Bomben, Wanzen und Intrigen. Amerikas Geheimdienste 3491724651, 9783491724655 [PDF]


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Table of contents :
Cover......Page 2
ABKÜRZUNGEN......Page 4
VORWORT......Page 9
EINFÜHRUNG......Page 19
TEIL I Ein Nachrichtendienst für die neue Weltor......Page 30
KAPITEL l EIN PLANET VOLLER BOMBEN UND RAKETEN......Page 31
KAPITEL 2 JAMES BOND AUF DEM GLOBALEN MARKTPLATZ......Page 59
KAPITEL 3 GEHEIMDIENSTE UND ÖKOLOGIE......Page 82
KAPITEL 4 SPIONE GEGEN VIREN......Page 112
TEIL II DIE STRATEGISCHE ORGANISATION DER NACHRICHTENDIENSTE: RISSE IN DER VORDERSTEN VERTEIDIGUNGSLINIE......Page 139
KAPITEL 5 DER DCI UND DER 800-PFUND-GORILLA......Page 140
KAPITEL 6 GELD FUR DIE SPIONE......Page 174
KAPITEL 7 INTERNATIONALE ZUSAMMENARBEIT DER GEHEIMDIENSTE......Page 205
TEIL III Intelligente Geheimdienstarbeit und ver......Page 235
KAPITEL 8 INTELLIGENTERE GEHEIMDIENSTE......Page 236
KAPITEL 9 DIE BALANCE ZWISCHEN FREIHEIT UND SICHERHEIT......Page 266
ANMERKUNGEN......Page 292

Bomben, Wanzen und Intrigen. Amerikas Geheimdienste
 3491724651, 9783491724655 [PDF]

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Zitiervorschau

Loch K. Johnson

Bomben, Wanzen und Intrigen Amerikanische Geheimdienste

scanned by unknown corrected by DrGonzo Die häufig für eine Gemeinschaft gehaltenen amerikanischen Geheimdienste sind eigentlich 13 voneinander unabhängige Institutionen. Ebendies führte in der Vergangenheit immer wieder zu tragischen Pannen. Im Konkurrenzkampf kommt die Qualität der Informationen zu kurz, ebenso wie durch politische Voreingenommenheit bzw. den Drang, dem Präsidenten die Informationen zu bescheren, die für ihn am angenehmsten sind. Objektivität scheint oft ein Fremdwort zu sein. Damit in Zukunft derartige Pannen - von denen der 11. September den Höhepunkt darstellte - vermieden werden können, müssen grundlegende Veränderungen in der Organisation der Geheimdienste vorgenommen werden - meint der Autor, der selbst einmal in einer Geheimdienstkommission arbeitete. ISBN 3-491-72465-1 Originalausgabe: Bombs, Bugs, and Thugs - Intelligence and America's Quest for Security Aus dem Amerikanischen von Axel Monte © 2002 Patmos Verlag GmbH

Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!!!

Backcover Die tragischen Terroranschläge vom 11. September 2001 haben uns völlig unvorbereitet getroffen. Es war das größte Versagen der Nachrichtendienste in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Wir müssen nun versuchen herauszufinden, warum wir auf dem falschen Fuß erwischt wurden und müssen unsere nachrichtendienstlichen Fähigkeiten verbessern - die vorderste Verteidigungslinie unseres Landes. Loch K. Johnson im Vorwort »Ein herausragendes Buch, tatsächlich die beste und aktuellste Untersuchung zur Organisation der amerikanischen Geheimdienste« H. Bradford Westerfield, Yale University

INHALT ABKÜRZUNGEN ...................................................................... 4 VORWORT ................................................................................ 8 EINFÜHRUNG......................................................................... 18 TEIL I Ein Nachrichtendienst für die neue Weltordnung......... 29 KAPITEL l EIN PLANET VOLLER BOMBEN UND RAKETEN ................................................................................ 30 KAPITEL 2 JAMES BOND AUF DEM GLOBALEN MARKTPLATZ........................................................................ 58 KAPITEL 3 GEHEIMDIENSTE UND ÖKOLOGIE .............. 81 KAPITEL 4 SPIONE GEGEN VIREN .................................. 111 TEIL II DIE STRATEGISCHE ORGANISATION DER NACHRICHTENDIENSTE: .................................................. 138 RISSE IN DER VORDERSTEN VERTEIDIGUNGSLINIE 138 KAPITEL 5 DER DCI UND DER 800-PFUND-GORILLA . 139 KAPITEL 6 GELD FUR DIE SPIONE.................................. 173 KAPITEL 7 INTERNATIONALE ZUSAMMENARBEIT DER GEHEIMDIENSTE ................................................................ 204 TEIL III Intelligente Geheimdienstarbeit und verantwortungsbewußte .......................................................... 234 KAPITEL 8 INTELLIGENTERE GEHEIMDIENSTE ......... 235 KAPITEL 9 DIE BALANCE ZWISCHEN FREIHEIT UND SICHERHEIT ......................................................................... 265 ANMERKUNGEN ................................................................. 291

ABKÜRZUNGEN CA: covert action; verdeckte Aktion CI: counterintelligence; Spionageabwehr CIA: Central Intelligence Service CIC: Counterintelligence Center; Center für Spionageabwehr des DCI CNC: Crime and Narcotics Center; Center für Drogen- und Verbrechensbekämpfung des DCI CTC: Counterterrorist Center; Center für Terrorismusbekämpfung des DCI DCI: Director of Central Intelligence; CIA-Direktor DEA: Drug Enforcement Administration; Antidrogenbehörde DEC: DCI's Environmental Center; Umweltcenter des DCI DIA: Defense Intelligence Agency; Militärischer Abschirmdienst DA: Directorate of Administration; Verwaltungsabteilung der CIA DI: Directorate of Intelligence; Analyseabteilung der CIA DO: Directorate of Operations; leitet die Spionageoperationen der CIA-Agenten DS&T: Directorate of Science and Technology; Abteilung für Wissenschaft und Technologie der CIA GAO: General Accounting Office; Aufsichtsgremium im Kongreß GRU: Militärischer Geheimdienst der Sowjetunion HPSCI: House Permanent Select Committee on Intelligence; Aufsichtsgremium für die Geheimdienste im Repräsentantenhaus HUMINT: human intelligence; Spionagetätigkeit der Agenten IMINT: imagery intelligence; Photospionage

INR: Bureau of Intelligence and Research; Nachrichtendienst des Außenministeriums KGB: Sowjetischer Geheimdienst MEDEA: Das Umweltforschungsprogramm der CIA Mossad: Israelischer Geheimdienst NGO: Non-Governmental Organization; Nichtregierungsorganisation NIC: National Intelligence Council; Gremium der ranghöchsten Analysten der CIA NIMA: National Imagery and Mapping Agency; Nationale Bildund Kartenbehörde des Verteidigungsministeriums, wertet Satellitenbilder aus NIO: National Intelligence Officer; Mitglied des NIC NPC: Nonproliferation Center; Center des DCI für die Nichtweiterverbreitung strategischer Waffen NPIC: National Photographic Interpretation Center; Zentrum für Bildanalyse, ehemals CIA, jetzt Teil der NIMA NRO: National Reconnaissance Office; Nationales Büro für Aufklärung, Verteidigungsministerium, betreibt Spionagesatelliten NSA: National Security Agency; Nationale Sicherheitsbehörde, Verteidigungsministerium, sammelt elektronische Informationen (z. B. Abhörmaßnahmen) NSC: National Security Council; Nationaler Sicherheitsrat des Präsidenten OMB: Office of Management and Budget; Aufsichtsbehörde des Weißen Hauses OTI: Office of Transnational Issues; Büro für Transnationale Angelegenheiten, CIA SIGINT: signals intelligence; akustische Spionage, z. B. Abhörmaßnahmen

SMO: support to military operations; Unterstützung der Geheimdienste für Militäreinsätze SSCI: Senate Select Committee on Intelligence; Aufsichtsgremium für die Geheimdienste im Senat TECHINT: technical intelligence; Spionage durch technisches Gerät

Für Harry How Ransom, meinem lieben Freund und Mentor; und für Kristin, meine Tochter und eine außergewöhnliche junge Wissenschaftlerin

VORWORT Das Entscheidende an der Außenpolitik ist dies: Es gibt viele wichtige Ziele. Demokratie ist eines davon, Sicherheit ein anderes, Wohlstand ein weiteres und Umwelt noch ein weiteres. Also muß man darauf achten, daß man jederzeit allen Zielen Nachdruck verleiht. Henry A. Kissinger in einem Interview mit Suchichai Yoon, Nation, Bangkok Newspaper, 8. März 1999, A5. Die tragischen Terroranschläge vom 11. September 2001 gegen das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington, DC, haben uns völlig unvorbereitet getroffen. Es war das größte Versagen der Nachrichtendienste in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Wir müssen nun versuchen herauszufinden, warum wir auf dem falschen Fuß erwischt wurden, und unsere nachrichtendienstlichen Fähigkeiten verbessern - die vorderste Verteidigungslinie unseres Landes. Dieses Buch, das einige Monate vor den Anschlägen veröffentlicht wurde, befaßt sich mit der Bedrohung durch Terroristen und andere Gefahren, denen die Vereinigten Staaten ausgesetzt sind. Im Lichte der Ereignisse vom 11. September und der andauernden terroristischen Bedrohung ist die Notwendigkeit, den nachrichtendienstlichen Schutzschild zu stärken, noch dringender geworden. Die Tätigkeit der Nachrichtendienste, durch die wir Informationen gewinnen und bewerten, die unser Land vor Gefahren schützen können, ist ein Prozeß, der aus mehreren Phasen besteht: von der Planung über das Sammeln von Informationen bis hin zu ihrer Verarbeitung, Analyse und Verbreitung. Wenn die Vereinigten Staaten zukünftige terroristische Anschläge erfolgreich vereiteln wollen, dann werden wir umfangreiche Reformen vornehmen müssen, um die -8-

Schwächen in jeder einzelnen dieser Phasen zu beseitigen. Die Planungsphase beinhaltet die Entscheidung, welche Staaten und Gruppen im Ausland und zu Hause nachrichtendienstlich überwacht werden sollen. Zu Beginn jeder Legislaturperiode arbeiten die Beamten des Weißen Hauses mit dem Direktor der Central Intelligence (dem DCI, der den 13 Nachrichtendiensten vorsteht) zusammen, um eine „Einschätzung der Gefahrenlage“ vorzunehmen - eine Auflistung der größten Bedrohungen, denen sich die USA ausgesetzt sehen. Diese Beamten legen dann fest, wieviel Geld aus dem jährlichen Budget der Nachrichtendienste (ungefähr 30 Milliarden Dollar vor den Anschlägen vom September) auf jedes der Beobachtungsziele verwendet wird. Diese Planungsphase ist von entscheidender Bedeutung. Wenn ein Ziel nicht von Anfang an in die Prioritätenliste in Washington aufgenommen wird, dann werden diejenigen, die für die Sammlung von Informationen verantwortlich sind, ihm wahrscheinlich nur wenig Aufmerksamkeit widmen. Während des Kalten Krieges konzentrierten sich die Vereinigten Staaten vor allem auf Informationen über die Sowjetunion und andere kommunistische Staaten. Darüber wurden unauffälligere, vermeintlich weniger wichtige Ziele wie Afghanistan und der Rest Südasiens vernachlässigt (wir wurden von der Feindseligkeit gegenüber den USA überrascht, die von den Taliban an den Tag gelegt wurde, und auch vom indischen Atomwaffentest 1998). Dem Terrorismus wurde von den Nachrichtendiensten nach Ende des Kalten Krieges zwar eine immer höhere Priorität eingeräumt, aber bis zum 11. September war er nur eine unter vielen Aufgaben, die die Kapazitäten der US-Nachrichtendienste beanspruchten, neben Nordkorea, Irak, Iran, China und Rußland (dessen riesiges Arsenal von Atomwaffen die Aufmerksamkeit der Beamten in Washington auf sich lenkte). Jetzt nimmt der Terrorismus auf der Liste der Bedrohungen in -9-

Amerika die erste Stelle ein, was zu einer großen Konzentration unserer weltweiten nachrichtendienstlichen Aktivitäten zunächst auf Osama Bin Laden und seinem al-Qaida Netzwerk führt, dann aber auf terroristische Organisationen insgesamt ausgedehnt werden muß. Die Phase des Sammelns von Informationen geriet während des Kalten Krieges ebenfalls in eine Schieflage, die Amerikas Fähigkeiten zur Abwehr des Terrorismus weiter schwächte. Überwältigt von den technischen Möglichkeiten der Satelliten und Aufklärungsflugzeuge (U-2, SR-21s und die unbemannten Fluggeräte UAV), lenkten die Beamten den Großteil des Budgets in Überwachungstechnik, mit der man sowjetische Panzer und Raketensilos photographieren und Telefongespräche in kommunistischen Hauptstädten belauschen konnte. Die menschlichen Spionagenetzwerke wurden zum vernachlässigten Stiefkind der Nachrichtendienste. Technisches Gerät hat sicher seinen Platz in Amerikas Spionageabwehr, und es spielt gegenwärtig eine wichtige Rolle in Afghanistan, wo Satelliten über den Bergen schweben und Photos machen und UAVs auf der Suche nach Terroristen der al-Qaida und ihren Taliban-Komplizen in die Täler vordringen. Aber Maschinen können nicht in Höhlen hineinschauen oder durch Zeltdächer und Lehmwände der Hütten hindurchblicken, in denen sich die Terroristen versammeln, um ihre tödlichen Anschläge zu planen. Man benötigt einen Geheimagenten im Lager des Feindes, um an diese Art von Information heranzukommen - und das ist die einzige Art von Information, die uns frühzeitig vor zukünftigen Anschlägen warnen kann. Die Arbeit mit Agenten (HUMINT, human intelligence) bleibt der Schlüssel zum Schutz der Vereinigten Staaten vor Terroranschlägen. Es braucht jedoch Zeit, um Agentennetzwerke aufzubauen, und erst kürzlich hat der DCI eine große Rekrutierungskampagne gestartet, um Amerikaner mit -10-

Sprachkenntnissen und Wissen über Afghanistan und andere Teile der Welt, die von den Vereinigten Staaten lange ignoriert wurden, für die CIA anzuwerben. Offiziere mit derlei Fähigkeiten werden benötigt, die im Ausland vor Ort Agenten rekrutieren, die dann die eigentliche Spionagearbeit für die CIA betreiben. Die Anschläge vom September werden diese Anstrengungen noch verstärken, auch wenn es sich als schwierig erweisen mag, amerikanische Staatsbürger ausfindig zu machen, die Paschto, Arabisch oder Persisch sprechen können und für die Nachrichtendienste arbeiten möchten - in Auslandseinsätzen unter wenig luxuriösen (und manchmal gefährlichen) Umständen und bei nur bescheidenem Sold. Als der Direktor der National Security Agency (die nationale Sicherheitsbehörde NSA, die weltweit elektronisch Informationen sammelt) kürzlich gefragt wurde, was seine größten Probleme seien, antwortete er: „Es sind drei: die Verarbeitung der Informationen, die Verarbeitung der Informationen und die Verarbeitung der Informationen.“ In dieser dritten Phase werden Informationen aus ihrem „Rohzustand“ - das heißt ihrer Originalsprache (vielleicht Persisch), einem Geheimcode oder den obskuren Details eines Satellitenphotos - in englischen Klartext übertragen. Die Hauptschwierigkeit ist die schiere Menge an Informationen, die den Behörden der Geheimdienste zufließt, besonders von technischem Gerät weltweit. Ein ehemaliger Geheimdienstler erinnert sich, daß er sich oft gefühlt hat, als würde man einen Feuerwehrschlauch an seinen Mund halten. Hunderte von Satellitenphotos werden täglich an die Vereinigten Staaten gesendet, zusammen mit Tausenden von nicht übersetzten Telefonmitschnitten. Bei dieser Flut von Material zu sichten und zu bestimmen, was wichtig ist und was nicht, wurde es manchmal versäumt, die richtigen Schlüsselinformationen rechtzeitig herauszufiltern. Die -11-

CIA könnte gut etwas Hilfe von den Computer-Wunderknaben in Seattle und im Silicon Valley gebrauchen, um die Informationsflut schneller verarbeiten zu können. Sobald die Informationen verarbeitet sind, muß man sie genau studieren, um Erkenntnisse über die Absichten der Gegner zu gewinnen. Dieser vierte Schritt wird Analyse genannt und ist das Herz der Arbeit der Nachrichtendienste. Wenn die CIA nicht in der Lage ist, aus all den Informationen verläßliche Erkenntnisse zu gewinnen, dann sind alle vorangehenden Schritte null und nichtig. Es ist eine Sache, zu entdecken, daß sich eine Gruppe von Terroristen in Kuala Lumpur getroffen hat, aber was die Verantwortlichen in der Politik wissen wollen, ist, warum das Treffen stattgefunden hat. Welche Bedeutung hat es für die Sicherheit Amerikas? Eine gute Analyse ist darauf angewiesen, die besten Köpfe zusammenzubringen, um die weltweiten Ereignisse und die Lage aufgrund von öffentlich zugänglichem Wissen und von geheimem Material, das dem Gegner entwendet wurde, zu beurteilen. Auch hier besteht das Hauptproblem darin, gebildete Amerikaner für die Nachrichtendienste zu rekrutieren, die profundes Wissen über Politik, Wirtschaft, Kultur und militärische Gegebenheiten von Gegenden wie Afghanistan und dem Sudan besitzen. Die CIA und die anderen Nachrichtendienste bemühen sich darum, ihre Ressourcen von der kommunistischen Welt auf die vergessenen Teile der Welt umzudirigieren, aber genau wie der Aufbau von neuen Spionageringen braucht die Ausbildung von hervorragenden Analysten Zeit. Schließlich müssen die Informationen an diejenigen weitergeleitet werden, die im Namen der Vereinigten Staaten Entscheidungen treffen. Das mag simpel erscheinen, aber diese Phase birgt viele Fehlerquellen. Die Informationen müssen fünf wesentliche Merkmale aufweisen, um brauchbar zu sein: Relevanz, Aktualität, Genauigkeit, Breite und Unverfälschtheit. -12-

Relevanz ist unerläßlich. Wenn Informationen nicht dazu geeignet sind, die Feuer zu löschen, gegen die die Politiker kämpfen, dann werden sie ignoriert. Analysen der Wahlen in Polen haben auch ihre Berechtigung, aber das Weiße Haus verlangt vor allem Erkenntnisse über die Entwicklung der andauernden politischen und militärischen Operationen in Afghanistan. Häufig befinden sich die Informationen nicht im Gleichschritt mit den wichtigen Themen der Politik, weil Analysten sich zu sehr um ihre eigenen Forschungsinteressen kümmern (zum Beispiel den Zustand der Volksarmee in der Mongolei), was auf Kosten anderer Themen geht, die für die Entscheidungsträger von größerer Bedeutung sind. Die Kriegserklärung des Weißen Hauses gegenüber der al-Qaida, den Taliban und dem weltweiten Terrorismus wird dabei helfen, die Arbeit der Nachrichtendienste besser auszurichten - oder die Verantwortlichen werden ihren Job verlieren. Aktualität ist ebenfalls von grundlegender Bedeutung. Das Schlimmste, was einem Analysten passieren kann, ist, daß seine Berichte von den Ereignissen längst überholt wurden. Berichte über Aufenthaltsorte von Terroristen haben ein besonders kurzes Verfallsdatum, wie wir erkennen mußten, als die Vereinigten Staaten Cruise Missiles auf das Lager von Bin Laden in Zhawar Kili in der afghanischen Provinz Paktia abfeuerten, um dann festzustellen, daß er Stunden zuvor das Lager verlassen hatte. Entscheidend ist auch die Genauigkeit der Informationen. Einer der peinlichsten Fehler unterlief den Nachrichtendiensten 1999, als die CIA die chinesische Botschaft in Belgrad irrtümlich als Waffenlager identifizierte, was zur Bombardierung des Gebäudes durch die NATO und zum Tod von chinesischen Diplomaten führte. Die Informationen müssen auch umfassend sein, auf alle dreizehn Nachrichtendienste gestützt und zu einem bedeutsamen Ganzen zusammengefaßt werden. Damit berührt man das verzwickte Problem der Aufsplitterung innerhalb der -13-

sogenannten „Gemeinschaft“ der Nachrichtendienste (eine Fehlbezeichnung, solange diese Dienste nicht wirklich miteinander kooperieren). Die einzelnen Behörden benehmen sich oft mehr wie mittelalterliche Lehnsherrn und nicht wie ein Netz von Organisationen, das bestrebt ist, den Präsidenten mit den bestmöglichen Informationen aus aller Welt zu versorgen. Eine der dringendsten Reformen der Nachrichtendienste ist die Stärkung des Status und der Macht des DCI, damit er (oder sie) tatsächlich über alle Geheimdienste verfügen kann. Gegenwärtig hat der DCI keine Befugnisse über Budget und Personalentscheidungen bei der NSA und anderen Behörden. Als Folge davon bleibt das Ziel eines geeinten Nachrichtendienstes, das Präsident Harry S. Truman vorschwebte, als er die Central Intelligence Agency gründete, unerreicht. Die Arbeit der Nachrichtendienste muß auch frei sein von politischer Färbung. Es wird von einem Analysten erwartet, daß er die Fakten in objektiver Art und Weise beurteilt. Normalerweise halten sich die Offiziere der Nachrichtendienste an dieses Ethos, aber manchmal geben sie dem Druck des Weißen Hauses nach und produzieren „gefällige Informationen“, die die politische Agenda des Präsidenten bestätigen, statt eine oft unbequeme Realität aufzuzeichnen, die das Versagen der Regierungspolitik belegt. Bei den Nachrichtendiensten kann vieles schieflaufen - und das tut es auch. Wenn sie im neuen Krieg gegen den Terrorismus funktionieren sollen, dann müssen in der Planungsphase die richtigen Ziele benannt und die entsprechenden Mittel gegen sie eingesetzt werden; bei der Beschaffung von Informationen muß das richtige Verhältnis von Technik und Agenten (vor allem letztere) eingesetzt werden, und sie müssen den Terroristen eng beschatten. Die Verarbeitung muß schneller erfolgen und noch effizienter die -14-

Spreu vom Weizen trennen. Die Analysten benötigen ein tieferes Verständnis von den Ländern, die Terrorzellen beherbergen, außerdem ein besseres Wissen darüber, wie Terroristen funktionieren. Und am Ende der Kette müssen die Offiziere der Nachrichtendienste ihre Anstrengungen verdoppeln, die Politiker rechtzeitig mit sachdienlichen Informationen zu versorgen, die verläßlich sind, aus den Quellen aller Dienste stammen und objektiv sind. Die politischen Entscheidungsträger müssen auch die Courage besitzen, sich die Wahrheit anzuhören, statt sie beiseite zu wischen, so wie Präsident Lyndon B. Johnson es mit den Geheimdienstberichten tat, die ihm schlechte Nachrichten über den Krieg in Vietnam brachten. Das ist eine große Aufgabe angesichts der umfangreichen weltweiten Verantwortung und Interessen Amerikas. Orte wie Ruanda und Somalia können an einem Tag höchst wichtig erscheinen und am nächsten wieder nicht. Neue Krisenherde tauchen unvermittelt auf und verlangen Aufmerksamkeit. Zumindest beim Terrorismus ist den Amerikanern schmerzhaft bewußt geworden, daß diese Bedrohung eine bösartigere Form angenommen hat und daß es einer langen, geduldigen Anstrengung bedarf, ihn zu besiegen. Es ist ein neuer weltweiter Krieg gegen einen besonders heimtückischen, gespenstischen Feind, der im verborgenen operiert und mit einer stärkeren Unterstützung von Amerikas Geheimdiensten zur Strecke gebracht werden muß, als jeder andere Krieg sie erfordert hat. Genauso wie das Pentagon sich darauf eingestellt hat, diesen Krieg mit einem breiten Spektrum an Waffen, Truppen und Taktiken zu fuhren, müssen die Nachrichtendienste für eine verbesserte Planung, Sammlung, Verarbeitung, Analyse und Weiterleitung von Informationen über terroristische Ziele sorgen. Die Amerikaner müssen sich daher auf weitere Fehler einstellen, weil das Land niemals perfekte Informationen über -15-

die Aktivitäten aller Gegner und Schurken in dieser Welt erlangen kann. Wir haben erfahren, wie schlau Feinde sein können, und wie viele Zufluchtsorte ihnen bereitstehen. Und dennoch verfügen die Vereinigten Staaten über die weltweit größten und effektivsten Nachrichtendienste der Geschichte. Sie haben unnachgiebig den Top-Terroristen Carlos gejagt und im Sudan gefaßt, ebenso den Rädelsführer des Bombenanschlags auf das World Trade Center von 1993, die beiden libyschen Geheimdienstoffiziere, die für das Attentat von Lockerbie für schuldig erklärt wurden, die Führer des Leuchtenden Pfades in Peru, und den Pakistani (Mir Aimal Kansi), der zwei Beamte der CIA in der Nähe des Hauptquartiers der Behörde in Karatschi ermordet hatte. Und sie werden auch diejenigen zu fassen bekommen, die hinter den schrecklichen Anschlägen des 11. Septembers stehen. Es ist also noch viel Arbeit zu tun, um die Geheimdienste zu verbessern, damit doch etwas Gutes aus dieser nationalen Tragödie entstehen kann. Die USA arbeiten noch immer unter dem antiquierten nationalen Sicherheitsgesetz von 1947. Es sind neue Initiativen notwendig, um den tückischen Feind zu bekämpfen, dem wir uns in der postkommunistischen Welt gegenübersehen. Wir müssen mit der Konsolidierung der Nachrichtendienste unter der Kontrolle eines gestärkten DCI beginnen, der den Kontrollausschüssen des Kongresses gegenüber verantwortlich ist. Ein DCI mit der entsprechenden Machtbefugnis kann wiederum die neue Behörde für Landesverteidigung mit der Art von relevanten, aktuellen, genauen und objektiven Informationen versorgen, die man so dringend vor den Anschlägen auf New York und Washington gebraucht hätte. Auch muß der Analyse in den Nachrichtendiensten ein größeres Gewicht zukommen. Das kann dadurch geschehen, daß mehr Analysten eingestellt werden, die Sprachkenntnisse, Erfahrung und Wissen über die Welt haben, die jenseits von -16-

Rußland und Europa liegt. Die Analysten müssen besser bezahlt werden, es müssen ihnen Möglichkeiten zu Reisen und zu Auslandsaufenthalten eingeräumt werden, statt daß man sie im Hauptquartier vor ihren Computern festbindet. Weiterhin müssen die Analysten ermutigt werden, sich intensiver mit Wissenschaftlern von den Universitäten und den think tanks auszutauschen und ihre Artikel (natürlich ohne vertrauliches Material) in relevanten akademischen Zeitschriften zu veröffentlichen. Sie sollten ebenfalls an mehr akademischen Konferenzen über das Weltgeschehen teilnehmen und mehr Wissenschaftler dazu einladen, sich an den internen Diskussionen in der CIA über internationale Fragen zu beteiligen. Es sollten häufiger Außenstehende dazu eingeladen werden, Berichte für die obersten Entscheidungsträger zu verfassen, oder Kritiken über die Berichte der CIA - wenn auch unter dem Vorbehalt, daß Ideologen, die persönliche politische Interessen verfolgen, gemieden werden sollten. Zusätzlich würden zukünftige Präsidenten gut daran tun, einen führenden Analysten als CIA-Direktor zu benennen. Damit würde ein Zeichen gesetzt, daß die Analyse zentral für gute Entscheidungsfindungen in der amerikanischen Außenpolitik ist. Gibt es einen besseren Zeitpunkt als den jetzigen, um die nachrichtendienstlichen Defizite zu korrigieren, die die verheerenden Anschläge gegen Amerika ermöglicht haben? Es ist jedoch unwahrscheinlich, daß große bürokratische Apparate sich selbst reformieren. Dazu wird eine Initiative aus dem Weißen Haus notwendig sein. Wird Präsident George W. Bush sich die Zeit nehmen und die Entschlossenheit zeigen, um die notwendigen Veränderungen anzustoßen? Die Ereignisse vom 11. September werden ihm keine andere Wahl lassen.

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EINFÜHRUNG „Es ist sicher nichts vernünftiger und logischer als die Vorstellung, daß die nationale Sicherheitspolitik sich auf die umfassendsten und exaktesten verfügbaren Informationen stützen sollte; aber der Kalte Krieg hat ein nachrichtendienstliches Frankensteinmonster hervorgebracht, das jetzt zerlegt, umgestaltet und rationalisiert werden muß, und die Dienste müssen gegenüber den Volksvertretern offen Rechenschaft ablegen.“ Harry Howe Ransom, „Reflections on Forty Years of SpyWatching”, 1994 DIE BEDEUTUNG DER NACHRICHTENDIENSTE „Ich beginne jeden Tag mit den Berichten der Nachrichtendienste“, bemerkte Präsident Bill Clinton einmal. „Die Informationen, die ich erhalte, bilden die Grundlage für alle außenpolitischen Entscheidungen, die wir treffen.“1 Die Nachrichtendienste haben die Entscheidungen der meisten Präsidenten beeinflußt, und während des Kalten Krieges haben sie eine (mal mehr und mal weniger hilfreiche) Schlüsselrolle gespielt. Unter anderem bei dem riskanten Einsatz amerikanischer Truppen am Jalu während des Koreakrieges (1950-53), dem Fiasko in der kubanischen Schweinebucht 1961, der Kubakrise von 1962 und bei dem Bergungsversuch der Mayaguez im Südchinesischen Meer 1975. Ungeachtet einer wachsenden Zahl von Studien, die über Nachrichtendienste geschrieben werden, vermischen sich die Vorstellungen über das Thema in der Öffentlichkeit mit der Phantasiewelt der JamesBond-Romane von Ian Fleming. Um dieser Verwirrung entgegenzuwirken, betont dieses Buch die wichtige Rolle, die die realen Nachrichtendienste in der gegenwärtigen amerikanischen Außenpolitik spielen. -18-

Die Geheimdienste zu dirigieren stellt für die amerikanische Regierung eine große Herausforderung dar. 1947 sprach sich Präsident Harry S. Truman für eine stärkere Koordinierung des amerikanischen Spionageapparates aus. Es sollte nicht mehr zu Überraschungsangriffen kommen, wie den auf Pearl Harbor, der beinahe die gesamte Pazifikflotte zerstört hatte. Diese Hoffnung auf besser abgestimmte nachrichtendienstliche Erkenntnisse über die weitweiten Ereignisse ist im wesentlichen unerfüllt geblieben, sie wurde durch die Rivalitäten bürokratischer Fraktionen innerhalb der „Gemeinschaft“ der Nachrichtendienste vereitelt. DIE NACHRICHTENDIENSTE Die Gemeinschaft der nationalen Nachrichtendienste - eine Fehlbezeichnung, denn es hat nie eine gegeben - setzt sich aus der Central Intelligence Agency (die CIA oder einfach die „Agency“) und einem Dutzend anderer Einrichtungen zusammen, die im Auftrag der Bundsregierung zumeist verdeckte Aktivitäten durchführen (siehe Tafel). Diese Organisationen sind für drei grundlegende Aufgaben zuständig: Sammlung und Interpretation („Analyse“) von Informationen aus aller Welt; Schutz der Geheimnisse der US-Regierung gegen feindliche Nachrichtendienste und andere Spione („Spionageabwehr“); und die verdeckte Manipulation von Ereignissen in fremden Ländern zur Wahrung amerikanischer Interessen mit den Mitteln der Propaganda, politischer Aktivitäten, ökonomischer Störaktionen und paramilitärischer Operationen (zusammenfassend als „verdeckte Aktionen“ oder „spezielle Aktivitäten“ bezeichnet). Die Sammlung von Informationen erfolgt durch technische Mittel (zum Beispiel Satelliten und Aufklärungsflugzeuge oder TECHINT, technical intelligence, wie der Fachausdruck lautet); -19-

durch menschliche Akteure (die klassische Spionage oder HUMINT human intelligence); und durch das Sichten von Informationen, die öffentlich zugänglich sind (Zeitungen, öffentliche Reden und ähnliches, manchmal OSINT open source intelligence genannt). Von den dreizehn nachrichtendienstlichen Organisationen der Vereinigten Staaten fallen acht in den Bereich des Verteidigungsministeriums. Dazu gehören die vier militärischen Geheimdienste (Armee, Marine, Luftwaffe und die Spezialeinheiten der Marines), die sich hauptsächlich mit dem Sammeln taktischer Informationen für Kampfeinsätze befassen, ebenso wie der militärische Abwehrdienst (Defense Intelligence Agency, DIA), der die HUMINT-Dienste des Ministeriums organisiert (durch ein militärisches Spionagenetzwerk im Ausland) und Informationen für das militärische und zivile Personal der Kommandokette im Pentagon auswertet. Andere militärische Nachrichtendienste sind die National Security Agency (Nationale Sicherheitsbehörde, NSA), die Codebrecher der Nation und Überwacher weltweiter elektronischer Übertragungen (signal intelligence oder SIGINT) - sie halten danach Ausschau, was sich irgendwo in der Welt möglicherweise ereignen kann; das National Reconnaissance Office (Nationales Büro für Aufklärung, NRO), das für Bau und Start von Spionagesatelliten und ihre Überwachung verantwortlich ist; und die Nationale Bild- und Kartenbehörde (National Imagery and Mapping Agency, NIMA), die für die Auswertung von Satellitenbildern zuständig ist (imagery intelligence, IMINT). Außerdem fertigt die NIMA, die neueste Nachrichtenbehörde, Weltkarten an, die von den Krisenmanagern im Weißen Haus bis zu den Kampfpiloten und Fußsoldaten in der Schlacht benutzt werden (sie liefern auch die Zielkoordinaten, die in die Elektronengehirne der Cruise Missiles und anderer „intelligenter“ Waffen programmiert werden). Wie wichtig eine -20-

exakte Kartographierung ist, zeigte sich 1999 im Krieg auf dem Balkan. Veraltetes Kartenmaterial über Belgrad gelangte aus den Händen der Analysten der Nachrichtendienste ins Cockpit eines B-2-Bombers der NATO, der auf dem Weg in die jugoslawische Hauptstadt war. In der Meinung, daß es sich bei einem falsch identifizierten Gebäude um ein Waffenlager handele, entlud er einen Teil seiner Bombenfracht über etwas, das sich später als die chinesische Botschaft entpuppte. Vier Ministerien verfügen über Nachrichtendienste, die nicht zum Bereich der Verteidigung gehören. Das Energieministerium hat einen Dienst, der den weltweiten Fluß von radioaktiven Material verfolgt, und eine andere, ganz neue Organisation, die die Sicherheit in den Waffenlaboratorien verbessern soll; das Außenministerium, dessen Bureau of Intelligence and Research (INR) dem Außenminister und dem diplomatischen Corps zu Diensten ist und vor allem die politischen Berichte von Botschaftsangehörigen analysiert; das Finanzministerium, das Abteilungen innerhalb des Secret Service und der Finanzämter (Internal Revenue Service, IRS) führt; und das Justizministerium, bei dem das Corps für Spionageabwehr des FBI (Federal Bureau of Investigation) und die nachrichtendienstliche Abteilung der nationalen Drogenbehörde (Drug Enforcement Administration, DEA) angesiedelt ist.

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Schließlich ist die CIA eine institutionell unabhängige Behörde, die weder in den organisatorischen Rahmen des Pentagons noch in den eines der anderen Ministerien eingebunden ist (obwohl sie strategische militärische Daten im Ausland sammelt und analysiert, zusätzlich zu ihrer Verantwortung für ein breites Spektrum von nichtmilitärischen Aufgaben). Die CIA genießt in der Gemeinde der Nachrichtendienste eine besondere Stellung, -22-

weil sie schon 1947 vor den meisten anderen Behörden gegründet wurde. Und was noch wichtiger ist, das Büro des Leiters der Gesamtheit der Nachrichtendienste - der Direktor der Central Intelligence - befindet sich im siebten Stock des CIAHauptquartiers in Langley in Virginia, unweit von Washington, DC. Die CIA befindet sich auf einem großen, mit Bäumen bestandenen, campusartigen Gelände am Westufer des Potomac. Es ist von elektrischen Stacheldrahtzäunen umgeben, vor denen Wachleute in dunkelblauen Uniformen mit strenger Miene patrouillieren, sie tragen schwarze Pistolen im Halfter und werden von Schäferhunden begleitet. Der DCI hat in der Nachbarschaft zum Weißen Haus im Old Executive Office Building ein weiteres Büro, aber außer bei den gelegentlichen Treffen mit dem Beraterstab des Präsidenten verbringt er dort nur wenig Zeit. HÖHEN UND TIEFEN DER NACHRICHTENDIENSTE Ungeachtet der enormen Kosten zum Unterhalt dieses Informationssystems - das größte, was jemals zur Unterstützung einer Nation gegründet wurde - haben diese Behörden manchmal einen blinden Fleck, was wichtige Weltereignisse betrifft. Die folgende Liste führt einige Ereignisse der jüngsten Vergangenheit auf, von denen die amerikanischen Nachrichtendienste überrascht wurden: - 1999 testete Nordkorea eine dreistufige Rakete. - 1998 versuchte Nordkorea, einen Überwachungssatelliten im All zu stationieren. - Die Bombenattentate auf die amerikanischen Botschaften in Kenia und Tansania im Jahre 1998. - Die Atomwaffentests von Indien und Pakistan im Jahre 1998 -23-

-“Das war ein Tritt in den Hintern für uns“, wie ein altgedienter Geheimdienstoffizier kläglich eingestand.2 - Gerhard Schröders Wahl zum Bundeskanzler im Jahre 1998 (die CIA hatte einen Sieg Helmut Kohls vorausgesagt). - Die Bombardierung eines amerikanischen militärischen Appartement-Komplexes in Dhahran in Saudi-Arabien 1996. - Die Bedrohung durch die japanische Sekte Aum Shinrikyo, die im März 1995 in Tokio einen Giftgasanschlag auf die UBahn unternahm und auch plante, amerikanische Städte zu attackieren. - Das umfangreiche Programm zur Herstellung nuklearer, chemischer und biologischer Waffen von Iraks Präsident Saddam Hussein, das erst nach dem Golfkrieg entdeckt wurde. Eine der unabänderlichen Tatsachen des Lebens ist, daß kein Nachrichtendienst, egal wie groß oder teuer er ist, über alle Vorgänge in der Welt Bescheid wissen kann. Außerdem sind Staaten und terroristische Gruppen sehr geübt darin, ihre Aktivitäten geheimzuhalten. Dennoch kann viel getan werden, um die Fehler der Nachrichtendienste zu reduzieren und sich besser vor Bedrohungen aus dem Ausland zu schützen. Die Nachrichtendienste haben auch Erfolge gehabt. Ein alter Geheimdienstoffizier hat ganz richtig gesagt: „Wir spielen in einer anderen Liga, verglichen mit jeder anderen Nation in der Welt dank unserer Satelliten und SIGINT.“3 Die Satelliten liefern aus dem All aufgenommene Photos, zum Beispiel hochauflösende Bilder feindlicher Truppen und Waffen, und Abhörspezialisten können verräterische Gespräche mitschneiden, die von Leuten geführt werden, die den Vereinigten Staaten schaden wollen. Aber auch wenn sie Leben retten (das ist der Hauptzweck der Nachrichtendienste), bleiben diese Erfolge zumeist unbesungen, weil die Nachrichtendienste versuchen, erfolgreiche Methoden, die sie auch gegen zukünftige Bedrohungen wieder einsetzen wollen, zu -24-

verheimlichen. Dennoch sind einige Erfolge an die Öffentlichkeit gedrungen, einschließlich der Gefangennahme von mehr als fünfzig international gesuchten Terroristen in den vergangenen fünf Jahren; die erfolgreiche Unterstützung für amerikanische Militäreinsätze am Persischen Golf, in Bosnien und im Kosovo; die Zerschlagung des Drogenkartells von Cali; die Störung der Aktivitäten Osama Bin Ladens; und die erfolgreichen Bemühungen, einen Krieg zwischen der Türkei und Griechenland zu verhindern.4 Die genaue Überwachung der militärischen Aktivitäten der Sowjetunion mag jedoch (neben der atomaren Abschreckung) dazu beigetragen haben, daß der Kalte Krieg nicht zu einem thermonuklearen Krieg explodierte das ist der wichtigste Beitrag dieser Dienste seit ihrer Gründung. Die Bilanz der Nachrichtendienste weist also Einträge auf der Soll- und Habenseite auf. Es wird nicht einfach sein, das Soll im 21. Jahrhundert zu reduzieren, da Amerikas derzeitiger Vorsprung bei der Satellitenüberwachung rapide schmilzt. 1999 wurde ein ziviler Aufklärungssatellit ins All geschossen, der fast genausogut ist wie die besten „Stützpunkte“ der NRO im All und dessen Aufnahmen für jeden mit Kreditkarte oder gegen bar zu erwerben sind. Während des Golfkrieges hatten die Vereinigten Staaten fast eine perfekte Übersicht („Transparenz“) über das irakische Schlachtfeld, die es den amerikanischen Oberbefehlshabern erlaubte, Ziele punktgenau vorzugeben und „intelligente“ Waffen einzusetzen, die die Stellungen der Feinde mit viel größerem Erfolg zerstörten als in früheren Kriegen. Die Irakis stocherten dagegen im Nebel, was die amerikanische Kriegsführung betraf. Innerhalb weniger Jahre werden der Irak und andere „Schurkenstaaten“ jedoch über eigene Satelliten verfügen - oder über einen kommerziell betriebenen Ersatz („Rent-a-Satellite“) - um ebenfalls Transparenz auf dem Schlachtfeld zu erlangen. Amerikas Fähigkeiten im Bereich SIGINT sind ebenfalls am Schwinden, sie nähern sich dem, was ein Experte einmal als -25-

„Krisensituation“ geschildert hat.5 Der Abhörsatellit der NSA fängt die Mikrowellen der Telefonübertragungen aus dem Äther auf. Die Welt bewegt sich aber rapide in Richtung unterirdische (und unterseeische) Glasfaserkabel zur Kommunikation, die für die Techniker dieser Behörde viel schwieriger abzuhören sind. So verlieren die Satelliten der NSA zunehmend an Bedeutung. Darüber hinaus stützte sich die NSA traditionell auf ihre beachtlichen Fähigkeiten bei der Entschlüsselung der Kommunikation ausländischer Diplomaten, um Zugang zu Geheiminformationen zu bekommen. Aber Staaten und Terrorgruppen werden immer raffinierter bei der Verschlüsselung ihrer Nachrichten. Sie verwenden komplizierte mathematische, computergestützte Technologien, die die erfahrensten Dechiffrierer der NSA scheitern lassen. Hinzu kommt, daß die Regierung Clinton unter dem Druck der profitorientierten Software-Industrie und des Handelsministeriums 1999 entschieden hat, den Export von hochentwickelter amerikanischer Software zu erlauben, mit der man die elektronische Kommunikation verschlüsseln kann. Das macht es für NSA und FBI noch schwieriger, in die Kommunikation ausländischer Organisationen einzudringen, die vielleicht planen, den Vereinigten Staaten zu schaden. Es gibt einen weiteren Mangel beim Personal der Nachrichtendienste. Zur Zeit verfügen die Behörden nicht über ausreichend Agentenführer im Ausland, um dort Spione zu rekrutieren, besonders in Gegenden, wo die Vereinigten Staaten noch nie sehr präsent gewesen sind (zum Beispiel in China und in verschiedenen arabischen Ländern). Als Folge davon ist der Nachrichtenrückfluß von den Agenten zur CIA ebenfalls sehr unbefriedigend. Selbst wenn dieses Problem der HUMINT gelöst werden kann, haben die Dienste ein weiteres, ebenso ernstes Personalproblem: Es fehlt ihnen an ausreichend befähigten Analysten, die die Datenflut, die jeden Tag bei den Behörden eingeht, sinnvoll interpretieren können. Im Vorfeld -26-

des Golfkrieges verfügte die DIA beispielsweise nur über zwei Analysten, die sich mit der Auswertung von Informationen über den Irak befaßten.6 Auch die Analyse von Bildern hat unter mangelnder Aufmerksamkeit gelitten. Ein nachrichtendienstlicher Berater vom Kapitol hat berichtet, daß „die Analysten weniger als die Hälfte aller Bilder, die von unseren Satelliten aufgenommen werden, je zu Gesicht bekommen“, und sie werden auch nicht „von mechanischen Geräten oder computergestützten Systemen untersucht, die Veränderungen ausfindig machen können“.7 Die Vereinigten Staaten haben nicht genügend Bildanalysten, und viele von ihnen ziehen es vor, in den Ruhestand zu gehen, anstatt die CIA zu verlassen und zur neuen NIMA versetzt zu werden. Bei allen Diensten ist der Personalbestand an Analysten viel zu niedrig. Die erste Generation von amerikanischen Geheimdienstoffizieren, die in den 50er Jahren eingestellt wurde, ist in den letzten Jahren nach und nach pensioniert und noch immer nicht durch eine entsprechende Zahl neuer Angestellter ersetzt worden. Die Nachrichtendienste unternehmen zur Zeit die größte Anwerbungskampagne seit den Anfangstagen des Kalten Krieges. Aber selbst wenn die Neueinsteiger ausgebildet sind und ins Ausland geschickt werden, braucht es noch Jahre - für gewöhnlich Jahrzehnte -, bis sie zu effektiven Offizieren mit einem produktiven Agentennetzwerk in den Hauptstädten der Welt gereift sind. „Wir müssen Talente rekrutieren, ausbilden und fördern“, unterstrich ein hoher Beamter der CIA, „und das bedeutet, Auslandsexperten so zu bezahlen, wie es in der Wirtschaft üblich ist.“8 Es fehlt ebenfalls an zufriedenstellenden Verbindungen zwischen den verschiedenen Nachrichtensammlern und Analysten innerhalb der Dienste in der Heimat auf der einen und den Angehörigen der US-Streitkräfte und den zivilen Angestellten im Ausland auf der anderen Seite. Weiterhin -27-

mangelt es an der effektiven Koordination von den Ergebnissen und Erkenntnissen, die von den einzelnen Behörden der Dienste gewonnen werden. „Wir brauchen eine reibungslosere elektronische Kommunikation der Dienste überall“, betonte ein Direktor des Nachrichtendienstes des Außenministeriums.9 Kurz gesagt, die Geheimdienste müssen sich umstrukturieren, oder sie geraten aufs Abstellgleis. Sie brauchen eine bessere Technologie, mehr Agenten auf den Straßen der Hauptstädte im Ausland, zusätzliche Analysten in der Heimat (aber auch mit häufigeren Reisen ins Ausland, als es heute bei den an ihrem Schreibtisch gefesselten Denkern der Fall ist)10 und eine bessere Integration in allen Phasen der nachrichtendienstlichen Tätigkeiten, von der Sammlung und Analyse der Informationen bis zu deren rechtzeitigen Weiterleitung. Diese Ziele können durch eine gezielte Verschiebung der Prioritäten bei gleichzeitiger Reduzierung der Übergröße und der hohen Kosten der Dienste erreicht werden. Das wünschenswerte Modell wäre ein kleiner, effizienter Nachrichtendienst - nicht so begrenzt wie der britische Geheimdienst, da die Vereinigten Staaten eine größere globale Verantwortung tragen als Großbritannien, aber vergleichbar in seiner Überschaubarkeit und Wendigkeit. Jeder Esel kann einen Stall eintreten, einen zu bauen ist weitaus schwieriger. Genauso ist es relativ einfach, die verschiedenen Mängel aufzuzeigen, unter denen die Nachrichtendienste leiden, schwieriger ist es dagegen, machbare Lösungen anzubieten. Dennoch ist es die Absicht dieses Buches, dazu beizutragen. Den Ausgangspunkt bildet das Spektrum von Bedrohungen, mit dem sich die Vereinigten Staaten in dieser neuen und unsicheren Welt konfrontiert sehen. Von den Nachrichtendiensten wird erwartet, daß sie dagegen die vorderste Verteidigungslinie bilden.

