optionen. Es kommt bei Schwellenoptionen darauf an, ob der Kurs des Basisinstruments während der Laufzeit der Option ein vorab festgelegtes Kursniveau, die Schwelle, erreicht, um das Recht auf Ausübung der Option in Kraft (In-Option) oder außer Kraft (Out-Option) zu setzen. Entsprechend ist das Recht auf Ausübung im Zeitpunkt des Erwerbs bei Out-Optionen bereits in Kraft, bei In-Optionen dagegen nicht. Je nach Lage der Schwelle im Verhältnis zum zugrunde liegenden Kurs im Zeitpunkt des Optionserwerbs wird zwischen Up-Optionen und Down-Optionen unterschieden. Bei einer Down and Out-Option verfällt das Recht auf Ausübung der Option, sobald der Kurs des Basisinstruments so weit fällt, dass er die Schwelle erreicht. Die Auszahlung zur Fälligkeit beträgt bei einer Down and OutKaufoption somit null, falls der Kurs des Basisobjekts zu einem Zeitpunkt während der Restlaufzeit unter die Schwelle fällt. Wird die Schwelle nicht unterschritten, so ist die Auszahlung gleich der einer klassischen Kaufoption. Bei einer Up and In-Option muss der Kurs des Basisinstruments dagegen bis auf das Niveau der Schwelle steigen, damit das Recht auf Ausübung in Kraft gesetzt wird. Im Vergleich zu klassischen Optionen herrscht bei Schwellenoptionen im Erwerbszeitpunkt Unsicherheit darüber, ob am Ende der Laufzeit ein Recht auf Ausübung existiert. Damit kosten Schwellenoptionen weniger als klassische Optionen. Über Down and In Puts oder auch Up and Out Puts lassen sich beispielsweise Long Positionen gegen einen drastischen Kursverfall preisgünstig absichern. Über Up and In Calls wird dagegen eine günstige Spekulation auf starke Aufwärtsbewegungen ermöglicht. Bei mehrfaktoriellen Optionen bestimmen die Kurse mehrerer Basisinstrumente die Zahlung bei Ausübung. Sie unterscheiden sich von klassischen Optionen somit im Hinblick auf das genannte erste Merkmal. Bei Basket-Optionen ergibt sich der Kursdurchschnitt aus einer spezifizierten Zahl von Aktien, die oft derselben Branche angehören. Dabei sind unterschiedliche Gewichtungen der einzelnen Aktien möglich. Basket-Optionen sind meist billiger als ein entsprechender Korb von Optionen, da die Volatilität des Basket im Allgemeinen geringer ist als die gewichtete Summe der Einzelvolatilitäten. Bei Performance-Optionen kommt es auf die relative Entwicklung der Kurse mehrerer Basisinstrumente an. So hat der Erwerber einer Tauschoption das Recht, den Bezug eines Basisinstruments gegen Lieferung eines zweiten Basisinstruments zu verlangen. Bei Best Options erhält der Erwerber dasjenige Basisinstrument mit dem höchsten Kurs gegen Zahlung eines Basispreises, bei Worst Options dasjenige mit dem niedrigsten Kurs. Auch Quanto Options gehören zur Gruppe der mehrfaktoriellen Optionen. Bei ihnen führt die Ausübung zu einer Zahlung, die sich aus der Differenz des Kurses eines Basisobjekts und einem Ausübungspreis, die beide in Fremdwährung denominiert sind, und dem Terminkurs dieser Fremdwährung ergibt. Die Entscheidung über die Ausübung hängt also wie bei einer klassischen Option davon ab, ob die in Fremdwährung notierte Differenz zwischen Kurs des Basisobjekts und Ausübungspreis positiv ist oder nicht. Aber die bei einer positiven Differenz anfallende Zahlung erfolgt nicht in Fremdwährung, sondern in der Heimatwährung.
356
13 Exotische Optionen
Compound-Optionen sind zusammengesetzte Optionen, bei denen das Basisobjekt einer ansonsten klassischen Option wiederum eine Option ist. Die erste Option wird auch als Mutteroption, die zweite (das Basisobjekt) als Tochteroption bezeichnet. Einen Spezialfall zusammengesetzter Optionen stellen Delayed-Optionen (Forward Start-Optionen) dar: Hier beträgt der Ausübungspreis der Mutteroption null, so dass der Inhaber der Mutteroption in deren Verfallzeitpunkt eine Tochteroption ohne weitere Zahlung erwerben kann. Die Mutteroption wird also stets ausgeübt. Bei Delayed-Optionen ist im Erwerbszeitpunkt der Mutteroption der Ausübungspreis der Tochteroption noch nicht bekannt. Vielmehr wird dieser Ausübungspreis erst im Zeitpunkt der Ausübung der Mutteroption festgelegt und zwar in Höhe des dann herrschenden Kurses des Basisobjekts der Tochteroption. Damit gestatten Delayed-Optionen den Handel von Optionen, die zu einem zukünftigen Zeitpunkt exakt am Geld sind. Auch Chooser-Optionen sind spezielle zusammengesetze Optionen, bei denen die Mutteroption das Recht enthält, zwischen dem Bezug einer Kaufoption und dem Bezug einer Verkaufsoption als Tochteroption zu wählen. Es handelt sich bei Chooser Options somit um die Kombination einer Compound-Option und einer Best-Option. Bereits hier sieht man beispielhaft, dass mehrere exotische Eigenschaften miteinander kombiniert werden können. Chooser-Optionen ermöglichen ähnlich wie über Straddle-Positionen zunächst die Spekulation gleichzeitig auf fallende und auf steigende Märkte. Jedoch sind Chooser-Optionen billiger als Straddles, da sich der Optionsinhaber hier vor dem Verfalldatum für den Bezug einer Kauf- oder einr Verkaufsoption und damit für eine der beiden Markterwartungen entscheiden muss. Es existieren weitere Formen, deren Zuordnung in die Systematik der Tabelle 13.1 nicht eindeutig möglich ist. Zum einen sind verschiedene exotische Optionselemente nahezu beliebig miteinander kombinierbar. Zum anderen gibt es sehr viele Sonderformen exotischer Optionen, die aus dem präsentierten Raster herausfallen. Bermuda Options beispielsweise dürfen als Zwischenform europäischer und amerikanischer Optionen nur zu bestimmten Zeitpunkten während der Optionslaufzeit ausgeübt werden. Cliquet- wie auch Ratchet-Optionen erlauben eine Anpassung des Ausübungspreis es bei bestimmten, im vorhinein festgelegten Kursschranken an das jeweils aktuelle Kursniveau. Während bei Cliquet-Optionen der sich einstellende innere Optionswert eingefroren und am Laufzeitende ausgezahlt wird, verfällt bei den Ratchet-Optionen der innere Wert nach Anpassung des Ausübungspreises. Ratchet-Optionen entsprechen demnach einem sogenannten Repricing bzw. Resetting von Optionen. Einige ausgewählte exotische Optionen sind mit dem jeweiligen Zahlungsstrom zur Fälligkeit in der Tabelle 13.2 zusammenfassend dargestellt.
13.2 Wichtige Formen exotischer Optionen
357
Tabelle 13.2. Auszahlung zur Fälligkeit bei ausgewählten Optionstypen Bezeichnung der Option
Untergruppe
Plain Vanilla
Call
Power Average Rate Average Strike Strike Lookback Rate Lookback Down and In Up and In Down and Out Up and Out Cash or Nothing
Asset or Nothing
Down and In Cash or Nothing
Auszahlung zur Fälligkeit max 0, ST K
Put
max 0, K ST
Call
max 0, ST K mit natürlicher Zahl n
Put
max 0, K ST mit natürlicher Zahl n
Call
max 0, A K
Put
max 0, K A
Call
max 0, ST A
n n
Put
max 0, A ST
Call
max 0, ST S min
Put
max 0, S max ST
Call
max 0, S max K
Put
max 0, K S min
Call
max 0, ST K falls St < H für einen Zeitpunkt t; 0 sonst
Put
max 0, K ST falls St < H für einen Zeitpunkt t; 0 sonst
Call
max 0, ST K falls St > H für einen Zeitpunkt t; 0 sonst
Put
max 0, K ST falls St > H für einen Zeitpunkt t; 0 sonst
Call
0 falls St < H für einen Zeitpunkt t; max 0, ST K sonst
Put
0 falls St < H für einen Zeitpunkt t; max 0, K ST sonst
Call
0 falls St > H für einen Zeitpunkt t; max ST K , 0 sonst
Put
0 falls St > H für einen Zeitpunkt t; max 0, ST K sonst
Call
0 für ST < K und X für ST > K
Put
0 für ST > K und X für ST < K
Call
0 für ST < K und ST für ST > K
Put
0 für ST > K und ST für ST < K
Call
0 für ST < K oder S > H für die Gesamtlaufzeit; X für ST > K und St < H für einen Zeitpunkt t
Put
0 für ST > K oder S > H für die Gesamtlaufzeit; X für ST < K und St < H für einen Zeitpunkt t
Legende: ST = Kurs des Basisobjekts zur Fälligkeit T, K = Ausübungspreis, A = Kursdurchschnitt, H = Kurschwelle, X = Fixbetrag, Smin bzw. Smax = minimaler bzw. maximaler Kurs im Basisobjekt während der Optionslaufzeit
358
13 Exotische Optionen
13.3. Bewertung exotischer Optionen 13.3.1 Bewertung von Digitaloptionen Der Inhaber einer Cash or Nothing-Option erhält einen vorher vereinbarten Fixbetrag X, falls sich die Option im Geld befindet. Formal gilt also für die Auszahlung einer Cash or Nothing-Kaufoption CCoN und einer Cash or Nothing-Verkaufsoption PCoN zur Fälligkeit:
falls ST d K
CTCoN
0 ® ¯X
falls ST ! K
PTCoN
0 ® ¯X
falls ST t K falls ST K
(13.1)
(13.2)
Eine Cash or Nothing-Kaufoption mit Auszahlung in Höhe des Ausübungspreises K entspricht partiell einer klassischen Kaufoption, bei welcher der erste Term der Black/Scholes-Formel nicht berücksichtigt werden muss. Im Kontext der Modellierung von Black, Scholes und Merton bestimmt sich deshalb der Wert der Cash or Nothing-Kaufoption zu: C CoN
K r T N d 2
(13.3)
Ist der Fixbetrag X ungleich dem Ausübungspreis K, so folgt für den Wert der Cash or Nothing-Kaufoption: C CoN
X r T N d 2
(13.4)
Ein Portfolio aus einer Cash or Nothing-Verkaufsoption und einer Cash or Nothing-Kaufoption erbringt unabhängig vom zukünftigen Kursniveau eine sichere Auszahlung X. Der Wert eines solchen Portfolio muss deshalb im Ausgangszeitpunkt dem diskontierten Wert von X entsprechen. Die Put-Call-Parität bei Digitaloptionen bestimmt sich deshalb nach: P CoN
X r T C CoN
(13.5)
Mit Gl. 13.5 können die Bewertungsausdrücke 13.3 und 13.4 unmittelbar auf Cash or Nothing-Verkaufsoptionen übertragen werden. Bei Asset or Nothing-Optionen erhält der Inhaber zur Fälligkeit der Kauf- bzw. der Verkaufsoptionsvariante den Wert: CTAoN
0 ® ¯ ST
falls ST d K
PTAoN
0 ® ¯ ST
falls ST t K falls ST K
falls ST ! K
(13.6)
(13.7)
13.3. Bewertung exotischer Optionen
359
Kombiniert man die Eigenschaften der Cash or Nothing- und Asset or NothingBinäroptionen, so erhält man eine Gap-Option. Das Auszahlungsprofil zur Fälligkeit stellt sich dar als: CTGap
0 ® ¯ ST X
falls ST d K
PTGap
0 ® ¯ X ST
falls ST t K
(13.8)
falls ST ! K
(13.9)
falls ST K
Ist die Option im Geld, dann ist die Zahlung zur Fälligkeit unabhängig vom Ausübungspreis. Das Auszahlungsprofil einer Gap-Kaufoption ist äquivalent zu dem eines Portfolio aus dem Kauf einer Asset or Nothing-Kaufoption und dem Verkauf einer Cash or Nothing-Kaufoption. Analog lassen sich Gap-Verkaufsoptionen nachbilden. Daraus resultiert für den Wert einer Gap-Option im Modell von Black, Scholes und Merton: C Gap P Gap
S N d1 X r T N d 2
(13.10)
S N d1 X r T N d 2
(13.11)
Zwischen den Auszahlungen einer Gap-Option und einer klassischen Option ergibt sich ein Differenzbetrag, der als Gap bezeichnet wird. Die Gap-Option besitzt qualitative wie auch quantitative Merkmale. Befindet sich bei Fälligkeit eine GapKaufoption im Geld und ist der Kurs des Basisobjekts niedriger als der vereinbarte Fixbetrag, so wird ein Inhaber seine Option nicht ausüben. Der Fixbetrag erfüllt in dieser Situation die Funktion des Ausübungspreises.
