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German Pages 250 Year 2006
Jorg Brinkmann Buying Center-Analyse auf der Basis von Vertriebsinformationen
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Business-to Business-Marketing Herausgeber:
^m
Professor Dr. Dr. h.c. Werner Hans Engelhardt, Universitat Bochum, Professor Dr. Michael Kleinaltenkamp, Freie Universitat Berlin (schriftfiihrend) Herausgeberbeirat: Professor Dr. Dr. h.c. Klaus Backhaus, Universitat Munster, Professor Dr. Joachim Buschken, Katholische Universitat Eichstatt-lngolstadt, Professorin Dr. Sabine FlieB, Fernuniversitat Hagen, Professor Dr. Jorg Freiling, Universitat Bremen, Professor Dr. Bernd Gunter, Universitat Dusseldorf, Professor Dr. Frank Jacob, ESCP-EAP Europaische Wirtschaftshochschule Berlin, Professor Dr. Wulff Plinke, Humboldt-Universitat zu Berlin, Professor Dr. Martin Reckenfelderbaumer, Wissenschaftliche Hochschule Lahr/AKAD Hochschule fur Berufstatige, Lahr/Schwarzwald, Professor Dr. Mario Rese, Universitat Bochum, Professor Dr. Albrecht Sollner, Europa-Universitat Viadrina Frankfurt/Oder, Professor Dr. Markus Voeth, Universitat Hohenheim, Professor Dr. Rolf Weiber, Universitat Trier
Das Business-to-Business-Marketing ist ein noch relativ junger Forschungszweig, der in Wissenschaft und Praxis standig an Bedeutung gewinnt. Die Schriftenreihe mochte dieser Entwicklung Rechnung tragen und ein Forum fur wissenschaftliche Beitrage aus dem Businessto-Business-Bereich schaffen. In der Reihe sollen aktuelle Forschungsergebnisse prasentiert und zur Diskussion gestellt werden.
Jorg Brinkmann
Buying Center-Analyse auf der Basis von Vertriebsinformationen Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Markus Voeth
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber abrufbar.
Dissertation Universitat Hohenheim, 2006
DlOO
I.Auflage September 2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Stefanie Brich Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de www.b-to-b-group.de Das Werk einschlieSlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschijtzt. Jede Verwertung auSerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes \st ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diJrften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedrucktauf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0497-2 ISBN-13 978-3-8350-0497-9
Geleitwort
V
Geleitwort In der Industriegutermarketing-Literatur wird der Buying Center-Analyse traditionell eine groBe Bedeutung beigemessen. Zum Teil wird sogar die Auffassung vertreten, dass in der Buying Center-Analyse der Kern des Industriegiitermarketings zu sehen sei. Umso erstaunlicher ist es, dass in den vergangenen Jahren in der nationalen und intemationalen Literatur zum Industriegiitermarketing bzw. Business-to-Business-(B-to-B)-Marketing kaum neuartige Erkenntnisse zum Untersuchungsbereich „Buying Center-Analyse" vorgelegt worden sind. Ursachlich hierfur ist dabei sicherlich auch, dass sich empirisches Datenmaterial iiber Verlauf und Hintergriinde von Buying Center-Entscheidungen nur selten in ausreichendem Umfang generieren lasst. Primarstatistische Erhebungen im B-to-B-Umfeld sind eben sehr viel schwieriger als auf Konsumgutermarkten. An diesem Kemproblem der Buying Center-Analyse setzt die vorliegende Arbeit an. Anstatt die Buying Center-Analyse von auf Industriegiitermarkten kaum erhebbaren Kundeninformationen abhangig zu machen, wird der Vorschlag unterbreitet, den Vertrieb von Industrieguteruntemehmen fur Marktforschungszwecke zu nutzen und dessen Wissen uber das Zustandekommen von Buying Center-Entscheidungen fur Marketing-Zwecke zu verwenden. Neben dieser Idee ist es das Verdienst der vorliegenden Arbeit, theoretisch fundiert auch moglichen Problemen nachgegangen zu sein, die beim Einsatz des Vertriebs als Marktforschungsinstrument entstehen konnen. Daruber hinaus zeichnet sich die vorliegende Arbeit dadurch aus, dass die Validitat von Vertriebsinformationen im Rahmen der Buying CenterAnalyse einer umfangreichen empirischen Uberprufung unterzogen wurde. So hat der Verfasser Vertriebsmitarbeiter und die zugehorigen Buying Center parallel befragt und die Ergebnisse miteinander verglichen. Hierdurch gelingt es nicht nur, die Validitat von Vertriebsinformationen fur Marktforschungszwecke deutlich zu machen, sondem zugleich auch weit reichende Zusatzerkenntnisse aufzudecken, die die Basis ftir weitere Forschung sein diirften: So zeigt sich, dass in bestimmten Bereichen Vertriebsinformationen eine hohere Validitat als Kundeninformationen aufweisen. Zu untersuchen, wann und vor allem warum dies der Fall ist, sind spannende von dieser Arbeit initiierte weitergehende Forschungsprojekte. Die Wichtigkeit des Themas, der Innovationsgehalt des vorliegenden Forschungsdesigns, die interessanten empirischen Ergebnisse sowie das Aufzeigen weiterer Forschungsfragen werden dieser Arbeit ihre Verbreitung in Wissenschaft und Praxis sichem. Dies ist der Industriegutermarketing-Forschung in jedem Fall zu wiinschen.
Prof Dr. Markus Voeth
Vorwort
VII
Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand am Lehrstuhl fiir Marketing an der Universitat Hohenheim. Sie wurde im Mai 2006 vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universitat Hohenheim als Dissertation angenommen. Die Anfertigung einer solchen Arbeit wird nicht selten mit Analogien aus dem Spitzensport umschrieben. Und obwohl man - wie im Sport - die eigentliche Leistung mit groBer Disziplin und Ausdauer allein erbringen muss, konnte man das Ziel nicht erreichen, gabe es nicht eine Vielzahl von Personen, die mich im Vorfeld wie auch bei der Durchfiihrung des Projektes unterstutzt hatten und denen ich an dieser Stelle meinen herzlichen Dank zum Ausdruck bringen mochte. Allen voran danke ich meinem akademischen Lehrer Herm Prof. Dr. Markus Voeth, der mir wahrend meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl nicht nur das notige Riistzeug fur die Erstellung der Arbeit mitgegeben hat, sondem mir auch zu jeder Zeit mit fachlichem Rat zur Seite stand. Er hat das gesamte Dissertationsprojekt durch sein hohes Engagement stets vorangetrieben und auf diese Weise eine Betreuung geleistet, wie sie sich ein Doktorand nur wiinschen kann. Daruber hinaus gilt mein Dank Frau Prof Dr. Ruth Stock-Homburg, die nicht nur die Miihen der Erstellung des Zweitgutachtens auf sich genommen hat, sondem auch weitere interessante inhaltliche Forschungsaspekte beigetragen hat. Herm Prof Dr. Alexander Gerybadze und Herm Prof Dr. Christoph Miiller danke ich fiir die Mitwirkung an meinem Promotionsverfahren. Das gesamte Dissertationsprojekt ware in dieser Form nicht moglich gewesen, hatte ich nicht auf einen Praxispartner zuriickgreifen konnen, der mein Vorhaben unterstiitzt hatte. Mein Dank gilt deshalb der Geschaftsfiihmng der Xella Intemational GmbH sowie der HanielStiftung fur die groBziigige fmanzielle und ideelle Fordemng meines Dissertationsvorhabens. AuBerdem mochte ich mich bei Herm Markus Schaub bedanken, der die Dissertation bei Xella in seiner Funktion als intemationaler Marketingleiter inhaltlich begleitet und einen ganz maBgeblichen Anteil an der empirischen Umsetzung der entwickelten Ideen hat. Wahrend meiner Zeit bei Xella hat er stets das richtige MaB gefimden, mich einerseits bemflich zu fordem und mir andererseits die notigen Freiraume einzuraumen, um die Dissertation vorantreiben zu konnen. Mein Dank richtet sich auBerdem an meine Kolleginnen und KoUegen, die das Projekt durch viele Diskussionen inhaltlich unterstiitzt und mich immer wieder motiviert haben. Besonders bedanken mochte ich mich auf Seiten des Lehrstuhls bei Herm Dr. Axel Gawantka, Herm Stefan Sandulescu und Frau Dr. Renate WeiBbacher sowie Frau Monika Fielk, die im Lehrstuhlsekretariat eine ganz wichtige und immer verlassliche Anlaufstelle fiir mich war. Bei
VIII
Vorwort
Xella gebuhrt mein Dank vor allem Frau Brigitte Kastenholz, Frau Annett Rohr sowie Frau Christin Gruber. SchlieBlich gilt mein Dank den Menschen in meinem privaten Umfeld. So danke ich zunachst meinen Freunden dafiir, dass sie so viel Geduld mit mir batten, obwohl es in den letzten 2,5 Jahren mit Sicherheit nicht immer einfach war, mit mir zu planen. Besonders bedanken mochte ich mich bei Dir, Hebe Uta, die Du mir nicht nur eine exzellente Diskussionspartnerin warst, sondem auch sonst zur Seite gestanden hast. Zuletzt richtet sich mein Dank an meine lieben Eltem. Sie haben mich in all meinen Vorhaben immer bestarkt und unterstlitzt und haben an deren Erfolg insofem mitgewirkt, dass sie viele Dinge - die mir manchmal nicht einmal bewusst waren - vollig selbstverstandlich aufgefangen haben. Dass ich dieses Ziel erreicht habe, ist in erster Linie Euer beider Verdienst. Als Dankeschon widme ich Euch deshalb diese Arbeit.
Jorg Brinkmann
Inhaltsverzeichnis
IX
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis
IX
Abbildungsverzeichnis
XV
Tabellenverzeichnis
XVII
Abkiirzungsverzeichnis 1
2
XIX
Einleitung
1
1.1
Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
1
1.2
Aufbau der Arbeit
4
Multipersonale Kaufentscheidungen auf Industriegiitermarkten 2.1 2.2
Die am organisationalen Beschaffungsprozess beteiligten Personen: Das Buying Center
7 7
Gruppenentscheidungen als zentraler Analysegegenstand der multipersonalenKaufVerhaltensforschung
10
2.2.1 Prozess- oder ergebnisbezogene Analyse von Gruppenentscheidungen
10
2.2.2
Ergebnisbezogene Erklarungsmodelle multipersonaler Kaufentscheidungen
14
2.2.2.1 Das Erklarungsmodell von Choffray/Lilien
15
2.2.2.2 Das Erklarungsmodell von Corfman/Lehmann
17
2.2.3 Praferenzen und Einflusswerte als zentrale Determinanten zur Analyse von Buying Center-Entscheidungen
18
2.2.3.1 Individuelle Praferenzen als eine der Determinanten zur Analyse von Buying Center-Entscheidungen
20
2.2.3.2 Einfluss als weitere Determinante zur Analyse von Buying Center-Entscheidungen
22
2.2.3.2.1 Macht als Grundlage zur Austibung von Einfluss
22
2.2.3.2.2 Grundlagen von Macht zur Austibung von Einfluss
24
2.2.4 Gruppenpraferenzen als MessgroBe zur Analyse von Buying Center-Entscheidungen
28
2^
3
__^__^__
Analyse von Buying Center-Entscheidungen und das damit verbundene Datengenerierungsproblem
31
3.1
Ansatze zur Messung von Gruppenpraferenzen
31
3.1.1
Isolierte Praferenz-Einfluss-Messung
32
3.1.1.1 Ansatze zur Praferenzmessung
32
3.2 3.3
33
3.1.1.1.2 Die Conjoint-Analyse als Vertreterin der dekompositionellen Nutzenmessung
34 41
Integrierte Praferenz-Einfluss-Messung
46
3.1.2.1 Gruppenpraferenzmessung mittels merkmalserweiterter Conjoint-Analyse
46
3.1.2.2 Gruppenpraferenzmessung mittels aufeinander aufbauender Conjoint- und Kausalanalyse
47
3.1.2.3 Gruppenpraferenzmessung mittels Hierarchischer Conjoint-Analyse (HICA)
48
3.1.2.4 Gruppenpraferenzmessung mittels Mehrstufiger Limit Conjoint-Analyse (MeLimCA)
51
Auswahl geeigneter Ansatze zur Messung von Gruppenpraferenzen: Ein Methodenvergleich
54
Mit der Abfrage von Praferenz- und Einflussinformationen verbundene Datengenerierungsprobleme
60
3.3.1 3.3.2 3.4
3.1.1.1.1 Das Self-Explicated-Verfahren als Vertreter der kompositionellen Nutzenmessung
3.1.1.2 Ansatze zur Einflussmessung 3.1.2
4
Inhaltsverzeichnis
Allgemeine Datengenerierungsprobleme bei der Abfrage von Praferenz- und Einflussinformationen
60
Spezielle Datengenerierungsprobleme bei der Abfrage von Einflussinformationen
65
Die Befragung des Vertriebs als intemen Experten: Ein moglicher Losungsansatz
69
Der Vertrieb als interner Experte zur Analyse von Buying Center-Entscheidungen
77
4.1
Identifikation von potenziellen Informationstragem im Vertrieb
77
4.1.1 4.1.2
77
Der Personliche Verkauf als Basis fiir Kundeninformationen Die Mitarbeiter des Vertriebsbereichs als potenzielle Informationstrager
81
4.1.2.1
Mitarbeiter der Vertriebsleitung
82
4.1.2.2
Mitarbeiter im AuBendienst
84
4.1.2.3
Mitarbeiter im Key Account Management
85
4.1.2.4
Mitarbeiter im Innendienst
86
Inhaltsverzeichnis
XI