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TEIL I Ein Nachrichtendienst für die neue Weltordnung

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KAPITEL l EIN PLANET VOLLER BOMBEN UND RAKETEN „Ich bin der Überzeugung, daß die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen die größte Bedrohung darstellt, die die Welt je gekannt hat... vielleicht die größte Bedrohung, der sich jeder von uns in den kommenden Jahren ausgesetzt sieht.“ Verteidigungsminister William S. Cohen, Confirmation Hearings, U.S. Senate Armed Services Committee, 1997 JE MEHR SICH DIE DINGE ÄNDERN... Als die Sowjetunion 1991 zusammenbrach, ging mit ihr auch die Hauptaufgabe der US-Nachrichtendienste verloren. Während des gesamten Kalten Krieges war der größte Teil der Aufmerksamkeit von Amerikas Geheimdiensten auf die UdSSR und ihre Aktivitäten zu Hause und im Ausland konzentriert. Das oberste Ziel der amerikanischen Außenpolitik bestand darin, die Ausbreitung des Kommunismus einzudämmen. 1 In der neuen Weltordnung mußten die CIA und ihre Partnerbehörden ihre Aufgaben und Ziele neu bestimmen und, wie Skeptiker warnen, vielleicht sogar einige neue erfinden, um die Existenz des großen bürokratischen Apparats und des jährlichen Etats in Höhe von 27 Milliarden Dollar weiterhin zu rechtfertigen. Laut einer Äußerung des früheren DCI Robert M. Gates hat der Zusammenbruch des Kommunismus „zu einer Reihe von Aufgaben für die Dienste geführt, die komplexer und zahlreicher sind als die während des Kalten Krieges“.2 Die Debatte über die richtigen Ziele der neuorganisierten Nachrichtendienste eskalierte während der Regierung Clinton, als sie versuchte, die -30-

Ungewißheiten des neuen Zeitalters ohne den verläßlichen Kompaß der Doktrin der Abschreckung zu umschiffen. Beobachter der amerikanischen Außenpolitik fragten sich, ob das Leben nach der allgegenwärtigen kommunistischen Bedrohung in Washington einen grundsätzlich anderen Umgang mit internationalen Angelegenheiten hervorbringen würde, wie es der radikale Wandel der globalen Politik gebietet. In den Geheimdienstkreisen des Nationalen Sicherheitsrates (NSC), des Pentagons und der Nachrichtendienste wurden neue Listen von tatsächlichen und potentiellen - Feinden erstellt, die sich gegen die Vereinigten Staaten formieren. Das Weiße Haus und der Kongreß richteten einen Sonderausschuß über „Die Rolle und die Fähigkeiten der Nachrichtendienste der Vereinigten Staaten“ (die „Aspin-Brown-Kommission“) ein. Sie wurde allgemein als Möglichkeit betrachtet, die Nachrichtendienste des Landes für eine veränderte Bedrohungslage fit zu machen. Politiker und Medienexperten gingen davon aus, daß die Wirtschaft jetzt die eher traditionellen Belange der militärischen Sicherheit ersetzen würden. Die Nachrichtendienste paßten sich recht schnell an die veränderten Umstände an, entgegen der Befürchtung, daß die Geheimdienste sich als träge und der Veränderung gegenüber resistent erweisen würden. 1994 hatte die CIA ihre weltweiten Operationen im großen Umfang neu ausgerichtet; nur 15 Prozent der zur Verfügung stehenden Mittel wurden für Sammlung und Analyse von Daten über Rußland aufgewendet. Gates, der erste DCI (1991-93) nach der Zeit des Kalten Krieges, bezeichnete diese Neuorientierung als „massive Umverteilung von Ressourcen“.3 Das frühere Sowjetreich, das einst hinter dem Eisernen Vorhang versteckt lag, bot sich nun den Blicken der Außenstehenden dar. Allein in Rußland gab es Hunderte von neugegründeten Zeitungen, Magazinen und anderen Medien, ebenso eine Handvoll konkurrierender politischer Parteien. Es gab weniger Geheimnisse, also war auch -31-

der Bedarf an Spionage seitens der CIA geringer. Ungeachtet der beeindruckenden Umstrukturierung bei den Aufgaben blieben die Ziele der amerikanischen Außenpolitik in der postkommunistischen Welt relativ stabil. Die Liste der Gegner las sich sicher anders, jetzt rückten „Schurkenstaaten“ wie Nordkorea und Irak in den Vordergrund und nahmen den Platz der Sowjetunion ein. Die Aufmerksamkeit gegenüber der wirtschaftlichen Globalisierung kam jedoch zu kurz, worauf das Tauziehen um die Gründung eines neuen Nationalen Wirtschaftsrats zu Anfang der Regierung Clinton schon hinzudeuten schien. Außerdem gelang es der Aspin-BrownKommission lediglich, eher bescheidene denn umfassende Reformen bei der 50 Jahre alten CIA und den anderen Nachrichtendiensten durchzusetzen. In den höchsten Regierungskreisen genoß die militärische Sicherheit weiterhin Priorität vor den anderen Themen auf der Tagesordnung, und die militärischen Nachrichtendienste erhielten immer noch den Löwenanteil (85 Prozent) des jährlichen Etats für Spionage. ALTER WEIN IN NEUEN SCHLÄUCHEN Militärische Sicherheit Die Bedürfnisse der Menschen folgen bestimmten Prioritäten, vom puren Überlebenswillen bis zur aufgeklärten Selbstverwirklichung.4 Genauso setzen Staaten ihre Prioritäten gemäß ihren Bedürfnissen. „Die oberste und wichtigste Priorität unserer Außenpolitik ist der Frieden - für uns selbst und für andere“, stellte der Direktor des Planungsstabs der Regierung Carter fest.5 Auch das Außenministerium der konservativen Regierung Ronald Reagan unterstrich die Bedeutung „des Strebens nach Sicherheit für unsere Nation und ihre Institutionen, genauso wie für die unserer Verbündeten und Freunde“.6 Während des Kalten Krieges wollten die Vereinigten -32-

Staaten vor allem ihre militärische Wachsamkeit aufrechterhalten. Sie trugen einen großen Knüppel bei sich und waren auch bereit, ihn - falls nötig - zu benutzen. Mit dem Zerfall der Sowjetunion schien es jedoch für einen Moment, daß die militärischen Probleme weniger dringlich seien. Eine Reihe von Abrüstungsabkommen kurz vor und nach Ende des Kalten Krieges in bezug auf atomare Mittelstreckenraketen (INF), strategische Waffen (START I und START II) und chemische Waffen kündigten einen Rückgang der militärischen Konflikte in der Welt an. Und tatsächlich faßte die Demokratie rund um den Globus in einst unwirtlichen Gegenden Fuß. In Lateinamerika stürzten die Juntas, und in Osteuropa fegten die Bürger die kommunistischen Regime hinweg. Zum ersten Mal in der Geschichte experimentierte eine Mehrheit der Völker mit irgendeiner Form der repräsentativen Demokratie. Aber selbst als das Patt zwischen den USA und der Sowjetunion beendet war, betrachteten viele Staaten (und ethnische Gruppen) den Einsatz von Gewalt weiterhin als geeignetes Mittel, um ihre Ziele zu erreichen. Tatsächlich sah vieles auf der Welt so aus wie während des Kalten Krieges: Indien und Pakistan zündeten 1998 unterirdisch atomare Sprengköpfe; Nordkorea schoß 1999 eine Testrakete über japanische Inseln hinweg; und ebenfalls 1999 merkten die Amerikaner, daß China in den Vereinigten Staaten offensichtlich weitverzweigte Spionage betrieb. Einige Staaten gingen noch weiter. Der Irak besetzte 1990 Kuwait, und am Ende des letzten Jahrzehnts brachen in Somalia, Burundi, Ruanda, Osttimor und auf dem Balkan grausame Vernichtungskriege aus. Berichte über Massenvergewaltigung und Völkermord in Zentralafrika, Bosnien und im Kosovo waren 1998 und 1999 Bestandteil jeder Nachrichtensendung. Ungeachtet des Endes des Kalten Krieges ist die Welt ein unwirtlicher Ort geblieben. -33-

Aus den Staaten wurde nicht unbedingt das, was sie zu sein wünschten, sondern was sie sein mußten. Demgemäß waren die Vereinigten Staaten im Lichte der militärischen Bedrohungen nach dem Kalten Krieg gezwungen, Gedanken an eine Dividende des Friedens zurückzustellen, besonders da das Land in eine neue Führungsposition gedrängt wurde. Weniger durch eigenes Streben als durch ein fait accompli waren die Vereinigten Staaten zur führenden Supermacht geworden. Verstärkt durch die Dynamik des militärischindustriellen Komplexes (dem es auch ohne die sowjetische Bedrohung gutgeht), hielten die Beamten in Washington die Etats für die Verteidigung und die Nachrichtendienste fast auf dem Niveau des Kalten Krieges - und unter Hinweis auf die Kosovokrise verlangten die Verantwortlichen eine deutliche Ausgabenerhöhung für die nationale Sicherheit und erhielten sie auch. Wenn die Vereinigten Staaten jetzt die führende Macht der Welt waren, dann mußten sie auch über ausreichende militärische Kapazitäten verfügen, um notfalls intervenieren zu können - so oder ähnlich scheinen die Führer des Landes gedacht zu haben. Die Nachrichtendienste müssen rund um den Globus potentielle militärische Bedrohungen aufspüren, von der Verfolgung der Weiterverbreitung ganzer Waffensysteme über die Frühwarnung vor chemischen und biologischen Terrorangriffen auf die Vereinigten Staaten bis hin zur Sammlung von lebenswichtigen Informationen für amerikanische Militäreinsätze, wo immer sie stattfinden mögen. Politische Sicherheit Wie Clausewitz festgestellt hat, ist Krieg die Fortführung der Politik mit anderen Mitteln. Die Vereinigten Staaten müssen die Funktionsweise der politische Maschinerie anderer Staaten genauso gut verstehen wie deren militärische. Das 21. Jahrhundert hat die Konzentration der amerikanischen -34-

Nachrichtendienste auf sowohl militärische als auch politische Belange nicht verändert, was oft „strategische“ Interessen genannt wird, im Unterschied zu ökonomischen und humanitären Belangen.7 Plant Nordkorea einen Krieg gegen Südkorea oder Vietnam? Hegt die chinesische Führung imperialistische Absichten in Asien, die sie vielleicht mit einer Invasion Taiwans beginnt? Strebt der Irak weiterhin nach dem Besitz von Atomwaffen? Wie wird sich der neue russische Präsident gegenüber den Vereinigten Staaten verhalten? Ökonomische Sicherheit Aufgrund des unabänderlichen Interesses der Vereinigten Staaten an der militärischen und politischen Dimension der internationalen Angelegenheiten wurde das Ziel des ökonomischen Wohlstands auf der Liste der wichtigsten außenpolitischen (und damit auch nachrichtendienstlichen) Ziele für gewöhnlich an zweite Stelle gesetzt.8 Zu Beginn der Regierung Clinton schien es jedoch, als ob die Fragen der internationalen Wirtschaft Amerikas langjähriges Interesse an militärischer und politischer Sicherheit ersetzen würden. Der Kalte Krieg war zu einer Sache für Historiker geworden, und die neue Regierung war der Meinung, sie könne sich erlauben, sich stärker auf innenpolitische Belange zu konzentrieren. „Die Regierung Clinton hat der ,Wirtschaftsdiplomatie’ eine höhere Priorität eingeräumt, indem sie die Förderung der amerikanischen Exporte zum wichtigsten außenpolitischen Ziel erklärte“, bemerkte ein außenpolitischer Experte 1997.9 Oder wie es der Handelsbeauftragte von Präsident Clinton in den ersten Monaten nach Amtsantritt ausdrückte: „Die Zeiten, in denen wir es uns leisten konnten, unsere wirtschaftlichen Interessen der Außen- oder Verteidigungspolitik unterzuordnen, gehören der Vergangenheit an.“10 Der erste DCI unter Clinton, R. James Woolsey, verstärkte diese Stimmung noch. „Die Zeiten sind vorbei“, sagte er, „als -35-

man die internationale Wirtschaft als niedere Politik bezeichnen konnte, um sie von der höheren Ebene der politischmilitärischen Fragen zu unterscheiden.“11 Ein außenpolitischer Staatssekretär Clintons betonte, daß „unsere wirtschaftlichen Interessen Vorrang haben“,12 und der Direktor des FBI, Louis Freeh, fügte hinzu: „Wir sind in eine Phase und in ein Jahrhundert eingetreten, in dem unsere wirtschaftliche Unabhängigkeit und Sicherheit und Stärke tatsächlich identisch mit unserer nationalen Sicherheit ist.“13 Während seiner gesamten „präsidialen Flitterwochen“ schien Bill Clinton dazu entschlossen, die amerikanische Wirtschaft umzubauen. Seine Regierung war, laut Aussage eines Handelsexperten, der Meinung, daß „internationale Fragen (mit Ausnahme der ökonomischen) größtenteils vernachlässigt werden könnten“.14 Dann begannen die Sicherheitsprobleme sich mit Nachdruck in die wirtschaftlichen Bestrebungen des Präsidenten hineinzudrängen: Irak, Somalia, Burundi, Ruanda, Nordkorea, Bosnien, der Terrorist Osama Bin Laden, die Bedrohung Taiwans durch die Volksrepublik China, der Nahostkonflikt, die Spannungen zwischen Indien und Pakistan und der Krieg im Kosovo, der drohte, die NATO zu blamieren, manche sagen auch, sie zu zerbrechen. Die internationale Wirtschaftspolitik stand nicht länger ganz oben auf der Liste. „Die größten Bedrohungen der weltweiten Stabilität - und damit letztendlich auch der Sicherheit und Unversehrtheit der amerikanischen Zivilisation - haben weniger mit den komplizierten Problemen der ,Geoökonomie’ zu tun“, wie ein außenpolitischer Experte schrieb, „als mit einer grundlegenden Tatsache der internationalen Politik, nämlich daß sich Staaten und Völker gegenseitig mit Waffen bedrohen.“15 Andere Fachleute vertraten hingegen weiterhin die Auffassung, daß die amerikanische Außenpolitik hauptsächlich zu einem Kampf um die internationale wirtschaftliche Vormachtstellung geworden war,16 während die Regierung Clinton es bereits 1996 besser -36-

wußte. Sie steckte bis zum Hals in Problemen, die vor allem das Pentagon und das Außenministerium beschäftigten, und nicht das Finanz- oder Wirtschaftsministerium. Das heißt natürlich nicht, daß Wirtschaft und Handel keine Rolle mehr spielen. Sie haben immer eine Rolle gespielt, von den Zeiten, als Thomas Jefferson gegen Piraten kämpfte (ein früher Einsatz des Militärs für ökonomische Interessen), bis zu den heutigen diplomatischen Kämpfen mit China und Japan über die Schieflage der Handelsbilanzen. Wie ein außenpolitischer Experte der New York Times schrieb: „Wirtschaftskrisen können heutzutage schnell von einem Kontinent auf den anderen überspringen.“17 Auch wenn es sich Amerika nicht leisten kann, die zunehmende Vernetzung der globalen Wirtschaft zu ignorieren, mußte die anfängliche Begeisterung der Regierung Clinton für die Wirtschaft einer größeren Beachtung militärischer und politischer Angelegenheiten Platz machen. Diese politische Interessenlage spiegelte sich in den Nachrichtendiensten wider. Von 1993 bis 1997 konzentrierten sie sich auf Probleme der Wirtschaftsspionage, danach wandten sie sich wieder verstärkt der Unterstützung des Militärs zu, als der Irak außer Kontrolle geriet und Slobodan Milosevic in Bosnien und im Kosovo mit seiner Politik der ethnischen Säuberungen begann. Die Sicherung eines Lebens mit menschlicher Würde Die Ziele der amerikanischen Außenpolitik gehen über das Militärische, Politische und Wirtschaftliche hinaus. Eine Reihe von Fragen, die die Lebensqualität bedrohen und mit denen sich das amerikanische Volk im allgemeinen nicht viel beschäftigt, 18 erregt dennoch das Interesse vieler Bürger: eine angemessene medizinische Versorgung, Bildung und Wohnungsnot, Sauberkeit von Luft und Wasser, Schutz von Wäldern und Flüssen, die Verfolgung von Drogendealern und anderen international agierenden Verbrechern, und der Kampf gegen den -37-

größten aller Mörder - die Infektionskrankheiten. 19 Viele Amerikaner sorgen sich auch um die weltweite Gerechtigkeit, besonders um die Verletzung der Menschenrechte in anderen Ländern. Ein Hauptgrund für die amerikanischen Militäreinsätze in Afrika und auf dem Balkan nach Ende des Kalten Krieges war eine ernsthafte Sorge um das Leid der Menschen in diesen Regionen, ob sie nun Opfer des Hungers oder von bewaffneten Konflikten waren. Die Amerikaner hoffen auch darauf, daß die Demokratie sich weltweit ausbreiten möge. Das war ein beherrschendes Thema während der Regierung Clinton, deren Ziel der Ausweitung der Demokratien das der Eindämmung des Kommunismus als zentrales Anliegen der amerikanischen Außenpolitik verdrängt hatte. Unter den Offizieren der Nachrichtendienste und anderen Mitarbeitern des nationalen Sicherheitsapparates der Vereinigten Staaten sind häufig nostalgische Töne über den Kalten Krieg zu hören. „Während des Kalten Krieges war das Leben für die Nachrichtendienste einfacher“, schwelgt ein hoher Geheimdienstoffizier in Erinnerungen. „Es gab einen klaren Konsens darüber, wer die Bösen waren und welche Länder legitime Ziele der Informationsbeschaffung waren. Heutzutage ist die Lage viel komplizierter.“20 Diese Verkomplizierung der Lage ergibt sich aus der Anzahl der Stellen, die Anspruch auf ihren Teil vom Etat für die Dienste erheben, der einst fast ausschließlich für antikommunistische Aktivitäten bestimmt gewesen war. Während die meisten dieser neuen Bedrohungen militärischer, politischer oder ökonomischer Natur sind (wie die Kriege am Persischen Golf und im Kosovo, die Intrigen unter Moskaus Politikern und die jüngste Finanzkrise in Asien), sind andere von neuerer Art und haben eine Debatte über eine sogenannte Agenda der Nachrichtendienste für eine neue Weltordnung ausgelöst. Mit Hilfe der Nachrichtendienste soll Lebensqualität der Amerikaner verbessert und die Welt humaner gestaltet werden. -38-

1994 hat der Direktor des National Intelligence Council (NIC) eine neue Stelle geschaffen: einen nationalen Nachrichtenoffizier (NIO) für globale Angelegenheiten. Zu seinem Aufgabenbereich gehört die sogenannte „soft power“, wie der Direktor Menschenrechte, internationale Moral und andere kulturelle und ideologische Einflüsse nennt, die weltweit in Beziehung zu Lebensqualität und Menschenwürde stehen, im Unterschied zur „ hard power“, der traditionellen militärischen, politischen und ökonomischen Macht.21 In diesen großen Topf gehört alles, von globalen Fragen der Ökologie über die Gefahren von Infektionskrankheiten bis zum Hunger und der Verletzung der Menschenrechte. Wenn die Stelle für internationale Angelegenheiten beim NIC auch neu ist, so ist es das Interesse an diesen Dingen nicht. Als General George C. Marshall seine Rede vorbereitete, mit der er 1947 den Marshallplan ankündigen wollte, strich er in einer früheren Fassung den Hinweis auf „die kommunistische Bedrohung“. Statt dessen waren die Feinde, die er besonders hervorheben wollte, „Hunger, Armut, Verzweiflung und Chaos“.22 Vom NIO für globale Angelegenheiten wird erwartet, derartige Entwicklungen im Auge zu behalten und ihre möglichen Konsequenzen für Amerika und seine Verbündeten zu analysieren. Die wachsende Bedeutung der soft power ist unverkennbar. Wie eine große Zeitung in Hinsicht auf den Krieg im Kosovo berichtete, haben die Vereinigten Staaten die Menschenrechte „zu einer militärischen Priorität und einem unverzichtbaren Wert der westlichen Welt“ erhoben.23 Bis zu welchem Ausmaß die Nachrichtendienste ihre Ressourcen in Richtung soft power umlenken sollten, ist Gegenstand einer beachtlichen Debatte in Washington, wobei das Interesse an soft power zunimmt. Während der jüngsten Kriege auf dem Balkan zeigten zum Beispiel Regierungsbeamte in den Vereinigten Staaten und im Ausland starkes Interesse an den Fähigkeiten der US-Spionagesatelliten, um Beweise für den -39-

Völkermord zu finden. Die Hochleistungskameras dieser Satelliten waren aus Hunderten von Kilometern Entfernung in der Lage, zu erkennen, daß 1999 in den Dörfern Pusto Selo und Izbica im Kosovo frische Massengräber ausgehoben worden waren.24 Diese Photos ermöglichten den Ermittlern der UNO, noch weitere Beweise für die Grausamkeiten zu suchen, die in den Gerichtsverhandlungen gegen die Mörder verwendet werden können. Während des Kosovokrieges filmten die US-Satelliten mehrmals täglich die Landschaft. Sie zeichneten die Bewegungen der feindlichen Truppen und Panzer auf, lokalisierten brennende Dörfer und suchten nach Anzeichen für Blutbäder unter der Zivilbevölkerung. Unbemannte, niedrigfliegende Drohnen ergänzten die Daten der Satelliten. Sie flogen jeden Tag mit an ihrer Unterseite befestigten Kameras kreuz und quer über das Gebiet. Und die Aufklärungsoperationen der mit zwei Piloten besetzten Radarflugzeuge namens „Jstars“ (Joint Surveillance Target Attack Radar Systems) helfen ebenfalls ein transparentes Gefechtsfeld zu schaffen.25 Nach Beendigung des Krieges flogen Apache-Hubschrauber (die im Kosovo nicht im Kampf eingesetzt worden waren) Aufklärungseinsätze in der Region und richteten ihre Kameras aus dem Cockpit auf alle verdächtigen Individuen mochten es Serben sein oder Mitglieder der UCK. Nachdem die Kameras die kriminellen Aktivitäten aufgenommen hatten, stießen die Apaches herab und nahmen die Täter gefangen.26 Sehr wertvoll, sowohl während als auch nach dem Krieg, waren die Berichte von Agenten (HUMINT) über die Aktivitäten des serbischen Militärs und der Polizeikräfte. HUMINT ist zu einem wichtigen Bestandteil der Bemühungen der Vereinigten Staaten geworden, sich über den Stand der Freiheit auf der Welt zu informieren. Die Zusammenfassung erscheint dann in der jährlichen Verlautbarung des -40-

Außenministeriums über die Menschenrechtslage in den einzelnen Ländern. Die Spionage, die gerne als unappetitliches Geschäft verspottet wird, ist zum fahrenden Ritter für die Sache der Menschenrechte geworden, die schlimme Untaten aufdeckt und dabei hilft, die Schurken zu fassen. Die Auslandsbeziehungen der Vereinigten Staaten haben vor allem anderen den Schutz der USA und ihrer Verbündeten zum Ziel (ein Schutzschild, der von dem Wissen über die militärische Stärke und die politischen Pläne fremder Mächte abhängt), gefolgt von der Sorge ums wirtschaftliche Wohlergehen. Auf der Agenda steht außerdem - zumindest theoretisch - das Wohlergehen der Bevölkerung anderer Staaten und ihre Freiheit. Das ist der moralische Antrieb für die amerikanischen Beziehungen zum Ausland, der lange ein Stützpfeiler für Hilfsprogramme, kulturellen Austausch, Unterstützung für gefährdete demokratische Demokratien, Friedenscorps und, in jüngerer Zeit, gezielte militärische Auslandseinsätze gewesen war. Anhand dieser umfangreicher nachrichtendienstlichen Agenda der postkommunistischen Ära zeigen wir in diesem und im nächsten Kapitel die Rolle auf, die die Nachrichtendienste bei der Unterstützung der traditionellen militärischen, politischen und ökonomischen Ziele Amerikas gespielt haben, angefangen mit den Bemühungen der Geheimdienste, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen zu verhindern. Die folgenden Kapitel untersuchen dann die beiden Schlüsselelemente einer neuen Ordnung der Nachrichtendienste, die Sicherheit im Bereich Umwelt und Gesundheit. Die Absicht ist nicht eine definitive Darstellung der gegenwärtigen Agenda der Dienste, schließlich könnte man allein über die militärischen Geheimdienstaktivitäten ein eigenes Buch schreiben, ebenso über die politischen und wirtschaftlichen. Die Absicht besteht eher darin, einen Einblick in die Bedrohungen zu geben, die der Überwachung durch Geheimdienste bedürfen. -41-

MILITÄRISCHE UND POLITISCHE SICHERHEIT Die UdSSR ist untergegangen, aber Rußland und seine Bomben sind geblieben - einschließlich 6000 atomare Gefechtsköpfe, die die Vereinigten Staaten erreichen können. Mit großem Getöse entfernte Moskau die Vereinigten Staaten von der Liste der Ziele ihrer Langstreckenraketen, genauso wie amerikanische Interkontinentalraketen nicht länger auf Rußland gerichtet sind. Diese freundlichen Gesten sind allerdings nur wenig beruhigend, weil die Raketen binnen Minuten wieder umprogrammiert werden können. Es bleibt die Tatsache bestehen: wenn ein fremder Staat über die Fähigkeit verfügt, ein anderes Land in der unvorstellbaren Zeitspanne von einer halben Stunde auszulöschen, dann nimmt er die gegnerische Aufmerksamkeit in Anspruch und bleibt - mit den Worten des amtierenden DCI - „ein wichtiges Ziel unserer Nachrichtendienste.“27 Wenn also auch der Gesamtbetrag der Mittel, den die CIA auf Rußland verwendet, stark zurückgegangen ist, wird die Hochleistungsspionage gegen diesen Teil der Welt fortgeführt, einschließlich der teuersten Satelliten der NRO. Der Zweck ist, die Vereinigten Staaten zu warnen, falls Moskau irgendwelche Änderungen in seiner Beziehung zum Westen vornimmt, besonders in militärischer Hinsicht. Auch wenn in Rußland jetzt größere Transparenz herrscht, werden immer noch Informationen über die militärischen Fähigkeiten und Absichten geheimgehalten. Die Vereinigten Staaten machen es genauso. Außerdem sind die gegenwärtigen proamerikanischen Tendenzen Rußlands bestenfalls als unbeständig zu bezeichnen. Das NATO-Bombardement in Serbien führte 1999 zu Massendemonstrationen gegen die Vereinigten Staaten. Ein Korrespondent der New York Times berichtete aus Moskau: „Rußland scheint sich zur Zeit im Antiamerikanismus zu gefallen, es sehnt sich nach einem Reich und zieht dafür ein neues Bündnis mit Weißrußland und -42-

Jugoslawien in Betracht.“28 Alle Staaten und andere Einheiten (wie terroristische Organisationen), die die Fähigkeit besitzen, den Vereinigten Staaten ernsthaften Schaden zuzufügen, stehen auf der Liste der Nachrichtendienste ganz weit oben. Die Regierung Clinton (und jeder ihrer Vorgänger im Kalten Krieg) nahm unmittelbar nach Amtsantritt eine Einschätzung der „globalen Bedrohungslage“ vor. Dahinter steht die Absicht, aus allen Staaten der Welt diejenigen herauszufiltern, die sowohl gut bewaffnet sind als auch den USA feindlich (oder zwiespältig) gegenüberstehen. Das Weiße Haus erwartet von den Nachrichtendiensten, daß sie diese Top-Bedrohungen besonders überwachen und vor allem so viel wie möglich über ihre militärischen und politischen Fähigkeiten und Absichten herausfinden. Diese Aufgabe kann sich sehr schwierig gestalten. Die Staaten werden immer einfallsreicher, was das Verbergen ihrer Waffen betrifft. Nordkorea hat unterirdische Höhlenbunker in Kumshangni und anderswo, groß genug, um eine Produktionsstätte für Plutonium und vielleicht eine Wiederaufbereitungsanlage zu beherbergen.29 In diesen Verstecken können Techniker Atomwaffen konstruieren, ohne von den Kameras der amerikanischen Aufklärungssatelliten entdeckt zu werden. Und die Inder wußten zum Beispiel genau, wann die Satelliten der NRO über ihr Gebiet hinwegflogen, und entsprechend tarnten sie ihre Vorbereitungen zum Atomwaffentest.30 Zumindest war TECHINT (ergänzt durch HUMINT) in der Lage gewesen, die wichtigsten Entwicklungen von Atomwaffen zu verfolgen. Die amerikanischen Nachrichtendienste hatten genaue Aufzeichnungen darüber, wo sich sowjetische Raketen und Panzer während des Kalten Krieges befanden, besonders nach der Kubakrise, als die USAufklärungssatelliten perfekter und zahlreicher wurden. Viel schwieriger ist es dagegen gewesen, die politischen Absichten der Führer in Moskau, Bagdad, Belgrad und Pjönjang -43-

auszuloten, denn an diesen Orten brauchte man HUMINTAgenten mit Zugang zu den innersten Heiligtümern, wo die Entscheidungen getroffen wurden. DIE BEDEUTUNG DER NICHTWEITERVERBREITUNG VON WAFFEN Weit oben auf der Liste der Ziele der Nachrichtendienste steht ein Problem, das die nationalen Grenzen überschreitet: die Weiterverbreitung von atomaren, biologischen und chemischen (ABC-) Waffen, ebenso wie die Herstellung von radioaktivem Material für militärische Zwecke. Staaten eignen sich solche hochentwickelten Waffen aus mehreren Gründen an, manchmal als Mittel, um einen Gegner davon abzuschrecken, eine Reihe von Dominosteinen umzustoßen, an deren Ende sie selber stehen könnten (das war eine Angst der Amerikaner in Hinsicht auf die militärischen Aktionen der Sowjetunion in der Dritten Welt). Manchen geht es auch um den Status (Großbritannien), oder es geht ihnen um die Meisterung der technischen Probleme (ein möglicher Anreiz für Schweden und die Schweiz). Manche Länder sehen sich selbst in einem Belagerungszustand und betrachten Massenvernichtungswaffen als äußerstes Mittel zur Abschreckung (Nordkorea, Israel). Andere scheinen von Machthunger und Hegemonialbestreben getrieben zu sein (Irak, Iran) oder von einem Gefühl des Fatalismus (die japanische Aum-Sekte). Beunruhigende Berichte am Ende des Kalten Krieges legten nahe, daß die Verbreitung von ABC-Waffen rapide um sich griff, einschließlich der Atomwaffenprogramme im Irak und in Nordkorea; der aggressiven Bemühungen des Iran, an spaltbares Material zu gelangen; der Verkauf von hochentwickelten konventionellen Waffen aus Nordkorea und anderen Ländern an den Iran, Algerien, Pakistan, Syrien und Libyen; der Verdacht des Verkaufs von chinesischen Raketen an Pakistan; der Beinaheausbruch eines Atomkrieges zwischen Indien und -44-

Pakistan und die Angst, daß internationale Verbrecherorganisationen Waffen stehlen und verkaufen könnten.31 Laut öffentlichen Meinungsumfragen betrachten die Amerikaner die Verbreitung von gefährlichen Waffen als die größte einzelne Bedrohung, der sich die Vereinigten Staaten nach dem Kalten Krieg gegenübersehen.32 Besondere Sorgen bereitet den Waffenexperten die Bedrohung durch biologische Kriegsführung (BK). Biologische Waffen - bei denen Wirkstoffe und Gifte wie Milzbrandbakterien, Pockenviren, Cholera- und Pestbakterien verwendet werden - sind billiger herzustellen als Atomwaffen (sie kosten eher Millionen als Milliarden). Außerdem ist es einfacher, sie zu verstecken, und sie können weit mehr Todesfälle verursachen (obwohl ihre Anwendung durch Wind und andere klimatische Bedingungen stark beeinträchtigt werden kann). Für ihre Ausbringung kann man selbst primitive Zerstäuber benutzen, die an einem Flugzeug, Boot oder Lastwagen befestigt sind, oder auch ein tragbares Gerät auf dem Rücken des Terroristen. Von der Gewichtung her sind biologische Waffen viele hunderttausend Mal wirksamer als die giftigsten chemischen Waffen (so wie das Giftgas Sarin, das die Aum-Sekte im U-Bahn-System Tokios - relativ ineffektiv freisetzte). Wenn Terroristen wissen, wie die Wirkstoffe und Gifte effektiv einzusetzen sind, dann kann man mit biologischen Waffen weit größere Gebiete abdecken als mit allen anderen Waffen einschließlich der Atombombe. Existierende Wirkstoffe können auch durch gentechnische Veränderungen modifiziert werden, wodurch das Material noch infektiöser und pathogener wird. Selbst harmlose Mikroorganismen können in pathogene oder giftproduzierende Wirkstoffe verwandelt werden, indem man ihnen genetisches Material von bösartigen Organismen einpflanzt. „Mit der kombinierenden DNA-Technologie ist es zum Beispiel möglich“, so heißt es in einem nicht geheimen Bericht der -45-

Regierung, „neue Organismen herzustellen, verschiedene Variationen zu nutzen oder Organismen zu veranlassen, auf eine neue Art zu reagieren, damit sie zum Beispiel chemische Gifte produzieren“.33 DAS VERMÄCHTNIS DER RÜSTUNGSKONTROLLE Während des Kalten Krieges waren die amerikanischen Nachrichtendienste stark mit der Überwachung ausländischer Waffenarsenale beschäftigt. Aufgrund der Fortschritte in der Satellitentechnologie waren die Vereinigten Staaten (und auf ihrer Seite die Sowjetunion) dazu in der Lage, exakt die Anzahl der Raketensilos zu zählen, die von ihrem Gegner gebaut wurden, und sie konnten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit die Zielgenauigkeit und Sprengkraft jeder einzelnen Rakete bestimmen. Durch Aufklärung aus dem All und andere TECHINT-Methoden waren beide Staaten in der Lage, die Einhaltung der Rüstungskontrollabkommen innerhalb einer tolerierbaren Fehlerquote zu verifizieren. Auch wenn es von Zeit zu Zeit zu Fehlern kam, trugen die Nachrichtendienstoffiziere im Auswertungszentrum für Satellitenphotos der CIA und im Rüstungskontrollstab des DCI durch ihre mühevolle Analyse der Informationen von TECHINT und HUMINT, ob die anderen Staaten (vor allem die Sowjetunion) sich an die Rüstungsvereinbarungen gehalten haben, signifikant zum Weltfrieden bei. Die moderne Spionagetechnik hat die Welt viel transparenter gemacht. Das vermittelte ein stärkeres Gefühl von Sicherheit innerhalb der jeweiligen ideologischen Lager des Ostens und des Westens, wodurch das Risiko eines Weltenbrands verringert wurde. EINE KOMPLIZIERTERE WELT Der Job, Produktion und Entwicklung von Waffen in der Sowjetunion zu überwachen, war eine entmutigende -46-

Herausforderung, aber die Aufgabe der US-Nachrichtendienste ist heute in mancher Hinsicht noch entmutigender. Wie der DCI Woolsey einmal bemerkte, „leben wir jetzt in einem Dschungel, der mit einer verwirrenden Vielfalt von Giftschlangen bevölkert ist“„, auch wenn der sowjetische Drache erlegt wurde.34 Auch wenn die Nachrichtendienste geschickter im Sammeln und Auswerten von Informationen über die Weiterverbreitung von Waffen geworden sind, heißt das nicht, daß sie unfehlbar sind. In den letzten Monaten des 20. Jahrhunderts standen auf der Liste ihrer Fehler der unerwartete Test einer nordkoreanischen Langstreckenrakete; die fehlerhafte Identifizierung einer als Waffenfabrik verdächtigten Anlage im Sudan, die mit amerikanischen Cruise Missiles bombardiert wurde; das Versagen beim Ermitteln des genauen Aufenthaltsortes von Osama Bin Laden, dem Führer der terroristischen al-Qaida-Organisation, bei einem Militärschlag gegen sein Basislager in Afghanistan (er war mehr als hundert Kilometer entfernt, als die Raketen in der Region Zhawar Kili in der Provinz Paktia einschlugen);35 und die überraschenden Atomwaffentests der Inder und Pakistani. Diese Fehlleistungen der Nachrichtendienste dienen nur zur Erinnerung an die Schwierigkeiten, denen sich Menschen (seien es Geheimdienstoffiziere, Politiker, Börsenmakler oder Akademiker) gegenübersehen, wenn sie versuchen vorherzusagen, was auf der Welt als nächstes geschehen wird. Der Fall Indien ist ein gutes Beispiel. Die Nachrichtendienste hatten erwartet, daß die Inder ihr Atomwaffenprogramm beschleunigen würden. Schließlich haben hochrangige indische Politiker öffentlich kundgetan, daß sie die Absicht hätten. Die Überraschung bestand darin, wie schnell das Programm vorankam. Die Inder sind auch immer besser im Vertuschen geworden. Die Kabel, die normalerweise bei Atomwaffentests verlegt werden, waren auf den Satellitenphotos der Testgelände nirgends zu sehen, weil die Inder weniger auffällige -47-

Zündtechniken entwickelt hatten. Hinzu kommt, daß die amerikanischen Geheimdienste Südasien während des Kalten Krieges nur wenig Aufmerksamkeit schenkten. Daher bedurfte es beträchtlicher Anstrengungen, in dieser Region ein Agentennetz aufzubauen, und diese Aufgabe war bis zu den Tests der Inder und Pakistani noch längst nicht beendet. Der Fall des Sudan ist ebenfalls aufschlußreich. 1998 spürten Biosensoren der CIA den Grundstoff für chemische Waffen „Empta“ (er wird für die Herstellung des tödlichen Nervengases VX benötigt) in einer pharmazeutischen Fabrik in der Nähe von Khartum auf. Die Nachrichtendienste hatten auch durch SIGINT und HUMINT Informationen gesammelt, die die Fabrik in der Vergangenheit mit Bin Laden in Zusammenhang gebracht hatten. Die Analysten zählten zwei und zwei zusammen und kamen zu dem Schluß, daß die Fabrik mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich Chemiewaffen produziert, auch wenn die Sudanesen energisch darauf bestanden, daß die einzigen Chemikalien, die in der Fabrik hergestellt würden, Aspirin und andere gewöhnliche Arzneimittel seien. Derartige Detektivarbeit ist schwierig und ungenau, und „die unterschiedliche Bewertung einiger Details kann den Unterschied zwischen einer pharmazeutischen Fabrik und einer Anlage zur Produktion von Giftgas machen“, klagte ein führender Spezialist der CIA.36 Als ein Anzeichen der wachsenden Komplexität, der sich die Nachrichtendienste bei der Weiterverbreitung von Waffen gegenübersehen, werten die Experten die Existenz von mindestens 16 Staaten mit laufenden Programmen für Chemiewaffen, und ungefähr einem Dutzend Ländern, die Programme für biologische Waffen verfolgen.37 Darüber hinaus werden wahrscheinlich 15 Entwicklungsländer in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts ihre eigenen ballistischen Raketen produzieren.38 Die Nachrichtendienste haben auf diese Ereignisse mit einigen neuen Ideen reagiert, einschließlich der -48-

Ausweitung der Observationsziele, der Einrichtung einer neuen Organisation, die sich auf die Weiterverbreitung spezialisiert, und eine Umlenkung von nachrichtendienstlichen und verdeckten Operationen auf Weiterverbreitungsziele. Die indischen Atomwaffentests haben im nachhinein zu viel Manöverkritik geführt, so wird man in Zukunft vergleichbare Fehler vermeiden können. DIE EINDÄMMUNG DER WEITERVERBREITUNG VON WAFFEN Die Auswahl der Ziele Nach Aussage des früheren DCI Robert Gates hat die CIA nach Ende des Kalten Krieges „Hunderte von Wissenschaftlern und Technikern aus der alten Abteilung für Wissenschaft und Waffenforschung genommen, sie vom sowjetischen Waffenprogramm abgezogen und auf die Weiterverbreitung angesetzt“.39 Unter Gates und seinem Nachfolger James Woolsey wurden verdächtige Staaten wie Irak, Iran, Libyen und besonders Nordkorea in Sachen Weiterverbreitung zu Zielen oberster Priorität erklärt. Zusätzliche Ziele schließen Unternehmen mit ein, die in Geschäfte verwickelt sind, die der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen Vorschub leisten, so wie die deutschen Firmen, die den Irak bei ihrem Waffenprogramm und Libyen beim Aufbau der großen Produktionsstätte für Giftgas in Rabta unterstützt haben.40 Weitere Ziele der Nachrichtendienste sind die Aktivitäten der ehemaligen sowjetischen Atomwissenschaftler;41 Aufkäufer von Uranerz; die Geschäfte internationaler Verbrecherbanden, die in Waffendiebstähle verwickelt sind; Reedereien, die Waffen oder spaltbares Material transportieren könnten; und die Regierungen der wichtigsten Mächte, von denen bekannt ist, daß sie Raketen und anderes militärisches Gerät verkaufen. -49-

In dieser letzten Kategorie gilt die größte Sorge dem Abfluß von Rüstungsgütern und militärischem Fachwissen aus der ehemaligen Sowjetunion, besonders Rußlands Kooperation mit dem iranischen Programm zur Entwicklung von Waffen und Raketen. Besorgniserregend ist auch der Verkauf von chinesischen Raketen an Pakistan und Iran. Ein hoher Geheimdienstoffizier berichtete, daß „russische Kräfte beim iranischen Raketenprogramm auf allen Ebenen geholfen haben, von der Ausbildung über die Tests bis hin zur Beschaffung von Komponenten“, und „daß die nordkoreanischen Lieferungen (von Raketen und anderen Rüstungsgütern) die militärische Leistungsfähigkeit von solchen Ländern wie Iran und Pakistan über die Jahre dramatisch erhöht haben“.42 Ganz oben auf der Liste steht auch die Zukunft der Atomwaffenprogramme von Indien und Pakistan (und ihre Auswirkungen auf andere potentielle Weiterverbreiter wie der Iran); der Stand der Waffenentwicklung im Irak, nachdem das Inspektorenteam der UNO aus dem Lande gewiesen wurde; und das Waffenprogramm Nordkoreas, vor allem die fortlaufende Entwicklung von leistungsstarken, mehrstufigen Raketen (die Taepo Dong-Serie), die mit ihren atomaren Sprengköpfen die Vereinigten Staaten treffen könnten. Die Nachrichtendienste verwenden beträchtliche Mittel darauf, in fremde biologische und chemische Waffenprogramme einzudringen, mit einem besonderen Augenmerk darauf, die Verwendung von Massenvernichtungsmitteln durch Terroristen zu verhindern. Hunderte von Analysten erledigen den routinemäßigen, aber wichtigen Job, vorhandene Waffen- und Exportkontrollsysteme zu stärken. Noch mehr Mittel wurden für aggressive Operationen gegen die Weiterverbreitung eingesetzt, zum Beispiel für den massiven Einsatz von verdeckten Aktionen zum Zwecke der Störung.43 Und schließlich lautet das neue Modewort bei den Nachrichtendienstlern das „Management der Folgen“, wodurch die Amerikaner darauf vorbereitet werden -50-

sollen, mit einem Angriff mit ABC-Waffen fertig zu werden, sollte es dazu kommen. Das Center für Nichtweiterverbreitung In seiner Zeit als DCI hat Robert M. Gates versucht, die nachrichtendienstlichen Aktivitäten der Regierung in Hinsicht auf die Weiterverbreitung zu koordinieren. Im September 1991 richtete er das Center für Nichtweiterverbreitung (Nonproliferation Center, NPC) ein und übertrug ihm im April 1992 weitere Machtbefugnisse. Das NPC entstand aus der Erkenntnis, daß sie bessere Informationen über potentielle Missetäter wie Iraks Präsident Saddam Hussein benötigten, dessen Waffenprogramme viel weiter fortgeschritten waren, als die CIA vermutet hatte. Wie andere neugegründete Zentren, die geschaffen wurden, um die Ressourcen der einzelnen Dienste auf ausgewählte Probleme zu konzentrieren (darunter auch die Terrorismusbekämpfung), besteht das NPC aus einem interdisziplinären Corps von Offizieren aus den verschiedenen Geheimdiensten. Da das NPC im Hauptquartier der CIA in Langley untergebracht ist, wurde es von Anfang an von CIAPersonal dominiert. Fast alle Analysten der CIA im Bereich Bund C-Waffen, Raketen und Atomtechnologie, und Netzwerke der Weiterverbreitung wurden dem Zentrum zugewiesen. Das ursprünglich angestrebte Ziel war, bis zum Jahre 2000 mindestens 40 Prozent der mehr als 200 Mitarbeiter von Diensten außerhalb der CIA zu rekrutieren, aber deren Anteil liegt noch immer bei 80 Prozent. „Die Beteiligung (aller Dienste) ist breit, aber nicht tief“, räumt der Direktor des NPC ein, fügt jedoch schnell hinzu, daß das FBI, die NSA, die DIA, die militärischen Nachrichtendienste, die Zollbehörden und das Handelsministerium alle ihre Vertreter im Center haben.44 Um einer möglichen Dominanz der CIA-Analysten -51-

entgegenzuwirken, hat der Direktor darauf bestanden, daß die Belegschaft des Centers eine bestimmte Zeit ihrer Laufbahn (ein oder zwei Jahre) in einer anderen Behörde verbringen. Der Direktor bedient sich auch verschiedener überbehördlicher Komitees zum Problem der Nichtweiterverbreitung, wodurch er sich einen umfassenden Überblick der Meinungen innerhalb der Dienste zu diesem Thema verschafft. Der Direktor richtet von Zeit zu Zeit auch sogenannte tiger teams ein, die aus Mitarbeitern der verschiedenen Center und Dienste bestehen und die sich mit speziellen, kurzfristigen Problemen befassen, zum Beispiel, wie man die terroristischen Aktivitäten Bin Ladens stoppen kann. „Virtuelle Teams“ werden ebenso zunehmend beliebt. In ihnen arbeiten Analysten aus den verschiedenen Diensten mit vernetzten Computern zum Thema Weiterverbreitung. Sie verfolgen dabei bestimmte Schlüsselentwicklungen, zum Beispiel die Geldbewegungen verdächtiger Waffenhändler. Beide Strategien sind innovative Versuche, die zentrifugalen Kräfte der Nachrichtendienste zu überwinden. Dennoch hat eine Kommission kürzlich festgestellt, daß die amerikanische Forschung über den Stand der ausländischen Programme für biologische und chemische Waffen sich immer noch „zwischen der CIA, der Armee und den Laboratorien des Energieministeriums aufsplittet“.45 Der Direktor des NPC bemüht sich auch um Fachwissen von außerhalb. Kürzlich hat er einen führenden Virologen aus dem privatwirtschaftlichen Sektor angestellt, der als wissenschaftlicher Berater des DCI fungiert. Der Wissenschaftler organisiert Konferenzen mit Akademikern und Experten und knüpft Kontakte mit Beratern aus der privaten Wirtschaft, um die komplizierten Probleme der Raketentechnologie zu diskutieren. Das NPC, das Weiße Haus und der NSC stehen täglich über kurze, vertrauliche Berichte miteinander in Kontakt und reagieren auf spezielle Probleme der Weiterverbreitung. Das -52-

Center bringt seine wichtigsten Erkenntnisse in die tägliche Note an den Präsidenten ein, das höchstrangige Geheimdienstdokument, das jeden Morgen dem Präsidenten und einem weiteren Dutzend der wichtigsten Beamten der Regierung vorgelegt wird. Waffenhandel Die Voraussetzung zur Unterbindung des Waffenhandels sind Informationen darüber, wann und in welcher Form der Handel voraussichtlich stattfinden soll. Das erfordert eine strenge Überwachung von Orten, an denen die Entscheidungen über den Handel getroffen werden. Neben den innersten Zirkeln der Regierungen, die unter Verdacht stehen, zählen auch die Büros der Rüstungsfirmen und ihrer Zwischenhändler, Scheinfirmen, die internationale wissenschaftliche Gemeinde, die weltweiten Bankennetzwerke und andere Finanzinstitute, Zollbehörden und ausländische Waffenlaboratorien zu den Beobachtungszielen der Nachrichtendienste. Wenn der Präsident der Vereinigten Staaten die Entscheidung trifft, die Anlagen zur Waffenherstellung eines anderen Landes zu zerstören (wie George Bush es während des Golfkrieges im Irak getan hat), dann müssen die Geheimdienste darauf vorbereitet sein, das US-Militär mit detailliertem Kartenmaterial der unter Verdacht stehen Örtlichkeiten zu versorgen. Wie die irrtümliche Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad gezeigt hat, kann sich die Beschaffung verläßlicher Karten als schwierig erweisen, besonders wenn einzelne Länder (wie Nordkorea) noch weniger für Spionage durch Agenten vor Ort zugänglich sind, als es Jugoslawien war. Spionageabwehr Die geheimnisvolle Disziplin der Spionageabwehr leistet auch ihren Beitrag zur Eindämmung der Weiterverbreitung von -53-

Waffen, und das NPC arbeitet eng mit dem ebenfalls bei der CIA angesiedelten Center für Spionageabwehr (Counterintelligence Center, CC) zusammen. Der Zweck der Spionageabwehr besteht darin, die Operationen der gegnerischen Geheimdienste zu stören, auch solche, die auf eine Unterminierung der amerikanischen Ziele zur Eindämmung des Waffenhandels hinauslaufen. Während des Kalten Krieges versuchten die Sowjets mit einem billigen Trick die amerikanischen Satelliten durch aufblasbare U-Boote aus Gummi zu überlisten. Der Kreml bot an, diese „U-Boote“ im Austausch für die Zerstörung tatsächlicher amerikanischer Gegenstücke ebenfalls zu zerstören. Dieses Täuschungsmanöver wurde von den Kameras der Spionagesatelliten und den erfahrenen Augen der Spionageabwehrexperten des NPIC und der Abteilung für Spionageabwehr der CIA aufgedeckt. Zur Aufgabe der Gegenspionage gehört es auch, herauszufinden, wie Saddam Hussein und andere ihre Waffen möglicherweise zu verbergen suchen. Diese Informationen werden seit der Regierung Clinton auf vertraulicher Ebene auch den Waffeninspekteuren der UNSCOM mitgeteilt, um ihnen zu helfen, die Waffenverstecke im Irak aufzuspüren. Zu den weiteren Aufgaben der Abwehrspezialisten gehört die Befragung von Überläufern über die Waffenprogramme in ihren Heimatländern. Sie sollen außerdem der amerikanischen Waffenindustrie helfen, ihre Technologie vor ausländischen Geheimdiensten und Konkurrenzfirmen zu schützen. Der Spionageskandal in den Laboratorien von Los Alamos im Jahre 1999 hat offengelegt, daß die Spionageabwehr die nationalen Waffenlaboratorien vernachlässigt hat. Die Behörden haben versprochen, das zu korrigieren, wie sie es ähnlich schon 1994 nach dem Spionageskandal um Aldrich H. Ames versprochen hatten.46

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Verdeckte Operationen Die extremste Maßnahme, um die Weiterverbreitung von Waffen zu stoppen, sind direkte Militärschläge gegen ausländische Waffenfabriken, Atomreaktoren oder Waffenverstecke, so wie es die Israelis 1981 mit der Bombardierung irakischer Nuklearanlagen bei Osirak taten. Die Eskalation zu einem ausgewachsenen Krieg ist jedoch nur die allerletzte Option. Statt dessen bevorzugen die Politiker in der Regel die „stille Option“, ein Euphemismus für verdeckte Operationen oder die geheime Einmischung in die Angelegenheiten fremder Staaten. Der Waffenhandel dieser Länder soll durch geheime Aktionen gestört werden, ohne daß man offen Gewalt anwendet. Verdeckte Operationen dieser Art können Berichte sein, die man in den Medien eines Landes plaziert, um dessen Verwicklung in unsaubere Waffengeschäfte aufzudecken, oder Artikel, die die Entscheidung über eine Waffenlieferung beeinflussen sollen (zum Beispiel Zeitungsartikel, die Taiwan ermuntern, sich lieber auf Satellitenals auf Raketentechnologie zu konzentrieren). Die CIA könnte auch versuchen, in die Computersysteme feindlicher Waffenlaboratorien Viren einzuschleusen, oder dafür sorgen, daß ausländischen Produzenten, die in den Waffenhandel verstrickt sind, fehlerhafte Ausrüstung geliefert wird. Riskanter sind paramilitärische Operationen, um Waffenprogramme abtrünniger Staaten zurückzuwerfen oder ganz zu zerstören, indem man zum Beispiel geheime Produktionsstätten in die Luft jagt. Unter dem Iraq Liberation Act von 1998 bewilligte der Kongreß 97 Millionen Dollar an (militärischer und logistischer) Unterstützung für sieben Oppositionsgruppen, um Saddam Hussein zu stürzen und seine Waffenprogramme durch verdeckte Aktionen zu stören.47

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GEHEIMDIENSTLICHE OPERATIONEN GEGEN DIE WEITERVERBREITUNG VON WAFFEN In dieser Hinsicht sind die amerikanischen Geheimdienste auf vielerlei Art von Nutzen, um die Weiterverbreitung von Waffen einzudämmen oder gar zu verhindern. Letztlich muß dieses Problem jedoch durch diplomatische Initiativen gelöst werden, unterstützt durch Handelsbestimmungen, Auslandshilfe und flankierende wirtschaftliche Anreize (beispielsweise die jüngsten Verhandlungen zwischen den USA und Nordkorea, die Pjöngjangs Atomwaffenprogramm anscheinend zumindest verzögert haben). Inspektionen vor Ort mit begleitenden vertrauensbildenden Maßnahmen sind für eine Überwachung unbedingt notwendig, obwohl die Erfahrungen der UNOInspekteure im Irak (bis sie 1998 von Saddam Hussein ausgewiesen wurden) nicht ermutigend waren. Die Inspektionen im Irak waren die umfangreichsten, die jemals gegen einen souveränen Staat durchgeführt wurden. Aber selbst dort, in einem Gebiet so groß wie Kalifornien, waren sich die Inspektoren sicher, daß sie viele Tonnen waffenfähige Chemikalien und weitere vermutete Verstecke nicht gefunden haben.48 Die eigentliche Aufgabe der Nachrichtendienste besteht laut Aussage des Direktors des NPC weniger darin, den Fluß sämtlicher Rüstungsgüter auf der Welt zu stoppen, sondern eher, „die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen so lange zu verzögern, bis die Staaten zur Vernunft kommen“.49 Die Hoffnung liegt in der Änderung der Haltung von ausländischen Staatslenkern, die über die Einführung eines ABCWaffenprogramms nachdenken. „Langfristige Einflußnahme ist erfolgreich“, erklärte ein erfahrener britischer Diplomat.50 Möchtegern-Waffenproduzenten müssen überzeugt werden, daß Massenvernichtungswaffen weder für die Sicherheit noch für den Status notwendig sind, wie auch Brasilien und Südafrika schließlich erkennen mußten. -56-

In der Zwischenzeit suchen Diplomaten, Militärs und Politiker Hilfe von den Nachrichtendiensten, um die Weitergabe an ABC-Waffen in verantwortungslose Hände zu verhindern. Von Zeit zu Zeit, wenn „Schurkenstaaten“ die internationale Gemeinschaft bedrohen, werden die Geheimdienste vielleicht für aggressivere verdeckte Aktionen eingesetzt werden müssen. Unter gewissen Umständen sind geheime Operationen offenen Feindseligkeiten und den dabei unvermeidbaren zivilen Opfern vorzuziehen. Es gibt einen weiteren vielversprechenden Weg, um die Weiterverbreitung von Waffen zu bekämpfen, ohne zu drastischen Maßnahmen greifen zu müssen: Kooperation, das heißt, ein vermehrter Austausch von Informationen über Weiterverbreitungsaktivitäten zwischen den nationalen Nachrichtendiensten und internationalen Organisationen (siehe Kapitel 7). Die Präsidenten George Bush und Bill Clinton haben bereits Schritte in diese Richtung unternommen. Beide haben die „Task Force Iraq“ des DCI autorisiert, den Waffeninspekteuren der UNO Informationen - besonders Satellitenphotos - bis zu einem bisher „nie da gewesenen“ Grad weiterzugeben.51 1993 weitete Präsident Clinton die Weitergabe von Informationen (in begrenztem Umfang und gegen die Einwände von Abwehrspezialisten der CIA, die Sicherheitslücken befürchteten) auf mehrere Staaten aus, um gemeinsam den weltweiten Waffenhandel zu überwachen und zu kontrollieren.52 Das könnte letztendlich zur Bildung einer effektiven nachrichtendienstlichen Abteilung der UNO führen, die auf Satelliten und andere Überwachungstechniken und auch auf das analytische Fachwissen der Mitgliedstaaten zurückgreifen kann. Eine Verstärkung der Kooperation der Nachrichtendienste der friedfertigen Staaten könnte sich als wirkungsvollste aller amerikanischen Strategien gegen die Weiterverbreitung erweisen. -57-