Gewinn/Verlust Contingent-Option
Ausübungspreis
Abb. 13.1. Gewinn/Verlustprofil der Contingent-Option
Basiswert zur Fälligkeit
360
13 Exotische Optionen
Da Gap-Optionen aus der einfachen Kombinationen zweier Optionstypen entstehen, kann man sie auch als erste Beispiele für Produktstrukturierungen ansehen. Darüber hinaus führen Gap-Optionen in speziellen Parameterkonstellationen zu weiteren Formen exotischer Optionen. Wählt man bei der Gap-Option die fixe Auszahlungsgröße X gerade so, dass der Wert der Gap-Option gleich null ist, dann resultiert eine Contingent-Option. Eine Contingent (Pay Later)-Option besitzt alle Merkmale einer klassischen Option, jedoch ist die Optionsprämie erst zur Fälligkeit und nur dann zu entrichten, wenn die Option im Geld endet. In der Abb. 13.1 ist das Gewinn/Verlustprofil einer Contingent-Option zur Fälligkeit skizziert. Ein Beispiel soll die Eigenschaften der Bewertung einer Digitaloption verdeutlichen. Es wird von der Situation eines Anlegers ausgegangen, der Ende Juli 2000 eine Digitaloption auf den Aktienindex DAX bewerten will. Die Kontraktspezifikationen beinhalten, dass der Inhaber der Option einen Fixbetrag von einem Euro erhält, wenn der DAX am 31. Dezember 2000 oberhalb von 7.500 Punkten steht. Die Restlaufzeit dieser Cash or Nothing-Kaufoption beträgt 5 Monate. Der DAX steht am 27. Juli 2000 bei 7.183,40 Punkten, der Dreimonats-Euribor von 4,630 % p. a. dient als Kalkulationszinssatz. Die Volatilität wird aus dem Stand des DAXVolatilitätsindex VDAX zu V = 19,75 % bestimmt. Mit diesen Werten bestimmt sich das Argument der Verteilungsfunktion in Gl. 13.3 zu d2 = 0,2540. Die Cash or Nothing-Kaufoption besitzt also einen Wert von rund 39 Cent: C CoN =
1 0,3998 0,3923 € 1,046305/12
In der Abb. 13.2 ist das Gewinn/Verlustprofil dieser Option zur Fälligkeit abgetragen.
Abb. 13.2. Gewinn/Verlustprofil einer Cash or Nothing-Kaufoption
13.3. Bewertung exotischer Optionen
361
Tabelle 13.3. Sensitivitäten des Digitaloptionswertes Volatilität 18,71 % 19,75 % 24,48 % 18,71 % 19,75 % 24,48 % 18,71 % 19,75 % 24,48 % 18,71 % 19,75 % 24,48 % 18,71 % 19,75 % 24,48 %
Zinssatz 4,630 % 4,630 % 4,630 % 4,400 % 4,400 % 4,400 % 4,800 % 4,800 % 4,800 % 4,630 % 4,630 % 4,630 % 4,630 % 4,630 % 4,630 %
Kurs des Basisobjekts 7.183,40 7.183,40 7.183,40 7.183,40 7.183,40 7.183,40 7.183,40 7.183,40 7.183,40 7.100,00 7.100,00 7.100,00 7.300,00 7.300,00 7.300,00
Optionswert 0,3896 € 0,3923 € 0,4005 € 0,3870 € 0,3899 € 0,3986 € 0,3914 € 0,3940 € 0,4018 € 0,3535 € 0,3580 € 0,3726 € 0,4407 € 0,4408 € 0,4397 €
In der Tabelle 13.3 werden die Sensitivitäten der im Beispiel bewerteten Cash or Nothing-Option bei Variation der Zins- und der Volatilitätsgröße sowie des DAXStandes dargestellt. Die Volatilität wird dabei wie folgt variiert: Die Volatilität von 24,48 % entspricht der historischen Volatilität des DAX auf 200-Tage-Basis am 27. Juli 2000, die Volatilität von 18,71 % entspricht dem Jahrestief des Volatilitätsindex VDAX in der ersten Jahreshälfte 2000. Den Optionspreisen der Tabelle 13.3 ist zu entnehmen, dass die Zinssensitivitäten sehr gering sind und auch die alternativen Volatilitäten nur zu geringfügig geänderten Optionswerten führen. Zu beachten ist weiter, dass im Gegensatz zu den Zusammenhängen bei klassischen Optionen eine höhere Volatilität nun nicht zwingend zu einem höheren Wert der Digitaloption führt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Optionsinhaber nur mit einer fixen Zahlung für das Erreichen der Schwelle belohnt wird. Eine höhere Volatilität ist für ihn nur bei weiter aus dem Geld liegenden Optionen lohnend. Je näher aber die Option am bzw. im Geld liegt, umso weniger vorteilhaft ist eine Zunahme der Volatilität. Digitaloptionen können insofern auch als Elementaroptionen verstanden werden, als man klassische Optionen mit Hilfe von Digitaloptionen rekonstruieren kann. Andererseits können aber auch Digitaloptionen aus klassischen Optionen nachgebildet werden, so dass die Identifikation von Digitaloptionen als Basis bzw. kleinste mögliche Optionseinheit nicht eindeutig ist. 13.3.2 Power-Optionen
Symmetrische Power-Optionen unterscheiden sich von Standardoptionen durch die Potenzierung des entsprechenden Auszahlungsbetrags zur Fälligkeit: CTPow
max 0, ST K
n
mit natürlicher Zahl n
(13.12)
362
13 Exotische Optionen
PTPow
max 0, K ST
n
mit natürlicher Zahl n
(13.13)
Von einer asymmetrischen Power-Option spricht man, wenn beispielsweise ausschließlich der Kurs des Basisobjekts potenziert wird. Standardtyp unter den Power-Optionen sind die Vertreter mit n = 2, d. h. die bei einer klassischen Option anfallende Auszahlung wird bei den quadratischen Power-Optionen quadriert. Lässt man den Fall n = 0 zu, so erhält man den speziellen Fall fixer Auszahlungen, d. h. das Profil einer Digitaloption wird nachgebildet. Für n = 1 folgt offenbar die Auszahlung einer klassischen Plain Vanilla-Option. Power-Optionen können demnach als Verallgemeinerung dieser beiden Optionstypen aufgefasst werden. Die Bewertung von Digital- wie auch von Plain VanillaOptionen kann also als Spezialfall aus den allgemeineren Bewertungsformeln von Power-Optionen abgeleitet werden. Für den Wert von Power Calls mit n = 2 gilt im Rahmen der Modellumgebung von Black, Scholes und Merton: C Pow
2
S 2 r T e V T N d1 V T 2 K S N d1 K r 2
T
N d2
(13.14)
Die Prämien von Power-Optionen können aufgrund der Potenzierung der Zahlung zur Fälligkeit sehr hoch sein. In der Tabelle 13.4 sind einige Werte für europäische Power Calls auf eine Aktie gemäß der Bewertung nach Gl. 13.14 abgetragen. In der Beispielrechnung wird von einem Ausübungspreis von 480, einer Volatilität von 15 %, einem Kalkulationszinssatz von 3 % und einer Restlaufzeit von einem halben Jahr ausgegangen.
Abb. 13.3. Gewinn/Verlustprofil der Power-Kaufoption mit Limitierung
13.3. Bewertung exotischer Optionen
363
Tabelle 13.4. Werte (quadratischer) Power-Optionen und gleichartiger Standardoptionen Aktienkurs
Wert einer Standardoption nach Black/Scholes 0,11 0,31 0,71 1,39 2,39 3,69 5,24 6,98
400 420 440 460 480 500 520 540
Wert einer Power-Option nach Gl. 13.14 1,91 4,92 10,66 20,09 34,01 53,09 77,94 109,18
Damit sich keine zu hohen Optionsprämien ergeben, wird bei den in der Praxis genutzten Power-Optionskonzepten üblicherweise zusätzlich eine Limitierung der Auszahlung zur Fälligkeit vereinbart. Ausgehend von der Gl. 13.12 wird also beispielsweise für Power Calls gesetzt:
CTPow,lim
0 °° 2 ® ST K ° 2 °¯ L
für ST d K für K ST L
(13.15)
für L d ST
Die Auszahlung zur Fälligkeit folgt also unter Beachtung der zu zahlenden Optionsprämie dem Gewinn/Verlustprofil der Abb. 13.3. 13.3.3 Extremwert- und Durchschnittsoptionen
Die bekannteste Form unter den Extremwertoptionen sind die Lookback Strikebzw. Floating Strike Lookback-Optionen. Der Ausübungspreis ist hier nicht fixiert, sondern berechnet sich erst zur Fälligkeit nach einer genau definierten Abhängigkeit vom Kursverlauf im Basisobjekt. Bei einer Floating Strike LookbackKaufoption entspricht der Ausübungspreis gleich dem minimalen Kurs im Basisobjekt, der sich während der Laufzeit der Option eingestellt hat. Bei einer Floating Strike Lookback-Verkaufsoption ist er dementsprechend gleich dem Maximum aller Kurse im Basisobjekt während der Laufzeit gesetzt. Schreibt man für das ex post-festgestellte minimale Kursniveau im Basiswert Smin und für das maximale Kursniveau Smax, dann kann der Auszahlungsbetrag einer Floating Strike Lookback-Option formal notiert werden als: CTFSLB
max 0, ST S min
(13.16)
PTFSLB
max 0, S max ST
(13.17)
364
13 Exotische Optionen
Wird das Kursminimum bzw. das Kursmaximum nur auf Basis von Kursen bestimmt, die sich zu festgelegten Zeitpunkten t = 0, 1, ..., n einstellen, dann ist die Notation der Gl. 13.16 bzw. 13.17 geeignet anzupassen:
CTFSLB
max ¬ª0, ST min S0 , S1 ,..., Sn ¼º
PTFSLB
max ¬ª0, max S0 , S1 ,..., Sn ST ¼º
Es lässt sich zeigen, dass das Auszahlungsprofil einer Floating Strike Lookback– Kaufoption zu jedem Zeitpunkt durch ein Portfolio aus klassischen Kauf- und Verkaufsoptionen in Form einer Straddle-Position nachgebildet werden kann. Die Bewertungsformeln für Floating Strike Lookback-Kaufoptionen bzw. -Verkaufsoptionen im Kontext des Modells von Black, Scholes und Merton lauten: C FSLB
S N d1FSLB r T Smin N d 2FSLB
r T
P FSLB
2ln r ª º § S · V2 § FSLB 2 ln r ·» « 2 N d T ¨ ¸ ¨ 1 ¸» V V © ¹ S «© Smin ¹ » 2 ln r « « » T FSLB «¬ r N d1 »¼
(13.18)
S N d 3FSLB r T Smax N d 4FSLB
r T
2ln r ª º § S · V2 § FSLB 2 ln r ·» « 2 N d T ¨ ¸ ¨ 3 ¸» V V © ¹ S « © Smax ¹ « » 2 ln r « » T FSLB »¼ ¬« r N d 3
mit ln d1FSLB d 2FSLB
d1FSLB V T ln
d 3FSLB d 4FSLB
§ S V2 · ¨ ln r ¸ T Smin © 2 ¹ V T
S Smax
§ V2 · ¨ ln r ¸ T 2 ¹ © V T
d 3FSLB V T
(13.19)
13.3. Bewertung exotischer Optionen
365
Während das Auszahlungsprofil bei Extremwertoptionen in Relation zu einem minimalen oder maximalen Kurs steht, wird bei Durchschnittsoptionen ebenfalls in Form einer Strike- oder einer Rate-Version der Ausübungspreis oder der Kurs zur Fälligkeit durch einen Durchschnittskurs des Basisobjekts ersetzt. Durchschnittsoptionen werden auch als Average- oder als asiatische Optionen bezeichnet. x Bei Average Rate-Optionen ergibt sich die Zahlung zur Fälligkeit analog wie bei Standardoptionen, jedoch wird der Kurs des Basisobjekts zur Fälligkeit ersetzt durch einen Durchschnittskurs A: max 0, A K
(13.20)
x Average Strike-Optionen besitzen keinen vorab fixierten Ausübungspreis. Die Funktion des Ausübungspreises bei der Bestimmung der Zahlung zur Fälligkeit übernimmt hier ein Durchschnittskurs A: max 0, ST A
(13.21)
Der Durchschnittskurs A kann analog wie bei den Extremwertoptionen über die gesamte Optionslaufzeit oder über die sich zu bestimmten Zeitpunkten einstellenden Kurse berechnet werden. So ist es beispielsweise üblich, einen Durchschnittskurs auf Basis von Tages-, Wochen- oder Monatsschlusskursen zu bilden. Je nachdem, auf welche Weise schließlich der Durchschnittskurs berechnet wird, unterscheidet man zwischen arithmetischen und geometrischen Average-Optionen. Die Bewertung geometrischer Average-Optionen kann tendenziell in der Modellwelt von Black, Scholes und Merton erfolgen. Das gilt nicht für die Bewertung arithmetischer Optionen, da zwar das Produkt, aber nicht die Summe lognormalverteilter Größen lognormalverteilt ist. Arithmetische Optionen werden deshalb beispielsweise mit Hilfe simulativer Ansätze bewertet. 13.3.4 Schwellenoptionen
