Der Graue Kapitalmarkt: Chancen und Risiken [2006 ed.] 3834900095, 9783834900098 [PDF]


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Der Graue Kapitalmarkt: Chancen und Risiken [2006 ed.]
 3834900095, 9783834900098 [PDF]

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Zitiervorschau

Thomas Werner/Ralf Burghardt Der Graue Kapitalmarkt

Thomas Werner/Ralf Burghardt

Der Graue Kapitalmarkt Chancen und Risiken

OABI£R

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber abrufbar.

1. Auflage Juli 2006 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr.Th. Gabler I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Karin Ruland Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media www.gabler.de Das Werk einschlieftlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auRerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspelcherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Nina Faber de.sign, Wiesbaden Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany

ISBN-10 3-8349-0009-5 ISBN-13 978-3-8349-0009-8

Der Begriff des „Grauen Kapitalmarktes" wird in der offentlichen Diskussion regelmaBig damit verkniipft, dass der Anleger mangels staatlicher Aufsicht unseriosen Geschaftspraktiken und hohen Risiken ausgesetzt sei, wodurch ihm stets der Totalverlust seines eingesetzten Kapitals drohe. Doch nur Wenige kennen diesen besonderen Markt, seine Teilnehmer und Produkte wirklich. Auch die tatsachlich vorhandenen Kontrollen werden von Vielen nicht wahrgenommen. Staatliche Aufsicht allein macht ein Marktsegment noch nicht series oder gar dessen Produkte profitabel. Unseriose Produktangebote und Vertriebspraktiken konnen auch unter staatlicher Aufsicht immer noch erfolgen. Der Anleger muss daher stets die Produkte und deren Anbieter selbst priifen, denn die Verantwortung fur seine Anlageentscheidungen kann ihm niemand abnehmen. Insofem unterscheidet sich der Graue Kapitalmarkt nicht von anderen, scheinbar transparenteren Marktsegmenten. Dieses Buch soil fur die mit dem Grauen Kapitalmarkt verbundenen Problemstellungen sensibilisieren. Es zeigt die Anlage- und Vertriebsformen sowie die Rollen der Beteiligten des Grauen Kapitalmarktes auf Weiterhin werden die typischen Produkte des Grauen Kapitalmarkts besprochen und ihre individuellen Konzeptionsmerkmale im Einzelnen dargestellt. Auch die bereits vorhandenen staatlichen und sonstigen Kontrollen werden aufgezeigt. Daneben geht das Buch auf die verschiedenen Anlegertypen und deren individuellen Ziele ein. SchlieBlich werden auch die rechtlichen Aspekte der Beteilung an Produkten des Grauen Kapitalmarktes besprochen. Im Ergebnis soil dieses Buch, im Interesse aller redlichen Teilnehmer des Grauen Kapitalmarktes, aufzeigen, dass es sich keineswegs um ein wenig transparentes und unserioses Marktsegment handelt, sondem der Anleger, durch sorgfaltige Auswahl von Produkten und deren Anbietem, iiberdurchschnittliche Renditen bei gleichzeitig iiberschaubarem Risiken erzielen kann.

Vorwort

5

Inhaltsverzeichnis

7

Abkurzungsverzeichnis

13

I. DerAnleger

15

1. Primaranleger

16

2. Sekundaranleger

17

3. Okkasionsanleger

18

4. Anlegerziel 4.1 Steueroptimierung 4.2 Zukunftsorientierung 4.3 Verwaltungsaufwand 4.4 Sicherheitsbewusstsein

21 23 25 27 28

5. Anlegeranspruch 5.1 Anlageinformation 5.2 Informationskanale

28 29 32

6. Anlegerentscheidung

35

7. Anlegerrisiken 7.1 Risikobereitschaft 7.2 Risikogruppen 7.3 Spezielle Risiken 7.4 Diversifikation als Losungsansatz

35 36 37 38 39

II. DerGraue Kapitalmarkt

43

1. Kapitalmarkt allgemein

43

8

Inhaltsverzelchnis

2. Definition

45

3. Historische Entwicklung

46

4. Analyse von Markt und Wettbewerb 4.1 Relevanter Investitionsmarkt

47 48

4.2 Einflussfaktoren

52

III. Spannungsfeld Grauer Kapitalmarkt

55

1. Die Dimensionen Produkte, Regulierungen, Vertrieb

55

2. Renditestrukturen bei Produkten des Grauen Kapitalmarktes 2.1 Rendite allgemein 2.2 IRR Rendite 2.3 MISF-Methode 2.4 Exkurs Ertragsberechnung 3. Kostenstrukturen bei Produkten des Grauen Kapitalmarktes 3.1 Ausgabeaufschlag 3.2 WeicheKosten

57 57 58 61 61 62 62 63

IV. Produkte des Grauen Kapitalmarktes

65

1. Steuersparangebote aller Art 1.1 Immobilienerwerb mit Kapitalruckfluss, Cash-back-Modelle 1.2 Immobilien und Denkmalschutz

65 66 67

2. Geschlossene Fonds 2.1 Fondskonzeption 2.2 Steuerliche Implikation 2.3 Beteiligungsdauer 2.4 Finanzierung

68 68 72 76 77

3. Geschlossene Immobilienfonds 3.1 Fondskonzeption 3.2 Steuerliche Implikation 3.3 Anlegerkreis 3.4 Beteiligungsobjekt

80 81 82 82 83

4. Geschlossener Immobilienfonds Ausland 4.1 Steuerliche Implikation

84 85

Inhaltsverzeichnis

5. Schiffisfbnds 5.1 Steuerliche Implikation

86 86

6. Medienfonds 6.1 Steuerliche Implikation

88 89

7. Leasingfonds 7.1 Finance-Leasing 7.2 Operating-Leasing

89 90 90

8. ZweitmarktLebensversicherungsfonds 8.1 Settlement Gesellschaft 8.2 Lebensversicherungsarten in GroBbritannien 8.3 Lebensversicherungsarten in den USA 8.4 Lebensversicherungsarten in Deutschland 8.5 Steuerliche Implikation

91 91 93 95 98 100

9. Exotenfonds 9.1 Individuelle Prufung des Fonds durch den Anleger

101 102

10. Private EquityA^enture Capital 10.1 Private Equity 10.2 Expansionsfinanzierung 10.3 Bridge Financings 10.4 Mezzanine Financings 10.5 Buyout 10.6 Exitmoglichkeiten bei Private Equity Engagements 10.7 Beteiligungsmoglichkeiten 10.8Risiken

103 104 106 106 107 107 108 109 Ill

11. Stille Beteiligungen

116

12. Beteiligungssparplane

117

13. Genossenschaftsbeteiligungen

117

14. Time-Sharing 14.1 Das Anliegen des Urlaubers 14.2 Das Anliegen des Time-Sharing-Anbieters 14.3 Arten von Time-Sharing 14.4 Der Tauschpool 14.5 Beendigung von Vertragen 14.6 Exkurs: Vertrieb von Time-Sharing-Anteilen

118 118 119 119 121 122 123

10

Inhaltsverzeichnis

14.7 Chancer! mit Time-Sharing

124

14.8 Risiken mit Time-Sharing

125

15. Bankgarantiegeschafte

126

16. Diamantenhandel

127

17. Nigeria-Connection / Nigeria-Briefe / Vorkasse-Geschaft

128

18. Warentermingeschafte

130

19. Untemehmensanleihen

131

20. Grundschuldbriefe Oder Wertdifferenz-Geschafte

132

21. OfFertenschwindel / Adressbuchschwindel

132

22. Gewinnbenachrichtigungen

133

23. Zins- und tilgungsfreie Kredite, Depositendarlehen

134

24. Vorborsliche Aktien

135

25. Kreditangebote ohne Schufa

136

26. Schneeballsysteme

137

V. Rollen der Beteiligten und ihre Haftung

139

1. Initiatoren 1.1 Prospekt 1.2 Haftung fiir fehlenden, unrichtigen oder unvollstandigen Prospekt

139 140 142

2. Beteiligungsgesellschaften und ihre Geschaftsfuhrer 2.1 Rechte und Pflichten gegeniiber der Beteiligungsgesellschaft 2.2 Anspniche gegen Geschaftsfuhrer der Beteiligungsgesellschaft

147 148 148

3. Kreditgeber 3.1 Darlehen an die Beteiligungsgesellschaft 3.2 Darlehen an den Anleger

149 149 149

4. Exteme Berater mit besonderem Sachverstand

150

Inhaltsverzeichnis

11

5. Treuhander und Beirate 5.1 Beratung und Uberwachung 5.2 Verwaltimg indirekter Beteiligungen 5.3 Haftung und Verjahrung

151 151 151 152

6. Vermittler

153

7. Exkurs: Risiken und Haftung des Anlegers 7.1 Objektrisiken 7.2 Vertragsrisiken 7.3 Steuerliche Risiken 7.4 Finanzierungsrisiken 7.5 Eigene Haftungsrisiken 7.6 Mitverschulden

153 153 154 154 154 154 155

VI. Vertrieb von Produkten des Grauen Kapitalmarktes

157

1. Aufsichtsrechtliche Voraussetzungen

158

2. Verhaltenspflichten des Vermittlers 2.1 Wettbewerbsrecht und Datenschutz 2.2 Aufklarung und Beratung 2.3 Technische Abwicklung der Vermittlung

158 159 166 181

3. Geltendmachung von Anspriichen 3.1 Verschulden des Vermittlers 3.2 Schaden 3.3 Kausalitat 3.4 Schadenersatzpflicht des Vermittlers

181 182 182 182 183

4. Verjahrung 4.1 Ab dem 01.01.2002 entstandene Anspriiche aktuelle Rechtslage 4.2 Vor dem 01.01.2002 entstandene Anspriiche „Altanspruche"

185 185 186

5. Widerrufsrechte des Anlegers 5.1 Haustiirgeschafte 5.2 Verbraucherdarlehensvertrage 5.3 Femabsatz von Finanzdienstleistungen 5.4 Vertrage uber Teilzeit-Wohnrechte („Time-Sharing")