KAPITEL 2 JAMES BOND AUF DEM GLOBALEN MARKTPLATZ „Krieg und Handel sind nichts weiter als zwei unterschiedliche Mittel, um dasselbe Ziel zu erreichen, nämlich das zu erlangen, was erwünscht ist.“ Benjamin Constant, zitiert in Hirschman, National Power and the Structure of Foreign Trade, 1945 DIE VERTEIDIGUNG DES WOHLSTANDS Das Erlangen von Wissen über militärische Bedrohungen aus dem Ausland und die Politik, die diese anheizt, ist und wird auch weiterhin das oberste Ziel der Nachrichtendienste sein. Es geht hierbei schließlich um Leben und Tod, und das Gespenst der atomaren Vernichtung geht noch immer um. Dennoch haben auch Fragen der wirtschaftlichen Sicherheit immer ganz oben auf der nationalen Sicherheitsagenda gestanden. Ein Geheimdienstexperte erklärte, warum dies wichtig für eine Nation ist: „In ihrer einfachsten Form ist diese nachrichtendienstliche Tätigkeit darauf ausgerichtet, der Regierung dabei zu helfen, die Wirtschaft besser zu organisieren.“1 Als das Interesse an Geheimdienstinformationen über die Wirtschaft sich während einer kurzen Spanne der ersten Amtszeit Clintons in den Vordergrund drängte, verwandte die Regierung manchmal (zum Beispiel im Vorlauf zu internationalen Wirtschaftskonferenzen) fast 40 Prozent der Ressourcen der Nachrichtendienste für internationale Wirtschaftsfragen. Selbst während des Kalten Krieges, als Moskaus politische und militärische Manöver den größten Teil der Aufmerksamkeit der Geheimdienste auf sich zogen, wandten -58-

sie im beträchtlichen Ausmaß Finanzmittel und analytisches Talent auf, um das sowjetische Wirtschaftssystem zu überwachen, „das größte einzelne Projekt im Bereich der Sozialwissenschaften, das jemals durchgeführt wurde“.2 Der CIA gelang es, den Niedergang der sowjetischen Wirtschaft während ihrer letzten Phase zwischen 1984 bis 1991 genau zu verfolgen, obwohl sie - wie alle anderen auch - den kompletten Zusammenbruch nicht vorhergesehen hatte.3 Ökonomische Sicherheit ist also keineswegs etwas Neues auf der Tagesordnung der Nachrichtendienste, aber die spezifischen wirtschaftlichen Interessen der politisch Verantwortlichen (und als Folge davon auch der Manager und Geheimdienste) haben sich mit der Zeit verändert. In den 70er Jahren waren zum Beispiel die Weizenproduktion der UdSSR und die Preispolitik der OPEC die obersten Prioritäten der Nachrichtendienste, während es in den 90er Jahren die Wirksamkeit des Waffenembargos gegen den Irak und die Erdöllieferungen an Serbien waren. Die allgemeinen ökonomischen Kategorien, die von den Planern der Nachrichtendienste für wichtig gehalten werden, sind jedoch einigermaßen konstant geblieben. Sie schließen Informationen über und Verständnis von globalen ökonomischen Trends mit ein, internationale Finanz- und Handelsfragen, die Verfügbarkeit knapper Ressourcen und die weltweite technologische Entwicklung. Nicht dazu gehört die Industriespionage. Industriespionage Der Zweck der wirtschaftlichen Aktivitäten der Nachrichtendienste besteht darin, der US-Regierung Informationen über die wirtschaftlichen Entscheidungen und Aktivitäten ausländischer Regierungen zu liefern, weniger ausländischer Unternehmen. Diese Informationen stützen sich auf Erkenntnisse, die sowohl aus offenen (legalen) als auch geheimen (illegale Spionage) Quellen gewonnen werden, in -59-

einem Verhältnis von ungefähr 95 zu 5 Prozent. Aus mehreren Gründen lehnen die Nachrichtendienste Industriespionage ab, das heißt, heimlich gewonnene Informationen an private amerikanische Firmen weiterzugeben. Zunächst haben die Unternehmen selten um Unterstützung gebeten. Die größten Konzerne verfügen längst über ihre eigenen Möglichkeiten, ausländische Konkurrenten auszuspionieren, oft werben sie ehemalige Mitarbeiter von CIA und FBI an. Außerdem dringen die Agenten, die in aller Welt für die US-Geheimdienste tätig sind, in Regierungskreise und nicht in Unternehmen ein, allerdings werden in einigen Ländern Industriezweige wie Luftfahrt und Telekommunikation von der Regierung betrieben). Und wenn ein Agent der CIA ertappt wird, wie er sich um Mitternacht in der Firmenzentrale von Toyota am Safe zu schaffen macht, dann könnten die Auswirkungen auf die amerikanischjapanischen Beziehungen so negativ sein, daß derartige Versuche extrem kontraproduktiv sind. Vor allem, da japanische Autos durch Jointventures oft in den USA montiert werden und so Jobs für amerikanische Arbeiter schaffen. Bedenkt man die internationalen Beteiligungsverhältnisse und die internationale Zusammensetzung der Vorstände und Aktionäre bei den großen Konzernen, dann würde die CIA in große Schwierigkeiten geraten, an wen sie Informationen über „ausländische“ Unternehmen weitergeben sollte. Wäre das Unternehmen, dem die CIA helfen wollte, auch ausreichend amerikanisch, um Top-Secret-Informationen zu empfangen? Der Flugzeughersteller Boeing im Staate Washington ist ein gutes Beispiel für die Komplikationen, die die Globalisierung der Wirtschaft heutzutage mit sich bringt. Wenn die CIA Boeing mit geheimen Informationen über dessen europäischen Konkurrenten Airbus versorgt, schadet sie damit nicht einer anderen amerikanischen Firma, nämlich General Electric, die Triebwerke für den Airbus herstellt? Manche US-Firmen -60-

machen im Ausland einen größeren Profit als in den Vereinigten Staaten (zum Beispiel General Motors) und wollen diese Märkte nicht durch einen Spionageskandal gefährden. Und wenn drei oder vier konkurrierende amerikanische Unternehmen zur Auswahl stehen, wer von ihnen soll dann die Informationen bekommen? Und selbst wenn man die Weitergabe von Informationen befürwortet, können dann die sensiblen Quellen und Methoden, auf denen die nachrichtendienstliche Tätigkeit basiert, geheimgehalten werden? Der Handel zwischen den Ländern ist so komplex ineinander verwoben, daß Industriespionage durch amerikanische Geheimdienste viele Alarmglocken schrillen lassen würde. Ein ehemaliger Verteidigungsminister hat eine andere Metapher bemüht, als er warnte, daß Industriespionage durch amerikanische Geheimdienste nicht bloß ein schlüpfriger Abhang sei, sondern ein „jäher Abgrund“.4 Als ein Ergebnis dieser Überlegungen hat sich die CIA entschlossen, „keine Wirtschaftsspionage gegen ausländische Firmen zugunsten amerikanischer Unternehmen zu betreiben“, eine Position, die von den DCIs Gates und Woolsey während ihrer Amtszeit bekräftigt wurde.5 Dieser politische Standpunkt erfreut sich auch unter den Geheimdienstoffizieren großer Beliebtheit; von einem ist der Ausspruch überliefert: „Ich bin bereit, mein Leben für mein Land zu geben, aber nicht für eine Firma.“6 Manchmal erlangen die Geheimdienste während ihrer normalen Spionagetätigkeit Kenntnis von offensichtlich wichtigen wirtschaftlichen Daten über ausländische Firmen. In diesen Fällen verfügen sie über einen gewissen Ermessensspielraum, ob sie diese Informationen an das Handels- oder Außenministerium weiterleiten. In den Ministerien werden alle verräterischen Hinweise entfernt, die auf Quellen und Methoden der Dienste hinweisen könnten, und dann werden die Informationen manchmal an US-Firmen weitergegeben. Das hat den Charakter von ad hoc-Beziehungen -61-

zwischen der Regierung und verschiedenen amerikanischen Konzernen.7 Diese dunklen Arrangements sind nur ungenügend koordiniert, folgen keinen einheitlichen Richtlinien und sind, falls sie vertrauliches Material enthalten, stets von Enthüllung bedroht. In der Defensive Die Nachrichtendienste helfen der amerikanischen Wirtschaft systematischer und völlig legal durch die Spionageabwehr. Laut einer Aussage des DCI Gates im Jahre 1992 betrieben seit Ende des Kalten Krieges ungefähr 20 Nationen Wirtschaftspionage gegen die Vereinigten Staaten.8 Vier Jahre später berichtet ein Dokument des Senats, daß die Zahl von Staaten, die versucht haben, mittels Spionage an amerikanische Hochtechnologie zu kommen, auf über 50 gestiegen ist.9 Eine andere Untersuchung behauptet, daß China, Kanada, Frankreich, Indien und Japan (in absteigender Folge) am aggressivsten Industriespionage gegen die Vereinigten Staaten betreiben; Deutschland, Südkorea, Rußland, Taiwan, England, Israel und Mexiko folgen auf dem Fuß.10 1999 deckte das Cox-Komitee auch umfangreiche chinesische Spionageaktivitäten gegen Ziele der USVerteidigung auf,11 und eine neuere Studie weist auf die aggressive Wirtschaftsspionage gegen die USA von Frankreich, Israel und Südkorea hin.12 „In diesem Spiel der internationalen (Industrie-)Spionage gibt es weder Freunde noch Verbündete“, warnte ein FBI-Agent.13 Ein Standpunkt, der von keinem Geringeren als dem früheren Direktor des französischen Geheimdiensts, Pierre Marion, bestärkt wird. „Es wäre nicht normal, wenn wir die Vereinigten Staaten politisch ausspionierten“, vertraute er 1991 der Fernsehsendung Expose des Senders NBC an. „Wir sind Verbündete, aber im wirtschaftlichen und technologischen Wettbewerb sind wir Konkurrenten, dort sind wir nicht verbündet.“14 -62-

Mit Trainingsprogrammen zur „Entwicklung eines Bewußtseins für Spionage und Spionageabwehr“ (DECA) und dem „Programm zur Abwehr von Industriespionage“ (ECP) berät das FBI US-Unternehmen, wie sie sich gegen Spionage schützen können, sei es durch fremde Firmen oder durch einen ausländischen Geheimdienst.15 Ein neues Programm des FBI, „Bewußtsein für nationale Sicherheitsprobleme und Lösungen“ (ANSIR), informiert und warnt amerikanische Firmen hinsichtlich der Aktivitäten von Geheimdiensten, die gegen sie gerichtet sein könnten. Allein in den Geschäftsjahren 1993 und 1994 beriet das FBI beinahe 20 000 Firmen, wie sie ihre Betriebsgeheimnisse schützen können. Die Behörde führt auch vergleichbare Seminare für Universitäten, Laboratorien und Kommunalverwaltungen durch,16 obwohl der chinesische Spionageskandal von 1999 darauf hinweist, daß die Lektionen nicht ausgereicht haben, um die atomaren Staatsgeheimnisse in den Laboratorien von Los Alamos zu schützen. Als zusätzliche Abschreckung gegen Industriespionage wurde der Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen 1996 durch den Economic Espionage Act zu einem Vergehen gegen das Bundesgesetz erklärt.17 Außenund Verteidigungsministerium blockieren gelegentlich Verkaufsgeschäfte des Handelsministeriums, um zu verhindern, daß sensible wissenschaftliche Informationen in die Hände von potentiell feindlichen Staaten fallen. Solche Aktionen zeigen, wie die amerikanischen Exportkontrollgesetze benutzt werden können, um die weltweite Verbreitung von Militärtechnologie zu verhindern oder zumindest zu verzögern. Das jüngste Beispiel ist das Veto gegen den Verkauf eines Kommunikationssatelliten an China, mit dem ein modernes Telefonnetz für einen Großteil Asiens aufgebaut werden sollte. Beamte aus Verteidigungs- und Außenministerium befürchteten, daß die Technologie, mit der der Satellit in seine Umlaufbahn gebracht wird, ebenfalls die Zielgenauigkeit der chinesischen Langstreckenraketen verbessern könnte.18 Das ist nur einer von -63-

vielen Kämpfen, die zwischen dem Handelsministerium mit seinen innenpolitischen Interessen und seinem Bestreben, die Geschäfte amerikanischer Firmen zu fördern, und den mehr traditionellen Außen-, Verteidigungs- und Finanzministerien und ihrer Ausrichtung auf Sicherheit stattfinden.

DIE ZIELE DER WELTWEITEN WIRTSCHAFTSSPIONAGE Abgesehen vom Problem der Industriespionage sind die Nachrichtendienste vollauf damit beschäftigt, die Anfragen der Politiker nach Informationen über die Weltwirtschaft zu beantworten, so die Aussage eines ehemaligen Vizedirektors des National Intelligence Council (NIC), dem Gremium ranghöchsten Analysten der Dienste, das beim CIA angesiedelt ist.19 „Von uns wird heute verlangt, uns viel mehr mit allen weltwirtschaftlichen Fragen zu beschäftigen“, bestätigte DCI Woolsey 1995.20 Die nationale Wirtschaft Die wichtigste weltwirtschaftliche Aufgabe der Nachrichtendienste ist es, den amerikanischen Politikern dabei zu helfen, die „Ziele, Motivationen und Zwänge“ zu verstehen, die die wirtschaftlichen Entscheidungen anderer Staaten bestimmen.21 Die amerikanischen Geheimdienste versuchen zum Beispiel, den Fortschritt der wirtschaftlichen Reformen in Osteuropa und den ehemaligen Sowjetrepubliken zu verfolgen. Die wirtschaftliche Zukunft Rußlands ist ein wichtiges Thema für sich. Die Nachrichtendienste können schlecht die Frage der wirtschaftlichen Stabilität in einem Staat ignorieren, der über Tausende mit atomaren Sprengköpfen bestückte Interkontinentalraketen verfügt und sich durch eine schleichende Amerikafeindlichkeit auszeichnet.22 Nach Auskunft des obersten russischen Staatsanwalts, Juri Skuratow, wird die Hälfte aller -64-

russischen Geschäftsbanken von Kriminellen betrieben, die auch ungefähr die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts kontrollieren.23 Eine Umfrage aus dem Jahre 1998 zeigt, daß die Russen glauben, daß die Macht in ihrem Land viel wahrscheinlicher in den Händen von „kriminellen Strukturen und der Mafia“ liegt als beim Präsidenten und der Duma.24 Diese Situation verlangt Überwachung durch die Amerikaner,25 und CIA und FBI sind wahrscheinlich am ehesten in der Lage, über diese unseligen innenpolitischen Zustände in Rußland zuverlässige Informationen zu sammeln. Um die internationalen kriminellen Aktivitäten zu bekämpfen, richtete der DCI Woolsey 1994 beim CIA das Crime and Narcotics Center (CNC) ein, indem er das 1998 gegründete Antidrogenzentrum umbenannte und seine Aufgaben erweiterte. Das neue CNC besteht aus ungefähr 200 Mitarbeitern, 90 Prozent von ihnen kommen von der CIA. Jede Gruppe, die unter Verdacht steht, in die internationale Kriminalität verwickelt zu sein, die mehr als 200 Personen umfaßt und hierarchisch organisiert ist, wird zum Ziel des CNC. Wichtige Zielgruppen bilden Organisationen in Rußland, von denen einige auch im Westen aktiv sind, in Nigeria, die in 80 Ländern aktiv sind, und in verschiedenen asiatischen Staaten. Die drei Hauptfelder, um die sich das CNC kümmert, sind Betrug (zum Beispiel korrupte Geschäftspraktiken, Fälschungen und Finanzbetrug), Bedrohungen für Amerika (Drogendealer, internationale Händler von Kinderpornographie) und Fragen globaler Stabilität (wie der Waffenhandel). Die Überschneidungen der Aufgaben des CNC und anderer Center des DCI - besonders der Center für Terrorismusbekämpfung und Nichtweiterverbreitung - sind offensichtlich, und es findet ein bereitwilliger Austausch von Informationen und Personal statt. Die Zusammenarbeit mit dem FBI in Sachen Kriminalität ist ebenfalls „besser als in den letzten dreißig Jahren“, wie der Direktor des CNC behauptet. Er fügt hinzu: „Das muß sie auch -65-

sein, weil die Nachrichtendienste sich heute mit viel mehr Problemen in der Welt beschäftigen müssen.“26 Nachrichtendienstliche Ermittlungen über die wirtschaftlichen Bedingungen abgeschotteter Gesellschaften wie in Nordkorea oder im Irak sind ebenfalls wertvoll, da solche Informationen oft kaum durch andere Mittel als das der Spionage zu erlangen sind. Das Wissen über die wirtschaftliche Gesundheit eines Staates kann viel über die Aussichten seiner Stabilität und seine militärischen Fähigkeiten aussagen. Das macht es für die Beamten im Außenministerium doppelt interessant. Viele US-Regierungsbehörden verfügen häufig über genauso gute, wenn nicht gar bessere Informationen als die Nachrichtendienste. Erstklassige Ökonomen im Finanz-, Handels- und Außenministerium wissen vielleicht mehr über bestimmte internationale Finanzprobleme als irgendein Analyst der CIA. Den Nachrichtendiensten erschließt sich jedoch oft eine Perspektive, die andere Behörden und Ministerien übersehen, besonders die „Perlen“ vertraulicher Informationen, die vielleicht von einem abgehörten Telefongespräch oder einem Agenten tief im Handelsministerium eines ausländischen Wirtschaftskonkurrenten abgeschöpft werden. Außerdem sind die Regierungsbehörden (vor allem das Außenministerium) manchmal einfach zu beschäftigt und verfügen über zu wenig Personal, um detaillierte Wirtschaftsberichte anzufertigen. Selbst die grundlegende Tätigkeit, offen zugängliche Informationen über Wirtschaftsthemen im Ausland zu sammeln, ist durch beträchtliche personelle Einschnitte beim Botschaftspersonal in aller Welt sehr eingeschränkt worden. Als Reaktion wenden sich die Beamten zunehmend an die Nachrichtendienste, um die Engpässe auf dem weiten Feld der Außenpolitik zu überbrücken. Ein erfahrener Regierungsbeamter bemerkte: „Die Analysten der Nachrichtendienste erledigen 90 Prozent der 27 außenpolitischen Analysen der Regierung.“ -66-

George Tenet, der derzeitige DCI, argumentiert außerdem, daß die Ministerien ohnehin bereits ausgelastet sind, ohne die zusätzliche Aufgabe der Sammlung und Weitergabe von Informationen. „Wenn die CIA keine Informationen beschafft, auswertet und weitergibt, wer soll es dann tun?“ fragte er. „Manche sagen, es sei die Aufgabe des Außen- oder Verteidigungsministeriums, aber nach meiner Ansicht würden sie dadurch über Gebühr belastet. Unser demokratisches System verpflichtet diese Behörden, im Namen des Präsidenten Politik zu formulieren und sie in der Öffentlichkeit und vor dem Kongreß zu verteidigen. Das ist eine schwere Verantwortung.“28 Auch stehen die verschiedenen Ministerien nicht im besten Ruf, was die Zusammenarbeit und den Austausch von Informationen untereinander oder mit den Nachrichtendiensten angeht. „Viele politische Entscheidungsträger wachen eifersüchtig über ihre analytischen Funktionen“, bemerkte zutreffend ein Beobachter der internationalen Wirtschaftspolitik, wie sie in Washington praktiziert wird, „und sie betrachten die Analysen der Nachrichtendienste als unwillkommene und nicht sehr nützliche Einmischung in ihre Angelegenheiten“.29 Solchen Hindernissen zum Trotz hat die CIA die führende Rolle dabei übernommen, die politischen Entscheidungsträger mit nützlichen Informationen über die Wirtschaft zu versorgen genauso wie die Führungsrolle bei der Rüstungskontrolle während des Kalten Krieges. Die CIA hat sich angeboten, weil sie über ein Hauptquartier und ein weltweites Spionagenetz verfügt, um diese Aufgabe zu bewältigen. Darüber hinaus erfreut sich die CIA einer umfangreichen Druckerei, die den Analysten rund um die Uhr zur Verfügung steht, um auffallende, vierfarbige Graphiken von Wirtschaftsstatistiken auf Hochglanzpapier zu bringen und hübsch gebunden zu präsentieren. Die Mitarbeiter der CIA sind zudem darin geübt, Berichte zu schreiben, die von vielbeschäftigten Politikern ohne wirtschaftliches Expertenwissen leicht verstanden werden -67-

können. Abgesehen von diesen institutionellen Vorteilen gibt es auch noch die geheimen Informationen, die die CIA in die Berichte aus offenen Quellen einfügen kann. Ein zusätzlicher Anreiz ist der „TOP SECRET”-Stempel auf den Berichten der Behörde, der den gehetzten Beamten zuruft: „Lies mich zuerst!“ Und schließlich hat die CIA über die Jahre ein schnelles Verteilungssystem entwickelt, um ihre Berichte in die Akteneingänge der höchsten Regierungskreise in Washington zu lancieren. Auch wenn die Nachrichtendienste bei Fragen der internationalen Wirtschaft nicht notwendigerweise klüger als andere in der Regierung sind, so sind sie doch bei der Verarbeitung und der Verteilung von Informationen führend. „Die Fähigkeit, sowohl offene als auch vertrauliche Quellen abzuschöpfen, besteht bis heute allein in den Nachrichtendiensten“, bemerkte ein Experte, „sie bleiben also die einzige Wahl für eine Informationsgewinnung aus allen Quellen.“30 Die Ministerien wissen noch einen anderen Vorteil zu schätzen, wenn sie ihre Informationslücken durch die CIA und die anderen Dienste schließen lassen: Die analytische Unterstützung der Nachrichtendienste steht ihnen kostenfrei zur Verfügung. Als Ergebnis dieser Fähigkeiten übernehmen die Nachrichtendienste häufig die Initiative, wenn es darum geht, die von den Politikern angeforderten wirtschaftlichen Portfolios zusammenzustellen. Der Chefanalyst des DCI sagte 1995: „Die Nachrichtendienste sind nicht die Hauptquelle für ökonomische Analysen. Unsere Stärke - und unsere Hauptaufgabe besteht darin, die entscheidenden nicht öffentlich zugänglichen Informationsstücke herauszubekommen und diese dann mit einer weit größeren Menge an öffentlich zugänglichem Material zu einem Bild zusammenzufügen, das die Pläne und Absichten der ausländischen Regierungen deutlich macht und, -68-

was genauso wichtig ist, das exakt auf die unmittelbaren, spezifischen Bedürfnisse der amerikanischen Politiker zugeschnitten ist.“31 Die findigen politischen Beamten informieren sich ebenfalls bei den Ökonomen im Außen-, Wirtschafts- und Finanzministerium, in der Notenbank, im Büro des USHandelsbeauftragten und in verschiedenen anderen internationalen Organisationen. Der weise Entscheidungsträger wird außerdem auf Informationen aus den führenden Zeitungen und Periodika, von vertrauenswürdigen Lobbyisten und der Stimmung auf dem Kapital zurückgreifen. Spiel ohne gezinkte Karten Ebenfalls ganz oben auf der Liste der Nachrichtendienste, und das ist eine neuere Aufgabe, steht die Überwachung unfairer Handelspraktiken ausländischer Regierungen. DCI Woolsey soll dieser Aufgabe mit „besonderem Vergnügen“ nachgegangen sein.32 Das Ziel ist es, der amerikanischen Wirtschaft einen fairen Zugang zum globalen Marktplatz zu sichern, oder, wie es im Washingtoner Jargon heißt, für ein „Spiel ohne gezinkte Karten“ zu sorgen; zum Beipiel wenn sich US-Firmen gegen ausländische Konkurrenten um Aufträge bewerben (falls man im Zeitalter multinationaler Konzerne „ausländische“ und „amerikanische“ Firmen noch klar unterscheiden kann). Das weltweite Agentennetz der CIA hält nach Anzeichen Ausschau, ob eine Regierung die Ausschreibungen für einen Vertrag manipuliert, jemanden bevorzugt mit Informationen versorgt, Bestechungsgelder von Firmen annimmt, Gewinnbeteiligungen erhält oder sich anderer unangemessener Geschäftspraktiken bedient, sofern diese die Vereinigten Staaten benachteiligen. „Wir sammeln Nachrichten über Versuche, ausländische Unternehmen und Regierungen zu bestechen; wenn zum Beispiel ein Auftrag zum Bau eines Flughafens lieber an eine -69-

europäische als an eine amerikanische Firma vergeben wird“, erklärte Woolsey. Das Außenministerium warnt dann die betreffende Regierung, daß sie dabei ist, ihre guten Beziehungen zu den Vereinigten Staaten aufs Spiel zu setzen. „Häufig, aber nicht immer, werden die Aufträge dann neu ausgeschrieben, und die amerikanische Firma wird beteiligt.“33 Die Aspin-BrownKommission berichtet, daß derartige diplomatische Interventionen amerikanischen Firmen allein zwischen 1993 und 1996 Aufträge in Höhe von Milliarden Dollar gesichert haben, die ansonsten verlorengegangen wären.34 Dossiers für Diplomaten Die Nachrichtendienste sammeln auch Informationen, die USUnterhändlern bei internationalen Handelskonferenzen von Nutzen sein können, was ein ehemaliger Geheimdienstoffizier als „taktische Leckerbissen“35 bezeichnet hat. Auf ihrem Weg zu einer Konferenz über das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) können amerikanische Diplomaten zum Beispiel von nachrichtendienstlichen Erkenntnissen profitieren, aus denen hervorgeht, welche Koalitionen sich bei welchen Themen wahrscheinlich bilden und wie die verschiedenen Staaten wohl abstimmen werden. Ein Geheimdienstler drückte es so aus: „Wir können nicht unbewaffnet in derartige Konferenzen gehen.“ 36 1993 sollen amerikanische Agenten in der Europäischen Gemeinschaft an Daten gekommen sein, die US-Diplomaten dabei geholfen haben, sich für die Welthandelskonferenz in Uruguay vorzubereiten.37 1995 erhielten die Nachrichtendienste Kenntnis von aufschlußreichen Informationen über die japanische Verhandlungsposition in Sachen Autohandel mit den Vereinigten Staaten.38 Während der Verhandlungen mit den Japanern in Genf werden die amerikanischen Vertreter ständig von Geheimdienstmitarbeitern mit den neuesten HUMINT- und SIGINT-Erkenntnissen über die japanischen Positionen -70-

versorgt, auch mit Einschätzungen, wie weit sich die japanische Seite wohl unter Druck setzen ließ.39 Sehr beliebt sind bei den US-Unterhändlern Persönlichkeitsprofile, die die CIA von den Leuten anfertigt, denen sie am Verhandlungstisch gegenübersitzen werden. Die Informationen werden zur einfachen Handhabung ins Format einer Karteikarte gebracht. Manchmal befinden sich darunter auch delikate Details aus dem Privatleben der ausländischen Diplomaten. Auch Telefonmitschnitte von Gesprächen der gegnerischen Verhandlungspartner vom Vortag der Konferenz (dank der NSA) sind oft hilfreich. Kluge Empfänger dieser Informationen wissen jedoch, daß solche Mitschnitte eine riskante Quelle darstellen, weil die andere Seite eventuell bewußt täuschen will, oder die Abgehörten waren vielleicht auch nur schlecht informiert. Die US-Unterhändler finden die täglich eingereichten Interna (wie Telefonmitschnitte) gelegentlich sehr nützlich, sind aber von den allgemeinen Einschätzungen der Analysten meistens wenig beeindruckt.40 Die ökonomische Agenda der Diplomaten und Spione erweitert sich manchmal. 1999 ermutigte Präsident Clinton die Internationale Arbeitsorganisation dazu, ein Abkommen zu verabschieden, das die schlimmsten Formen der Kinderarbeit verbietet, einschließlich der Ausbeutung von Kindern durch Pornographie und Prostitution. Zur Unterstützung des Abkommens erließ der Präsident die Anordnung, eine Liste von Staaten und Unternehmen anzufertigen, die sich der Kinderzwangsarbeit bedienen.41 Das Sammeln solcher Daten erfordert ohne Zweifel geheime und nicht nur offene Nachforschungen. Damit erhalten die Nachrichtendienste eine weitere Aufgabe innerhalb der internationalen Wirtschaftspolitik.

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Die Überwachung von Sanktionen Da die Vereinigten Staaten in den letzten Jahren zunehmend zum Mittel der Sanktionen gegriffen haben, um Länder zu bestrafen, die ihren globalen Interessen zuwiderhandeln, werden die Nachrichtendienste beauftragt, deren Wirksamkeit zu überprüfen. Dazu gehört die Überwachung von Aktivitäten bestimmter ausländischer Unternehmen, einschließlich ihrer Verbindungen zu internationalen Banken und ihr Gebrauch der verschiedenen Kommunikationsmittel (Telefon, Fax, E-Mail). Außerdem wird von der CIA erwartet, daß sie den Fluß von Erdöl, Waren und Waffen in und aus verdächtigen Ländern beobachtet. Zu diesem Zwecke unterhält die CIA überbehördliche Teams, die ein Auge auf die Sanktionen haben und den Schiffsverkehr und andere Handelswege nach dem Irak, Pakistan, Iran, China und Serbien überwachen. Die Informationen, die diese Teams analysieren, werden dann an das Finanzministerium weitergeleitet, das für die Durchsetzung von Handelssanktionen zuständig ist. Sollte der Präsident beispielsweise die Marine anweisen, verdächtige Schiffe mit Kurs auf den Irak zu kontrollieren, dann ist die CIA in der Lage, am Computer für jedes Schiff schnell zu überprüfen, ob der Eigner schon einmal versucht hat, eine internationale Blockade zu durchbrechen. Investitionskontrolle Die Nachrichtendienste verfolgen die Versuche des Auslands, in den Vereinigten Staaten zu investieren oder Immobilien zu erwerben. Um dieser Aufgabe nachzukommen, versorgen die Dienste das Komitee für ausländische Investitionen in den Vereinigten Staaten mit Informationen über derartige Aktivitäten. Das Komitee ist eine überbehördliche Einrichtung, in der das Handelsministerium die Hauptrolle spielt.

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Schutz vor Wirtschaftskriminalität In der umfangreichen Datenbank der CIA über wirtschaftliche Aktivitäten befinden sich detaillierte Profile von Unternehmen, die in unsaubere Geschäfte verwickelt waren, zum Beispiel das Unterlaufen von Sanktionen, Geldwäsche, Handel mit radioaktivem Material oder Geschäfte mit bekannten Terrororganisationen. Das sind „böse Akteure“ auf dem globalen Marktplatz. Auch Notenbank, Handels- und Finanzministerium besitzen umfangreiche Firmenregister dieser Art, aber die Geheimdienste liefern der Regierung zu übelbeleumdete ausländische Firmen oft nützliche Informationen. Die Dienste leiten diese Daten an die Ministerien weiter, und diese warnen amerikanische Banken und Unternehmen, sich vor diesen Firmen in acht zu nehmen. Der Kampf gegen Drogen Im zwielichtigen Bereich der „Untergrundwirtschaft“ wurden die Nachrichtendienste in den Krieg gegen das international organisierte Verbrechen einbezogen, besonders in den Drogenhandel (ein DCI bezeichnete ihn als „Haupteinnahmequelle“ der internationalen Verbrecherbanden).42 Die amerikanischen Geheimdienste haben diesen Kampf gegen die Drogen nur widerwillig aufgenommen, weil sie wußten, daß die Polizeibeamten des FBI und der Antidrogenbehörde (DEA) erfahrener und besser ausgerüstet sind, um sich mit den gefährlichen Dealern auseinanderzusetzen, die den Kokain- und Heroinhandel kontrollieren. Das Crime and Narcotics Center (CNC) des DCI verfügt über einen Fundus an Informationen, die die Nachrichtendienste über die Profite der Drogenhändler - die sogenannten „Narcodollar“ und über Geldwäsche gesammelt haben. Verdächtige Verbindungen zwischen Drogenkartellen und internationalen Banken werden nach Hinweisen auf illegale Drogengeschäfte -73-

überprüft, und wenn die Möglichkeit für Festnahmen besteht, informiert das CNC die Beamten von FBI und DEA. Wenn sich dieses Konzept der nachrichtendienstlichen Unterstützung für die Polizeibehörden in der Theorie auch gut anhört, gewinnen die Drogenkartelle in diesem Krieg dennoch die Oberhand, obwohl einige der wichtigsten Kartelle (einschließlich der berüchtigten Drogenbarone von Cali) von der US-Regierung zur Strecke gebracht wurden. Von der Gesamtmenge aller illegalen Substanzen, die für die Vereinigten Staaten bestimmt sind, werden tatsächlich nur 30 Prozent abgefangen. Auch wenn das eine Verbesserung von 10 Prozent gegenüber dem letzten Jahrzehnt darstellt, ist diese Bilanz noch immer deprimierend, weil die restlichen 70 Prozent die amerikanische Nachfrage nach illegalen Drogen abdecken.43 In Peru, Bolivien und Kolumbien werden jedes Jahr 500 bis 600 Tonnen Kokain produziert, von denen 300 Tonnen in die USA verfrachtet werden; der Rest geht hauptsächlich nach Europa.44 1999 ging die Produktion in Peru und Bolivien stark zurück, aber Kolumbien füllte diese Lücke ohne Schwierigkeiten aus. Fast zwei Drittel des für die Vereinigten Staaten bestimmten Kokains kommen über Mexiko ins Land und ungefähr ein Drittel über die Karibik mit Haiti als dem am schnellsten wachsenden Umschlagplatz (zur Zeit fast 4 Tonnen pro Monat).45 Jedes Jahr werden aus Rohopium circa 300 Tonnen Heroin gewonnen, hauptsächlich in Burma und Afghanistan. 10 Tonnen gelangen in die Vereinigten Staaten, der Rest vor allem nach Rußland und Osteuropa.46 Die vergeblichen Bemühungen haben Kritiker zu der Schlußfolgerung veranlaßt, daß der Erfolg nicht beim Abfangen von Drogen liegen kann. Bedenkt man die Tausende von Schiffen, Flugzeugen und Autos, die jedes Jahr in den Vereinigten Staaten eintreffen, dann gleicht das der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Es verspricht mehr Erfolg, die amerikanischen Konsumenten davon abzuschrecken, die -74-

zerstörerischen Drogen zu kaufen.47 Die Vereinigten Staaten müssen ihre Bürger ganz entschieden aggressiver über die Gefahren der illegalen Drogen aufklären, vor allem die Hauptdrogenkonsumenten: weiße, wohlhabende Männer in den späten Zwanzigern und frühen Dreißigern. Die derzeitigen Ausgaben von rund 18 Milliarden Dollar pro Jahr haben sich als nicht ausreichend erwiesen, um den „Volksfeind Nummer l ” zu besiegen, wie Präsident George Bush die Drogen in seinem ersten Amtsjahr oft bezeichnet hat. Für eine bessere Aufklärung ist es wichtig, falsche Vorstellungen über Drogen zu widerlegen, zum Beispiel die weitverbreitete Auffassung, daß das Inhalieren von Heroin (im Unterschied zum Injizieren mit der Spritze) eine Abhängigkeit verhindert.48 Außerdem sind effektivere Therapien für bereits Abhängige notwendig.49 Die konstruktive Rolle, die die Nachrichtendienste (oder FBI und DEA) bei der Drogenbekämpfung spielen können, ist relativ begrenzt im Vergleich zu den Resultaten, die man erzielen kann, wenn man mehr Mittel in Antidrogenkampagnen und Gesundheitsprogramme steckt, das heißt, die Aufmerksamkeit von der Angebots- auf die Nachfrageseite lenkt. EINE ZEIT DES ÜBERGANGS All diese Beispiele zeigen, daß Amerikas Geheimdienste beträchtliche Mittel auf Fragen der internationalen Wirtschaft verwenden. Laut Aussage eines hohen Geheimdienstoffiziers ist noch nicht „entschieden“, welche Bedeutung dieser Aufgabe tatsächlich zukommt, denn am Ende des 20. Jahrhunderts „wir befinden uns noch immer in einer Übergangsphase“.50 Die Finanzkrise in Asien in den späten 90er Jahren hat das Interesse an nachrichtendienstliche Aktivitäten in der Weltwirtschaft neu belebt. Es bleibt jedoch die Frage bestehen, ob die Geheimdienste tatsächlich über die Informationen und Einschätzungen hinausgehen können, die bereits von Handelsund Finanzministerium und anderen Regierungsbehörden -75-

geliefert werden, ganz zu schweigen von den vielbeachteten Berichten über Wirtschaftsfragen, die in der New York Times, dem Wall Street Journal und dem Economist veröffentlicht werden. Zur Rechtfertigung des Engagements der CIA in ökonomischen Fragen betonen die Mitarbeiter gern, daß die Bedürfnisse der Beamten in Washington sich oft von denen der Investmentanalysten der Wall Street unterscheiden. Außerdem, so argumentieren sie, haben sich die Beamten der CIA zu Experten entwickelt, den gestreßten Politikern in Washington die Dinge „leicht verständlich zu machen“.51 Die CIA konzentriert sich auf die ökonomischen Probleme, die ganz oben auf der aktuellen Tagesordnung der Politiker stehen und liefern aktuelle Informationen und Erkenntnisse, die aufschlußreich sind und ansprechend präsentiert werden, die aus offenen und geheimen Quellen stammen und die die unmittelbaren Anliegen der Entscheidungsträger treffen. Das ist zumindest das Ziel, aber, wie wir in Kapitel 8 sehen werden, nicht unbedingt das, was im alltäglichen Rummel in Washington auch geschieht. Die CIA hat in letzter Zeit versucht, sich besonders auf drei Aktivitäten in bezug auf die Ökonomie zu konzentrieren.52 Als erstes versucht sie, die Bedürfnisse des Nationalen Wirtschaftsrates (NEC) zu befriedigen, der im ersten Jahr der Regierung Clinton (1993) als ökonomisches Gegenstück zum Nationalen Sicherheitsrat geschaffen wurde. Bo Cutter, der stellvertretende Direktor des NEC, entwickelte den Rat zu einem wichtigen Brennpunkt für die Aktivitäten der Dienste in Sachen Wirtschaft. Er nutzt die CIA als verlängerten Arm seiner eigenen Belegschaft und verleiht der Arbeit der Behörde auf diesem Gebiet eine hohe Glaubwürdigkeit. Der NEC ist besonders am Verständnis der Politik der wechselnden Koalitionen bei internationalen Handelskonferenzen interessiert, und laut Cutter ist die Arbeit der CIA dabei von Nutzen gewesen.53 Am wichtigsten waren jedoch die täglichen -76-

„taktischen” Informationen, die die CIA über wirtschaftliche Ereignisse in aller Welt liefert, von der Höhe der Getreideproduktion bis zu Karten des internationalen Öltankerverkehrs.54 Zweitens hat die CIA versucht, über die traditionelle Beobachtung der Wirtschaft einzelner Staaten hinauszugehen. Aufgeschreckt durch die asiatische Finanzkrise 1997-98 verlangten Bo Cutter und andere Abnehmer von Informationen in der Regierung eine breitere Einschätzung der Weltwirtschaft, eine „integrierte transnationale Analyse“, wie es im Washingtoner Jargon heißt. Es reicht nicht mehr, zu wissen, was in einem bestimmten Land vorgeht. Wichtiger ist das Verständnis der globalen wirtschaftlichen Interaktionen zwischen den Staaten und die unerwartete Dynamik, die sie entfalten können. Kürzlich führte der National Intelligence Council eine eintägige „Spielsimulation“ durch, an der Geheimdienstler und Politiker mitwirkten. Die Teilnehmer hielten diese Erfahrung für nützlich, um ein Gefühl für die Dynamik der heutigen Geoökonomie zu entwickeln.55 Und drittens versuchen die Analysten der Dienste, vom höchsten Offizier bis zum Anfänger, detailliertere wirtschaftliche Einschätzungen zu verfassen. Heutzutage sind die Berichte der Nachrichtendienste angefüllt mit möglichen Szenarien. Es wird eine ganze Palette an möglichen Richtungen angeboten, die die internationale Wirtschaft einschlagen könnte, und jedem Weg wird eine Wahrscheinlichkeit zugeordnet. Dahinter steht die Absicht, die Politiker daran zu erinnern, daß die Analysten der Nachrichtendienste - normale Sterbliche wie wir alle - niemals sicher wissen, was genau passieren wird. Sie können sich nur auf ihre Erfahrung und ihr Fachwissen stützen, um die Wahrscheinlichkeit bestimmter Ereignisse abzuschätzen. Anders als während des Kalten Krieges präsentiert man den Politikern heute weniger Berichte, die ein Bild nur in Schwarz und Weiß malen. Heutzutage sind Grauschattierungen an der -77-

Tagesordnung. Wenn dieser Ansatz für die Staatslenker, die eindeutige Ratschläge und definitive Antworten wollen, auch oft frustrierend ist, so ist er jedoch auch weniger irreführend. Er gibt den Entscheidungsträgern lediglich Hinweise auf die möglicherweise beste von verschiedenen Optionen. DIE BEDEUTUNG ÖKONOMISCHER SICHERHEIT „Unsere nationale Sicherheit ist untrennbar mit unserer ökonomischen Sicherheit verbunden“, erklärte Warren Christopher, der erste Außenminister der Regierung Clinton.56 Gleichzeitig versprach Präsident Clinton, ungeachtet der Spionage Chinas gegen die Vereinigten Staaten, daß er für eine bessere Sicherheit in den nationalen Waffenlaboratorien und für vermehrtes wirtschaftliches Engagement in China sorgen werde, „da beides im nationalen Interesse liegt“.57 Die meisten Informationen über die Wirtschaft, die von USPolitikern benötigt werden, lassen sich aus offen zugänglichen Quellen besorgen. Also lesen die Beamten Zeitungen und Magazine ebenso wie die Interpretationen wirtschaftlicher Trends durch die Ökonomen in Handels-, Finanz- und Außenministerium, in der Notenbank, im Büro des USHandelsbeauftragten, in der Internationalen Handelskommission, im Nationalen Wirtschaftsrat und auf dem Kapitol. Aber die CIA hat ein besonderes Geschick darin bewiesen, offen zugängliches Material aus dem Ausland zu sichten (besonders schwer erhältliche „graue“ Quellen wie Reden von Saddam Hussein oder Insider-Artikel japanischer Ökonomen, die auf wissenschaftlichen Symposien vorgelegt werden) und sie mit wertvollen Informationen und Erkenntnissen aus verdeckten Operationen zu kombinieren. Diese Dienstleistung ist eine allgemein geschätzte Zeitersparnis für vielbeschäftigte Politiker. Der Trick besteht darin, daß die Einschätzungen der -78-

Analysten in den Regierungs- und Geheimdienstbehörden den wichtigsten Entscheidungsträgern rechtzeitig und sich gegenseitig ergänzend zur Kenntnis gebracht werden. Hier stößt man auf das Problem der institutionellen Zersplitterung, unter der die US-Nachrichtendienste schon so lange leiden. Während der ungeschickten amerikanischen Reaktion auf die Finanzkrise in Mexiko 1995-96 bemerkte ein renommierter Historiker und Geheimdienstexperte, daß „weder das Finanzministerium noch die Notenbank einen guten Draht zu den Nachrichtendiensten hatten“.58 Diese institutionelle Entfremdung hält noch immer an (siehe Kapitel 5). Auch wenn die militärische und politische Sicherheit die meiste Zeit andere Belange von der Spitze der Tagesordnung der amerikanischen Außenpolitik verdrängen und auch wenn eine große Menge an verwertbaren Daten über die internationale Wirtschaft offen zugänglich ist, werden die Nachrichtendienste weiterhin eine bedeutende Rolle bei der Beratung der USRegierung in Fragen der Weltwirtschaft spielen. Die Geheimdienste verfügen über das Personal und die Erfahrung, Politiker rechtzeitig mit Informationen über Ereignisse und Entwicklungen in militärischen, politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten zu versorgen. Die Nachrichtendienste werden weiterhin für die Aufgabe der Spionageabwehr zuständig sein, indem sie amerikanischen Firmen helfen, sich selbst vor Industriespionage durch andere Länder oder ausländische Firmen zu schützen. Und schließlich wird das Weiße Haus die CIA gelegentlich beauftragen, verdeckte Störaktionen vorzunehmen, um Gegner Amerikas abzuwehren. In den 80er Jahren gab es solche Störaktionen in Form von Verminung von Häfen und Sprengung von Hochspannungsleitungen in Nicaragua (das der Regierung Reagan als marxistischer Gegner galt), um wirtschaftliche Turbulenzen auszulösen. Solange Staaten Vorteile beim Handel auf dem globalen Marktplatz anstreben und Erkenntnisse über die wirtschaftliche -79-

Unterstützung feindlicher Militärkräfte benötigen, wird das Auskundschaften der Wirtschaft für die amerikanischen Geheimdienste eine wichtige Aufgabe bleiben. DAS ALTE UND NEUE IN EINKLANG BRINGEN Da die Politiker und Geheimdienstoffiziere in Washington seit Ende des Kalten Krieges weitaus weniger auf Moskau fixiert sind, können sie ihre Aufmerksamkeit auf andere Gefahren richten, die die amerikanischen Sicherheitsinteressen bedrohen. Strategische Sicherheitsbelange wie die Weiterverbreitung von Waffen und die Gefahr ethnischer Auseinandersetzungen (die sich zum Krieg ausweiten und die Großmächte mit hineinziehen können) haben stets oberste Priorität, gleich gefolgt von geoökonomischen Problemen, vor allem in der neuen Ära der eng verwobenen Weltwirtschaft. Weniger drängend sind außenpolitische Fragen, die mit der Menschenwürde und der Lebensqualität für die Menschen in aller Welt in Verbindung stehen. Diese Belange erhalten jedoch zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine größere Aufmerksamkeit. Von den Nachrichtendiensten werden Erkenntnisse über ein viel breiteres Spektrum von Bedrohungen erwartet, als es während des Kalten Krieges der Fall war, einschließlich von Umweltproblemen und dem Schutz der Gesundheit, die Themen der nächsten beiden Kapitel.

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KAPITEL 3 GEHEIMDIENSTE UND ÖKOLOGIE „In letzter Zeit bin ich versucht, mich lieber mit den Problemen zu beschäftigen, die die Natur verursacht, als mit den oberflächlichen, für die unser künstlicher Zustand der Gesellschaft verantwortlich ist. ” Sherlock Holmes in „The Final Problem“ ÖKOLOGISCHE SICHERHEIT Der Ausdruck „ökologische Sicherheit“ bezieht sich auf die möglichen Auswirkungen der Verknappung von Ressourcen und der Zerstörung der Umwelt auf das Wohlergehen eines Landes oder einer Gruppe.1 Auch wenn die amerikanischen Nachrichtendienste während des Kalten Krieges nur begrenzte Mittel für diese Thematik aufwandten, wurden Fragen der Ökologie nicht vollständig ignoriert. Die CIA suchte zum Beispiel während des Vietnamkrieges nach Wegen, die Wasserversorgung Nordvietnams zu stören (es wurden auch Versuche unternommen, aber mit nur wenig Erfolg). Es wurden sogar die möglichen Auswirkungen eines großen Meteoriteneinschlags auf die Umwelt untersucht. (Das Ergebnis: es kann zwar zu einem Einschlag kommen, aber die Wahrscheinlichkeit ist so gering, daß die Menschheit ihre Zeit und Mittel drängenderen Problemen widmen sollte.)2 Nach Ende des Kalten Krieges haben die Politiker die Nachrichtendienste jedoch aufgefordert, sich mit einem breiteren Spektrum an Umweltfragen zu beschäftigen. Einige Geheimdienstoffiziere blieben dieser neuen Hinwendung zur „Naturbeobachtung“ gegenüber eher skeptisch. Sie verwerfen diese Vorstellung als einen „Wald- und Wieseneinsatz“, der das lächerliche Bild eines Agenten -81-

heraufbeschwört, der in den Bergen Patagoniens herumklettert, um die Anzahl blinder Kaninchen zu ermitteln, deren Netzhaut durch das Ozonloch über Argentinien geschädigt wurde.3 Für einige Beobachter ist das umweltpolitische Engagement der Regierung jedoch ermutigend, wenn es auch spät kommt. „Der Kalte Krieg ist jetzt vorbei“, erklärten einige Experten, „aber der ,Grüne Krieg' steht gerade erst am Anfang“.4 EINE WELT VOLLER UMWELTGEFAHREN Die Gefahren für die Umwelt lassen sich in drei Kategorien einordnen: solche mit globalen Auswirkungen, solche, die einzelne Staaten und ihre unmittelbaren Nachbarn betreffen, und - noch begrenzter - Umweltprobleme auf lokaler Ebene. Globale Umweltbedrohungen Einige Umweltprobleme betreffen die gesamte Welt und können nur durch multilaterale Aktivitäten behoben werden. Die Vereinigten Staaten können zum Beispiel die globale Erwärmung nicht signifikant mindern, indem sie einfach ihre eigenen Konsumgewohnheiten ändern. Um Fortschritte zu erzielen, muß der Ausstoß an Treibhausgasen weltweit gesenkt werden. Umweltbedingungen, die eine intensive internationale Zusammenarbeit erfordern, sollten für die Vereinigten Staaten eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit sein, weil sie Gesundheit und Lebensqualität der amerikanischen Bürger beeinträchtigen können. Die Nachrichtendienste haben in dreierlei Hinsicht das Potential, zur Lösung dieser Probleme beizutragen. Als erstes können sie ihre speziellen technischen Fähigkeiten dazu einsetzen, Informationen über Bedrohungen zu sammeln. Sie können zum Beispiel ihre starken Satellitenkameras benutzen, um das weltweite Pflanzenwachstum unter Einfluß der globalen Erwärmung zu überwachen. Zweitens, und das ist sicher eine -82-

eher traditionelle Aufgabe für die Dienste, können sie Informationen besorgen, um die Verhandlungsposition der Vereinigten Staaten bei internationalen Konferenzen über Umweltfragen zu stärken. Und drittens können sie die Vertragstreue der Verhandlungspartner überprüfen, nachdem sie internationale Umweltabkommen ratifiziert haben. Inner- und zwischenstaatliche Umweltkonflikte Wenn Umweltprobleme auch selten der alleinige Grund für inner- oder zwischenstaatliche Konflikte sind, können sie eindeutig zu politischen, sozialen und wirtschaftlichen Spannungen beitragen. Wie zwei führende Umweltexperten erklären: „Das Verhalten eines Staates kann sich massiv auf die Menge der Ressourcen auswirken, die für andere Staaten zur Verfügung stehen - die Fischerei mit Treibnetzen eines Landes kann die Fischereigründe für alle zerstören. Und im Bereich der Atmosphäre gibt es kein Problem, das nicht die Staatsgrenzen überschreitet; saurer Regen, Treibhausgase und die Zerstörung der Ozonschicht sind die besten Beispiele.“5 Ein prägnantes Beispiel des grenzüberschreitenden Charakters von Umweltproblemen findet sich im Nahen Osten, wo für die 12 Millionen Einwohner Israels, Jordaniens und Palästinas genauso wenig Regen fällt wie in Phoenix, Arizona. Dadurch entsteht eine Lage, die laut einer Gruppe internationaler Wissenschaftler zu „beträchtlichen Verteilungskämpfen um Wasser“ führen wird.6 Ein anderes Beispiel kommt aus Skandinavien. Obwohl Norwegen selbst praktisch keine gefährliche Menge von Schwefeloxiden und Stickoxiden produziert, geht dort der schlimmste saure Regen weltweit nieder, weil die Industrieabgase aus Großbritannien, Deutschland und anderen Ländern nordwärts getrieben werden.7 Ein weiterer Fall ist der Inselstaat Haiti in der Karibik, dessen -83-

Umwelt durch korrupte Regierungen und Raubbau an den Ressourcen zerstört wurde.8 Der Boden Haitis ist so stark erodiert, daß fast kein Getreide mehr wächst. 1994 führten diese Bedingungen zu einem Massenexodus der hungernden Bevölkerung, die mit einer Flotte kleiner Boote Richtung USA in See stachen. Die darauf folgende Krise, die durch den Ansturm der Flüchtlinge in Florida ausgelöst wurde, veranlaßte die Regierung Clinton, sich auf eine militärische Invasion Haitis vorzubereiten, um die Flucht einzudämmen und die Ordnung wieder herzustellen. Diese Invasion wurde lediglich durch die geschickte Diplomatie dreier privater US-Bürger abgewehrt: dem früheren Präsident Jimmy Carter, dem früheren Senator Sam Nunn und dem heutigen Außenminister Colin Powell. Die Regierung brachte sie ins Spiel, um die Krise in allerletzter Minute beizulegen. Ein anderer Schauplatz ökologischer Konflikte sind die Flußtäler von Euphrat und Tigris, die den „fruchtbaren Halbmond“ des Mittleren Ostens bewässern. Im östlichen, kurdischen Teil der Türkei blockieren Staudämme diese Flüsse, wodurch Syrien und Irak durch die Türkei verletzbar werden. In diesem Teil der Welt ist „Wasser“ gleichbedeutend mit „Macht“.9 Weitere Gebiete, die unter ökologischen Konflikten leiden, sind Indochina, Nigeria und die großen Seen in Zentralafrika. Um Verhandlungen zu erleichtern, die in diesen Spannungsgebieten den Frieden erhalten sollen, versorgen die amerikanischen Nachrichtendienste das Weiße Haus und das Außenministerium mit Einschätzungen über die lokalen demographischen Bedingungen, die die Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten beeinträchtigen könnten. Amerikanische Diplomaten sind zu der Erkenntnis gekommen, daß scheinbar traditionelle militärische, politische oder wirtschaftliche Unruheherde ökologische Ursachen haben.