4.1.2.5 Mitarbeiter im Kundendienst 4.1.3 AbschlieBende Bewertung der potenziellen Informationstrager imVertrieb 4.2
4.3
87 88
Allgemeine Anwendungsbereiche und empirische Ergebnisse einzelner Anwendungen von Vertriebsinformationen
90
4.2.1 Allgemeine Anwendungsbereiche von Vertriebsinformationen
90
4.2.2 Empirische Ergebnisse einzelner Anwendungen von Vertriebsinformationen
94
4.2.2.1 Ergebnisse zur unaufgeforderten Bereitstellung von Vertriebsinformationen
95
4.2.2.2 Ergebnisse zur Bereitstellung von Vertriebsinformationen durch Kontakt- bzw. Besuchsberichte
97
4.2.2.3 Ergebnisse zur Bereitstellung von Vertriebsinformationen durch Systeme des informierten Vertriebs: Customer Relationship Management
98
4.2.2.4 Ergebnisse zur Bereitstellung von Vertriebsinformationen durch Befragungen
101
4.2.3 Beurteilung der Anwendung von Vertriebsinformationen zur Analyse von Buying Center-Entscheidungen
104
Analyse von Buying Center-Entscheidungen auf Basis von Vertriebsinformationen: Ein Prinzipal-Agenten-Problem
106
4.3.1 Die Prinzipal-Agenten-Theorie als geeigneter Analyserahmen
106
4.3.2
109
Grundlagen der Prinzipal-Agenten-Theorie
4.3.3 Das Prinzipal-Agenten-Problem bei der Abfrage von Buying Center-relevanten Informationen im Vertrieb 4.3.3.1 Charakterisierung einer Prinzipal-Agenten-Beziehung zwischen Entscheider und Vertriebsmitarbeiter 4.3.3.2 Nutzenfunktionen von Entscheider und Vertriebsmitarbeiter
113 113 114
4.3.3.2.1 Die Nutzenfunktion des Entscheiders
114
4.3.3.2.2 Die Nutzenfunktion des Vertriebsmitarbeiters
116
4.3.3.3 Entscheiderseitig zu berucksichtigende Verhaltensunsicherheiten einer Informationsbereitstellung durch den Vertrieb
120
4.3.4 Gestaltungsoptionen einer vertriebsgestutzten Analyse von Buying Center-Entscheidungen
123
4.3.5 Ableitung von Hypothesen auf Basis agenturtheoretischer Uberlegungen
125
4.3.5.1 Hypothesen zur Art des eingesetzten Marktforschungsverfahrens
125
4.3.5.2 Hypothese zur Art der abgefragten Informationen
128
XII
Inhaltsverzeichnis
4.3.5.3
Hypothesen zur Art der befragten Vertriebsmitarbeiter
4.3.6 Das Hypothesenset im Uberblick 5
131 134
Empirischer Test zur Analyse von Buying Center-Entscheidungen auf Basis von Vertriebsinformationen
135
5.1
135
5.2
Zielsetzung und Anforderungen an den empirischen Test Konzeptionelle Voriiberlegungen fur einen empirischen Test
136
5.2.1 5.2.2
Festlegung der zu erhebenden UntersuchungsgroBen Auswahl geeigneter ValiditatsmaBe zur Beurteilung der Prognosegtite
136 137
5.2.3
Auswahl eines geeigneten Untersuchungsgegenstands
144
5.2.4
5.2.5 5.3
Das Befragungskonzept
150
5.2.4.1 Konzeption der Vertriebsbefragung
151
5.2.4.2 Konzeption der Kundenbefragung
158
5.2.4.3 Befragungsorganisation: Integration von Vertriebs- und Kundenbefragung zu einer Gesamtbefragung
161
Die Datenbasis
162
Empirische Befunde
165
5.3.1
Die Struktur der Buying Center
165
5.3.2
Praferenz- und Einflussinformationen Bine grundlegende Datenauswertung
167
Hypothesentest zur Bereitstellung von Praferenz- und Einflussinformationen durch den Vertrieb
172
5.3.3.1 Priifung der Hypothesen
172
5.3.3
5.3.4
5.3.3.1.1 Priifung der Hypothesen zur Art des eingesetzten Marktforschungsverfahrens
172
5.3.3.1.2 Priifiing der Hypothese zur Art der abgefragten Informationen
179
5.3.3.1.3 Priifung der Hypothesen zur Art der befragten Vertriebsmitarbeiter
180
5.3.3.2 Ergebnisse des Hypothesentests im Uberblick
186
Zur generellen Eignung einer Analyse von Buying CenterEntscheidungen auf Basis von Vertriebsinformationen
189
5.3.4.1 Ergebnisse aus dem Vergleich von Kunden- und Vertriebsbefragung
189
5.3.4.2 Interpretation der Ergebnisse: Uberlegungen zur moglichen Uberlegenheit von Vertriebsbefragungen 191 5.4
Limitationen der empirischen Studie und Aspekte fiir die weitere empirische Arbeit
194
Inhaltsverzeichnis
XIII
6
197
Schlussbetrachtung und Ausblick
Anhang 1: Der Vertriebsfragebogen
205
Anhang 2: Der Kundenfragebogen
215
Literatur- und Quellenverzeichnis
221
Abbildungsverzeichnis
XV
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Unterschiedliche Perspektiven bei der Analyse von Gruppenentscheidungen
11
Abbildung 2: Das Erklarungsmodell von Choffray/Lilien (1978)
16
Abbildung 3: Das Erklarungsmodell von Corfman/Lehmann (1987)
17
Abbildung 4: Determinanten multipersonaler Kaufentscheidungen
19
Abbildung 5: Ausgewahlte Verfahrensaltemativen der traditionellen Conjoint-Analyse (TCA) Abbildung 6: Skizze der Gruppenpraferenzmessung mittels aufeinander aufbauender Conj oint- und Kausalanalyse
36 47
Abbildung 7: Skizze der Gruppenpraferenzmessung mittels Hierarchischer Conjoint-Analyse (HICA)
49
Abbildung 8: Skizze der Gruppenpraferenzmessung mittels MeLimCA
52
Abbildung 9: Unterschiede bei der Messung von Praferenz- und Einflussinformationen Abbildung 10: Die Befragung von Experten als mogliche Losung des Datengenerierungsproblems
66 71
Abbildung 11: Einbindung des Vertriebs in die Analyse von Buying Center-Entscheidungen
73
Abbildung 12: Arbeitsschritte im Verkaufsprozess
79
Abbildung 13: Mitarbeiter des Vertriebsbereichs
81
Abbildung 14: Die Nutzenfunktion des Entscheiders
115
Abbildung 15: Die Nutzenfunktion des Vertriebsmitarbeiters
118
Abbildung 16: Verhaltensunsicherheiten des Entscheiders
121
Abbildung 17: Unterschiedliche Gestaltungsoptionen einer vertriebsgestutzten Analyse von Buying Center-Entscheidungen
125
Abbildung 18: Festlegung der Untersuchungsgrofien zur Hypothesenpriifung
136
Abbildung 19: Arten von Validitat im Uberblick
138
Abbildung 20: Validitatstest zur Beurteilung der Prognosegiite
143
Abbildung 21: Beteiligte an der Auswahl eines Baustoffherstellers
147
Abbildung 22: Die Stichprobe der Kunden- und Vertriebsbefragung
163
Abbildung 23: Die Verteilung der Stichprobe
164
Abbildung 24: Die Grofie der Buying Center
166
Abbildung 25: Die Zusammensetzung der Buying Center
166
XVI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 26: Ergebnisse der direkten und indirekten Einflussmessung
171
Abbildung 27: Prognostizierte Auswahlentscheidungen auf Basis der individuellen Praferenzmessung
173
Abbildung 28: Prognostische Validitat von Hypothese la
174
Abbildung 29: Funktionen der einflussreichsten Mitglieder im Buying Center
176
Abbildung 30: Prognostische Validitat von Hypothese lb
177
Abbildung 31: Prognostische Validitat von Hypothese lb nach Rundung
178
Abbildung 32: Prognostische Validitat von Hypothese 2
179
Abbildung 33: Prognostizierte Auswahlentscheidungen auf Basis der Messung von Buying Center-Praferenzen
181
Abbildung 34: Prognostische Validitat von Hypothese 3a
182
Abbildung 35: Prognostische Validitat von Hypothese 3b
184
Abbildung 36: Prognostische Validitat von Hypothese 3c
185
Abbildung 37: Generelle Leistungsfahigkeit der Vertriebsbefragung im Vergleich zur Kundenbefragung
190
Tabellenverzeichnis
XVII
Tabellenverzeichnis Tabelle 1:
Machtbasen im Kau§)rozess
27
Tabelle 2:
Ansatze der isolierten und integrierten Praferenz-Einfluss-Messung
32
Tabelle 3:
Arten der Ubermittlung von Vertriebsinformationen
95
Tabelle 4:
Ausgewahlte Bewertungen der Wichtigkeiten von kaufentscheidungsrelevantenKriterien
Tabelle 5:
102
Verhaltensunsicherheiten und deren Auswirkung auf die Qualitat vertriebsseitig bereitgestellter Informationen
122
Tabelle 6:
tJberblickartige Darstellung des Hypothesensets
134
Tabelle 7:
Merkmale und Merkmalsauspragungen zur Praferenzmessung
152
Tabelle 8:
Reduziertes Design fiir die indirekte Praferenzmessung mit der
Tabelle 9:
MeLimCA (Stufe 1)
155
Reduzierte Designs fur die Einflussmessung mit der MeLimCA (Stufe 2)
157
Tabelle 10: Hold-Out Karten zur Bestimmung der prognostischen Validitat der Ergebnisse der direkten und indirekten Praferenzmessung Tabelle 11 Praferenzmessung
159 168
Tabelle 12 Einflusswerte der indirekten Messung mit der MeLimCA (Stufe 2)
170
Tabelle 13 Zusammenfassung der Ergebnisse des Hypothesentests
187
Abkurzungsverzeichnis
Abkiirzungsverzeichnis ACA
Adaptive Conjoint-Analyse
AD
AuBendienst
BC
Buying Center
BCA
Bridging Conjoint-Analyse
BTL
Bradley, Terry, Luce
CA
Conj oint-Analyse
CAS
Computer Aided Selling
CBCA
Choice Based Conj oint-Analyse
CRM
Customer Relationship Management
HA
Hidden Action
HC
Hidden Characteristics
HCA
Hybride Conj oint-Analyse
HI
Hidden Intention
HICA
Hierarchische Conj oint-Analyse
HLCA
Hierarchische Limit Conj oint-Analyse
HILCA
Hierarchisch Individualisierte Limit Conj oint-Analyse
ID
Innendienst
KAM
Key Account Management
LCA
Limit Conjoint-Analyse
MDS
Multidimensionale Skalierung
MeLimCA
Mehrstufige Limit Conj oint-Analyse
NIO
Neue Institutionenokonomie
PAT
Prinzipal-Agenten-Theorie
PRT
Property-Rights-Theorie
TAK
Transaktionskostentheorie
TCA
Traditionelle Conj oint-Analyse
VMA
Vertriebsmitarbeiter
XIX
Einleitung
.
1
Einleitung
1.1
Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
^
I
Industriegutermarketing - die Veraiarktung von Sach- und Dienstleistungen an Organisationen statt an Endverbraucher - ist eine Teildisziplin des Marketings,^ die insbesondere in den drei vergangenen Jahrzehnten sowohl in Wissenschaft als auch in Praxis erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Verantwortlich hierfiir ist vor alien Dingen die Tatsache, dass Industriegutemntemehmen ihre in der Vergangenheit bestehenden technologischen AUeinstellungsmerkmale aufgrund zunehmender Wettbewerbsintensitat - auch vor dem Hintergrund der voranschreitenden Intemationalisierung und Globalisierung - in zahlreichen Branchen nicht langer behaupten konnen.^ Diese Entwicklung hat zur Folge, dass immer mehr Industriegutemntemehmen nicht langer ohne den Gmndansatz des Marketings - die Suche und Umsetzung von Wettbewerbsvorteilen - auskommen, um sich auch zukunftig erfolgreich im Markt behaupten zu konnen.^ Als Gmndlage fur das Management solcher Wettbewerbsvorteile sind Entscheider in Industriegutemntemehmen ebenso wie Untemehmen aus dem Konsumgiiterbereich auf verlassliche Informationen angewiesen,"^ wobei auch hier der Kunde - als Haupterkenntnisobjekt des Marketings - im Mittelpunkt einer jeden Marketingentscheidung stehen sollte.^ Die Bereitstellung kundenbezogener Informationen obliegt im Allgemeinen der Marktforschung, deren gmndsatzliches Ziel darin besteht, mit Hilfe geeigneter Analyseverfahren eben dieses (Kunden-)Wissen zu intemalisieren.^ Allerdings sind die zu untersuchenden Vermarktungsprozesse auf Industriegiitermarkten durch eine Reihe von Besonderheiten gekennzeichnet, die z. T. erhebliche Konsequenzen fur die Marktforschung von Industriegiitemnternehmen nach sich Ziehen und eine unmittelbare Ubertragung der zum groBten Teil aus dem
Vgl. Engelhardt, W. HJGunter, B. (1981), Investitionsgutermarketing - Anlagen, Einzelaggregate, Telle, Roh- und Einsatzstoffe, Energietrager. Vgl. Backhaus, K./Voeth, M. (2004), Besonderheiten des Industriegutermarketing, S. 5 sowie bereits Hague, P. N. (1985), The Industrial Market Research Handbook, S. 24. Aktuell konzentriert sich die Diskussion dabei vor allem auf das Herstellen einer Bewusstseinsanderung dahingehend, dass die zuktinftige Aufgabe der Produktpolitik vor allem in der Entwicklung nutzenorientierte Leistungsangebote bestehen muss. Vgl. fiir ein aktuelles praktisches Beispiel in diesem Zusammenhang Hassmann, V. (2005), Mehr Erfolg im Technischen Vertrieb - Verkaufen nach MaB, S. 12f. Vgl. Ruhle, B. (1990), Strategische Informationslogistik als Partner des Vertriebs, S. 147. Trotz der gegebenen Notwendigkeit, sich einen detaillierten Uberblick iiber das Marktgeschehen zu verschaffen, sind viele Untemehmen gerade bei der Durchfuhrung von Marktanalysen eher zuriickhaltend. Vgl. Weiber, RJJacob, F. (1999), Kundenbezogene Informationsgewinnung, S. 561. Ahnlich hat bereits Adam Smith bemerkt, dass der Sinn der Produktion nur in der Konsumtion liegen kann. Vgl. hierzuLichtenthal, J. D./Beik, L L (1984), A History of the Definition of Marketing, S. 136. Vgl. Kuji, A. (2004), Marktforschung - Grundlagen der Datenerhebung und Datenanalyse, S. 1 sowie Block, M. P./Block, T. S. (1995), Business-to-Business Market Research - Identifying, Qualifying and Understanding Your Customer, S. 1.