187 188 189 191 197

Anhang 1: Auszug aus der BGB-InfoV

199

Anhang 2: VermVerkProspV

207

12

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

217

Literaturverzeichnis

219

1. Aufsatze

219

2. Kommentare

219

3. Lehrbiicher

219

Die Autoren

223

Stichwortverzeichnis

223

a.F. = alte Fassung AfA = Aufwendungen fur Abschreibungen AO = Abgabenordnung BaFin = Bundesanstalt fur Finanzdienstleistungsaufsicht BDSG = Bundesdatenschutzgesetz BGB = Biirgerliches Gesetzbuch BGB-InfoV = BGB-Informationspflichten-Verordnung BGH = Bundesgerichtshof BGHZ = Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BKR = Zeitschrift ftir Bank- und Kapitalmarktrecht BMF = Bundesministerium der Finanzen BorsG = Borsengesetz bzw = beziehungsweise DBA = Doppelbesteuemngsabkommen d.h. = das heifit DStR = Deutsches Steuerrecht EGBGB = Einfuhrungsgesetz zum Biirgerlichen Gesetzbuch EStG = Einkommenssteuergesetz GewO = Gewerbeordnung IDW = Institut der Wirtschaftspnifer IPO = Initial Public Offering i.V.m. = in Verbindung mit InvG = Investmentgesetz

14

Abkurzungsverzeichnis

KAGG = Gesetz uber Kapitalanlagegesellschaften KG = Kommanditgesellschaft KWG = Kreditwesengesetz Lbo = Leveraged buy out MBO = Management buy out MBI = Management buy in m.w.N. = mit weiteren Nachweisen n.F. = neue Fassung NJW = Neue Juristische Wochenschrift OFD = Oberfinanzdirektion OLG = Oberlandesgericht OWiG = Ordnungswidrigkeitengesetz p.a. = per annum Schufa = SCHUFA Holding AG (friiher SCHUFA e.V, - Schutzgemeinschaft fur allgemeine Kreditsicherung) StGB = Strafgesetzbuch UWG = Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb VerkProspG = Verkaufsprospektgesetz VermVerkProspV = Verordnung tiber Vermogensanlagen-Verkaufsprospekte WpHG = Wertpapierhandelsgesetz WM = Wertpapier-Mitteilungen ZIP = Zeitschrift fiir Wirtschaftsrecht

Zu Begiiin des Entscheidungsprozesses zu einer Kapitalanlage, unabhangig des jeweiligen Marktsegmentes, steht die Frage, welcher Anlegertyp der jeweilige Anleger ist. Weiterhin sind die Fragen zu klaren, was der Anleger bereits hat, was der Anleger tatsachlich benotigt imd was der Anleger in welchem Anlagehorizont erreichen mochte Die Antworten stellen den Rahmen fur eine systematische Anlageentscheidung dar. So wenig wie der Begriff des Anlegerschutzes ist auch der Begriff des Anlegers im Primarrecht definiert. Somit entscheidet die Sichtweise tiber eine Definition des Anlegerbegriffes, z.B. aus der Perspektive eines Privatanlegers oder unter kapitalmarktrechtlichen Gesichtspunkten. Als Anleger gilt gemeinhin derjenige, dem im Wege offentlichen Anbietens, der offentlichen Werbung oder in ahnlicher Art und Weise die Beteiligung am Ergebnis eines Untemehmens gewahrt wird. Weiterhin kommt die Beteiligung am Vermogen eines Untemehmens in Betracht, das im eigenen Namen Vermogen ftir fremde Rechnung verwaltet. Als Anleger ist auch zu klassifizieren, wer handelbare Finanzinstrumente erworben hat. Der Anleger ist somit eine Person, die sich auf Basis von Finanzinstrumenten engagiert, welche sowohl offentlich vertrieben werden und/oder an der Borse gehandelt werden konnen, als auch diejenigen, die durch Treuhander vermittelt werden. Als Anleger werden jedoch im Nachfolgenden nicht beriicksichtigt, wer Vermogensanlagen wie Bankeinlagen, Bausparvertrage, Grundvermogen, Waren oder Ahnliches erwirbt. Den Anleger als solchen eindeutig zu definieren ist nur bedingt moglich, bleibt er doch aufgrund der verschiedenen Merkmale und Profile im Rahmen einer sehr heterogenen Struktur einzigartig. Jeder Personlichkeit im Kapitalmarkt kann einer individuellen Anlegergruppe zugeordnet werden. Die Einordnung in eine Anlegergruppe kann sicherstellen, dass die Anlegerart, wichtigstes Kriterium ftir eine Anlageentscheidung, maBgebliche Verwendung findet. Fiir Produkte des Grauen Kapitalmarktes konnen Anleger grundsatzlich in die drei folgenden Anlegerarten eingeteilt werden:

16

1.

I. Der Anieger

Primaranleger

Der Primaranleger hat wenig oder bislang noch gar nicht in Instrumente des Kapitalmarktes investiert. Insbesondere alternative Kapitalanlagen sind dem Primaranleger kaum bekannt. Gmndlegende Kenntnisse iiber Konzeptionen von Kapitalanlageprodukten im gesamten und Wirkungsweisen verschiedener Produktparameter liegen nicht vor oder scheinen bislang nur im Rahmen von allgemeinen Kenntnissen vorzuliegen. Spezielle Funktionen moglicher Investitionsaltemativen bzw. die jeweilige individuelle Struktur standen bislang nicht im Fokus der Betrachtung. Somit sind ebenfalls keine Kenntnisse iiber Chancen und Risiken dieser Kapitalanlagen bekannt. Bislang standen klassische Kapitalanlagen wie Sparbuch, Bundesschatzbrief und Bausparvertrage im Vordergrund der Uberlegungen. Nicht selten aber auch Sachwertanlagen in Form von eigengenutzten Eigenheimen oder fremdvermieteten Grundvermogen. Steueroptimierungsinstrumente waren bislang nicht notwendig oder von Interesse. Ebenfalls werden nur selten Kapitalmarktinstmmente fur eine optimierte Nachlassplanung oder vorweggenommene Erbfolge genutzt bzw. nachgefragt.

Produktangebot

x^ Funktion des Produktes

Struktur des Produktes

Emotionale Faktoren zum Produkt

-CL Vorstellungen zum Produkt

JZL Beratung zum Produkt

Finales Produktbild

Abbildung 1: Der Entscheidungsprozess des Primdranlegers von der ersten Wahrnehmung des Produktangebotes bis zumfinalen Produktbild.

I. Der Anieger

17

Anlageentscheidungen werden durch emotionale Faktoren stark beeinflusst, so dass ein fur den Primaranleger leicht messbarer und fur das engste Umfeld schnell und einfach wahrnehmbarer Mehrwert im Vordergrund steht. Grundkenntnisse geniigen dem Primaranleger, um einen ersten fiktiven Eindruck iiber die jeweilige Kapitalanlage abzubilden. Das finale Produktbild kann ausschlieBlich nach einer Beratung entstehen. Aus Sicht von Finanzdienstleistem kann ftir den Primaranleger durch eine konsequente Service- und Anlegerorientierung ein Standard als Ausgangsbasis fur eine langfristige Anlegerbindung gelegt werden. Der Primaranleger stellt an den beratenden Finanzdienstleister besondere Anforderungen in Bezug auf qualitative und quantitative Beratungsqualitat.

2.

Sekundaranleger

Der Sekundaranleger ist nicht selten ein Wiederholungsinvestor. Das bedeutet, dass dieser Anieger in der Vergangenheit bereits Erfahrungen mit altemativen Kapitalanlageinstrumenten sammeln konnte. Dabei liegt ein Teil des Fokusses auf steueroptimierenden Kapitalanlagen, die in der Kegel eine Investitionsentscheidung zum Jahresende bedingen.

Produktangebot

JZL Funktion des Produktes

Struktur des Produktes

Beratung zum Produkt

JIL Produktvorstellung

^ Finales Produktbild

Abbildung 2: Der Entscheidungsprozess des Sekunddranlegers von der ersten Wahmehmung des Produktangebotes bis zumfinalen Produktbild. Gerade der Sekundaranleger kann sehr schnell von der ersten Wahrnehmung des Produktangebotes an eine konkrete Produktvorstellung abbilden.

18

I. Der Anieger

Die Notwendigkeit einer Beratung wird durch den Anieger fallabhangig uberpruft und ermittelt. Der Sekundaranleger ist aufgrund von wiederkehrenden Beratungsgesprachen und Investitionen iiber das Umfeld seiner Investitionsentscheidungen vergleichsweise gut informiert. In den Fallen von neuen Produktkonzeptionen bzw. -innovationen kann jedoch, ahnlich dem Primaranleger, eine Anlageberatung angefordert und genutzt werden. Emotionale Faktoren werden im Vergleich zum Primaranleger nur eingeschrankt in die Sichtweise zu einem Produkt mit einbezogen. Laufende Ertrage werden reinvestiert. Der Sekundaranleger ist preisbewusst im Bezug auf Vertriebsprovisionen und Nebenkosten.

3.