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Lokal begrenzte Naturkatastrophen Naturkatastrophen können sich auch in begrenzten Gebieten ereignen, zum Beispiel Erdbeben oder Überschwemmungen. In solchen Fällen sind die Nachrichtendienste manchmal in der Lage, der Federal Emergency Managment Agency (FEMA) und anderen Behörden, die sich mit solchen Katastrophen befassen, mit Informationen ihrer luftgestützten Überwachungssysteme zu helfen. Mit Unterstützung des Vizepräsidenten Al Gore richtete die Regierung Clinton ihr Global Disaster Information Network (GDIN) ein, das vom U.S. Geological Survey betrieben wird und Daten von Behörden wie der Environmental Protection Agency (EPA) und auch den Geheimdiensten erhält. 1989 richteten die Geheimdienstler beispielsweise die Kameras der Satelliten neu aus, um das Ausmaß des Erdbebens in Kalifornien zu ermitteln. Die Geheimdienste gewähren auch Hilfe bei Rettungsaktionen, wie 1997, als U-2-Spionageflugzeuge bei der Suche nach einem Kampfflugzeug der Luftwaffe halfen, das in Colorado abgestürzt war. DIE SAMMLER ÖKOLOGISCHER INFORMATIONEN Nur wenige Organisationen innerhalb der Gemeinde der Nachrichtendienste sammeln und verteilen Informationen über die Umwelt. Eine davon ist der National Intelligence Council (NIC), der mit den ranghöchsten Analysten bestückt ist, den nationalen Nachrichtenoffizieren (NIO). Der NIO für globale Angelegenheiten übernimmt die Führung beim Abfassen analytischer Berichte über Umweltthemen (zusammen mit anderen Aufgaben, einschließlich der Einschätzung von Weltereignissen in Zusammenhang mit Drogen, Kriminalität, humanitären Problemen, Angelegenheiten der UNO und anderen Fragen der internationalen Moral). Wichtig sind auch das Directorate of Science and Technology (DS&T) der CIA und -85-

das Office of Transnational Issues (OTI), das bei dem Agency's Directorate of Intelligence angesiedelt ist. Der Erfolg der CIA mit einigen internen Centern führte 1996 während der Amtszeit von DCI John Deutch zur Gründung des DCI Environmental Center (DEC). Dieses jüngste Center wurde zur Schaltstelle für die ökologischen Aktivitäten der amerikanischen Nachrichtendienste. Lawrence Gerswin, damals der NIO für globale Angelegenheiten und derzeit NIO für Wissenschaft und Technologie, war die treibende Kraft bei der Gründung dieses kleinsten und hochspezialisierten Centers des DCI. Das DEC verfügt nicht über die üppige Ausstattung einiger anderer Center (besonders das für Terrorbekämpfung). Es gibt tatsächlich nur einen Analysten, der sich mit Umweltproblemen in China beschäftigt, und auch nur einen Rußlandexperten. Insgesamt verfügt das DEC nur über zwei Dutzend Analysten. Die Hälfte kommt von der CIA, die anderen sind von Behörden wie der EPA, der National Imagery and Mapping Agency (NIMA) und der National Oceanic and Atmospheric Agency (NOAA) ausgeliehen. Ungeachtet der begrenzten Mittel hat das Center in der kurzen Zeit seines Bestehens verschiedene Berichte höchster Güte angefertigt und ist dabei, die wohlwollende, manchmal auch nur widerwillige Anerkennung der anderen Dienste zu erringen. Wie bei jedem bedeutenden Thema, das die nationale Sicherheit betrifft, unterhält die Regierung auch eine hochrangige, überbehördliche ökologische Arbeitsgruppe, die sich einmal im Monat trifft und von einem hohen Offizier des NSC geleitet wird. Andere geheimdienstliche Akteure auf dem Gebiet der Ökologie sind die Nachrichtendienste der vier Waffengattungen: Heer, Marine, Luftwaffe und die Spezialeinheiten der Marines, die globale Umweltentwicklungen beobachten, die sich auf Militäraktionen der Vereinigten Staaten auswirken könnten. Die SIGINT-Offiziere der National Security Agency (NSA) haben in -86-

den „Überwachungslisten“ ihrer Computer bestimmte Wörter (zum Beispiel „Luftverschmutzung“) gespeichert, mit denen die Flut der elektronischen Daten gesichtet wird, die die weltweiten Horchposten der NSA sammeln. So werden Informationen herausgefiltert, die für das Environmental Center von Interesse sein könnten.10 Wenn die Umweltdaten, die von den Militärbehörden gesammelt werden, den Nachrichtendienstoffizieren wichtig erscheinen (beispielsweise Informationen über die Verklappung radioaktiven Materials in der Polarregion durch das russische Militär), dann leiten sie diese an zivile und militärische Analysten in der CIA und der Defense Intelligence Agency (DIA) zur genaueren Untersuchung und Bewertung weiter. Ähnlich wie bei wirtschaftlichen Fragen besteht der größte Wert des SIGINT im Bereich Umwelt darin, US-Diplomaten regelmäßig über wahrscheinliche Verhandlungspositionen anderer Staaten bei internationalen Konferenzen zu informieren. Auch die traditionellen HUMINT-Berichte können für Umweltbelange von Bedeutung sein. Durch Besuche (oder gar Mitarbeit) von Agenten in alternden Atomreaktoren der früheren Sowjetrepubliken können die CIA oder die militärischen Geheimdienste das Risiko eines neuen GAU, wie er sich 1986 in Tschernobyl ereignet hat, besser einschätzen. Agenten vor Ort können die Satellitenüberwachung mit Berichten über das Ausmaß von Überschwemmungen in Bangladesh oder Dürren in Afrika ergänzen. Das National Photographic Interpretation Center (NPIC), jetzt Teil der neu gegründeten NIMA, ist für die Auswertung von Satellitenphotos hinsichtlich von Erdbeben, Bränden, Überschwemmungen, Hurrikans, Vulkanausbrüchen und Ölkatastrophen verantwortlich. Es ist aber die Arbeit der Agenten vor Ort, die das Bild komplettiert, besonders in Hinsicht darauf, wie geschickt die jeweilige Regierung die Krise bewältigt.

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DIE NUTZER VON UMWELTDATEN DER GEHEIMDIENSTE Wie bei jeder anderen Form der nachrichtendienstlichen Tätigkeit hat auch die ökologische ihre Nutznießer, nämlich die politischen Entscheidungsträger, die die von den Geheimdiensten gesammelten Informationen benutzen. Hauptabnehmer ist gegenwärtig das Office of International Affairs in der EPA, die Belegschaft und die Direktoren des National Security Council, der eine neue Abteilung hat, die sich mit Umweltproblemen beschäftigt und besonders an Fragen des globalen Klimawandels interessiert ist, und das Verteidigungsministerium, das ebenfalls über eine neue Umweltabteilung verfügt. Die führenden Feldkommandeure des Pentagons sind besonders deshalb an Umweltinformationen interessiert, weil Streitigkeiten innerhalb oder zwischen Staaten, die durch ökologische Faktoren ausgelöst werden - zum Beispiel Wasserknappheit -, sich zu bewaffneten Konflikten auswachsen können, die eine Intervention der Vereinigten Staaten notwendig machen (entweder unilateral oder im Auftrag von UNO oder NATO). Und wenn die USA Truppen in unbekannte Gebiete entsenden, müssen die Kommandeure über die Umweltbedingungen vor Ort Bescheid wissen, weil sie den Einsatz beeinflussen können. Für die Abgeordneten auf dem Kapitol, die aus ökologisch unterschiedlich bedeutsamen Wahlkreisen kommen, sind die Berichte der Nachrichtendienste ebenfalls ein nützlicher Leitfaden für globale Umweltprobleme. Wenn sie in ihre Bundesstaaten und Distrikte reisen, können sie aus den nichtgeheimen Versionen dieser Berichte zitieren, die von der CIA extra für sie angefertigt werden. Bei Veranstaltungen mit ihren Wählern sind sie dann in der Lage, sich die Aura eines Experten in den aktuellen ökologischen Fragen zu geben. Wissenschaftler aus Universitäten und Privatwirtschaft können -88-

die Daten der Geheimdienste über den Zustand der Umwelt ebenfalls für ihre Forschungen gebrauchen. INITIATIVEN ZUR ÖKOLOGISCHEN SICHERHEIT Politiker bombardieren die Nachrichtendienste mit Anfragen. Es folgt ein komplexer Bearbeitungsprozeß, in dem die Anfragen nach Prioritäten geordnet und bestimmten „Informanten“ (von Spionen bis zu Satelliten) zugewiesen werden. Es werden Daten über die globale Erwärmung, das Ozonloch, die zunehmende Häufung von Unwetterkatastrophen und den Verlust der Artenvielfalt verlangt. Es sind auch Daten über zwischenstaatliche Konflikte gefragt, die eine ökologische Dimension besitzen, zum Beispiel Auseinandersetzungen über Wasserrechte im Nahen Osten, oder die Wahrscheinlichkeit, ob zwischen dem Norden und Süden Chinas Konflikte über den Zugang zu Wasser ausbrechen werden. Und schließlich bitten Politiker die Nachrichtendienste gelegentlich bei spezifischen lokalen Umweltproblemen innerhalb der Vereinigten Staaten selbst um Hilfe. Die Analyse von globalen Umweltfragen Zwei NIOs des National Intelligence Council - einer für globale Angelegenheiten und einer für Wissenschaft und Technologie haben sich mit dem Office of Transnational Issues und dem Environmental Center des DCI zusammengetan, um die Führung bei den wichtigsten nationalen Sicherheitszielen in Sachen Umwelt zu übernehmen: die Analyse globaler ökologischer Daten, die Unterstützung amerikanischer Diplomaten bei internationalen Umweltkonferenzen und die Überwachung der Einhaltung internationaler Umweltabkommen.

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Auf der Suche nach exakten ökologischen Daten Die Nachrichtendienste versuchen, den Politikern aktuelle und verläßliche Berichte über die ökologischen Bedrohungen Amerikas und seiner Verbündeten zu geben. Während des Kalten Krieges gehörten zu diesen Bedrohungen die sich addierenden ökologischen Auswirkungen der Unfälle sowjetischer U-Boote und die Kontaminierung durch radioaktives Material. Nach dem Kalten Krieg geben Lecks in atomaren Lagerstätten im Nordwesten Rußlands Anlaß zur Sorge, ebenso wie die anhaltende Verseuchung der Ozeane, die von russischen Behörden stillschweigend geduldet wird. Rußland ist nicht der einzige Umweltsünder auf der Welt. Ökologen berichten von skrupellosen Schiffskapitänen „auf der Suche nach unverdächtigen Häfen im Süden, wo sie in Entwicklungsländern leckende Fässer mit Giftmüll am Kai zurücklassen oder sie im Schutze der Nacht über Bord werfen“.11 Solche und andere Umweltverbrechen betreffen auch die Vereinigten Staaten, und die Politiker verlassen sich auf die Geheimdienste, diese Vergehen aufzudecken. Ökologische Daten sind auch für die Versuche der Vereinigten Staaten von Nutzen, dabei zu helfen, die aufgegebenen Militärbasen und Öldepots der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten zu reinigen. Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl hat die Amerikaner daran erinnert, wie klein die Welt heutzutage geworden ist. Tatsächlich kann eine Umweltkatastrophe in einem Land, das weit entfernt scheint, die Vereinigten Staaten schnell erreichen. Wissenschaftler der University of California haben beispielsweise in Irvine innerhalb von zwei Wochen radioaktive Spaltprodukte in der Luft festgestellt, die aus dem Reaktor entwichen waren.12 Die Bemühungen der CIA, die Verklappung radioaktiven Materials im Polarmeer durch die Sowjetunion aufzudecken, ist ein Beispiel für das Engagement der Behörde im Bereich der Umweltsicherheit. Gestützt auf die technischen Möglichkeiten zur Datensammlung ihres Directorate of Science -90-

and Technology hat die CIA die Offiziellen in Washington stets über die Häufigkeit der Verklappungen und ihre wahrscheinlichen Auswirkungen auf dem Laufenden gehalten. Das Environmental Center des DCI, das Office of Transnational Issues und der NIC haben sich verschiedener Probleme angenommen, die das breite Spektrum des nachrichtendienstlichen Engagements in Umweltfragen belegen. Fast alle Forschungen konzentrieren sich auf die globale Umweltzerstörung.13 Die Bedingungen eines globalen Schlachtfeldes haben zur Finanzierung von Forschungen innerhalb der Nachrichtendienste geführt, insbesondere über die ökologischen Auswirkungen der vom Irak in Brand geschossenen kuwaitischen Ölfelder und die sich während des Golfkrieges ausbreitenden Ölteppiche. Die Dienste gehen auch allgemeineren Fragen der Umweltverschmutzung nach, einschließlich der Überwachung des Ausstoßes von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW), die viele Wissenschaftler für die Zerstörung der Ozonschicht verantwortlich machen. Und wie bereits erwähnt, stellen die Verklappung giftiger Stoffe in Meere, Seen und Flüsse und die Auswirkungen der Atomwaffentests auf die Atmosphäre (selbst bei unterirdischen Tests gelangen radioaktive Substanzen in die Luft) und der Zustand der Atomreaktoren in mehreren Ländern weitere Probleme dar. Auch das Ausmaß des Raubbaus an den globalen Ressourcen hat die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler in den Geheimdiensten auf sich gezogen. Geforscht wird über die Abholzung der Regenwälder, um ein internationales Abkommen zum Schutz der Wälder zu erzielen; über den Klimawandel, um internationale Verträge zur Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen zu unterstützen; über die weltweiten Wasservorräte; die ökologischen Auswirkungen des Drogenanbaus; die weltweite Nahrungsmittelknappheit; die Auswirkungen großer Flüchtlingsströme und des -91-

Bevölkerungswachstums auf die Umwelt. Außerdem hat die Regierung die Nachrichtendienste beauftragt, über Naturkatastrophen zu forschen, einschließlich Studien über die Auswirkungen von Erdbeben und Überschwemmungen. Die Wissenschaftler der Nachrichtendienste befassen sich auch mit den ökologischen Herausforderungen der Zukunft, zum Beispiel mit der Berechnung der Kosten, die die Umweltbelastungen verursachen werden, und welche technologischen Fortschritte die Vereinigten Staaten dazu nutzen können, die weltweiten Umweltprobleme zu bekämpfen. Einige Analysten untersuchen die Umweltprobleme, denen sich einzelne Länder gegenübersehen, und andere erforschen die Aussichten für Wahlerfolge der grünen Parteien im Ausland. Das Environmental Center des DCI begeistert sich besonders für die statistische Berechnung der Umwelt der Zukunft. „Daraus können wir ersehen, wo wir Schwerpunkte setzen müssen“, erklärte ein Wissenschaftler des DS&T, der mit dem Center zusammenarbeitet.14 Neben detaillierten Fallstudien ökologischer Streitfälle, die zu zwischen- oder innerstaatlichen Konflikten geführt haben, arbeitet das DEC auch an der Verbesserung von Maßnahmen betreffs Früherkennung und Warnung. Es werden Alarmsysteme entwickelt, die Politiker vor drohenden ökologischen Ereignissen warnen, die Amerikas Sicherheitsinteressen beeinträchtigen könnten. UNTERSTÜTZUNG FÜR DIPLOMATISCHE INITIATIVEN AMERIKAS Die zweiten und dritten ökologischen Ziele sind eng miteinander verbunden und beinhalten die Unterstützung von Diplomaten, die an internationalen Abkommen arbeiten, die globales Allgemeingut betreffen. Die Unterstützung reicht von der Versorgung mit Daten im frühen Verhandlungsstadium, um die amerikanische Position zu stärken, bis zur Überwachung der -92-

Vertragstreue der Unterzeichner in bestimmten Punkten der Abkommen. Die Unterstützung bei Verhandlungen über Abkommen ist zu einer wachsenden Aufgabe für die Geheimdienste geworden, seit die Vereinigten Staaten immer mehr Umweltabkommen mit anderen Ländern schließen. Die Analysten des Environmental Center (DEC) und des Office of Transnational Issues (OTI) erkunden die wahrscheinlichsten Verhandlungstaktiken der anderen Staaten bei multinationalen Umweltkonferenzen. Dann machen sie Vorhersagen zur Wahrscheinlichkeit, welche Haltungen die Teilnehmer während der Verhandlungen und bei der Schlußabstimmung einnehmen werden. Das DEC nutzt sowohl qualitative als auch quantitative Methoden, um internationale Konferenzen zu simulieren. Kürzlich wurde eine Konferenz zum Klimawandel durchgespielt. Die Teilnehmer konnten dabei Verhandlungspositionen testen und „Versuchsballone“ steigen lassen, die man bei echten Konferenzen vielleicht einsetzen möchte. Die Analysten des OTI liefern auch empirische Daten über bestehende Umweltbedingungen in jeder möglichen Gegend der Welt, die für die internationalen Konferenzteilnehmer von Interesse sein könnten. So sind die US-Unterhändler nicht gezwungen, sich auf die ökologischen Statistiken anderer Staaten zu verlassen, die - wie auch die USA - mehr daran interessiert sind, ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen zu schützen, als eine faire internationale Übereinkunft anzustreben, die allen Staaten helfen wird. Die folgende Liste in chronologischer Ordnung ist eine Auswahl von Konferenzen, bei denen die Analysten der Nachrichtendienste die US-Unterhändler unterstützt haben. Sie stellen jedoch nur eine kleine Auswahl der 900 internationalen Abkommen über ökologische Probleme dar, die Teil der amerikanischen Umweltdiplomatie sind.15 - Internationale Tropenholz-Organisation (1983) -93-

- Montrealprotokoll über Substanzen, die die Ozonschicht schädigen (l987) - Basler Konvention zur Kontrolle grenzüberschreitender Giftmülltransporte (1989) - Londoner Konferenz über FCKW (1990) - Rahmenkonvention zum Klimawandel (1992) - UNO-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung, UNCED, Rio de Janeiro (l992) - UNO-Konvention zur Artenvielfalt (1992) - UNO-Kommission über nachhaltige Entwicklung (1993) - Amerikagipfel (1994) - Überstaatliches Gremium für globale Wälder ( 1995) - UNO-Konvention zur Wüstenbekämpfung (1996) - Kyoto-Konferenz über Treibhausgase (1997) Die Unterstützung der Nachrichtendienste war laut einem hohen EPA-Beamten, der an vielen dieser Konferenzen teilgenommen hat, vor allem bei der Einschätzung nützlich, wie weit man die amerikanischen Interessen durchsetzen könne.16 Ein Mitglied des National Intelligence Council fügte hinzu: „Für die US-Unterhändler war es sehr hilfreich, durch Informationen von Analysten der Geheimdienste zu wissen, daß bestimmte Länder in Giftmülltransporte verwickelt waren, die gleichzeitig mit den Vereinigten Staaten in Basel am Verhandlungstisch saßen, um die Konvention zur Kontrolle von Giftmüllexporten zu beschließen.“17 Die Dienste waren auch in der Lage, Vorfälle aufzudecken, in denen FCKW, um die es beim Montrealprotokoll ging, von teilnehmenden Nationen unsachgemäß ins Ausland verschifft wurden - für die USDiplomaten hilfreiche Zusatzinformationen. Die Nachfrage nach Unterstützung bei der Umweltdiplomatie wird wahrscheinlich nicht abnehmen. Es sind weitere Herausforderungen für Verhandlungen in Sicht: zum Beispiel -94-

für Abkommen zur Kontrolle des internationalen Handels mit giftigen Chemikalien; die Bekämpfung von Quellen der Meeresverschmutzung; die Verbesserung internationaler Forstabkommen und die Beschäftigung mit einer Reihe von Fragen, die Umwelt, Gesundheit und ethische Probleme im Zusammenhang mit genetisch veränderten Organismen betreffen. Solide recherchierte und sorgfältig formulierte internationale Abkommen zu erzielen ist nur ein Teil der Herausforderungen für die Vereinigten Staaten. Genauso wichtig ist die Versicherung, daß die Abkommen nach Buchstaben und im Geist der Verträge umgesetzt werden. Das bedeutet, ein wachsames Auge auf die Sorgfalt zu haben, mit der die Unterzeichner die Prinzipien der Abkommen und jedes einzelnen Punktes beachten. Das MEDEA-Programm Zu den wertvollsten Errungenschaften des Directorate of Science and Technology gehört seine umfangreiche ökologische Datenbank, die über die Jahre von Spionagesatelliten und anderen technischen Geräten zusammengetragen wurde. Neben ihrem eigentlichen, traditionellen, hauptsächlich militärischen Zweck dokumentieren diese Bilder gleichzeitig auch die ökologischen Entwicklungen auf der Erdoberfläche. Wie ein Beamter der CIA es ausdrückte: „Wir haben die Evolution des Planeten photographiert“18 oder zumindest von einigen Teilen der Welt seit den späten 50er Jahren. Als Al Gore noch als Senator von Tennessee Mitglied des US-Senats war, wurde er zum größten Befürworter, Teile dieser Archive für die amerikanischen Wissenschaftler zu öffnen. Er schlug weiterhin vor, daß einer Auswahl dieser Wissenschaftler die Möglichkeit gegeben werden sollte, Empfehlungen auszusprechen, welche Art von ökologischen Daten die Nachrichtendienste in verschiedenen Gegenden der Welt sammeln sollten, über die bestens kartographierte Topographie -95-

der Sowjetrepubliken hinaus. Als Reaktion auf Al Gores Drängen luden der DCI Robert M. Gates und das DS&T-Management 1992 siebzig bekannte amerikanische Wissenschaftler ein, die CIA zu besuchen. Die Wissenschaftler repräsentierten zehn verschiedene Fachdisziplinen einschließlich Geologie, Ökologie und Hydrologie.19 Anfangs wurde das Programm Environmental Task Force (ETF) genannt, aber nach einem Jahr bekam es einen weniger förmlichen Spitznamen, der hängengeblieben ist: MEDEA. Das Wort ist kein Akronym, sondern eher eine Referenz an die Zauberin von Kolchis aus der griechischen Mythologie, die Jason und den Argonauten dabei half, das Goldene Vlies zu entwenden. Mit ihrer Erlaubnis ordnete die CIA Überprüfungen der Wissenschaftler an (viele von ihnen besaßen ohnehin bereits eine Unbedenklichkeitsbescheinigung), zusammen mit dem Standardtest am Lügendetektor. Das Konzept hinter diesem Projekt sah vor, daß diese Experten, die besten wissenschaftlichen Köpfe des Landes, das Potential der CIA einschätzen sollten, ökologisches Datenmaterial zu sammeln, das für die amerikanischen Wissenschaftler von Nutzen sein kann. Die Wissenschaftler von MEDEA waren im Grunde eine Art Forschungsgruppe, um die Daten, die über 30 Jahre lang von Satelliten gesammelt wurden, zu durchforsten und für die zivile ökologische Forschung zu bewerten. Im Gegenzug stellten die Wissenschaftler ihr Fachwissen zur Verfügung, um dem DS&T zu helfen, Umweltbedingungen zu interpretieren, die amerikanische Sicherheitsinteressen gefährden könnten, und sie beteiligten sich an der Entwicklung von neuen Umweltsensoren. Laut Aussagen von Mitarbeitern des DS&T und Beteiligten außerhalb der Behörde hat sich das Bildmaterial, das den MEDEA-Wissenschaftlern zur Verfügung gestellt wurde, als nützlich für die zivile Umweltforschung erwiesen.20 Zu den Themen, an denen die CIA und die Wissenschaftler ein -96-

gemeinsames Interesse haben, gehört die Vorhersage von Naturkatastrophen. Dazu gehören Experimente zur Verbesserung der Vorhersagen von Vulkanausbrüchen und Frühwarnungen bei Waldbränden. Es wird auch die globale Erwärmung und der Wassergehalt der Troposphäre gemessen, und nach Verschmutzungen durch Müllkippen, nach Lecks in Pipelines, Ölteppichen auf dem Meer und Bränden von Biomassen (eine bedeutende Quelle von Treibhausgasen) gesucht. Zu den Umweltforschungen der Geheimdienste gehören Studien über die Veränderung der Wolkengröße, die Auswirkungen auf die Infrarotstrahlung in der Atmosphäre hat; die Beobachtung von Schneefall, Gletschern und den Regionen des Dauerfrostes, was sowohl für das Verständnis des Pflanzenwachstums und der davon abhängigen Tierwelt wichtig ist als auch für die globale Klimaerwärmung, und Vermessungen der Eisdecke auf dem Polarmeer, was für die Berechnung des Wärmeaustauschs zwischen Ozean und Atmosphäre von Bedeutung ist, ein wichtiger Faktor bei Modellen des globalen Klimawandels (ganz zu schweigen von dem großen Interesse der Militärplaner an diesem Thema, die für strategische U-Boot-Operationen verantwortlich sind). Andere Studien befassen sich mit Bodenerosion, der Kartographierung von Feuchtgebieten, Luftverschmutzung durch die Industrie, Bevölkerungswachstum, Verstädterung und Industrialisierung. Die technischen Geräte der Nachrichtendienste werden zur Erforschung der Ozeane eingesetzt und zur genauen Erfassung fortschreitender Verwüstung und Entwaldung. Die Studien zur Entwaldung zeigen, wie die Dienste die Forschung von Wissenschaftlern außerhalb der Regierung fördern können. Satelliten und anderes technisches Gerät zur Datensammlung ermöglichen eine detailliertere Kartographierung kleiner gerodeter Gebiete, als es zur Zeit mit -97-

ziviler Technik möglich ist. Außerdem erlaubt das MEDEAProgramm die Untersuchung einer größeren Anzahl an Bodenkategorien als die derzeitig gängige zivile Fernaufklärung. Und schließlich können die technischen Sensoren der Nachrichtendienste Änderungen in den Kohlenstoffeinlagerungen in den Tropenwäldern exakter bestimmen.21 Die Aufklärungstechnik der Nachrichtendienste liefert im allgemeinen mehr topographische Details beim Photographieren der Erdoberfläche („verminderte Pixel-Mehrdeutigkeiten für eine verbesserte Auswertung“, wie es im Jargon des DS&T heißt).22 Die Spionagesatelliten können beispielsweise einen kleinen Waldbrand schneller entdecken als die zivil genutzten Satelliten, obwohl der zivile Sektor die Auflösung der Kameras schnell verbessert und wahrscheinlich bald die Qualität der Militärs erreicht haben wird. Zur Zeit wird die Auflösung der Satelliten der NRO in Zentimeter gemessen, während der beste zivile Satellit (der im September 1999 von der US-Firma Space Imaging gestartete „Ikonos“) eine Auflösung von über einem Meter besitzt.23 Noch vor ein paar Jahren konnten nur die Militärs mit ihren Satellitenkameras eine Auflösung von einem Meter erreichen. Diese Bildqualität erlaubt den Analysten, die Anzahl der Leute festzustellen, die in einem Swimmingpool baden, aber bisher können nur die Satelliten des NRO auch jeden Schwimmer identifizieren - oder, worauf es den Geheimdiensten ankommt, einen Panzer von einem Jeep unterscheiden. Eines der MEDEA-Projekte am grünen Tisch besteht darin, 200 „global fiducials“ oder Weltzonen einzuteilen, die von den Satelliten der Nachrichtendienste auf Zeichen von ökologischem Wandel überwacht werden. Ein weiteres Interesse der zivilen Wissenschaft gilt dem weltweiten Zustand der Korallenriffe, wobei ebenfalls auf Satellitenphotos gestützte Analysen hilfreich sind. -98-

Die Zusammenarbeit zwischen der CIA und den zivilen Wissenschaftlern ist nicht immer reibungslos verlaufen. Es gab Meinungsverschiedenheiten darüber, was Wissenschaftler - die es nicht gewohnt sind, daß ihre Arbeit von Aufsichtsbehörden der Regierung zensiert wird - von ihren Ergebnissen, die auf geheimem Archivmaterial basieren, veröffentlichen dürfen. Außerdem verweigerten sich einige Wissenschaftler dem Test mit dem Lügendetektor und bestanden darauf, davon ausgenommen zu werden. Und in der CIA gab es häufig die Beschwerde, daß die Beziehung „hauptsächlich eine Einbahnstraße sei - in Richtung Wissenschaftler“.24 Die CIA räumt jedoch ein, daß die Wissenschaftler zu wichtigen Erkenntnissen beigetragen haben, zum Beispiel bei der Frage, wieviel fruchtbaren Boden es in China gibt und wie gut die Chinesen in den kommenden Jahrzehnten in der Lage sein werden, ihre große Bevölkerung zu ernähren. Ein anderes Beispiel sind die Untersuchungen der MEDEA-Wissenschaftler über den Zustand der borealen Nadelwälder südlich der arktischen Tundra im Jahre 1998. Diese Wälder sind ein wichtiges Reservoir für mehr als ein Fünftel des gesamten Kohlenstoffs, der weltweit in Biomasse gebunden ist. Die MEDEA-Wissenschaftler widersprachen energisch der Auffassung russischer Wissenschaftler, wie weit diese Wälder in der Lage sind, atmosphärischen Kohlenstoff zu binden, und kritisierten sie, daß sie die negativen Auswirkungen von Bränden, Schädlingen und Abholzung unterschätzten. Die amerikanischen Wissenschaftler regten an, daß militärische und zivile Satelliten mehr Daten über diese Wälder sammeln sollten, kombiniert mit Untersuchungen ziviler Forscher vor Ort.25 Die Wissenschaftler des MEDEA-Programms waren auch daran interessiert, die Bildarchive über die Regenwälder zu sichten. Wie Edward O. Wilson, Ökologe an der HarvardUniversität, sagte, bieten die Regenwälder Lebensraum für zwei Drittel aller Arten auf der Erde.26 Zu Beginn des 20. -99-

Jahrhunderts waren die tropischen Regenwälder noch weitgehend intakt. Allein in den letzten 100 Jahren ist die Hälfte von ihnen verschwunden, und sie schwinden weiterhin mit der Geschwindigkeit von Tausenden von Quadratmetern in der Minute. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, wird der gesamte Regenwald innerhalb der nächsten 100 Jahre verloren sein. Wissenschaftler weisen auf mögliche Auswirkungen dieser Katastrophe hin: „Der Lebensraum von beinahe der Hälfte aller bekannten Pflanzenarten wird zerstört sein, einschließlich derer, die vielleicht Heilmittel für Krebs, AIDS und andere Krankheiten bergen.“27 Als Folge der enthusiastischen Einschätzung des Potentials für wichtige wissenschaftliche Forschungsvorhaben, das sich aus dem Zugang zum Bildmaterial der Nachrichtendienste ergeben könnte, erließ Präsident Clinton 1995 die Verfügung Nr. 12591, um die Bilder der Spionagesatelliten der Corona-, Lanyard- und Argongeneration für die Öffentlichkeit freizugeben. Deren Anzahl beläuft sich auf sage und schreibe 860 000 Bilder aus den Jahren 1960 bis 1972. Durch Vermittlung des DS&Ts trafen sich die MEDEAWissenschaftler regelmäßig mit russischen Forschern, um Meinungen und nicht geheimes Datenmaterial zum Thema Fernaufklärung zur besseren Beobachtung der Umwelt auszutauschen. Auf Drängen von Al Gore und dem DS&T hat das National Reconnaissance Office sich bereit erklärt, von Zeit zu Zeit an ihren Satelliten „herumzudoktern“ (wie sie es ausdrücken), um spezifischen Anfragen zu Umweltproblemen aus anderen Teilen der Regierung nachzukommen, einschließlich der National Aeronautics and Space Administration (NASA) und der NOAA. Auch den MEDEAWissenschaftlern, die nicht für Regierungsbehörden arbeiten, wird manchmal die Benutzung dieser Geräte gestattet. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist nur l Prozent der gesamten Kapazität der Spionagesatelliten für die Umweltforschung -100-

freigegeben. Genau auf diesem Niveau hatten die NRO und andere Teile der Nachrichtendienste (einschließlich DS&T und CIA) beabsichtigt, die ökologischen Forschungen zu unterstützen. Laut Aussage von Geheimdienstoffizieren sind die Spionagesatelliten für die Umweltforschung technisch nur unzureichend ausgerüstet. Die Wellenlänge der Kameras, die von den Satelliten des NRO benutzt wird, ist darauf ausgelegt, Waffenlager und Truppenbewegungen auf der Erdoberfläche auszumachen, und nicht um die Erdkruste für exakte ökologische Messungen zu durchdringen. Auch wenn die Nachrichtendienste den Ökologen eine Hilfe sein können (Spionagesatelliten eignen sich gut für Aufnahmen der Flora auf der Erdoberfläche), sind die Satelliten, wie sie derzeitig ausgerichtet sind, nicht in der Lage, rund 85 Prozent der Informationen, die für die zivilen Wissenschaftler von Interesse sind, zu liefern. Die Sammlung ökologischer Daten durch die Nachrichtendienste können also nur eine bescheidene Ergänzung der Forschung sein, die in anderen, zivilen Regierungsbehörden (wie EPA und NASA) und in den wissenschaftlichen Laboratorien von Industrie, Universitäten und anderen Denkfabriken geleistet wird. Ungeachtet dieser Einschränkungen gehen die Nachrichtendienste davon aus, auf vielerlei Art zur Umweltforschung beitragen zu können. Das MEDEAProgramm wird weiterentwickelt, einschließlich der wissenschaftlichen Zusammenarbeit von Russen und Amerikanern in Umweltfragen. Außerdem werden die Nachrichtendienste weiterhin die zivilen Regierungsbehörden bei ihren ökologischen Studien unterstützen, wobei die höhere Bildauflösung der Spionagesatelliten einen wichtigen Beitrag leisten kann (jedenfalls bis die zivilen Satelliten gleichgezogen haben). „Wir versuchen, diese (Satellitenüberwachungs-) Systeme einen weiteren Kreis von US-Regierungsbehörden zugänglich zu machen“, erklärte der Direktor des NRO, -101-

„besonders die Satellitenkameras für die FEMA beim Katastrophenschutz“.28 Außerdem beabsichtigen die Nachrichtendienste ihre internen ökologischen Datenbanken für eine Reihe von Regierungsbehörden, die an Umweltfragen interessiert sind, benutzerfreundlicher zu gestalten. Und schließlich suchen die Geheimdienstoffiziere nach Wegen, weiteres Archivmaterial über die Umwelt der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein Resultat des MEDEA-Projekts war 1995 die Schaffung der russischamerikanischen Environmental Working Group (EWG), ein geistiges Kind des damaligen Vizepräsidenten Gore und des ehemaligen russischen Ministerpräsidenten Viktor S. Tschernomyrdin. Gestützt auf die Erfahrungen von MEDEA schwebte der EWG eine bilaterale Beziehung zwischen den beiden Nationen vor, die sich der Förderung der Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Nachrichtendiensten bei einer Reihe von Umweltproblemen widmet, eine unerwartete Form geheimdienstlicher Kooperation ehemaliger Gegner. Russische und amerikanische Umweltexperten und Geheimdienstoffiziere haben bereits nicht geheime Informationen über solche Themen wie ökologische Säuberungsmaßnahmen, die exakte Berechnung des Ausmaßes der Entwaldung, die Einschätzung von Risiken bei der Öl- und Erdgasförderung und das genaue Einschätzen von Schäden bei Erdbeben ausgetauscht. Diese gemeinsame Forschung stützt sich auch auf ausgewählte geheime Daten, die von den Nachrichtendiensten beider Länder gesammelt wurden. Katastrophenhilfe für die FEMA Manchmal erreichen die Nachrichtendienste Bitten von der Federal Emergency Management Agency (FEMA), ihre Spionagesatelliten zu Zeiten heimischer Umweltkatastrophen auf amerikanisches Gebiet auszurichten, beispielsweise bei einem Erdbeben in Kalifornien, einem Hurrikan in South -102-

Carolina oder Vulkanausbrüchen im Staate Washington. Diese Art von Amtshilfe erfordert die Zustimmung auf höchster Ebene, bedenkt man die heikle Situation, Spionagesatelliten auf heimische Ziele in den Vereinigten Staaten zu richten. Bisher wurde eine Zustimmung in Zeiten des Notstands schnell gewährt. Aber derartige Bitten um Katastrophenhilfe werden durch die Notwendigkeit erschwert, die sensiblen Quellen und Methoden vor Entdeckung zu schützen, die das NRO und andere Behörden benutzen, um Informationen zu sammeln. Technische Details über Kameralinsen könnten zum Beispiel für die Gegner Amerikas von Nutzen sein, um Methoden zu entwickeln, den wachsamen Blicken der Vereinigten Staaten aus dem All zu entgehen. Um dieses Problem zu umgehen, arbeiten die Bildanalysten der Nachrichtendienste mit Künstlern zusammen, um die exakten Photos, die man von den Satelliten erhält, in ungenauere, aber dennoch verwertbare, kartenähnliche Abbildungen umzugestalten. Diese Umwandlung schützt die geheimen technischen Details der Kameras, vermittelt aber immer noch die wesentlichen Informationen, die notwendig sind, um der FEMA bei ihren Rettungseinsätzen zu helfen. Ein Beispiel einer Kooperation zwischen der FEMA und den Nachrichtendiensten fand 1994 während des Erdbebens in Kalifornien statt. Innerhalb von fünf Stunden nach dem Beben begannen bereits die Aktivitäten der Nachrichtendienste. Analysten des National Photographic Interpretation Center (NPIC, damals noch Teil der CIA) gaben den Beamten der FEMA noch am selben Tag eine vorläufige Einschätzung der Schäden. Diese Art der Hilfeleistung wurde auch anderen Ländern gewährt, die unter großen Naturkatastrophen zu leiden hatten. So wurden zum Beispiel 1994 durch die Analyse der NPIC Ölverschmutzungen des Wozey-Ölfeldes bei Komi in Rußland zahlreiche, schon lange Jahre bestehende Lecks im Pipelinesystem entdeckt, obwohl es keine Anzeichen eines einzigen katastrophalen Lecks gab. Das waren für die russischen -103-

Katastrophenhelfer wertvolle Informationen. EINE BEWERTUNG DER ÖKOLOGISCHEN AKTIVITÄTEN DER NACHRICHTENDIENSTE Berichte über Umweltfragen, die vom National Intelligence Council und dem Office of Transnational Issues angefertigt werden, bleiben für die Nachrichtendienste und die Abgeordneten auf dem Kapitol von geringer Bedeutung. „Hier geht es nicht um biologische Kriegsführung, und das kann (der DCI George) Tenet nur schwer verkaufen“, kommentierte ein ranghoher Mitarbeiter des DCI Environmental Center. Dennoch sind, wie der frühere DCI Robert M. Gates oft betont hat, Umweltfragen und andere nichttraditionelle Aufgaben der Nachrichtendienste für den Präsidenten, den Kongreß und andere in der Regierung wichtig. Als Folge davon, so schloß er, sollten die Verantwortlichen in den Geheimdiensten „ihre Fähigkeiten auf einigen dieser neuen Gebiete fördern, und gleichzeitig die eher traditionellen Ziele weiterverfolgen.“29 Ein Zeichen des wachsenden Interesses der Nachrichtendienste an Umweltthemen war die Anfertigung der ersten nationalen Lagebeurteilung der globalen Umwelt durch den NIC, zusammen mit einer Reihe anderer Berichte. Eine Schlüsselerkenntnis dieser Studien bezieht sich auf Rußland. Die Analysten der Nachrichtendienste kamen zu dem Schluß, daß die Gewässerverschmutzung die größte ökologische Bedrohung für dieses Land darstellt, von dessen Bevölkerung weniger als die Hälfte Zugang zu sauberem Trinkwasser hat.30 Aber einige der Untersuchungen, die vom Office of Transnational Issues und dem DCI Environmental Center durchgeführt wurden, stellten lediglich eine Wiederholung vergleichbarer Studien von NASA, EPA und anderen zivilen Behörden dar. Ein Beispiel ist die Untersuchung des OTI zum Ausstoß von FCKW, der von der EPA bereits intensiv erforscht wurde. Der wichtigste Beitrag der Geheimdienste zum -104-

Umweltschutz ist der Einsatz all ihrer Möglichkeiten und Quellen, um die Vertragstreue der Länder zu überwachen, die mit den Vereinigten Staaten internationale Umweltabkommen unterzeichnet haben. Wissenschaftler bei der CIA erklären, daß dies in den nächsten Jahren ihr relativer Vorteil bleiben wird, und nicht so sehr die erneute Durchführung von Studien, die auch von qualifizierten Experten der zivilen Behörden wie der EPA ausgeführt werden können. Dennoch sind die rohen (unbearbeiteten) Daten der Nachrichtendienste zu Themen wie FCKW laut Aussage einiger Nutzer eine sinnvolle Ergänzung zu den Umweltstudien der EPA-Wissenschaftler und anderer, und sie haben den Wunsch geäußert, weiterhin zu diesen von den Geheimdiensten gesammelten Informationen Zugang zu erhalten.31 Das NIC, das DCI Environmental Center und das OTI haben bisher wenig Glück damit gehabt, den Politikern die Vorteile ihrer Umweltforschungen bekannt zu machen. Interviews mit Mitarbeitern der EPA und des NSC haben ergeben, daß die Politiker noch immer nicht wissen, welche Umweltinformationen von den Nachrichtendiensten erhältlich sind. Ein hochrangiger Beamter der EPA fand beispielsweise Interesse an den Informationen und der Analyse der Nachrichtendienste über die vermuteten radioaktiven Verklappungen der Russen im Polarmeer; über Industrieanlagen, die in verschiedenen Teilen der Welt illegal FCKW produzieren; und über Beweise von Verunreinigungen in diversen globalen Wasserscheiden. Und dennoch war er überrascht zu erfahren, daß die Geheimdienste ranghohe Entscheidungsträger in der Regierung (auf Anfrage) täglich mit Berichten über internationale Themen, die für sie von Interesse sind, versorgen, einschließlich weltweiter Umweltinformationen. Dieser Beamte wußte auch nicht, daß einige Politiker in ihren eigenen Behörden über Verbindungsleute zu den Geheimdiensten verfügen, die vertrauliche Informationen und Rückfragen zur -105-

weiteren Analyse zwischen den Politikern und den Analysten der Nachrichtendienste übermitteln. Außerdem war er überrascht zu erfahren, daß Politiker bei den Nachrichtendiensten regelmäßig um schriftliches Material über speziell für sie interessante Themen anfragen können, sogenannte „Nischen-Informationen“. Dieser Beamte äußerte Interesse an all diesen Dienstleistungen zur Unterstützung seiner globalen Umweltarbeit.32 Auch ein ranghoher Mitarbeiter des NSC, der sich mit ökologischen Themen befaßt, hatte nur wenig Kontakt zum NIC oder den anderen Geheimdienstbehörden und wußte nichts von deren ökologischen Dienstleistungen.33 Die Schuld an diesen Kommunikationsproblemen zwischen Sammlern und Nutzern von Informationen liegt auf beiden Seiten. Die Politiker sollten energischer Hilfe bei den Nachrichtendiensten einfordern, aber die Dienste könnten auch eine bessere Werbung für ihre Produkte machen. So beschwerte sich ein hoher Beamter der EPA: „Die Nachrichtendienste müssen benutzerfreundlicher werden.“34 Was das MEDEA-Programm betrifft, so leistet das Directorate of Science and Technology der CIA einige bescheidene und nützliche Beiträge zur Umweltforschung, indem es externen Wissenschaftlern Material aus Bildarchiven zwecks Analyse zur Verfügung stellt. Das DS&T leistet auch Hilfe, indem es gelegentlich Material auf Anfrage anderer Regierungsbehörden beschafft, wenn das möglich ist, ohne die traditionellen Aufgaben des NRO stark zu beeinträchtigen. Auch wenn die Auswertung von Umweltdaten Geld kostet, so ist das bisher nur ein geringer Betrag, der sich durch eine Kostenbeteiligung der Nutzer noch weiter absenken läßt. Die Verantwortlichen im DS&T sind dennoch skeptisch, was die Ausweitung der ökologischen Aktivitäten der Nachrichtendienste betrifft, weil ihre Spionagesatelliten im allgemeinen für die meisten Formen der ökologischen Forschung nicht passend ausgerüstet sind. Diese Beamten -106-

erwarten also, bestenfalls eine ergänzende und keine zentrale Rolle bei der Sammlung und Analyse von ökologischen Daten einzunehmen. Die Geheimdienste können jedoch der FEMA und anderen Behörden bei Erdbeben und anderen nationalen Katastrophenfällen weiterhin Hilfe leisten. Die NASA ist in der Entwicklung eines Earth Observing System (EOS) begriffen. Es ist eine Flotte von 26 Satelliten geplant, die das Klimasystem der Erde detaillierter erforscht als je zuvor. Zu diesem Projekt tragen auch die Nachrichtendienste mit ihrem Fachwissen bei. Anders als die gelegentliche Beteiligung der Geheimdienste an der Umweltforschung wurde das EOS speziell dafür entwickelt, sich mit den wichtigsten Umweltproblemen zu befassen, denen sich die Welt heute gegenübersieht.35 Die Offiziere und Wissenschaftler der Geheimdienste betrachten ihren Beitrag als Unterstützung am Rande für die intensivere Ausrichtung der NASA auf die Erde als ökologisches System. Der Hauptbeitrag der Dienste wird in der gelegentlichen Neuausrichtung von Spionagesatelliten und Flugzeugen bestehen, um Umweltphänomene von Interesse genauer zu erforschen. In absehbarer Zukunft planen die Verantwortlichen in den Nachrichtendiensten jedoch nicht, mehr als l Prozent ihrer Ressourcen für derartige Aufgaben zur Verfügung zu stellen. DIE AUSSICHTEN FÜR DIE ÖKOLOGISCHEN GEHEIMDIENSTAKTIVITÄTEN Das Directorate of Science and Technology hat mit externen Wissenschaftlern kooperiert, darunter eine Reihe von führenden amerikanischen Ökologen und selbst mit einigen russischen Forschern. Diese Arbeit sollte gefördert werden, da sie zeigt, wie die Geheimdienste und die Gesellschaft sich zusammenschließen können, um auf bestimmte Sicherheitsprobleme zu reagieren, denen sich die Vereinigten Staaten gegenübersehen. Hier sei jedoch nochmals erwähnt, daß -107-

der Beitrag des DS&T zur ökologischen Sicherheit beschränkt bleiben wird, vor allem weil die Spionagesatelliten nur begrenzt für ökologische Forschungen geeignet sind. In dieser Hinsicht besitzt das Earth Observation System der NASA ein größeres Potential, wie die Verantwortlichen im DS&T bereits angemerkt haben. Daher steht eine dramatische Erhöhung der Mittel zur Gewinnung von Umweltdaten nicht zur Debatte, wenngleich das MEDEA-Programm und vergleichbare Aktivitäten weiterhin vermehrte Unterstützung verdienen. Das Directorate of Intelligence der CIA sollte ermutigt werden, eine größere Gruppe von Analysten zusammenzustellen, die internationale Verhandlungen über Umweltfragen begleiten und die Einhaltung der unterzeichneten internationalen Umweltabkommen überwachen. Das DI sollte ebenfalls seine zur Zeit bestehende kleine Gruppe von Analysten beibehalten, die sich mit globalen Umweltfragen befassen. Da die Regierung bereits über eine große Anzahl von Umweltexperten verfügt, die sich mit diesem Thema beschäftigen, sollten sich die Analysten von NCI, DEC und OTI auf die Vorteile konzentrieren, die sie einbringen können, nämlich ihren Zugang zu geheimen Informationen, die Lücken in den öffentlich zugänglichen Umweltdaten schließen können. Auf diesem Gebiet könnte sich das Directorate of Operations (DO) stärker engagieren. Dessen Offiziere betrachten Umweltprobleme normalerweise als unter ihrer Würde. „Ich sorge mich um Fragen militärischer und politischer Instabilität“, erklärte einer von ihnen. „Wenn das DEC wissen möchte, ob der Dnjepr verschmutzt ist, können sie das selber herausfinden.“36 An dieser Aussage ist etwas dran. Schließlich sind die wissenschaftlichen Mitarbeiter der US-Botschaften für derartige Aufgaben besser ausgebildet. Dennoch kann das DO gelegentlich in die Situation geraten, nützliche ökologische Umweltdaten auszuspionieren, die bisher niemand aufgespürt hat. Insgesamt ist es dem DEC nicht gelungen, den Agenten des -108-

DO im Einsatz vor Ort die Bedeutung seiner Interessen ausreichend deutlich zu machen. Es reicht nicht aus, seiner Sorge über die Abholzung der Wälder in Gambia Ausdruck zu verleihen. Die Offiziere des DO (und die Budgetplaner auf dem Kapitol) müssen vielmehr genau verstehen, welche militärische, politische oder wirtschaftliche Bedrohung die Abholzung darstellen kann. Wie werden dadurch strategische Interessen der Vereinigten Staaten berührt? Solange das nicht ausreichend verdeutlicht wird, muß das DEC wahrscheinlich weiter mit Widerständen bei seiner ökologischen Arbeit rechnen. Die Nachrichtendienste sollten weiterhin mit der FEMA zusammenarbeiten, um sie schnell mit Bildern von Katastrophengebieten in den Vereinigten Staaten und - wenn möglich - anderswo zu versorgen. Die Geheimdienste sollten ebenfalls in Betracht ziehen, ihr Archivmaterial über globale Umweltfragen für internationale Organisationen zugänglich zu machen. Diese Öffnung sollte unter Berücksichtigung des Schutzes von Quellen und Methoden erfolgen. Wie die Zusammenarbeit zwischen NRO, CIA und FEMA gezeigt hat, ist es möglich, nützliche, aus Satellitenbildern gewonnene Informationen weiterzugeben, ohne technische Geheimnisse zu verraten. Die Nachrichtendienste sollten auch darüber nachdenken, bestimmte ökologische Aufgaben von internationalen Organisationen zu übernehmen, entweder zum Selbstkostenpreis oder vielleicht als teilweise Kompensation für die Beiträge, die die Vereinigten Staaten den Vereinten Nationen schuldig sind. Eine derartige Kooperation wäre besonders bei globalen Naturkatastrophen zu begrüßen, wenn Aufklärungssatelliten in der Lage sind, lebensrettende Informationen zu liefern, oder wenn Staaten verdächtigt werden, internationale Umweltabkommen zu verletzen (indem sie zum Beispiel giftige Stoffe im Meer versenken) und sie verdienen, daß ihr Verhalten öffentlich gemacht wird. -109-

Und schließlich sollten die Nachrichtendienste weiter daran arbeiten, den Kontakt zu den Nutzern ihrer Informationen zu verbessern, die an Umweltproblemen und ökologischer Forschung interessiert sind. Bisher sind die Geheimdienste nicht in der Lage gewesen, den Wert ihrer ökologischen Aktivitäten angemessen darzustellen. In welcher Beziehung steht die Entwaldung in Brasilien zum Klimawandel und zur Lebensqualität in den Vereinigten Staaten? Welches Risiko stellt die radioaktive Verseuchung der Arktis durch die Russen für die Amerikaner dar? Oder für unsere Verbündeten, die Norweger, die noch näher an den verseuchten Gebieten leben? Weil diese Fragen den Politikern (und der Öffentlichkeit) bisher noch nicht zufriedenstellend beantwortet worden sind, wissen sie wenig über die Bedeutung der Sammlung ökologischer Daten durch die Nachrichtendienste. Die Geheimdienste verfügen über die Mittel, um zum Verständnis und zur Lösung von Sicherheitsproblemen im Bereich Umwelt beizutragen, ohne ihre führende Rolle beim Schutz der Vereinigten Staaten gegen militärische und terroristische Bedrohungen preiszugeben. Amerikas Nachrichtendienste sollten jedoch nicht ihre Zeit damit verschwenden, als zusätzliche EPA oder NASA zu agieren, sondern sich vielmehr darauf konzentrieren, Umweltdaten zu sammeln, die für andere Behörden und die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind; Informationen, die aus verdeckten Quellen und von neuester Satellitentechnik stammen.