Schwellenkriterien werden in vielen Produktstrukturierungen angewandt. Dementsprechend kommt der Bewertung und dem Risikomanagement von Schwellenoptionen eine besondere Bedeutung zu. Die jeweiligen Bewertungsformeln sind zwar deutlich kompexer; grundsätzlich kann aber die Bewertung wiederum in einem binomialen Kontext oder im Rahmen des Modells von Black, Scholes und Merton erfolgen. Schwellenoptionen werden auch als Barrier-Optionen bezeichnet. Exemplarisch wird im Folgenden die Bewertungsformel einer Down and InKaufoption aufgeführt. Das (Standard-) Optionsrecht einer Down and In-Kaufoption tritt erst dann in Kraft, wenn eine vereinbarte Kurshürde (= Schwelle, Barriere) unterschritten wird. Die Auszahlung zur Fälligkeit lässt sich damit wie folgt notieren:
366
13 Exotische Optionen
CTDaI
°0 ® °¯ ST K
für ST d K für ST K und St H für einen Zeitpunkt t
(13.22)
Im Weiteren sind zwei Fälle zu unterscheiden: x Die Kursschwelle liegt unterhalb des Ausübungspreises H < K. Die Kaufoption ist demnach zur Fälligkeit dann im Geld, wenn der Kurs des Basisobjekts nach dem Unterschreiten der Kursschwelle wieder bis oberhalb des Ausübungspreises gestiegen ist. x Die Kursschwelle liegt oberhalb des Ausübungspreises: H > K. Der Kurs des Basisobjekts muss nun nach Erreichen der Kursschwelle nicht zwingend wieder steigen, damit die Option zur Fälligkeit im Geld endet. Bewertungsformeln in der Modellierung von Black, Scholes und Merton sind getrennt für die beiden Szenarien zu formulieren. Gilt H < K, so folgt für den Wert einer Down and In-Kaufoption: 2O
C
DaI , H K
§H· §H· = S ¨ ¸ N d1DaI , H K K r T ¨ ¸ S © ¹ ©S ¹
2O 2
N d 2DaI , H K
(13.23)
mit
d1DaI , H K d 2DaI , H K
4 4 § · ln H + ¨ ln r + V ¸ T 2 ¹ SK © V T
d1DaI , H K V T
und O
ln r V
2
+
1 2
Im Szenario H > K folgt: C DaI , H ! K = S N d1 - K r T N d 2 ª¬ S N d1DaI , H ! K K r T N d 2DaI , H ! K º¼ 2O -2 ª § H · 2O º §H· + « S ¨ ¸ N d3DaI , H ! K K r T ¨ ¸ N d 4DaI , H ! K » ©S ¹ ¬« © S ¹ ¼»
mit
(13.24)
13.3. Bewertung exotischer Optionen
ln
d1DaI , H ! K = d 2DaI , H ! K
S § V2 · + ¨ ln r ¸ T 2 ¹ H © V T
d1DaI , H ! K V T ln
d 3DaI , H ! K = d 4DaI , H ! K
367
H § V2 · + ¨ ln r ¸ T 2 ¹ S © V T
d 3DaI , H ! K V T
Die Bewertungsgleichung 13.24 kann wie folgt interpretiert werden: Der erste Summand entspricht der Black/Scholes-Formel und repräsentiert damit den der Standardoption entsprechenden Wertanteil für S > K. Der zweite Summand drückt durch die Subtraktion die Wertminderung für die Fälle von Kursniveaus S > H aus. Der dritte Summand addiert schließlich den Wertanteil, für den das Basisobjekt zur Fälligkeit zwar über der Kursschwelle H notiert, aber während der Laufzeit das Schwellenkriterium erfüllt hat. Die gleiche Methodik ist auch anwendbar, um geschlossene Bewertungsformeln für alle weiteren sechzehn Basis-Schwellenoptionen zu entwickeln. Die Tabelle 13.5 enthält die aus der Variation nach Call und Put, nach Up und Down sowie nach In und Out sich ergebenden Typen. Dabei sind die beiden Konstruktionen der Up and Out-Kaufoption mit H < K und der Down and Out-Verkaufsoption mit H > K nicht sinnvoll. Die Up and In-Kaufoptionen mit H < K und die Down and In-Verkaufsoption mit H > K sind keine Schwellenoptionen im engeren Sinne, sondern entsprechen jeweils einer klassischen Standardoption. Es sind also letztlich zwölf echte Basistypen bei Schwellenoptionen zu unterscheiden. Die zwölf Bewertungsprobleme reduzieren sich aber sogar auf letztlich nur sechs Fälle, nach denen Formeln nach dem Schema der Gl. 13.23 und 13.24 abzuleiten sind. Dies folgt aus der Beobachtung, dass analog zur Put-Call-Parität bei europäischen Standardoptionen eine In-Out-Parität für europäische Schwellenoptionen gilt. So ist beispielsweise der Kauf einer Up and In–Kaufoption synthetisch nachstellbar durch den Kauf einer ansonsten gleichartigen Standardkaufoption und den Verkauf einer ansonsten gleichartigen Up and Out-Kaufoption. Man zeigt damit: C DaI C DaO
C
P DaI P DaO
P
C UaI C UaO
C
PUaI PUaO
P
(13.25)
(13.26)
368
13 Exotische Optionen
Tabelle 13.5. Basistypen bei Schwellenoptionen Optionstyp Call
Kursschwelle H kleiner als Ausübungspreis K
Kursschwelle H größer als Ausübungspreis K
C DaO , H K C DaI , H K C
C DaO , H ! K C DaI , H ! K C UaI , H ! K C UaO , H ! K
Down and Out Down and In Up and In Up and Out
Put
-
Down and Out Down and In Up and In Up and Out
DaO , H K
P P DaI , H K PUaI , H K PUaO , H K
P
PUaI , H ! K PUaO , H ! K
13.3.5 Mehrfaktorielle Optionen
Der Inhaber eine Chooser-Option hat nach einem bestimmten Zeitabschnitt T1, dem Verfalldatum der Mutteroption, darüber zu entscheiden, ob die Option als klassische Kauf- oder Verkaufsoption mit Fälligkeitszeitpunkt T weiterbestehen soll. Die Tochteroption hat demnach eine Restlaufzeit von T T1; es gilt T1 < T. Man kann zeigen, dass man für den Preis einer Chooser-Kaufoption folgende Bewertungsformel erhält: C Cho
S N d1 K r T N d 2
S N d1Cho K r T N d 2Cho
(13.27)
mit
d1Cho d 2Cho
ln
S V2 ln r T T1 2 K V T1
d1Cho V T1
Der Wert der Chooser-Kaufoption entspricht offenbar dem Black/Scholes-Wert einer Standardkaufoption mit Ausübungspreis K und Fälligkeit in T zuzüglich dem Black/Scholes-Wert einer Standardverkaufsoption mit Ausübungspreis K r
T T1
und Restlaufzeit T1. Bei Basket-Optionen bezieht sich die Option auf einen aus mehreren Instrumenten bestehenden Basis-„Korb“, so dass ähnlich wie bei Indexoptionen weiterhin von einem Basisobjekt gesprochen werden kann. Performance-Optionen beziehen sich dagegen auf mehr als ein Basisobjekt. In der Form der Exchange-
13.3. Bewertung exotischer Optionen
369
Optionen (Austauschoptionen), wird dem Inhaber die Möglichkeit geboten, ein Basisobjekt gegen ein anderes auszutauschen. Der Kurs eines der zu tauschenden Basisobjekte kann als Ausübungspreis interpretiert werden, so dass wiederum eine Bewertung im Rahmen der Modellumgebung von Black, Scholes und Merton möglich ist. Weitere Formen der Perfomance-Optionen, die sich explizit auf mehrere Basisobjekte beziehen, werden auch als Rainbow-Optionen bezeichnet. Im Folgenden wird das Auszahlungsprofil ausgewählter Rainbow-Optionen anhand des Falls zweier zugrunde liegender Instrumente dargestellt: x Best or Cash-Optionen beziehen sich auf das bessere von zwei Basisobjekten und einem fixen Betrag: max ST1 , ST2 , K
CTBoC
(13.28)
x Worst or Cash-Optionen beziehen sich auf das schlechtere von zwei Basisobjekten und einem fixen Betrag:
CTWoC
min ST1 , ST2 , K
(13.29)
x Optionen auf das Maximum zweier innerer Werte werden auch als Two Colour Rainbow-Optionen bezeichnet: CTTCR
max ª¬ 0, max ST1 , ST2 K º¼
PTTCR
max ª¬ 0, K max ST1 , ST2 º¼
(13.30)
x Das Prinzip der Two Colour Rainbow-Optionen kann auch anhand des Minimums zweier innerer Werte umgesetzt werden: CTTCR 2
max ª¬ 0, min ST1 , ST2 K º¼
PTTCR 2
max ª¬ 0, K min ST1 , ST2 º¼
(13.31)
x Die Auszahlung bei Spread-Optionen hängt von der Kursdifferenz zweier Basisobjekte ab. Mit Spread-Optionen können Strategien auf die relative Änderung zweier Basisobjekte zueinander eingegangen werden: CTSpread
max ª¬ 0, ST2 ST1 K º¼
PTSpread
max ª¬ 0, K ST2 ST1 º¼
(13.32)
370
13 Exotische Optionen
Literaturhinweise zu Kapitel 13 Größere Kapitel zu exotischen Optionen finden sich beispielsweise bei Hull 2008, Stoll u. Whaley 1993 und Wilmott et al. 1995. Die im Rahmen der Black, Scholes und MertonModellierung zu bewertenden exotischen Derivate sind in dem Arbeitspapier von Rubinstein 1991, dessen Ergebnisse in zahlreichen Einzelbeiträgen publiziert sind, enthalten. Die große Vielfalt der möglichen Konzeptionen ist meist nur in Spezialwerken annähernd zu erfassen. Einen umfassenden Überblick zu exotischen Optionen gibt Zhang 1998. Das breite Anwendungsspektrum des Konstruktionsprinzips und der Bewertung exotischer Optionen zeigt Adam-Müller 1997 auf. Rudolph 1996 stellt einige Strategien mit exotischen Währungsoptionen dar.
Schlüsselbegriffe Asiatische Option Asset or Nothing-Option Austauschoption Average-Option Pay Later-Option Barrier-Option Basket-Option Bermuda-Option Best-Option Binäroption Cash or Nothing-Option Chooser-Option Cliquet-Option Compound-Option Contingent-Option Delayed-Option Digitaloption Down-Option Durchschnittsoption Einfaktorielle Option Exchange-Option Exotische Option Extremwertoption Floating Lookback-Option Forward Start-Option Gap-Option HAMSTER-Option HASE-Option
In-Option In-Out-Parität Knock In-Option Knock Out-Option Kontrolloption Korridoroption Kurspfadabhängig Lookback-Option Mehrfaktorielle Option Mutteroption ONION-Option Out-Option Pay Later-Option Performance-Option Power-Option Qualitative Option Quantitative Option Quanto-Option Rainbow-Option Range-Option Ratchet-Option Schalteroption Schwellenoption Spread-Option Tochteroption TWIN-Option Up-Option Worst-Option
Fragen und Aufgaben
371
Fragen und Aufgaben Fragen
1. Nennen Sie zu den vier wesentlichen Eigenschaften klassischer Optionen jeweils ein Beispiel einer exotischen Option, die ausschließlich in dieser einen Eigenschaft verändert ist. 2. Nennen Sie einige Beispiele exotischer Optionen, bei denen mehr als nur eine der vier Eigenschaften klassischer Optionen verändert ist. 3. Geben Sie einige „neue“ Ideen für mögliche exotische Optionskonstruktionen. 4. Was versteht man unter einer quantitativen, was unter einer qualitativen Option? 5. Was ist eine Contingent-Option? Diskutieren Sie mögliche Motive für deren Einsatz. 6. Warum wird in der Praxis bei Power-Optionen meist eine nach oben limitierte Auszahlung vereinbart (Cap)? 7. Was ist der Unterschied zwischen Average Rate- und Average Strike-Optionen? 8. Warum gibt es sechzehn Basistypen bei Schwellenoptionen, warum lassen sich diese faktisch auf zwölf Typen reduzieren? Erläutern Sie, weshalb letztlich sogar nur sechs Bewertungsprobleme zu lösen sind.
Aufgabe 13.A
Gegeben ist eine Aktie mit aktuellem Kurs S = 300. In einem zeitdiskreten Modell mit den Zeitpunkten t = 0, t = 1, t = 2 und t = 3 wird mit einer binomialen Kursänderung um die Faktoren u =1,05 bzw. d = 1,01 gerechnet. 1. Geben Sie die zugrunde liegende Aktienkursbewegung über drei Perioden an. 2. Betrachten Sie eine Up and In-Kaufoption auf diese Aktie mit Ausübungspreis K = 320 und Kursschwelle H = 330. Geben Sie die vier möglichen Werte der Option zur Fälligkeit in t = 3 an. 3. Betrachten Sie eine Cash or Nothing-Kaufoption auf diese Aktie mit Ausübungspreis K = 320 und fixer Auszahlung X = 10. Geben Sie die vier möglichen Werte der Option zur Fälligkeit in t = 3 an. 4. Betrachten Sie eine Durchschnittsoption auf diese Aktie und zwar eine Average Rate-Kaufoption mit Ausübungspreis K = 320, bei dem sich der Kursdurchschnitt aus dem arithmetischen Mittel der Kurse des Basistitels in den Zeitpunkten t = 1 und t = 2 ergibt. Geben Sie den zustandsabhängigen Wert der Option zur Fälligkeit in t = 3 für den Fall einer dreimaligen Kursänderung um den Faktor u an.