2
Kapitel 1
Konsumguterbereich stammenden Marktforschungsansatze erschweren.^ Das Kemproblem industrieller Vermarktungsprozesse besteht dabei darin, dass industrielle Kaufentscheidungen haufig nicht - wie im Konsumguterbereich zu beobachten ist - von einzelnen Individuen getroffen werden. Stattdessen ist am Kaufprozess auf Industriegiitermarkten regelmaBig eine Vielzahl von Untemehmensvertretem oder anderen Personen beteiligt, die unterschiedlich stark interagieren und nicht selten voneinander abhangig sind. Am Ende des industriellen Kaufprozesses steht somit nur selten eine monopersonale Kaufentscheidung; vielmehr ist der industrielle Einkauf das Ergebnis einer multipersonalen Kaufentscheidung. In der Literatur werden die am industriellen Kaufprozess beteiligten Personen auf Kauferseite dabei zum so genannten Buying Center zusammengefasst. Dieses steht auf Industriegiitermarkten im Fokus der Kaufverhaltensforschung, die als organisational Beschaffungsverhaltensforschung zu bezeichnen ist.^ Die Aufgabe der Kaufverhaltensforschung lasst sich allgemein in der Erklarung vergangenen und gegenwartigen bzw. in der hierauf aufbauenden Prognose zukiinftigen Verhaltens von Nachfragem sehen.'^ Im Kern geht es darum, den Ablauf und das Ergebnis des von den Nachfragem durchlaufenen Bewertungsprozesses nachzuvollziehen, wobei hierzu haufig das Nutzen- bzw. Praferenzkonstrukt herangezogen wird.^' Im Gegensatz zu monopersonalen Kaufentscheidungen ergibt sich fur den Entscheidungstypus multipersonaler Kaufentscheidungen dabei die Besonderheit, dass im Rahmen einer Untersuchung des Kaufverhaltens die alleinige Analyse der Praferenzen und Entscheidungsvorstellungen Einzelner keinen ausreichenden Erklarungsbeitrag liefem kann. Diese Erkenntnis hat dazu gefiihrt, dass sich in der Literatur mittlerweile zahlreiche Modelle mit der Erklarung von Gruppenentscheidungen beschaftigen.'" Die Mehrzahl der Modelle erweitert dabei die flir individuelle Kaufentscheidungen relevante Praferenzanalyse um eine zusatzliche Einflussanalyse. Dabei wird regelmaBig unterstellt, dass mit Hilfe von Einflussinformationen einzelner BC-Mitglieder und deren indivi-
Vgl. Langner, H. (2004), Marktforschung und Informationsbeschaffling auf Industriegiitermarkten, S. 325. Vgl. Fliefi, S. (1999), Industrielles Kaufverhalten, S. 253. Vgl. Robinson, P. J./Fans, C. W./Wind, Y. (1967), Industrial Buying and Creative Marketing. Diese Auffassung befindet sich beispielsweise bei Miiller-Hagedorn, L. (1986), Das Konsumentenverhalten, S. 17f.; Kufi, A.{\99\\ Kauferverhalten, S. 13 oder Mejfert, H. (1992), Marketingforschung und Kauferverhalten, S. 22. Vgl. zur Bedeutung von Nutzen- und Praferenzvorstellungen innerhalb der Kaufverhaltensforschung grundsatzlich Voeth, M. (2000), Nutzenmessung in der Kaufverhaltensforschung - Die Hierarchische Individualisierte Limit Conjoint-Analyse (HILCA), S. 5fF. Perrey (1998) sieht im Nutzen eine hypothetische, objektbezogene BeurteilungsgroBe, deren altemativeniibergreifender Vergleich zur Praferenz fuhrt. Vgl. Perrey, J. (1998), Nutzenorientierte Marktsegmentierung, S. 14f Vgl. beispielsweise die sehr bekannten Erklarungsmodelle von Corfinan, K. P./Lehmann, D. R. (1987), Models of Cooperative Group Decision-Making and Relative Influence: An Experimental Investigation of Family Purchase Decisions sowie Choffray, J.-M./Lilien, G. L. (1978), Assessing Response to Industrial Marketing Strategy.
Einleitung
3
duellen Praferenzvorstellungen Gruppenpraferenzen ermittelt werden konnen, anhand derer sich Entscheidungen des Buying Centers ableiten und prognostizieren lassen. Diese Betrachtungserweiterung zur Abbildung multipersonaler Kaufentscheidungen hat gleichermafien dazu gefuhrt, dass sich in der Zwischenzeit auch eine beachtliche Zahl an Messmodellen entwickelt hat,^^ die den in den Erklarungsmodellen vorgeschlagenen zweistufigen Entscheidungsprozess zu operationalisieren versuchen.^"^ Da zur Praferenzmessung allgemein auf die aus der monopersonalen KaufVerhaltensforschung stammenden Ansatze zuruckgegriffen werden kann, konzentrieren sich die meisten Arbeiten auf die Entwicklung von Einfluss-Messmodellen genau so wie entsprechender Verkntipftingsvorschriften, um aus Praferenz- und Einflussinformationen Gruppenentscheidungen abzuleiten. Die Vielzahl der vorliegenden Methodenvorschlage stellt - auch vor dem Hintergrund entsprechender empirischer Uberpriifungen der einzelnen Verfahren - ein umfassendes Methodenarsenal fur die industrielle Marktforschung dar. Wahrend die Methodenseite in der Literatur inzwischen breite Beachtung erfahren hat/^ wurde ein vergleichbar grundlegenderes Problem in der Literatur bislang kaum berucksichtigt: So ergeben sich namlich bei der Befragung von Buying Centem verschiedene Datengenerierungsprobleme, die vor allem in der Komplexitat des zur Abbildung von Gruppenentscheidungen notwendigen Dateninputs begriindet liegen. Dabei lassen sich sowohl im Hinblick auf die Abfrage von Praferenzinformationen als auch bei der Erhebung von Einflussinformationen quantitative von qualitativen Datengenerierungsproblemen unterscheiden/^ Wahrend quantitative Probleme vor allem durch die groBere Anzahl der Befragungsteilnehmer und hieraus resultierender Erreichbarkeitsprobleme hervorgerufen werden, entstehen qualitative Datengenerierungsprobleme aufgrund von haufig zu beobachtendem strategischen Antwortverhalten der BC-Mitglieder. Dies fiihrt schlieBlich dazu, dass die zur Simulation von Buying Center-Entscheidungen erforderlichen Informationen in der zu Analysezwecken erforderlichen Quantitat und Qualitat nur unter erschwerten Bedingungen zusammengetragen werden konnen. Zudem wiirde eine derart angelegte Marktforschung zumeist hohe Kosten verursachen, deren Durchfuhrung vor dem Hintergrund des Effizienzkriteriums nicht immer vertretbar ware.
Vgl. fur einen Uberblick Voeth, M./Brinkmann, J. (2004a), Abbildung multipersonaler Kaufentscheidungen, S. 355ff. Vgl. zum Unterschied zwischen der Konzeptualisierung bzw. Erklarung und Operationalisierung von Konstrukten beispielsweise den Beitrag von Homburg, CJGiering, A. (1996), Konzeptualisierung und Operationalisierung komplexer Konstrukte, S. 5ff. Vgl. anders beispielsweise noch Biischken (1994), der sich in seinen Forschungsbemiihungen gerade auf die Entwicklung eines entsprechenden Messmodells konzentriert hat. Vgl. Biischken, J. (1994), Multipersonale Kaufentscheidungen. Fiir eine umfassende Darstellung der Probleme im Zusammenhang mit der Befragung industrieller Kunden vgl. bereits Webster, F. E. J. (1965a), The industrial Salesman as a Source of Market Information, S. 1.
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Kapitel 1
Vor dem Hintergrund der skizzierten Datengenerierungsprobleme mtissen neben der klassischen Form der „Kundenbefragung" alternative Formen der Datengenerierung zur Abbildung multipersonaler Kaufentscheidungen gefunden werden. Eine mogliche Alternative stellt in diesem Zusammenhang die Befragung des eigenen Vertriebs - und hier konkret der Mitarbeiter im AuBendienst - dar, die durch ihren unentwegten Kundenkontakt haufig zwangslaufig in den Besitz von Informationen zum Entscheidungsverhalten im Buying Center kommen. Neben der Reduzierung der Datengenerierungsprobleme bringt die Befragung des Vertriebs weitere Vorteile mit sich, die z. B. in der kurzfristig moglichen Bereitstellung von Informationen und einem effizienten Ressourcenverbrauch zum Ausdruck kommen und damit vor allem aus Grunden der Marktforschungseffizienz von groBem Interessen sind. Vor diesem Hintergrund besteht die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit darin, der Frage nachzugehen, inwieweit mit Hilfe von Vertriebsinformationen Kaufentscheidungen von Buying Centem analysiert werden konnen. Als MaBstab zur Beantwortung dieser Frage muss das Prognosegiitekriterium herangezogen werden. Hierbei ist zu beurteilen, wie gut die vom Vertrieb bereitgestellten Informationen geeignet sind, um hierauf aufbauend tatsachliche Wahlentscheidungen des Kunden vorhersagen zu konnen. Denn nur wenn Vertriebs- und Kundensicht einander entsprechen, kann der vorgeschlagene Analyseweg auch als effektiv bewertet und abschlieBend zum Einsatz empfohlen werden.
1.2
Aulbau der Arbeit
Der Einleitung schlieBt sich mit Kapitel 2 ein Grundlagenkapitel zum Themenfeld der multipersonalen Kaufentscheidungen an. Nach einem kurzen Uberblick hinsichtlich der Relevanz von Buying Center-Entscheidungen auf Industriegiitermarkten zielt dieses Kapitel vor allem auf die Charakteristika der zentralen Determinanten zur Abbildung von Gruppenentscheidungen - namlich Praferenz- und Einflussinformationen - ab. Hieran ankniipfend werden zu Beginn des 3. Kapitels unterschiedliche Messansatze vorgestellt, mit denen Praferenz- und Einflussinformationen operationalisiert werden konnen. Die vorgestellten Verfahren werden anschlieBend einer Bewertung unterzogen, wobei anhand von methodisch ausgerichteten Kriterien geeignete Verfahren zur Analyse von Gruppenentscheidungen ausgewahlt werden. Auch wenn hierbei die Vorteilhaftigkeit einzelner Verfahren herausgestellt werden kann, mtissen weitere Probleme berucksichtigt werden, die sich im Zusammenhang mit der Generierung der zur Anwendung der Modelle notwendigen Informationen ergeben. Diese als Datengenerierungsprobleme bezeichneten Aspekte werden im Folgenden systematisch abgeleitet, wobei allgemeine Datengenerierungsprobleme von speziellen Datengenerierungsproblemen unterschieden werden, die nur i. V. m. der Einflussmessung auftreten. Die Datengenerierungsprobleme sind im Weiteren der Anlass fur die Suche nach neuen Datengenerierungsformen, die im letzten Abschnitt des Kapitels vorgenommen wird.
Einleitung
5
Als Ergebnis wird schliefilich die Befragung der eigenen Vertriebsmitarbeiter empfohlen, die als interne Experten eine Moglichkeit im Hinblick auf die Beseitigung der Datengeneriemngsprobleme zur Analyse von Buying Center-Entscheidungen darstellen. Diesen Aspekt aufgreifend ist Kapitel 4 der Frage gewidmet, inwieweit der Vertrieb tatsachlich iiber das ihm zugedachte Expertenwissen im Hinblick auf eine Analyse von Buying Center-Entscheidungen verfugt. Hierzu sind zunachst geeignete Informationstrager im Vertrieb auszuwahlen, die auch tatsachlich im Besitz der zur Analysearbeit benotigten Informationen sind. Zu diesem Zweck erfoigt zunachst eine Beschreibung der Aufgaben einzelner Vertriebsmitarbeiter, anhand derer beurteilt werden kann, welche Mitarbeiter tatsachlich als potenzielle Informationstrager in Frage kommen. Sich auf den Kreis der Mitarbeiter im AuBendienst fokussierend, werden im Anschluss verschiedene Anwendungsgebiete vorgestellt, bei denen Vertriebsinformationen genau dieser Mitarbeitergruppe zum Einsatz kommen. Dabei ist neben konzeptionellen Uberlegungen auch ein Uberblick uber die bislang vorhandenen empirischen Ergebnisse einzelner Anwendungen beinhaltet, der insbesondere Aufschluss iiber die erzielbare Datenqualitat von Vertriebsinformationen gibt. Motiviert durch hieraus allerdings nicht eindeutig ableitbare Erkenntnisse und festzustellende Defizite der bisherigen Untersuchungspraxis, widmen sich die weiteren Ausfuhrungen des Kapitels der eigenstandigen Suche nach Antworten darauf, ob und unter welchen Umstanden der Vertrieb zur Analyse von Buying Center-Entscheidungen eingesetzt werden kann. Zu diesem Zweck wird mit der Prinzipal-Agenten-Theorie zunachst ein geeigneter theoretischer Bezugsrahmen gewShlt, anhand dessen der Informationsbereitstellungsprozess zwischen Entscheider (Prinzipal) und Vertriebsmitarbeiter (Agent) nachvollzogen werden kann. Dabei werden zunachst die Grundlagen der Theorie vorgestellt, um im Anschluss hieran eine Ubertragung auf die vorliegende Untersuchungssituation vorzunehmen. Diesen Uberlegungen zur Folge muss der Entscheider gewisse Unsicherheiten hinsichtlich des Verhaltens der Vertriebsmitarbeiter ins Kalktil ziehen, die sich negativ auf die Qualitat der bereitgestellten Informationen auswirken konnen. Vor diesem Hintergrund ist die Frage, inwieweit Vertriebsmitarbeiter zur Analyse von Buying Center-Entscheidungen beitragen konnen, davon abhangig, ob es gelingt, die bestehenden Verhaltensunsicherheiten zu reduzieren. Damit aber wird die Abfrage von Informationen im Vertrieb zu einer Gestaltungsfrage, wobei gestutzt durch die Erkenntnisse der Theorie insbesondere drei Gestaltungsoptionen von Relevanz sind. Eine erste Gestaltungsoption besteht hinsichtlich des Einflusses des eingesetzten Marktforschungsverfahrens auf die Qualitat der vertrieblich bereitgestellten Daten. Dabei interessiert vor allem ein Vergleich von direkten (Messung von Praferenzen mit dem Self-ExplicatedVerfahren und Einflussmessung mittels Konstantsummenskala) und indirekten Messmethoden (Messung von Praferenzen und Einfluss mit der Conjoint-Analyse im Rahmen einer so genanten Mehrstufigen Limit Conjoint-Analyse) - als die beiden in der Literatur am weitesten verbreiteten und mit den geringsten methodischen Problemen behafteten Ansatze. Eine weite-
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Kapitel 1
re Gestaltungsoption ergibt sich in Bezug auf die Art der abgefragten Informationen, da sich die Gesamtqualitat der Gruppenentscheidung aus den Einzelqualitaten der bereitgestellten Praferenz- und Einflussinformationen ergibt. Vor diesem Hintergrund muss deshalb analysiert werden, ob der Vertrieb Praferenz- und Einflussinformationen in gleicher Qualitat bereitstellen wird oder ob hierbei Qualitatsunterschiede zu beriicksichtigen sind. Als dritte Gestaltungsoption muss schlieBlich analysiert werden, welche Art von Vertriebsmitarbeitem sich zur Analysearbeit besonders empfiehlt. Zu alien Gestaltungsoptionen konnen anhand agenturtheoretischer Uberlegungen entsprechende Hypothesen formuliert werden, die Empfehlungen fur die Gestaltung der Vertriebsbefragung im Hinblick auf die Qualitat der bereitgestellten Informationen beinhalten. SchlieBlich folgt in Kapitel 5 die Hypothesenpnifung. Hierzu wird zu Beginn des Kapitels zunachst die generelle Zielsetzung der empirischen Uberprufung festgelegt. Auf dieser Basis erfolgt anschliefiend die Konzeption der empirischen Studie, wobei sich die Ausfiihrungen zunachst auf die Suche geeigneter ValiditatsmaBe zur Uberpriifung der Hypothesen konzentrieren. Im unmittelbaren Anschluss hieran wird mit der Bauindustrie ein fur die Zwecke der Analyse geeigneter Untersuchungsgegenstand ausgewahlt. Diesen Uberlegungen folgt die Darstellung des Befragungskonzeptes, die Ausfuhrungen zu den wesentlichen Inhalten der Befragung sowie der Befragungsorganisation enthalt. Die sich anschlieBende Vorstellung der empirischen Befunde wird so vorgenommen, dass der Hypothesenpriifung zunachst eine inhaltliche Auswertung der erhobenen Praferenz- und Einflussinformationen voran gestellt wird. Erst im Anschluss hieran werden die einzelnen Hypothesen gepriift und in einer Zusammenfassung hieraus ableitbare Erkenntnisse erortert. In Erganzung hierzu fmden sich Befunde zur generellen Leistungsfahigkeit der vertriebsgestiitzten Analyse von Buying CenterEntscheidungen im Vergleich zu einer Analyse iiber den Kunden. Die Arbeit schlieBt mit einer Schlussbetrachtung und einem Ausblick in Kapitel 6. Hier werden die Erkenntnisse der Arbeit in einem Resumee zusammengefasst. Daruber hinaus beinhalten die Ausfuhrungen grundlegende praktische Implikationen sowie erste Hinweise im Hinblick auf zu berucksichtigende Umsetzungsprobleme. SchlieBlich werden weitere Forschungsbemiihungen im Rahmen eines Ausblicks angeregt.