Okkasionsanleger

Die Wahmehmung von Produkten, Produktmerkmalen und produktbeeinflussenden Umweltfaktoren des Okkasionsanlegers ahnelt der Wahmehmung des Primaranlegers. Die Beweggriinde fur eine Investition abseits der traditionellen Kapitalmarktinstrumente sind wechselnd und werden durch besondere Ereignisse wie Abfindungen, Geschaftsaufgaben und Vermogensubertragungen bedingt. Dabei handelt es sich nicht um einen grundsatzlichen Bedarf, sondem vielmehr um gelegentliche, meist saisonal bedingte Bediirfnisse. Daraus resultiert ein kurzfristiger Bedarf an Kapitalmarktinstrumenten, die zur Losung der besonderen Problemstellungen beitragen konnen. Der Okkasionsanleger geht die Losung der Problemstellung proaktiv an und nutzt dazu die Expertise verschiedener Produktanbieter oder Finanzdienstleister. Anlegerbindungseffekte sind aus Sicht eines Finanzdienstleisters nur schwer moglich zu generieren. Die personliche Situation von Anlegem und potenziellen Anlegem hat sich zunehmend individualisiert, das Angebot an Finanzprodukten nimmt zu. Damit zahlt der Finanzmarkt zu den komplexesten Markten. Hinzu kommt, dass Intemetbanking und -broking, Echtzeitkurse, virtuelle Banken und Emissionshauser, Finanzscouts und Moneyportale immer mehr Anieger auf virtuelle Markte locken. Dennoch zahlt das Beratungsgesprach zu einem unverzichtbaren Schritt vor einer Anlageentscheidung. Doch dieses steht jedoch zunehmend, aufgrund von Skandalen, Falsch- bzw. Fehlberatungen, in der Kritik. In Abhangigkeit der jeweiligen Charakterisierung als Primar-, Sekundar- bzw. Okkasionsanleger entsteht neben dem grundsatzlichen Beratungs- bzw. Erklarungsaufwand eine differenzierte Dringlichkeit dessen. Wahrend der Primaranleger, zumeist unabhangig von zeitkritischen Investitionen, ganzjahrig investiert, entsteht der Anlage- und damit Informationsbedarf beim Okkasionsanleger innerhalb zeitlicher Fristen.

I. Der Anieger

19

Abbildung 3: Vergleich der drei Anlegergruppen in Bezug aufzeitliche Dringlichkeit und Beratungsaufwand bzw. Erkldrungsbedarf. Wichtig ist bei alien Dringlichkeitsstufen und der Intensitat des Erklarungsaufwandes, dass der Berater als Informationsversorger unabhangig arbeiten kann und nicht von einem oder wenigen Anbietem abhangig ist. Das fiihrt zu Abschlagen bei der Auswahl und Flexibilitat der Vermogensplanung. Investitionsmarkte werden aufgrund sich stetig andemder Rahmenbedingungen komplexer. Damit wird die individuelle Beratung immer wichtiger. Diesem Anspruch konnen nur Beratungsnetzwerke gerecht werden. Um der Intensitat und dem fachlichen Aggregationsgrad gerecht zu werden, konnen Berater kaum noch alleinig, auf Basis von eigenen Ressourcen, eine fachgerechte Beratung sicherstellen. Aus diesem Grund entwickelt sich der traditionelle Berater zunehmen zu einem Vermittler in einer „Mannschaft" aus Experten. Der Berater verliert damit die RoUe eines klassischen Verkaufers zu Gunsten eines Gesprachspartners fur einen fundierten Austausch.

20

1. Der Anieger

Anieger

1 Berater/ Beratungsnetzwerk

f

i

Informationsnetzwerk

f

R-oduktinformation

f

Allgemeine Marktinformation

f

Spezjelle Marktinformation

f

Gesetzliche Vorgaben

Abbildung 4: Beratungsnetzwerke als Mittelpunkt einer umfassenden Informationsversorgung des Aniegers. Der Anieger kann sich, aufgrund der zunehmenden Informationsvemetzung und Verbesserung bei der InforaiationsbeschafiUng via Internet, erstes Wissen als Grundlage fiir einen Austausch aneignen. Somit konnen sich die Informationsquellen Internet und die personliche Beratung erganzen und eine sinnvolle Weiterentwicklung darstellen. Intemetseiten, die den Eindruck von fundierten Informationen vermitteln, werden zunehmend als wichtige Informationsquelle angesehen. Dennoch konnen sie gerade dem Anspruch an eine Vermogensentwicklung auf Basis einer Finanzplanung, die sich nach dem individuellen Anlagecharakter und der Lebensplanung des Anlegers richtet, nicht gerecht werden. Im Gesprach mit dem netzwerkhinterlegten Berater konnen alle vorbereitenden MaBnahmen zur Kapitalanlageentscheidung getroffen werden. Dazu gehoren die Definition der Anlegerpraferenzen, die Ausarbeitung eines Anlagekonzeptes, die Praferenzen und Restriktionen wie hausinteme Anlagerichtlinien. Gesetzliche Vorschriften und die Finanzanalyse, die auf den analysierten anlagerelevanten Umweltbedingungen basierende Finanzprognosen abgibt, miissen ebenso definiert werden und beeinflussen ihrerseits wieder die Anlegerpraferenzen und das Anlagekonzept. Eine mogliche weitere Abgrenzung zwischen verschiedenen Anlegertypen ist die Unterscheidung nach der Schutzwurdigkeit. Als Gewichtungsmerkmal ftir die Schutzwtirdigkeit spielt vor allem die untemehmerische Tatigkeit der Anieger eine Rolle, die Einfluss auf die Geschaftsfiihrung nehmen konnen und das Risiko der Vermogenslage selbst einschatzen konnen. Diese werden sicherlich als weniger schutzwiirdig zu erachten sein, als der Kleinanleger, der sich ohne untemehmerischen Einfluss in dem Schutzkreis ausgepragter Minderheitenschutz-

I. DerAnleger

21

regelungen und dem Beistand der Rechtsprechung wieder findet.i Der institutionelle Anlegerschutz sichert das Vertrauen der Anlegerschaft als individuelle Einheit der Kapitalgeber in die Integritat und Fairness des Marktes.2 Bei dem individuellen Anlegerschutz stehen insbesondere Informationsanspruche und, bei deren Verletzung, Schadenersatzanspruche fur den einzelnen Anleger im Vordergmnd.^ Unter den Anlegerbegriff fallen hingegen nicht diejenigen Personen, die Vermogensanlagen wie Bankeinlagen, Bausparvertrage, Verbrauchsguter oder ahnliches durch individuell verhandelbare Vertrage erwerben und somit auch nicht dem Schutz unterliegen. Verkurzt kann der Anleger als Person bezeichnet werden, die sich in Finanzinstrumenten engagiert, welche sowohl offentlich vertrieben und an der Borse gehandelt werden konnen, als auch diejenigen, die durch Treuhandschaften vermittelt an derartigen Geschaften teilnehmen.4

4.

Aniegerziel

Die Definition des Anlegerziels hat nie einen Selbstzweck, sondem dient dazu, ein gestelltes Ziel zu erreichen. Das kann eine Anschaffung in den nachsten vier Jahren, ein Wohnungskauf in sechs Jahren, die Ausbildung der Kinder oder Enkel, die personliche Vorsorge bzw. ein spateres Zusatzeinkommen sein, ein anderes Ziel oder gar mehrere Ziele gleichzeitig. Ein wichtiger Bestandteil des Anlagezieles ist die Ertragserwartung und die gewiinschte Art der Ertrage. Ein Anleger benotigt moglichst hohe laufende Ertrage, einem anderen genugt der Wertzuwachs, der am Ende der Laufzeit sicher realisiert werden kann. Auch im Kapitalanlagemarkt kann keiner den richtigen Weg fur sich finden, wenn er sein Ziel nicht kennt. Bezogen auf die Kapitalanlage bedeutet dies vor allem, den finanziellen Status Quo zu ermitteln, seine Anlageziele zu definieren und mit seiner Lebensplanung und individuellen Einstellung zum Risiko in Einklang zu bringen. Eine private Finanz- und Vorsorgeplanung ist mit einem iiberschaubaren zeitlichen Aufwand und unabhangiger fachlicher Beratung problemlos darstellbar.

1 Vgl. hierzu Hopt, S. 79, der die institutionellen Anleger und Untemehmensanleger vom Anlegerschutz voUig ausschliefit. 2 Mollers, S. 334. 3 Claussen, S. 397, vertritt die Auffassung, dass der individuelle Anlegerschutz hauptsachlich den Sparer und Kleinanleger als Schutzobjekt sieht, da der GroBanleger aufgrund seiner Sachanleger weniger schutzbediirftig ist. 4 Mauser, S. 18.

22

I. DerAnleger

Als wesentliche Anlageziele privater aber auch institutioneller Anleger werden in der Literatur Rentabilitat, Sicherheit und Liquidierbarkeit^ sowie teils auch die Verwaltbarkeit^ einer Kapitalanlage genannt. Diese Anlageziele sind, von jedem Anleger, individuell miteinander zu gewichten. Dabei werden die Kriterien in Abhangigkeit von Einkommen, Alter, Vermogen, Familienstand und personlicher Risikobereitschaft gegeniibergestellt und die passende Kapitalanlage herausgefiltert. Das bedeutet, dass aus den Anlegerpraferenzen Rentabilitat, Sicherheit, Verwaltbarkeit und Liquiditat ein Anlagekonzept mit einer anlegerspezifischen, in sich widerspruchsfreien Anleitung zur Kapitalanlage formuliert wird. Dies klingt einfach, jedoch wird jedes Jahr sehr viel Geld, aus Unkenntnis oder Leichtglaubigkeit, nicht optimal angelegt. Maximale Rendite, optimale Sicherheit und jederzeitige Verfugbarkeit des eingesetzten Geldes gibt es nicht. Sicherheit und Rendite sind kontrar zueinander. Sie bilden ein Spannungsfeld und konnen durchaus miteinander konkurrieren: So geht beispielsweise der Wunsch nach groBtmoglicher Sicherheit meist einher mit reduzierten Renditechancen. Die moglichst bequeme Verwaltung des Vermogens kann ein Nebenziel sein. Die steuerliche Seite ist kein Kriterium, weil ein Steuervorteil die Nettorendite erhoht. Kaum ein anderer Sektor weifit eine so heterogene Struktur auf wie der Kapitalanlagemarkt. Insbesondere die Vielfalt der unterschiedlichen Anlagemoglichkeiten am Grauen Kapitalmarkt bietet jedem Anlegerziel ein besonderes Anlageprodukt. Und so unterschiedlich die Investitionsmoglichkeiten sind, so unterschiedlich sind die Motive der Anleger. Aufgrund der unterschiedlichen Motive und Anlagemoglichkeiten erscheint eine ausschlieBliche Betrachtung unter den Anlegerpraferenzen Rentabilitat, Sicherheit und Liquiditat nicht ausreichend.