372
13 Exotische Optionen
Aufgabe 13.B
Eine Aktie verändert sich im Rahmen eines zweiperiodigen Binomialmodells entweder mit dem Faktor u = 1,60 oder d = 0,80 ausgehend vom aktuellen Kursniveau S = 250. Bewerten Sie eine Asset or Nothing-Verkaufsoption auf diese Aktie mit Ausübungspreis 250. Der Kalkulationszinssatz beträgt 12 % pro Periode. Aufgabe 13.C
Betrachten Sie die Situation des Kursverlaufs einer Aktie gemäß der nachfolgenden Abbildung. t
0
t
1
460
t
2
529 414
400
360
324
Abb. 13.4. Zweiperiodiger Kursverlauf im Übungsbeispiel 13.C
1. Ermitteln Sie den Wert einer Power-Verkaufsoption auf die Aktie über das Binomialmodell. Der Ausübungspreis der in t = 2 fälligen Option beträgt 420. Der Kalkulationszinssatz ist gleich 9 % pro Periode. 2. Berechnen Sie nun den Wert einer zu 1. gleichartigen Power-Verkaufsoption, die zusätzlich mit einer Dowan and In-Schwelle bei einem Kurs von 380 ausgestattet ist. Aufgabe 13.D
Ermitteln Sie den Wert einer Floating Strike Lookback-Kaufoption über das Binomialmodell mit der Zahlung zur Fälligkeit nach Gl. 13.16. Gehen Sie dabei von einem Kalkulationszinssatz von 10 % pro Periode und dem in Abb. 13.5 abgetragenen Kursverlauf für die zugrunde liegende Aktie aus. t
0
t
1
120
t
2
144
96
100 80
64
Abb. 13.5. Zweiperiodiger Kursverlauf im Übungsbeispiel 13.D
Fragen und Aufgaben
373
Aufgabe 13.E
Ermitteln Sie den Wert einer Floating Strike Lookback-Verkaufsoption über das Binomialmodell. Gehen Sie dabei von dem Wert zur Fälligkeit nach Gl. 13.17 aus. Das Maximum wird über den jeweiligen Kurspfad gebildet. Der Kalkulationszinssatz beträgt 12 % pro Periode. In Abb. 13.6 ist der angenommene Kursverlauf für die zugrunde liegende Aktie abgetragen. t
t
0
1
t
2 128
80
50
50 40
32
Abb. 13.6. Zweiperiodiger Kursverlauf im Übungsbeispiel 13.E
Aufgabe 13.F
Der Deutsche Aktienindex DAX notiert zu 4.200 Punkten. Es wird von einer zweiperiodigen binomialen Kursmodellierung mit den Faktoren u = 1,06 und d = 0,98 ausgegangen. Der Kalkualtionszinssatz beträgt 3 % pro Periode. 1. Bewerten Sie folgende Option: Eine Bank A emittiert Power Calls auf den DAX mit Fälligkeit in t = 2 und Ausübungspreis 4.100 ohne Cap, d. h. die Auszahlung zur Fälligkeit bestimmt sich nach: C2Pow
max 0, S2 4.100
2
2. Bewerten Sie folgende Option: Eine Bank B emittiert Rate Lookback Calls mit Fälligkeit in t = 2 und Ausübungspreis 4.100. Die Zahlung zur Fälligkeit bestimmt sich hier nach:
C2FRLB
max ª¬ 0, max S1 , S2 4.100º¼
Lösungsskizzen sowie weitere Fragen und Aufgaben sind auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de zu finden.
14 Optionsscheine und Anlagezertifikate
Elemente exotischer Optionen finden sich in einer Vielzahl der an Sekundärmärkten für strukturierte Produkte gehandelten Optionsscheine und Anlagezertifikate. Anfang der neunziger Jahre waren es zunächst erste, wenige Optionsscheine auf Baskets, anschließend insbesondere Power-Optionsscheine und schließlich Digital- und Range-Optionen, die schnell den deutschen Markt erobern konnten. Mittlerweile sind es insbesondere Schwellenoptionen, die in den Strukturierungen eingesetzt werden. Im vorliegenden Kapitel soll das Zertifikatesegment – ergänzend zum Abschnitt 3.5 – als ein Anwendungsbereich exotischer Optionen vorgestellt werden.
14.1 Produktklassifizierung Den Beitrag von Derivaten bei der Entstehung immer neuer Finanzinstrumente stellt Wohlwend 2001, S. 9, heraus, der unter einem strukturierten Produkt „…ein durch eine Bank oder eine Finanzgesellschaft im Rahmen einer öffentlichen Emission begebenes Finanzprodukt, in welchem mindestens zwei Finanzanlagen in einem Produkt kombiniert werden, wovon mindestens eine der Komponenten ein derivatives Produkt ist…“ versteht. Die rapide wachsende Vielfalt mit rund 400.000 verschiedenen Anlagezertifikaten und Wachstumsraten von jährlich rund 40 % hat alleine in Deutschland Ende 2007 zu einem geschätzten Volumen von 135 Milliarden € geführt (Deutsche Bundesbank 2008). Die Entwicklung bei Zertifikaten ist seit einigen Jahren auch aufgrund kaum reglementierter Rahmenbedingungen derart dynamisch, dass eine abschließende Beschreibung der Markt- und Produktstruktur kaum möglich erscheint. Da zunehmend die geringe Transparenz im Zertifikatemarkt kritisiert wird, bemühen sich verschiedene Interessenvertretungen und Emissionshäuser in Deutschland und der Schweiz, gewisse Klassifikationsstandards zu etablieren. So haben der Schweizerische Verband für strukturierte Produkte eine Swiss Derivative Map und der Deutsche Derivate Verband eine sogenannte Derivate-Liga erarbeitet. Ende des Jahres 2009 haben schließlich die im Dachverband European Structured Investment Products Association Eusipa organisierten europäischen Zertifikateverbände eine Kategorisierung der Derivate in Form einer Derivative Map veröffentlicht. Im Folgenden sollen ausgewählte Zertifikatetypen gemäß dieser Derivative Map vorgestellt werden.
376
14 Optionsscheine und Anlagezertifikate
In der Eusipa-Klassifikation werden die Finanzinstrumente aufsteigend gemäß eines Rendite-Risiko-Rasters sortiert und in der ersten Ebene grob nach sogenannten Anlageprodukten und Hebelprodukten unterschieden. Anlageprodukte zeichnen sich durch eine obere Begrenzung der zur Fälligkeit möglichen Zahlung aus. Gleichzeitig sind Verlustlimite oder zumindest gewisse Puffer für die Partizipation an Wertminderungen vereinbart. Hebelprodukte werden auch als Spekulationszertifikate bezeichnet und sind insofern risikoreicher, als bei ihnen intensiv der Hebeleffekt genutzt wird, d. h. durch einen im Vergleich zur Kassaposition geringeren Kapitaleinsatz partizipiert der Investor überproportional an der Kursentwicklung des Basiswertes. Ihr Anteil am Open Interest aller derivativen Produkte betrug Ende des Jahres 2007 nach Schätzungen des Deutschen Derivate Verbandes lediglich 1,5%, die Anlageprodukte dominieren also den deutschen Zertifikatemarkt. Unter den Anlageprodukten nehmen die Varianten mit Kapitalschutz und die stärker renditeorientierten Bonus-Zertifikate eine herausgehobene Stellung ein. Die Abb. 14.1 fasst diese Einordnung zusammen, indem auf der Horizontalen Anlage- und Hebelprodukte sowie deren drei bzw. zwei Unterklassen gemäß der Eusipa Derivate Map unterschieden werden. Die in Rendite-Risiko-Ebene der Grafik beispielhaft abgetragenen Zertifikatetypen werden weiter unten kurz beschrieben. Dabei wird die in der Anlage- und Beratungspraxis übliche Produktterminologie übernommen.
Abb. 14.1. Rendite-Risiko-Klassifikation ausgewählter Zertifikate
14.2 Anlageprodukte mit und ohne Kapitalschutz
377
14.2 Anlageprodukte mit und ohne Kapitalschutz Als Anlageprodukte mit Kapitalschutz (Kapitalsicherungszertifikate, GarantieZertifikate) bezeichnet man Retail-Zertifikate, die auch bei ungünstiger Entwicklung im Referenzwert eine Mindestauszahlung in Höhe des eingesetzten Kapitals vorsehen. Der Anleger partizipiert an für ihn günstigen Entwicklungen im Basiswert und ist gegen ungünstige Kursverläufe abgesichert. Ein Anleger realisiert mit einem Garantie-Zertifikat also letztlich eine klassische Optionsinhaberposition. Die Berechnung des zur Auszahlung kommenden Betrags bezieht sich überwiegend auf den Fälligkeitstag. In der seltener anzutreffenden Variation asiatischer Garantie-Zertifikate bestimmt sich der Schlussabrechnungspreis aus dem Durchschnitt mehrerer Kurse zu vorab fixierten Zeitpunkten. Anlageprodukte, die keinen Kapitalschutz besitzen, werden in der EusipaKlassifikation als Renditeoptimierungs-Produkte bezeichnet. Zu ihnen gehören unter anderem Discount-Zertifikate, Aktienanleihen, Sprint-Zertifikate und auch Express-Zertifikate. Bei Discount-Zertifikaten erwirbt der Anleger den Basiswert mit einem Preisnachlass (Discount). Dieser Preisnachlass wirkt nur insofern als ein Sicherheitspuffer, als die mögliche Wertminderung geringer ist als bei einer Direktanlage in den Basiswert (Abb. 14.2). Der Anleger partizipiert aber ansonsten an der Entwicklung im Basiswert bis zu einer maximalen Obergrenze (Cap). Discount-Zertifikate lassen sich aus dem Kauf eines Call-Optionsscheins mit einem Ausübungspreis von null und einem Verkauf eines Call-Optionsscheins mit dem Ausübungspreis in Höhe der Cap-Grenze replizieren. Auszahlung bei Fälligkeit
Cap
DiscountZertifikat
Position im Basiswert
Schwelle Abb. 14.2. Auszahlungsprofil eines Discount-Zertifikats
Basiswert zur Fälligkeit
378
14 Optionsscheine und Anlagezertifikate
Bei Aktienanleihen (Reverse Convertibles) handelt es sich um eine Schuldverschreibung mit fester Verzinsung, wobei sich der Emittent das Recht vorbehält, bei Fälligkeit statt der Rückzahlung der Anleihe zum Nominalbetrag eine von vornherein festgelegte Stückzahl einer bestimmten Aktie zu liefern. Die seit längerem an den Kapitalmärkten bestehende Kombination von Aktie und Anleihe zur Wandelanleihe (Convertible) wurde bei Aktienanleihen insofern also umgedreht, als nun der Emittent das Recht zur Wandlung hat. Bei Sprint-Zertifikaten wird die Partizipation an einem Basiswert mit einem zusätzlichen Hebeleffekt kombiniert. Liegt der Basiswert zur Fälligkeit zwischen zwei definierten Schwellen, so wird der Ertrag gehebelt. Unterhalb der ersten Schwelle erfolgt eine Beteiligung an der Wertentwicklung im Basisobjekt, oberhalb der zweiten Schwelle kommt es zur Maximalauszahlung (Abb. 14.3). Bei Express-Zertifikate wird in der Spielart der sogenannten Easy ExpressZertifikate der investierte Betrag zuzüglich eines vereinbarten Zuschlags (Kupon) sofort zurückgezahlt, wenn eine bestimmte Kursschwelle überschritten wird. Steht der Basiswert bis zum am Fälligkeitstag unterhalb der Schwelle, entspricht das Zertifikat einer direkten Investition in den Basiswert. Offenbar lassen sich Sprintund Express-Zertifikate nicht ausschließlich mit Standardoptionen, sondern nur unter Rückgriff auf Schwellenoptionen replizieren. Die Duplikation und Bewertung von Express-Zertifikate erfordert darüber hinaus aufgrund der vorzeitigen Rückzahlung die Anwendung entsprechender numerischer bzw. simulativer Verfahren. Auszahlung bei Fälligkeit Cap SprintZertifikat
Schwelle 1
Position im Basiswert
Schwelle 2
Abb. 14.3. Gewinn/Verlustprofil eines Sprint-Zertifikats
Basiswert zur Fälligkeit
14.2 Anlageprodukte mit und ohne Kapitalschutz
Abb. 14.4. Auszahlungsprofil eines Outperformance-Zertifikats
Abb. 14.5. Auszahlungsprofil eines Bonus-Zertifikats
379
380
14 Optionsscheine und Anlagezertifikate
Die zu den Partizipationsprodukten gehörenden Outperformance- und BonusZertifikate weisen deutlichere Übereinstimmung mit einer Direktanlage in den Basiswert auf. Bei Outperformance-Zertifikaten wird der Ertrag gehebelt, wenn eine Kursschwelle überschritten ist (Abb. 14.4). Bei Bonus-Zertifikaten, erhält der Käufer eine fixierte Rückzahlung in Höhe des Nominalwertes zuzüglich eines Bonus, so lange sich der Kurs des Basisobjekts in einem festgelegten Korridor, d. h. zwischen zwei Schwellen bewegt. Durchbricht der Basiswert eine der beiden Schwellen, so erlischt die Bonus-Vereinbarung und der Zertifikateinhaber partizipiert (ausschließlich) am Kursverlauf des Basiswertes. Bonuszertifikate lassen sich duplizieren durch den Kauf einer klassichen Call-Option mit Ausübungspreis null und den Kauf einer Down and Out Put-Option (Abb. 14.5). Die Möglichkeit der Kombination dieser beiden Konstruktionen hin zu einem Outperformance Bonus-Zertifikat ist offensichtlich.
14.3 Hebelprodukte Zu den Hebelprodukten zählt die Eusipa Derivate Map die Optionsscheine (ohne Knock Out) und Knock Out-Varianten, die in der Praxis der Vermögensanlage seltener als Knock Out-Optionen, sondern eher als Hebelzertifikate oder MiniFutures bezeichnet werden. Nicht untypisch sind auch die Namensgebungen Turbo-Bull bzw. Long-Zertifikat bei Strategien auf steigende oder Turbo-Bear- bzw. Short- bzw. Reverse-Zertifikat bei Strategien auf fallende Referenzkurse. Der Hebeleffekt von Optionsprodukten wird bei Hebelzertifikaten verstärkt, da sie mit einer Kursschwelle ausgestattet sind, bei deren Durchschreiten das Zertifikat unmittelbar verfällt. Insbesondere bei Kassakursen nahe der Kursschwelle ist der Hebeleffekt ausgesprochen hoch. Der Investor erhält (unter Berücksichtigung des Bezugsverhältnisses) bei Fälligkeit den inneren Wert, wenn die Kursschwelle während der Laufzeit eingehalten worden ist. Für die Auszahlungen der Longbzw. Short-Variante gilt demnach (vergleiche auch Gl. 13.22): AuszahlungTLong
°0 ® °¯ ST K
sonst
AuszahlungTShort
°0 ® °¯ K ST
sonst
für St ! H für alle t
für St H für alle t
Hebel-Zertifikate werden häufig damit beworben, dass sie die Vorzüge von Optionsscheinen mit denen von Futures vereinen. So ist das Verlustpotenzial auf den Kapitaleinsatz beschränkt; im Vergleich zu Future-Positionen besteht keine Nachschusspflicht. Gleichzeitig ist das Verhalten des Zertifikatepreises approximativ linear und weist eine – gegenüber einer Standardoption – deutlich geringere Sensitivität bezüglich der Volatilität im Basiswert auf.