Multipersonale Kaufentscheidungen auf Industriegutermarkten
2
Multipersonale Kaufentscheidungen auf Industriegutermarkten
2.1
Die am organisationalen Beschaffungsprozess beteiligten Personen: Das Buying Center
Kaufentscheidungen auf Industriegutermarkten werden anders als auf Konsumgutermarkten haufig nicht von einzelnen Individuen, sondem multipersonal von Gruppen im Rahmen so genannter Buying Center-Entscheidungen vollzogen.^^ Insbesondere wenn es sich bei anstehenden Kaufentscheidungen um keine routinemaBigen Beschaffungen handelt, werden regelmaBig mehrere Personen oder Abteilungen in den Beschaffungsprozess eingebunden.^^ Die Bedeutung multipersonaler Kaufentscheidungen auf Industriegiitermarkten ist dabei empirisch durch eine Vielzahl von Untersuchungen belegt. So stellte beispielsweise bereits Duncan (1940) fest, dass das typische Beschaffiingsverhalten in Organisationen ein multipersonaler Problemlosungsprozess ist, bei dem die Verantwortung fur die Beschafflingsentscheidung auf unterschiedliche Individuen im Untemehmen verteilt wird.^^ Fiir den deutschsprachigen Raum hat eine Untersuchung des Spiegel-Verlags in den 1980er Jahren ergeben, dass durchschnittlich 86 Prozent der Beschaffungsentscheidungen in mittelstandischen Betrieben und GroBuntemehmen von mindestens zwei bis maximal 20 Personen getroffen werden, wobei durchschnittlich vier Personen an der Beschaffung der Gtiter und Dienstleistungen beteiligt sind?^ Ursachlich fiir die multipersonale Zusammensetzung des Buying Centers (BC) ist nach Fliefi (1999) die Tatsache, dass durch die Einbindung mehrerer Personen das mit der untemehmerischen Kaufentscheidung verbundene Risiko reduziert wird."^^ Dies gilt deshalb, da aufgrund der Arbeitsteilung die zur Abwagung einer Kaufentscheidung relevanten Informationen haufig nicht einer Person zentral, sondem verschiedenen Abteilungen oder Personen - also dezentral - vorliegen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass je nach Kaufsituation und Kaufgegenstand unterschiedliche Kompetenzbereiche im Untemehmen angesprochen
Vgl. Backhaus, K. (2003), Industriegiitermarketing, S. 63. Wahrend Gruppenentscheidungen ein weit verbreitetes, auch auBerhalb der KaufVerhaltensforschung auftretendes Phanomen darstellen (so z. B. auch bei politischen Wahlen etc.), stellt die Entscheidung des Buying Centers einen speziellen Fall von Gruppenentscheidungen - namlich den in Organisationen - dar. Vgl. Biischken, J. (1994), Multipersonale Kaufentscheidungen, S. 18. Natiirlich werden untemehmerische Kaufentscheidungen auch durch einzelne Stellvertreter - also monopersonal - voUzogen. Allerdings ist davon auszugehen, dass dieser Fall im Vergleich zur multipersonalen Kaufentscheidung seltener vorkommt. Vgl. zur Unterscheidung von Grundtypen von Kaufentscheidungen z. B. Meffert, H. (1992), Marketingforschung und Kauferverhalten, S. 38. Vgl. Crow, L E./Lindquist, J. D. (1985), Impact of Organizational and Buyer Characteristics on the Buying Center; Doyle, P./Woodside, A. G./Mitchell, P. (1979), Organizations Buying in New Task and Rebuy Situations; Patton, W. E./Puto, C. P./King, R. H. (1986), Which Buying Decisions are Made by Individuals and Not by Groups; Scott, S. (1992), Determining Buying Center Size. Vgl. Duncan, D. J. (1940), What motivates Business Buyers?, S. 454. Vgl. Spiegel-Verlag (Hrsg.) (1982), Der EntscheidungsprozeB bei Investitionsgtitem, S. 41. Vgl. FlieJ3, S. (1999), Industrielles Kaufverhalten, S. 306.
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Kapitel 2
werden,^^ deren Fahigkeiten und Beurteilungsvermogen unbedingt zu beriicksichtigen sind. Im Sinne einer Reduzierung von Fehlentscheidungen gilt es deshalb, dieses im Untemehmen verteilte Wissen zusammenzubringen und es in seiner Gesamtheit als Basis fur die Abwagung der Kaufentscheidung zu nutzen. Die Mitgliedschaft einer Person zum Buying Center ergibt sich aufgrund dieser Sichtweise dadurch, dass sie mit bestimmten fur die Kaufentscheidung maBgeblichen Aufgaben betraut worden ist und deshalb an der organisationalen Kaufentscheidung mitwirken muss. Neben der Risikoreduzierung auf Untemehmensseite, kann die Mitgliedschaft einer Person zum Buying Center aber auch durch deren personliches Bestreben nach Risikoreduzierung motiviert sein.^^ In diesem Fall hat die betroffene Person selbst ein Interesse daran, sich am organisationalen Beschafftingsvorgang zu beteiligen, um dadurch die finale Kaufentscheidung in Einklang mit ihren Interessen aktiv mitzugestalten. Grundsatzlich lassen sich die verfolgten Interessen der Untemehmensvertreter dabei in zweierlei Hinsicht unterscheiden. Zum einen ist davon auszugehen, dass sich Untemehmensvertreter an der Buying Center-Entscheidung beteiligen, um hierdurch solche Interessen zu wahren, die im Zusammenhang mit ihrer Funktion im Untemehmen stehen. Die Risikoreduziemng besteht folglich darin, solche Entscheidungen zu verhindem, die sich negativ auf die Position der Person im Untemehmen oder aber ihrer Abteilung auswirken. Zum anderen kann das Engagement der BC-Mitglieder auch darauf zuriickgefiihrt werden, dass die Personen personliche Nachteile zu vermeiden oder ihre personliche Position durch die Teilnahme im Buying Center zu verbessem versuchen. Im Ergebnis besteht das Buying Center also aus Personen, die aufgmnd ihrer fiir die Organisation wahrgenommenen Aufgaben an der Kaufentscheidung beteiligt sind und solchen Personen, die sich aus eigenem Antrieb am Kaufprozess beteiligen. Fliefi (1999) folgert hieraus, dass sich im Buying Center zwei Stmkturen „uberlappen": erstens die formale Stmktur des Untemehmens, die sich in der Aufgabenteilung wieder findet und die informale Stmktur, die personliche Motivationen, Interessen und Beziehungen der einzelnen Personen untereinander beschreibt.^"^ Demnach muss das Buying Center keine formale, der Organisationsstmktur zu entnehmende Einheit sein. Vielmehr steUt es haufig eine problembezogene Gmppe dar, innerhalb der die einzelnen Mitglieder zur Problemlosung in Interaktion treten.^^ Entsprechend schwierig und damit erste Aufgabe bei der Analyse multipersonaler Kaufentscheidungen von Buying Cen-
Vgl. Block, M. P./Block, T. S. (1995), Business-to-Business Market Research - Identifying, Qualifying and Understanding Your Customer, S. Xlf. Vgl. Tanner, J. F. J./Castleberry, S. B. (1993), The Participation Model: Factors Related to Buying Decision Participation, S. 50. Vgl. FlieJS, S. (1999), Industrielles KaufVerhalten, S. 309. Vgl. Backhaus, K. (2003), Industriegutermarketing, S. 71.
Multipersonale Kaufentscheidungen auf Industriegutermarkten
tern ist folglich die Bestimmung der BC-Mitglieder?^ Im einfachsten Fall besteht das Buying Center dabei nur aus Mitgliedem, die aufgrund ihrer Stellenbeschreibung an der gemeinsamen Kaufentscheidung beteiligt sein miissten. Hierbei lieBe sich die Zugehorigkeit einer Person zum Buying Center beispielsweise durch Auswertung entsprechender Organigramme entnehmen, die regelmaBig Informationen iiber untemehmerische Funktionen und hierarchische Positionen beinhalten. Wie dargestellt entsteht die Zusammensetzung eines Buying Centers aber haufig auf informelle Art und Weise und ist folglich nicht institutionalisiert, was zu erheblichen Problemen bei der Bestimmung der BC-Mitglieder fiihren kann. In diesem Fall bedarf es anderer Kriterien, mit deren Hilfe auf die Zugehorigkeit von Personen zum Buying Center geschlossen werden kann. Als ein zentrales Kriterium zur Bestimmung der Zugehorigkeit von Personen zum Buying Center wird in der einschlagigen Literatur zum Industriegiitermarketing auf das Kriterium der Kommunikation der Beteiligten untereinander Bezug genommen.^^ Eine Beschaffungsentscheidung wird vor diesem Hintergrund als Abfolge kommunikativer Prozesse innerhalb und auBerhalb des Untemehmens verstanden. Entsprechend wird ein BC-Mitglied verstanden als eine Person, die in diese Kommunikationsprozesse involviert ist.^^ Eine weitere Moglichkeit, um die Mitglieder des Buying Centers - zumindest naherungsweise - identifizieren zu konnen, stellen so genannte Rollenkonzepte dar, die auf idealtypische Weise verschiedene RoUen im Buying Center differenzieren und damit Anhaltspunkte fur die Zugehorigkeit von Personen zum Buying Center beinhalten.^^ Als wohl bedeutendstes Rollenkonzept ist in diesem Zusammenhang das Rollenkonzept von Webster/Wind (1972) zu nennen, die insgesamt ftinf RoUen im Buying Center unterscheiden.^^ Dabei bezeichnen sie als Einkaufer (Buyer) solche BC-Mitglieder, die verantwortlich fur die Lieferantenauswahl und den letztendlichen Vertragsabschluss sind. Benutzer (User) hingegen sind Organisationsmitglieder, die das zu beschaffende Produkt oder die Leistung in der Nachkaufphase nutzen werden. Als Beeinflusser (Influencer) werden BC-Mitglieder bezeichnet, die zwar nicht direkt an
Vgl. Fliefi, S. (1999), Industrielles KaufVerhalten, S. 305 sowie Backhaus, K. (2003), Industriegutermarketing, S. 71. Vgl. McQuiston, D. K (1989), Novelty, Complexity, and Importance as Causal Determinants of Industrial Buyer Behaviour, S. 67; LaForge, M. C./Stone, L. H. (1989), An Analysis of the Industrial Buying Process by Means of Buying Center Communications, S. 33; Ronchetto, J. R./Hutt, M. D./Reingen, P. H. (1989), Embedded Influence Patterns on Organizational Buying Systems, S. 51; McQuiston, D. HJDickson, P. R. (1991), The Effect of Perceived Personal Consequences on Participation and Influence in Organizational Buying, S. 159 sowie Backhaus, K. (2003), Industriegutermarketing, S. 73 McQuiston/Dickson (1991) engen ihre Definition eines BC-Mitglieds noch weiter ein, indem sie nur solche Personen als Mitglied des Buying Centers bezeichnen, deren BeitrSge im Kommunikationsprozess auch entsprechend berucksichtigt werden. Vgl. McQuiston, D. H./Dickson, P. R. (1991), The Effect of Perceived Personal Consequences on Participation and Influence in Organizational Buying. Vgl. Dwyer, R. F./Tanner, J. F. (2002), Business Marketing - Connecting Strategy, Relationships, and Learning, S. 106ff. Vgl. Webster, F. E. JJWind, Y. (1972), Organizational Buying Behaviour.