Abbildung 5: Die vier Anlegerziele als Weiterentwicklung der bisher ausschliefilichen Betrachtung von Sicherheit, Rendite, Liquiditat. 5 Kaiser, S. 231 ff. 6 Schmidt-von Rhein, S. 159 ff.

I. Der Anieger

23

Aus diesem Grund werden die Anlagemotive fur den weiteren Gang im Wesentlichen nach Verwaltungsaufwand, Steueroptimierung, Sicherheitsbewusstsein, Zukunftsorientierung unterschieden. Diese Motive sind ftirjeden Anieger individuell bedeutsam. Im Folgenden soil untersucht werden, inwieweit Kapitalanlagen im allgemeinen und die Kapitalanlagen des Grauen Kapitalmarktes im speziellen den jeweiligen Motiven und Bediirfiiissen des Anlegers gerecht werden konnen.

4.1

Steueroptimierung

Bis Ende der 90er Jahre dominierte bei Anlegem das Motiv des "Steuersparens", welches insbesondere mit geschlossenen Fonds umgesetzt wurde. Dabei war die Hohe der steuerlichen Verlustzuweisung wichtiger als der zu Grunde liegende Investitionsgegenstand. Aufgrund der Anderung der steuerlichen Rahmenbedingungen im Laufe der letzten Jahre spielen steuerliche Verlustzuweisungen beispielsweise bei geschlossenen Fonds nur noch eine untergeordnete RoUe. Steuem als Anlageziel gibt es nicht, wohl aber Steuerabgeltung. So kann es sehr wohl das Ziel einer Veranlagung sein, dass kiinflige Erben eines Vermogens keine Erbschaflssteuer mehr zu zahlen haben. Ein Anieger am Kapitalmarkt mochte, in erster Linie, eine hohe Verzinsung seines eingesetzten Kapitals. Dabei bemisst sich der real verbleibende Anteil der Verzinsung nach der Hohe des Anteils, der einer Besteuerung unterworfen wird. Somit spielt nicht nur die Verzinsung als solche eine wichtige RoUe, sondem vielmehr auch der steuerfreie bzw. steuerpflichtige Anteil. Es existieren zahlreiche Anlageformen, die durch steuerliche Aspekte gepragt sind. Die entsprechende steuerliche Behandlung ist bei diesen ausgewahlten Anlagen das wichtigste Auswahlkriterium. Dabei lasst sich die Rolle der Steuerbelastung in drei verschiedene Aspekte unterteilen: 1. Steuerliche Situation zum Zeitpunkt der Investition Bei der Auswahl des geeigneten Kapitalanlageproduktes sind das voraussichtlich zu versteuemde Einkommen sowie der individuelle Steuersatz iiber einen langeren Zeitraum zu beriicksichtigen. Weiterhin ist bedeutsam, ob der Anieger bestehende Freibetrage und Freigrenzen bereits genutzt hat. Dieser Einkiinfteverlagerungsstrategie liegt zu Grunde, durch die Erzielung negativer Einktinfte zum Anlagezeitpunkt und ggf. in den Folgeperioden Steuerlast zu optimieren und Einkiinfte in die Zukunft, mit dann idealerweise niedrigeren Steuersatzen, zu verlagem. 2. Steuerliche Situation zum Zeitpunkt der Realisierung der Ertrage Grundsatzlich unterliegen die meisten Ertrage aus Kapitalanlagen voUstandig einer Besteuerung. Bei einer steuerlichen Optimierung kann jedoch ein Teil der Ertrage steuerfrei verein-

24

I. Der Anieger

nahmt werden. Bei ausgewahlten Kapitalanlagen erfolgt die Besteuerung der Ertrage zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft, wobei dieser Zeitpunkt vom Anieger teilweise flexibel gestaltet werden kann. Damit konnen Ertrage in Perioden verlegt werden, die im Gegensatz zum Investitionszeitpunkt Steuerreduzierungen durch gesetzliche Anderungen Oder durch Anderungen der personlichen Einkommenssituation aufweisen. 3. Sondersituationen Soil beispielsweise ein Teil des Vermogens kurz- bis mittelfristig auf Angehorige oder andere Personen iibertragen werden, miissen dementsprechende Besonderheiten bei der Zusammenstellung des Produkt Portefeuilles berucksichtigt werden. Es miissen solche Anlagealtemativen gewahlt werden, die ftir Erbschaft- und Schenkungsteuerzwecke mit einem moglichst niedrigen Wert angesetzt werden oder durch Freibetrage begiinstigt sind, beispielsweise Anteile an gewerblichen geschlossenen Fonds. Eine weitere Moglichkeit einer steuerlichen Sondersituation ist die drohende Besteuerung des VerauBerungsgewinns bei bestimmten Anlagegiitem. Hier soil als Beispiel die so genannte 6b Riicklage stellvertretend Berucksichtigung finden. Ihren Namen verdankt die 6b-Rucklage der Fundstelle im Einkommensteuergesetz. § 6b EStG regelt die Moglichkeit der „Ubertragung stiller Reserven bei der VerauBerung bestimmter Anlagegiiter", so die LFberschrift im Gesetz. Insbesondere Steuerpflichtige, die Einktinfte aus Gewerbebetrieb erzielen (unter weiteren Voraussetzungen auch bei Einkunflen aus selbststandiger Tatigkeit oder Land- und Forstwirtschaft), konnen demnach Gewinne, die sie aus der VerauBerung von Wirtschaftsgiitem erzielen und die grundsatzlich sofort der Einkommen bzw. Korperschaftssteuer und der Gewerbesteuer zu unterwerfen waren, steuemeutral auf die Anschaflfungs- bzw. Herstellungskosten anderer Wirtschaftsguter iibertragen. Im Ergebnis werden diese Gewinne also nicht sofort versteuert und konnen in voller Hohe fur Reinvestitionen genutzt werden. Ist dem Steuerpflichtigen eine sofortige Reinvestition nicht moglich, kann er den Gewinn voriibergehend in einer Riicklage (§ 6b EStG) einstellen. Allerdings muss diese innerhalb einer Frist von vier Jahren bzw. sechs Jahren bei Neubauobjekten durch eine Reinvestition wieder iibertragen werden. Viele Landwirte, Gewerbetreibende oder Freiberufler verzichten jedoch auf eine Investition in den eigenen Betrieb, weil der wirtschaftliche Ertrag zu gering ist, der Betrieb die Investition nicht benotigt oder ohne Nachfolger dasteht. Deswegen bietet es sich vielfach an, auBerhalb des eigenen Betriebes mit System zu reinvestieren. Bei einem so genannten "6b-Fonds" handelt es sich um einen geschlossenen Fonds, der in Immobilien investiert. Dabei werden nicht Einkiinfte aus Vermietung und Verpachtung, sondem Einkiinfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Somit ist diese Investition steuerrechtlich als Betriebsvermogen klassifiziert. Dadurch wird ermoglicht, dass die gebildete 6b-Riicklage auf diesen gewerblichen Immobilienfonds ohne die Aufdeckung der stillen Reserven iibertragen werden kann. Im Zeitablauf wird die iibertragene 6b-Riicklage im gleichen Verhaltnis gewinnerhohend aufgelost wie das Investitionsobjekt, die Immobilie abgeschrieben wird.

I. Der Anieger

4.2

25

Zukunftsorientierung

Wie lange kann oder mochte ein Anieger sein Kapital anlegen? Deiin immerhin gilt der Grundsatz, je langfristiger ich veranlage, umso mehr Risiko kann ich in Kauf nehmen und umso hoher kann der Ertrag sein. Nur eine klare Vorstellung ixber den Veranlagungszeitraum erlaubt eine sinnvoUe Ausniitzung vorhandener Moglichkeiten. Langfristige Veranlagungen gehoren grundsatzlich auf den Kapitalmarkt, kurzfristige auf den Geldmarkt. Was aber niitzt der beste, ausgekliigelte Zeitplan fur die Kapitalanlage, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert? Dann muss der Anieger auch dann ein Wertpapier verkaufen, wenn der Wert bzw. der Kurs gerade tief, womoglich sogar unter den Einstandskurs gefallen ist. Oder der Anieger muss genau dann verkaufen, wenn ein Kursanstieg unmittelbar bevorsteht. Davor kann sich der Anieger nur schtitzen, wenn er seinen Liquiditatsbedarf, seine personliche Cash-Reserve bestimmt und diese dann gleichsam griffbereit veranlagt.

4.2.1

Fungibilitat

Die jederzeitige VerauBerbarkeit, so genannte Fungibilitat, ist damit eines der wichtigsten Kriterien bei der Anlageentscheidung. Die VerauBerbarkeit kann negativ beeinflusst werden, wenn beispielsweise keine entsprechenden Marktbedingungen fur die VerauBerung eines Gutes vorherrschen. Weiterhin kann eine jederzeitig durchfiihrbare VerauBerung mit hohen Nebenkosten belastet sein, so dass selbst ein Kapitalerhalt gefahrdet sein konnte. Eine steuerliche Einschrankung kann die Notwendigkeit zur Erzielung eines steuerlichen Totalgewinns sein, der beispielsweise die friihzeitige VerauBerung einer Immobilie behindert. Eine hohe Fungibilitat konnen standardisierte Anlageprodukte darstellen, die an der Borse gehandelt werden. Doch auch hier konnen sich unter Umstanden Zufallskurse ergeben, wenn beispielsweise Aktien mit einer geringen Marktkapitalisierung im Anlegerfokus stehen. Insbesondere ist zu beriicksichtigen, ob der Anieger familiare Verbindungen bzw. Verpflichtungen hat, fur die er eine Vorsorge treffen mochte. Aus dem Aufwand zur Aufrechterhaltung des Lebensstandards zum Zeitpunkt der Investition und den Einnahmen aus Rentenquellen wie einer gesetzlichen Rentenversicherung bzw. einer betrieblichen Altersvorsorge konnen Versorgungslticken entstehen, die durch eine private Vorsorge gedeckt werden mtissen. Dazu konnen langfristige Anlagen des Grauen Kapitalmarktes geeignet sein.