Fragen
381
Literaturhinweise zu Kapitel 14 Die Bücher zu Optionsscheinen und Zertifikaten sind meist an die Finanzpraxis adressiert und stellen strukturierte Produkte als Teil der privaten Vermögensverwaltung dar (Tolle et al. 2006, Wohlwend 2001). Zahlreiche Emissionshäuser und weitere Marktteilnehmer publizieren unterschiedlich umfangreiche Handbücher, Informationsbroschüren und Studien zum Zertifikatemarkt. Die Interessenvertretungen in der Schweiz (www.svsp-verband.ch), Deutschland (www.deutscherderivate-verband.de) und Europa (www.eusipa.org) informieren unter anderem über Produkte, Klassifikationen und Marktstatistiken. Die Bewertung von Hebelzertifikaten analysieren Baule et al. 2004 und Fischer et al. 2002. Zunehmend umfangreich werden die empirischen Erkenntnisse zur Bepreisung von Zertifikaten (Baule et al. 2008, Muck 2006, Stoimenov u. Wilkens 2005, Wallmeier u. Diethelm 2009 sowie Wilkens et al. 2003).
Schlüsselbegriffe Aktienanleihe Anlagezertifikat Bonus-Zertifikat Derivative Map Discount-Zertifikat European Structured Investment Products Association Eusipa Express-Zertifikat
Garantie-Zertifikat Hebelzertifikat Outperformance-Zertifikat Reverse Convertible Sprint-Zertifikat Strukturiertes Produkt Zertifikat
Fragen 1. Was versteht man unter einem strukturierten Produkt? 2. Geben Sie ein Beispiel für eine Klassifikation der Produkttypen bei RetailZertifikaten. 3. Was versteht man unter einem Anlageprodukt, was unter einem Hebelprodukt? 4. Nennen Sie einige Beispiele für Zertifikate, die Elemente von Schwellenoptionen beinhalten. 5. Erläutern Sie die Auszahlungsfunktion bei Discount-Zertifikaten. 6. Erläutern Sie die Auszahlungsfunktion bei Bonus-Zertifikaten. 7. Konstruieren Sie das Auszahlungsprofil eines Outperformance Bonus-Zertifikats. 8. Suchen Sie – beispielsweise in der Tagespresse, im Internet oder auch in den Informationen Ihrer Bank – nach konkreten Beispielen für Zertifikate und ordnen Sie diese in eine gängige Klassifikation ein.
15 Nutzen und Risiken derivativer Finanzinstrumente
Wenn auch aus den vorangegangenen Kapiteln dieses Buches implizit die Nützlichkeit derivativer Finanzinstrumente hervorgegangen ist, soll in diesem abschließenden Kapitel der Beitrag dieser Instrumente zur Verbesserung der Finanzmärkte noch einmal explizit angesprochen werden. Das Herausstellen des Nutzens kann aber natürlich nicht ohne den Hinweis auf mögliche Risiken erfolgen, die mit dem Einsatz und Handel der neuen Instrumente verbunden sind. Beides erfolgt in diesem Kapitel mit dem Hinweis auf die Entwicklung des Regulierungsrahmens für die derivativen Finanzmärkte.
15.1 Gesamtwirtschaftlicher Nutzen derivativer Finanztitel Der Nutzen derivativer Finanztitel wird einzelwirtschaftlich an den erreichbaren Zielgrößen der Wirtschaftssubjekte und gesamtwirtschaftlich an den ökonomischen Funktionen gemessen: Gesamtwirtschaftlich ist insbesondere zu fragen, ob die Allokation von Ressourcen durch Finanzderivate insgesamt verbessert oder möglicherweise sogar verschlechtert wird. Als wichtigste Funktionen bieten Terminmärkte und Termininstrumente den Wirtschaftssubjekten x erweiterte Möglichkeiten zur Transformation von Risiken, x die Separation einzelner Risikobestandteile und damit x die Marktfähigkeit präzise eingegrenzter finanzwirtschaftlicher Risiken. Insbesondere die Zerlegung der Preisrisiken von Finanztiteln in Teilkomponenten (Zinsrisiken, Aktienkursrisiken, Währungsrisiken, Katastrophenrisiken etc.) und deren selektive Übernahme und Abgabe erlauben eine breitere Streuung der Risiken auf viele Wirtschaftssubjekte mit unterschiedlicher Risikogrundausstattung, unterschiedlicher Risikotragfähigkeit und unterschiedlichem Informationsstand. Die Wirtschaftssubjekte können bei der Umverteilung der Risiken durch die Verknüpfung mehrerer Bausteine zu einem neuen Anlageinstrument (Bundling) bzw. durch das Zerlegen eines aus mehreren Komponenten bestehenden Anlageinstruments in seine Einzelbestandteile (Unbundling) ihre komparativen Vorteile nutzen und darüber hinaus Qualitäts- und Verhaltensunsicherheiten vermeiden oder abmildern. Die vielfältigen Möglichkeiten der Risikotransformation sind mit einem
384
15 Nutzen und Risiken derivativer Finanzinstrumente
vergleichsweise geringen Kapitaleinsatz realisierbar, so dass auch Wirtschaftssubjekte mit einer begrenzten finanziellen Basis an diesen Märkten teilhaben können. Derivative Transaktionen erscheinen zwar auf der Zahlungsmittelebene als Nullsummenspiele, weil beispielsweise die Käufer von Kaufoptionen für die erworbenen Handlungsspielräume jeweils eine adäquate Prämie an die Verkäufer bezahlen müssen und dafür das Recht erhalten, ihre Optionen beim Eintritt der entsprechenden Umweltzustände auszuüben, was wiederum zu gleich hohen Verlusten bei den Verkäufern der Optionen führt. Die ökonomischen Funktionen der Optionen gehen aber über diesen reinen Transfer der Zahlungsströme hinaus und zeigen verschiedene Wohlfahrtseffekte, so dass Optionen gesamtwirtschaftlich betrachtet keine Nullsummenspiele sind. Insbesondere wird der Handlungsspielraum vieler Wirtschaftssubjekte erweitert, so dass diese Geschäftsmöglichkeiten realisieren können, die sie ohne die Existenz derivativer Finanzmärkte als zu riskant ablehnen würden. Verdeutlichen kann man die gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtszuwächse an folgenden Gesichtspunkten: x Vervollkommnung des Kapitalmarktes x Vervollständigung des Kapitalmarktes x Verbesserung der Informationslage Ein Kapitalmarkt ist umso vollkommener, je weniger Transaktionshemmnisse durch Steuern und Transaktionskosten bestehen und je mehr Marktteilnehmer den gleichen ungestörten Zugang zu den Finanztiteln haben. Für alle Marktteilnehmer sollen beim Erwerb wie beim Verkauf oder der Emission von Finanztiteln möglichst die gleichen Konditionen gelten. Je vollkommener ein Kapitalmarkt ist, umso weniger wird die gesamtwirtschaftliche Allokation der Ressourcen durch Transaktionshemmnisse verzerrt oder gestört. Finanzmärkte sind in der Realität nicht vollkommen, weil sie organisiert, betrieben und kontrolliert werden müssen und die Institutionen, welche die Märkte organisieren, betreiben und kontrollieren, selbst Kosten verursachen und Ertragsziele verfolgen. Für die Marktteilnehmer fallen daher regelmäßig fixe wie variable Kosten der Nutzung der Finanzmärkte an. Gegebenenfalls können sie nur über Dritte einen Marktzugang erhalten, gegebenenfalls müssen sie Sicherheiten stellen und Restriktionen beachten. Als wichtiger Grund für die Existenz derivativer Finanzmärkte gilt die Einsparung von Transaktionskosten und zwar realer direkter wie auch indirekter Transaktionskosten über die höhere Liquidität der Termininstrumente. So sind die Transaktionskosten für Futures- und Optionskontrakte zum Handel mit den zugrunde liegenden Werten bei gleicher Risikoallokation zwischen den Marktteilnehmern in der Regel niedriger als an den Kassamärkten. Das gilt insbesondere beim Handel in großen Volumina. Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich in den letzten Jahren als Reaktion auf die derivativen Märkte die Kostenstrukturen an den Kassabörsen auch angepasst haben, so dass selbst die Kassamärkte positive Impulse erfahren haben. Bei gegebenen Marktunvollkommenheiten zeigen also derivative Instrumente unter Transaktionsgesichtspunkten überwiegend positive Ef-
15.2 Auswirkungen derivativer Titel auf die Kassamärkte
385
fekte, so dass sie zur Vervollkommnung der Finanzmärkte beitragen. Zur Vervollkommnung des Kapitalmarktes gehört auch die Erhöhung der Liquidität. Wird ein Kassamarkt durch einen Optionsmarkt ergänzt, so kann ein höherer Grad an Vollständigkeit des Kapitalmarktes erreicht werden, d. h. in einer Welt mit Derivaten lassen sich mehr zukünftigen Umweltzuständen Marktpreise zuordnen als in einer Welt ohne Derivate. Dies trägt zu einer paretoeffizienten Verteilung der individuellen Risiken bei. Geht ein Anleger davon aus, dass eine bestimmte Aktie steigen wird, dann lassen sich beispielsweise die hohen Gewinnchancen, die der Erwerb einer Kaufoption bietet, auch dadurch erreichen, dass die Aktie auf Kredit gekauft wird. Insofern ändert die Existenz von Optionsmärkten nichts an der Marktstruktur. Wenn aber berücksichtigt wird, dass die Aktie auch fallen kann und sich über Optionen der Verlust aus diesem Risiko ausschließen lässt, dann ändern sich durch Optionen die für die Marktteilnehmer erreichbaren Möglichkeiten für Chancen-Risiken-Profile. Durch geeignete Kombination von Optionen lassen sich Auszahlungsmuster darstellen, die mit den Basistiteln nicht oder nicht ohne weiteres erreichbar sind. Somit lassen sich unter Umständen bessere gesamtwirtschaftliche Risikoverteilungen erreichen und die Handlungsspielräume der Wirtschaftssubjekte erweitern. Ein Folgeeffekt der Verbesserung der Risikoallokation durch Terminmärkte besteht darin, dass sich die Anreize verringern, Preisrisiken durch vertikale Integration und damit wettbewerbshemmend zu verringern. Darüber hinaus lassen sich steuersparende Strategien umsetzen, die die erwarteten Kosten einer Insolvenz vermindern, und es lässt sich die Notwendigkeit verringern, an externen Kapitalmärkten Kapital aufzunehmen. Finanzmärkte erfüllen auch eine Informationsfunktion. Dazu gehört die Erzeugung und Aggregation von Informationen über erwartete Preisentwicklungen. Über ihre Indikatorfunktion können Terminpreise auf die gesamtwirtschaftliche Produktion und die intertemporale Allokation einwirken. Theoretische und empirische Arbeiten stützen die These von der Indikatorfunktion der Terminmärkte, wobei allerdings zwischen den unterschiedlichen Terminmärkten differenziert werden muss.
15.2 Auswirkungen derivativer Titel auf die Kassamärkte An vollkommenen und vollständigen Märkten verändert die Einführung derivativer Finanztitel nicht die Gleichgewichtsbedingungen an den Basismärkten. Im Allgemeinen hat aber die Aufnahme des Handels in derivativen Finanztiteln auf die realen Märkten erhebliche Auswirkungen, insbesondere auf x x x x
die Geschwindigkeit, mit der sich die Preise an neue Informationen anpassen, die Tiefe und Breite der Märkte, das Kursniveau der Basismärkte und die Volatilität der Kursbewegungen.