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KAPITEL 4 SPIONE GEGEN VIREN Die weltweite Rückkehr der Infektionskrankheiten „Die traditionelle Vorstellung von Geheimdienstarbeit ist der Spion, der die Kriegspläne des Feindes aufdeckt. In Wirklichkeit befassen sich die Geheimdienste nicht nur mit Kriegsplänen, sondern mit allen außenpolitischen Angelegenheiten unserer Regierung.“ Freigegebene vertrauliche Mitteilung der CIA an das ChurchKomitee, 1974 DIE DEBATTE ÜBER EINE NEUE AGENDA FÜR DIE GEHEIMDIENSTE Die Regierung, die 1994 die Kommission über die Rolle und die Fähigkeiten der US-Nachrichtendienste eingesetzt hat (die „Aspin-Brown-Kommission“), forderte deren Mitglieder auf, herauszufinden, „ob die Rolle und die Aufgabe der Nachrichtendienste über die traditionellen Bereiche der Verteidigungs- und Außenpolitik hinaus erweitert werden sollen, und wenn ja, was legitime Bereiche der Informationsbeschaffung und Analyse sein sollten und ob beispielsweise auch wirtschaftliche, ökologische und gesundheitliche Fragen einbezogen werden sollten“1. Auch wenn man sie häufig als eine neue Agenda für die Nachrichtendienste bezeichnet hat, sind die Themen der Kommission in Wirklichkeit überhaupt nicht neu. Wie in Kapitel 2 erwähnt wurde, sind Fragen der Wirtschaft während der gesamten Geschichte unseres Landes für Politiker und Geheimdienste von Interesse gewesen. Und während des Kalten Krieges haben die amerikanischen Nachrichtendienste eine -111-

Reihe von ökologischen Problemen genau verfolgt, zum Beispiel die dramatische Austrocknung des Aralsees zwischen Kasachstan und Usbekistan. Dennoch kochten die nicht traditionellen Themen bei den Nachrichtendiensten lange nur auf kleiner Flamme. Die Verantwortlichen griffen ständig in diese kleinen Budgets, um die unmittelbar drängende Aufgabe der Eindämmung der weltweiten Gefahr des Kommunismus zu finanzieren. Aber nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurden Mittel, die einst für die UdSSR gedacht waren, für die neue Agenda der Dienste verfügbar. Auf kleiner Flamme ist dennoch genau dort, wo viele Kritiker innerhalb und außerhalb der Geheimdienste die nicht traditionellen Nutzer der begrenzten Mittel der Dienste halten möchten. Von ihrem Standpunkt aus gesehen müssen die militärischen Bedrohungen - der Verbleib der russischen Raketen und Sprengköpfe, die Wahrscheinlichkeit neuer Atomtests in Pakistan und Indien, der Umfang der Atomwaffenproduktion im Irak und in Nordkorea, der Verkauf von chinesischen Raketen an Pakistan und mögliche Terroranschläge auf amerikanische Staatsbürger zu Hause oder im Ausland - weiterhin bei den für den Schutz des amerikanischen Volkes und seiner weltweiten Interessen Verantwortlichen die oberste Priorität behalten. Als Reaktion auf die ausufernden Rüstungsausgaben beider Supermächte während des Kalten Krieges haben die USRegierungsbeamten versucht, den Staatshaushalt wieder in den Griff zu bekommen und die Staatsverschuldung abzubauen. Diese populären Maßnahmen zur Ausgabensenkung standen der Ausweitung der Aufgaben der Nachrichtendienste gegenüber, die keine starke Lobby besaßen und deren direkte Beziehung zur nationalen Sicherheit auf Anhieb nicht so leicht zu erkennen ist wie bei Sprengköpfen und Raketen, die sich in der Hand von „Schurkenstaaten“ befinden. Die Verantwortlichen in den Geheimdiensten waren auch entsetzt über die wachsende Zahl -112-

nicht finanzierbarer Aufgaben, die ihnen von Kongreß und Weißem Haus zugewiesen wurden. In Gegensatz dazu stehen jene, die der Meinung sind, daß Amerika es sich nicht länger leisten kann, die nationale Sicherheit in diesen engen, nationalen Grenzen zu definieren. Wenn sich die Ozonschicht auflöst, der Regenwald verschwindet, das Ebolavirus sich über die Kontinente ausbreitet, oder auch ein großer Meteorit auf die Erde einzuschlagen droht, dann ist das amerikanische Volk genauso gefährdet - oder tot - wie bei einem massiven sowjetischen Atomangriff im Kalten Krieg. Daher ist es irreführend, die nationale Sicherheit eng in den Begriffen militärischer Bedrohungen zu definieren. Die Fixierung auf die UdSSR hat Amerika einst von diesen anderen Gefahren abgelenkt, aber jetzt muß diese veraltete Sichtweise der Gefahreneinschätzung im Klima der Unsicherheit, das die postkommunistische Welt kennzeichnet, neu definiert werden.2 Wie ein Experte in Hinsicht auf die weltweite Gesundheitslage bemerkte: „Infektionskrankheiten sind die potentiell größte Bedrohung der Menschheit, die in der Welt nach dem Kalten Krieg auf uns lauert.“3 Um das Budget neu auszubalancieren und mehr Mittel für Themen einer neuen Agenda wie Umwelt und Gesundheit aufzuwenden, kann man die technischen Systeme - zum Beispiel die Satelliten - die einst die Sowjetunion ausspionierten, neu ausrichten. Experten behaupten, daß die Vereinigten Staaten zu viel Geld in „goldverzierte“ Spionagesatelliten investiert haben, die mit allen denkbaren Schikanen ausgestattet sind. Ein Beamter der National Security Agency beschuldigte zum Beispiel das National Reconnaissance Office, daß es „Cadillacs gebaut hat“ statt kleinerer Satelliten, die der amerikanischen Sicherheit genauso Genüge getan hätten.4 Eine verbesserte Informationsbeschaffung unter Berücksichtigung der neuen Agenda könnte den Vereinigten -113-

Staaten gemäß einigen Berichten tatsächlich sogar Geld sparen. Das Office of Science and Technology Policy des Präsidenten hat berechnet, daß das Fehlen einer Frühwarnung vor dem Wiederauftreten einer tablettenresistenten Tuberkulose „den Vereinigten Staaten allein 1991 mehr als 700 Millionen Dollar an direkten Kosten für die Behandlung von Tuberkulose verursacht hat“. Das Office fügte hinzu, daß die Überwachung dieser Form von Tuberkulose bis „1993 nicht wieder eingeführt wurde, als diese gegen Arzneimittel resistente TB zur Krise der öffentlichen Gesundheit geworden war und Millionen an Bundesgeldern verschlang“.5 Aus höchsten Regierungskreisen kommt Unterstützung für die nicht traditionellen Aufgaben der Nachrichtendienste. In dem Bericht The National Security Science and Technology Strategy, der 1996 unter der Leitung des National Science and Technology Council (NSTC, ein Gremium auf Kabinettsebene) veröffentlicht wurde, erklärte der Präsident, daß „kein Land von den Auswirkungen neu ausbrechender Krankheiten, von Umweltzerstörung und anderen globalen Bedrohungen verschont bleibt - selbst wenn die Wurzeln dieser Probleme in weit entfernten Teilen der Welt liegen“.6 Als Beispiel nannte er die AIDS-Tragik. GLOBALE ÜBERWACHUNG VON KRANKHEITEN Das war nicht die erste besorgte Äußerung eines Präsidenten über die AIDS-Epidemie. Mitte der 80er Jahre erließ Präsident Reagan eine Direktive, in der er die Bundesbehörden anwies, ein Modell zu entwickeln, mit dem man die weltweite Ausbreitung von AIDS und ihre demographischen Auswirkungen vorhersagen kann. Unter Aufsicht des Außenministeriums führte die CIA diese Forschungen in Kooperation mit einer Reihe von anderen Regierungsbehörden durch (darunter die Ministerien für Verteidigung und Energie).7 Anfangs lag der Schwerpunkt auf Afrika, von wo die AIDS-Epidemie ihren Ausgang nahm, und -114-

die Forscher ordneten die infizierten Gruppen nach demographischen Standardvariablen wie Alter, Geschlecht und ländliche oder städtische Herkunft. Das Modell wurde dann auf Lateinamerika und Asien ausgeweitet und berücksichtigte auch die Infektion mit dem HIV-Virus durch intravenösen Drogenkonsum, homosexuelle Übertragung und Bluttransfusionen. Die weltweite Zunahme von Krankheiten geht weiter, ungeachtet gegenteiliger Hoffnungen in unserem Zeitalter medizinischen Fortschritts. Das Gelbfieber wütet in Benin, die Meningitis ist in Rumänien ausgebrochen, Polio in Albanien, Beulenpest in Indien und Cholera auf den Philippinen. Auch die Tuberkulose ist weltweit wieder auf dem Vormarsch, und bei einer Epidemie in Madagaskar erwies sich eine Form der Seuche als resistent gegen die Standardbehandlungen mit Ampicillin und Tetracyclin. Dadurch wurden Ängste geweckt, daß diese neue Form „die Seuche untherapierbar macht“.8 Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet, sind Malaria, Pest, Diphtherie, Cholera, Gelbfieber und Dengue rund um den Globus wieder aufgetaucht. Es gibt jedes Jahr 300-500 Millionen neue Fälle von Malaria, an der alle 12 Sekunden ein Kind stirbt.9 1999 hat ein neues und hochinfektiöses tropisches Virus, das den Wissenschaftlern bisher unbekannt war, in Malaysia Dutzende von Menschen getötet.10 Seit 1976 wurden mindestens 33 neue krankheitserregende Organismen identifiziert, einschließlich HIV, Hepatitis C, Ebolavirus, Sabia und Rotavirus, zusammen mit bislang unbekannten Bakterienarten, die gegen Antibiotika resistent sind.11 Diese Krankheiten kennen keine Ländergrenzen. Im Zeitalter moderner Transportmittel erreichen jährlich mehr als 200 Millionen Menschen die Vereinigten Staaten, die über Land, von See und mit Flugzeug aus fremden Ländern kommen. Dieses hohe Verkehrsaufkommen verbindet die Städte der Welt „mit einem enggeknüpften Netz der Verwundbarkeit... -115-

Krankheiten, die einst Monate brauchten, um den Atlantik mit Kolumbus oder den Pilgervätern zu überqueren, können den Globus heute an einem einzigen Tag umrunden“.12 Eingedenk dieser Verwundbarkeit gab das Weiße Haus eine ernste Warnung heraus: „Krankheiten, die Menschen, Pflanzen und Tiere betreffen, verbreiten sich sehr schnell infolge von Handel und Verkehr und bedrohen, vor allem in Verbindung mit Unterernährung, die öffentliche Gesundheit und Produktivität auf breiter Front. Das rapide Bevölkerungswachstum, die weltweite Umweltverschmutzung und die Verschlechterung anderer Umweltfaktoren, die für den Erhalt der Gesundheit wichtig sind, und auch das Fehlen einer sicheren Trinkwasserversorgung für ein Fünftel der Weltbevölkerung, tragen zur beschleunigten Ausbreitung dieser Krankheiten bei.“13 Die Sorgen über die Weltgesundheitsrisiken dürfen nicht Amerikas Wachsamkeit gegenüber möglichen militärischen Gefahren von außen mindern. Sie müssen auf der Agenda der Nachrichtendienste immer oberste Priorität genießen. Wie wir in Kapitel l aufgezeigt haben, bleibt die Welt ein unwirtlicher Ort, an dem es jede Menge Massenvernichtungsmittel gibt, und das Gespenst eines plötzlichen und verheerenden Gemetzels bedroht unseren Planeten noch immer - genauso wie die Gefahr von Terroranschlägen mit chemischen oder biologischen Waffen. Aber die weniger spektakulären Themen, die die Aspin-BrownKommission untersuchen sollte, einschließlich ökonomischer und ökologischer Sicherheit, haben ebenfalls große Auswirkungen und bedürfen einer genauen Beobachtung durch Politiker und Öffentlichkeit, wenn die Regierungsbeamten über die Prioritäten bei der Verteilung von Mitteln für die Nachrichtendienste entscheiden. Das am meisten unterschätzte Thema davon ist wahrscheinlich die Weltgesundheitslage, womit wir uns hier beschäftigen.

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DIE BEDEUTUNG DER GLOBALEN ÜBERWACHUNG VON KRANKHEITEN Auf den ersten Blick kann man dem Thema der öffentlichen Gesundheit leicht jegliche Bedeutung für die Geheimdienste absprechen. Schließlich gibt es in den Vereinigten Staaten mehr medizinische Fachblätter und Nobelpreisträger als in jedem anderen Land. Die offen zugängliche Literatur (sowohl wissenschaftliche als auch populäre) über Gesundheitsfragen ist umfangreich. Außerdem überwachen das Center for Disease Control and Prevention (CDC) und das Carter Center - beide befinden sich in Atlanta - die gesundheitliche Situation und die Bedrohung rund um die Welt und fertigen darüber Berichte an, genauso wie die Vereinten Nationen und eine Reihe privater Organisationen wie die Federation of American Scientists (FAS). Wenn es all diese offen zugänglichen Informationsquellen über mögliche gesundheitliche Bedrohungen der amerikanischen Bevölkerung gibt, warum soll man dann einen Teil der begrenzten Mittel der Nachrichtendienste für dieses Thema aufwenden? Selbst die Aspin-Brown-Kommission, die den Nachrichtendiensten bei Problemen der globalen Gesundheitslage eine „legitime Rolle“ eingeräumt hat, widmet dieser Frage in einem 150 Seiten starken Bericht nur eine viertel Seite und liefert so gut wie keinen Beleg zur Untermauerung.14 Szenarien nachrichtendienstlicher Aktivitäten im Bereich Gesundheit Wenn man jedoch beginnt, unter die Oberfläche der Informationen zu diesem Thema zu blicken, dann wird deutlich, daß nachrichtendienstliche Aktivitäten im Bereich der öffentlichen Gesundheit größere Aufmerksamkeit als bisher verdienen. Stellen wir uns folgende Szenarien vor: In einem Entwicklungsland, das über Rohstoffe verfügt, die -117-

für die amerikanische Industrie wichtig sind, breitet sich unter der Bevölkerung mit rasanter Geschwindigkeit AIDS aus. Im letzten Jahr wurde in der Hauptstadt des Landes ein Drittel der Kinder HIV-positiv geboren. Der National Security Council sorgt sich um die Stabilität des derzeitigen, proamerikanischen Regimes, da sich bei einigen Mitgliedern der Regierung offenbar AIDS-Symptome zeigen. Der Sicherheitsberater des Präsidenten möchte wissen, in welchem Ausmaß die höheren Regierungskreise mit AIDS infiziert sind und welche Auswirkungen das wahrscheinlich auf die Stabilität des Regimes haben wird. Das CDC sammelt keine Informationen über führende ausländische Politiker, und selbst wenn es das versuchte, verbergen viele Länder die Wahrheit über das Ausmaß von AIDS in ihrem Lande - und ganz sicher in ihrer Regierung. Außerdem verfügen das CDC und seine Mitarbeiter nicht über die Ausbildung, eine begleitende Analyse über die militärischen, politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der durch AIDS verursachten Instabilität zu verfassen. Der Außenminister ist über die Unruhen in einem anderen Entwicklungsland besorgt, die scheinbar die Folge von weitverbreiteter Armut und Krankheit sind. Besonders beunruhigend sind die fast epidemischen Ausmaße einer schwächenden Darminfektion in den nördlichen Gebieten. Der Minister möchte eine Analyse darüber, was die Ursache der Krankheit sein könnte. Auch wenn diese Information sich vielleicht irgendwo in den Akten der Vereinten Nationen finden läßt, möchte er sie unverzüglich und mit einer Analyse, die die Auswirkungen auf die amerikanische Außenpolitik gegenüber diesem Land erklärt. Der Minister sorgt sich besonders um das Potential von infizierten Flüchtlingsgruppen, die über die Grenzen in die Nachbarstaaten vordringen und die Krankheit weiter verbreiten. Amerikanische Truppen sind vom Präsidenten angewiesen worden, sich an einer UN-Friedensmission in Zentralafrika zu -118-

beteiligen. Zu den Aufgaben des Kommandeurs gehört es auch, für den Schutz der Truppen vor den ansteckenden Krankheiten vor Ort zu sorgen. Dafür fordert er die aktuellsten Informationen darüber an, mit welchen Gesundheitsrisiken zu rechnen ist. Einige Daten sind im öffentlichen Bereich erhältlich, aber ein Teil des Militäreinsatzes wird in abgelegenen Dschungelgebieten stattfinden, in das bisher nur wenige westliche Mediziner vorgedrungen sind. Der Kommandeur muß wissen, welche Impfungen und Vorsichtsmaßnahmen notwendig sind, um seine Truppe von Krankheiten freizuhalten, und er muß es unverzüglich wissen. Seine zivilen Partner, die an dem humanitären Einsatz teilnehmen, haben die gleichen Sorgen, da auch ihre Mitarbeiter vor den einheimischen Krankheiten geschützt werden müssen. Der Präsident hat gerade einen Thriller gelesen, in dem ein Mitglied einer Terrorgruppe aus dem Mittleren Osten auf einem kleinen Flugplatz im ländlichen Virginia ein Flugzeug des Typs „Twin Otter“ mietet und Richtung Washington fliegt. Während er in geringer Höhe über die Smithsonian Mall fliegt, läßt der Terrorist aus einem Koffer durch das Fenster einen feinen Regen von Anthraxsporen herabrieseln. Im Roman erwies sich der Anschlag innerhalb von 48 Stunden für beinahe die gesamte Bevölkerung der Innenstadt als tödlich. Der Präsident möchte wissen, wie weit hergeholt die Handlung ist, und er möchte auch einen ausführlichen Bericht über Anthrax und andere biologische Stoffe, die amerikanische Staatsbürger bei einem terroristischen Anschlag töten könnten. Und er möchte auch wissen, wie man sich vor solchen Eventualitäten schützen kann, außerdem alles über die Geschichte internationaler Abkommen zur Kontrolle dieser biologischen Substanzen. Er beauftragt das Verteidigungsministerium und die FEMA zu entscheiden, ob die US-Regierung einfach herzustellende Gegengifte entwickeln soll, falls Terroristen Anschläge mit krankheitserregenden Substanzen durchführen. Diese Behörden fordern wiederum von -119-

den Geheimdiensten ausführliche Berichte über die Gefahr biologischer Terroranschläge an.15 Der Außenminister soll an einer internationalen Konferenz über die gesundheitlichen Bedrohungen für Bürger und Soldaten infolge von Umweltzerstörungen aufgrund von Kriegshandlungen teilnehmen. Die Gesundheitsschäden durch Giftgase, die durch Kriegsschäden im Golfkrieg von 1991 freigesetzt worden waren, sind für diese Konferenz von Interesse. Der Minister fordert umgehend einen Geheimdienstbericht über diese Vorkommnisse an.16 Der Verteidigungsminister möchte wissen, ob sein Amtskollege in einem bestimmten asiatischen Land psychisch instabil ist, wie Gerüchte besagen, oder ob er doch mit diesem Mann zusammenarbeiten kann. Mit anderen Worten, er möchte ein psychologisches Profil des ausländischen Verteidigungsministers, bevor er mit ihm in 14 Tagen zusammentrifft. Diese Informationen über die geistige Gesundheit kann der Verteidigungsminister nur von den amerikanischen Geheimdiensten bekommen.17 Ein Berater des Weißen Hauses informiert den Präsidenten darüber, daß Nordkorea eventuell biologische Waffen entwickelt, wahrscheinlich unter Verwendung von Pockenviren, einer Krankheit, die wohl allein im 20. Jahrhundert für den Tod von 300 Millionen Menschen verantwortlich war und in allen Epochen mehr Menschen den Tod gebracht hat als jede andere Infektionskrankheit (einschließlich der Pest im Mittelalter).18 Der Berater vermutet, daß die Führung Nordkoreas, die bereits in der Vergangenheit im Umgang mit anderen Staaten riskante Manöver vollführt hat, beabsichtigen könne, eine Rakete mit Hunderten von kleinen, mit Pockenviren gefüllten Sprengköpfen zu bestücken und auf die Vereinigten Staaten abzufeuern. Zumindest einige der Sprengköpfe würden durch jedes Raketenabwehrsystem, das die USA in naher Zukunft entwickeln könnten, hindurchkommen, und die Krankheit würde -120-

sich über ein weites Gebiet ausbreiten. Nach der Darstellung eines solchen Alptraums beauftragt der Präsident das DCI Nonproliferation Center, einen Bericht über die 19 Glaubwürdigkeit der Vorhersage des Beraters anzufertigen. Man muß kein Angsthase sein, um sich angesichts solcher Szenarien Sorgen zu machen (auch wenn einige weniger wahrscheinlich sind als andere). Als 1985 ein Ausbruch der Ebola-Krankheit im Kongo 240 Menschen getötet hat, waren die amerikanischen Politiker wegen der potentiellen Ausbreitung der Krankheit alarmiert, und 1989 befürchteten sie sogar, daß Ebola in den Vereinigten Staaten Fuß fassen könnte, als Folge der erkrankten Affen, die im medizinischen Forschungslabor in Reston in Virginia gehalten wurden.20 Und 1997 weckte der Ausbruch der Hongkong-Grippe Ängste über ihre mögliche weltweite Ausbreitung. Forscher haben auf die Verbindung zwischen der Gesundheit eines Volkes und seiner politischen Stabilität hingewiesen. In Hinblick auf die AIDS-Pandemie hat Garrett bereits 1988 gesagt, daß die Ökonomen die Entstehung einer „globalen Unterschicht“ und eine „wirtschaftliche Katastrophe“ in Afrika voraussehen, „aufgrund der unmittelbaren Kosten für AIDSTherapien, HIV-Tests, den Jahresbedarf an Kondomen, für das Medikament AZT und Medizin gegen die krankheitsbegleitenden Infektionen (wo diese überhaupt erhältlich ist), und aufgrund der Einbußen an industrieller und landwirtschaftlicher Produktivität durch fehlende 21 Arbeitskräfte“. Ein Angriff gegen die Vereinigten Staaten mit chemischen oder biologischen Waffen durch einen „Schurkenstaat“ oder eine Terrorgruppe wird ebenfalls immer wahrscheinlicher. Gestützt auf eine Studie der US-Regierung berichteten zwei Korrespondenten, daß drei Staaten - Irak, Nordkorea und Rußland - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit illegale Vorräte an Pockenviren versteckt halten, und weitere -121-

vierzehn „werden verdächtigt, sich Biowaffen anzueignen oder zu besitzen“.22 Der frühere sowjetische Wissenschaftler Kanatjan Kalibekow, der heute den amerikanischen Namen Ken Alibek benutzt, war 1992 vom russischen Militär übergelaufen und brachte Berichte nach Amerika mit, daß Moskau während des Kalten Krieges tonnenweise Pockenviren hergestellt hat. Laut Alibek hat die UdSSR auch spezielle Sprengköpfe entwickelt, um die tödliche Fracht mit Langstreckenraketen in die Vereinigten Staaten zu tragen, falls ein Krieg zwischen den Supermächten ausbrechen sollte.23 Der Vorsitzende des National Intelligence Council stimmt dem zu, daß die Gefahr biologischer und chemischer Terroranschläge gegen die Vereinigten Staaten wächst, und der frühere DCI James Woolsey betrachtet den Terrorismus mit Biowaffen als „in absehbarer Zukunft die größte einzelne Bedrohung für die nationale Sicherheit“.24 Präsident Clinton hat bestätigt, daß es „sehr wahrscheinlich“ ist, daß eine Terrorgruppe in den nächsten Jahren versuchen wird, einen Anschlag mit biologischen oder chemischen Waffen gegen die USA zu unternehmen.25 Experten halten die Pocken für die größte biologische Bedrohung, da 42 Prozent der amerikanischen Bevölkerung noch nie gegen diese Krankheit geimpft wurden. Als nächstes folgt in der Hierarchie der Gefahren Anthrax, das zumindest den Vorteil hat, nicht ansteckend zu sein26 (was für die Betroffenen nur ein geringer Trost ist). Manche Experten halten Viren wie Pocken für „weitaus tödlicher als Atomwaffen... weil die meisten Menschen nicht mehr geimpft sind und daher ihre Immunität verloren haben“.27 Das Aufspüren biologischer Waffen stellt für die Geheimdienste ein großes Problem dar, weil ihre Herstellung „ganz leicht als zivile Forschung zu tarnen ist“.28 Wie der Direktor des DCI Nonproliferation Center erklärte: „Die Übereinstimmungen zwischen biologischen Waffen und -122-

Impfstoffen und zwischen Nervengiften und Pestiziden sind beträchtlich. Die Technologie zur Verlängerung unseres Lebens und zur Verbesserung unseres Lebensstandards kann sehr leicht auch zur Massenvernichtung von Leben benutzt werden. „29 Die politisch Verantwortlichen wissen, daß es unzureichend ist, sich für Informationen über die globale Gesundheitslage allein auf die Berichte in den Medien zu verlassen. Ausländische Regierungen versuchen manchmal, Gesundheitsgefahren vor den Korrespondenten der Medien zu verbergen, wie erst kürzlich festgestellt wurde, als chinesische Militärs und Funktionäre der Kommunistischen Partei die Verseuchung eines Blutserums mit AIDS verheimlichten, das von einer Firma des Militärs hergestellt wird.30 Der Sinn der verdeckten Informationsbeschaffung durch die Geheimdienste liegt darin, die Fakten hinter solchen Täuschungsmanövern aufzuspüren. DIE ÜBERWACHUNG GLOBALER GESUNDHEITSPROBLEME Politische Beamte möchten, daß die Geheimdienste die Gesundheitssituation sowohl in ganzen Regionen als auch in einzelnen Ländern einschätzen. Einige US-Politiker glauben zum Beispiel, daß die größte Herausforderung Rußlands heute nicht so sehr in den wirtschaftlichen oder militärischen Reformen liegt, sondern in der Gesundheit seiner Bevölkerung. Als eine Folge ihres enormen Wodkakonsums hat die männliche Bevölkerung Rußlands nur eine sehr geringe Lebenserwartung. Einige Beobachter sagen sogar voraus, daß der grassierende Alkoholismus Rußland daran hindern könnte, jemals die beabsichtigten wirtschaftlichen und politischen Reformen erfolgreich durchzuführen.31 Lange bevor nach dem Kalten Krieg die Debatte einer neuen Geheimdienstagenda aufkam, haben die Geheimdienste Dutzende von Studien über regionale und globale -123-

Gesundheitstrends verfaßt, die die Informationen von UNO, CDC und andere öffentliche Berichte mit Daten aus allen Quellen (offenen und verdeckten) ergänzten. Auch hier ist der wichtigste Beitrag der Analysten der Geheimdienste einmal mehr - wie bei ökonomischen und ökologischen Themen - die geschickte Kombination von offen zugänglichen Informationen über die globale Gesundheitslage mit Fakten und Erkenntnissen aus Spionagequellen. Niemand sonst ist dazu in der Lage. Allein die Trennung der Spreu vom Weizen bei den öffentlich zugänglichen Informationen kann von enormem Wert sein. Berichte von Agenten vor Ort können bestätigen, ob die öffentlichen Verlautbarungen zuverlässig sind. Wird eine bestimmte Stadt auf dem Balkan tatsächlich belagert, wie es ein Korrespondent berichtet? Wie lautet eine verläßliche Schätzung der Einwohnerzahl der Stadt, die die hereinströmenden Flüchtlingswellen berücksichtigt, damit man den Bedarf an Hilfsgütern berechnen kann, der in die Stadt eingeflogen werden soll? Es dürfen auch nicht zu viele Güter sein, damit man keinen Schwarzmarkt schafft. Die Zahl der Flüchtlinge, die in eine Stadt strömen, kann von besonderer Bedeutung sein, weil die Bewegung großer Menschenmassen häufig mit dem Ausbruch gefährlicher Epidemien verbunden ist. Wie ist es um die Trinkwasserqualität in der Stadt bestellt? Stimmen die Zeitungsberichte über den Ausbruch von Cholera im städtischen Krankenhaus? Wieviel und welche Art von Medizin ist im Krankenhaus und den Ambulanzen der Stadt vorrätig? Auf der Liste der Gesundheitsthemen, die die Nachrichtendienste in der Vergangenheit analysiert haben, befinden sich Studien über den Zugang der Menschen in Entwicklungsländern zu sauberem Trinkwasser und zu ausreichender Kanalisation. Dahinter steht die Überlegung, daß eine Bevölkerung, deren körperliches und geistiges Wohlbefinden beeinträchtigt ist, für radikale politische Bewegungen und andere Manifestationen sozialer und -124-

politischer Unruhe anfällig ist, die die Stabilität der Regierung und möglicherweise auch amerikanische Interessen gefährden können. Ein anderes Thema wachsender Besorgnis ist die Ausbreitung von HIV-Infektionen im Ausland, die derart fortschreitet, daß sie in einigen Regionen bereits anfängt, die Stabilität einiger Regime zu unterhöhlen. In Janeiro im Kongo wurden 1990 zum Beispiel laut Berichten 23 Prozent der Babys HIV-positiv geboren.32 In Simbabwe verzeichnen einige Teile der Gesellschaft Infektionsraten von 25 Prozent, und bei Tuberkulose liegt die Rate noch höher (TB ist mit jährlich 3 Millionen Opfern weltweit zur Zeit die tödlichste Infektionskrankheit).33 Einheiten der amerikanischen Nachrichtendienste haben weltweit Informationen über medizinische Probleme in Zusammenhang mit friedenserhaltenden und humanitären Einsätzen gesammelt und diese Daten auch Mitarbeitern von UNO und NATO zugänglich gemacht. In jüngster Zeit interessieren sich die Analysten der Nachrichtendienste besonders für die Auswirkungen von HIVInfektionen und AIDS auf die Streitkräfte von UNO und NATO, mit denen die Vereinigten Staaten in Kampfgebieten Seite an Seite arbeiten. Die Analysten untersuchen ebenfalls die möglichen Gefahren für amerikanische Soldaten, die mit infizierten Kriegsgefangenen in Kontakt geraten, oder für amerikanische Zivilisten, die bei humanitären Operationen in Regionen eingesetzt werden, in denen AIDS verbreitet ist.34 Die Geheimdienste beobachten auch Gefahren für die Gesundheit durch die Umwelt. Der Reaktorunfall von Tschernobyl 1986 ist ein Beispiel dafür. In der Umgebung des Atomkraftwerks haben sich die Fälle von Krebserkrankungen verdoppelt, und es wurden Kälber ohne Köpfe und Gliedmaßen geboren. Radioaktive Partikel, die bei dem Unfall freigesetzt wurden, konnten noch im weit entfernten Skandinavien und selbst im noch entfernteren Kalifornien nachgewiesen werden. Ein Beamter der UNO schätzt, daß in „der früheren Sowjetunion -125-

und in Osteuropa noch 40 potentielle Tschernobyls schlummern“.35 Was wird bei einem erneuten Tschernobyl passieren? Wie sähen die gesundheitlichen Auswirkungen für die amerikanischen Staatsbürger aus, die in Europa reisen oder leben, und wie für die amerikanischen Verbündeten in diesem Teil der Welt? Wie ein Unfall in einem japanischen Kernkraftwerk gezeigt hat, beschränkt sich diese Gefahr nicht nur auf die schlecht gewarteten Atomreaktoren der ehemaligen Sowjetrepubliken. Eine weitere Sorge gilt dem Einsatz von chemischen und biologischen Waffen gegen amerikanische Truppen in ausländischen Kampfgebieten. Die Regierung ist sich dieser Risiken für die US-Truppen wohl bewußt. „Entgegen früherem Widerstand unterstützen die Militärkommandeure den Plan, alle US-Streitkräfte gegen Anthrax zu impfen. Das wäre das erste offizielle Impfprogramm des Pentagons gegen eine biologische Waffe“, berichtete die Washington Post 1996. „Die unmittelbare Gefahr verstärkt die Besorgnis des Pentagons über einen möglichen Anschlag mit biologischen Waffen. Der Irak, Rußland und zehn weitere Länder verfügen laut US-Regierung zumindest über die Fähigkeit, Anthraxsporen in Waffen zu laden, obwohl noch kein Land bekannt ist, das die Bakterien in Kampfgebieten eingesetzt hat.“36 Obwohl in öffentlichen Büchereien und im Internet eine große Menge an Informationen über globale Gesundheitsbedrohungen zu finden sind, muß man dennoch in obskuren Dokumenten, Datenbanken und Archiven (manchmal in schwierigen fremden Sprachen) suchen und die Informationen in ein lesbares Format bringen, das die Aufmerksamkeit von vielbeschäftigten Politikern fesselt. Genauso wichtig ist es, daß jemand sicherstellt, daß die Daten über die globale Gesundheit die unmittelbaren Interessen der wichtigsten Beamten in Washington betrifft. Das leistet weder die UNO noch das CDC oder das Carter Center, die Library of Congress, die Brookings -126-

Institution, RAND, die Heritage Foundation, das Cato Institute, das Aspen Institute oder das American Enterprise Institute. Wenn derartige Informationen gebraucht werden, erwartet man sie von den Nachrichtendiensten, und dann müssen sie exakt sein, rechtzeitig geliefert werden und die aktuellen Gefahren oder Krisen im Bereich Gesundheit betreffen. RESSOURCEN FÜR DIE ARBEIT DER NACHRICHTENDIENSTE IM BEREICH GESUNDHEIT Ungeachtet aller Begeisterung für eine neue Agenda der Geheimdienste haben Themen der globalen Gesundheit in Washington nur wenig Unterstützung erfahren. Die Bemühungen der amerikanischen Volksvertreter, das Budget neu auszurichten, sind auf eine falsche Spur geraten. Statt die Ausgaben für große und teure Satelliten zu kürzen, haben die Abgeordneten bei den Nachrichtendiensten Stellen im Ausland gestrichen und viele Einrichtungen geschlossen, vor allem in Afrika, wo viele der gefährlichsten Infektionskrankheiten ihren Ursprung haben. In der postkommunistischen Ära haben die Vereinigten Staaten vom Zustand der „globalen Präsenz“ von Augen und Ohren in jedem Land in den Zustand der „globalen Reichweite“ gewechselt, in dem Ressourcen in verschiedenen Teilen der Welt mobilisiert und gegen die drängendsten Ziele gerichtet werden müssen. In Zeiten, in denen die meisten Regierungsprogramme von Kürzungen betroffen sind (außer der fortschreitenden Aufrüstung mit Überwachungssatelliten und Aufklärungsflugzeugen, von denen keines die Ausbreitung einer Krankheit entdecken kann), steht die Gesundheit auf der Prioritätenliste der politisch Verantwortlichen in Washington weit unten. Dennoch hat die CIA 1996 innerhalb des neuen Office of Transnational Issues (OTI) die Conflict Issues Division gegründet. In dieser Abteilung beschäftigt sich ein Dutzend Analysten mit gesundheitlichen und humanitären Fragen, von -127-

der weltweiten Ausbreitung von Krankheiten bis zu den (manchmal damit in Verbindung stehenden) Flüchtlingsströmen.37 Manchmal berichten die Medien zutreffend über globale Gesundheitsthemen. So hat Reuters im Sommer 1994 berichtet, daß täglich Hunderte von Hutu-Flüchtlingen aus Ruanda im Osten des Kongo an Cholera sterben.38 Häufig sind die Korrespondenten jedoch nicht zur rechten Zeit am rechten Ort, oder sie berichten nur am Rande (wenn überhaupt) über den gesundheitlichen Aspekt eines Ereignisses und seine Auswirkungen auf Sicherheitsinteressen. Dann sind die Nachforschungen der Geheimdienste und ihre Analysen von besonderem Wert. Das U.S. Army Medical Research Institute for Infectious Diseases (USAMRIID), das Armed Forces Medical Intelligence Center (AFMIC) und das United States Army Medical Research and Material Command (USAMRMC) überwachen ebenfalls die globale Gesundheitslage, die friedenserhaltende und humanitäre Einsätze sowie Rettungsaktionen und andere militärische Auslandsoperationen beeinflussen könnte. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, Gesundheitsrisiken für amerikanische Soldaten im Ausland auszumachen, aber manchmal wird ihr Fachwissen auch zur Bekämpfung von Krankheiten innerhalb der Vereinigten Staaten gebraucht. Ihre Finanzierung ist eher bescheiden, und der Grad, in dem sie in die gesamte Arbeit der Nachrichtendienste eingebunden sind, ist völlig unzureichend, besonders in Hinsicht auf die Beschaffung und die darauf folgende Weiterleitung von Informationen, um auf alle Quellen basierende Berichte herzustellen. Auch wenn es bei den Nachrichtendiensten Versuche gegeben hat, die Aufmerksamkeit für Gesundheitsrisiken zu erhöhen, wußte die linke Hand oft nicht, was die rechte tat - ein hartnäckiges Problem, dem sich die ausufernde und nur lose verbundene Bürokratie ausgesetzt sieht, die sich um Washington herum -128-

ausbreitet. DIE ZUKUNFT DER NACHRICHTENDIENSTLICHEN AKTIVITÄTEN IM GESUNDHEITSBEREICH Im Bewußtsein der komplexeren Natur des Weltgeschehens nach dem Ende des Kalten Krieges haben die Geheimdienste damit begonnen, sich zunehmend auf globale und multilaterale Probleme zu konzentrieren, einschließlich der Gesundheitsfragen. Der neue Geheimdienstoffizier für globale Angelegenheiten hat auch gesundheitsbezogene Themen in seinem prall gefüllten Portfolio der Pflichten, und der National Intelligence Council fertigt von Zeit zu Zeit Einschätzungen von globalen Gesundheitsproblemen an.39 Im Gesamtplan der Dinge nimmt die Gesundheitsproblematik für die Nachrichtendienste jedoch einen wesentlich weniger wichtigen Platz ein als die traditionellen Aufgaben im Bereich Militär, Politik und Wirtschaft. Es ist wohl richtig, daß sich amerikanische Soldaten im Ausland mit Krankheiten infizieren können, aber Rußland verfügt nach wie vor über das Potential, mit seinen Atomraketen ganze Städte in den Vereinigten Staaten zu zerstören. Ein Wiederaufflammen der Kämpfe auf dem Balkan oder in einer anderen Region würde außerdem wieder intensivere Geheimdienstarbeit für die US-Streitkräfte erfordern. Rund um den Globus greifen Terroristen zivile und militärische Ziele an. Politische Unruhen in Mexiko können zu einem verstärkten Zustrom von Einwanderern führen, die über den Rio Grande in die Vereinigten Staaten fliehen. Die wirtschaftlichen Bedingungen in Thailand können sich direkt auf den Lebensstandard der amerikanischen Staatsbürger auswirken. Heute sind diese Gefahren für die US-Regierung von dringenderem Interesse als Tuberkulose oder Malaria. Die Gesundheitsrisiken für die amerikanischen Soldaten im Ausland können dennoch nicht von der Hand gewiesen werden. -129-

Kluge Politiker werden auch nicht die anderen globalen Gesundheitsrisiken ignorieren, die in diesem Kapitel erörtert wurden, selbst wenn es die Beschränktheit der vorhandenen Ressourcen nicht erlaubt, jedes mögliche Risiko für das Wohlergehen der Amerikaner zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit, die Geheimdienstarbeit im Bereich Gesundheit in die rechte Perspektive zu rücken - weder ihre unbestreitbare Bedeutung zu ignorieren noch über die Gefahren globaler Krankheiten in Hysterie auszubrechen -, führt zu dieser zentralen Schlußfolgerung: In einer Zeit, in der die Bürger dem Ausgabeverhalten des Staates skeptisch gegenüberstehen, ist es dennoch unerläßlich, die gegenwärtige Finanzierung dieser Arbeit beizubehalten (so wie es auch die Aspin-BrownKommission empfiehlt, wenn auch nur am Rande). Eine sorgfältige Überwachung globaler Krankheiten Außerdem - und auf diesen Punkt geht die Aspin-BrownKommission nicht ein - können auch ohne zusätzliche Kosten Schritte unternommen werden, um die politischen Entscheidungsträger besser mit Informationen über globale Gesundheitsrisiken zu versorgen. Das erfordert aber eine Kooperation von Gruppen, die es nicht gewohnt sind, zusammenzuarbeiten - oder sich auch nur zusammen in einem Raum aufzuhalten. Als erstes müssen die CIA und ihre Schwesterbehörden die Gesundheitsproblematik ernster nehmen. Berichte über die globale Gesundheitslage, die nur auf offenen Quellen beruhen, sind gegenwärtig unzureichend. Wie ein Arzt erklärte: „Nie zuvor hat die Welt dringender ein Frühwarnsystem (vor globalen Krankheiten) benötigt, das an den am meisten gefährdeten Orten stationiert ist und uns beim ersten Anzeichen von Gefahr alarmiert. ” Er fugte hinzu, daß die Überwachungskapazitäten der WHO „fragmentiert und vernachlässigt“ sind und daß andere „Wachhunde“ (wie die Rockefeller Foundation) ihre Kapazitäten ebenfalls abgebaut -130-

haben. Die Folge ist, daß die Welt „weniger auf (Gesundheits-) Krisen vorbereitet ist als in den 60er und 70er Jahren“.40 Als Maßnahme zur Verbesserung der Qualität der Informationen über globale Gesundheitsfragen, die an Politiker weitergegeben werden, sollte das DO der CIA regelmäßiger und systematischer Berichte „aus dem Feld“ über die gesundheitliche Lage in Regionen und Ländern anfertigen, die von CDC und WHO vielleicht nicht berücksichtigt werden (einige Möglichkeiten wurden in den Szenarien weiter oben beschrieben). Derartige Informationen werden derzeit in den Berichten der Agenten an die Zentrale vernachlässigt.41 Außerdem sollten die Agenten vor Ort der Ausbreitung von Infektionskrankheiten unter bestimmten ausländischen Eliten des Militärs, der Politik und der Wirtschaft mehr Beachtung schenken. Das DO kann den Bereich der internationalen Gesundheit jedoch nicht allein abdecken. Da das FBI seine Präsenz im Ausland ausbaut, um das internationale Verbrechen zu bekämpfen,42 sollte es seine Agenten auch dazu einsetzen, Daten über Gesundheitsfragen zu sammeln, einschließlich Informationen über den körperlichen und geistigen Gesundheitszustand der ausländischen Eliten. Das würde eine Ausweitung des traditionellen Mandats des FBI bedeuten, jedoch nur in dem engeren Sinne, daß Informationen zu ausländischen Gesundheitsproblemen, die FBI-Agenten im Zuge der Verbrechensbekämpfung in Erfahrung bringen, an die CIA weitergereicht werden. Ist diese Zusammenarbeit denkbar? Nicht ohne den Willen des DCI und des Direktors des FBI. Auch wenn diese Aktivitäten für die Agenten nur von zweitrangigem Interesse sind, können die Informationen von nationalem Interesse sein, und man sollte ihnen mehr Aufmerksamkeit widmen.

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Die Verbesserung der Methoden zur Gesundheitsüberwachung Das Raster, nach dem Informationen über Gesundheitsfragen gesammelt werden - sei es auf globaler, regionaler, nationaler oder individueller Ebene -, sollte verfeinert werden. Das System arbeitet zu willkürlich. Die Verantwortlichen in den Nachrichtendiensten müssen explizite und systematische Kriterien entwickeln, die genau festlegen, wann ein Gesundheitsproblem Bedeutung für die nationale Sicherheit erlangt, zum Beispiel durch die Tödlichkeit oder die Ansteckungsgefahr einer Krankheit. Wie bei jedem Thema müssen die Analysten und Offiziere aller Nachrichtendienste ihre Anstrengungen verdoppeln, um herauszufinden, welche Art von Gesundheitsthemen für die Politiker von größtem Interesse sind. Geheime Informationen und offen zugängliches Material über die globale Gesundheitslage sind derzeit nicht ausreichend integriert. Da eine beträchtliche Menge an Gesundheitsdaten im öffentlichen Bereich zugänglich sind, muß der erste Schritt der Analysten darin bestehen, die Anfragen der Politiker auf schnellste Weise durch Recherchen in den offenen Quellen zu beantworten. Dann können diese Erkenntnisse durch geheime Informationen ergänzt werden. Im Falle bestimmter Gefahren für die öffentliche Gesundheit dienen WHO und CDC bereits als Stellen der Anzeige und Warnung, um auf gesundheitliche Bedrohungen aufmerksam zu machen. Die Nachrichtendienste müssen die Berichte von WHO, CDC und anderen Einrichtungen, die sich mit der globalen Gesundheit beschäftigen, aufmerksamer studieren, und brauchen nur dann auf ihre geheimen Quellen zurückzugreifen, wenn ein Thema von den öffentlichen Behörden nicht ausreichend behandelt wird (zum Beispiel der gesundheitliche Zustand politischer Führer, Gesundheitsrisiken in potentiellen Kampfgebieten, oder die Gefahr des Bioterrorismus). Außerdem sollten diejenigen Beamten, die in den Nachrichtendiensten für -132-

die Sichtung der offenen Quellen zuständig sind, stärker auf die Datenbanken und Augenzeugenberichte von Leuten achten, die im Ausland für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und private Freiwilligenverbände in gesundheitsrelevanten Einsätzen arbeiten. Genauso wie bei einem Raketenangriff ist auch bei globalen Gesundheitsgefahren die schnelle Weitergabe von exakten Informationen von höchster Wichtigkeit. Die Beziehungen dieser privaten Gruppen zu den Nachrichtendiensten müssen sorgfältig gehandhabt werden. Wie eine Wissenschaftlerin der FAS betonte: „Wir stehen in Kontakt mit den Beamten des Verteidigungsministeriums und sind uns natürlich über die Bedeutung der Daten der Gesundheitsüberwachung für die Nachrichtendienste bewußt. Wir - und sie - wissen, daß jede offene Beteiligung des Verteidigungsministeriums oder der Geheimdienste (bei der Datenerhebung unter Bürgern) unsere Bemühungen für eine effektive Überwachung vereiteln würden.“43 Die Datenbank der Nachrichtendienste über globale Umweltfragen ist mangelhaft. Auf der Liste der maschinenlesbaren Publikationen des hochentwickelten, hauseigenen Computersystems, das für die Sichtung der offen zugänglichen Literatur benutzt wird (Rich Open Source Environment, ROSE), fehlen viele der wichtigsten Fachzeitschriften von privaten und internationalen Regierungsorganisationen, die sich mit gesundheitlichen und medizinischen Themen befassen. Für nur ein wenig mehr Geld könnte das System mit Daten aus offenen Quellen ergänzt werden, die sowohl für die Frühwarnung als auch für ein verbessertes Verständnis von internationalen Gesundheitsrisiken von Nutzen sind.

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Erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber chemischbiologischen Gefahren Die Geheimdienste müssen einige Ressourcen von der Sammlung von Informationen über konventionelle militärische Ziele auf die wahrscheinlicher werdende Gefahr eines Terroranschlags mit chemischen oder biologischen Waffen umlenken. Aufgrund des derzeitigen bevorzugten Einsatzes von technischem Gerät gegenüber des Einsatzes von Agenten befassen sich gegenwärtig zu wenige Agenten mit den Möglichkeiten der biochemischen Kriegsführung und den Absichten fremder Staaten und Organisationen (und aufs FBI bezogen mit vergleichbaren Bedrohungen im Inland). Es ist eine verstärkte Forschung über Gegengifte und ihre schnelle Verteilung im Ernstfall notwendig. Dabei sollten die Privatwirtschaft, das Verteidigungsministerium und die Geheimdienste Hand in Hand arbeiten (so wie sie es jahrelang bei der Entwicklung von Satelliten und Aufklärungsflugzeugen getan haben). „Unser Ziel ist“, so wurde kürzlich in einem Bericht des Weißen Hauses festgestellt, „die Schaffung eines globalen Krankheitsüberwachungsund Reaktionsnetzwerkes.“44 Dieses lobenswerte Ziel erfordert die entsprechenden Mittel, um den Ankündigungen gerecht zu werden. Die Organisation von Sicherheit im Gesundheitsbereich Die Integration von Sammlung und Analyse gesundheitsrelevanter Daten durch die Geheimdienste verlangt nach einer verbesserten Koordination. Verschiedene Bundesbehörden haben sich darum gekümmert, aber die Bemühungen waren nicht gut koordiniert. Das FBI, die FEMA und der U.S. Public Health Service haben beispielsweise einen Plan zum Krisenmanagement entwickelt, um auf biochemische Terroranschläge reagieren zu können, aber „er befaßte sich nur wenig mit praktischen Maßnahmen, um im Ernstfall die -134-

Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.“45 Die derzeitige Zersplitterung der Bemühungen könnte durch die Schaffung einer Task Force für die Überwachung und Analyse der globalen Gesundheitslage unter Leitung des DCI verbessert werden. Die Task Force könnte mindestens zweimal im Jahr zusammenkommen, um über aktuelle Themen der Weltgesundheit zu beraten und festzustellen, wie gut die Nachrichtendienste und die betreffenden zivilen Behörden bei der Beschaffung, Analyse und Weitergabe von globalen Gesundheitsdaten und Einschätzungen zusammengearbeitet haben. Die Task Force sollte aus folgenden Mitgliedern bestehen: - Der NIO für globale Angelegenheiten (der dem Gremium vorsitzt und dem DCI direkt Bericht erstattet). - Ein Vertreter aus dem CIA's Directorate of Operations, der Kenntnisse über die verdeckten Methoden der Informationsbeschaffung im Bereich Gesundheit besitzt. - Ein Analyst der globalen Gesundheitslage aus dem CIA's Directorate of Intelligence. - Vertreter der National Security Agency und der Defense Intelligence Agency. - Ein Vertreter des Außenministeriums. - Ein Vertreter des FBI. - Ein Vertreter der Zollbehörden. - Vertreter des Armed Forces Medical Intelligence Center, des U.S. Army Medical Institute for Infectious Diseases und des U.S. Army Medical Research and Material Command. - Ein Vertreter der FEMA. - Ein Vertreter des U.S. Public Health Service. - Ein Arzt oder Forscher des CDC. - Ein medizinischer Experte mit großer internationaler -135-

Erfahrung. - Der Berater des NSC, der für globale Gesundheitsfragen zuständig ist. Diese Task Force müßte auch eine enge Arbeitsbeziehung mit der WHO und relevanten NGOs aufbauen. Eine der Hauptaufgaben der Task-Force bestünde darin, herauszufinden, wer was wann über potentielle Gesundheitsrisiken wissen muß, besonders wenn das Gebiet der Vereinigten Staaten selbst betroffen ist. Die Nachrichtendienste müssen bessere Arbeit dabei leisten, die politisch Verantwortlichen über Gesundheitsrisiken zu informieren, die von Agenten vor Ort aufgedeckt werden, und sie müssen sie auch besser auf dem laufenden halten, was aktuelle analytische Berichte über globale Gesundheitsprobleme betrifft. Zur Zeit werden oft falsche oder nicht benötigte Informationen gesammelt, weil die Kommunikation zwischen Beschaffern und Nutzern von Daten nicht reibungslos funktioniert. Der eine Teil der Regierungsbehörden weiß oft nicht, was ein anderer gerade in bezug auf die Gesundheitsproblematik unternimmt, selbst in den höchsten Kreisen. Ein ranghohes Mitglied des NSC hatte sich noch nie mit dem NIO getroffen, der sich mit globalen Gesundheitsfragen befaßt, obwohl beide schon fast ein Jahr in ihren Ämtern waren. Auch wenn die Vereinigten Staaten Vorkehrungen getroffen haben, wie sie mit Gefahren für die Gesundheit umgehen, wenn die Warnungen aus öffentlichen Quellen erfolgen, so gibt es keine ausreichenden Pläne, wie man geheim erfolgte Warnungen in Notfällen an die Zivilbevölkerung weiterleiten soll. DEN KRIEG GEGEN DIE KRANKHEITEN GEWINNEN Die Verantwortlichen in der amerikanischen Außenpolitik werden sich weiterhin auf die traditionelle Politik der Machtbalance mit Blick auf die stärksten militärischen Mächte -136-

in der Welt konzentrieren. Seit Entstehung der Nationalstaaten ist dies ein heikles Geschäft, das viel Klugheit erfordert. Die internationalen Angelegenheiten sind in den letzten Jahren jedoch noch komplizierter geworden. Der erste Außenminister der Regierung Clinton, Warren Christopher, hatte die Zeichen der Zeit erkannt, als er 1996 warnte, daß die großen zukünftigen Bedrohungen für Amerikas Sicherheit aus einer Reihe von „internationalen Problemen“ erwachsen, zu denen Umweltzerstörung, Bevölkerungswachstum, Drogenhandel und Infektionskrankheiten zählen.46 Die Geheimdienste müssen zwar weiterhin die Waffensysteme überwachen, die den Vereinigten Staaten großen Schaden zufügen können, aber gleichzeitig müssen sie ihren Verantwortungsbereich ausweiten und der neuen Agenda für die Nachrichtendienste mehr Aufmerksamkeit widmen. Die vorderste Verteidigungslinie gegen den Ausbruch von Infektionskrankheiten ist die Überwachung der globalen Gesundheitslage, und Amerikas Nachrichtendienste können zu dieser Verteidigung beitragen. Um erfolgreich zu sein, brauchen sie jedoch die notwendige Unterstützung für derartige Initiativen, eine effizientere Organisation und den Abzug einiger Mittel von den verschwenderischen Ausgaben für goldverzierte Spionagesatelliten.