4.2.2

Aniagehorizont

In der Regel wird eine kurze Anlagedauer bevorzugt, da in diesem Fall der Anieger wieder schnell tiber sein Kapital verftigen kann. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, ob das, nach einem vergleichsweise kurzen Zeithorizont, frei werdende Kapital wieder in ein rentables Kapitalanlageprodukt investiert werden kann oder letztendlich dem Konsum dient. Fiir letzte-

26

I. Der Anleger

ren Fall lasst sich eine rechnerische Verzinsung unter Bezug auf den Anlagehorizont nicht ermitteln, sondem kann ausschliefilich in psychologischen Momenten aufgerechnet werden. Kurzfristiger Anlagehorizont Unter einem kurzfristigen Anlagehorizont werden im Folgenden Laufzeiten von Kapitalanlagen mit bis zu zwei Jahren verstanden. Dabei spielen Anlagealtemativen wie Tagesgeld- und Termingeldkonten eine besondere RoUe. Die mogliche Laufzeit bei Tagesgeldkonten liegt zwischen 2 bis 29 und bei Termingeldkonten bei mindestens 30 Tagen. Die Laufzeit kann im Vorfeld fest terminiert oder bis auf Weiteres vereinbart werden. Mittelfristiger Anlagehorizont Dieser Zeitraum umfasst Kapitalanlagen mit einer Laufzeit zwischen zwei und funf Jahren. Das betrifft insbesondere Anleger die Kapital, fiir anstehende Anschaffungen wie Auto, Mobel oder Hausrenovierung, gewinnbringend anlegen mochten und somit ein mittelfristiges Konsumziel vorweisen konnen. Langfristiger Anlagehorizont Der Anlagehorizont belauft sich in diesen Fallen auf (iber fiinf Jahre. Ziel der langfristigen Geldanlage ist die Bildung von Riicklagen, z.B. fiir die Finanzierung von Immobilien oder die Berufsausbildung der Kinder. Immer beliebter wird die Anlage in geschlossene Fonds. Hierbei ist aber umfassende Information und Beratung durch Experten unerlasslich.

4.2.3

Private Altersvorsorge

Fiir viele Anleger steht die gegenwartige Frage nach der fmanziellen Absicherung im Vordergrund. Das bedeutet aktuell Einschrankungen im personlichen Konsum hinzunehmen, um in spateren Jahren das angesparte Kapital als primares Einkommen oder als Zusatzeinkommen zu verwenden. Um denn Effekt des aufgesparten Anlegens in zukiinftigen Jahren anwenden zu konnen, stellt der Anleger besondere Anforderungen an die Investition und deren Verlauf Die Investition soil die Riickzahlung des eingesetzten Kapitals sicherstellen. Diese erwartete Ruckzahlung stellt fiir den Anleger einen Mindeststandard dar, der am Ende der Laufzeit der Investition iibertroffen oder nicht erreicht wird. Damit rucken Immobilien als Kapitalanlage zunehmend in den Fokus des Anlegers. Ein Vorteil ist dabei, dass die Investition, in Form von eigen- oder fremdgenutzten Immobilien, bereits in der Ansparphase genutzt und physisch wahrgenonmien werden kann. Ein weiterer Unterschied zwischen der Investition in Immobilien bzw. Grundvermogen und anderen Anlagegiitem ist die Sparquote. Immobilienbesitzer erbringen neben der vergleichbaren Sparquote noch zusatzlich Zins- bzw. Tilgungsleistungen auf das eingesetzte Fremdkapital, so dass die kumulierte Sparquote hoher liegt als bei vergleichbaren Investitionen. Im Ergebnis daraus entstehen, fiir den Zeitpunkt der Nutzung der Investition in spateren Jahren, deutlich hohere Gesamtvermogenspositionen bei Immobilienanlegem. Somit spielen Investitionen in Immobilienvermogen eine wichtige RoUe und sind, damit auch verstarkt, am Grauen Kapitalmarkt zu finden.

I. Der Anieger

4.2.4

27

Nachhaltigkeit

Ausgesuchte Anieger wiinschen neben der erwarteten Verzinsung zusatzlich noch die Ubereinstimmung der jeweiligen Kapitalanlage mit den eigenen Lebensgrundsatzen und moralischen Prinzipien. Die Kapitalanlage soil die Moglichkeit der Identifikation mit dieser bieten. So genannte nachhaltige Kapitalanlagen konnen dazu eine Alternative bieten. Diese besondere Form der Kapitalanlage soil beispielsweise •

die Entwicklung und Verbreitung umweltfreundlicher Technologien unterstutzen,



eine an langfristigem Umweltschutz orientierte wirtschaftliche Entwicklung fordem oder



an einem Wertewandel und einer Steigerung der allgemeinen Lebensqualitat mitwirken.

Mit nachhaltigen Geldanlagen konnen solche Zielsetzungen verwirklicht werden. Sie bieten fur den Anieger damit einen besonderen Wert neben den genannten Zielstellungen.

4.3

Verwaltungsaufwand

Gerade to Anieger, die sich selten oder auch ungem mit ihren Finanzanlagen auseinandersetzen, liegt ein weiterer Vorteil bei vielen Produkten des Grauen Kapitalmarktes: ein geringer eigener Verwaltungsaufwand. Nach der Entscheidung fur ein oder mehrere Produkte muss sich der Anieger mit der urspriinglichen Kapitalanlage kaum noch auseinandersetzen. Erfolgsplanung und Durchfiihrung wird von Experten durchgeftihrt. Steuerliche Ergebnisse werden im Wege einer intemen Mitteilung vom Betriebsstattenfmanzamt an das zustandige Wohnsitzfmanzamt gesendet. Im Gegensatz zum Kauf von z.B. Mietshausem hat der Anieger bei einer Beteiligung iiber einen geschlossenen Fonds kaum eigenen Verwaltungsaufwand wie z.B. bei Mietersuche, fur Instandhaltung oder bei Mietstreitigkeiten. Bei den Uberlegungen zu einer Kapitalanlage und deren Erfolgsdaten sind alle Nebenkosten mit einzubeziehen. Diese Nebenkosten lassen sich in folgende drei zeitliche Einheiten unterteilen: 1. Zum Kaufzeitpunkt 2. Wahrend der Kapitalanlagedauer 3. Zum Zeitpunkt der Veraufierung der Kapitalanlage Wahrend bei Erwerb einer Kapitalanlage bzw. zum Zeitpunkt der Einzahlung des Kapitals in der Kegel ein Agio sofort fallig wird, kommen wahrend der Kapitalanlagedauer laufende bzw. wiederkehrende Verwaltungsgebixhren auf den Anieger zu.

28

4.4

I. DerAnleger

Sicherheitsbewusstsein

Im Rahmen der Ziele des Anlegers steht das ausgewogene Verhaltnis zwischen Rendite- und Sicherheitsaspekten im Vordergrund. In der Praxis wird versucht, durch die Aufarbeitung von Vergangenheitsdaten, die zukunftige Entwicklung abzuleiten. Um diese Vergangenheitswerte zu erreichen, wird in den meisten Fallen ein Durchschnittswert der aktuellen Investition ftir zukunftige Zahlungsstrome abgebildet. Dem urspriinglichen Sicherheitsbewusstsein des Anlegers kann damit nur wenig Rechnung getragen werden. Damit das Vertrauen in die beteiligten Partner bestehen bleibt, werden besondere Anforderungen an die Transparenz der Investition gestellt. Diese Partner mtissen, um dem hohen Sicherheitsbewusstsein des Anlegers Rechnung zu tragen, moglichst groBe Erfahrungswerte im jeweiligen Investitionssegment vorweisen konnen. Diese Werte soUten verstandlich in Leistungsbilanzen, Lageberichten und ahnlichem dargestellt werden.

4.4.1

Exkurs: Emotionale Grunde

Ein Motiv, das auf den ersten Blick vielleicht uberrascht, da die sachliche Investition in Kapitalanlagen und Emotionen augenscheinlich nur wenig Gemeinsames haben. Einer systematischen, quantitativen Analyse und Bewertung sind diese Aspekte kaum zuganglich. Dennoch beeinflussen sie Kapitalanlageinvestitionen nicht unwesentlich. Bei einem Erwerb von Wertpapieren, wie z.B. Aktien oder Renten, werden, in den meisten Fallen, abstrakte Anspriiche erworben. Dabei konnen jedoch die Untemehmen, der erworbenen Wertpapiertitel, sicherlich Faktoren bei Anlegem aktivieren, die vor oder wahrend der Investition emotionale Aspekte ansprechen. Daruber hinaus kommen auch Geftihle, wie z.B. Besitzerstolz, der Investition entgegen. Der Anleger kann Freunden oder Bekannten von der Investition, in ein aussichtsreiches Untemehmen, in eine sichere oder spekulative Kapitalanlage, in Grundvermogen oder in andere Anlageinstrumente, berichten. Nicht selten wird diesem Aspekt durch die Erstellung von aufwendigen Hochglanzbroschiiren Rechnung getragen. Diese Hochglanzbroschiiren, die diesen sehr intensiven Bezugspunkt zum emotionalen Teil der Anlegerentscheidung suchen, sind verstarkt auf dem Grauen Kapitalmarkt zu finden.

5.