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15 Nutzen und Risiken derivativer Finanzinstrumente
Die wachsende Verfügbarkeit von Daten über die Preis- und Transaktionsentwicklung hat zu einem rasch wachsenden Befund hinsichtlich der Beziehungen zwischen den derivativen Finanztiteln und den Kassapreisen der Basistitel geführt. Der größte Teil der empirischen Untersuchungen umfasst eines der folgenden Themenfelder: x Auswirkungen der Derivate auf die Kursvolatilität x Auswirkungen der Derivate auf das Kursniveau x andere Auswirkungen auf die Marktmikrostruktur (Bid-Ask-Spreads, Handelsvolumen, Lead-Lag-Beziehungen) Auch die Frage, ob und unter welchen Bedingungen Finanzderivate kurzfristige Marktpreisschwankungen verstärken oder fundamental nicht zu begründende Marktpreisbewegungen in eine Richtung begünstigen, wird in der Literatur differenziert beantwortet. Hedging-Operationen können Kursbewegungen verstärken, da Basiswerte bei fallenden Kursen verkauft und bei steigenden Kursen gekauft werden. Bewegen sich Basispreise von Optionen auf gewisse Schwellenwerte zu, sind Kettenreaktionen, die extreme Kursschwankungen zur Folge haben, nicht auszuschließen. So beobachtet man ungewöhnlich hohe Aktienvolumina an den Tagen im Jahr, an denen zum Ende des Börsenhandels gleichzeitig Index-Futures und -optionen sowie Aktienoptionen auslaufen, mit denen besonders in der letzten Handelsstunde hohe Kursschwankungen verbunden sind, was in die Bezeichnung Triple Witching Hour (Hexenstunde) mündet. Ob die Existenz von Terminmärkten die Volatilität erhöht oder vermindert, ist letztlich eine empirische Frage. Die verfügbaren Daten sprechen dafür, dass die Einführung von Derivaten die Volatilität der Kurse der Basistitel verändert hat, wobei allerdings für Futures und Optionen unterschiedliche Aussagen zu konstatieren sind. Auf den Optionsmärkten ist der Tendenz nach ein günstiger Einfluss auf die Volatilität der Kurse der Basispapiere im Sinne einer Stabilisierung der Kassapreise festzustellen. Die Untersuchungen beziehen sich sowohl auf Volatilitätsveränderungen vor und nach Einführung der Optionskontrakte als auch auf Volatilitätsdifferenzen zwischen Aktien, die als Basistitel für Optionen dienen und solchen, für die keine Optionen verfügbar sind. Die Stabilisierungseigenschaft ist allerdings umstritten. Insbesondere in krisenhaften Situationen wird auch gegenteilig festgestellt, dass der Optionshandel einen zusätzlich destabilisierenden Einfluss auf die Kassamärkte ausübt. Bei Futures sind kontroverse Ergebnisse vorhanden, wobei zu berücksichtigen ist, dass für die Untersuchung von FutureKontrakten keine so große Datenbasis verfügbar ist wie bei den Optionen. Derivate steigern die Liquidität der Märkte, so dass ein Rückgang der Gleichgewichtsrendite zu verzeichnen sein sollte, weshalb die Preise steigen dürften. Im Hinblick auf Optionen scheint die Empirie diese Aussage zu belegen. Auch für Futures scheint ein solcher Zusammenhang zu bestehen, wenn auch hier wegen der geringen empirischen Belegung die Ergebnisse vage sind. Theoretische Überlegungen sprechen für drei zusätzliche Effekte der Derivate, dass nämlich
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x die Geschwindigkeit, mit der neue Informationen in die Marktpreise eingehen, zunimmt, x die Transaktionsvolumina der Basismärkte durch die Derivate verändert werden und x die Bid-Ask-Spreads abnehmen. Für Optionsmärkte gilt als dokumentiert, dass die Preise neu verfügbare Informationen rascher widerspiegeln. Unklar ist aber die Wechselwirkung zwischen den Options- und den Kassamärkten im Sinne von Lead-Lag-Beziehungen. Diese Wechselwirkung besteht andererseits ganz klar für die Future-Märkte, für die gezeigt ist, dass der Future-Markt dem Kassamarkt einige Minuten vorauseilt. Statistische Studien haben keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Einführung der Derivate und dem Handelsvolumen an den Kassamärkten aufgedeckt. Auch die Auswirkungen der derivativen Finanztitel auf die Liquidität des Kassamarktes sind nicht eindeutig. Zwar entzieht der Terminmarkt dem Kassamarkt Transaktionen durch die Möglichkeit, kostengünstiger Hedging- und TradingMotive umzusetzen. Gleichzeitig entstehen damit aber auch neue Handelsmöglichkeiten in den zugrunde liegenden Wertpapieren. Der Bis-Ask-Spread dagegen scheint mit der Einführung von Derivaten zurückzugehen.
15.3 Risiken und Regulierung der derivativen Finanzmärkte Der Einsatz derivativer Finanzinstrumente trägt nur dann zur Zielerreichung der Wirtschaftssubjekte bei, wenn die verfolgten Strategien zieladäquat und mit den richtigen Instrumenten umgesetzt werden. Ist das nicht der Fall, dann kann der Einsatz von Derivaten gerade dann mit hohen Verlusten verbunden sein, wenn solche Verluste gerade vermieden werden sollten. In der Vergangenheit ist es auch bei Hedge-Strategien zu spektakulären Verlusten bei einigen Marktteilnehmern gekommen (Metallgesellschaft, Procter & Gamble, Bankers Trust, LTCM etc.). Natürlich entstehen Verluste vielfach auch durch bewusst spekulativ eingegangene Positionen, wenn die Märkte sich anders als individuell erwartet entwickeln. So haben die Conduits am amerikanischen Subprime-Markt Kreditrisiken übernommen und im Zuge einer starken Fristentransformation durch Asset Backed Commercial Papers finanziert mit der Folge, dass in der Subprime-Krise der Jahre 2007 und 2008 Abschreibungen in Milliardenhöhe vorgenommen werden mussten. Schließlich müssen die Marktteilnehmer mit Verlusten durch Kontrahentenrisiken und dadurch rechnen, dass sie nur über ein unvollständiges Verständnis der Märkte verfügen und ihre Positionen gegebenenfalls vorzeitig zu für sie ungünstigen Preisen liquidieren müssen. Der Einsatz derivativer Finanztitel kann mit verhältnismäßig geringem Kapitaleinsatz zur Übernahme großer Risiko-Chancen-Positionen führen. Somit besteht bei einem Teil der Marktteilnehmer das Risiko einer Insolvenz. Dieses Risiko
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kann aufgrund der starken Verflechtung der Marktteilnehmer und Positionen zu einem Dominoeffekt führen. Man kann die Risiken, denen Positionsnehmer in derivativen Geschäften unterliegen, in vier Kategorien einteilen: x Marktrisiken sind der hauptsächliche Gegenstand des Handels und der Positionsnahme von Derivaten. x Erfüllungsrisiken entstehen, falls die Gegenseite des Derivatekontraktes nicht leisten will oder leisten kann. Das Risiko, dass Marktteilnehmer nachträglich sich nicht an ihre Verträge halten wollen, ist bei Privatpersonen immer noch gegeben, bei professionellen Marktteilnehmern so gut wie ausgeschlossen. Das Risiko, dass nicht geleistet werden kann, wird insbesondere durch Installation eines rechtsverbindlichen Rahmenvertrags (Netting-Vereinbarung) möglichst begrenzt. Den Vertragspartnern ist damit das Verrechnen gegenläufiger Ansprüche (Netting) erlaubt. x Abwicklungsrisiken resultieren aus zeitlichen Verzögerungen in der Abwicklung. x Systemische Risiken sind Risiken, die sich zu einer Bewegung des gesamten Marktes ausweiten. Seit einigen Jahren werden insbesondere vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht und dem Technical Commitee der International Organization of Securities Commissions sowie von den nationalen Aufsichtsbehörden Richtlinien für ein solides Risikomanagement im Derivategeschäft erlassen. Diese sollen gewährleisten, dass eine permanente und professionelle Aufsicht durch die Geschäftsleitung und die Aufsichtsgremien der Wirtschaftssubjekte gegeben ist. Die derivativen Finanzinstrumente sind in der Zwischenzeit in die üblichen Finanzmärkte weitgehend integriert. Diese Integration ist in der Praxis auch im Rahmen des Risikomanagements erfolgt. Sogar die Handelsplattformen für die Derivate an der Börse sind mit jenen für die zugehörigen Basisobjekte eng verzahnt. Daher ist auch die Regulierung der derivativen Finanzinstrumente und Finanzmärkte kein eigenständiger Regelungsbereich mehr. Vielmehr erfolgt die Regulierung der derivativen Instrumente als Teilgebiet der allgemeinen Regulierung und Beaufsichtigung der Finanzmärkte.
15.4 Zentrale Gegenparteien für OTC-Derivate Die Turbulenzen an den Finanzmärkten seit Ausbruch der Subprime-Krise haben nun allerdings dazu geführt, dass Regulierungsinstanzen sich auch wieder vermehrt um die Kontrolle derivativer Finanzmarktinstrumente kümmern. Die Aufarbeitung des Zusammenbruchs der Investmentbank Lehman Brothers, die zu den großen Anbietern von Kreditderivaten zählte, und die Rettung des Versicherers American International Group (AIG) haben ein staatliches Bedürfnis nach einer stärkeren Kontrolle des Handels in Credit Default Swap (CDS)-Kontrakten ausgelöst. Dieser Bedarf soll über die Etablierung zentraler Verrechnungsstellen (Cent-
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ral Clearing Counterparty (CCP)) befriedigt werden. Der USamerikanische Finanzminister Timothy F. Geithner veröffentlichte dazu am 13. Mai 2009 „… one essential element of reform is the establishment of a comprehensive regulatory framework for over-the-counter (OTC) derivatives … objectives: (1) preventing activities in those markets from posing risk to the financial system; (2) promoting the efficiency and transparency of those markets; (3) preventing market manipulation, fraud, and other market abuses; and (4) ensuring that OTC derivatives are not marketed inappropriately to unsophisticated parties. … To contain systemic risks, … require clearing of all standardized OTC derivatives through regulated central counterparties (CCPs).” Unter dem Regulierungsdruck sind die großen Teilnehmer im weltweiten CDSHandel eine Selbstverpflichtung eingegangen, standardisierte CDS-Typen ausschließlich über Central Clearing Counterparties zu handeln. Mittlerweile haben in Europa wie auch den USA mehrere Clearing-Häuser mit entsprechenden Plattformen für das zentrale Clearing von Kreditderivaten das Geschäft aufgenommen. In Europa sind dies die Eurex Credit Clear, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Börse und der Schweizer Börse, sowie die zur US Terminbörse IntercontinentalExchange gehörende ICE Clear Europe. Im Laufe der nächsten Monate könnte die LCH.Clearnet, die Clearingstelle am Londoner Börsenplatz, dazustoßen. Die CCP der Eurex verlangt von ihren Mitgliedern einen Mindestbeitrag von 50 Millionen Euro für einen Clearingfonds und eine Eigenkapitalausstattung der angeschlossenen Marktteilnehmer von mindestens 2 Milliarden Euro. Den Pressemeldungen zufolge hat offenbar die CCP der ICE bisher die Mehrheit der führenden CDS-Adressen als Clearingmitglieder gewonnen. Das durch Handelskonzentrationen auf wenige große, untereinander verflochtene Marktteilnehmer ausgelöste systemische Risiko wird als große Gefahr für die Stabilität des Finanzsystems gesehen. Es soll deshalb vermieden werden, dass die Aktivitäten bei Derivaten (wieder) eine Gefahr für das Finanzsystem darstellen. Die Ziele der Reform gehen also weit über eine nur kurzzeitig angestrebte Marktberuhigung, eine Art „vertrauensbildende Maßnahme“, hinaus. Viele Marktteilnehmer interpretieren die verpflichtende CCP vielmehr bereits als „Beginn einer neuen Ära“ im Handel mit außerbörslichen Derivaten. Die erfolgreiche Etablierung einer zentralen Verrechnungsstelle wird sich also nicht auf Kreditderivate beschränken, sondern weite Teile des derivativen OTCMarktes umfassen. Es ist deshalb mit einer weiteren Standardisierung im vielschichtigen und komplexen Markt für außerbörsliche Derivate zu rechnen. Ein verpflichtendes zentralisiertes Clearing außerbörslicher Derivate soll die identifizierten Risiken für die Finanzmarktstabilität reduzieren. Dabei agiert eine zentrale Gegenpartei analog zu der Clearingstelle einer Terminbörse. Sie führt die Abwicklung und Besicherung der abgeschlossenen Geschäfte durch. Kommt ein Geschäft zustande, so stellt sich die Clearingstelle als Kontrahent zwischen beide Vertragspartner, sie wird also für jeden Verkäufer zum Käufer und für jeden Käufer zum Verkäufer. Das Kontrahentenrisiko wird damit von den jeweiligen Gegenparteien auf die CCP übertragen. Die Aufstellung der Tabelle 15.1, die der Struktur der Tabelle 2.2 des zweiten Kapitels ähnelt, soll deutlich machen, dass eine CCP Merkmale der OTC-Marktorganisation wie auch einer Terminbörse aufweist.
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Tabelle 15.1. Charakteristika von Marktorganisationen Handel erfolgt… Clearing erfolgt… Adressenausfallrisiko… Vertragsparameter…
Margins... Handelstransparenz...
Bepreisung… Regulierung, Beaufsichtigung
OTC außerbörslich und bilateral. bilateral. tragen Käufer und Verkäufer gleichermaßen sind individuell nach den Kundenbedürfnissen vereinbart. sind individuell ausgehandelt. ist begrenzt.
ist begrenzt transparent. Marktorganisation und Marktstandards.
CCP zunächst außerbörslich und bilateral. zentral. übernimmt Clearing-Stelle.
Börse börslich und zentral.
sind eher standardisiert.
sind standardisiert.
sind standardisiert.
sind standardisiert.
ist hoch, da detaillierte Information vorhanden.
ist sehr hoch, da detaillierte Information vorhanden und veröffentlicht. ist transparent.
ist begrenzt transparent. Marktorganisation und Beaufsichtigung durch die CCP.
zentral. übernimmt Clearing-Stelle.
Marktorganisation und Beaufsichtigung der Börse.
Die Einschaltung eines zentralen Kontrahenten macht die im Markt befindlichen Risiken insofern transparenter, als Volumina und Marktwerte täglich zur Verfügung stehen. Das Konzept des zentralen Clearings mag deshalb einigen Charme haben, eine Clearingstelle schafft jedoch kein Vertrauen aus sich selbst heraus. Puffer für Risiken auf Ebene der zentralen Gegenpartei ist neben den täglich kalkulierten Sicherheitsleistungen (Margins) ein Sicherheitenfonds, der durch Umlagen aller Mitglieder gespeist wird. Reichen die Puffer nicht aus, so besteht üblicherweise eine Regelung, die die Mitglieder zu Nachschussleistungen verpflichtet. Das Kontrahentenrisiko kann offenbar nicht eliminiert, sondern nur neu unter den Clearingmitgliedern aufgeteilt werden. Das Margining einer CCP fokussiert sich auf das Risiko der zugrundeliegenden Position. Das Insolvenzrisiko der Kontraktpartei könnte indirekt über risikoabhängige Mitgliedsbeiträge und Prämieneinlagen erfasst werden, ein direkter Anreiz zum Qualitätsmonitoring der Gegenpartei kann aber schwinden. Zentrale Kontrahenten müssen ein hohen Standard des Risikomanagements etablieren, das Know-how dazu liegt aber zunächst einmal bei den Clearingmitgliedern. Diese wiederum brauchen Anreize, ihre privaten Informationen kostenlos zu veröffentlichen und Modelle und Strategien der Bepreisung und Risikoerfassung zur Verfügung zu stellen. Abzuwarten bleibt, ob die tägliche Neubewertung der Positionen einen stringenteren, prozyklischen Automatismus besitzt, als dies im ausschlielich bilateralen Handel der Fall ist.