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Kapitel 2
der Kaufentscheidung beteiligt sind, aufgrund ihrer Informationspolitik aber maBgeblich zum Ausgang der Entscheidung beitragen. Oftmals handelt es sich hierbei um exteme Experten, die um Abgabe einer Stellungnahme gebeten werden. Daruber hinaus kontroUieren Informationsselektierer (Gatekeeper) den Informationsfluss im und in das Buying Center hinein und beeinflussen damit die Entscheidungsfindung. Haufig wird die Gatekeeper-Rolle von Sekretariaten oder Mitarbeitem in Assistenzflinktionen iibemommen. Letztendlich bestimmen die Entscheider (Decider) aufgrund ihrer hierarchischen Position den Ausgang der Entscheidung.^' Auch wenn es Webster/Wind {\912) in ihrem Modell grundsatzUch gelingt, die einzelnen RoUen voneinander abzugrenzen, kann eine eindeutige Rollenzuweisung in der Praxis nicht immer vorgenommen werden. Auch wenn die einzelnen RoUen i. d. R. alle besetzt sind, kommt es haufig vor, dass einzelne Rollen von mehreren Personen gleichzeitig besetzt werden, wahrend andere wiederum von Personen besetzt sind, die gleich mehrere Rollen tibernehmen. In der Realitat ist davon auszugehen, dass die Bestimmung von BC-Mitgliedem weder ausschlieBlich iiber eine Funktionsanalyse oder eine Analyse des Kommunikationsprozesses noch mit Hilfe einer Identifikation von Rollen erfolgen kann. Vielmehr scheint eine Kombination unterschiedlicher Vorgehensweisen hilfreich und auch notig zu sein, um die Mitglieder eines Buying Centers bestimmen zu konnen.
2.2
Gruppenentscheidungen als zentraler Analysegegenstand der multipersonalen Kaufverhaltensforschung
2.2.1
Prozess- oder ergebnisbezogene Analyse von Gruppenentscheidungen
Die Diskussion uber die unterschiedlich motivierten Interessen der BC-Mitglieder und der von ihnen eingenommenen Rollen zeigt bereits, dass sich fiir den Entscheidungstypus multipersonaler Kaufentscheidungen die Besonderheit ergibt, dass im Rahmen der Kaufverhaltensforschung die alleinige Analyse der Praferenzen und Entscheidungsvorstellungen Einzelner keinen ausreichenden Erklarungsbeitrag liefem kann. Vielmehr sind die Praferenzen und Entscheidungsvorstellungen aller am industriellen Kaufprozess Beteiligten zu beriicksichtigen. Zur allgemeinen Erklarung von Gruppenentscheidungen fmden sich in der Literatur entsprechende Modelle, die sich mit der Losung von Konflikten beschaftigen. Dabei lassen sich die existierenden Ansatze am besten nach der von ihnen eingenommenen Perspektive in prozessbezogene und ergebnisbezogene Konfliktlosungsmodelle differenzieren (vgl. Abbildung 1).
Vgl. Backhaus, K. (2003), Industriegutermarketing, S. 70f. sowie Meffert, H. (2000), Marketing: Grundlagen marktorientierter Untemehmensfuhrung, S. 139.
Multipersonale Kaufentscheidungen auf Industriegutermarkten
Analyse von Gruppenentscheidungen
1
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Ergebnisbezogene Analyse
Prozessbezogene Analyse
1 Praferenzorientierte Modelle
Abbildung 1:
1
1 Ergebnisorientierte Modelle
Unterschiedliche Perspektiven bei der Analyse von Gruppenentscheidungen
Prozessbezogene Konfliktlosungsmodelle versuchen im Allgemeinen, die gruppenintemen Vorgange im Vorfeld der Entscheidungswahl durch die Gruppe zu beschreiben bzw. zu erklaren. Hierzu widmen sie sich als Hauptanalysegegenstand den Interaktionen in der Gruppe wahrend der Entscheidungsfindung. Konkret beschaftigen sich prozessbezogene Ansatze hierzu beispielsweise mit Fragen der Informationssuche durch die Gruppenmitglieder, der daraus resultierenden Verteilung von Informationen oder dem Konfliktmanagement wahrend des Entscheidungsfindungsprozesses. Im Mittelpunkt der Analyse steht dabei die Frage, inwieweit sich die individuellen Praferenzen einzelner Gruppenmitglieder im Rahmen der Gruppeninteraktion verandem. Die Beantwortung dieser Fragestellung erfolgt anhand alternativer Konfliktlosungsmodelle, die sich im Spannungsfeld zwischen der Durchsetzung eigener Praferenzen und der Anlehnung an Praferenzen anderer bewegen.^^ Als zentrale Konfliktlosungsmodelle werden dabei die Strategien der Problemlosung und die des Kompromisses genannt.^"^ Wahrend Kompromisse dadurch entstehen, dass man den Praferenzen aller Entscheidungsbeteiligter in zumindest ausgewogener Weise gerecht wird, entstehen Problemlosungen durch die systematische Suche nach neuen Altemativen, durch die eine bessere Annaherung an die Praferenzen der Entscheidungsbeteiligten ermoglicht wird. Im Gegensatz zur prozessbezogenen Betrachtungsweise widmen sich ergebnisbezogene Konfliktlosungsmodelle nicht langer dem Prozess der Entscheidungsfindung, sondem fokussieren unmittelbar das Resultat dieses Prozesses: die Entscheidungswahl.^^ Ausgangspunkt ergebnisbezogener Konfliktlosungsansatze sind dabei die als gegeben angenommenen individuellen
Vgl. hierzu und zum Folgenden Davis, J. H. (1973), Group Decision and Social Interaction: A Theory of Social Decision Schemes, S. 99 so'wie Biischken, J. (1994), Multipersonale Kaufentscheidungen, S. 18. Vgl. Day, R. L/Michaels, R. E./Perdue, B. C. (1988), How Buyers Handle Conflicts, die fiinf grundsatzliche Wege der Konfliktlosung unterscheiden. Eine Ubersetzung dieser Konfliktlosungsstrategien findet sich beispielsweise bei Biischken, J. (1994), Multipersonale Kaufentscheidungen, S. 19 und 20. Vgl. beispielsweise Perdue, B. C./Day, R. L./Michaels, R. E. (1986), Negotiation Styles of Industrial Buyers. Vgl. Bossert, W./Stehling, F. (1990), Theorie kollektiver Entscheidungen - Eine Einfuhrung, S. 8 und S. 142ff
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Kapitel 2
Praferenzen der Gruppenmitglieder hinsichtlich relevanter Entscheidungsaltemativen. Diese gilt es mit Hilfe geeigneter kombinatorischer Regeln so zu verdichten, dass sich hieraus Gruppenpraferenzen bzw. Gruppenentscheidungen ergeben.^^ Mit der Unterscheidung in entscheidungs- oder praferenzbezogene Ergebnisse von Gruppenentscheidungen stehen zwei grundsatzliche Altemativen zur Verfiigung, mit denen sich individuelle Praferenzordnungen zu Gruppenentscheidungen bzw. -praferenzen aggregieren lassen. Wahrend entscheidungsbezogene Ansatze unterstellen, dass sich Gruppenentscheidungen durch eine direkte Aggregation der Individualpraferenzen ergeben (aus den zur Verfiigung stehenden Altemativen wird eine fur die gesamte Gruppe ausgewahlt), gehen praferenzbezogene Ansatze davon aus, dass sich die eigentliche Gruppenentscheidung auf Basis einer zuvor gebildeten gruppenbezogenen Praferenz liber alle Altemativen ergibt, die dann als Gmndlage fiir die eigentliche Gmppenentscheidung dient.^^ Als Vorteil der praferenzbezogenen Herangehensweise fiihren beispielsweise Bossert/Stehling (1990) an, dass hiermit ein Informationsgewinn verbunden ist. Diesen begriinden sie damit, dass neben der eigentlichen Entscheidung fiir eine Altemative, auch Informationen iiber die Vorziehenswiirdigkeit weiterer Altemativen bereitgestellt werden.^^ Zur Bestimmung solcher Gmppenentscheidungen bzw. -praferenzen bietet die Literatur unterschiedliche Praferenzaggregationsmodelle an, die die Individualpraferenzen der Gmppenmitglieder in zumeist linearer Form kombinieren. Als Voraussetzung zur Anwendung einer derartigen Herangehensweise ist unbedingt zu beachten, dass die individuellen Praferenzen auch intersubjektiv vergleichbar sind.'*^ Nur so lassen sich aussagekraftige Entscheidungen bzw. Praferenzen fiir die gesamte Gmppe bestimmen, die von unterschiedlichen BewertungsmaBstaben und dadurch bedingten Verzermngen frei sind. Gmndsatzlich stehen drei denkbare Moglichkeiten zur Aggregation von Individualpraferenzen zur Verfugung:"^^ Eine erste Herangehensweise fiir eine Kombination von Individualpraferenzen bieten so genannte Proportionalitatsmodelle an. Vertreter dieser Ansatze gehen davon aus, dass die Individualpraferenzen der Gmppenmitglieder gleich gewichtet werden, und unterstellen damit
Vgl. Bossert, W./Stehling, F. (1990), Theorie kollektiver Entscheidungen - Eine Einfuhrung, S. 1 Iff. Vgl. Davis, J. H. (1973), Group Decision and Social Interaction: A Theory of Social Decision Schemes, S. 99. Vgl. Blischken, J. (1994), Multipersonale Kaufentscheidungen, S. 30. Vgl. Bossert, W./Stehling, F. (1990), Theorie kollektiver Entscheidungen - Eine Einfuhrung, S. 2. Vgl. Blischken, J. (1994), Multipersonale Kaufentscheidungen, S. 40. Vgl. fur eine iiberblickartige Darstellung moglicher Aggregationsvorschriften Blischken, J. (1994), Multipersonale Kaufentscheidungen, S. 40 ff.
Multipersonale Kaufentscheidungen auf Industriegiitermarkten
implizit, dass alle Gruppenmitglieder in gleicher Weise ihre individuellen Praferenzen in der gemeinsamen Gruppenentscheidung geltend machen konnen."^^ Die Vorgehensweise, alien Gruppenmitgliedem gleiches Gewicht im Rahmen der Gruppenentscheidung zuzusprechen, ist dann unzulassig, wenn davon auszugehen ist, dass die Gruppenmitglieder iiber unterschiedliche Moglichkeiten verfiigen, ihre personlichen Entscheidungsvorstellungen in der Gruppe zum Ausdruck bringen zu konnen - die Gruppenmitglieder also unterschiedlichen Einfluss auf die gemeinsame Entscheidung ausuben. Deshalb werden im Rahmen so genannter Gewichtungsmodelle fiir eine realitatsgerechte Abbildung der Entscheidungsfindung entsprechende Gewichtungsfaktoren eingefiihrt, die mit der tatsachlichen Einflussstarke der jeweiligen Gruppenmitglieder korrespondieren soUten/^ SchlieBlich konnen Gruppenentscheidungen auch dadurch abgebildet werden, dass nur die individuelle Praferenz des einflussreichsten Gruppenmitglieds beriicksichtigt wird und diese fur die gesamt Gruppe unterstellt wird (Diktator-Modell). Diese Herangehensweise kann dabei als Extremfall eines Proportionalitatsmodells gesehen werden, da eine Verteilung von Einflusswerten nur noch nominal - im Sinne von „hat Einfluss - Gewichtung 1" oder „hat keinen Einfluss - Gewichtung 0" - vorgenommen wird.^'* Der ergebnisorientierten Sichtweise von Gruppenentscheidungen soil im Folgenden gefolgt werden, da nur mit verlasslichen Informationen iiber die letztliche Kaufentscheidung des Buying Centers Prognosen daruber angestellt werden konnen, ftir welchen Anbieter bzw. ftir welche Problemlosungen sich das Einkaufgremium entscheiden wird.^^ So richtet sich auch das Hauptaugenmerk der multipersonalen Kaufverhaltensforschung darauf, die Praferenzen und Entscheidungsvorstellungen der einzelnen BC-Mitglieder so miteinander zu verkniipfen, dass sich hieraus entsprechende Gruppenentscheidungen ableiten lassen."*^ Denn schlieBlich sind es nicht einzelne Personen im Buying Center, die isoliert voneinander iiber Problemlosungen und Angebote unterschiedlicher Anbieter entscheiden, sondem das Buying Center als Gruppe
Vgl. beispielsweise Krishnamurthi, L. (1988), Conjoint models of family decision making, S. 187 oder Wilson, E. J./Lilien, G. L./Wilson, D. T. (1991), Developing and Testing a Contingency Paradigm of Group Choices in Organizational Buying, die eine Auswahlentscheidung iiber so genannte Praferenzstorungen modellieren. Vgl. Krishnamurthi, L. (1988), Conjoint models of family decision making, S. 188. Vgl. Krishnamurthi, L. (1988), Conjoint models of family decision making, S. 189 oder Wilson, E. J./Lilien, G. L./Wilson, D. T. (1991), Developing and Testing a Contingency Paradigm of Group Choices in Organizational Buying, die in ihren tJberlegungen auch den Fall berucksichtigen, dass die Diktatur nicht immer von derselben Person ausgehen muss, sondem situationsabhangig sein kann. Hierbei bezeichnen sie als Diktator die Person im Buying Center, die aufgrund der Entscheidung ^ r eine Alternative die groBten NutzeneinbuBen in Kauf nehmen muss. Vgl. Fliefi, S. (1999), Industrielles Kaufverhalten, S. 350. Vgl. Choffray, J.-M./Lilien, G. L. (1978), Assessing Response to Industrial Marketing Strategy; Corfinan, K. P./Lehmann, D. R. (1987), Models of Cooperative Group Decision-Making and Relative Influence: An Experimental Investigation of Family Purchase Decisions; Voeth, M./Brinkmann, J. (2004a), Abbildung multipersonaler Kaufentscheidungen, S. 352ff
14
Kapitel 2
hat eine gemeinsame Entscheidung in seiner Funktion als Stellvertreter flir die dahinter stehende Organisation zu treffen.