Aniegeranspruch

Bis vor kurzem war es gerade im deutschsprachigen Raum iiblich, uberschtissige Geldmengen auf das Sparbuch einzuzahlen. Anleger konnten so etwa bis zu drei Prozent Zinsen erzielen. Umso spektakularer sind die Gewinnmargen auf den globalen Kapitalmarkten. Demnach

Der Anieger

29

wundert es nicht, dass mittlerweile breite Bevolkerungsschichten in Fonds, Immobilien, Diamanthandel oder direkte Borsengeschafte investieren. Fur den Vertrieb von Kapitalanlagen sorgen beauftragte Vermittler oder Berater. Das Prodiiktangebot entwickelt sich stetig. Auf Erfolgskurs sind damit aber auch die vielen nicht zweifelsfreien Kapitalvermittler. Sie profitieren von der zunehmenden Spekulationsfreude der Anieger. Mit der zunehmenden Anspruchshaltung an den Erfolg der jeweiligen Kapitalanlage wachst auch der Anspruch an die der Investitionsentscheidung zu Grunde liegenden Anlegerinformation und die in Anspruch genommenen Informationskanale.

5.1

Aniageinformation

Die essenzielle Grundlage jeder Informationsiibertragung ist „Kommunikation". Kommunikation ruhrt vom lateinischen Wort „communicare" her und bedeutet „teilen". Im Kommunikationsprozess kommt es allerdings nicht nur auf das Teilen von Informationen, sondem auch auf die Beriicksichtigung von Emotionen und Einstellungen sowie auf das Verhalten des Gegeniibers an. Relevant ist, was der Empfanger wahmimmt, wie er Sender und Botschaft auffasst und weniger was der Sender zu iibermitteln beabsichtigt.^ Kommunikation ist die „Vermittlung von Bedeutung" zwischen Sender und Empfanger und erst dann erfolgreich, wenn der Empfanger die Botschaft in der Weise verstanden hat, wie sie vom Sender gemeint war.8 Vor einer jeden Anlageentscheidung hat der Anieger die Moglichkeit, sich beraten zu lassen oder sich selbst die Informationen fiir die Anlageentscheidung zu suchen. Dabei geht es um eine grundsatzliche Entscheidung. Schon im 19. Jahrhundert gab es neben dem Sparbuch auch Termineinlagen, Anleihen, Aktien, Beteiligungen, sogar Optionen und Termingeschafte und vieles andere mehr. Der Unterschied zu diesen friiheren Zeiten liegt heute offensichtlich darin, dass, aufgrund der Entwicklung modemer Kommunikationsmedien, mehr und bessere Informationen zur Verfiigung stehen und der modeme Konsument eher bereit ist, diese Informationen bei seinen Entscheidungen mit zu berucksichtigen. Meist wird es jedoch so sein, dass dem Anieger entsprechende Informationen fehlen und deren Beschaffung sowie die Analyse hohe Kosten hervorrufen.^ Durch dieses Informationsdefizit werden die Nachteile des Anlegers beim Handel auf dem Kapitalmarkt durch Informationsungleichgewichte unter den Marktteilnehmem verstarkt,io da einige wenige Kapitalmarktspezialisten Kenntnis von entscheidenden Tatsachen haben und durch diesen Informati-

7 Vgl. Blom/Meier, S. 73. 8 Blom/Meier, S. 74. ^ Assmann, Rn. 367. 10 Koch/Schmidt, S. 23 Iff.

30

I. DerAnleger

onsvorsprung andere Marktteilnehmer iibervorteilen konnen. Selbst wenn der Anleger diese Risiken erkennt und sie durch Beschaffung der notwendigen Informationen verringem kann, fuhren die hohen Kosten der Informationsbeschaffiing zu einer zumindest partiellen Ineffizienz dieser Informationsmarkte. Der Anleger erwartet damit, unabhangig vom jeweiligen Investitionssegment, eine auf seine individuellen Bediirfnisse abgestimmte Beratung. Diese individuelle Beratung ist allerdings nur moglich, wenn die Anforderungen, Anspruche und Erwartungen des Anlegers detailliert bekannt sind. Nicht selten erhalt der Anleger dabei ein Portfolio aus verschiedenen Informationen, Informationsarten und Informationsmengen zu Gesamtmarkten oder Teilmarkten wie dem Grauen Kapitalmarkt. Nicht zuletzt die Vielzahl dieser Punkte erschwert dem Anleger die Bildung einer subjektiven Meinung zu einem ihm unbekanntenKapitalanlageprodukt.

Abbildung 6: Einflussfaktoren im Rahmen der Information des Anlegers. Die Qualitat und Dififerenzierung der Informationsvermittlung kann nur vom Anleger bewusst wahrgenommen werden, wenn diese Information mindestens als „gut" eingestuft wird. MaBgeblich ist dafiir jedoch nicht nur die Informationsiibermittlung, sondem die Qualitat der Gesamtberatung. Eine personliche Anlageberatung kann eine Unterstiitzung bei der Entscheidung zu einer Investition darstellen. Dabei miissen die personlichen Lebensumstande des Anlegers, die personlichen Ziele und die Risikoneigung beriicksichtigt werden. Diese Beriicksichtigung kann regelmafiig zu Konflikten fuhren. Die beratende Seite ist bestrebt, den Aufwand zu minimieren, um so eine Nutzenminderung zu vermeiden. Dem entgegensteht, dass ein intensiver Einsatz die Wahrscheinlichkeit erhoht, zusammen und fur den Anleger ein gutes Ergebnis zu erzielen. Dabei hangt das Ergebnis nicht allein vom Einsatz des beratenden

I. DerAnleger

31

Teils, der nur selten vom Anleger wahrgenommen wird, ab, sondem vielmehr von extemen Faktoren, auf die weitere Partner wir Produktanbieter oder Distributoren Einfluss haben konnen.

Verantwortung Beratung

Beraterinformation

Anforderung der Kenntnisse uber • • • • •

Produktpalette spezifischen Markt Aniegerbedarf Anlegerumfeld Fristen, Termine

Verantwortung Anleger

Aniegerinformation

Produkt- und Strategieempfehlung

Bereitstellung von

Aniageempfehlung zu

• Informationen zum speziellen Produkt • Marktinformationen • Altemativl()sungen • Information zu Konkurrenzangeboten

• Strategie • Produkt/e

Investitionsentscheidung

Abbildung 7: Bestandteile von Beratungsphasen mit Zuordnung der Verantwortlichkeiten. Die Qualiflkation und die Erfahrung des beratenden Teils miissen dem Anleger nicht bekannt sein. Vielmehr ist es Aufgabe der Beratung, den Anleger dahingehend zu entwickeln, die Qualiflkation der Beratung zu erkennen. Das fuhrt wiederum dazu, dass der beratende Teil einen Mehraufwand investieren muss, um die Wahmehmungswahrscheinlichkeit beim Anleger zu erhohen. Dieses Verhaltnis kann zum Nachteil der Beratung werden, in dem der Anleger sich beispielsweise kostenlos beraten lasst, die Transaktion jedoch bei einem Anbieter mit geringeren Transaktionskosten durchfuhrt. Damit ist die Anlageberatung eine Dienstleistung, die iiberwiegend auf Vertrauenseigenschaften basiert. Wahrgenommene Schwachen fuhren jedoch nicht zwangslaufig zu einer Ablehnung gegeniiber dem Kapitalanlageprodukt, sondem konnen dazu fuhren, dass Anleger beispielsweise die Angabe einer vergleichsweise hohen Rendite als Qualitatsmerkmal qualifizieren. Damit nimmt die Rendite eine Sonderstellung ein und wird wie die Qualitat der Beratung anhand eines Abgleichs des Tatsachlichen mit dem Erwarteten gemessen.

32

5.2

I. DerAnleger

Informationskanale

Fur Anleger gibt es gut und weniger gut verftigbare Informationen. Aus Griinden der Effizienz wird verstarkt auf leicht verfugbare Informationen zuruckgegriffen, nur bei besonders wichtigen Entscheidungen werden Zeit und Kosten nicht gescheut, um an schwer zugangliche Informationen zu gelangen. Eine Folge dessen ist, dass weniger vertraute aber chancenreiche Markte vemachlassigt werden. In den meisten Fallen erhalt der Anleger die, fur eine Investitionsentscheidung, notwendige Information durch ein Beratungsgesprach. Dieses kann in den Raumlichkeiten des Anlegers Oder des Beraters aber auch telefonisch oder online erfolgen. Im Rahmen einer Beratung vor Ort erhalt der Beratende die Gelegenheit, vertrauenserweckende bzw. -stiftende Faktoren, wie z.B. Korpersprache, Mimik, Gestik, Raumlichkeiten etc. in die Beratung einflieBen zu lassen. Dadurch kann jederzeit eine Abstimmung zwischen dem Bedarf an Information und der Zurverfiigungstellung von Information erfolgen. Ein Nachteil kann in der Verarbeitungskapazitat des Anlegers liegen, da zumeist die Moglichkeit besteht, dass aufgrund einer eingeschrankten Wahmehmung nicht das beste bzw. geeignetste Produkt favorisiert wird. Anleger zeigen mitunter das Bediirfhis, sich gerade in Beratungsgesprachen nicht als vollig ausgeliefert zu fuhlen. Sie suchen deshalb nach Moglichkeiten, KontroUe iiber eine Situation zu erlangen. Der eigenen Erwartung wird eine zu hohe Wahrscheinlichkeit dabei beigemessen. Stellen sich Entscheidungen im Nachhinein als Fehler heraus, werden sie schon bald verdrangt; statt aus Fehlem zu lemen, werden Fehleinschatzungen schongeredet.

5.2.1

Personliche Komponente

Informationskanale mit personlicher Komponente sind solche, bei denen die beteiligten Personen sich auch raumlich nah sind. Dazu kommt, dass auch telefonischer Informationsaustausch als personliche Komponente mittlerweile wahrgenommen wird. Aufgrund der Dynamik bei der Entwicklung von Kommunikationsmedien konnen sicherlich auch Videokonferenzen im weiteren Sinne dazu gezahlt werden. Personliche Komponenten konnen durch Korpersprache und Mimik dargestellt werden, die dabei eine besondere Rolle spielen. Transaktionskosten bei dieser Art der Informationsbeschaffling sind in erster Linie Zeit und Aufwand der Beratung. Eine besondere Form der Informationsbeschaffung mit dem Einfluss von personlichen Komponenten ist die unverbindliche Beratung durch Freunde und Bekannte, die fur die sich aus der Beratung ergebenden Konsequenzen nicht haften miissen.