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TEIL II DIE STRATEGISCHE ORGANISATION DER NACHRICHTENDIENSTE: RISSE IN DER VORDERSTEN VERTEIDIGUNGSLINIE

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KAPITEL 5 DER DCI UND DER 800-PFUND-GORILLA „Was gesammelt wurde, wird zerstreut werden.“ Buddhistisches Sprichwort Die amerikanischen Geheimdienstchefs bemühten sich stets um eine perfekte Sicht in bezug auf die ausländischen Bedrohungen, die im ersten Teil dieses Buches erörtert wurden, dennoch haben sie unter partieller Blindheit gelitten. In gewissem Sinne ist dieser Mangel unvermeidbar, denn niemand - auch keine große und teure Spionageorganisation - kann alles über alle Ereignisse in der Welt informiert sein, besonders wenn die Gegner entschlossen sind, ihr Tun geheimzuhalten. Dennoch könnten manche Schwächen korrigiert werden, wenn man die bürokratischen Rivalitäten und die ungleiche Aufgabenverteilung zwischen den Nachrichtendiensten minimalisierte. Das Unvermögen der DCIs, den Präsidenten eine einheitliche, integrierte Perspektive über die globalen Ereignisse zu vermitteln, schafft eine Kluft zwischen den zuvor in diesem Buch besprochenen Herausforderungen und den Fähigkeiten der Nachrichtendienste, darauf stets effektiv zu reagieren. EINE ZEIT DES WANDELS Die Mitte der 90er Jahre sollten für die amerikanischen Nachrichtendienste eine Zeit des Wandels sein. Eine Reihe von reformwilligen Kommissionen und Forschergruppen innerhalb und außerhalb der Regierung nahmen den Zustand der Dienste unter die Lupe, befanden ihn für mangelhaft und schlugen eine Anzahl von Verbesserungen vor.l -139-

Aber selbst bei den grundlegendsten Fragen, wie die Geheimdienste zu organisieren sind und was zu ihren Aufgaben gehören sollte, waren die verschiedenen Gremien oft unterschiedlicher Meinung. Dieser fehlende Konsens hat diejenigen nicht überrascht, die die unruhige Geschichte der Nachrichtendienste während des Kalten Krieges verfolgt haben. Eine Reihe von umstrittenen Fehltritten, darunter der einheimische Spionageskandal, der 1974-75 aufgedeckt wurde, hatte Fragen über den Zustand der amerikanischen Geheimdienste aufgeworfen. Besorgniserregend waren auch der Einsatz extremer verdeckter Aktionen der CIA, wozu selbst die Rekrutierung von Mafiakillern gehörte, die Fidel Castro ermorden sollten (1975 aufgedeckt). In den 80er Jahren folgten dann die Exzesse der Iran-Contra-Affäre und das Versagen, den plötzlichen Zusammenbruch des Sowjetimperiums vorauszusehen. In den darauf folgenden Untersuchungen riefen einige Kritiker nach tiefgreifenden Reformen, selbst von Abschaffung der CIA war die Rede, aber andere hielten es für besser, die Geheimdienste sich selbst zu überlassen.2 Weitere Hinweise dafür, daß eine Reform der Dienste nicht einfach sein würde, ließen sich leicht in dem Vermächtnis und den Entscheidungen der letzten DCIs finden. Einige Direktoren haben offen ihrem Unmut Ausdruck gegeben, daß sich die Nachrichtendienste gegenüber einer Beratung durch das Büro des Direktors so resistent zeigen. Admiral Stansfield Turner, DCI von 1977 bis 1981, behauptete, daß die Leitung der CIA so sei, „als ob man ein Kraftwerk von einem Kontrollraum aus leitet, und an einer Wand des Raumes befinden sich viele eindrucksvolle Hebel, die auf der anderen Seite der Wand ins Leere laufen“.3 Turners Reaktion bestand in der beschleunigten Verkleinerung der widerspenstigsten Unterabteilung der CIA: dem Directorate of Operations (DO), dem Agentenführer der Behörde. Der dortige Personalabbau hatte vier Jahre zuvor auf -140-

Befehl des DCI James R. Schlesinger (1973) begonnen, der aufgrund dieser Bemühungen im Hauptquartier als „der unpopulärste Direktor in der Geschichte der CIA“ benannt wurde.4 Ebenso wird die Amtszeit Admiral Turners von Insidern als dunkles Kapitel in der Geschichte der Behörde betrachtet. Als erster hatte ein Akademiker (Schlesinger) und bald danach ein Mann der Marine (Turner) - beides Außenseiter ohne den „Stallgeruch“ der Dienste5 - es gewagt, Veränderungen an der heiligen inneren Struktur der Behörde vorzunehmen. Einer von Turners Nachfolgern erinnert sich, wie die CIA mit Absicht die Bemühungen des Admirals behinderte, Kontrolle über die Belegschaft der Bürokratie der Nachrichtendienste zu erlangen. „Durch die Arbeit unter ihm habe ich wertvolle Lektionen gelernt“, schreibt Robert M. Gates, der die Laufbahn eines CIA-Offiziers absolviert hat. „Ich weiß jetzt, daß ich niemals DCI werden wollte - jeder, der den Job möchte, versteht ihn nicht wirklich.“6 Gates wurde schließlich trotz dieser Bedenken Direktor (1991-93) und erinnert sich in seinen Memoiren an die Frustrationen als oberster Spion der Nation. Ungeachtet seines „Stallgeruchs“ sträubte sich die Verwaltung der Dienste - allen voran wiederum das Operations Directorate gegen die Änderungen, die von der Chefetage im Hauptquartier in Langley angeordnet wurden. Hätte Gates seine CIA-Laufbahn beim Operations Directorate statt beim Intelligence Directorate begonnen, wäre er dem Personal des DO sicher genehmer gewesen. Die Verkleinerung der CIA und anderer Geheimdienste ist nicht die einzige Reform gewesen, die von den DCIs verfolgt wurde. Für die Direktoren der 80er Jahre führte der Weg zu effektiveren Nachrichtendiensten sogar über deren Ausweitung. Das neue Wachstum fand in jedem der Dienste statt, ohne Rücksicht darauf, wie ihre Arbeit am besten integriert werden könnte. Das Ergebnis war die Schaffung eines großen, fragmentierten Systems, das für die Verfolgung persönlicher -141-

Interessen einzelner Programmdirektoren ein ideales Klima bot. Wie ein Beamter der Verwaltung bemerkte: „Dazu gehörte die Jagd nach höheren Gehältern, mehr Privilegien, mehr Ruhm und mehr Macht, die Gewährung von Protektion und eine wachsende Zahl von Programmen. Das alles summierte sich zu einem hohen Druck, die Dienste zu vergrößern und die Budgets zu erhöhen.“7 Die einzelnen Leiter bei allen Diensten verhielten sich dementsprechend, und der jährliche Gesamtetat explodierte von 20 Milliarden Dollar am Ende der Regierung Carter auf 30 Milliarden Dollar während der Regierungszeit von Reagan und Bush. ORGANISATORISCHE PROBLEME DER NACHRICHTENDIENSTE Die Nachrichtendienste spiegeln die komplexe Organisation der amerikanischen Regierung mit ihren vielen Behörden, unterschiedlichen Mentalitäten und verschiedenen Arbeitsweisen wider. Die zentrifugalen Kräfte der Dienste werfen ein erhebliches Problem der Beherrschbarkeit auf. Ist es möglich, die Geheimdienste besser zu koordinieren, um den amerikanischen Politikern ein umfassenderes und einheitlicheres Verständnis der globalen Bedrohungen und Chancen zu vermitteln? Eines ist gewiß: es wird nicht helfen, auf einem Organisationsschema ein paar Linien und Kästchen neu zu zeichnen. Ein führender Experte im Bereich Verwaltungswesen hat scharfsichtig gewarnt, daß „es schwierig ist, ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen, indem man ein Organisationsdiagramm verändert“.8 Bevor wir mögliche Wege zu einem besser integrierten Nachrichtendienst erkunden, sollten wir uns zuerst das Ausmaß der Fragmentierung innerhalb der Dienste betrachten. Beginnen wir mit der beträchtlichen Zersplitterung der CIA selbst.

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Die strukturelle Aufteilung der CIA Die CIA hat fünf organisatorische Hauptabteilungen: das Directorate of Intelligence (DI), das Directorate of Operations (DO), Directorate of Administration (DA), Directorate of Science and Technology (DS&T) und das Office of the Director of Central Intelligence; und jede verfügt über eine Reihe von Unterabteilungen. Um die Schwierigkeiten zu verstehen, allein diese Behörde zu leiten (lassen wir das andere Dutzend einmal beiseite), sind die verschiedenen „kulturellen“ Fraktionen von großer Bedeutung. Diese inoffiziellen Gräben zwischen den verschiedenen Mentalitäten verstärken noch zusätzlich zur offiziellen Unterteilung die - für Geheimdienste und Politiker gleichermaßen - erschreckende institutionelle Fragmentierung. Die unterschiedlichen Mentalitäten Die interne Behördenkultur der CIA spiegelt die unterschiedliche Ausbildung und Sichtweise der Geheimdienstoffiziere der einzelnen Direktorate wider. Die Mitglieder jedes Direktorats teilen für gewöhnlich grundlegende Werte und Arbeitsweisen, die sie vom Rest der Mitarbeiter der Behörde unterscheidet. Zu den einzelnen Fraktionen zählen die gelehrten Analysten im Directorate of Intelligence, die über Fachwissen zu militärischen und wirtschaftlichen Systemen und über Erfahrung in der Außenpolitik verfügen; die Wissenschaftler im Directorate of Science and Technology; die Agentenführer, Propagandisten, paramilitärischen Offiziere und Spezialisten für Spionageabwehr im Directorate of Operations; die Verwaltungs- und Sicherheitsoffiziere im Directorate of Administration; und die Manager, Anwälte, Inspekteure, Waffenkontrollspezialisten und Verbindungsleute zur Politik im Office of the DCI.

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Die Analysten Die Analysten sind die Gelehrten der CIA, normalerweise promoviert und Spezialisten verschiedener Fachgebiete. In den frühen Tagen der CIA war der typische Analyst ein Ivy-LeagueProfessor - ausgestattet mit Tweedjacke mit Lederflicken an den Ellbogen, dem obligatorischen Buttondown-Kragen und Krawatte in Regimentsfarben -, heute tragen sie weniger Tweed und kommen auch von Universitäten außerhalb der Ivy League. Dennoch werden viele in den besten Privatschulen des Landes ausgebildet, und die meisten haben einen akademischen Habitus. Ihre Arbeit besteht darin, die geheimen Informationen, die im Ausland beschafft werden, zu sichten, sie mit Informationen aus dem öffentlichen Bereich („offene Quellen“) zu kombinieren und kurze, aktuelle Berichte oder längerfristige Einschätzungen der Weltlage für den Präsidenten und andere politische Entscheidungsträger anzufertigen. Analysten stehen in dem Ruf - und meistens trifft das zu -, nachdenklich und unvoreingenommen zu sein, ein scharfes Auge für Nuancen und die akademische Ausbildung zu besitzen, um jede Sichtweise in Betracht zu ziehen. Das Milieu des Analysten sind die Bibliothek, zunehmend eine virtuelle in einem Computer, und kollegiale Beziehungen durch ein Computernetzwerk („Interlink“ genannt) innerhalb aller Nachrichtendienste. Das Berufsethos ist - zumindest in der Theorie und für gewöhnlich auch in der Praxis - die Objektivität, und das Ziel ist die Versorgung der Entscheidungsträger mit exakten, aktuellen und relevanten Informationen und Erkenntnissen, die frei von politischen Beeinflussungen und bürokratischer Beschränktheit sind. Die Agentenführer Obwohl sich das Directorate of Operations im gleichen Gebäude wie das Directorate of Intelligence befindet, ist es eine ganz andere Welt, die vom Rest der CIA größtenteils -144-

abgeschottet ist. Einen Teil des Personals stellen die Agentenführer oder Operations Officers, die im Ausland arbeiten und für die Rekrutierung und Führung von dort heimischen Agenten verantwortlich sind, die, geschickt positioniert, in ihrem jeweiligen Land nützliche Informationen beschaffen können, sowohl aus offenen Quellen (zum Beispiel irakische Zeitungen) als auch aus vertraulichen Unterlagen (zum Beispiel militärische Dokumente, die in einem Safe im Hauptquartier des irakischen Geheimdienstes aufbewahrt werden). Der erfolgreiche Agentenführer, meist von geselligem Charakter, schließt eine Dienstreise im Ausland mit der Rekrutierung mehrerer neuer Agenten ab. Das Erfolgskriterium für die Agentenführer der CIA war einst tatsächlich die Anzahl der Agenten, die er rekrutiert hat.9 Die Rekrutierung ist noch immer wichtig, aber bei der Beförderung werden heute auch andere Fähigkeiten berücksichtigt. Während die Analysten darauf trainiert sind, Informationen aus allen Quellen abzuschöpfen Daten von allen amerikanischen Spionagegeräten und Agenten kombiniert mit offenen Quellen -, sind die Agentenführer treue Anhänger der altmodischen Spionage durch Agenten, oder, in ihrer Terminologie: HUMINT. Das sind ihrer Meinung nach zuverlässige Informationen. Ihre Agenten, mit denen sie häufig enge persönliche Beziehungen entwickeln, sitzen (idealerweise) in den geheimen Gremien des Feindes oder haben zumindest Kontakt mit jemandem, der dort sitzt. Die Agentenführer verbringen die meiste Zeit ihrer Karriere im Ausland und sind davon überzeugt, daß diese Erfahrung ihnen eine bessere Kenntnis des Landes vermittelt als dem hochspezialisierten Akademiker-Analysten - „Der Denker“ von Rodin, der hinter seinem Schreibtisch in Langley hockt und nur gelegentlich ins Ausland reist. Diese unterschiedlichen Auffassungen können zu -145-

Unstimmigkeiten und manchmal sogar zu Feindschaften zwischen diesen beiden Fraktionen führen. Bevor 1995 ein Waffenstillstand („Partnerschaft“) unterzeichnet wurde, konnten die Mitarbeiter des DI noch nicht einmal die Büroräume des DO im Hauptquartier betreten, die mit speziellen Kombinationsschlössern gesichert waren, die alle außer den Elitekadern der „wahren“ Geheimdienstoffiziere aussperrten, die ihre Lektionen bei Spionageeinsätzen im Ausland gelernt hatten. Laut Aussage eines ehemaligen hohen CIA-Beamten weigerten sich die Offiziere des DO noch in der Zeit Reagans, den Mitarbeitern des DI auch nur zu sagen, „was im Ausland vorgeht“.10 Die Spezialisten für verdeckte Aktionen Innerhalb des Directorate of Operations ist der Covert Action Staff (CAS) die umstrittenste Abteilung - und auch die am meisten gehätschelte. Sie plant und führt die Aktionen durch, die fremde Regierungen durch den Einsatz von Propaganda, politischen und wirtschaftlichen Manipulationen und paramilitärischen oder kriegsähnlichen Operationen beeinflussen (und manchmal stürzen) sollen. Eine Büroflucht des CAS ähnelt der einer großen Tageszeitung. Dort sitzen „Journalisten“, die Artikel schreiben, die in ausländischen Medien plaziert werden. In einem anderen Büroflügel wird geschäftig an politischen Kampagnen gestrickt. Spezialisten stellen von Autoaufklebern und Anstecknadeln über Broschüren bis hin zu Flugblättern alles her, um proamerikanische Kandidaten bei Wahlen im Ausland zu unterstützen. In weiteren Büros brüten Wirtschaftsexperten Intrigen aus, um das Finanzsystem eines Gegners zu stören oder um Häfen zu verminen, um den Seehandel eines feindlichen Staates zu blockieren. Die Kunst der Propaganda ist nach Ende des Kalten Krieges zwar im Niedergang begriffen, aber während des Kampfes gegen den Kommunismus war sie die am meisten -146-

gepflegte Form der verdeckten Aktion. Vor allem wurden Artikel in ausländischen Zeitungen und Magazinen plaziert, um die Führer der UdSSR in Mißkredit zu bringen. Eines der Büros des CAS hat den lateinischen Spruch Actiones Praecipuae über der Tür stehen, als Hinweis auf die Special Activities Division, den Sitz der paramilitärischen Kader. Sie sind kriegerische Machos mit blauverspiegelten Pilotenbrillen und hochgekrempelten Hemdsärmeln, großspurig, weil sie in der Fremde gefährlichen Abenteuern getrotzt haben. Diese Geheimdienstoffiziere genießen die Gefahr bei unbemerkten Flügen hinter die feindlichen Linien oder beim Lenken von Speedbooten in feindlichen Gewässern. Vor die Wahl gestellt, würden sie es bevorzugen, in dunkler Nacht mit einem Messer zwischen den Zähnen die Festungsmauer des Feindes zu erklimmen, statt über analytischen Details eines Präsidenten-Berichts zu brüten. Während des Kalten Krieges kamen die Offiziere des CAS häufig an den Brennpunkten der Weltgeschichte zum Einsatz. Sie sprengten Brücken in Vietnam und Laos und schmiedeten Mordkomplotte gegen prosowjetische Führer in den Entwicklungsländern. Ihr Engagement in derart rauhen und robusten Einsätzen trug ihnen die Spitznamen „Haudegen“ und „Schlangenfresser“ ein, die die Vorstellung von Männern heraufbeschwören, die auf dem Bauch durch irgendeinen Dschungel kriechen. (Einige Journalisten gaben ihnen den Namen „Die Gang, die nicht geradeaus schießen kann“, weil keiner ihrer Mordpläne bisher Erfolg hatte.) „Die Analysten sind ein Haufen Akademiker“, faßte ein früherer DCI zusammen, „während die Jungs vom DO allesamt bei den Marines gut aufgehoben wären“.11 Das Corps der Spionageabwehr Ein paar Flure weiter im DO sitzen die Spezialisten für -147-

Spionageabwehr der CIA, ebenfalls eine Spezies für sich. Spionageabwehr (counterintelligence, CI) ist die Kunst, Operationen feindlicher Geheimdienste gegen die Vereinigten Staaten zu vereiteln. In diesen Büros herrscht Paranoia: Jedem wird mißtraut, denn selbst der beste Freund könnte ein russischer oder chinesischer „Maulwurf“ sein. Einige Cl-Offiziere haben die Miene von Talmud-Gelehrten, die verblichene Akten aus den Archiven der Nachrichtendienste studieren, um nach Hinweisen zu suchen, wie man Offiziere fremder Geheimdienste für eine Abwerbung empfänglich machen könnte (der beste Weg, die Operationen des Feindes gegen die Vereinigten Staaten aufzudecken, besteht darin, einen eigenen Maulwurf in ihre Geheimdienste einzuschleusen). Andere CI-Offiziere sind dagegen aus anderem Holz geschnitzt: muskulöse Sicherheitsbeamte, die die Safes überprüfen, um sicherzustellen, daß diese nach Büroschluß vorschriftsmäßig verschlossen werden. Sie überwachen auch die internen Datenbanken der CIA, um zu verhindern, daß die Mitarbeiter über die Bereiche, die sie kennen müssen, hinaus im System surfen. Sie haben auch ein Auge auf die CIA-Offiziere im Ausland, beispielsweise während der Happy Hour in den Kneipen vor Ort, um sie vor allzu vertrautem Umgang mit Individuen zu warnen, die Offiziere eines feindlichen Geheimdienstes oder deren Strohmänner sein könnten. Als James Angleton die Abteilung Spionageabwehr im DO leitete (1954-74), erinnerte sie an Arthur Conan Doyles Lost World: unzugänglich, unergründlich, mysteriös. Angleton führte persönlich aggressive Operationen zum Vordringen in feindliches Terrain durch, häufig ohne Wissen des USBotschafters, des DCI oder selbst seines unmittelbaren Vorgesetzten, dem Deputy Director for Operations (DDO). Seine Aufgabe war es, fremde Spione zu fangen, besonders solche von den sowjetischen Geheimdiensten; wie er sie erledigte, war seine Sache - zumindest sah er es so.12 -148-

Die Techniker In einem anderen Bereich sind die Wissenschaftler des S&T Directorate ebenfalls eine Gruppe für sich: die TechnikZauberer oder „Technik-Verrückten“, ein Typus, der den Kinogängern in Gestalt von Major Boothroyd („Q“) aus den James-Bond-Filmen bekannt geworden ist. In früheren Tagen haben sie der Luftwaffe geholfen, Flugzeuge und Satelliten zu bauen (berühmtestes Beispiel ist das Spionageflugzeug U-2), heute teilen sie sich ihre Aufgabe mit dem National Reconnaissance Office und der Luftwaffe. Die Wissenschaftler des DS&T entwickeln und produzieren Spionagegeräte nach dem neuesten Stand der Technik, von Dietrichen und anderen Einbruchwerkzeugen bis hin zu Vorrichtungen zur geheimen Kommunikation und Verkleidungen, die die Physiognomie der Agenten verändern. In den berüchtigtsten Phasen ihrer Geschichte haben die Wissenschaftler des DS&T exotische Mordinstrumente für Attentate hergestellt (darunter eine hochwirksame Pistole für Giftpfeile sowie ein „nichtwahrnehmbares, biologisches Mikroimpfgerät“), LSDExperimente mit Personen ohne deren Wissen durchgeführt (darunter Wissenschaftler aus den eigenen Reihen, die anschließend Selbstmord verübt haben), und die Verschwörer von Watergate mit Perücken ausgerüstet (ohne jedoch von deren unlauteren politischen Absichten zu wissen). So wie es auf jedem Universitätscampus die kulturelle Abgrenzung der Wissenschaftler der „harten“ Fächer von den anderen Fakultäten gibt, herrscht auch in der CIA eine Distanz zwischen den Forschern des DS&T und dem Rest der Behörde. Die Techniker sind im wesentlichen in Laboratorien zuhause und interessieren sich oft stärker für reine Forschungsarbeit als für die traditionellen Aufgaben der Geheimdienste. Die Verwalter Das Directorate of Administration hält die Flure der Behörde -149-

frisch gewischt und sorgt für die Bevorratung der Cafeteria. Auch hier gibt es Nester der Engstirnigkeit, allen voran die gefürchteten Verwaltungsinspekteure und das Office of Personnel Security. Diese Offiziere sind wegen ihres steifen Verhaltens und ihrer pedantischen Durchsetzung von Sicherheitsbestimmungen der Grund für die periodischen Phasen des „Unwohlseins“ innerhalb der CIA: vom korrekten Tragen der Identitätskarte bis zum Verbot, irgendein vertrauliches Dokument über Nacht außerhalb des Safes liegenzulassen, wird alles kontrolliert. Die Inspekteure suchen von Zeit zu Zeit auch die Büros der CIA heim, die sich im Ausland befinden. Dort führen sie detaillierte Befragungen und penible Überprüfungen der Akten durch. Das DA führt auch die Tests mit den Lügendetektoren bei neuen Bewerbern durch und mindestens alle fünf Jahre auch bei allen Geheimdienstoffizieren, um ihre Loyalität zu überprüfen (zumindest lautet die Vorschrift so). Es bedeutet immer eine Streßsituation, sich einem Test mit dem Lügendetektor zu unterziehen, und es kann auch eine entwürdigende Erfahrung sein. Manchmal nährt der Detektor zu Unrecht Zweifel an der Integrität des Probanden, ohne daß es irgendwelche Belege dafür gibt. Diese Maschine ist alles andere als unfehlbar. Sie konnte weder Aldrich H. Ames, Wu-Tai Chin noch die anderen Verräter in den Geheimdiensten aufdecken. Hin und wieder hat sich der Detektor dennoch als nützlich erwiesen, um feindliche Spione zu enttarnen (der Verräter in der CIA, Harold Nicholson, geriet in Verdacht, nachdem er 1995 bei einem Routinetest durchfiel) und auch um Diebe zu überführen, bei einer Gelegenheit sogar einen Mörder, der gestand, seine Frau getötet zu haben. Aber ungeachtet seiner Vor- und Nachteile13 trägt der Detektor zu den Spannungen zwischen der Abteilung des DA und dem Rest der Behörde bei, genauso wie die Sorge (wie unbegründet sie auch immer sein mag) einiger CIA-Offiziere, daß die persönlichen Daten über ihre Finanzen und ihre -150-

Gesundheit, die vom Sicherheitspersonal erhoben werden, zum Schaden ihrer Karriere mißbraucht werden könnten. Die Chefetage Die Leitung der Geheimdienste, der DCI und seine unmittelbaren Mitarbeiter, die stellvertretenden Direktoren und Geschäftsführer und ihre Berater, residieren in der siebten Etage. Auf dieser Ebene sind sie gezwungen, eine weniger beschränkte Perspektive einzunehmen, da ihre Arbeit von ihnen verlangt, für alle Nachrichtendienste zu planen, wie sehr sich auch die einzelnen Dienste gegen eine zentrale Führung sträuben. Je nach den besonderen Zielen des jeweiligen DCI (manche sind mehr gemeinschaftsorientiert als andere) versucht diese Führungsgruppe die Zusammenarbeit bei Beschaffung und Analyse von Informationen zu verbessern. Ziel ist es, die Grabenkämpfe zwischen den Abteilungen zu überwinden und sich statt dessen darauf zu konzentrieren, den politischen Entscheidungsträgern die bestmöglichen Analysen zu liefern. Zu diesem Zweck ist der DCI bestrebt, sich wie ein wahrer Direktor aller Dienste zu verhalten, und nicht nur als Direktor der CIA. Wenn die meisten Abteilungen im Gebäude der CIA zentrifugal oder fragmentierend wirken, repräsentieren der DCI und sein Stab einen gewissen Grad an zentripetalem und zentralisierendem Einfluß, sowohl innerhalb der CIA als auch in den anderen Diensten. Das Ausmaß dieser Zentralisierung war während der letzten Jahre jedoch nur sehr bescheiden. Selbst die Mitarbeiter auf der Chefetage, die den DCI bei seinem Engagement für alle Dienste unterstützen sollen, können anfällig für Einzelinteressen sein. Die Rechtsberater des DCI, die Verbindungsleute zu den Abgeordneten, die Waffenkontrollexperten und der Generalinspekteur sorgen sich beispielsweise hauptsächlich -151-

jeweils um rechtliche Aspekte, die Perspektive des Kongresses, die Überwachung von Waffenkontrollabkommen und um die Sicherheit. Diese persönlichen Interessen können dem Streben des DCI nach einer größeren Integration der Dienste - falls dies das Ziel des Direktors ist förderlich sein oder auch nicht. Als Folge dieser internen Fragmentierung der CIA, vom Labyrinth der Korridore im Untergeschoß bis hinauf in die Chefetage, sind die DCIs vollauf damit beschäftigt, die CIA zu führen - ganz zu schweigen von den anderen Diensten. Die wichtigste Aufgabe des DCI: Die Leitung der CIA Kein DCI hat bisher mit Erfolg die Streitigkeiten zwischen der Scylla CIA und der Charybdis der anderen Nachrichtendienste überbrückt. Die CIA zu leiten ist offensichtlich eine weniger entmutigende Herausforderung für einen DCI, als die Gesamtheit aller Dienste (die im Grunde ein Dutzend weitere CIAs darstellen, manche gar um ein Vielfaches größer) in den Griff zu bekommen. Aber bisher hat es noch nicht einmal jemand geschafft, nur bei der CIA die Zügel fest in die Hand zu bekommen. Admiral Turner beschreibt das Führungsdilemma, wie er es während der Regierung Carter erlebt hat: „Diese verschiedenen Sichtweisen (der einzelnen Abteilungen der CIA) führen zu einem Gerangel darüber, welche Position die Behörde insgesamt zu einer bestimmten Frage einnehmen soll. In jeder anderen Organisation würden solche Streitigkeiten vor den obersten Chef gebracht, der dann eine Entscheidung trifft. Nicht so in der CIA. Dort machen die Abteilungsleiter sehr weitgehende Kompromisse, bevor sie dem DCI ein Problem zur Entscheidung vorlegen. Das letzte, was die Abteilungsleiter wollen, ist, daß der DCI über eine starke zentrale Macht verfügt. Bei einer Schlichtung könnte der DCI eine Seite bevorzugen, und dann würde die andere etwas von ihrer traditionellen Freiheit verlieren.“14 -152-

Der Admiral schrieb die Unabhängigkeit der Abteilungen der CIA einer Kombination von dreierlei Ursachen zu: erstens ihrer anfänglichen Getrenntheit, als die Behörde 1947 gegründet wurde; zweitens der aus Sicherheitsgründen vorgenommenen Abschottung von Aktivitäten. Jeder hat nur einen engen Bereich, den er wissen muß beziehungsweise wissen darf; und drittens die aufgeteilten Verantwortlichkeiten (Informationsbeschaffung, Analyse und technische Unterstützung). Auf welche Art sollte der DCI die Behörde nach Meinung ihrer Bürokraten leiten? Laut Turner, indem er die CIA in Ruhe läßt und sich nach außen auf die politischen Kämpfe mit dem Weißen Haus, dem Kongreß und der Öffentlichkeit konzentriert - eine Mischung aus Public Relation und Lobbyismus, um die Budgets und die Programme zu schützen. Admiral Turner war nicht bereit, diesen Grad an interner Autonomie zu akzeptieren, weil er der Überzeugung war, daß der Kampf gegen Bedrohungen von außen eine höhere Effektivität und einen besseren Informationsfluß braucht, sowohl innerhalb der CIA als auch zwischen den einzelnen Nachrichtendiensten. Außerdem war Turner der Meinung, daß die übertriebene interne Geheimhaltung zu den Skandalen geführt hat, die 1975 vom Weißen Haus und den Untersuchungskommissionen des Kongresses aufgedeckt wurden. So sehr er sich jedoch bemüht hat, so wenig Erfolg war Turner dabei beschieden, die zentrifugalen Kräfte in Langley einzudämmen. Seine Erfahrungen bei dem Versuch, zwei abtrünnige CIA-Offiziere für ihr unangemessenes Verhalten zu bestrafen, machen das deutlich. Statt seine Bemühungen zu unterstützen, schloß die Behörde die Reihen fest gegen ihn und widersetzte sich aufs schärfste der Einmischung. Turner erinnert sich: „Nicht ein einziger CIA-Mitarbeiter stimmte meiner Entscheidung zu, diese beiden Männer zu feuern.“15 Der erste DCI unter Präsident Clinton, James Woolsey (ein weiterer Seiteneinsteiger), machte 1994 eine ähnliche -153-

Erfahrung. Als er wegen der laxen Handhabung der Sicherheitsbestimmungen, die es dem DO-Offizier Ames ermöglichte, Geheimnisse an den Kreml zu verkaufen, hart durchgreifen wollte, stellte er zu seiner Überraschung und Entrüstung fest, daß die Leiter des DO sich entschlossen hatten, ausgerechnet den Mitarbeitern Medaillen zu verleihen, die er bestrafen wollte. Das war ein deutliches Signal der DOOffiziere, daß sie ihr Revier zu verteidigen gedachten. Offensichtlich eingeschüchtert ignorierte Woolsey die Empfehlungen des Generalinspekteurs der CIA (Frederick P. Hitz), die Entlassungen und andere harte Strafen vorsahen, und entschloß sich lediglich dazu, elf hohen Beamten des DO einen Verweis zu erteilen. Als der Nachfolger von Woolsey, John Deutch (auch ein Quereinsteiger, ein ehemaliger Chemieprofessor und Leiter des MIT), den Versuch unternahm, DO-Offiziere für unerlaubte Aktivitäten in Guatemala zu bestrafen, wurde er als erster DIC von einer Versammlung hoher Geheimdienstoffiziere ausgebuht.16 Die zweite Aufgabe des DCI: Die Nachrichtendienste leiten Admiral Turner hatte auch bei der Führung der gesamten Dienste nicht viel Erfolg, aber keinem seiner Nachfolger ist es viel besser ergangen. Sein direkter Nachfolger, der umstrittene William J. Casey (1981-87), widmete der Integration der Dienste nur wenig Aufmerksamkeit. Bei der zentralen Operation seiner Amtszeit, der Iran-Contra-Affäre, hat er in der Tat alle normalen Abläufe innerhalb der Behörden ignoriert. Einem weiteren Quereinsteiger, dem FBI-Direktor William H. Webster (1987-91), folgte der CIA-Mann Gates. Beide hatten einen gewissen Erfolg bei der Integration der Dienste durch die Schaffung von überbehördlichen Centern und Task Forces. Auch wenn der nächste DCI Woolsey (1993-95) einige Brücken zwischen der CIA und dem Pentagon (seiner früheren Arbeitsstätte) gebaut hat, war seine Rolle als Leiter aller Dienste -154-

ebenfalls eher bescheiden. Der ebenfalls aus dem Verteidigungsministerium kommende DCI Deutch (1995-96) baute die Verbindungen zwischen CIA und Pentagon weiter aus und stärkte den schwachen Community Management Staff bei seinem Bemühen um eine bessere Koordination zwischen den Diensten. Außerdem bereicherten Woolsey und Deutch das oberste Gremium von Analysten des DCI, den National Intelligence Council, indem sie Mitarbeiter aus allen Diensten hinzuzogen, und sie reagierten auf die drohenden Etatkürzungen aus Washington mit der Einrichtung von Verbindungsleuten zu den Abgeordneten in allen Behörden. Aber all diese Bemühungen bleiben nur Stückwerk bei dem Versuch, die Geheimdienste zu integrieren, ungeachtet der euphorischen Hoffnungen Deutchs, die verschiedenen Abteilungen der Dienste zum Zusammenspiel eines „Symphonieorchesters“ zu bringen.17 Die Einrichtung von Centern „Das grundlegende Problem der staatlichen Institutionen Amerikas sind Mißtrauen und Zersplitterung“, bemerkte einmal ein Politikwissenschaftler.18 Es gibt dafür kein besseres Beispiel als die Nachrichtendienste. Als Reaktion auf die zentrifugalen Kräfte innerhalb der Dienste haben die letzten DCIs Versuche mit der Einrichtung von Centern gemacht, die sich auf spezifische geheimdienstliche Probleme konzentrieren. Dazu gehören das Center for CIA Security, das Center for Support Coordination, das DCI Counterterrorist Center (CTC), das Counterintelligence Center, das National HUMINT Requirements Tasking Center, das DCI Crime and Narcotics Center (CNC), und das DCI Environmental Center (DEC). Diese Center bieten Planung, Forschung, Analyse, technische Unterstützung und Operationen - alles an einem Ort. Sie bringen die Experten der Dienste zusammen, um sich auf bestimmte -155-

Bedrohungen für die Vereinigten Staaten zu konzentrieren. Sie fördern den Austausch von Informationen über Behördengrenzen hinweg, im Unterschied zur eher traditionellen Haltung der Eigenständigkeit der Behörden, zum Konkurrenzdenken und dem Horten von Wissen. In den Büros auf ein und demselben Flur sitzen kommunikationsfördernd Offiziere der CIA, des FBI und anderer Nachrichtendienste mit den gleichen Spezialkenntnissen (zum Beispiel Terrorbekämpfung) zusammen. Task Forces Als einen weiteren Versuch, die Fragmentierung in der CIA und den anderen Diensten zu überwinden, haben die letzten DCIs damit experimentiert, spezielle Task Forces auf bestimmte Probleme anzusetzen. Es gibt einige Dutzend von ihnen, und sie befassen sich mit Themen wie verdeckte Aktionen, Informationsmanagement und Zukunftsplanung. Direktor Woolsey hatte eine der erfolgreichsten Task Forces zusammengestellt, um die notwendigen geheimdienstlichen Aktivitäten für die UN-Friedenstruppe und die NATOStreitkräfte in Bosnien zu koordinieren. Sowohl die Kommandeure im Feld als auch die Politiker in Washington lobten dieses Team, das sich aus Mitarbeitern aller Dienste zusammensetzte, für seine beispielhaften, stets aktuellen Berichte und die nützlichen Informationen vom Balkan. Ein vergleichbares Team erwarb sich während des Kosovokrieges 1999 ebenfalls Verdienste. Ungeachtet der Center und der Task Forces ist die Zersplitterung der Nachrichtendienste nach wie vor an der Tagesordnung. Die Dienste erinnern an ein byzantinisches Mosaik. Diese Fragmentierung bleibt eine ständige Herausforderung für jeden DCI, der im Auftrag des Präsidenten bemüht ist, Informationen von allen Teilen der Dienste zu einem Bild zusammenzufügen. Es ist kein Wunder, daß ein -156-

stellvertretender DCI verzweifelt die Hände hob und erklärte, die Nachrichtendienste seien nichts weiter als ein „Stammesverband“.19 Die Bewegung zu mehr Zentralisierung hat zwar etwas an Schwung gewonnen, schreitet aber immer noch mit der Geschwindigkeit eines Gletschers voran. DER 800-PFUND-GORILLA Das Haupthindernis, dem sich jeder DCI gegenübersieht, der eine wirkliche Gemeinschaft der Nachrichtendienste formen will, besteht in dem, was die CIA-Offiziere den „800-PfundGorilla“ nennen, der im Pentagon sitzt: das Verteidigungsministerium. Von den annährend 27 Milliarden Dollar, die zur Zeit jährlich für die Nachrichtendienste ausgegeben werden, kontrolliert das Verteidigungsministerium 85 Prozent.20 Außerdem sind die militärischen Geheimdienste (darunter der größte, die NSA, und der teuerste, das NRO) sowohl direkt an das Verteidigungsministerium als auch an das Office of the DCI angebunden (siehe Tafel 1). Als Ergebnis eines übereilten Kompromisses von 1947 zwischen den Gründern der CIA und den etablierten Leitern der militärischen Geheimdienste, die ihr angestammtes Revier bedroht sahen, schufen diese unklaren Zuständigkeiten und Befugnisse die besten Voraussetzungen für bürokratische Auseinandersetzungen, bei denen der DCI schlechte Karten hat. Der Verteidigungsminister genießt in der Regierung einen wesentlich höheren Status. Er, und nicht der DCI, ist Mitglied im Nationalen Sicherheitsrat (NSC). Der DCI gehört nicht einmal dem Kabinett an. Präsident Reagan hat William Casey zum Kabinettsmitglied ernannt, aber seitdem hat kein anderer DCI diese Stellung eingenommen. Der DCI ist vielleicht der offizielle Leiter der Nachrichtendienste, aber in Hinsicht auf die politische Durchsetzungsfähigkeit in hohen Regierungskreisen hat er gegen Leute wie den Verteidigungsminister wenig aufzubieten. -157-

Und der Verteidigungsminister ist nur einer von mehreren mächtigen Leuten in der Regierung, die in ihren Ministerien über eigene Nachrichtendienste verfügen. Der Außenminister verfügt im Weißen Haus und auf dem Kapitol über beträchtlichen Einfluß und ist durchaus in der Lage, eine unerwünschte Kontrolle des DCI über das Bureau of Intelligence Research (INR) des Außenministeriums abzuwehren. Auch der Direktor des FBI ist in Washington nicht unbedingt ein Leichtgewicht. Das zeigte sich besonders beim legendären J. Edgar Hoover, der das FBI von 1924 bis 1972 leitete und der sich während der Auseinandersetzung von CIA und FBI über Zuständigkeiten bei der Spionageabwehr sogar weigerte, mit dem DCI Richard Helms (1966-73) auch nur zu reden. Auch die letzten FBI-Direktoren, und ganz gewiß der gegenwärtige Amtsinhaber Louis J. Freeh, haben ihren eigenen Kopf, enge Verbindungen zum Kapitol und offensichtlich die Fähigkeit, sich der „Einmischungen“ des DCI zu erwehren. Gegen den anfänglichen Widerstand des DCI ist es Freeh gelungen, das Aktionsfeld des FBI auf das Ausland auszudehnen, um das internationale Verbrechen zu bekämpfen. Das hat einige hohe Beamte der CIA alarmiert, die einen weltweiten Ausbau des FBI auf Kosten der CIA-Mitarbeiter in den US-Botschaften befürchten. Ein kürzlich aus dem Dienst geschiedener CIAOffizier klagte: „Das FBI reißt alle Zuständigkeiten der Geheimdienste an sich. „21 Die weniger bekannten Programm-Manager, die die anderen Nachrichtendienste leiten (wie der Direktor der NSA), sind ebenfalls Experten darin, ihre Aktivitäten vor dem DCI abzuschirmen und im Weißen Haus und Kongreß Verbündete zu finden. Und obwohl die CIA eine unabhängige, politisch nicht gebundene Behörde ist, die (durch den DCI) direkt dem Präsidenten untersteht, statten die anderen Nachrichtendienste sowohl dem DCI als auch ihren jeweiligen Ministerien Bericht -158-

ab. So überrascht es nicht, daß die Direktoren dieser Behörden umgehend bei den Ministerien Schutz suchen, sollte der DCI zu aggressiv in ihre Programme und Budgets eingreifen. Der DCI kann nicht auf den Sicherheitsberater des Präsidenten als zuverlässigen Verbündeten im Weißen Haus zählen. Der Grund dafür ist, daß die Ansichten des Sicherheitsberaters den Informationen widersprechen können, die der DCI dem Oval Office übermittelt, und der Sicherheitsberater verfügt über den beträchtlichen Vorteil eines Büros im Westflügel des Weißen Hauses und des ständigen Zugangs zum Präsidenten. Die Stellung des DCI entspricht also keineswegs dem, was sie auf dem üblichen Organisationsdiagrammen zu sein scheint: ein Koloß, der wie ein Kutscher auf die Geheimdienste eindrischt und sie in die gewünschte Richtung lenkt, als ob sie angeschirrte Pferde wären. Vielmehr ist der Direktor lediglich vom Titel her der Leiter der Dienste, und er ist stark abhängig von seinem persönlichen Verhandlungsgeschick, von der Unterstützung im Kongreß, von freundschaftlichen Beziehungen mit den wichtigsten Ministerien und den Programm-Managern und unerläßlich für den Erfolg vom Rückhalt des Präsidenten. In diesem Sinne hat das Office of the DCI eine Stellung des Überzeugens und nicht des Kommandierens inne.22 Dem DCI fehlen die Mittel, der Mitarbeiterstab und die Macht, die zum Beispiel dem Präsidenten und anderen hohen Beamten des Nationalen Sicherheitsrates zur Verfügung stehen. Der DCI hat jedoch einige wenige Trumpfkarten im Spiel der politischen Überzeugungsarbeit, die für die amerikanische Regierung charakteristisch ist. Der Direktor hat manchmal, wenn die Chemie stimmt, ein enges Verhältnis zum Präsidenten. William Casey war ein langjähriger Freund und Vertrauter von Präsident Reagan, und Robert Gates profitierte von seiner engen Beziehung zu Präsident Bush. Außerdem verfügt der DCI über den unmittelbaren Zugang zum CIA-eigenen Vorratslager an -159-

Informationen, die im Ausland von den Agenten des Operations Directorate gesammelt wurden, darüber hinaus zu den Berichten der vielen tausend Analysten des Intelligence Directorate (die, da sie nicht an ein Ministerium gebunden sind, im Ruf der politischen Neutralität stehen). Außen- und Verteidigungsministerium haben natürlich ebenfalls ihre Informationsquellen, von den offenen Quellen bis hin zu ihren eigenen Nachrichtendiensten, aber manchmal kann die CIA den DCI mit einzigartigen Daten und Einschätzungen versorgen, besonders was globale politische und wirtschaftliche Themen betrifft. Es ist eine Binsenweisheit, daß Wissen Macht ist, und der DCI kann dieses Wissen anwenden, um Einfluß auf die Regierung auszuüben, besonders wenn der Präsident Interesse an den Geheimdiensten hat und sich regelmäßig mit dem DCI berät. Militärische gegen zivile Geheimdienste Das Dilemma, dem sich der DCI bei der Leitung aller Dienste gegenübersieht, kann man am gegenwärtigen Tauziehen über den „support to military operations“ (SMO, die Unterstützung für militärische Operationen) ablesen. Als 1990 die Operation „Desert Shield“ anstand, hat der Kongreß vier Tage lang hitzig debattiert, ob es klug sei, zu intervenieren, um die irakische Aggression gegen Kuwait zu stoppen. Senator Sam Nunn sorgte sich über das Risiko hoher amerikanischer Verluste bei einem Militäreinsatz. Unterstützt vom ehemaligen Stabschef Admiral William J. Crowe sprach sich Nunn ausdrücklich für Wirtschaftssanktionen aus, um den Irak zu strafen, statt eine Intervention im Zentrum des Mittleren Ostens zu riskieren. Nunn hat die Debatte verloren, und es stellte sich heraus, daß die amerikanischen Verluste sich auf weniger als 200 Tote beliefen. Einer der Hauptgründe für dieses Ergebnis war die Transparenz auf dem Gefechtsfeld für die amerikanischen -160-

Soldaten als Folge der umfangreichen Aufklärung dieser Region durch Spionagesatelliten. Die Möglichkeit, zukünftig eine noch größere Transparenz zu erreichen, die das Risiko noch weiter mindert, hat im Pentagon verständlicherweise den Appetit auf zusätzliche Geheimdienstmittel zur Unterstützung der Soldaten geweckt. Als Konsequenz ist „SMO“ zu einem beliebten Schlachtruf bei denen im Pentagon geworden, die den Verteidigungsminister auf die jährlichen Beratungen über das Budget für die Nachrichtendienste mit dem DCI vorbereiten. Natürlich ist auch der DCI dafür, die Verluste während eines Krieges so weit wie möglich zu verringern, aber er ist auch verantwortlich für die Berichte an den Präsidenten und andere Politiker über politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche und nicht nur militärische - Themen. Bedenkt man, daß das Pentagon ohnehin schon über 85 Prozent des Geheimdienstetats verfügt, dann würde eine Ausdehnung der SMO-Aufgaben das Budget für die anderen globalen Bedrohungen weiter drastisch reduzieren. Wie der Stabschef des House Intelligence Committee es ausdrückt: „Es besteht die Notwendigkeit, die strategische oder nationale Fähigkeit zu entwickeln, die absolute und totale Fixierung auf kurzfristige, taktische (militärische) Geheimdienstoperationen zu überwinden.“23 Manchmal erfolgen die Verhandlungen über die Mittel zwischen dem Geheimdienstchef und dem Verteidigungsminister auch in gutem Einvernehmen. Für den Geschmack einiger CIA-Offiziere waren die Beziehungen von Woolsey und Deutch zum Verteidigungsministerium sogar zu vertraulich. Sie befürchteten, daß die beiden für die Träume des Pentagons von der perfekten Transparenz auf dem Gefechtsfeld die eigenen Interessen ausverkaufen würden. Häufig war das Verhältnis jedoch sehr distanziert, wie „Schiffe, die in der Nacht aneinander vorbeifahren“, wie ein ehemaliger CIA-Offizier es ausdrückte.24 Während der Regierung Carter haben sich Verteidigungsminister Harold Brown und DCI Turner kaum -161-

persönlich zu Gesicht bekommen. In den seltenen Fällen, in denen Meinungsverschiedenheiten zur Schlichtung ins Oval Office getragen wurden, war der Präsident wenig geneigt, sich gegen das Militär zu stellen. Und selbst wenn der Verteidigungsminister im Weißen Haus verliert, dann stehen dem Pentagon im Kongreß die Armed Services Committees als mächtige Verbündete zur Seite. Die Stellung des DCI ist also ein schwieriger Führungsposten, mit der Verantwortung zur Leitung der Nachrichtendienste, aber ohne die entsprechende Macht, von allen Seiten von starken Rivalen bedrängt; und selbst die eigene Behörde des DCI, die CIA, wird von tiefen historischen und kulturellen Gräben durchzogen. Wie ein Geheimdienstexperte es ausdrückte: „Bei allem Gerede über Gemeinschaft, die Realität sieht anders aus. „25 Wahrscheinlich konnte sich selbst James Madison (der Vater der behördlichen Zersplitterung des amerikanischen Staatsapparates) nicht den „Hyperpluralismus“ vorstellen, der die Nachrichtendienste heute auszeichnet. Die behördliche Autonomie ist die Richtschnur, selbst bei den Unterabteilungen der Geheimdienste. Das Endresultat dieser institutionellen Fragmentierung ist eine ständige Fortbewegung vom Zentralismus, den Harry S. Truman mit der Schaffung eines zentralen Nachrichtendienstes stärken wollte. In jüngerer Zeit wurden einige Schritte unternommen, um die starken zentrifugalen Kräfte, die von den Ministerien und Behörden ausgehen, einzudämmen, aber das stieß auf erbitterten Widerstand, besonders bei den Wächtern der militärischen Geheimdienste im Pentagon. Selbst der DCI zeigt Nerven bei dem Streben nach mehr Autorität. „Jedesmal wenn ich mehr Machtbefugnisse erhalten soll“, so sagte George Tenet, „gerate ich in ein Gefecht mit einer Behörde, die viel größer ist als meine (das Pentagon).“26 DAS

SCHWER

ZU

ERREICHENDE -162-

ZIEL

DES

ZENTRALISMUS Die Aspin-Brown-Kommission hat 1996 versucht, die institutionelle Zersplitterung der Dienste zu überwinden, indem sie empfahl, dem DCI mehr Macht zu geben. Als Reaktion auf diese und ähnliche Reformvorschläge erließ der Kongreß 1997 den Intelligence Authorization Act. Er gewährte dem DCI größeren Einfluß auf die Regierung, unter anderem mit dem Committee on Foreign Intelligence (CFI), das beim NSC angesiedelt wurde.27 Den Vorsitz des CFI hat der nationale Sicherheitsberater des Präsidenten, und zu seinen Mitgliedern zählen der DCI, der Verteidigungsminister und der Außenminister. Obwohl diese Reform erreichen sollte, daß dem Thema Geheimdienst auf hoher Ebene mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird, kam dabei wenig mehr als eine weitere Bürokratisierung des NSC heraus. Die Aspin-Brown-Kommission (und danach der Kongreß) hat die Schaffung eines weiteren Komitees beim NSC angeregt, das Committee on Transnational Threats. Auch hier hat der nationale Sicherheitsberater den Vorsitz. Mitglieder sind der DCI, Außenund Verteidigungsminister und der Generalbundesanwalt - also das CFI plus eins. Die Bezeichnung „Transnational Threats“ soll weltweite Kriminalität, Drogenund Waffenhandel abdecken, als ob der NSC diese Bedrohungen in der Vergangenheit irgendwie übersehen hätte. Und schließlich schuf der Kongreß noch die Posten eines stellvertretenden Direktors und dreier Assistenten, die den DCI unterstützen sollen. Der stellvertretende CIA-Direktor (DDCI) soll bei der Führung der Behörde helfen. Den größten - wenngleich immer noch bescheidenen - Erfolg erzielte der DCI 1997 im Bereich der Mitsprache bei Personalentscheidungen. Der Verteidigungsminister muß seit diesem Zeitpunkt die Zustimmung des DCI einholen, bevor er die Programm-Direktoren bei der NSA, dem NSO und der NIMA ernennt. Falls der DCI nicht zustimmt, kann der -163-

Verteidigungsminister den Fall vor den Präsidenten bringen oder einen anderen Kandidaten auswählen. Bei anderen wichtigen Ernennungen, einschließlich des Leiters der Defense Intelligence Agency (DIA), des INR und beim FBI, muß der DCI vom Verteidigungsminister, Außenminister und Generalbundesanwalt nur „konsultiert“ werden. Eine Zustimmung ist nicht erforderlich - ein weiterer Sieg für die Autonomie der Institutionen. EIN FLEXIBLER ZENTRALISMUS Sollte die Regierung die Stellung des DCI stärken, so wie es von einigen Reformern empfohlen wird (einschließlich der AspinBrown-Kommission)? Oder sollte man angesichts der politischen Realitäten seine Kräfte besser für andere Aufgaben einsetzen? Die Existenz eines starken Verteidigungsministeriums und die Verwendung eines Großteils des Geheimdienstetats für militärische Zwecke und Bedürfnisse sind Tatsachen, die sich nicht so schnell ändern werden. Sie sollen es auch gar nicht, da die meisten Beobachter darin übereinstimmen, daß die Verteidigung Amerikas in der Außenpolitik weiterhin die oberste Priorität behalten muß. Dennoch weisen die Reformer auf die ungezügelten zentrifugalen Kräfte hin, die die Nachrichtendienste beherrschen. Sie argumentieren, daß die Geheimdienste ihrer Pflicht, den Präsidenten mit zuverlässigen Informationen zu versorgen, nicht nachkommen können, wenn man nicht (wie Truman es vor Jahrzehnten geplant hatte) einen größeren Zentralismus erreicht, indem man die Macht des DCI stärkt. Das Ziel der Reformer ist es, wie ein Beobachter es scharfsinnig formuliert hat, „die Leistungsfähigkeit eines Ministeriums für Nachrichtendienste zu erreichen, ohne größere Veränderungen oder Einschnitte vornehmen zu müssen“.28 Größere Umstrukturierungen sind ohnehin unrealistisch, da der Verteidigungsminister und seine Verbündeten im Kongreß nicht -164-

zulassen werden, einen ebenbürtigen 800-Pfund-Gorilla in Form des DCI zu schaffen. Außerdem sorgen die Staatsverdrossenheit in den Vereinigten Staaten und die anhaltenden Sorgen über die hohen Staatsausgaben für ein ungünstiges Klima für die Schaffung eines Ministeriums für Geheimdienste, selbst wenn das eine noch so gute Idee ist. Das äußerste, worauf die Reformer hoffen können, ist eine bescheidene Stärkung des DCI und eine gleichzeitige Konsolidierung der Nachrichtendienste. Der ehemalige Abgeordnete Lee Hamilton, ein erfahrener Aufseher der Geheimdienste, umriß sehr klar das wichtigste Ziel der Reformer, die mehr Zentralismus fordern, nämlich eine gestärkte Rolle des DCI bei der Koordination zwischen den Behörden. Das würde die Dienste auch von dem Einfluß des Verteidigungsministeriums lösen und die geheimdienstlichen Aktivitäten im zivilen Bereich fördern. „Wir besitzen nicht wirklich ein zentrales Direktorat aller Nachrichtendienste. So etwas existiert nicht. Der DCI der CIA kontrolliert nur einen sehr geringen Teil der Einrichtungen und Mitarbeiter aller Nachrichtendienste, und es gibt viele Abteilungen, die überhaupt keinen Direktor haben. Im amerikanischen System ist die Stelle eines Direktors der Geheimdienste nicht vorhanden, und ich denke, wir sollten sie schaffen.“29 Der gegenwärtige Vorsitzende des House Intelligence Committee stimmt dem zu. „Der DCI braucht mehr Befugnisse, denn er soll der oberste Manager der Aktivitäten der Nachrichtendienste sein“, sagt Porter Gross. „Wir haben einen Fehler im System, der zu Mißerfolgen führt, und es ist erstaunlich, daß es überhaupt so gut läuft, wie es läuft. Wir brauchen ein umfassenderes Management.“30 Die Hauptquelle des Problems ist seiner Ansicht nach die Ansiedlung des Nachrichtendienstbudgets im Verteidigungsministerium. Der Stabschef des House Permanent Select Committee äußerte sich zur Rolle eines gestärkten DCI: -165-