2.2.2
Ergebnisbezogene Erklarungsmodelle multipersonaler Kaufentscheidungen
Nicht langer allgemein gruppentheoretischer Natur, sondem speziell auf den Anwendungsfall multipersonaler Kaufentscheidungen ausgerichtet finden sich in der Literatur verschiedene ergebnisbezogene Erklarungsmodelle, die sich konkret auf die Erklarung derartiger Beschaffungsentscheidungen konzentrieren. Ziel dieser Erklarungsmodelle ist es, den theoretischen Hintergrund zur Untersuchung multipersonaler Kaufentscheidungen beizusteuem. Aus einer Vielzahl moglicher Beeinflussungsvariablen kollektiver Kaufentscheidungen werden hierzu die zentralen Dimensionen herausgearbeitet und zum eigentlichen Analysegegenstand - die multipersonale Kaufentscheidung - in Beziehung gesetzt."^^ Neben Erklarungsmodellen, die unmittelbar das Kaufverhalten organisationaler Beschaffungsprozesse abbilden, fmden sich in der Literatur wesentlich haufiger solche Ansatze bzw. Untersuchungen, die auf eine Erklarung muhipersonaler Kaufentscheidungen in Familien abzielen.'*^ Allerdings wird in der Literatur davon ausgegangen, dass Familienkaufe und Buying Center-Entscheidungen nach ahnlichen Verhaltensmustem ablaufen. Daher wird eine Ubertragung der urspriinglich zumeist familiar angelegten Modelle auf den Industrieguterbereich (und umgekehrt) fur grundsatzlich moglich gehalten."^^ Die Modelle von Choffray/Lilien (1978) und Corfman/Lehmann (1987) sind zwei solcher Erklarungsmodelle und werden im Folgenden einer naheren Analyse unterzogen. Dabei unterscheiden sich beide Ansatze durch zwei zentrale Besonderheiten bei der Erklarung von Gruppenentscheidungen. Wahrend Choffray/Lilien (1978) in ihrem Ansatz Gruppenentscheidungen durch Einfiihrung des zusatzlichen Konstrukts „Gruppenpraferenz" - sozusagen als Zwischenschritt - modellieren, ist im Modell von Corfman/Lehmann (1987) die Gruppenent-
Vgl. hierzu beispielsweise die Vorgehensweise bei Choffray, J.-M./Lilien, G. L. (1978), Assessing Response to Industrial Marketing Strategy, S. 20. Vgl. z. B. die Ansatze von Backer, F. (1987), Die Bildung von Praferenzen fiir langlebige Konsumgiiter in Familien; Backer, F./Thomas, L. (1983), Der EinfluB von Kindem auf die Produktpraferenzen ihrer Miitter; Corfman, K. P./Lehmann, D. R. (1987), Models of Cooperative Group Decision-Making and Relative Influence: An Experimental Investigation of Family Purchase Decisions; Davis, H. L./Rigaux, B. P. (1974), Perceptions of marital roles in decision processes; Dellaert, B., G.C./Prodigalidad, M./Louviere, J. J. (1998), Family Members' Projections of Each Other's Preference and Influence: A Two-Stage Conjoint Approach; Hubel, W. (1986), Der Einfluss der Familienglieder auf gemeinsame Kaufentscheidungen; Krishnamurthi, L. (1983), The Salience of Relevant Others and Its Effect on Individual and Joint Preferences: An Experimental Investigation; Krishnamurthi, L. (1988), Conjoint models of family decision making; Ruhfus, R. E. (1976), Kaufentscheidungen von Familien. Vgl. hierzu Buschken, J. (1994), Multipersonale Kaufentscheidungen, S. 4ff., der immer dann von einem multipersonalen Beschaffungsvorgang ausgeht, wenn folgende vier Merkmale der Beschaffungsentscheidung vorliegen: 1. Auftreten von Konflikten, 2. Interaktionen der entscheidungsbeteiligten Personen, 3. Rollenstmktur im Buying Center und 4. Situationsbezogenheit des Buying Centers.
Multipersonale Kaufentscheidungen auf Industriegutermarkten
scheidung direkt von den individuellen Praferenzen der Entscheidungsbeteiligten abhangig.^^ Daruber hinaus haben Choffray/Lilien (1978) ihr Modell vor dem Hintergrund organisationaler BeschaffUngsentscheidungen entwickelt, wahrend Corfman/Lehmann (1987) das von ihnen entwickelte Modell anhand familiarer Kaufentscheidungen testen. Vor dem Hintergrund der oben erwahnten Ubertragungsmoglichkeit der familiaren auf organisational Kaufentscheidungen konnen jedoch beide Modelle zur Analyse von Kaufentscheidungen des Buying Centers berucksichtigt werden.
2.2.2.1
Das Erklarungsmodell von Choffray/Lilien
Choffray/Lilien (1978) haben in Anlehnung an bereits bestehende Modelle zum organisationalen Beschaffungsverhalten^^ ein Modell zur Erklarung organisationaler Kaufentscheidungen entwickelt, das konkret darauf ausgelegt ist, Kaufwahrscheinlichkeiten fur unterschiedliche Altemativen, die dem Buying Center zur Verfiigung stehen, zu bestimmen. Als Hauptkritikpunkt an die bestehenden Vorarbeiten fuhren sie dabei die hier beriicksichtigte Vielzahl von EinflussgroBen an, die „might affect organizational buying."^^ Was ihnen fehlt, ist eine Besinnung auf die wesentlichen EinflussgroBen, wobei sie mehrfach unterstreichen, dass sich diese zur praktischen Anwendung des Modells auch entsprechend operationalisieren lassen miissen.^^ Im Mittelpunkt des Modells von Choffray/Lilien (1978) stehen dabei vor allem die individuellen Praferenzen der einzelnen Entscheidungsbeteiligten, die als zentrale EinflussgroBe fiir die letztlich zu bestimmende organisational Kaufentscheidung angesehen werden. Zur Bestimmung der organisationalen Entscheidung unterstellen Choffray/Lilien (1978) ein Phasenmodell, wobei sich ihrer Meinung nach der organisationale Beschaffungsprozess in drei Phasen einteilen lasst (vgl. Abbildung 2), auf die das Buying Center in unterschiedlicher Art und Weise einwirkt. Den Ausgangspunkt des Phasenmodells von Choffray/Lilien (1978) bilden die vom Buying Center grundsatzlich in Betracht gezogenen Altemativen. Im Rahmen der ersten Phase werden aus diesem als „evoked set of alternatives" bezeichneten Altemativenset die realisierbaren Altemativen extrahiert. Dabei werden solche Altemativen ausgeschlossen, die anhand von Umweltrestriktionen, wie z. B. technologischen oder sozialen Determinanten, und Erfordernissen der Organisation in technischer oder fmanzieller Art nicht umsetzbar erscheinen. Die so getroffene Auswahl stellt dann die Summe aller realisierbaren Altemativen dar ("feasible
Vgl. hierzu bereits die Ausftihrungen in Kapitel 2.2.1. Vgl. z. B. die Modelle von Robinson, P. J./Paris, C. W./Wind, Y. (1967), Industrial Buying and Creative Marketing; Webster, P. E. J./Wind, Y. (1972), Organizational Buying Behaviour oder Sheth, J. N. (1973), A Model of Industrial Buyer Behavior. Choffray, J.-M./Lilien, G. L (1978), Assessing Response to Industrial Marketing Strategy, S. 21. Vgl. Chofray, J.-M./Lilien, G. L (1978), Assessing Response to Industrial Marketing Strategy, S. 20.
Kapitel 2
16
set of alternatives"). Die so generierte Altemativenmenge bildet sodann die Basis fiir die individuelle Praferenzbildung der BC-Mitglieder, die diese anhand nicht naher spezifizierter Bewertungskriterien vomehmen (Phase 2). Unter einer Praferenz verstehen Choffray/Lilien (1978) dabei das Ergebnis eines Bewertungsprozesses, das Auskunft uber die Vorteilhaftigkeit einzelner Altemativen gibt. Unter Beachtung der Interaktionsstrukturen im Buying Center kommt es auf Basis der individuellen Praferenzen zu einer Praferenzbildung der Organisation (Phase 3), auf Basis derer sich im Anschluss die organisational Entscheidung ergibt. Choffray/Lilien (1978) stellen dabei explizit auf die Trennung von individueller und gruppenbezogener Praferenzbildung ab.
In Betracht gezogene Altemativen
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Umweltrestriktionen: - physischer ^ - technologischer 1 - okonomischer [ - sozialer J
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II
Organisationale Entscheidung
Das Erklarungsmodell von Choffray/Lilien (1978f^
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Choffray/Lilien (1978) mit ihrem Erklarungsmodell, in dem sie die Bedeutung individueller und kollektiver Praferenzen zur Ableitung von Gruppenentscheidungen herausarbeiten, einen wichtigen Beitrag zur Erklarung multipersonaler Kaufentscheidungen geleistet haben. Allerdings wird ihr Erklarungsmodell in der Literatur nicht voUig unkritisch gesehen. Als Hauptkritikpunkt wird hierbei angefuhrt, dass die Autoren bei der Modellbildung keine eindeutigen Aussagen dazu machen, wie die eigentliche Gruppenentscheidung zu Stande kommt.^^ So stellen sie zwar heraus, dass diese direkt von den individuellen Praferenzen abhangig ist; vemachlassigt wird aber der Aspekt, wie sich die eigentliche Gruppenentscheidung hieraus ergibt, da die Autoren auf die Auswahl eines entsprechenden Gruppenentscheidungsmodells verzichten und diese Entscheidung dem Modell^'^
Quelle: in Anlehnung an Choffray, J.-M./Lilien, G. L (1978), Assessing Response to Industrial Marketing Strategy, S. 22.
^^
Vgl. Backhaus, K. (2003), Industriegiitermarketing, S. 132 sowie BUschken, J. (1994), Multipersonale Kaufentscheidungen, S. 49f. und die dort angegebenen Quellen.
17
Multipersonale Kaufentscheidungen auf Industriegutermarkten
anwender tiberlassen. Folglich kann das Erklarungsmodell von Choffray/Lilien (1978) lediglich als Strukturmodell multipersonaler Kaufentscheidungen verstanden werden, da es keinerlei Hinweise zur Eignung unterschiedlicher Gruppenentscheidungsmodelle enthalt.
2.2.2.2
Das Erklarungsmodell von Corfman/Lehmann
Zur Erklarung kollektiver Kaufentscheidungen in Familien haben Corfman/Lehmann (1987) ein Modell entwickelt, das in Erweiterung zum Ansatz von Choffray/Lilien (1978) neben den individuellen Praferenzen auch die jeweiligen Einflusswerte der Entscheidungsbeteiligten als zentrale Determinanten von Gruppenentscheidungen beriicksichtigt.^^ Bei der Modellierung verzichten die Autoren dabei allerdings auf den Zwischenschritt der Bildung einer Gruppenpraferenz. Stattdessen ist die Gruppenentscheidung direkt abhangig von den individuellen Praferenzen der Entscheidungsbeteiligten (vgl. Abbildung 3). Praferenzen von A Relativer Einfluss von A
T Effektivitat der Beeinflussungsversuch
. (
Gruppenentscheidung
)
'
Relativer Einfluss von B
Praferenzen von B
Abbildung 3:
Das Erklarungsmodell von Corfman/Lehmann (1987f^
Ausgangspunkt des Modells von Corfman/Lehmann (1987) stellen Konfliktsituationen in Gruppen dar, die durch divergierende Praferenzvorstellungen entstehen und - so im Modell unterstellt - durch Einflussnahme gelost werden konnen. Die Autoren definieren Einfluss dabei in Anlehnung an das Machtkonstrukt, wobei sie unter Macht allgemein die Fahigkeit verstehen, Einstellungen und Verhaltensweisen anderer in eine vorgegebene Richtung zu verandem.^^ Der tatsachliche den Entscheidungsbeteiligten zuzusprechende Einfluss ist dann die Ausubung dieser personlichen Macht. Im Fall der im Modell unterstellten Dyade werden die Entscheidungsbeteiligten ihre Praferenzen durch Einflussnahme durchsetzen oder die Prafe-
^^
Corfman/Lehmann (1987) lassen erkennen, dass ihre Uberlegungen auch fur den Anwendungsfall organisationaler Kaufentscheidungen relevant sind, da sie beide Entscheidungssituationen als grundlegend gleich ansehen. Vgl. Corfman, K. P./Lehmann, D. R. (1987), Models of Cooperative Group Decision-Making and Relative Influence: An Experimental Investigation of Family Purchase Decisions, S. 1.
"
Quelle: in Anlehnung an Corfman, K. P./Lehmann, D. R. (1987), Models of Cooperative Group DecisionMaking and Relative Influence: An Experimental Investigation of Family Purchase Decisions, S. 2.
^^
Vgl. Corfman, K. P./Lehmann, D. R. (1987), Models of Cooperative Group Decision-Making and Relative Influence: An Experimental Investigation of Family Purchase Decisions, S. 2.
18
Kapitel 2
renzen der anderen in ihre jeweilige Richtung verandem. Die Starke des ausgetibten Einflusses ist dabei nach Corfman/Lehmann (1987) einerseits von den personlichen Erwartungen der einzelnen Entscheidungsbeteiligten hinsichtlich unterschiedlicher Einflussmoglichkeiten und andererseits vom individuellen Nutzen- und Kostenkalkiil der Einflussnahme eines jeden Entscheidungsbeteiligten abhangig.^^ Je nach Erwartungen und Nutzen- und Kostenvorstellungen, die die einzelnen Gruppenmitglieder zu Grunde legen, ergibt sich die Effektivitat der Beeinflussungsversuche. Je nach Effektivitat werden eher die Praferenzen des einen oder des anderen die Gruppenentscheidung dominieren. Wie bei Choffray/Lilien (1978) stellt die Gruppenentscheidung im Modell von Corfman/Lehmann (1987) im Kern eine Funktion der Individualpraferenzen dar, wobei die Autoren zur Bestimmung der Gruppenentscheidung den Einsatz eines gewichteten linearen Modells (Einflussmessmodell) vorschlagen: „This suggests that the outcome of a group decision is a weighted function of the group members' individual preferences. The weights are defined by the relative influence of the members - each individual's influence over the other."^° Im Vergleich zum Modell von Choffray/Lilien (1978) stellt das Modell von Corfman/Lehmann (1987) durch die zusatzliche Benicksichtigung der Einflussdimension eine Erweiterung dar, da die Autoren erganzend Annahmen zum Zustandekommen der Gruppenentscheidung explizit berticksichtigen. Die von den Autoren bereitgestellten Hypothesen uber die Effektivitat der Beeinflussungsversuche erlauben zudem Riickschlusse auf die anzunehmende Gewichtung einzelner Gruppenmitglieder im Rahmen der gemeinsam zu treffenden Entscheidung.^'
2.2.3
Praferenzen und Einflusswerte als zentrale Determinanten zur Analyse von Buying Center-Entscheidungen
Sowohl das Modell von Choffray/Lilien (1978) als auch der Ansatz von Corfman/Lehmann (1987) versuchen das Zustandekommen multipersonaler Kaufentscheidungen zu erklaren, wobei beide Modelle zentrale Gemeinsamkeiten aufweisen. So wird in beiden Ansatzen von einem mehrstufigen Entscheidungsprozess ausgegangen, in dessen Verlauf die an der Gruppenentscheidung Beteiligten im Rahmen eines separaten Bewertungsprozesses zunachst individuelle Praferenzen und Entscheidungsvorstellungen bilden. In einem zweiten Schritt ent-
Vgl. Corfman, K. P./Lehmam, D. R. (1987), Models of Cooperative Group Decision-Making and Relative Influence: An Experimental Investigation of Family Purchase Decisions, S. 1-13. Eine Ubersetzung fmdet sich u. a. bei Kirchler, E. (1989), Kaufentscheidungen im privaten Haushalt - Eine sozialpsychologische Analyse des Familienalltags, S. 156-159. Corfman, K. P./Lehmann, D. R. (1987), Models of Cooperative Group Decision-Making and Relative Influence: An Experimental Investigation of Family Purchase Decisions, S. 2. Vgl. Biischken, J. (1994), Multipersonale Kaufentscheidungen, S. 53.