Schlüsselbegriffe
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Literaturhinweise zu Kapitel 15 Der Beitrag von Gibson u. Zimmermann 1997 fasst die Vielzahl der Argumente hinsichtlich des Nutzens und der Kosten beim Einsatz derivativer Finanzmarktinstrumente zusammen. In einer Modellierung quantifizieren Neuberger u. Hodges 2002 den Nutzen durch Einsatz von Optionen. Die Deutsche Bundesbank hat sich bereits 1993 mit den geldpolitischen Implikationen von Derivaten auseinander gesetzt (Deutsche Bundesbank 1993) und wiederholt Einschätzungen hinsichtlich der Auswirkungen der zunehmenden Verbreitung von Derivaten auch auf die Stabilität des Finanzsystems abgegeben (Deutsche Bundesbank 2003). Einige Ausführungen zum Einfluss von Derivatemärkten auf Kassamärkte enthält Hecker 1994. Kempf u. Kaehler 1993 vergleichen die Informationsverarbeitung auf Kassaund Terminmarkt anhand von Zeitreihen des DAX und des DAX-Future-Kontraktes. Der Frage nach möglichen Manipulationen bzw. Strategien zur Beeinflussung von Kursen gehen Pirrong 2001 und mit einer Verbindung zur Bewertung Jarrow 1994 nach. Ross 1976 zeigt, wie der Vollständigkeitsgrad von Kapitalmärkten durch das Auflegen von Optionen auf existierende Wertpapiere bzw. Wertpapierkörbe erhöht werden kann. Auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de sind Übungsaufgaben zur Vervollständigung von Märkten durch Optionen zu finden. Die populären Beispiele hoher Verluste einzelner Marktteilnehmer durch ein Engagement in derivativen Finanzmarktinstrumenten sind beispielsweise dokumentiert bei Culp u. Miller 1995, Edwards u. Canter 1995, Spremann u. Herbeck 1997 sowie schließlich Bühler u. Korn 2000 (Metallgesellschaft), Miller u. Ross 1997 sowie Jorion 1997 (Orange County) und Smith 1997 (Procter & Gamble-Bankers Trust). Die in diesem Zusammenhang immer wieder aufgeworfene Frage nach einer besonderen, stärkeren Regulierung der derivativen Märkte wird von Miller 1995 und Stulz 2004 verneint. Rudolph 2008 gibt einen breiten Überblick über die Hintergründe und Reformvorschläge im Zusammenhang mit der Subprime Krise, die sich 2007 und 2008 zu einer internationalen Finanzkrise ausweitete. Einen ersten Überblick zur Ausgestaltung sowie zu den Vor- und Nachteilen von zentralen Gegenparteien findet man bei Cecchetti et al. 2009. Duffie u. Zhu 2009 analysieren Mindestanforderungen an CCP-Modelle, Pirrong 2009 hinterfragt die vielfältigen Anreizkonflikte beim verpflichtenden CCP mit sich bringt. Informativ und gleichsam unterhaltsam ist die Lektüre zur Entwicklung des derivativen Marktes und dessen Einfluss auf die Finanzmärkte in Steinherr 1998. Miller 1997 enthält eine Sammlung seiner bedeutendsten Beiträge.
Schlüsselbegriffe Abwicklungsrisiko Central Clearing Counterparty (CCP) Erfüllungsrisiko Funktion von Derivaten Gesamtwirtschaftlicher Nutzen von Derivaten Marktrisiko Regulierung von Derivaten
Risiken von Derivaten Systemisches Risiko Vervollkommnung des Kapitalmarktes durch Derivate Vervollständigung des Kapitalmarktes durch Derivate Vollständigkeitsgrad des Kapitalmarktes Zentrale Gegenpartei
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Fragen 1. Was versteht man und einer Vervollkommnung, was unter einer Vervollständigung des Kapitalmarktes? 2. Inwieweit können derivative Finanzinstrumente zur Verbesserung der Informationseffizienz des Kapitalmarktes beitragen? 3. Welche Auswirkungen könnte die Einführung von Derivaten auf die Basismärkte haben? 4. Welche Gründe sprechen dafür und dagegen, dass die Einführung derivativer Finanzinstrumente die Volatilität der Basismärkte verstärkt? 5. Was spricht gegen eine isolierte Regulierung derivativer Finanzmärkte? 6. Was versteht man unter einem systemischen Risiko? 7. Warum ist die Transparenz (im Handel und in der Bepreisung) beim zentralen Clearing zwar höher als im OTC-Handel, aber immer noch geringer als im Börsenhandel? 8. Diskutieren Sie potenzielle Anreizkonflikte, die bei der Etablierung und Ausgestaltung zentraler Gegenparteien im außerbörslichen Derivategeschäft zu beachten sind. Lösungsskizzen sowie weitere Fragen und Aufgaben sind auf der begleitenden Website http://www.derivate.uni-bayreuth.de zu finden.
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Sachverzeichnis
Abwicklungsrisiko 388 Additional Margin 68 Agrarderivate 191 Aktienanleihe 378 Aktienderivate 83 Arbitrage 95, 107 Bewertung 213, 239 Hedging 89, 98 Trading 92, 106 Aktienindex 84 Aktienindexderivate 83 Alpha 312 amerikanische Option 21 Anlagezertifikat 375 Arbitrage 34 Box Spread 51, 111 Cash and Carry 34, 107, 215 Conversion 95 Cost of Carry 209 Differenz-Arbitrage 108 Reversal 95 Reverse Cash and Carry 107, 216 synthetische Positionen 47 asiatische Option 365 Asset or Nothing-Option 353 Bewertung 358 Asset Swap 174 Aufgeld 315 Austauschoption 225, 355 Bewertung 369 Ausübung, vorzeitige 248 Ausübungspreis, Option 21 Average-Option 161, 354 Bewertung 365 Backwardation 193, 208 Bankers Trust 387, 391 Barrier-Option 355 Bewertung 365 In-Out-Parität 367 Basis 104, 208
Carry-Basis 209, 216 Value-Basis 209, 216 Basispreis, Option 21 Basket Default Swap 181 Basket-Option 355 Bewertung 368 Bermuda-Option 356 Best-Option 355, 369 Beta-Faktor 99, 232 Beta-Hedging 98, 232 Basisrisiko 104 Beta-Risiko 104 Bewertung Aktienindex-Future 213 Aktienoption 239 Aktienoption mit Dividende 322 amerikanische Option 248, 324, 347 Binomialmodell 257 Black/Scholes-Differentialgleichung 343 Black/Scholes-Formel 270 Black-Formel 335 Constant Elasticity of Variance CEV 323 Cox/Ross-Modell 323 DAX-Future 215 Empirie 347 Forward, Cost of Carry 209 Martingal 339 Merton-Modell 323 Modell von Black, Scholes und Merton, siehe Black/ScholesFormel 270 Optionskennzahlen 287 Pseudowahrscheinlichkeit 262 Put-Call-Parität 251 Risikoadjustierung 262 risikoneutrale Bewertung 339 Sprungprozess 323 Swap 226 verteilungsfreie Abschätzungen 239
406
Sachverzeichnis
Währungs-Forward 217 Währungs-Future 217 Währungsoptionen 327 Waren-Future 220 Waren-Swap 227 Zinsderivate 219 Zins-Swap 228 Binäroption 353 Bewertung 358 Fallbeispiel 360 Binomialmodell 257 amerikanische Option 324 Annahmen 259 Anzahl Kursaufwärtsbewegungen 268 Bewertungsformel nach Cox/Ross/Rubinstein 269 Delta 260, 266, 285 Delta-Hedge, dynamisch 298 Grenzübergang 272, 275, 331 Risikoadjustierung 262, 269 Währungsoption 330 Black/Scholes-Differentialgleichung 344, 349 Black/Scholes-Formel 270 Annahmen 270 Black/Scholes-Differentialgleichung 344 Einflussgrößen 276 Empirie 347 Erweiterungen 321 Fallbeispiel 273 Grenzübergang 272, 275, 331 Herleitung, Brownscher Prozess 343 Herleitung, Erwartungswertkalkül 336 mit Dividende 322 Optionskennzahlen 292 risikoneutrale Bewertung 339 Sensitivitäten 276, 292 Volatilität, historische 273 Volatilität, implizite 287 Black-Formel 335 Bonus-Zertifikat 380 Break Forward 160 Brownsche Bewegung 340 Bundling 383 Callable Default Swap 182 Cap 117 Bewertung 347
Caplet 118 Cash and Carry-Arbitrage 215 Cash or Nothing-Option 353 Bewertung 358 Fallbeispiel 360 Cat-Optionen 202 CDS-Index 182 CDX.NA.IG 182 Central Clearing Counterparty 62, 174, 389 Cheapest to Deliver-Anleihe 142, 224 Chooser-Option 356 Bewertung 368 Clearing 67 Cliquet-Option 356 CO2-Derivate 197 Collar 122, 157 Commodity-Derivate 185 Bewertung 220, 227 Black-Formel 336 Commodity-Index 192 Compound-Option 17, 164, 356 Constant Elasticity of Variance CEV 323 Contango 193, 208 Contingent-Option 354, 359 Convenience Yield 220 Conversion 95 Corridor 157 Cost of Carry 209 Covered Interest Rate Parity 165, 217 Cox/Ross/Rubinstein-Bewertungsformel 269 Credit Default Option 178 Credit Default Swap 176, 177 Credit Default Swap-Index 182 Credit Linked Note 180 Credit Spread-Option 176, 179 Creparts 189 Default Swaption 181 Delayed-Option 356 Delta 293 Delta-Gamma-neutral 301 Delta-neutral 297 dynamischer Delta-Hedge 297 eines Portfolio 300, 302 Verkaufsoption, Herleitung 318 Währungsoptionen 329 Derivate
Sachverzeichnis außerbörsliche Geschäfte, OTC 29, 60 Bewertung, bedingtes Termingeschäft 239 Bewertung, unbedingtes Termingeschäft 207 Börsenhandel 59 Börsenkontrakte 29, 59 Definition 15 Einfluss auf Kassamärkte 385 Einfluss auf Liquidität 386 Einfluss auf Volatilitätsniveau 385 Funktionen 383 Informationsfunktion 384 Märkte 57 Marktmikrostruktur 386 Motive 31 Regulierung 387 Risiken 387 Risikobereiche 27 Strukturierung 17 Derivative Map 375 Deutsche Bank Liquid Commodity Index DBLCI 193 Digital Credit Default Swap 180 Digitaloption 353 Bewertung 358 Fallbeispiel 360 Put-Call-Parität 358 Discount-Zertifikat 377 DivDAX 84 Dow Jones Euro STOXX 50 84 Dow Jones Global Titans 50 85 Dow Jones iTraxx 181 Dow Jones STOXX 50 85 Dow Jones STOXX 600 85 Dow Jones-UBS Commodity Index DJUBSCI 193 Down-Option, siehe Schwellenoption 355 Duplikation 258 Duration 145 Durchschnittsoption 161, 354 Bewertung 365 einfaktorielle Option 352 Elastizität einer Option 314 Elektrizitätsderivate 194 Bewertung 221 Emissionsderivate 197 Eonia 141
407
Erfüllungsrisiko 388 Eucomex 189 Eurex 64 Clearing 67 Margins 70 Euribor 113 europäische Option 21 European Energy Exchange EEX 11, 195 European Structured Investment Products Association Eusipa 375 European Warrant Exchange Euwax 79 Exchange-Option 355 Bewertung 369 exotische Kreditderivate 180 Basket Default Swap 181 Callable Default Swap 182 Default Swaption 181 Digital Credit Default Swap 180 First-to-Default Basket 181 Forward Credit Default Swap 182 Index-Based Default Swap 181 Recovery Credit Default Swap 181 exotische Option 161 asiatische Option 365 Asset or Nothing-Option 353, 358 Austauschoption 355, 369 Average Rate-Option 161, 354, 365 Average Strike-Option 354, 365 Barrier-Option 355, 365 Basket-Option 355 Bermuda-Option 356 Best-Option 355, 369 Bewertung 358 Binäroption 353, 358 Cash or Nothing-Option 353, 358 Chooser-Option 356, 368 Cliquet-Option 356 Compound-Option 17, 164, 356 Contingent-Option 354, 359 Delayed-Option 356 Digitaloption 353, 358 Durchschnittsoption 161, 354, 365 Eigenschaften 351 Exchange-Option 355, 369 Extremwertoption 355, 364 Floating Rate Lookback-Option 355, 364 Floating Strike Lookback-Option 355, 364 Forward Start-Option 356
408
Sachverzeichnis