33

I. DerAnleger

5.2.2

Unpersonliche Komponente

Bei Informationsaustausch mit unpersonlichen Komponenten, wie z.B. Finanzplattformen Oder -foren im Internet, besteht weder ein unmittelbarer noch ein direkter Kontakt zwischen den Parteien. Ein besonderer Vorteil liegt darin, dass Informationen via Internet fast unbegrenzt vorliegen und somit bei fachgerechter und erfahrener Anwendung einen hohen Transparenzstandard setzen konnen. Die Kapazitat von elektronischen Tools ist unbegrenzt. Allerdings fehlt dabei nicht selten ein vertrauensbildendes Moment denn das Vertrauen muss ausschlieBlich auf elektronischen und nicht personifizierbaren Fundstellen beruhen.

B C

O)

o c

Personliches Gesprach vorOrt

£ TO

S 0) ^

CD

Chat

Telefongesprach

E-Mail 0 CL

Standardisiertes Beratungssystem

Informationsdichte

Abbildung 8: Aktuelle Informationsmedien unter Bezug derpersonlichen Komponente bei der Ubermittlung und der spezifischen Informationsdichte. Technische Medien der Informationstibertragung - wie beispielsweise Conference-Calls, Internet und E-Mail - sind nicht frei von einer individuellen Kultur. Im Gegensatz zum universalen Medium des personlichen Gesprachs, das dieselbe Bedeutung in jeder Kultur besitzt, sind technische Medien kulturell gepragt.n Gerade in Bezug auf Informationen in den taglichen Medien ist zu beriicksichtigen, dass allgemein zugangliche Informationen fiir alle Marktteilnehmer verlRigbar sind. Somit liegt nahe, dass diese Informationen bereits in den Prognosen zu einer bestimmten Kapitalanlage bereits eingepreist sind. Die Gefahr, auf eine Pressemitteilung voreilig zu reagieren und so die Gesamtbetrachtung und den Gesamthorizont aus den Anlegeraugen zu verlieren, erscheint 11 Vgl. Higgins, S. 54.

34

I. Der Anieger

dabei relativ hoch. Risiken werden unterschiedlich eingeschatzt. Verluste werden beispielsweise starker wahrgenommen als Gewinne gleicher GroBenordnung; die Risikobereitschaft ist bei Verlustpositionen hoher als in der Gewinnzone. Eine Verlustrealisierung ware das endgiiltige Eingestandnis, einen Fehler begangen zu haben. Mit dem Festhalten an einer Verlustposition hoffen Anieger, den Verlust wieder auszugleichen. Neben der iibermittelten Information als solche und den damit verbundenen Risiken verbergen sich zusatzliche Anlegerrisiken in der Interpretation und der Wahmehmung der Information. Griinde dafiir konnen sein, dass aktuelle Informationen gegeniiber den historischen zu stark bewertet werden, dass sich wiederholenden Informationen in den Medien zu groBe Bedeutung zugemessen wird oder dass heimische und damit bekannte Markte tibergewichtet werden. Weiterer Ausgangspunkt fiir Risiken im Zusammenhang mit der Auswahl der Kapitalanlage kann das Spannungsfeld zwischen der rationalen und der emotionalen Entscheidung darstellen; zusatzlich die Veranlagung, unsichere Entscheidungen primar auf plausible Assoziationen zu stiitzen, die sich in der Regel an subjektiven Wahmehmungen orientieren und nicht an objektiven Beobachtungen. Dadurch konnen Anieger aufgrund der speziellen Wahrnehmung zu falschen Schlussfolgerungen, trotz eines besseren Wissens, gelangen. Damit sind personenorientierte Entscheidungsprozesse sehr anfallig fur emotionale Einflusse. Uberreaktion bedeutet dabei eine fiir den jeweiligen Anieger vergleichsweise starke Reaktion auf kursrelevante Neuigkeiten, so dass es zu einer iibermafiigen Preisveranderung kommt, die zu einem spateren Zeitpunkt durch eine gegenlaufige Reaktion korrigiert wird. Jedoch ist auch eine Unterreaktion denkbar. Diese bedeutet eine vergleichsweise schwache Reaktion auf kursrelevante Neuigkeiten, so dass die Preisveranderung zu gering ausfallt und zu einem spateren Zeitpunkt durch eine entsprechende Reaktion erganzt wird (verzogerte Reaktion auf Neuigkeiten). Bei der Interpretation der Informationen spielen die individuelle Wahmehmung und Wahrnehmungsbereitschaft mitunter die wichtigste Rolle. Die Gefahr besteht dabei, dass aus der Vielzahl von Informationen die Daten herausgefiltert werden, die in das personliche Theoriegebilde und Gesamtbild passen. Insbesondere bei bereits getroffenen Entscheidungen werden Informationen so ausgewahlt, dass die Entscheidung in einem guten Licht steht. Haben Anieger mit ihren Geschaften wiederholt Erfolg, besteht eine besondere Gefahr in dem Glauben begriindet, das Ereignis sei vorhersehbar bzw. Ergebnis des eigenen Handelns, sie werden daher immer sorgloser und nehmen solche Signale nicht mehr wahr, die sie eigentlich wamen mussten. Zwecks schneller Urteilsfmdung orientieren sich Anieger bei Schatzungen meist an einem ersten Ursprungs- oder Richtwert, der anschlieBend unter Verwertung weiterer Informationen oder einer genaueren Analyse seinem wahren Wert angepasst wird.

I. Der Anieger

6.

35

Aniegerentscheidung

Uber kaum ein anderes Thema aus dem Bereich der Kapitalanlageprodukte wurde so viel gesagt und geschrieben wie tiber die Frage, wie man einzelne Anlageprodukte auswahlt - bis hin zu nobelpreisgekiirten theoretischen Abhandlungen. Aus diesem Grund soil an dieser Stelle keine weitere Abhandlung zugefugt werden, sondem lediglich die Problematik der Instrumentenauswahl aufgezeigt werden. Dabei haben sich einige publizistisch verbreitete Grundwahrheiten etabliert. Zu diesen zahlt unter anderem auch, dass kleine Anlagebetrage, die Liquiditatsreserve und kurzfristige Anlagen auf den Geldmarkt auf das Sparbuch oder Einlagenkonto gehoren. Dort sind sie griffbereit, verursachen keine Kosten und werfen in der Kegel bescheidene Ertrage ab. Nun, grundsatzlich stimmt das auch. AUerdings gibt es Falle, in denen eine Veranlagung am Kapitalmarkt dennoch vorzuziehen ist: etwa bei langfristigem Ansparen oder bei deutlich sinkenden Marktzinsen. Daruber hinaus hat jedes Anlageinstrument seine ganz spezifischen Eigenschaften, die es fur die Erreichung bestimmter Anlageziele und in bestimmten Marktsituationen mehr oder weniger geeignet oder sogar ungeeignet machen. Eigenschaften, die ganz bestimmte Risikofaktoren mit sich bringen oder ausschlieBen. Die Darstellung solcher Eigenschaften und ihrer moglichen Auswirkung auf den Anieger bzw. auf die Erreichung seines Anlagezieles wiirde selbst wenn sie nur auf eine Instrumentengattung eingeschrankt ware - eine eigene Publikation verlangen. Sicher erscheint jedoch, dass nicht nur die richtige Formulierung des Anlagezieles, sondem vor allem die richtige Anlagestrategie inklusive eines Kapitalanlageproduktes schwer ist und Miihe bereitet. Geld haben. Geld veranlagen macht Arbeit oder anders herum, wer sich nicht die erforderliche Arbeit macht, riskiert entgangene Ertrage oder gar sein eingesetztes Kapital. Der Investmentprozess versteht sich als derjenige Prozess in der Anleger-Bank-Beziehung, in dem das Wertpapiervermogen des Anlegers auf Basis individueller Ziele und Vorgaben mittels des Know-Hows der Bank systematisch in ein strukturiertes Portfolio iiberfiihrt wird.i^

7.

Aniegerrisiken

Voraussetzung fiir die Festlegung der Anlagestrategie ist eine klare Vorstellung davon, welche Chancen und Risiken in den unterschiedlichen Anlageklassen zu erwarten sind. Nach der Analyse der Chancen und Risiken in den einzelnen Anlageklassen gilt es, im Rahmen der Festlegung der Anlagestrategie die personlichen Anlageziele des Investors genau zu ermit12 Vgl. Straka.

36

I. DerAnleger

teln. Sie geben letztlich einen Anhaltspunkt bei der Entscheidung daruber, welche Risiken eingegangen werden sollen, um die Chance auf einen attraktiven Ertrag zu eroffnen. Diese Klarung von Chancen und Risiken muss sich dabei auf das Gesamtvermogen beziehen.