„Es gibt noch immer kein Management der Geheimdienste. Die Behörden werden jede für sich geleitet, aber es gibt niemanden, der in einer Position wäre, den Austausch zwischen den Diensten zu regeln, um sie zu einer einheitlichen, effizienten Organisation zu formen, die reibungslos funktioniert. Also müssen wir das auf dem Kapitol erledigen. Und ich sage Ihnen, wenn Sie sich bei einer so wichtigen Angelegenheit auf die Abgeordneten verlassen, dann befinden sie sich in Schwierigkeiten.“31 Ein erster Schritt zur Neuordnung der Stellung des DCI wäre eine Verbesserung seines Status, nicht als unrealistischer Versuch, mit dem Verteidigungsminister gleichzuziehen, aber um zumindest die Stellung des Geheimdienstchefs in der nationalen Sicherheitshierarchie zu stärken. Zu diesem Zwecke ist die Abänderung des National Security Act von 1947, um den DCI zum gleichwertigen Mitglied des NSC zu machen (neben Präsident, Vizepräsident, Außen- und Verteidigungsminister) und nicht nur zum bloßen Berater, wahrscheinlich von größerer Bedeutung als die überflüssigen Komitees des NSC, die 1997 eingerichtet wurden. In einem solchen Gesetz müßte festgehalten werden, daß der DCI sich im NSC streng neutral verhält und sich auf die Lieferung von Informationen und Analysen beschränkt. Eine Zustimmungspflicht seitens des DCI zur Ernennung aller Programmdirektoren der Nachrichtendienste würde die verschiedenen Behördenleiter empfänglicher für Anregungen des Leiters aller Dienste machen. Man könnte auch das Mitspracherecht des DCI bei den jährlichen Verhandlungen über den Etat stärken. Auch dabei soll der Geheimdienstchef nicht den Verteidigungsminister ersetzen, sondern das Pentagon und andere sollen lediglich daran erinnert werden, daß die zivilen Aktivitäten der Geheimdienste ebenfalls wichtig sind. Außer in Kriegszeiten sollten 25 Prozent des jährlichen Budgets dem DCI für zivile Zwecke überlassen werden. -166-

In Hinsicht auf die Konsolidierung der Gemeinschaft der Nachrichtendienste wurden seit Ende des Kalten Krieges einige wichtige Maßnahmen eingeleitet, zum Beispiel die Entwicklung der Center und der Task Forces. Nützlich ist auch ein neues gemeinsames System von CIA und Pentagon, um die verdeckten Operationen der Agenten im Ausland zu überwachen. Ein Stellvertreter des DCI nannte das „einen ausgezeichneten Schritt“ und ein Konzept, „das wir auf alle Dienste ausdehnen müssen“.32 Die Bündelung der verstreuten Aufklärungsoperationen aus dem All unter der Führung der NIMA ist ein weiteres Beispiel der Konsolidierung. Einige CIAOffiziere befürchten jedoch, daß diese Neuorganisation lediglich ein Trick des Verteidigungsministeriums war, um die photographische Aufklärung und Bildanalyse von der CIA abzuziehen. Das National Photographic Interpretation Center (NPIC) stand einst in der Tat unter Aufsicht des DS&T der CIA. Seine Verlegung in die NIMA war in gewissem Sinne eine „Militarisierung“ dieser wichtigen Funktion. Dennoch war es sinnvoll, die über alle Dienste verstreuten photographischen und kartographischen Aktivitäten zu der gemeinsamen Aufgabe zusammenzufassen, weltweit geographische Details zu sammeln und jegliche Veränderungen zu registrieren, die für die Vereinigten Staaten von Bedeutung sein könnten (genauso wie die akustische Aufklärung bei der NSA gebündelt wird). Der DCI hat vollen Zugang zu den Bildanalysen, die von den Interpreten der neuen NIMA angefertigt werden. Die eigentliche Macht bei der Bildaufklärung besteht jedoch in der Befugnis, die Kameras der Satelliten und Flugzeuge auf die Ziele der eigenen Wahl auszurichten. Das ist ein weiterer Punkt, bei dem es zu Zusammenstößen zwischen DCI und Verteidigungsminister gekommen ist, da die NIMA im Grunde eine Behörde zur militärischen Unterstützung ist und dem Verteidigungsministerium angehört. -167-

Eine Ausweitung des Programms, die Offiziere während ihrer Laufbahnen durch die verschiedenen Behörden rotieren zu lassen und mehr Wert auf gemeinsame Sicherheitsausweise, gemeinsames Training und die gemeinsame Nutzung von Einrichtungen zu legen, würde zu einer besseren Kooperation zwischen den Behörden fuhren. Auch die Zusammenlegung der Rekrutierungsdaten wäre sinnvoll. Seymour Hersh berichtet, daß die U.S. Naval Intelligence Jonathan Pollard eingestellt hatte (der schließlich für den israelischen Geheimdienst die USA ausspionierte), ohne zu wissen, daß er bereits bei den Eignungstests bei der CIA aus Sicherheitsgründen durchgefallen war.33 Die jüngsten Bemühungen der CIA, DO- und DIOffiziere in gemeinsamen Büros zusammenzulegen, um die Interaktion zwischen Informationsbeschaffern und Analysten zu fördern, sollte auch in anderen Behörden zwischen verschiedenen Spezialabteilungen vollzogen werden. Durch diese Maßnahme sollen Brücken gebaut werden, die es den Leuten mit verschiedenen Mentalitäten ermöglichen, gemeinsam an Aufgaben zu arbeiten, die die Grenzen der einzelnen Abteilungen und Behörden überschreiten. Das organisatorische Ziel der meisten Reformer ist der Aufbau einer Gemeinschaft der Dienste, die schlank und flexibel ist, bei der die Behörden untereinander verzahnt sind und die von einem DCI mit größerer Kontrolle über das Management geführt wird. Die Reformer verfolgen eine zentralistische Vision. Ihnen schwebt jedoch kein primitives zentralistisches Modell vor, an dessen Spitze ein potentiell gefährlicher Geheimdienstzar steht, sondern eher ein flexibles Modell, das für verschiedene Aufgaben verschiedene Stränge der Dienste miteinander verflicht. Dieses Modell propagiert die Bündelung der Kräfte aller Dienste in einem Counterterrorist Center, um sich dieser spezifischen Bedrohung zu erwehren, oder die Konzentration aller Ressourcen in einer Task Force für (beispielsweise) ethnische Spannungen in Zentralafrika. -168-

Dieses Modell sieht einen DCI vor, der über die Macht verfügt, die Ressourcen der Dienste dorthin umzulenken, wo alle zukünftigen Eventualitäten es erforderlich machen können in manchen Fällen bedeutet das die schnelle Verschiebung von Kapazitäten von einem Land oder einer Region zu einer anderen. Für ständige Bedrohungen wie Terrorismus und internationaler Drogenhandel wird der DCI die Ressourcen durch die Einrichtung neuer Center auf Dauer bündeln. Zentralisierung bedeutet auch zunehmend die Schaffung sicherer elektronischer Netzwerke für die Kommunikation zwischen den Experten aller Nachrichtendienste, statt tatsächlich zentrale Gebäude in Langley oder anderswo zu errichten. Diese virtuellen Center haben laut Aussage eines hohen Geheimdienstoffiziers „die behördenübergreifenden 34 Verbindungen vereinfacht“. Für eine befristete Zeit zusammengestellte Teams von externen Experten könnten zur Beratung der Nachrichtendienste herangezogen werden (beispielsweise die führenden Experten des Landes zum Thema Sudan, falls dort eine Krise ausbricht). In dieser Hinsicht würde der DCI über ein Kontinuum an Koordinationsstrategien verfügen - ein flexibler Zentralismus -, um die Anstrengungen der Dienste auf eine begrenzte Zahl von Aufgaben zu konzentrieren, bei denen die Geheimdienste das bereits öffentlich verfügbare Wissen über Ereignisse im Ausland ergänzen können. DAS GLEICHGEWICHT ZWISCHEN EINHEIT UND DIVERSITÄT Der Hauptzweck der amerikanischen Nachrichtendienste besteht darin, den Präsidenten und andere Entscheidungsträger mit den bestmöglichen Informationen und Erkenntnissen über weltweite Ereignisse zu versorgen. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs haben die amerikanischen Präsidenten die Idee eines zentralisierten Geheimdienstes durchaus befürwortet, um der -169-

Fragmentierung entgegenzusteuern, die die US-Geheimdienste vor und während des Krieges gegen die Achsenmächte bestimmt hat. Aber ungeachtet der Gründung der CIA mit einem DCI im Jahre 1947 ist die institutionelle Aufsplitterung das Markenzeichen der Dienste geblieben, da die Fraktionen in den Ministerien sich gegen eine Zentralisierung gesträubt haben, weil sie darin eine Bedrohung ihrer Macht sahen. Da die bereits existierenden Dienste nicht in der Lage waren, die Gründung der CIA zu verhindern, zogen sie sich auf die nächste Verteidigungslinie zurück: innerhalb des neuen, mehr zentralisierten Rahmens so viel von ihrer eigenen Autonomie wie möglich zu bewahren. Auch wenn die DCIs es geschafft haben, ihre Kontrolle auszudehnen, bleibt die „Gemeinschaft“ der Nachrichtendienste im wesentlichen ein Verbund ungleicher Elemente. Andererseits wäre auch eine extreme Vereinheitlichung der Dienste nicht wünschenswert, da jedes Ministerium und jede Regierungsbehörde ganz eigene Informationsbedürfnisse hat, die eine einzige Organisation nicht befriedigen könnte. Das Problem besteht - wie immer beim Regieren - darin, wie man ein Gleichgewicht zwischen Einheit und Diversität findet. Die amerikanische Regierung gründet sich auf die politische Theorie, die die Diversität fördert; eine Aufteilung der Macht, um die Freiheit zu schützen und den Wettbewerb zu fördern. Die heutigen Präsidenten und DCIs sorgen sich dagegen um die Effizienz, damit sie zur rechten Zeit die richtigen Informationen bekommen und handlungsfähig sind. Sie versuchen, die Dienste dazu anzuhalten, weltweit aktuelle Informationen zu sammeln und zu interpretieren, und das möglichst umfassend und ausgewogen, was das Verhältnis zwischen zivilen und militärischen Berichten betrifft. „In der Einheit liegt die strategische Richtung und Klarheit“, bemerkte ein Regierungsexperte. Während er einerseits den -170-

National Security Council für diese Eigenschaft lobt, preist er andererseits die Diversität im Außenministerium. Er sagt, daß die Diversität „das Gefühl für die Umsetzung und für die Details“ stärkt.35 In ähnlicher Weise würde eine stärkere Zentralisierung dem Weißen Haus bessere Erkenntnisse aus dem enormen Datenstrom verschaffen, die weltweit von den verschiedenen Diensten gesammelt werden. Wenn die Vereinigten Staaten ihre gesamten geheimdienstlichen Kräfte auf ein einziges Ministerium konzentrierten, würde daraus ein Schwund an Diversität, Flexibilität und Sensibilität resultieren, die es jeder Abteilung ermöglicht, auf die individuellen Bedürfnisse ihrer jeweiligen Ministerien einzugehen, besonders auf die taktischen Erfordernisse des Verteidigungsministeriums. Außerdem würde ein extremer Zentralismus den Wettbewerb zwischen den Diensten verhindern, der dem Präsidenten gegenwärtig (wenn auch nicht immer) eine Bandbreite an Meinungen beschert, und nicht nur einen einzigen, vereinheitlichten gemeinsamen kleinen Nenner. Und, wie ein Geheimdienstexperte bemerkte: „Wettbewerb ist unerläßlich für Innovationen.“36 Strukturelle Diversität und eine Aufteilung der Macht können innerhalb der Dienste zu einer positiven Debatte über die Bedeutung von Weltereignissen führen, zu einer „konkurrierenden Analyse“, die eine wichtige (wenn auch komplizierte) Vorbedingung für durchdachte Entscheidungen des Präsidenten sind. Genauso wie eine zu große Homogenität den Nachrichtendiensten schaden würde, so wäre auch ein unbewegliches System zu großer Diversität nicht geeignet, die Bedürfnisse des Präsidenten nach zuverlässigen, aktuellen und einheitlichen Informationen zu befriedigen, so wie Truman es beklagt hat. Über die Jahre haben die Behörden der Geheimdienstgemeinde die Einheit weitgehend zugunsten der funktionellen Diversität gescheut. Dabei wurden sie von ihren Ministerien gegen den Zentralismus in Gestalt eines starken DCI -171-

geschützt. Die gegenwärtige Zunahme an überbehördlichen Task Forces und Centern läßt eine Bewegung in Richtung mehr Zentralisierung vermuten. Ob dieser Trend anhalten wird, hängt letztlich von der Politik der zukünftigen Präsidenten ab. Wenn sie, wie Truman, glauben, daß eine größere Vereinheitlichung der Dienste notwendig ist, wird sich der Trend fortsetzen. Die gegenläufige individualistische Kultur verfolgt vielleicht eher den Ansatz einer größeren analytischen Integration, wie im britischen System. Aber auch dann wird der Verteidigungsminister noch immer für die Autonomie der militärischen Geheimdienste kämpfen, der Außenminister für die Unterstützung der diplomatischen Arbeit, der Direktor des FBI für das vermeintliche Vorrecht seiner Behörde im Kampf gegen das internationale Verbrechen, und immer so weiter. Bedenkt man die Gegebenheiten, auf der einen Seite das wachsende Interesse der Politiker an schnellen, einheitlichen Informationen der Nachrichtendienste über globale zivile und militärische Entwicklungen, auf der anderen Seite der ungebrochene Wunsch der einzelnen Dienste nach Autonomie, dann ist zu erwarten, daß der Kampf zwischen den Werten der Einheit und der Diversität in der nationalen Sicherheitshierarchie weitergehen wird. In Anbetracht des relativ schnellen Wechsels der Präsidenten und der größeren Beständigkeit der Geheimdienstbürokratie braucht es wahrscheinlich ein Versagen der Nachrichtendienste vom schockierenden Ausmaß der Katastrophe von Pearl Harbor, um die amerikanische Bevölkerung und ihre politische Führung nach einer höheren Effizienz des Zentralismus rufen zu lassen. Wie mangelhaft die Dienste heute auch immer organisiert sind, der Präsident und andere Spitzenbeamte verlassen sich weiterhin auf sie und geben jedes Jahr eine stolze Summe für deren Informationen, Erkenntnisse und andere Dienstleistungen aus. Mit diesen Kosten werden wir uns als nächstes befassen. -172-

KAPITEL 6 GELD FUR DIE SPIONE „Ich habe keinen Zweifel, daß die Hälfte dieses riesigen Geheimdienstbudgets Verschwendung ist. Das Problem ist, ich weiß nicht, welche Hälfte! ” Harry Howe Ransom, „Reflections on Forty Years of SpyWatching“, 1994 Es gibt vielleicht kein Thema, das für das Verständnis von Politik wichtiger ist als die Budgetierung, denn die jährliche Verteilung der Gelder ist letztlich das Ergebnis des Kampfes zwischen den Regierungsbehörden um begrenzte Ressourcen. „Wer bekommt was wann und wie?“ - so lautet die berühmte Definition einer Politik, die auf kalte, harte Zahlen reduziert ist.1 Dieses Kapitel betrachtet die Finanzierung der amerikanischen Geheimdienste, um Licht auf die dahinterstehende Politik seit Ende des Kalten Krieges zu werfen. Die Untersuchung des amerikanischen Geheimdienstbudgets stößt auf ganz eigene Hindernisse, vor allem auf die Geheimhaltung, der die Finanzierung dieser verborgenen Seite des Staatsapparates unterliegt. Die öffentlichen Berichte enthalten jedoch eine Reihe verläßlicher Informationen zu dem Thema, und zusammen mit Interviews mit Beamten der Dienste ermöglichen sie es, selbst in diesem Schattenreich ein genaues Bild der Budgets und der Politik zu zeichnen. Ungeachtet der methodischen Schwierigkeiten verdient dieses Thema mehr Aufmerksamkeit, als es in der Vergangenheit erhalten hat. Schließlich verschlingen die Nachrichtendienste einen großen Teil der jährlichen Steuereinnahmen der Vereinigten Staaten, nach allen Berechnungen zwischen 26 und 30 Milliarden Dollar in den letzten Jahren. Eine beachtliche Summe verglichen mit -173-

anderen Staaten (auch wenn sie nur 12 Prozent des gesamten amerikanischen Verteidigungsetats entspricht).2 Diese Gelder werden manchmal für höchst umstrittene Zwecke verwendet, einschließlich des Sturzes fremder Regierungen; höchst delikater Operationen zur Informationsbeschaffung, wie sie die CIA 1995 in Paris durchgeführt hat, die zu peinlichen diplomatischen Verstimmungen zwischen Frankreich und den USA geführt haben; und der schiefgelaufenen Spionageaktion gegen Deutschland 1997.3 DER BUDGETIERUNGSPROZESS FÜR DIE GEHEIMDIENSTE Die Erstellung des Geheimdienstbudgets durch die Regierung erfolgt in drei Schritten. Als erstes legen die Leiter der dreizehn Behörden der Dienste ihre Forderungen fest. Zweitens nehmen der DCI und der Stab des Office of Mangement and Budget (OMB) eine Prüfung vor und erstellen einen Gesamtetat. Zuletzt integriert der Verteidigungsminister dann diesen Etat in das Gesamtbudget seines Ministeriums, das dann innerhalb des jährlichen Budgets des Präsidenten dem Kongreß vorgelegt wird. Auch wenn dieser Prozeß in vieler Hinsicht dem bei anderen Regierungsbehörden ähnelt, gibt es doch einige Besonderheiten. So hat der DCI keinen Einfluß auf die Forderungen der einzelnen Behörden, für die er verantwortlich ist. Die Leiter der vornehmlich militärischen Dienste - die National Security Agency (NSA), das National Reconnaissance Office (NRO), die National Imagery and Mapping Agency (NIMA), die Defense Intelligence Agency (DIA) und die Geheimdienste der vier Waffengattungen sind dem Verteidigungsminister rechenschaftspflichtig. Wie wir im letzten Kapitel erwähnt haben, macht dies ungefähr 85 Prozent der Gelder aus, die jährlich für die amerikanischen Geheimdienste ausgegeben werden.4 -174-

Jeder der militärischen Geheimdienstchefs wird vom Verteidigungsministerium ernannt und befördert. Durch einen Prozeß von Treffen und dem Austausch von Memoranden erstellen der DCI und das Verteidigungsministerium gemeinsam das jährliche Geheimdienstbudget. Vom DCI wird erwartet, daß er die Budgets aller Dienste zusammenstellt, und er wird auch für deren Fehler verantwortlich gemacht, obwohl er nur teilweise die Kontrolle über deren Management und Finanzgebaren besitzt, mit Ausnahme der CIA. Bei der CIA hat der DCI natürlich die volle Kontrolle über Operationen und Budgets. Das erklärt zum Teil, warum die DCIs traditionell der CIA mehr Aufmerksamkeit gewidmet haben als ihrer Verantwortung für die anderen Dienste. Ein weiteres Handicap des DCI besteht in der Tatsache, daß er über keinen unabhängigen Stab verfügt, um die Programme und Budgets zu überprüfen, die von den Leitern der anderen Behörden vorgelegt werden. Der Stab, der ihm zur Verfügung steht -, die siebzig Mitarbeiter des Community Management Staff (CMS) - sind zum größten Teil nur auf Zeit von den Behörden abgestellt worden, die sie beaufsichtigen sollen. Da die „Heimatbehörde“ dem Mitarbeiter das Gehalt zahlt, über seine Beförderung und seinen nächsten Einsatz entscheidet, ist es wenig wahrscheinlich, daß diese Person eine sorgfältige, objektive Überprüfung des Budgets und der Finanzverwaltung seiner Heimatbehörde durchführen wird. Und diese Praxis besteht schon seit Gründung des Büros des DCI im Jahre 1947, obwohl sie nicht in seinem Interesse liegt. Schließlich - und das ist vielleicht das deutlichste Anzeichen für die dürftige zentrale Kontrolle - fehlt dem DCI eine zentrale Datenbank, die ihm sagt, für was er in den einzelnen Behörden eigentlich zahlt. Der Direktor führt das größte Unternehmen der Weltgeschichte zur Sammlung und Analyse von Informationen, und doch tappt er dabei teilweise selbst im Dunkeln. Wenn frühere Direktoren versucht haben, eine gemeinsame -175-

Datenbank aller Dienste zu schaffen, wurden ihre Forderungen größtenteils ignoriert. So ist es kein Wunder, daß DCI James Woolsey (1991-94) sich schlecht informiert zeigte, als er 1994 Details über die exorbitanten Kosten von 300 Millionen Dollar für das NRO-Hauptquartier in Virginia erklären sollte. Die Akten zur Finanzierung wurden mit einem unverfänglichen Vermerk getarnt und tauchten in den Budgetunterlagen nicht auf. 1. Akt: Frühzeitige Etatberechnungen Der bürokratische Prozeß, in dem darüber entschieden wird, wieviel für die Spionage und zu welchen Zwecken ausgegeben wird, ist ein obskures, geheimniskrämerisches Ritual. Die Eröffnung der Erstellung des Geheimdienstbudgets - für die meisten Amerikaner so befremdlich wie das japanische KabukiTheater - findet jedes Jahr im Frühling statt, wenn die Geheimdienste ihren Finanzbedarf für das kommende Jahr abschätzen. In einer eher unwissenschaftlichen Methode nehmen die jeweiligen Behörden, Abteilungen und Direktorate das Budget des Vorjahres, um festzulegen, wieviel mehr sie brauchen werden, um Inflation, Lohnsteigerungen, erhöhte Kosten der Operationen und neue oder ausgeweitete Missionen bezahlen zu können. Die Leitung der einzelnen Behörden und ihre jeweiligen Etatabteilungen wägen die Risiken einer Operation gegen den möglichen Nutzen auf, schätzen die Kosten zur Abdeckung neuer Aufgaben, für die Verbesserung der Infrastruktur und für Neueinstellungen. In jeder Behörde wird dieser Prozeß für gewöhnlich von der Abteilung beherrscht, die die Einsätze vor Ort leitet. Bei der CIA ist es beispielsweise das Directorate of Operations (das, wir erinnern uns, durch die HUMINT-Agenten Informationen im Ausland beschafft). Während der 80er Jahre, als der Geheimdienstetat viel schneller stieg als selbst der Verteidigungsetat, war diese interne Anfangsphase der Budgetierung mehr durch die Überlegung -176-

bestimmt, wie man das „neue Geld“ am besten ausgibt, und nicht durch die Überprüfung, ob die Ausgaben des Vorjahres die gewünschten Ergebnisse erbracht haben. Die Nachrichtendienste haben diese Praxis institutionalisiert, indem sie von der Annahme ausgehen, daß 75 bis 85 Prozent ihres Budgets den „Grundstock“ ausmachen, der notwendig ist, um die gegenwärtigen Aktivitäten der Dienste am Laufen zu halten. Die verbleibenden 15 bis 25 Prozent machen die neuen Ausgaben aus, die von den Prüfern untersucht werden. Dementsprechend präsentieren die einzelnen Dienste am Ende jedes Sommers dem DCI eine detaillierte Beschreibung, wie sie zusätzliche Gelder verwenden wollen, aber sie erstellen überhaupt keine Analyse, was sie mit dem Hauptteil ihrer Gelder machen. Der DCI hat nur begrenzte Einsicht in die Basisaktivitäten jeder Abteilung, da er weder über einen unabhängigen Stab zur Prüfung der Budgetabrechnungen der einzelnen Behörden verfügt noch über eine umfassende Datenbank für den Etat aller Nachrichtendienste. Was in einem Jahr noch neue Ausgaben waren, wird in den Folgejahren also automatisch mit zur Grundfinanzierung gezählt, die nicht mehr überprüft wird. Also gibt es für den Großteil des Geheimdienstetats fast keine Überwachung. Als die Zuwächse beim Etat nach Ende des Kalten Krieges 1989 (vorübergehend) geringer ausfielen, hatten die Dienste nicht mehr so viele Möglichkeiten, ihre Aktivitäten auszuweiten. Das führte dazu, daß der DCI, das Weiße Haus und der Kongreß sich die Aktivitäten genauer anschauten, die aus dem zuvor nicht näher geprüften Grundstock finanziert wurden. Die Verwaltungen der einzelnen Behörden haben sich gegen die Offenlegung dieser Grundbudgets gewehrt, was bei DCI, OMB und den beiden Aufsichtsgremien im Kongreß (Senate Select Committee on Intelligence; House Permanent Select Committee on Intelligence) zu Frustrationen führte. Die Praxis, sich nur auf eine Marge des Etats zu -177-

konzentrieren, ist im landesweiten Prozeß der Budgetierung durchaus üblich. Sie wurde durch den Ausdruck der „marginalen Zuwächse“ verewigt, eine allgemein akzeptierte Bezeichnung dafür, wie in den Vereinigten Staaten auf Bundesebene Etats erstellt werden.5 Was die Geheimdienste als ihre „Grundfinanzierung“ bezeichnen, entspricht den „laufenden Ausgaben“ der zivilen Behörden. In jedem Fall versucht die Verwaltung, die Aufmerksamkeit der Prüfer auf die neuen Ausgaben zu lenken, und nicht auf den Gesamtetat. Diese Praxis ist nicht notwendigerweise eine „Trickserei“; der Großteil der Grundfinanzierung wird tatsächlich benötigt, um die Behörde am Laufen zu halten: Personalkosten, Baukosten, Strom, Wasser, Computer, Telefon. Aber wenn ein Posten davon nicht länger benötigt wird, wird er normalerweise auf andere umgelegt, wie den Bau neuer Einrichtungen oder eine großzügigere Erstattung von Reisekosten. Ein weiteres Problem - und das trifft auf die Geheimdienste besonders zu - ist, daß Programme, die in einem Jahr hohe Priorität genossen haben, auch dann noch weiterlaufen, wenn sie ihre Bedeutung längst verloren haben. So werden zum Beispiel Programme, die auf die ehemalige Sowjetunion gezielt waren, heute als Operationen gegen Drogen- oder Waffenhandel gerechtfertigt (oder verkauft). Die Leute am Radar, die einst nach russischen Langstreckenbombern Ausschau hielten, die über den Nordpol her im Anflug waren, suchen nun nach Propellerflugzeugen des Typs Cessna, die Drogen aus Kolumbien einfliegen. Man benutzt die Elefantenbüchsen des Kalten Krieges dazu, Jagd auf Enten zu machen. 2. Akt: Prüfung der Budgets durch DCI und OMB Der 2. Akt des Dramas beginnt im Herbst, für gewöhnlich im September, wenn dem DCI und OMB die von den einzelnen Diensten erstellten Budgets vorgelegt werden. Der Stab des DCI und das OMB wägen gleichzeitig die konkurrierenden -178-

Forderungen der Behörden gegeneinander ab und formulieren für die Regierung ein konsolidiertes Geheimdienstprogramm. Dabei ist der DCI im Nachteil, weil er über keinen unabhängigen Stab verfügt, der die Forderungen sorgfältig prüft und in Frage stellt. Nur selten bringen die Analysen Einsparmöglichkeiten ans Licht. Im Unterschied dazu ist der Stab des OMB - obwohl er nur aus fünf Leuten besteht zumindest unabhängig und oft in der Lage, auf Kürzungsmöglichkeiten hinzuweisen. Auch wenn diese Vorschläge manchmal aufgegriffen werden, wird der Prozeß vom Pentagon dominiert. 3. Akt: Die Integration in den Verteidigungsetat Mitte Dezember findet der letzte Akt der Budgetierung statt, wenn der DCI die geplanten Budgets mit dem Verteidigungsminister diskutiert. Das ist der wichtigste Dialog in diesem aufwendigen Verfahren. Vorher läuft ein anderer Prozeß ab, bei dem der Community Management Staff des DCI und Beamte des Verteidigungsministeriums ihre Zahlen und Unterlagen abgleichen, bis es dann zum Treffen zwischen DCI und Verteidigungsminister kommt. Am Ende dieser Phase hat der Verteidigungsminister den Wehretat mit Beamten aus dem Büro des Präsidenten und (wenn er es wünscht) auch mit dem Präsidenten selbst besprochen. So erhält der Verteidigungsminister Kenntnis über die aktuellen politischen Strömungen, die die Etats im Hintergrund beeinflussen. Dadurch erfährt er, ob dem Etat des Verteidigungsministerium Kürzungen oder Erhöhungen bevorstehen oder ob alles beim alten bleibt. Wenn Kürzungen bevorstehen, verhandeln der DCI und der Verteidigungsminister darüber, wo, wenn überhaupt, bei den Nachrichtendiensten Einsparungen vorgenommen werden können. Diese Gespräche finden in der Regel beim Lunch nach den Sitzungen des nationalen Sicherheitsrates statt, im Büro des Ministers im -179-

Pentagon oder einfach über ein abhörsicheres Telefon. Der DCI ist sich darüber im klaren, wer bei diesen Verhandlungen das Sagen hat. Sein Budget zielt auf etwa 28 Milliarden Dollar ab, ein Bruchteil des Wehretats. Der Verteidigungsminister ist der 800-Pfund-Gorilla, und der DCI ist das Äffchen eines Leierkastenmannes, das die Blechdose in der Hand hält. Selbst die größten Behörden - NSA, NRO und DIA - brauchen keine Unterstützung des DCI, obwohl sie offiziell zur Gemeinschaft der Nachrichtendienste gehören. Diese militärischen Geheimdienste sind jedoch eher Teil des Pentagons und haben in ihrem anderen und ranghöheren Chef, dem Verteidigungsminister, einen besseren Beschützer und Fürsprecher. Das bedeutet aber nicht, daß der Minister die Forderungen dieser Dienste automatisch absegnet. Im Gegenteil, hier kann er das Skalpell an seinem eigenen Etat ansetzen. Man kann daher sagen, daß die militärischen Geheimdienste ihre Forderungen eher nach den Interessen ihres Chefs im Pentagon ausrichten als nach dem Chef in Langley. MYTHEN UM DEN GEHEIMDIENSTETAT Neben diesen Fakten, denen sich der DCI in Hinblick auf die Budgetierung der Dienste gegenübersieht, muß er sich mit einer Reihe von Mythen auseinandersetzen, die seine Arbeit weiter verkomplizieren. 1. Mythos: Der Geheimdienstetat muß unter Verschluß bleiben Während des Kalten Krieges haben Bedenken gegen eine Offenlegung der Summe, die die Vereinigten Staaten für ihre Sicherheit ausgeben, noch Sinn gemacht. Die Sowjetunion hätte erkennen können, wann der Etat erhöht wird, und dann ihre eigenen Geheimdienste (KGB und GRU) anweisen können, mit allen Mitteln die neuen Programme zu enttarnen und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Besonders wenn es sich um einen kleinen Betrag handelt, der direkt in verdeckte -180-

Operationen fließt, hätte ein Gegner wie die UdSSR daraus wertvolle Schlüsse über die Prioritäten der amerikanischen Spionage ziehen können. Heute geht jedoch jeder Dollar in die Finanzierung einer wuchernden bürokratischen Infrastruktur mit Einrichtungen in den USA und im Ausland mit Zehntausenden von Mitarbeitern. Die Aspin-Brown-Kommission hat darauf hingewiesen, daß die Offenlegung der Finanzierung dieser Infrastruktur der nationalen Sicherheit keinesfalls schaden würde (so wie diejenigen, die den Gesamtetat als Verschlußsache behandeln möchten, nicht müde werden zu behaupten). Vielmehr würde die Öffentlichkeit so darüber informiert, was für die Geheimdienste ausgegeben wird, und die Dienste wären gezwungen, ihre Ausgaben zu rechtfertigen.6 Heikle verdeckte Operationen, die Namen von Spionen und die Fähigkeiten der Spionagesatelliten müssen natürlich geheim bleiben, um nicht die Agenten im Ausland zu gefährden, die für die Vereinigten Staaten arbeiten, oder wichtige technische Vorteile preiszugeben. Dennoch sollten die Nachrichtendienste sich der Befragung der Steuerzahler durch deren Abgeordnete im Kongreß stellen. Die Kosten der Dienste sollten jedes Jahr an ihren Leistungen gemessen werden, so wie Aktionäre regelmäßig die Verwaltung der Unternehmen kontrollieren. Diese Argumentation - und vielleicht noch wichtiger, der wachsende politische Druck - bewegte den DCI schließlich dazu, die Summe des Gesamtetats für 1998 zu veröffentlichen: 26,5 Milliarden Dollar.7 Im folgenden Jahr wehrte sich der DCI gegen die Herausgabe der Zahlen. Er argumentierte, daß die Ausgaben inzwischen beträchtlich gestiegen seien und die Veröffentlichung der Summe Amerikas Feinden Hinweise auf die amerikanischen Geheimdienstpläne und -Operationen geben könnte. „Da 1998 lediglich ein Zuwachs von annährend 3,1 Milliarden Dollar gegenüber 1997 zu verzeichnen war“, erklärte der DCI, „war ich der Meinung, daß eine Veröffentlichung der -181-

Zahlen keine Gefahr für die Sicherheit unseres Landes darstellt“.8 Auch wenn seine Entscheidung durch einen Bezirksrichter unterstützt wurde, der sich mit einer Klage der Federation of American Scientists befassen mußte,9 bleibt es für außenstehende Beobachter schwer verständlich, warum die Veröffentlichung einer einzigen Gesamtsumme einmal im Jahr den Gegnern Amerikas viel über spezifische Geheimdienstoperationen verraten könnte. Sie würde dagegen ein Gefühl von Verantwortungsbewußtsein verraten. Die eigentliche Befürchtung des DCI scheint die Sorge zu sein, daß die Medien bei einer Offenlegung von Zahlen weitere Details fordern werden, als ob die Mitarbeiter der Dienste vergessen hätten, wie man Fragen von Reportern nach bestimmten Aktivitäten mit „Nein“ beantwortet. 2. Mythos: Der Geheimdienstetat wird sorgfältig geprüft Tatsache ist, man muß es wiederholen, daß der DCI über keinen geeigneten Stab verfügt, um die Budgets der einzelnen Dienste zu überprüfen und in Frage stellen zu lassen. Erinnern wir uns, daß der Stab vor allem aus Mitarbeitern besteht, die dem DCI von den verschiedenen Diensten für eine befristete Zeit ausgeliehen werden. Häufig besteht ihr Hauptinteresse darin, das Terrain ihrer Heimatbehörde zu verteidigen. So sind es nicht immer die geeignetsten Leute, um den DCI in Sachen Etat objektiv zu beraten. Und der OMB-Stab des Weißen Hauses, der das Geheimdienstbudget überprüfen soll, ist mit seinen fünf Mitarbeitern entschieden unterbesetzt. Zum Vergleich verfügt das OMB für die Überprüfung der gleichen Geldmenge in den Ministerien für Äußeres, Inneres, Handel und Finanzen über 31 Beamte. Dem General Accounting Office (GAO), dessen 3700 Mitarbeiter versuchen, die Regierungsarbeit zu verbessern, -182-

indem sie Mißmanagement und Verschwendung aufdecken, wurde der Zugang zu CIA, NSA, NIMA und NRO von DCI und Verteidigungsminister verwehrt. Und der Generalinspekteur des Verteidigungsministeriums konzentriert sich eher auf nebensächliche Angelegenheiten - Gebäudemieten, Parkplätze, Personalfragen -, ohne Problemen wie dem Mißbrauch von Geldern beim NRO nachzugehen. Das House Permanent Select Committee on Intelligence (HPSCI) und das Senate Committee on Intelligence (SSCI) üben eine sinnvolle Kontrollfunktion in Hinsicht auf die Finanzierung der Geheimdienste aus. Beide Komitees stellen für diese Aufgabe jedoch nur wenige Mitarbeiter ab (in manchen Jahren vier oder fünf, in anderen vielleicht ein Dutzend). Außerdem wird auch diesen Prüfern manchmal der Zugang zu wichtigen Informationen verweigert, die notwendig sind, um ein Budget zu analysieren. Daß die Überprüfung durch den Kongreß nur dürftig ist, läßt sich an einer Ausnahme von der Regel zeigen: der relativ wirksamen Kontrolle des Eventualfonds der CIA. Dieser spezielle Fonds ist für schnelle Finanzierungen bei unerwarteten Ereignissen gedacht - zum Beispiel für verdeckte Aktionen - und aus dem regulären Etat der CIA herausgelöst. In Notfällen gibt diese Reserve dem Präsidenten eine gewisse Flexibilität, Geld auszugeben, ohne die Bewilligungsformalitäten einhalten zu müssen. Er muß lediglich die Aufsichtsgremien im Kongreß davon in Kenntnis setzen. Der Eventualfonds wird von diesen Gremien streng überwacht, und das Geld kann auch nur mit Zustimmung des OMB freigegeben werden eine weitere wichtige Vorsichtsmaßnahme zur Verhinderung des Mißbrauchs des Fonds. Der Eventualfonds, der außergewöhnlich gut kontrolliert wird, enthält jedoch nur eine relativ kleine Summe Geld. Im Unterschied dazu unterliegen die riesigen Summen, die für den Bau des NRO-Hauptquartieres und die Satellitenprogramme ausgegeben werden, einer weitaus geringeren Kontrolle. Dem -183-

Prozedere um den Eventualfonds zum Trotz liegt die Aufsicht über das Geheimdienstbudget sehr im argen, selbst wenn die Kontrolle heute besser funktioniert als vor 1976 (vor Schaffung der Aufsichtsgremien im Kongreß). 3. Mythos: Die Nachrichtendienste formen eine „Gemeinschaft“ Wie bereits in den vorigen Kapiteln erwähnt, kann man bei den Nachrichtendiensten kaum von einer „Gemeinschaft“ sprechen. Die einzelnen Dienste und Behörden haben nur sehr wenig gemeinsam, vor allem weil sie so unterschiedliche Aufgaben haben. Es kommt hinzu, daß sie sich in einer Ära entwickelt haben, in der der überbehördliche - und selbst der innerbehördliche - Austausch von Informationen, Fähigkeiten oder Knowhow der Abschottungsmentalität des Kalten Krieges aus Sicherheitsgründen widersprochen hätte. Die Sache wurde weiter verkompliziert durch die Entfremdung zwischen einem NSA-Mitarbeiter, der sich mit Vergnügen in die Dechiffrierung eines Code hineinsteigern kann, und einem CIA-Agenten, der ein nächtliches Treffen mit einem Spion in einer ausländischen Hauptstadt vorzieht eine weitere Facette der „Mentalitätsunterschiede“, die in Kapitel 5 beschrieben wurden. Dem DCI fehlt es an Autorität, um diese tief verwurzelten Unterschiede in Charakter und „Handwerk“ (die Spionagetricks, die in den einzelnen Diensten angewandt werden) auszugleichen. Er hat nicht das alleinige Recht, die Leiter der zwölf anderen Dienste außerhalb der CIA zu berufen, die alle Teil des National Foreign Intelligence Program (NFIP) sind und somit theoretisch in den Machtbereich des DCI fallen. Obwohl der DCI also die Budgets dieser Dienste erstellt und verteidigt, werden die Mittel letztlich deren Ministerien (Verteidigung, Äußeres, Energie und Justiz) bewilligt. Und auch wenn der DCI formal das Recht hat, Mittel von einem Dienst zu einem anderen zu transferieren, haben die verschiedenen Leiter in der Realität bisher alle Versuche erfolgreich abgeblockt, -184-

dieses Recht ohne ihre Zustimmung auszuüben. Obwohl Präsident Reagan 1981 einen Erlaß unterzeichnet hat, der formell die Existenz einer Gemeinschaft der Nachrichtendienste anerkennt, gleicht sie weiterhin eher einem lockeren Verband von Behörden. Jede versucht, ihren Vorteil daraus zu schlagen, daß sie zwei Herren hat, den DCI und den Minister ihres zugeordneten Ministeriums, und oft spielen sie diese gegeneinander aus. Die meisten Ministerien der Regierung sind eine Ansammlung unterschiedlichster Behörden. Im Handelsministerium befinden sich zum Beispiel unter anderem das Patentamt, die National Oceanographie and Atmospheric Administration und das Statistische Bundesamt. Aber anders als der DCI haben die Minister die eindeutige Weisungsbefugnis gegenüber den Leitern dieser Behörden. Außerdem verfügt jeder Minister über einen unabhängigen Stab, der sich um Verwaltung und Etat kümmert. Der DCI kann sich dagegen nur auf den CMS mit seinen vermischten Loyalitäten und auf eine begrenzte Autorität stützen. Für einige Politikbereiche - besonders die Bekämpfung von Terror, Drogen- und Waffenhandel und die Spionageabwehr sind die Center, die bei der CIA angesiedelt sind, ein Versuch, das Einvernehmen zwischen den Behörden zu verbessern. Die Resultate sind jedoch unbefriedigend, da die meisten anderen Behörden klagen, die CIA habe zuviel Kontrolle über diese Center. 4. Mythos: Geheimdienste können Streitkräfte ersetzen Manche der Verantwortlichen argumentieren, daß jeder Dollar, den man in der Ära nach dem Kalten Krieg für die Geheimdienste ausgibt, viele Dollar für das Militär einspart. Dieses Konzept geht von der Vorstellung aus, daß die Vereinigten Staaten ihre „intelligenten“ Waffen in einer transparenteren Welt effektiver gegen vorherbestimmte Ziele -185-

einsetzen können. Dann wären weniger Waffen notwendig, weil sich ihr Wert durch ihre erhöhte Zielgenauigkeit vervielfacht. Wenn man Geheimdienstgelder in reine verdeckte Operationen zur Informationsbeschaffung steckt, dann lassen sich in der Tat Erkenntnisse von speziellem Wert gewinnen. Heute fließt jedoch der größte Teil eines jeden Dollars in die riesige Bürokratie der Dienste statt in Operationen. Die effizientere Haltung aus der Frühzeit des Kalten Krieges ist verlorengegangen. Heutzutage beschäftigen die Dienste Zehntausende von Angestellten und zusätzlich noch Tausende, die auf der Lohnliste der Regierung stehen. Der Anteil des zivilen Personals bei CIA, NSA und DIA ist heute um 33 Prozent höher als 1980, ungeachtet des Endes des Kalten Krieges und des Personalabbaus durch Alterung und vom Kongreß bezahlte Abfindungen.10 Die Gebäude der Nachrichtendienste um Washington herum und in aller Welt summieren sich zu mehr als 1,5 Millionen Quadratmeter Büroraum - dagegen schrumpft selbst der Moloch des Pentagons. Der geringste Teil des Budgets fließt also in die Beschaffung von Informationen über die Feinde Amerikas, was ja eigentlich der Hauptzweck der Geheimdienste ist. Computer, Kommunikationseinrichtungen, Heiz- und Kühlsysteme, Hilfspersonal, Autos, Lastwagen, Flugzeuge, Satelliten und andere Kosten summieren sich zur größten Bürokratie aller Zeiten. Um zu glauben, daß ein für die Geheimdienste ausgegebener Dollar tatsächlich Geld beim Militär einspart, müßten wir vergessen, daß der Aufwand zum Erhalt dieser Bürokratie den Großteil des erhofften „Profits“ in Form von Informationen über die potentiellen Gegner neutralisiert. EINFLÜSSE AUF DEN GEHEIMDIENSTETAT Wie viele wichtige Entscheidungen in demokratischen Systemen ist die jährliche Budgetierung der Geheimdienste ein Ergebnis -186-

vieler miteinander verbundener Einflüsse - internationaler, nationaler und individueller Natur. Eine Betrachtung jeder Ebene wird zeigen, was das Ende des Kalten Krieges für den Geheimdienstetat bedeutet, der einst als entscheidend im Kampf gegen den weltweiten Kommunismus angesehen wurde. Die internationale Ebene Die vermutete Größe der Bedrohung Der Geheimdienstetat bleibt, wie im allgemeinen alle amerikanischen Budgets, in der Regel stabil. Wenn es überhaupt Veränderungen gibt, sind es nur marginale Steigerungen. Für die Geheimdienste war die Amtszeit Präsident Reagans die Ausnahme von der Regel. Unter Reagan stieg der Geheimdienstetat um 10 Milliarden Dollar (was einem Zuwachs von 50 Prozent entspricht), ausgelöst durch die stark antisowjetische Ideologie des Präsidenten und seiner Berater. Was passierte aber, als der Kalte Krieg zu Ende war? Hat diese gravierende Änderung zu einer Neuausrichtung der Ausgaben für die amerikanischen Nachrichtendienste geführt? Sind die Verantwortlichen angesichts der fehlenden Bedrohung und eines enormen Anstiegs der amerikanischen Staatsverschuldung, die die US-Wirtschaft ruinierte, von der Politik der marginalen Zuwächse abgerückt und haben harte Haushaltskürzungen in allen Bereichen, einschließlich der Nachrichtendienste, vorgenommen? Als die UdSSR sich auflöste, hätte man eigentlich erwarten können, das der Geheimdienstetat gekürzt wird, weil die internationale Bedrohungslage sich entspannt hat. Es wäre vernünftig, anzunehmen, daß ein Land, das sich einem hochgerüsteten und kriegsbereiten Gegner gegenübersieht, seine Ausgaben für die Geheimdienste als „vorderste Verteidigungslinie“ gegen einen Angriff erhöht. Umgekehrt sollte man annehmen, daß das Verschwinden eines solchen -187-

Gegners zur Kürzung des Budgets führt. Wenn ein Feind über die Fähigkeit verfügt, den Vereinigten Staaten mit einem verheerenden militärischen Angriff einen Schaden zuzufügen, von dem sie sich nicht mehr erholen können - so wie ein atomarer Erstschlag der Sowjetunion -, dann werden die politisch Verantwortlichen große Summen öffentlicher Gelder darauf verwenden, die Frühwarnzeit vor einem drohenden Angriff zu verlängern. Man will Überraschungen wie in Pearl Harbor (oder schlimmere) vermeiden. Anders gesagt, ein Land, das sich selbst der Gefahr einer „atomaren Enthauptung“11 oder einer anderen Form von tödlicher Bedrohung ausgesetzt sieht, wird sich risikominimierend verhalten, indem es seine Fähigkeiten zur Informationsbeschaffung verbessert, besonders in Hinsicht auf frühzeitige Anzeichen eines bevorstehenden Angriffs. Geheimdienste sind dabei eine nützliche Versicherung, und die Situation erfordert einen höheren Etat. Da die Wahrscheinlichkeit einer Auslöschung während der Krisen des Kalten Krieges (zum Beispiel die Kubakrise) viel höher war als heute, könnte man davon ausgehen, daß die Vereinigten Staaten im Kalten Krieg größere Summen für die Geheimdienste ausgegeben haben als heute. Das Problem der diffusen Bedrohung Eine andere Überlegung ist jedoch ebenfalls zwingend. Nach Ende des Kalten Krieges sehen sich die Vereinigten Staaten einer unsicheren Welt gegenüber. Fast über Nacht veränderte sich die Lage für die politischen Führer von einer oft angespannten Pattsituation zu einer relativen globalen Vorherrschaft der USA. Bevor man die Euphorie der Vorherrschaft richtig genießen konnte, erschienen kleinere aber hochaggressive - Staaten und nichtstaatliche Akteure auf der Weltbühne, die das in Frage stellten, was der erste Präsident nach dem Kalten Krieg, George Bush, mit der Hoffnung einer -188-

„Neuen Weltordnung“ verband. In dieser neuen, noch unbekannten internationalen Umgebung begannen eine Reihe anscheinend weniger bedrohlicher Gefahren sich zu einer Gesamtbedrohung aufzubauen, die (zumindest nach Ansicht einiger Beobachter) genauso beunruhigend scheint wie die einstige Rivalität der Supermächte. Irak, Iran, Nordkorea und andere sogenannte „Schurkenstaaten“ - einige von ihnen sind bei der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen bereits weit fortgeschritten haben die Aufmerksamkeit der amerikanischen Sicherheitsbeamten auf sich gezogen und erfordern eine Neuausrichtung der Geheimdienste auf Ziele, die früher eher nebensächlich schienen. Das gilt auch für die von den Medien begleiteten humanitären Katastrophen in Somalia, Ruanda, Bosnien, Osttimor und im Kosovo. Während des Kalten Krieges verblaßten solche Bedrohungen im Vergleich zur Fähigkeit der UdSSR, die amerikanische Zivilisation innerhalb einer halben Stunde in Schutt und Asche zu legen. Die Mittel der Geheimdienste wurden also darauf verwendet, eine rechtzeitige Warnung vor einem möglichen Angriff sicherzustellen. Einige Beobachter der amerikanischen Gesellschaft bemerken, daß „der Zusammenbruch des Kommunismus es für die Vereinigten Staaten schwieriger - und nicht einfacher gemacht hat, die Grenzen ihrer nationalen Sicherheitsinteressen zu formulieren“.12 Auch wenn die Bedrohungen weniger tödlich sind als die sowjetischen Raketen, so sind sie dennoch real und weit über die Welt verstreut. Die Politiker sind auf jeden Fall bereit, auch auf internationale Auseinandersetzungen in Nischen zu achten, die während des Kalten Krieges übersehen wurden. Und aus dieser Perspektive betrachtet sollten die Vereinigten Staaten in der postkommunistischen Ära tatsächlich mehr Geld für die Geheimdienste ausgeben, wenn sich die politisch Verantwortlichen angemessen auf diese diffusen neuen Gefahren einstellen wollen. Erinnern wir uns an die Warnung -189-

von DCI Woolsey, daß die verschiedenen „Giftschlangen“ der neuen internationalen Ordnung sich als genauso gefährlich erweisen könnten wie der alte sowjetische „Drache“.13 Man kann sogar behaupten, daß eine Weiterführung des Kalten Krieges das Entstehen einer ganzen Reihe dieser Krisenherde in den Entwicklungsländern verhindert hätte, die sich jetzt so stark auf die amerikanischen Militär- und Geheimdienstpläne auswirken. Wenn dem so ist, dann hat das Ende der Rivalität zwischen den USA und der Sowjetunion tatsächlich zu einem größeren Gefühl der Unsicherheit geführt und zu einem größeren Bedarf an weltweiten geheimdienstlichen Aktivitäten. Der Einfluß des Militärs Aus den internationalen Veränderungen, die aus dem Zusammenbruch der Sowjetunion erwachsen sind, ergibt sich ein weiteres Argument. Während des Kalten Krieges hätte ein bewaffneter Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion leicht in den Dritten Weltkrieg münden können, was wahrscheinlich zum Armageddon geführt hätte. Angesichts dieser großen Gefahr haben sich beide Seiten für gewöhnlich umsichtig verhalten. Die Kubakrise war die auffallendste Ausnahme, ein höchst gefährliches und ernüchterndes Ereignis, das beide Seiten veranlaßt hat, sich mit dem Wunsch, Risiken zu vermeiden, vom atomaren Abgrund zurückzuziehen. Mit der Auflösung der Sowjetunion wagten sich die Vereinigten Staaten bei der Verteidigung ihrer Sicherheitsinteressen also leichter vor, oft unter Einsatz bewaffneter Einheiten. Die amerikanische Intervention am Persischen Golf wäre als hochriskant eingestuft und wohl nicht unternommen worden, wenn die UdSSR zu dieser Zeit nicht so sehr mit ihren ernsten wirtschaftlichen Problemen und innenpolitischen Turbulenzen beschäftigt gewesen wäre. 1991, als die Sowjetunion auseinanderfiel, führten die Vereinigten Staaten massive Militärschläge gegen den Irak durch, worüber es zuvor in Washington kaum -190-

kontroverse Debatten gab. In der Folge schickte Bush amerikanische Truppen nach Somalia, und unter der Regierung Clinton gab es Einsätze in Haiti, Ruanda und Bosnien, und die amerikanische Luftwaffe bombardierte 1999 im Kosovokrieg Ziele in Serbien. Vor allem die letzten beiden Aktionen wären im Kalten Krieg höchst gefährlich und undenkbar gewesen. Mit der größeren globalen Dominanz der Vereinigten Staaten in dieser neugeordneten Welt ist es auch zu einem häufigeren Einsatz bewaffneter Kräfte der USA im Ausland gekommen. Dieser Umstand hat seitens des Pentagons zu verstärkten Forderungen nach geheimdienstlicher Aufklärung in Hinsicht auf Regionen geführt, die den militärischen Führern der Vereinigten Staaten nicht vertraut sind. Sie verlangen verständlicherweise nach aktuellem Kartenmaterial von Mogadischu, Tuzla, Pristina und Ruanda, und nicht von der ehemaligen deutschdeutschen Grenze. Im Pentagon wurde nach Ende des Kalten Krieges eine neue Militärdoktrin entwickelt, die der stärker zersplitterten Welt entspricht, in der wir heute leben, mit ihren ethnischen Spannungen und Kriegen, die wie Buschfeuer aufflammen. Diese Doktrin wird als „Zwei-Kriege-Strategie“ bezeichnet. Nach dieser Doktrin müssen die Vereinigten Staaten darauf vorbereitet sein, bei zwei bedeutenden regionalen Konflikten gleichzeitig zu intervenieren, beispielsweise einem Krieg auf der koreanischen Halbinsel und einem anderen in Nahost oder auf dem Balkan. Unabhängig davon, wie realistisch diese Doktrin ist, hat sie eindeutig Auswirkungen auf die Ausgaben für die Geheimdienste. Wenn sich die Informationsbeschaffung durch Technik und Spione einst auf die Sowjetunion konzentrierte, verlangen die Militärs heute aktuelle Informationen hoher Qualität aus aller Welt - ein teures Anliegen. Das Schlagwort „Support to Military Operations!” (SMO, siehe voriges Kapitel) ist für diejenigen, die im Verteidigungsministerium die Budgets für die Geheimdienste -191-

aushandeln, zum Schlachtruf geworden. Der Schwerpunkt der Ausgaben sollte auf Aufklärung für die taktischen Gefechtsfelder liegen, so argumentieren die militärischen Führer, und nicht so sehr auf dem Sammeln von Informationen über globale politische und wirtschaftliche Angelegenheiten für den Präsidenten. SMO zielt auf das Gewinnen eines Krieges bei minimalen Verlusten, und dafür sind wachsende Ausgaben für Geheimdienstaktivitäten erforderlich, um die Kampfgebiete rund um die Welt auszuforschen. Die nationale Ebene der Analyse Probleme der Binnenwirtschaft Auf nationaler Ebene - das heißt in Washington, wo die Entscheidungen zu Sicherheitsfragen getroffen werden - gibt es drei weitere Einflüsse, die sich auf die Geheimdienstetats nach dem Kalten Krieg auswirken. Der erste hat mit dem Zustand der heimischen US-Wirtschaft zu tun. Es wird argumentiert, daß ein Land mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten den Gürtel enger schnallen müsse, selbst auf Kosten existierender, sinnvoller Programme. Die hohen Defizite des amerikanischen Staatshaushalts nach Ende des Kalten Krieges sollten die Regierung eigentlich zu Kürzungen im Etat bewegen, auch bei den Nachrichtendiensten. In der Zeit nach dem Kalten Krieg bekamen die Vereinigten Staaten ihre heimischen Wirtschaftsprobleme zu spüren. Die Experten warnten vor ernsthaften Konsequenzen, falls der Bundeshaushalt nach den unkontrollierten Schuldenzuwächsen der Reaganjahre nicht wieder saniert würde. Vertreter einer rigiden Sparpolitik erlangten landesweite Popularität, es wurden Gesetze zum Zweck eines ausgeglichenen Haushalts erlassen, und es entstanden überall Bürgerinitiativen zur Unterstützung von Sparmaßnahmen.