Multipersonale Kaufentscheidungen auf Industriegutermarkten
J9
wickelt sich dann die Gruppenpraferenz bzw. -entscheidung aus den individuellen Praferenzen, wobei - wie auch schon im Rahmen der bereits diskutierten gruppentheoretischen Gewichtungsmodelle^^ - davon ausgegangen wird, dass nicht alle Beteiligten in gleichem Mafie die Entscheidung des Kollektivs pragen. Stattdessen wird von unterschiedlichem Einfluss der Entscheidungsbeteiligten ausgegangen.^^ Im Gegensatz zu monopersonalen Kaufentscheidungen folgt hieraus fur die multipersonale KaufVerhaltensforschung, dass die alleinige Analyse der Praferenzen und Entscheidungsvorstellungen Einzelner keinen ausreichenden Erklarungsbeitrag liefem kann. Neben den individuellen Praferenzen der Entscheidungsbeteiligten bedarf es unbedingt auch verlasslicher Informationen daniber, welchen Einfluss das einzelne Gruppenmitglied auf die Kaufentscheidung ausubt. Mit Hilfe dieser Informationen lassen sich sodann die Individualpraferenzen durch entsprechende Gewichtung in eine Gruppenpraferenz iiberfiihren.
Situation
Buying CenterMitglieder Praferenzen
Ahbildung 4:
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S ""^\
Einflussstrul(tur
Determinanten multipersonaler Kaufentscheidungen^'^
Neben Individualpraferenzen und Einflusswerten - als zentrale Determinanten von Gruppenentscheidungen - gilt es zu berucksichtigen, dass die Literatur haufig als weitere Determinante die der Gruppenentscheidung zu Grunde liegende Situation nennt.^^ Dies gilt sowohl fur die personelle Struktur des Buying Centers^^ - je nach Entscheidungssituation (z. B. Kaufgegenstand) ist davon auszugehen, dass sich andere Personen am Kaufprozess beteiligen - als auch fur die wahrend des Kaufprozesses auftretenden Interaktionen (Einflussstruktur im Buying Center, Entscheidungsverhalten etc.). In der Konsequenz heiBt das, dass sowohl Prafe-
Vgl. hierzu die Ausfiihrungen in Kapitel 2.2.1. Vgl. Voeth, M. (2004), Analyse multipersonaler Kaufentscheidungen mit mehrstufigen Limit ConjointAnalysen, S. 721. Quelle: Buschken, J. (1994), Multipersonale Kaufentscheidungen, S. 55. Vgl. beispielsweise Buschken, J. (1994), Multipersonale Kaufentscheidungen, S. 55ff, der im Rahmen seiner Forschungsbemuhungen mit dem Neukauf sowie dem modifizierten und reinen Wiederholungskauf drei Kaufsituationen unterscheidet. Der Hinweis auf die Situationsbezogenheit der Kaufentscheidungssituation fmdet sich auch bei Fliefi, S. (1999), Industrielles Kaufverhalten, S. 351. Vgl. hierzu bereits die Ausfiihrungen in Kapitel 2.1 und die hier angegebenen Quellen.
20
Kapitel 2
renz- als auch Einflussinformationen nur fiir die der Kaufentscheidung jeweils zu Grunde liegende Entscheidungssituation Giiltigkeit besitzen. Wahrend diese Tatsache fur die Praferenzinformationen durchaus einleuchtet - Praferenzen basieren ja gerade auf dem jeweiligen Kaufgegenstand - muss diese Tatsache unbedingt aber auch fur die Einflussinformationen beriicksichtigt werden. Selbst wenn das Buying Center in gleicher Besetzung antritt, kann die Verschiedenartigkeit der jeweiligen Kaufsituationen dazu fuhren, dass die Einflussbeziehungen im Buying Center unterschiedlich verteilt sind.^^ Damit stellt neben Praferenzen auch der Einfluss einer Person eine von der Kaufsituation abhangige GroBe dar. Abbildung 4 fasst die Determinanten der multipersonalen Kaufentscheidungen und deren jeweilige Abhangigkeit iiberblickartig zusammen.
2.2.3.1
Individuelle Praferenzen als eine der Determinanten zur Analyse von Buying Center-Entscheidungen
Die Bedeutung von Informationen uber individuelle Praferenzen ist eng verbunden mit der Gewichtszunahme der Kaufverhaltensforschung, die sich auf Konsumgiitermarkten bereits in den 1960er und 1970er Jahren durch den damals einsetzenden Wandel von Verkaufer- zu Kaufermarkten abzeichnete. Die Aufgabe der Kaufverhaltensforschung besteht dabei allgemein in der Erklarung vergangenen und gegenwartigen Verhaltens von Nachfragem sowie der Prognose zukiinftigen nachfragerseitigen Verhaltens.^^ Insbesondere wenn es darum geht, mogliche Nachfragerreaktionen auf anbieterseitig zum Einsatz gebrachte MarketingMaBnahmen abzuleiten, stellen Praferenzinformationen wichtige Entscheidungsgrundlagen fiir die zukiinftige Gestaltung der Vermarktungsaktivitaten dar.^^ Defmieren lasst sich eine Praferenz nach Backer (1986) als „eindimensionaler Indikator, der das AusmaB der Vorziehenswurdigkeit eines Beurteilungsobjektes fur eine bestimmte Person wahrend eines bestimmten Zeitraumes zum Ausdruck bringt."^^ Der Definition folgend lassen sich drei Eigenschaften von Praferenzen extrahieren:^' •
Praferenzen stellen ein individuelles Urteil iiber die Vorziehenswurdigkeit unterschiedlicher Altemativen dar und beziehen sich nur auf eine bestimmte Person.
•
Dartiber hinaus stellen Praferenzen keine feste GroBe dar, sondem konnen sich im Zeitablauf durchaus verandem. Hiervon ist immer dann auszugehen, wenn sich die Bedin-
Vgl. Fliefi, S. (1999), Industrielles KaufVerhalten, S. 351. Vgl. Muller-Hagedorn, L. (1986), Das Konsumentenverhalten, S. 17f. sowie Kufi, A. (1991), Kauferverhalten, S. 13. Vgl. Voeth, M. (2000), Nutzenmessung in der Kaufverhaltensforschung - Die Hierarchische Individualisierte Limit Conjoint-Analyse (HILCA), S. 1. Backer, F. (1986), Praferenzforschung als Mittel marktorientierter Untemehmensflihrung, S. 556. Vgl. hierzu und zum Folgenden Buschken, J. (1994), Multipersonale Kaufentscheidungen, S. 56.
Multipersonale Kaufentscheidungen auf Industriegutermarkten
21
gungskonstellation (z. B. Hinzukommen neuer Altemativen), unter der das Individuum sein Urteil uber die Vorziehenswiirdigkeit getroffen hat - der situative Rahmen - entsprechend verandert. •
SchlieBlich lassen sich Praferenzen kennzeichnen als das Ergebnis eines Bewertungsvorgangs, dessen Ende eine Bewertung aller zur Verfugung stehenden Altemativen darstellt. Um diese Bewertung vomehmen zu konnen, ist das Individuum auf gewisse Entscheidungsregeln angewiesen, anhand derer es eine Priorisierung der Altemativen vomehmen kann.
Ein weit verbreitetes Bewertungskriterium, um die Vorziehenswiirdigkeit von Altemativen feststellen zu konnen, ist in diesem Zusammenhang der Nutzen, den eine Altemative stiftet/ Das Nutzen-Konstmkt wird dabei bei Perrey (1998) als zentrale intervenierende Variable in den der KaufVerhaltensforschung zu Gmnde liegenden S-0-R-Ansatzen gesehen. Aufgabe der Variable „Nutzen" ist es nach Perrey (1998) „zwischen Stimuli und Response [zu] vermitteln und auf Unterschiede zwischen den individuellen Bewertungs- und Entscheidungsprozessen"^^ hinzudeuten. Dabei stuft er den Nutzen als hypothetische - also empirisch nicht zu beobachtende - objektbezogene BeurteilungsgroBe ein, deren altemativenubergreifender Vergleich zur Praferenz fuhrt/"^ Der Gesamtnutzen einer Altemative setzt sich dabei haufig aus der Summe einzelner Teilnutzenwerte fur einzelne Merkmale einer Altemative zusammen. Funktional kann eine Nutzenfunktion folglich als eine Vielzahl von Vektoren verstanden werden,^^ deren Summe als Ergebnisvektor den Gesamtnutzen einer Altemative darstellt. Als ZielgroBe des individuellen Entscheiders wird allgemein die Maximiemng des Nutzens unterstellt. Entsprechend werden solche Altemativen ftir vorziehenswurdig erachtet, die dem individuellen Entscheider den groBten moglichen Nutzen stiflen. Somit geben Praferenzinformationen Auskunft daruber, welche Altemativen vom Individuum als vorziehenswiirdig erachtet werden und welche nicht. Diese Priorisiemng unterschiedlicher Altemativen erlaubt allerdings noch keinen Riickschluss auf die eigentliche Kaufentscheidung des Individuums, welche bzw. ob uberhaupt eine Alternative ausgewahlt wird. Was hierzu bislang fehlt, ist ein nutzentheoretisches Konzept, welches das Zustandekommen von Markttransaktionen erklart. Aufbauend auf einer Analyse des neoklassischen mikrookonomischen Nutzenkonzeptes und neueren mikrookonomischen Uberlegungen leitet Voeth (2000) ein solches nutzenorientiertes Konzept zur Erklamng von Kaufverhalten ab, welches dem Verstandnis dieser Arbeit im Folgenden zu Gmnde gelegt
Vgl. Backer, F. (1986), Praferenzforschung als Mittel marktorientierter Untemehmensfuhrung, S. 557ff. Perrey, J. (1998), Nutzenorientierte Marktsegmentierung, S. 15. Vgl. Perrey, J. (1998), Nutzenorientierte Marktsegmentierung, S. 14f. sowie Voeth, M. (2000), Nutzenmessung in der Kaufv^erhaltensforschung - Die Hierarchische Individualisierte Limit Conjoint-Analyse (HILCA), S. 5f. Vgl. Buschken, J. (1994), Multipersonale Kaufentscheidungen, S. 57.
22
Kapitel 2
wird. Ausgangspunkt der Uberlegungen ist, dass Wirtschaftssubjekte unter der MaBgabe begrenzter Rationalitat handeln, d. h. dass ihnen zuktinftige Ereignisse und deren Auswirkungen unbekannt sind, wodurch sie ihre Entscheidungen nur vor dem Hintergrund der ihnen im Augenblick der Bewertung vorliegenden (begrenzten) Informationen treffen konnen. Als Beurteilungskriterium fiir die eigentliche Kaufentscheidung wird davon ausgegangen, dass Nachfrager die ihnen angebotenen Leistungen hinsichtlich der beiden iibergeordneten Kriterien „Nutzen" und „Kosten" bewerten. Dabei kommt der Kauf einer Leistung nur dann in Frage, wenn die als Nettonutzen bezeichnete Differenzen aus erwartetem Nutzen und erwarteten Kosten positiv ist/^ Allerdings stellt das Vorliegen eines positiven Nettonutzens nur die hinreichende Bedingung fiir das Zustandekommen der Markttranksaktion dar. So ist zu berucksichtigen, dass das Individuum nur iiber begrenzte Ressourcen verfugt, was dazu ftihrt, dass die Markttransaktion nur dann zu Stande kommt, wenn dem Individuum keine bessere Verwendung der einzusetzenden Ressource bekannt ist. Folglich werden nur solche Leistungen gekauft, die zu einem Nettonutzen fiihren, der oberhalb eines vom Individuum festgelegten Mindestnutzenniveaus liegt. So ist es beispielsweise denkbar, dass alle Altemativen ein vom Entscheider zuvor festgelegtes Mindestnutzenniveau nicht erfiillen, so dass das Individuum sich dazu entschlieBt, keine Alternative auszuwahlen und die Entscheidung entsprechend zu vertagen/^
2.2.3,2
Einfluss als weitere Determinante zur Analyse von Buying Center-Entscheidungen
2.2.3.2.1
Macht als Grundlage zur Ausiibung von Einfluss
Neben den individuellen Praferenzen konnte aus den Erklarungsmodellen multipersonaler Kaufentscheidungen der Einfluss einer Person als zweite Determinante von Gruppenentscheidungen extrahiert werden. Die Frage, wie stark der Einfluss einer Person auf die gemeinsam zu treffende Kaufentscheidung ist, wird dabei in der Literatur regelmaBig iiber das Konstrukt der Macht erfasst.^^ Auch wenn die Begriffe Macht und Einfluss hier haufig nicht naher differenziert werden und teilweise sogar gleichgesetzt werden,^^ konnen die Konstrukte inhaltlich durchaus voneinander abgegrenzt werden. Fine Unterscheidung kann dabei anhand des Ursache-Wirkungs-Prinzips vorgenommen werden. Dabei beschreibt Macht die Fahigkeit eines Individuums, auf die Einstellungen und das Verhalten anderer Personen bzw. Personen-
Vgl. Voeth, M. (2000), Nutzenmessung in der KauiVerhaltensforschung - Die Hierarchische Individualisierte Limit Conjoint-Analyse (HILCA), S. 22f Vgl. Biischken, J. (1994), Multipersonaie Kaufentscheidungen, S. 58. Vgl. Fliefi, S. (1999), Industrielles KaufVerhalten, S. 329. Vgl. beispielsweise Flie^, S. (1999), Industrielles KaufVerhalten, S. 329ff. sowie Corfman, K. P./Lehmann, D. R. (1987), Models of Cooperative Group Decision-Making and Relative Influence: An Experimental Investigation of Family Purchase Decisions, S. 2.