7.1

Risikobereitschaft

Vor einem Investment muss der Anleger klaren, welche Freiheiten bzw. Motive er ftir die Anlageentscheidung zu Grunde legt. Die Motive bzw. Freiheiten der Anlageentscheidung beeinflussen zudem die Risikobereitschaft. Der Anleger wahlt selten nur eine Risikostufe der er sich als Anleger aussetzt, sondem er kombiniert diese Risikostufe auch mit dem jeweiligen Motiv. Das liegt in dem Umstand begriindet, dass bei einem langer gewahlten Anlagezeitraum die Bereitschaft groBer ist, gewisse Schwankungsbandbreiten zu akzeptieren, um dauerhafl die Renditen der Anlage zu optimieren. Zudem setzt sich bei den Anlegem verstarkt durch, dass mit zunehmender Anlagedauer auch das Risiko von Kapitalanlagen abnehmen kann. Umgekehrt kann mit sinkender Anlagedauer die Anlage in Renten-, Geldmarkt- oder Immobilienfonds sinnvoUer werden. Wenn ein Anleger eine Bank in der Europaischen Union betritt und seine Absicht kundtut in Wertpapieren zu veranlagen, setzt er, ohne es zu wissen, eine bestimmte, gesetzlich normierte Ablaufroutine in Gang. Einer der wichtigsten Punkte dieser Routine ist die Frage nach seiner Risikobereitschaft und Risikofahigkeit und - nach Auswahl der Anlageinstrumente - die Risikoaufklarung. Zwischen der Risikofahigkeit und der Risikobereitschaft kann eine groBe Differenz bestehen. Der Grund dafiir liegt hauptsachlich in der mangelnden Kenntnis iiber die tatsachlichen Risikofaktoren einer Anlageform und iiber deren Auswirkung auf die eigene Veranlagung. Bei den meisten Anlegem ist die subjektive Risikobereitschaft deutlich geringer als ihre objektive Risikofahigkeit. Diese Anleger sollten unbedingt uber die tatsachlichen Risikofaktoren und deren Bedeutung fiir ihre Veranlagung aufgeklart werden, da diese sonst auf Mehrertrag verzichten. Andererseits glauben andere Anleger, mehr Risiko vertragen zu konnen bzw. eine hohere Risikofahigkeit zu haben, als es dann wirklich der Fall ist. Diese Anlegergruppe hat es vergleichsweise schwer, da sie selbst mit guten, maBgeschneiderten Veranlagungen meist unzufrieden ist. AuBerdem tendiert sie dazu, aus einer Panikstimmung heraus, falsch zu reagieren. Es ist immer noch besser, auf einen zusatzlichen Ertrag bewusst zu verzichten, als sich mit seiner Veranlagung nicht wohl zu fuhlen. Anleger mit einer ahnlichen Risikowahrnehmung treffen nicht immer dieselbe Anlageentscheidung. Anleger mit einer ahnlichen Risikobereitschaft hingegen entscheiden oftmals ahnlich.

I. DerAnleger

7.2

37

Risikogruppen

Umgangssprachlich wird Risiko oft mit Gefahr gleichgesetzt. Gefahr, dass etwas Negatives eintritt: etwa eine Autopanne, ein Bruch oder ein Verlust. Im Kapitalanlagebereich unterscheidet man zwischen den allgemeinen Risiken, den Risikofaktoren der Anlageinstrumente und dem Risiko der Investition. Hier bekommt das Wort „Risiko" eine neue, absolut neutrale Bedeutung. Als Risiko bezeichnet man im Bereich der Kapitalanlage die Moglichkeit der Abweichung vom erwarteten Ertrag. Das beinhaltet daher sowohl die Chance eines hoheren als auch die Gefahr eines geringeren Ertrages. Die Frage nach der Risikobereitschaft ist zudem unmittelbar mit dem Anlagehorizont verbunden. Dariiber hinaus kann gleichsam nach dem Verursacherprinzip zwischen systematischem und unsystematischem Risiko unterschieden werden. Das systematische Risiko oder Marktrisiko ergibt sich aus dem Markt selbst, d.h. aus dem allgemeinen wirtschaftlichen und politischen Umfeld. Ausgedriickt wird es durch die Schwankungen eines Index, der den Markt reprasentiert (ATX, DAX, Dow Jones usw.). Das systematische Risiko kann durch die Streuung auf mehrere Markte deutlich gemindert werden. Das unsystematische Risiko ist jener Teil des Risikos, der sich durch die Angebots- und Nachfrageschwankungen nach dem jeweiligen Wertpapier aufiert, etwa aufgrund guter oder schlechter Untemehmensnachrichten. Das unsystematische Risiko kann durch Streuung der Veranlagung auf mehrere Wertpapiere groBteils ausgeschaltet werden. In der Regel sind im Falle von Kapitalmarktrisiken grundsatzlich zwei Risikoverstandnisse relevant: Im ersten Fall entspricht das Renditerisiko dem Schwankungsrisiko um einen gewiinschten Renditewert, wie sie durch Varianz und Standardabweichung dargestellt werden. Altemativ kann Risiko auch als Ausfallrisiko aufgefasst werden, wenn das Risiko in der Unterschreitung einer geforderten Mindestrendite besteht. Andere Risikoverstandnisse wie z.B. das Verfehlen der maximalen Rendite, ein Sonderfall des Unterschreitens einer geforderten Mindestrendite, sind fiir den Kapitalmarkt nicht relevant. In jeder Wahrung in jeder Volkswirtschaft gibt es einen Zinssatz, welcher den risikolosen oder risikofreien Ertrag darstellt. Es ist der Zinssatz, den man fiir Einlagen erhalt. Folglich bringt jede Veranlagung, die einen iiber den risikolosen Ertrag hinausgehenden Ertrag verspricht, auch mehr Risiko mit sich bzw. umgekehrt kann ein hoherer Ertrag nur mit einem hoheren Risiko erzielt werden. Zum Zeitpunkt der Investition ist nur selten sicher und klar, ob und wie mogliche Verzinsungen des eingesetzten Kapitals realisiert werden konnen. Damit ist das Risiko die Gefahr, am Ende der Investitions- bzw. Spardauer, eine bestimmte gewiinschte Mindestrendite nicht zu erreichen. Wie in jedem Lebensbereich unterliegt auch die Investition in Kapitalanlageinstrumente unterschiedlichen Risikoarten und insbesondere Risikowahmehmungen, die von der Investitionshohe, -dauer und dem jeweiligen Anlagesegment abhangen konnen. Die individuelle

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I. Der Anieger

Risikobereitschaft als MessgroBe zur Differenzierung zwischen Risikoaffinitat und Risikoaversion wird zusatzlich durch die personlichen Lebensumstande, wie z.B. Lebensalter, familiarer Stand etc. beeinflusst.

Abbildung 9: Gegeniiberstellung der konservativen, durchschnittlichen und risikoaffinen Einstellung des Aniegers zu Kapitalanlageprodukten. Risiko- und Ertragschancen hangen direkt voneinander ab. Es gibt kein Einzelinvestment mit hochsten Ertragen und niedrigstem Risiko. Je hoher die Ertragserwartung an eine Kapitalanlage ist, umso hoher ist normalerweise das Schwankungsrisiko einer solchen Anlage. Chancen und Risiken bedingen einander. Bei der Investition von beispielsweise Kapital in Wertpapieren muss die Einstellung des Anlegers zu Risiken erhoben werden, d.h. seine Bereitschaft, finanzielle Risiken einzugehen. Dies geschieht bisher bei Banken und Sparkassen durch standardisierte Fragebogen. Daneben muss beriicksichtigt werden, dass die Risikoeinstellung in starkem MaBe von Anlageziel, summe und -horizont abhangig ist und dass, je nach Anlageform und -produkt, fiir den Anieger unterschiedliche Risikoaspekte eine Rolle spielen.

7.3

Spezielle Risiken

So erstrebenswert die Verbindung zwischen den unter Punkt 4. genannten Anlegerzielen ist, so unvereinbar erscheinen diese. Diese vier Parameter unterliegen gegensatzlichen Tendenzen. Hochstmogliche Sicherheit ist i.d.R. mit geringen Renditechancen verbunden. Jederzei-

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tige Liquiditat kann unter Umstanden ftir risikoreiche Anlagen, im ungunstigsten Fall, zur Realisiemng von Verlusten fiihren. Steueroptimierung zum Investitionszeitpunkt konnten Einbufien unter dem Aspekt der Zukunftsorientierung mit sich bringen. Die Risiken von Investitionen im Grauen Kapitalmarkt lassen sich in die Gruppen •

Ausfallrisiko



Bonitatsrisiko



Unerwarteter Verlust



Marktrisiko

unterteilen. Dazu kommen Detailrisiken wie: •

Schuldnerqualitdt Wie sicher ist das Rating des Schuldners, wie hoch die Wahrscheinlichkeit, Zinsen und Kapital piinktlich zu erhalten? Ist die Anlage besichert, garantiert, fUndiert, nachrangig Oder gar Erganzungskapital, und wenn ja, von wem?



Liquiditat Wie rasch und vor allem zu welchen Konditionen kann man eine Kapitalanlage verkaufen, um Gewinne zu realisieren oder den Kapitaleinsatz zuriick zu erhalten? Wird die Kapitalanlage gehandelt, in welchen GroBen? Wer macht den Preis - der Markt oder nur ein einzelner groBer Partner?



Kilndigung Darf der Schuldner, womoglich in Zeiten niedriger Marktzinsen, seine Zusage vorzeitig kundigen oder darf der Glaubiger sie zurtickgeben, was bei hohen Marktzinsen besonders attraktiv ware?



Zinsanpassung Riskiert man bei fallenden Zinsen, dass die Anleihe auch weniger Zinsen abwirft, bringt sie bei steigenden mehr?

7.4

Diversifikation als Losungsansatz

Einen Losungsansatz fiir dieses Spannungsverhaltnis zwischen den einzelnen Anlegerzielen unter Risikoaspekten ist die Diversifikation in unterschiedlich sichere, unterschiedlich chancenreiche bzw. unterschiedlich liquide Anlagen. Im Anlagespektrum Aktien/Renten hat sich in der Vergangenheit eine Diversifikation in unterschiedliche Lander, Branchen, Wahrungen und Laufzeiten durchgesetzt. Dariiber hinaus wird auch die Immobilien- und Beteiligungsan-

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lage als Diversifikationsinstrument genutzt. Mit zunehmender Diversifiziemng konnen die Risiken einzelner Kapitalanlageprodukte durch die Chancen anderer ausgeglichen werden. Damit kann das Risiko aller Kapitalanlageprodukte des Anlegers als eine Art Durchschnittswert abgebildet werden. Andererseits ist das Risiko einzelner Anlageprodukte mitunter unkalkulierbar. Aus diesem Grund kann sich auch bei der Diversifikation in Kapitalanlageprodukte mit verschiedenen Risikoeigenschaften ein unkalkulierbarer Risikoverlauf ergeben.

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