Gap-Option 353, 359 HAMSTER-Option 354 HASE-Option 354 Knock Out-, Knock In-Option, siehe Schwellenoption 355 Kontrolloption 354 Korridoroption 354 Lookback-Option 355, 364 mehrfaktorielle Option 368 ONION-Option 354 Optionsschein 375 Pay Later-Option 354, 359 Performance-Option 355, 369 Power-Option 354, 361 Quanto-Option 355 Rainbow-Option 369 Range-Option 354 Ratchet-Option 356 Schalteroption 353 Schwellenoption 354, 355, 365 Spread-Option 369 Systematik 352 TWIN-Option 354 Worst-Option 355, 369 Zertifikat 375 Zusammenfassung 357 Exposure 152 Express-Zertifikat 378 Extremwertoption 354 Bewertung 363 First-to-Default Basket 181 Floating Lookback-Option 354, 372 Bewertung 363 Floor 117 Bewertung 347 Floorlet 118 Forward Bewertung 209 Bewertung, Währungs-Forward 217 Definition 25 Grundpositionen 25 Preis 25 Forward Credit Default Swap 182 Forward Rate 114 Forward Rate Agreement 127 FRA-Satz 127 Forward Start-Option 356 Friday Weekly-Optionen 84 Funktion von Derivaten 383 Future
Bewertung, Aktienindex-Future 213 Bewertung, Cost of Carry 223 Bewertung, Kapitalmarkt-Future 219 Bewertung, Lieferoption 224 Bewertung, Währungs-Future 217 Bewertung, Waren-Future 220 Bobl-Future 140 Bund-Future 140 DAX-Future 88, 107, 215 Definition 25 Eonia-Future 139 Euribor-Future 139 Funktion, ökonomisch 383 Grundpositionen 25 implizite Optionen 222 Informationsfunktion 384 Preis 25 Future Spread Margin 69 Future-Option 140 Bewertung 336 Gamma 301 eines Portfolio 302 Gamma-neutral 301 Herleitung 318 Gap-Option 353 Bewertung 359 Garantie-Zertifikat 377 Garman/Kohlhagen-Formel 331 Gasderivate 194 gesamtwirtschaftlicher Nutzen 383 Goldman Sachs Commodity Index GSCI 193 Greeks, siehe Optionskennzahlen 292 HAMSTER-Option 353 HASE-Option 354 Hebel einfacher 316 theoretischer 314 Hebelzertifikat 380 Hedge Ratio 90, 99, 144 optimal 230 optimal, Aktienkursrisiko 232 optimal, Warenpreisrisiko 231 varianzminimierend 230 Hedging 33 Basispunkt-Hedge 145, 150 Beta-Hedging 98 Covered Call Writing 36 Delta-Hedge 297
Sachverzeichnis Duration-Hedge 145, 150 dynamisch 297 Gamma-Hedge 301 Long Call Hedge 36, 91, 120 Makro-Hedge 33, 89, 101 Mikro-Hedge 33, 89 Nominal-Hedge 99, 144 optimales Hedging 229 Portfolio Insurance 300 Portfolio-Hedge 33 Preisfaktor-Hedge 144 Protective Put 36, 89, 110, 121, 156 Regressions-Hedge 146 Sensitivitäts-Hedge 145 statisch 36 Zwei-zu-Eins-Hedge 37 Hexenstunde 386 Hurrikan-Futures 203 Immobilienderivate 203 implizite Optionen 222 End of the Month-Option 226 Lieferoption 224 Timing Option 226 Wild Card-Option 226 implizite Volatilität 287 Index-Based Default Swap 181 Inflationsderivate 205 Informationsfunktion von Derivaten 384 Informationsverarbeitung 385 In-Option, siehe Schwellenoption 355 In-Out-Parität 367 Interest Rate Parity IRP 217 International Index Company (IIC) 182 International Securities Exchange ISE 64 IPD UK Annual All Property-Index 203 Itô, Lemma von 342 Itô-Prozess 341 iTraxx 182 Katastrophenderivate 202 Kaufoption, Call 21 Knock In-Option, siehe Schwellenoption 355 Knock Out-Option, siehe Schwellenoption 355 Kontrolloption 354 Korridoroption 353 Kreditderivate 175
409
Credit Default Swap 177 Credit Linked Note 180 Credit Spread-Option 179 exotische Kreditderivate 180 Total Return Swap 178 Kreditindex 181 Kreditindex-Future 182 Kreditrisiko 173 Kursindex 214 kurspfadabhängig 352 Ladder Swap 137 Lagerungskosten 210 Lambda 309 Laufzeit, Option 21 Laufzeitzinssatz 114 Liefertag 25 Liquidität, Einfluss von Derivaten 386 lognormalverteilt 270, 342 Lookback-Option 354, 372 Bewertung 363 Low Exercise Price-Kaufoption LEPO 86 Makroderivate 205 Margins 68 Markov-Prozess 340 Marktmikrostruktur 386 Marktrisiko 388 Martingal 339 MDAX 84 mehrfaktorielle Option 352 Bewertung 368 Mengenrisiko 153 Metallgesellschaft 387, 391 MSCI Russia 85 Mutteroption 356 Netting 388 Normalverteilung Taylor-Approximation 288, 313 Nullsummenspiel 384 Nutzen von Derivaten, gesamtwirtschaftlich 383 ökonomische Derivate 205 Omega 314 OMXH25 84 ONION-Option 354 optimales Hedging 229 Option
410
Sachverzeichnis
Aktienoptionen, EUREX 87 amerikanische 21, 248, 324 Aufgeld 315 Bewertung 257, 270 DAX-Option 88, 92 Definition 21 europäische 21, 248 exotische, siehe exotische Option Funktion, ökonomisch 383 Grundpositionen 22 Hebel, einfacher 316 Hebel, theoretischer 314 Hedge-Strategien 36 Informationsfunktion 384 innerer Wert 25 Kaufoption, Call 21 Kombinationen 38 Optionskennzahlen 292 Verkaufsoption, Put 21 Währungsoptionen 155, 327 Wertgrenzen, verteilungsfreie Abschätzungen 239 Zeitwert 25 Zinssatzoption, Cap, Floor 117 Optionskennzahlen Alpha 312 Approximation 313 Aufgeld 315 Gamma 301 Hebel 314 in Portfolios 300, 302, 319 Lambda 309 Omega 314 Rho 311 Theta 305 Vega 309 Zusammenfassung 312 Optionskombinationen 38, 46, 92 Collar 122, 157 Corridor 157 Spread, Butterfly 93 Spread, Horizontal 40 Spread, Vertical 38, 93, 110 Straddle 42, 95 Strangle 44 Strap 44 Strip 44 Optionsschein 375 exotisch 375 Naked Warrant 78 Orange County 391
Out-Option, siehe Schwellenoption 355 Outperformance-Zertifikat 380 Over the Counter-Geschäfte 29, 60 Pay Later-Option 354, 359 PCS-Optionen 202 Performance-Index 214 Performance-Option 355 Bewertung 368 Phelix-Futures 196 Portfolio Insurance 300 Powernext 195 Power-Option 354, 372, 373 Bewertung 361 Prämie, Option 21 Preisfaktor 142, 150 Premium Margin 68 Procter & Gamble 387, 391 Pseudowahrscheinlichkeit 262 Put-Call-Parität 96, 251, 284 amerikanische Optionen 253, 284 Digitaloption 358 mit Dividende 252, 284 Schwellenoption 367 Währungsoptionen 328 qualitative Option 352 quantitative Option 352 Quanto-Option 355 Rainbow-Option Bewertung 369 Two Colour 369 Range-Option 353 Ratchet-Option 356 RDXxt 85 Recovery Credit Default Swap 181 Regulierung von Derivaten 387 Rendite, normalverteilt 270, 342 Retail-Zertifikat 80 Reuters/Jeffries CRB Commodity Futures Index RJ-CRB 193 Reversal 95 Reverse Cash and Carry-Arbitrage 215 Reverse Convertible 378 Rho 311 Risiken von Derivaten 387 risikoadjustierte Eintrittswahrscheinlichkeit 262 Risikoallokation, verbessert 385 Risikomanagement 1, 27
Sachverzeichnis Abwicklungsrisiko 388 Aktienkursrisiko 6, 83, 232 Erfüllungsrisiko 388 Kreditrisiko 11 Marktrisiko 388 Strompreisrisiko 194 systemisches Risiko 388 Währungsrisiko 6 Warenpreisrisiko 10, 185, 231 Wechselkursrisiko 6 Zinsrisiko 8, 113 Risikotransformation 383 Risk Based Margining 67 Risk Management Exchange RMX 11, 189 Rogers International Commodity Index RICI 193 Rohstoffderivate 185 Bewertung 220, 227 Black-Formel 336 Rohstoffindex 192 rollierende Strategie 223 Schalteroption 353 Schwellenoption 355 Bewertung 365 binär 354 In-Out-Parität 367 Scoach 79 selbstfinanzierende Strategie 345 SLI 84 SMI 84 Smile-Effekt 289 SMIM 84 Spekulation 34 Spot Rate 114 Spreading 34 Box Spread 51, 111 Calendar Spread 38 Horizontal Spread 38 Intercommodity 35 Intermarket 35 Intramarket 35 Time Spread 38, 111 Vertical Spread 38 Spread-Option 369 Sprint-Zertifikat 378 Sprungprozess 323 Standard & Poor’s Commodity Index SPCI 193 stochastischer Prozess 340
411
strukturiertes Produkt 375 Sturmschäden-Futures 203 Swap 130 Asset Swap 133 Bewertung 226 Constant Maturity Spread Ladder Swap 137 Constant Maturity Spread Swap 137 Constant Maturity Swap 136 Credit Default Swap 177 Cross Currency Swap 166 Equity-Swap 131 Forward Swap 131, 150 komparative Kosten 134 Liability Swap 133 Straight Currency Swap 166 Swap-Rate 228 Swap-Satz 132 Total Return Swap 178 Währungs-Swap 131, 166 Yield Curve Swap 136 Zins-Swap 130 Zins-Swap, Bewertung 228 Swaption 17, 131 Synthetische Positionen 47 Box Spread 51 Conversion 95 Reversal 95 systemisches Risiko 388 TecDAX 84 Terminbörsen Bermuda Commodities Exchange BCOE 202 Chicago Board of Trade 58 Chicago Board of Trade CBoT 188 Chicago Board Options Exchange 58 Chicago Mercantile Exchange 58, 167 Chicago Mercantile Exchange CME 188 Deutsche Terminbörse 58 Eucomex 189 Eurex 64 European Energy Exchange EEX 195 International Money Market 58, 167 International Petroleum Exchange London IPE 188 International Securities Exchange ISE 64
412
Sachverzeichnis
Liffe, Euronext.Liffe 58, 188 LIFFE, Euronext.Liffe 167 London Metal Exchange LME 188 New York Commodity Exchange COMEX 188 New York Futures Exchange 58 New York Mercantile Exchange 58 New York Mercantile Exchange NYMEX 188 NordPool 188 Powernext 195 Risk Management Exchange RMX 189 SIMEX 167 Soffex 58 Umsätze 77 Warenterminbörse Hannover WTB 189 Termingeschäft 16 bedingtes 21 unbedingtes 25 Terminkurs 208 Terminpreis 208 Terminzinssatz 114 Theta 305 Tochteroption 356 Total Return Swap 176, 178 Trading 34, 106 Market Timing 106 Optionskombinationen 38 Triple Witching Hour 386 TWIN-Option 354 Unbundling 383 Up-Option, siehe Schwellenoption 355 Variation Margin 68 Vega 309 Verfalldatum, Option 21 Verkaufsoption, Put 21 verteilungsfreie Abschätzungen 239, 327 Kaufoption 239 Kaufoption, Basispreis 244 Kaufoption, mit Dividende 243 Put-Call-Parität 251 Verkaufsoption 245 Verkaufsoption, Basispreis 247 Verkaufsoption, mit Dividende 247 Zusammenfassung 254
Vervollkommnung des Kapitalmarktes durch Derivate 384 Vervollständigung des Kapitalmarktes durch Derivate 384 Volatilität 271 Einfluss von Derivaten 385 historische 273 implizite 287 implizite, Approximation 289 implizite, Fallbeispiel 291 Volatilitätsindex VSTOXX 85, 292 Volatilitätsindex VDAX 292 Volatilitätsindex VDAX-NEW 292 Volatilitätsindex VIX 292 Volatilitäts-Skew 289 Volatilitäts-Smile 289 Volatilitäts-Sneer 289 Volatilitätsindex 292 VSTOXX 85, 292 vollkommener Kapitalmarkt 207, 384 vollständiger Kapitalmarkt 208, 384 Vollständigkeitsgrad des Kapitalmarktes 385 VSTOXX 85, 292 Währungsderivate 151 Bewertung 217, 327 Forward 164 Future 167 Option 155 Swap 166 Währungs-Exposure 152 Währungs-Forward 164 Bewertung 217 Währungs-Future Bewertung 217 Währungsrisiko 152 Competitive Risk 153 Contingent Risk 153 Economic Risk 6 Operating Risk 153 Transaction Risk 6, 153 Translation Risk 6, 152 Warenderivate 185 Bewertung 220, 227 Black-Formel 336 Warenindex 192 Warenterminbörse Risk Management Exchange RMX 11
Sachverzeichnis Warenterminbörse Hannover WTB 189 Warrant 78 Wechselkurs Mengennotierung 152 Preisnotierung 152 Wechselkursrisiko 152 Wertgrenzen einer Option, siehe verteilungsfreie Abschätzungen 239 Wetterderivate 200 Wiener Prozess 340 Worst-Option 355, 369 Zentrale Gegenpartei 174, 388 Zentrale Verrechnungsstelle 62
Zero Cost Collar 158 Zertifikat 375 Zinsderivate 113 Bewertung 219, 347 Black-Formel 336 Forward Rate Agreement 127 Future 138 Future-Option 138 Option 117 Swap 130 Zinsobergrenze 117 Zinsparität 165, 217 Zinsstruktur 114 flache Zinskurve 208 Zinsuntergrenze 117
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