Multipersonale Kaufentscheidungen auf Industriegutermarkten
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gruppen einzuwirken und diese zu einer Verhaltensanpassung zu bewegen. Macht stellt damit die Ursache bzw. Voraussetzung fiir Beeinflussung dar. Im Einfluss hingegen zeigt sich dem zur Folge die potenzielle oder effektive Wirkung der Macht auf eine Zielperson oder eine Entscheidung. Da die Differenzierung beider Begriffe damit allerdings hauptsachlich eine Frage der Perspektive ist, wird im Weiteren auf eine begriffliche Unterscheidung verzichtet. Stattdessen wird die weitere Argumentation nur noch iiber das Machtkonstrukt - wie vielerorts in der Literatur - gefiihrt. Dabei wird Macht grundsatzlich als Voraussetzung dafur verstanden, Einfluss auf andere Individuen ausuben zu konnen. Der Begriff der Macht wird in der Literatur allerdings nicht einheitlich gesehen. Mit der Unterscheidung eines potenzial- und ergebnisorientierten Machtbegriffs haben sich hier zwei Sichtweisen etabliert, die ein grundlegend anderes Verstandnis des Machtbegriffs unterstellen.^^ Dabei versteht man Macht aus Sicht der potenzialorientierten Perspektive bereits als die Fahigkeit einer Person, andere Individuen in ihren Ansichten und Verhaltensweisen so zu beeinflussen, dass diese sich den eigenen Ansichten und Entscheidungsvorstellungen annahem. Dabei kommt es nicht auf die tatsachliche Nutzung der Macht an; es geht alleine um die Moglichkeit, die eine Person hat, um Macht auf andere Individuen auszuiiben.^^ Anders stellt sich die Situation beim ergebnisorientierten Machtbegriff dar. Hier wird Macht aufgefasst als das Ergebnis der tatsachlichen Einstellungs- und Verhaltensbeeinflussung. Nur Personen, die die ihr zur Verfiigung stehende Macht auch entsprechend zum Einsatz bringen und ausiiben, wird entsprechender Einfluss zugeschrieben. Unter dem Einfluss eines Individuums ist demnach die tatsachliche Veranderung des Gruppenentscheidungsergebnisses zu verstehen, die aus der Mitgliedschaft des Individuums am Entscheidungsprozess resultiert.^^ Neben den zahlreichen Vertretem, die explizit auf eine potenzial- und ergebnisorientierte Trennung des Machtbegriffs abzielen, fmden sich in der Literatur aber auch Autoren, die diese Aufteilung fur unzweckmafiig und letztlich irrelevant halten.^^ Als Begriindung fiihren sie dabei an, dass Individuen nicht erst durch die unmittelbare Konfrontation mit Macht, sondem haufig schon durch die alleinige Wahmehmung eines Machtpotenzials zu einer entspre-
Vgl. zur Unterscheidung von potenzial- und ergebnisorientiertem Machtbegriff z. B. Kohli, A. K./Zaltman, C. (1988), Measuring Multiple Buying Influences, S. 197 oder Bocker, F./Hubel, W. (1986), Individual's Influence within Multi Person Decision Units, S. 329. Zu den Vertreter eines potenzialorientierten Machtbegriffs gehoren beispielsweise Bocker, F./Hubel, W. (1986), Individual's Influence within Multi Person Decision Units; Corfman, K. P./Lehmann, D. R. (1987), Models of Cooperative Group Decision-Making and Relative Influence: An Experimental Investigation of Family Purchase Decisions; French, J. R./Raven, B. (1959), The Basis of Power. Vgl. zu wesentlichen Vertretem der ergebnisorientierten Sichtweise z. B. Katrichis, J. M./Ryan, M. J. (1998), An Interactive Power Activation Approach to Departmental Influence in Organizational Purchasing Decisions; Kohli, A. K./Zaltman, C. (1988), Measuring Multiple Buying Influences. Vgl. z. B. Brass, D. J./Burkhardt, M. E. (1993), Potential Power and Power Use: An Investigation of Structure and Behavior, S. 442.
24
Kapitel 2
chenden Verhaltensanderung veranlasst werden konnen.^"^ So kann es beispielsweise ausreichen, einen Mitarbeiter bzw. Kollegen durch entsprechende generelle Inaussichtstellung von Anreizen oder Androhung negativer Konsequenzen in seinem Verhalten zu beeinflussen, ohne dass die Macht ausubende Person dieses in jeder neu anstehenden Entscheidungsrunde wiederholen muss. Ein derartiges Machtverstandnis scheint auch der Analyse von Gruppenentscheidungen des Buying Centers gerecht zu werden, da es letztendlich nur auf das tatsachlich Entscheidungsverhalten der BC-Mitglieder ankommt, unabhangig davon, wodurch dieses motiviert ist. So kommt es fiir eine entsprechende Prognose von Gruppenentscheidungen nicht darauf an, ob eine Person ihr Verhalten auf Grund einer grundsatzlich moglichen oder tatsachlich ausgeiibten Machtwirkung anpasst. Entscheidend ist die mit der Machtausiibung verbundene Verhaltensanderung, da sich diese unmittelbar auf das Zustandekommen der Gruppenentscheidung auswirkt. Eine Eingrenzung des Machtbegriffs auf die tatsachliche Machtausiibung ware in jedem Fall zu kurz gedacht und wiirde eine wichtige Machtwirkung - namlich die, die von der Existenz eines Machtpotenzials ausgeht - vemachlassigen. Ubertragen auf die Entscheidungssituation im Buying Center gilt es mit Hilfe von Macht bei anderen Personen des Buying Centers bestehende Widerstande zu uberwinden, die z. B. hinsichtlich zu wahlender Problemlosungen oder Anbieter bestehen konnen. Das Ziel jedes Entscheidungsbeteiligten besteht im Grunde darin, die bei den anderen Gruppenmitgliedem vorliegenden Ansichten und Einstellungen derart zu verandem und zu beeinflussen, dass sich diese moglichst an seine eigenen Ansichten und Bediirfnisse anpassen. Damit ist Macht aber kein Merkmal einer Person, sondem ergibt sich vielmehr aufgrund einer Beziehung zwischen zwei oder mehreren Personen.
2.2.3.2.2
Grundlagen von Macht zur Ausiibung von Einfluss
Die zur Ausiibung von Einfluss auf andere Personen notwendige Macht muss ihrerseits wiederum durch entsprechende Grundlagen abgesichert sein. In der Literatur fmden sich dabei recht unterschiedliche Machtgrundlagen, die einer Person dazu verhelfen konnen, Macht auf andere Personen oder Personengruppen auszuiiben.^^ Folgende wesentliche Machtgrundlagen konnen unterschieden werden :^^
Vgl. Fliefi, S. (1999), Industrielles KaufVerhalten, S. 330 und das hier aufgefuhrte Beispiel eines Sachbearbeiters im Einkauf, der allein durch die Inaussichtstellung einer entsprechenden Gratifikation bei Unterschreitung der Budgets, harte Preisverhandlungen fuhren wird. Gelaufig ist in diesem Zusammenhang auch der Begriff „Machtbasis". Vgl. z. B. Fliep, S. (1999), Industrielles KaufVerhalten, S. 331. Vgl. zum Folgenden French, J. R./Raven, B. (1959), The Basis of Power; Fliefi, S. (1999), Industrielles KaufVerhalten, S. 33Iff. SOWXQ Kuhlmann, E. (2001), Industrielles Vertriebsmanagement, S. 36f.
Multipersonale Kaufentscheidungen auf Industriegutermarkten
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1. Belohnungsmacht Eine Person verfiigt iiber Belohnungsmacht, wenn sie dazu in der Lage ist, andere Personen fur bestimmte zuvor festgelegte Verhaltensweisen oder Aktivitaten zu belohnen oder aber negative Konsequenzen von anderen Personen femzuhalten bzw. abzuwenden. Inwieweit Belohnungen tatsachUch zu einer Verhaltensanderung auf Seiten des Beeinflussten fuhren, ist stark von der Glaubwurdigkeit des Beeinflussers abhangig. Es ist davon auszugehen, dass der Beeinflusste nur dann zu einer Verhaltensanpassung bereit sein wird, wenn er glaubt, die Belohnung auch wirklich zu erhalten. 2. Bestrafungsmacht Ahnlich wie die Belohnungsmacht stellt auch die Bestrafungsmacht eine Sanktionsmacht, allerdings mit genau entgegengesetzter Wirkung dar. Die Bestrafungsmacht kann dann zur Einflussnahme genutzt werden, wenn eine Person iiber die Moglichkeiten verfiigt andere Personen in eine Nachteilsposition zu versetzen, wobei dies grundsatzlich im okonomischen als auch sozialen Sinn moglich ist. Wiederum hangt die Verhaltensanpassung des Beeinflussten von seinen Vorstellungen und Erwartungen ab. Nur wenn der Beeinflusste die ihm gegenuber angedrohten Nachteile als relevant und deren Eintreffen als wahrscheinlich einstuft, wird er einer Verhaltensanpassung stattgeben. 3. Legitimationsmacht Eine Person verfugt iiber Legitimationsmacht, wenn andere Personen glauben, dass diese das Recht hat, ihren Einfluss auf andere Entscheidungsbeteiligte auszuiiben. Die Beeinflussten fuhlen sich bei Vorliegen von Legitimationsmacht aufgrund ihrer personlichen Wertvorstellungen verpflichtet, ihre Vorstellungen und Ansichten an denen des Beeinflussers auszurichten. Die Legitimation kann allgemein durch die unterschiedlichsten Griinde bedingt sein. Haufig sind es die hierarchische Position und das Alter einer Person oder einfach die Tatsache, der Person einen Gefallen schuldig zu sein, die dazu fiihren, dass dieser Person ein gewisser Einfluss zugesprochen wird. 4. Identifikationsmacht Eine Person verfiigt iiber Identifikationsmacht, wenn andere Personen ihr nacheifem, um ihr somit ahnlich zu sein. Damit iibt sie eine gewisse Vorbildfiinktion aus, die dazu fuhrt, dass andere Personen sich ihrer Verhaltensweisen anpassen. Dabei gilt es zu berticksichtigen, dass die Verhaltensanpassung des Beeinflussten ausschlieBlich dadurch motiviert ist, dem Beeinflusser ahnlich zu sein. Mogliche Reaktionen - beispielsweise durch Ausiibung der Sanktionsmacht - werden nicht beriicksichtigt. 5. Expertenmacht Eine Person kann ihren Einfluss iiber Expertenmacht geltend macht, wenn sie in bestimmten Wissensbereichen iiber relevante Wissensvorspriinge verfugt. Dabei ist es unabhangig, ob die
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Kapitel 2
Person tatsachlich uber entsprechende Wissensvorsprunge verfiigt. Es kommt lediglich auf die Wahmehmung eines Wissensvorsprungs bei den anderen Gmppenmitgliedem an. Zur Verhaltensanpassung bei den anderen kommt es demnach, wenn diese der Person eine gewisse Kompetenz einraumen. 6. Informationsmacht Eine Person verfiigt uber Informationsmacht, wenn sie Zugang zu oder die Kontrolle uber bestimmte Informationen bzw. Informationsquellen hat, die anderen nicht zuganglich sind. Je nach Quantitat und Qualitat dieser Informationen und der Frage, ob die anderen diese Informationen als entscheidungsrelevantes Wissen einordnen, werden sie sich beeinflussen lassen und ihr Verhalten entsprechend anpassen. 7. Abteilungsmacht Eine Person verfugt uber Abteilungsmacht, wenn sie einer Abteilung angehort, die Zugang zu Ressourcen hat, die anderen Abteilungen verschlossen sind. In diesem Fall farbt die Macht der Abteilung auf die Macht der dieser Abteilung zugehorigen Person ab. Lediglich aufgrund der Abteilungszugehorigkeit wird der Meinung der Person im Rahmen der zu treffenden Entscheidung groBeres Gewicht beigemessen. Unabhangig davon, auf welche dieser Machtbasis bzw. Machtbasen, die nicht vollig iiberschneidungsfrei sind, sich die Geltendmachung von Einfluss im Rahmen des Entscheidungsfmdungsprozesses stutzt, lasst sich festhalten, dass die Macht und damit der Einfluss einer Person umso groBer ist, je umfangreicher diese Person mit einer Machtbasis ausgestattet ist. Besonders einflussreich wird dabei eine Person sein, die ihren Einfluss gleich auf mehrere Machtbasen stiitzen kann.^^ Generell muss jedoch beriicksichtigt werden, dass die Ausiibung von Einfluss nur dann effektiv sein wird, wenn die gewahlte Machtbasis, uber die der Einfluss geltend gemacht wird, mit den Motiven korrespondiert, die die Beeinflussten verfolgen. Tabelle 1 veranschaulicht noch einmal die unterschiedlichen Machtbasen und ordnet diesen korrespondierende Motive der Beeinflussten zu, die diese ihrerseits wiederum verfolgen mussten, um sich zu einer Verhaltensanpassung bewegen zu lassen. Ubertragen auf die Entscheidungssituationen im Buying Center gilt es festzuhalten, dass die Einflussbeziehungen hier i. d. R. wechselseitig ausgepragt sein werden, d. h. die Entscheidungsbeteiligten werden uber verschiedene oder auch gleiche Machtbasen verfugen und hierauf gestutzt entsprechende Einflussnahmeversuche untemehmen. Uber den Erfolg der Ein-
Denkbar ist in diesem Zusammenhang z. B. ein personlich haftender Gesellschafter (Legitimationsmacht) eines kleinen oder mittelstandisclien Betriebes (Informationsmacht), der das Untemehmen selber gegriindet und aufgebaut hat (Expertenmacht), letztendlich fiir alle Personalfragen verantwortlich zeichnet (Belohnungs- und Bestrafungsmacht) und das Untemehmen zudem noch sehr erfolgreich fuhrt (Identifikationsmacht).
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Multipersonale Kaufentscheidungen auf Industriegutermarkten
flussnahme entscheiden schlieBlich die GroBe und Qualitat der Machtbasis sowie die Reaktionen des Beeinflussten hierauf. Machtbasis
Merkmale
Belohnungsmacht
Bedeutende Position in der Hierarciiie
Bestrafungsmacht
Wichtige Position in der Hierarcliie
Ressourcen
Mallnahmen im Kaufprozess
Macht Vorschlage Kontrolle uber Belohnungen, z.B. gekoppelt mit dem Versprechen zu Geld, belohnen Unterstutzung
Besitzt legitimierte Autoritatsposition, Legltimationsmacht durch legitimierte IViaRnaiimen gesiclierte Position
Motiv des Beeinflussten Wunscht Belohnungen
Kontrolle uber Bestrafungen, z.B. Entlassung, Entziehung von Anerl