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Die Kampagne der Republikaner für Militärausgaben Zwei Umstände wirkten sich gegen eine Reform der Haushaltspolitik aus. Der erste hat seine Ursache ironischerweise in der Machtergreifung der Republikaner, die eine Sparpolitik befürworteten, in Repräsentantenhaus und Senat 1994. Die Rhetorik ihrer Kampagnen für einen ausgeglichenen Haushalt führte sogar zu Gesetzesvorschlägen, die Teile des Staates demontieren sollten, vor allem das Sozialsystem. Die Republikaner - eine Partei mit langer promilitärischer Tradition - machten mit ihren Kürzungen jedoch vor Militär und Geheimdiensten halt. Kürzungen bei Sozialhilfe und Gesundheitsversorgung ja, aber nicht bei B-2-Bombern, Seawolf-U-Booten und Comanche-Hubschraubern die vielleicht alle besser dazu geeignet waren, gegen das Militär der Sowjets zu kämpfen, aber immer noch wichtig zur Sicherung von Arbeitsplätzen bei der eigenen Wählerschaft sind. Die Republikaner sind auch den Geheimdiensten gegenüber positiver eingestellt als die Demokraten, wie sich bei namentlichen Abstimmungen und bei Anhörungen gezeigt hat.14 So kann man davon ausgehen, daß die Vorherrschaft der Republikaner im Kongreß zu Gesetzesinitiativen für eine üppige Finanzierung der Geheimdienste führt. Das „Eiserne Dreieck“ der Nachrichtendienste Jede Diskussion über Ausgaben auf Bundesebene muß sich auch mit dem Einfluß der Lobbyisten auseinandersetzen. In der Nachrichtendienstpolitik sind die Konzepte der „Eisernen Dreiecke“ und „Themen-Netzwerke“ genauso existent und gut funktionierend wie im Rest der Politik. Nach diesen altehrwürdigen Konzepten bilden Interessengruppen, Behörden der Exekutive und die Komitees des Kongresses zum gegenseitigen Vorteil eine politische Allianz. In den letzten Jahren hat die Privatwirtschaft beim Bau -193-

kostspieliger „Hardware-Aufträge“ für die Nachrichtendienste, vor allem Spionagesatelliten und unbemannte, tieffliegende Drohnen, wesentlich aggressiver Lobbyarbeit betrieben. Die Industrie erhält Staatsgelder, die Nachrichtendienste profitieren von neuen Programmen, und die Abgeordneten gewinnen die Stimmen der Industrie und der Dienste.15 Man kann allgemein sehen, daß Bürokratien die Neigung besitzen, dieses Dreieck aus Eigeninitiative zu stärken. Als der Kalte Krieg zu Ende war, machten sich die CIA und ihre Partnerbehörden auf die Suche nach anderen Aufgaben, um ihre Fixierung auf die Sowjetunion zu ersetzen. Als Folge davon ist eine verstärkte Allianz zwischen Industrie, Behörden und Abgeordneten in Sachen Geheimdienstpolitik zu erwarten, was zu steigenden Etats fuhren wird. Die individuelle Ebene der Analyse Der Einfluß der Führungsebene Auf der individuellen Ebene der Analyse hinterfragen die Forscher die wahrscheinlichen Ansichten und das Verhalten der wichtigsten Entscheidungsträger. In Sachen Geheimdienste gehören zu diesen Individuen im Minimum eine Kerngruppe ausgewählter Offizieller: der Präsident, der Sprecher des Repräsentantenhauses, der Mehrheitsführer im Senat und die Vorsitzenden der Geheimdienstkomitees im Kongreß. Zu dieser Gruppe kommt eine Gruppe der außenpolitischen Elite: die Minister für Verteidigung und Äußeres, der Vorsitzende des Gremiums der Stabschefs, der DCI und der nationale Sicherheitsberater des Präsidenten. Die zentralen Fragen in bezug auf diese Entscheidungsträger lauten: Sind sie eher Isolationisten oder Internationalisten? Gehören sie derselben Partei an oder nicht? Vermeiden sie Risiken oder nehmen sie sie in Kauf? Sind sie Sparer oder Schuldenmacher? Sind sie Befürworter der Geheimdienste oder eher Skeptiker? -194-

Es ist schwierig, alle diese Leute über einen Kamm zu scheren, aber bei näherer Betrachtung können wir davon ausgehen, daß die gegenwärtigen Offiziellen im Bereich der nationalen Sicherheit, genau wie ihre Vorgänger während des Kalten Krieges, im allgemeinen für die Beibehaltung - oder gar eine Erhöhung - des Geheimdienstetats sind. Es scheint in der Tat so zu sein, daß die Entscheidungsträger in Washington, die für die Außenpolitik verantwortlich sind, für gewöhnlich dazu neigen, die ausreichende Finanzierung der Behörden sicherzustellen, die die Vereinigten Staaten frühzeitig vor Bedrohungen von außen warnen können. Aus dieser Perspektive betrachtet und eingedenk der wichtigen Rolle, die diese Offiziellen bei politischen und finanziellen Entscheidungen spielen, ist es eher unwahrscheinlich, daß die Ausgaben für die Nachrichtendienste sinken werden, selbst nachdem der Erzfeind UdSSR nicht mehr existiert. DER GEHEIMDIENSTETAT NACH DER ÄRA DES KALTEN KRIEGES Was ist nun in Anbetracht all dieser verschiedenen Möglichkeiten tatsächlich mit dem Geheimdienstetat nach Ende des Kalten Krieges geschehen? Er fing 1989 an zu sinken im Jahr, als die Berliner Mauer fiel, und er sank weiter, bis er sich 1994 auf 21 Prozent unter dem Niveau von 1989 einpendelte. Ungeachtet dieses bescheidenen Rückgangs blieb der Etat volle 80 Prozent über dem Niveau von 1980. Der Wehretat (ohne die Mittel für die Nachrichtendienste) war dagegen 4 Prozent unter sein Niveau von 1980 gesunken.16 Wie ein offizieller Bericht über die Ausgaben für die Geheimdienste kürzlich bestätigte: „Die Kürzungen des Geheimdienstetats seit 1989 beschränkten sich auf ein Maß, das es den Diensten ermöglichte, die meisten ihrer Basisaktivitäten weiterzuführen.“17 Statt eines steilen -195-

Absturzes nach Ende des Kalten Krieges waren die Kürzungen eher bescheiden und kurzfristig, und 1998 waren wieder Ausgabensteigerungen zu verzeichnen. Mit welchem der Argumente, die wir aufgeführt haben, können wir die Entwicklung des Etats nach dem Kalten Krieg am besten verstehen? Interviews mit Personen aus dem Umkreis der Entscheidungsträger in Washington lassen vermuten, daß die Etathöhe in dieser neuen Ära das Ergebnis vieler sich addierender Einflüsse ist, wie bei den meisten Regierungsentscheidungen. Die Tatsache, daß die UdSSR plötzlich verschwunden ist, hat die Welt den meisten Politikern etwas weniger bedrohlich erscheinen lassen, ungeachtet der Warnung des DCI Woolsey vor den Giftschlangen. Wäre die Sowjetunion als Gegner erhalten geblieben, wäre eine Kürzung des Geheimdienstetats wenig wahrscheinlich gewesen. Die Stärke der Bedrohung von außen ist also ein wichtiger Aspekt für die Verantwortlichen, die über die Budgets entscheiden. Aufgrund der dramatischen Veränderungen in der internationalen Politik, die durch den Zusammenbruch des Kommunismus ausgelöst wurden, hätte das Geheimdienstbudget - und auch der noch größere Wehretat - durchaus eine „Friedensdividende“ abwerfen können, wenn sich die Politiker nicht über die Unwägbarkeiten der neuen Weltordnung und die „Schurkenstaaten“ Sorgen gemacht hätten. Das plötzliche Aufflammen der Krisen im Irak, in Somalia, Ruanda, Haiti, Bosnien, Serbien und anderen Gebieten gebot den Politikern Einhalt, die auf eine neue, friedliche Weltordnung gehofft hatten, in der Amerika bei seiner globalen Verteidigung hätte sparen und sich mehr auf innere Angelegenheiten konzentrieren können. „Wenn man mal von Los Angeles und New York absieht - im Rest des Landes lieben sie uns“, sagte ein ranghoher CIA-Beamter. „Die Leute wollen, daß wir die Schurken fassen, die kümmern sich nicht um Budgets.“18 In diesem Sinne hatte Woolsey in den ersten Monaten dieser -196-

neuen Ära recht gehabt: Obwohl der sowjetische Drache tot war, blieb die Welt unruhig und erforderte die Sammlung von Informationen, um sich gegen Überraschungen aus dem Ausland zu schützen. Indem sie dieses Argument gegenüber OMB und Kongreß vorbrachten, verhinderten Woolsey und sein Nachfolger John Deutch erfolgreich schnellere und tiefere Einschnitte, die von denen in Washington angemahnt wurden, die sich um die heimische Wirtschaft und das Haushaltsdefizit Sorgen machten. Woolsey und Deutch hatten im Pentagon (wo beide vorher tätig gewesen waren) starke Verbündete, die sich hartnäckig für eine größere Unterstützung für militärische Operationen einsetzten. Die Welt ist nicht nur ein unsicherer Ort, sondern die Truppen der Vereinigten Staaten werden auch in fernen Gegenden zum Einsatz gebracht, über die Politiker und das Pentagon nur wenig Erkenntnisse besitzen. Die Friedensdividende aus Kürzungen des Geheimdienstetats müsse noch warten, das Geld würde für die Beschaffung kriegswichtiger Informationen für die US-Kommandeure über bisher ignorierte Gebiete wie den Kosovo und Bosnien gebraucht, so argumentierten sie. Jedes dieser Argumente in Verbindung mit der internationalen Lage ist aufschlußreich. Das Ende des Kalten Krieges hätte zu Kürzungen des Geheimdienstetats führen können, wenn nicht sofort die neuen Krisenherde aufgetaucht wären. Die Nachfrage nach SMO war der Hauptantrieb um den Geheimdienstetat auf dem Niveau des Kalten Krieges zu halten. In den entscheidenden Gremien war die Stärkung der Nachrichtendienste, um die US-Truppen im Ausland zu schützen, ein überzeugendes Argument, um tiefe Einschnitte in die Budgets zu verhindern. Außerdem lief in den Vereinigten Staaten gerade eine Generation von IMINT- und SIGINTSatelliten aus, die durch eine neue Baureihe ersetzt werden mußten, was eine kostspielige Angelegenheit ist. -197-

In der Ära nach dem Kalten Krieg gab es innenpolitischen Druck, den Staatshaushalt zu sanieren, wobei auch die Finanzierung der Geheimdienste Einbußen erlitt. Andere Einflüsse sorgten jedoch dafür, daß es bei diesen bescheidenen Einbußen blieb und es nicht zu substantiellen Einschnitten kam. Von diesen nationalen und individuellen Einflüssen übte besonders einer eine große Wirkung auf die verantwortlichen Entscheidungsträger aus: das sogenannte „Eiserne Dreieck“, an dem die Jobs für die Wählerschaft hängen. Mitglieder des Kongresses, in deren Bundesstaaten oder Wahlkreisen sich bedeutende Einrichtungen der Nachrichtendienste befinden, oder Unternehmen, die Satelliten oder anderes technisches Spionagegerät herstellen, sind - wenn überhaupt - nur wenig geneigt, bei den Geheimdiensten Kürzungen vorzunehmen. Senator John Warner aus Virginia ist ein gutes Beispiel. 1994 war er einer der Hauptinitiatoren eines Untersuchungsausschusses über die Nachrichtendienste (woraus später die Aspin-Brown-Kommission entstand), der vor allem ein Ziel hatte: das Abwehren der Bewegung in Washington, die nach dem Kalten Krieg das Spionagebudget kürzen oder die CIA gar vollständig abschaffen wollte. Die meisten Mitarbeiter der CIA (und vieler anderer Nachrichtendienste) leben in Virginia und gehen dort auch zur Wahl. Nach einem Jahr Arbeit hatte die Aspin-Brown-Kommission keinen Grund gefunden, den Geheimdienstetat zu senken. Senator Warner betrachtete die Kommission als Mittel, um die aufgeheizte Stimmung gegen die CIA und andere Dienste abzukühlen. Ein einflußreiches Kommissionsmitglied war der Abgeordnete Norman D. Dicks aus Seattle, wo die Boeing-Werke beheimatet sind, die großes Interesse an der Herstellung teurer Spionageausrüstungen (besonders Satelliten) haben. Auch er sprach sich gegen Kürzungen aus.

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FÜR EINEN ANGEMESSENEN GEHEIMDIENSTETAT Nach Ende des Kalten Krieges kam es bei den Geheimdienstetats zu Kürzungen, wie es aufgrund des Zusammenbruchs der Sowjetunion zu erwarten war. Außerdem machte man sich verstärkt Sorgen wegen des steigenden Haushaltsdefizits. Diese Kürzungen waren jedoch in Zeit und Umfang begrenzt. Zum Glück für Präsident Clinton und das Land erlaubte eine Erholung der heimischen Wirtschaft die Sanierung der Staatsfinanzen ohne größere Einschnitte bei laufenden Regierungsprogrammen. 1998 stimmten Kongreß und Weißes Haus der größten Ausgabensteigerung für die Nachrichtendienste seit 15 Jahren zu. Eine Steigerung um 7 Prozent auf 29 Milliarden Dollar, was beinahe an den Höhepunkt von 30 Milliarden während der Regierung Reagan heranreichte.19 Das geschah aufgrund des heimischen Wirtschaftsbooms und - noch wichtiger - aufgrund der Erkenntnis, daß es auf der Welt neue Bedrohungen für die amerikanischen Sicherheitsinteressen gab. Als Reaktion darauf bestanden die Sicherheitsbeamten - besonders die im Pentagon auf höheren Ausgaben für geheimdienstliche Aktivitäten zur Unterstützung von Militäreinsätzen im Mittleren Osten, auf dem Balkan und anderswo. Die Geheimdienstbürokratie, ihre Verbündeten in der Industrie und vor allem die Abgeordneten im Kongreß wehrten sich gegen Kürzungen, die Spionagemissionen gefährden, der Privatwirtschaft schaden und den Wählern Jobs kosten würden. Außerdem versprach der neue DCI, Geoge Tenet, die CIA wieder zu alter Stärke zurückzuführen und „zunehmend komplexe und teure Operationen in Angriff zu nehmen“.20 Zu seinen Zielen gehört der Ausbau des geheimen Spionagenetzes der CIA, die Errichtung weiterer Büros der Behörde im Ausland, vermehrte verdeckte Operationen, die Anwerbung weiterer Experten und Fachleute, der Ankauf schnellerer und modernerer Computer und die Rekrutierung einer neuen Generation von -199-

Mitarbeitern. Die ausufernde Unterstützung militärischer Aktionen, um Kriege zu gewinnen, lenkt die Aufmerksamkeit der Geheimdienste davon ab, Kriege zu vermeiden, indem der Präsident und das diplomatische Corps besser mit Geheimdienstmaterial versorgt werden. Der Budgetierungsprozeß könnte außerdem über eine bessere Ausbalancierung der Ressourcen zur Kriegsführung und Kriegsvermeidung hinaus noch weiter verbessert werden. Die Finanzierung würde sich wesentlich vernünftiger gestalten, wenn der DCI mehr Kontrolle bei der Erstellung des gesamten Budgets hätte. Gegenwärtig legen die zentrifugalen Kräfte der Dienste die wichtigen Etatentscheidungen in die Hände der verschiedenen Programm-Manager wie der Direktoren von NSA und DIA. Mit einem verstärkten Stab für die Budgetplanung hätte der DCI bessere Chancen, die Fäden der Finanzierung in der Hand zu halten. Unter den DCIs Deutch und Tenet wurde die Rolle des Stabs gestärkt, indem einige unabhängige Experten angeworben wurden, die dem DCI dabei halfen, die von den einzelnen Diensten eingereichten Etatentwürfe zu überprüfen. Es muß aber noch mehr getan werden, um diese Basis einer unabhängigen Analyse des Budgets durch den DCI auszuweiten. Um den DCI in den Verhandlungen mit dem Verteidigungsminister mehr Autorität zu verleihen, sollte klargestellt werden, daß die gesamte Finanzierung der Geheimdienste in den Händen des DCI liegt, und nicht bei den Leitern der einzelnen Dienste und Behörden. Der DCI sollte die Verantwortung für die Verteilung der Mittel bekommen und für die Ausgaben rechenschaftspflichtig sein. „Die amerikanischen Geheimdienste sollten sich mehr am britischen Modell orientieren“, erklärte ein erfahrener Geheimdienstoffizier, „kleiner, effizienter, einige gute - sehr gute - Spione, ein kleines Budget und etwas militärische Ausrüstung.“21 Viele Ziele der sogenannten „Neuen Agenda“ der Nachrichtendienste in der postkommunistischen Welt -200-

erfordern klassische Spionagetechniken mit Agenten, und keine Aufklärungsflugzeuge und Satelliten - diese können weder in Terrorgruppen oder Drogenkartelle eingeschmuggelt werden noch böse Absichten feindlicher Herrscher erkennen. Agenten arbeiten auch relativ kostengünstig (auch wenn sich manche ihrer Berichte als falsch erwiesen haben). Und sie haben keine Mikrochips, die ausfallen können, so wie es bei einer Reihe von Spionagesatelliten und datenverarbeitenden Computern der NSA über den Jahreswechsel von 1999 auf 2000 passiert ist. Die Gehälter für Spione sind lächerlich gering, verglichen mit den enormen Kosten für den Bau von Spionagesatelliten und die Beförderung in ihre Umlaufbahn. Während des Kalten Krieges belief sich das Verhältnis der Ausgaben zwischen TECHINT und HUMINT auf annähernd 7 zu l, und dabei ist es bis heute geblieben.22 So ist die klassische Spionage nicht nur die beste und manchmal einzige Möglichkeit, um an bestimmte Informationen zu gelangen, die für die amerikanischen Sicherheitsinteressen von Belang sind - zum Beispiel die Verhandlungsstrategien wirtschaftlicher Konkurrenten. Der Abzug von Ressourcen aus dem Bereich Technik zugunsten von Agenten hat darüber hinaus den Vorteil, daß das aufgeblähte Budget verkleinert wird. Solche Verschiebungen müssen dennoch mit größter Sorgfalt durchgeführt werden, denn die Satelliten und andere Technik haben bei der Überwachung russischer Raketen und anderer Bedrohungen ihren großen Wert bewiesen. Man kann sie nicht ohne Unterschiede abschaffen, selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, daß die politischen Lobbyisten sie nicht länger verteidigen. Und schließlich kann noch mehr getan werden, um Geld zu sparen. Die Aspin-Brown-Kommission hat darauf hingewiesen, daß einige der Dienste Einsparungen beim Personal vornehmen sollten, vor allem die NSA, wo die Gehälter der Mitarbeiter Gelder verschlingen, die bei Forschung und Entwicklung -201-

dringend gebraucht werden.23 Die große Anzahl der Systeme zur Datensammlung Aufklärungsflugzeuge, Satelliten und andere technische Geräte, die wesentlich zur Aufblähung des Etats beitragen - könnten mit noch weniger Mitteln auskommen, als die Aspin-BrownKommission empfiehlt. Bei diesen Systemen kommt es zu vielen Überschneidungen. Satelliten, Flugzeuge und unbemannte Drohnen überwachen oft dieselben Gebiete. Außerdem sind viele Satelliten Cadillac-Modelle, die mit vielen Spielereien versehen sind. Sie könnten durch günstigere, kleinere Modelle ersetzt werden. Je kleiner der Satellit, desto billiger ist es, ihn in seine Umlaufbahn zu schießen (die Kosten steigen mit jedem Kilogramm Gewicht). Glücklicherweise scheint der neue NRO-Direktor bereit, einige dieser galaktischen Schlachtschiffe durch kleinere Satelliten mit fest umrissenen Aufgaben zu ersetzen.24 Die Konsolidierung und Verschlankung der großen Geheimdienstbehörden und die Verlagerung von TECHINT auf HUMINT könnten in den nächsten 5 Jahren zu 20 Prozent Einsparungen führen. Bei einem angenommenen jährlichen Gesamtetat von 26-30 Milliarden Dollar bedeutet das Einsparungen in Höhe von ebenfalls 26-30 Milliarden Dollar in den nächsten 5 Jahren, ohne die nationale Sicherheit zu gefährden. Auf diese Weise könnte man der neuen Agenda der Nachrichtendienste Rechnung tragen, während der DCI gleichzeitig eine effizientere Gemeinschaft der Dienste bekommt und die Ausgaben gesenkt werden. Diese Einsparungen könnten zur Schuldentilgung, für Sozialausgaben, für Steuersenkungen oder für andere Maßnahmen verwendet werden, die der politischen Führung dringlich erscheinen. Natürlich können diese Einsparungen allein nicht die Staatsschulden ausgleichen, für soziale Absicherung oder umfangreiche Steuersenkungen sorgen, aber die Geheimdienste können zu diesen lobenswerten Zielen beitragen und gleichzeitig -202-

effizienter werden. Dieses Ziel sollte alle vereinen, außer den Hardlinern im Pentagon mit ihrer Don Quijoteschen und teuren Vision von transparenten Gefechtsfeldern in jedem Winkel der Erde.

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KAPITEL 7 INTERNATIONALE ZUSAMMENARBEIT DER GEHEIMDIENSTE „Der Haupteffekt (der internationalen Zusammenarbeit der Geheimdienste) besteht darin, die nationalen Systeme produktiver zu machen, als sie es sonst wären, durch mehr Daten und die technischen Vorteile, die sich aus dem Dialog mit anderen ergeben. Die Regierungen bekommen einen besseren Überblick über die Welt zum Niedrigpreis.“ Michael Herman: „Intelligence Power in Peace and War“ Nationen existieren in einer Welt aus Bedrohungen und Chancen. Wenn ihre politischen Führer Verantwortungsgefühl besitzen, dann streben sie nach Wissen über diese Bedingungen. Je genauer sie über die globalen Angelegenheiten Kenntnis haben, desto besser werden sie in der Lage sein, die Interessen ihres Landes zu schützen und zu fördern. Das Ziel globaler Erkenntnis ist nur über die mühevolle Sammlung und Bewertung von Informationen über wichtige Ereignisse, Bedingungen und Persönlichkeiten rund um den Globus zu erreichen. Diese Beschaffung und Analyse von Informationen ist die Essenz der Geheimdienstarbeit. Dieses Kapitel beschäftigt sich damit, wie die Vereinigten Staaten mit anderen Ländern (für gewöhnlich enge Verbündete) und internationalen Organisationen kooperieren, um Informationen über gemeinsame Gegner und Probleme zu sammeln und zu analysieren. Als Beispiel nehmen wir die Beziehungen zwischen deutschen und amerikanischen Geheimdiensten in der zweiten Hälfte des Kalten Krieges.1 Die Formen der Zusammenarbeit können sehr eng (Amerikas Beziehungen zu Großbritannien, Neuseeland, Kanada und -204-

Australien) oder auch eher lose sein (die amerikanischrussische Kooperation bei Umweltfragen). Die Zusammenarbeit mit Deutschland ist eher eng, wenn auch nicht so wie die mit den britischen Geheimdiensten. Letztere ist ein Sonderfall einer langen, gemeinsamen Geschichte zweier alter Demokratien, die eine gemeinsame Sprache und Kultur haben. Die Verbindung mit Deutschland entspricht mehr dem Normalfall und ist daher aufschlußreicher. Auf beiden Seiten erfolgt die Zusammenarbeit nicht immer aus ganzem Herzen. Von Zeit zu Zeit haben die Bundesrepublik und die Vereinigten Staaten gemeinsame Geheimdienstoperationen gegen die Sowjetunion durchgeführt, ein Feind, der in der Lage war, ihre Länder durch einen Angriff mit Atomraketen zu zerstören.2 Dieses Kapitel befaßt sich mit den wichtigsten Problemen bei den Bemühungen der Verantwortlichen in Bonn bzw. Berlin und Washington, gegen gemeinsame Feinde und andere Bedrohungen zusammenzuarbeiten, indem man sich die Aufgaben der Spionagearbeit teilt. DIE RAISON D'ETRE DER GEHEIMDIENSTOPERATIONEN Die Entwicklung und der Aufbau menschlicher und technischer Spionagenetzwerke sind kostspielig, besonders wenn das Zielland eine Weltmacht ist oder sein möchte. Selbst wenn ein Land sich nur auf einen Gegner konzentriert, können die Kosten hoch sein, wenn das Ziel eine große geographische Ausdehnung hat und gut geschützt ist, so wie es die UdSSR war. Eine Vielzahl von Ländern, die Vereinigten Staaten und Großbritannien gehören dazu, verwenden 10 Prozent ihrer gesamten Verteidigungskosten für Geheimdienstoperationen. Am Ende des Kalten Krieges gaben die USA jährlich 30 Milliarden Dollar für ihre Geheimdienste aus, Westdeutschland ungefähr 550 Millionen.3 -205-

Die Kosten sind nicht der einzige Faktor, der ein Land bei der Schaffung eines umfangreichen Spionagenetzes Grenzen setzt. Es sind auch spezielle Fähigkeiten erforderlich, deren Entwicklung manchmal lange Zeit in Anspruch nimmt. HUMINT erfordert Erfahrung mit der Rekrutierung von Agenten im Ausland. Dazu braucht man wiederum profundes Wissen über Sprache und Kultur fremder Länder. Manche Staaten, wie Großbritannien und Frankreich, verfügen über eine alte und erfolgreiche Spionagetradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Verglichen damit stecken die amerikanischen Geheimdienste noch in ihren Kinderschuhen. Ihre heutige Organisation geht mit der Gründung der CIA lediglich auf das Jahr 1947 zurück. TECHINT erfordert hochentwickelte Fähigkeiten, hervorragende Wissenschaftler und Fachleute, um die technischen Spionagesysteme zu bauen und zu betreiben. Auch die Geographie spielt eine wichtige Rolle. Die Vereinigten Staaten blieben bis ins 20. Jahrhundert vom Rest der Welt weitgehend unberührt. Selbst dann waren die Amerikaner durch die beiden Ozeane noch relativ isoliert. Erst im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts wurden amerikanische Soldaten in den Krieg in Europa hineingezogen. Zwanzig Jahre danach folgte ein weiterer Krieg in Europa und im Pazifik, und später zwei weitere in Asien (Korea und Vietnam). Welche Vorteile (und es waren beträchtliche) diese Isolation den Vereinigten Staaten auch gebracht haben mag, sie verhinderte den Aufbau eines internationalen Spionagenetzwerkes, wie es andere führende Nationen entwickelt haben, deren Feinde gleich in der Nachbarschaft wohnten. Dann ereignete sich 1941 der japanische Angriff auf die amerikanische Pazifikflotte in Pearl Harbor, wodurch das Land wachgerüttelt wurde. Durch diese bittere Erfahrung erkannten die Vereinigten Staaten die Bedeutung eines weltweiten Spionagenetzes in einem Zeitalter zunehmender Verwundbarkeit. -206-

Keine Nation, selbst nicht diejenigen mit einer langen Spionagetradition, verfügt über alle notwendigen Ressourcen Geld, Erfahrung, Fachwissen, ein weltumspannendes Netz von mechanischen Augen und Ohren -, um die Welt vollständig oder auch nur beinahe vollständig geheimdienstlich abzudecken. Als Folge davon hat jedes Land Interesse an der Zusammenarbeit mit Verbündeten, um sich die Last der Kosten zu teilen und Lücken in ihren eigenen Spionagenetzwerken zu schließen. Offiziell bezeichnet man diese Beziehungen als „geheimdienstliche Kooperationen“. DIE KOOPERATION DER GEHEIMDIENSTE Zu den Aktivitäten der amerikanischen Geheimdienste gehört auch die Kultivierung „eines umfangreichen Netzwerkes vielfältiger Beziehungen der Zusammenarbeit“, bemerkte ein Geheimdienstexperte. Dazu gehört der Austausch von Informationen und Erkenntnissen über globale Angelegenheiten und die Kooperation bei Ausbildung, gegenseitiger Unterstützung, Zugang zu Einrichtungen und auch gemeinsame Operationen.4 Die verbreitetste und wichtigste Form der Zusammenarbeit ist der Austausch von Informationen. Die Vereinigten Staaten und Westdeutschland hatten sich beispielsweise während des gesamten Kalten Krieges gegenseitig viel zu bieten. Die Amerikaner besaßen den Vorteil der TECHINT. Durch die Anordnung ihrer Spionagesatelliten, die sowohl photographische als auch akustische Daten sammelten, hatten die Vereinigten Staaten Kenntnisse über die Stationierung sowjetischer Truppen, Panzer, Kriegsschiffe und Raketen, aber auch über deren Einsatzbereitschaft - das waren die wichtigsten Informationen für die Mitglieder der westlichen Allianz. Westdeutschland besaß keine eigenen Spionagesatelliten, verfügte aber über ein hochklassiges Netz von Agenten. Der westdeutsche Bundesnachrichtendienst (BND) verfügte über -207-

eine Reihe von Spionen in der DDR und der gesamten sowjetischen Einflußsphäre, die manchmal eine nützliche Ergänzung zur Arbeit der CIA darstellten, die zwar auch über ein Netzwerk von Spionen verfügten, die aber oft weniger Kenntnis von Sprache und europäischer Kultur besaßen. Westdeutschland besaß auch geographische Vorteile. Die Bundesrepublik war eine ideale Ausgangsbasis für amerikanische Geheimdienstoperationen gegen die Sowjets. Die östliche Grenze Westdeutschlands war die längste direkte Grenzlinie zwischen den Alliierten und dem Warschauer Pakt. Von daher war die BRD ein höchst geeigneter Startplatz für die amerikanischen U-2 und andere Aufklärungsflugzeuge über Osteuropa und die UdSSR und ebenso ein ausgezeichneter Ausgangsort für die Infiltration des Ostblocks mit Spionen und Propagandamaterial. Darüber hinaus waren Berlin und Bonn wichtige Zentren diplomatischer Aktivitäten, so daß es dort von Spionen wimmelte, die sich an die Fersen der Diplomaten hefteten, in der Hoffnung, an nützliche Informationen heranzukommen. Es gab keinen besseren Ort für die CIA, um (mit der Hilfe des BND) treulose und habgierige Diplomaten aus der Sowjetunion und ihren verbündeten Staaten anzuwerben. Westdeutsche und Amerikaner hatten noch weitere Gründe zur Kooperation. Die BRD verfügte über einige Abhöreinrichtungen und war bereit, die dadurch erlangten Informationen weiterzugeben. Die Westdeutschen halfen auch bei der Dechiffrierung von Geheimcodes der Diplomaten und Spione, eine Disziplin, die stark von hochentwickelten Fähigkeiten in den Bereichen Mathematik und Computer abhängen, in denen die Deutschen traditionell ausgezeichnet sind. Als Quelle von Informationen - über spezifische Waffensysteme in der DDR zum Beispiel - und als Operationsbasis hat Westdeutschland wesentlich zur westlichen Geheimdienstarbeit beigetragen. Auf strategischer Ebene konnte -208-

die Bundesrepublik jedoch nicht viel beitragen, was die CIA nicht bereits durch ihre Spionagesatelliten in Erfahrung gebracht hatte. Die Agenten des BND konnten jedoch Details über die konventionellen sowjetischen Waffen in Osteuropa liefern, die für die Analyse der CIA von Bedeutung waren. Bonn selbst hatte jeden Grund, die Zusammenarbeit mit dem Westen zu suchen, ungeachtet der erzwungenen „Partnerschaft“, die der deutschen Niederlage im Zweiten Weltkrieg folgte. Zum einen hatte die CIA ein paar gut positionierte Agenten im Ostblock, deren Informationen für Bonn von Interesse waren. Außerdem verfügten die Vereinigten Staaten über die lebenswichtigen Daten ihrer Satellitenüberwachungen, besonders in Hinsicht auf eine Frühwarnung für den Fall eines Angriffs mit Panzern oder Raketen. Die Offiziellen in Washington waren zudem in der Lage, den westdeutschen Politikern bei der Erreichung ihrer politischen und ökonomischen Ziele zu helfen. Die politische Hilfe aus Washington als Gegenleistung für Spionagetätigkeiten Bonns half auch dabei, Deutschlands Aufstieg als politische und wirtschaftliche Macht in der Europäischen Gemeinschaft zu legitimieren. Die Kooperation auf dem Gebiet der Spionage war für Bonn also auch ein Mittel, seine fortschreitende Integration in die westlichen Allianz zu rechtfertigen. Die Vereinigten Staaten wollten durch die Bindung Westdeutschlands auch beim Tauziehen mit Moskau um den Einfluß in der Welt profitieren. In dieser Hinsicht waren die Geheimdienste ein Instrument, um Macht und Einfluß der USA im Ausland zu vergrößern, was manche als amerikanischen Imperialismus bezeichnen würden. Wohlwollender könnte man sagen, daß die Vereinigten Staaten durch diese Zusammenarbeit auf geschickte Weise Schwächen ihrer Geheimdienste ausgeglichen und Geld gespart haben, während sie gleichzeitig innerhalb des demokratischen nordatlantischen Bündnisses politische Freundschaftsbande geknüpft haben. -209-

Der Austausch von Informationen und die Nutzung als Operationsbasis waren nur zwei von vielen Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen amerikanischen und deutschen Geheimdiensten. Wichtig war auch die Störung feindlicher Aktionen gegen den Westen, die durch die Geheimdienste der kommunistischen Länder ausgeführt wurden. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges versuchten die westlichen Geheimdienste mit allen Mitteln, in den Besitz der Spionageakten des Dritten Reichs zu kommen eine Fundgrube an Informationen für mögliche Rekrutierungen von Agenten in Osteuropa und der Sowjetunion. Selbst ehemalige Geheimdienstoffiziere der Nazis, die sich abscheulicher Verbrechen schuldig gemacht hatten, verschwanden in aller Stille aus Nachkriegsdeutschland und wurden in die Reihen der CIA und anderer Geheimdienste der Alliierten aufgenommen, um ihr Wissen und ihre Kontakte auszunutzen, die für die Spionageabwehr im kommenden Kalten Krieg gegen den Kommunismus von Interesse sein konnten.5 Die am meisten geschätzte Technik der Gegenspionage der CIA ist das Eindringen in den feindlichen Geheimdienst, indem man einen Maulwurf in dessen Operationszentrum einschleust, jemanden, der vor heimlichen Intrigen gegen die Vereinigten Staaten warnen kann. Da das Dritte Reich ausgerechnet die UdSSR bekämpft hat, hatten ehemalige Geheimdienstoffiziere der Nazis, die von den Alliierten in den Westzonen Deutschlands nach dem Krieg verhaftet worden waren, das Potential, dem Westen bei Unterwanderungen des Ostens behilflich zu sein. Natürlich priesen diese Offiziere ihren Wert an - um nicht zu sagen, daß sie ihn übertrieben -, um dem Galgen oder einer langen Haft zu entgehen. Selbst in den späten Phasen des Kalten Krieges erwies sich dieses alte Wissen von Offizieren des BND und ihrer Agenten über Osteuropa und die UdSSR für die CIA zuweilen als nützlich.6 Verdeckte Aktionen waren eine weitere Disziplin, in der CIA und BND kooperiert haben. Verdeckte Aktionen sind der -210-

heimliche Versuch, durch den Einsatz von Propaganda und politischen, ökonomischen und - im äußersten Fall militärischen Mitteln Einfluß auf die Geschicke anderer Staaten zu nehmen. Das klassische Beispiel einer Zusammenarbeit von CIA und BND in diesem Bereich ist der Einsatz verdeckter Propaganda zur Verbreitung prowestlicher und antikommunistischer Ansichten. Beide Geheimdienste arbeiteten gemeinsam Propagandathemen und sehr wichtig Verteilungsmethoden aus, um diese Propaganda im sowjetischen Lager zu verbreiten. Man benutzte zu diesem Zweck Schmuggler, Ballons, die über den eisernen Vorhang flogen, und, was am wirksamsten war, das Radio. Radio Free Europe und Radio Liberty waren zwei wichtige Kanäle für Propagandazwecke. Von 1949 an betrieb die CIA beide Sender während des gesamten Kalten Krieges außerhalb Münchens mit Hilfe des BND. Während der ersten Jahre gerieten sich die amerikanische und die westdeutsche Regierung häufig über die politischen Themen in die Haare, aber diese Spannungen ließen allmählich nach, als sich die Beziehungen zwischen Bonn und Washington normalisierten. Als die Verbindung der CIA zu den Radiosendern 1971 ans Licht kam, begann der Kongreß, die Sender offen zu unterstützen, und gründete eine kleine Behörde namens Board for International Broadcasting, um die Propagandasendungen zu beaufsichtigen.7 Ein letzter - aber zumeist verschwiegener - Grund für die Zusammenarbeit von Geheimdiensten ist die Möglichkeit, den eigenen Partner auszuspionieren. Die Verbindungsoffiziere der CIA konnten die westdeutsche Außenpolitik und die Arbeit der Geheimdienste ausforschen. Das ergibt eine weitere Informationsquelle über deutsche und europäische Angelegenheiten, die die CIA für ihre Berichte für Washington anzapfen kann. Dasselbe gilt natürlich auch für die Verbindungsoffiziere des BND, die zu Besuch bei der CIA und anderen US-Geheimdiensten waren und sicher ihre Augen und -211-

Ohren offengehalten haben. DIE RISIKEN DER ZUSAMMENARBEIT Wie nützlich eine Zusammenarbeit in mancherlei Hinsicht auch ist, sie weckt auf beiden Seiten stets ambivalente Gefühle, ob es sich nun um die Vereinigten Staaten und Deutschland handelt oder selbst um enge Verbündete wie Großbritannien und die Vereinigten Staaten. Lord Palmerston erklärte, warum auch zwischen befreundeten Staaten immer eine gewisse Distanz herrscht. „Wir haben keine ewigen Freunde und wir haben keine ständigen Feinde“, sagte er. „Unsere Interessen sind ewig und beständig, und unsere Pflicht besteht darin, diesen Interessen zu folgen.“8 Die außenpolitischen Ziele Westdeutschlands und der Vereinigten Staaten waren während des Kalten Krieges oft ähnlich, aber sie stimmten nie absolut überein. Beide folgten einer doppelten Agenda: Zusammenarbeit kombiniert mit der Chance, mehr über die globalen Absichten und Fähigkeiten des Partners herauszufinden. Wie ein kluger Reporter der New York Times bemerkte: „Wenn Spione zweier Länder sich die Hand reichen, versuchen sie häufig, dem anderen dabei etwas aus der Tasche zu ziehen.“9 Im Extremfall könnte dies den Versuch bedeuten, einen ranghohen Offizier von dem verbündeten Geheimdienst anzuwerben, vielleicht jemanden aus dem Verbindungsteam selbst. Das ist jedoch ein hochriskantes Unternehmen, und es wird selten versucht, weil es möglicherweise die bestehende Zusammenarbeit und sogar die Beziehungen auf Regierungsebene gefährdet. Aus einem weiteren Grunde charakterisiert Ambivalenz die Zusammenarbeit: die Sorge, daß der verbündete Geheimdienst von einem gemeinsamen Gegner unterwandert sein könnte. In den 60er Jahren hatte der Chef der CIA-Spionageabwehr, James Angleton, den britischen Verbindungsoffizier, den charmanten -212-

Harold „Kim“ Philby, monatelang in den besten Restaurants fürstlich bewirtet, er hat mit ihm vertrauliche Meinungen ausgetauscht, wie KGB und GPU am besten zu bekämpfen wären - um dann bei Philbys Flucht nach Moskau 1963 feststellen zu müssen, daß sein geselliger britischer Kollege schon seit seinen Studienzeiten in Cambridge in Diensten des KGB gestanden hatte.10 Angleton hat diese Lektion nie vergessen und war hinfort gegenüber allen doppelt mißtrauisch manche sagen paranoid. Die Abwerbung eines zivilen Analysten der US-Marine, Jonathan Jay Pollard (1985 vom FBI verhaftet und zwei Jahre darauf zu lebenslänglicher Haft verurteilt), durch den israelischen Geheimdienst war in den 80er Jahren eine erneute Lektion. Pollard behauptete, er habe lediglich Informationen weitergeleitet, die Washington einem zuverlässigen Verbündeten vorenthielt. Über ihren Abscheu über Pollards Verrat hinaus waren die amerikanischen Geheimdienstoffiziere besorgt, daß der israelische Mossad vom KGB unterwandert sein konnte, und daß von Pollards Weitergabe von Tausenden von Top-Secret-Dokumenten (für die er bezahlt wurde) an Israel auch der KGB profitiert habe. Oder daß vielleicht israelische Offizielle und Offiziere des Mossad die amerikanischen Geheimnisse bei ihren eigenen Verhandlungen mit Moskau und KGB als Ware einsetzten. Bei seinen Friedensbemühungen im Nahen Osten zwischen Israelis und Palästinensern wurde Präsident Clinton 1998 vom israelischen Ministerpräsidenten gebeten, Pollard zu begnadigen. Der Präsident soll diese Bitte ernsthaft in Erwägung gezogen haben, aber sein DCI George Tenet drohte mit Rücktritt, sollte Pollard begnadigt werden. Tenet, der als Quereinsteiger zur CIA kam, war sich bewußt, daß er bei allen Diensten an Glaubwürdigkeit einbüßen würde, käme Pollard frei. Eine Begnadigung hätte wohl auch die Bemühungen des DCI untergraben, die Moral der CIA-Mitarbeiter nach dem -213-

katastrophalen Spionageskandal von 1994 wieder zu stärken, als der Verrat des CIA-Offiziers Aldrich Ames an die Sowjetunion aufgedeckt wurde. Konsequenterweise scheute der Präsident vor einer Kraftprobe zurück.11 Wie jedes andere Land war auch Westdeutschland während des Kalten Krieges anfällig für die Unterwanderung feindlicher Spione. Es sind tatsächlich einige Maulwürfe aufgeflogen, aber andere sind vielleicht noch immer nicht entdeckt. Ein amerikanischer Geheimdienstoffizier erklärte, daß der BND auf „eine lange Geschichte der Unterwanderung zurückblickt, und die Wahrheit ist, daß wir ihn als Geheimdienst nie sonderlich ernst genommen haben“.12 Das ist eine ständig wiederkehrende Phrase, die man in privaten Äußerungen amerikanischer Geheimdienstoffiziere über die meisten Verbündeten - mit Ausnahme der Briten - immer wieder hört. 1998 geriet der Leiter der deutschen Spionageabwehr, Volker Foertsch (alias „Fleming“) unter Verdacht, seit vielen Jahren ein Maulwurf Moskaus im Herzen des deutschen Geheimdienstes zu sein. Laut einem Zeitungsbericht „fragten sich Beamte der CIA, ob der deutsche Geheimdienst, der während des Kalten Krieges oft von kommunistischen Agenten düpiert wurde, wieder einmal von Moskau infiltriert worden war“.13 Die deutschen Behörden überprüften Foertsch, entlasteten ihn, und er kehrte in seine hochsensible Stellung als Chef der Spionageabwehr zurück. Seine Gefolgsleute glauben, daß er das Opfer einer russischen Desinformationskampagne ist, um die deutschen Geheimdienste zu stören. Die amerikanischen Nachrichtendienste bleiben dennoch skeptisch, was die Möglichkeit russischer Agenten im BND betrifft, selbst wenn es die erbeuteten Dossiers des DDRStaatssicherheitsdienstes (Stasi) CIA und BND zumindest erlaubt haben, die ehemaligen kommunistischen Maulwürfe in Deutschland ausfindig zu machen.14 Die mögliche Anwesenheit eines Maulwurfs im verbündeten Geheimdienst immer im Hinterkopf, teilen die Verbindungsleute -214-

ihre sensibelsten Geheimnisse niemals einem anderen Land mit, auch nicht den engsten Verbündeten. Hätte die CIA während des Kalten Krieges alle seine Erkenntnisse mit dem BND geteilt, wäre eine Unterwanderung des BND durch Moskau einer Unterwanderung der CIA gleichgekommen. Außerdem hat es auch in den amerikanischen Geheimdiensten sowjetische Maulwürfe gegeben, wodurch die Deutschen vor den Risiken einer Zusammenarbeit mit den USA gewarnt waren. Kurz gesagt, jede Form von Zusammenarbeit ist von Mißtrauen geprägt. Auch die Details des Handwerks - die Methoden der Spionage sind Gegenstand ambivalenter Gefühle. Selbst wenn beide Seiten die Vorteile der Zusammenarbeit kennen und davon profitieren, achten sie sehr darauf, ihre eigenen Quellen (Name und Positionierung der Agenten) und Methoden geheim zu halten. Das gilt besonders in Hinsicht auf Amerikas Bestreben, seinen Vorsprung bei der Satelliten- und Überwachungstechnik beizubehalten. Die Vereinigten Staaten zeigen ihre besten (das heißt am höchsten auflösenden) Satellitenbilder nur selten, selbst ihren Verbündeten nicht, weil sie befürchten, anderen Geheimdiensten - die womöglich unterwandert sind - zu offenbaren, wie leistungsfähig ihre Kameras sind. Wenn der Feind in den Besitz dieser technischen Informationen gelangt, könnte er effizientere Abwehrmethoden dagegen entwickeln. BEDROHUNG ALS EINIGENDE KRAFT DER ZUSAMMENARBEIT Der wichtigste Grund für Länder, die Erkenntnisse ihrer Geheimdienste auszutauschen, ist das Gefühl der Bedrohung durch einen gemeinsamen Gegner und die Überzeugung, daß beide Partner die Gefahren durch eine Zusammenarbeit besser einschätzen können. Die Angst vor einem sowjetischen Angriff führte 1949 zur Gründung der NATO und förderte die geheimdienstliche Kooperation ihrer Mitgliedstaaten. Diese -215-

Tatsache ist für das Verständnis der Zusammenarbeit zwischen CIA und BND während des Kalten Krieges von entscheidender Bedeutung, vor allem in der Anfangsphase. Die Gefahren und die Einschätzung ihrer unmittelbaren Bedrohung ändern sich mit der Zeit. Heute betrachtet die CIA Deutschland weniger als Basis für Spionageoperationen gegen Osteuropa denn als geeigneten Ausgangsort für Aktionen gegen Ziele im Mittleren Osten und in Nordafrika wie Iran, Irak, Libyen, Afghanistan und Sudan. Zu Beginn des Kalten Krieges erschien die sowjetische Bedrohung jedoch real genug, um im Kampf gegen den Kommunismus spezielle Maßnahmen der Zusammenarbeit zu ergreifen. Dazu gehörte selbst die Anwerbung von korrupten Geheimdienstoffizieren der Nazis, die bei Verhören deutscher Kriegsgefangener aus den sowjetischen Lagern behilflich sein konnten, um Kenntnisse über Organisation und Operationen von KGB und GPU zu gewinnen, und die auch bei einer Geheimdienstoffensive gegen die UdSSR und ihre Satellitenstaaten von Nutzen sein konnten. 1969 kam es in den Beziehungen zwischen West und Ost zu großen Veränderungen. Unter Führung von Bundeskanzler Willy Brandt (1969-74) und einer Koalition aus SPD und FDP streckte Westdeutschland seine Fühler vorsichtig Richtung Osten aus, um durch die sogenannte „Ostpolitik“ verbesserte Beziehungen herzustellen. Diese Politik führte im Westen zu weiteren Bemühungen, um die Spannungen mit der Sowjetunion abzubauen. Dieser als „Entspannungspolitik“ bekannt gewordene Ansatz erwuchs aus der Erkenntnis, daß die sowjetische Bedrohung nach der Zeit Stalins und den Krisen der 60er Jahre (Mauerbau und Kubakrise) bedeutend abgenommen hatte. Sowohl die Vereinigten Staaten als auch Europa begannen, sich mehr um die politischen und wirtschaftlichen Ungleichheiten Sorgen zu machen, als weiterhin auf die Kriegsmaschinerie des Kremls fixiert zu bleiben. Außerdem stabilisierte sich die Bundesrepublik wirtschaftlich und politisch -216-

immer mehr, getragen von einem hohen Bruttoinlandsprodukt und einem neuen Selbstvertrauen, das es aus seiner Rolle bei der Entspannungspolitik bezog. Die Erfahrungen der Vereinigten Staaten im Vietnamkrieg brachten Bonn verstärkt zu der Überzeugung, daß Europa sich selber um seine Angelegenheiten kümmern mußte, wenn die amerikanischen Truppen sich in den Dschungeln Südostasiens verzettelten. Ein früherer US-Botschafter in Westdeutschland erinnert sich: „Die Ostpolitik Brandts kam Washington nicht ungelegen, aber als Präsident Lyndon Johnson sich immer mehr in Vietnam festrannte, konnte er nicht den nötigen Druck ausüben, um die Dinge in Bewegung zu bringen.“15 Der sowjetische Einmarsch in Prag 1968 zerstörte dann Präsident Johnsons Hoffnungen auf eine Entspannung mit Moskau endgültig. Die 70er und 80er Jahre waren eine kritische Phase, in der führende westdeutsche Politiker und andere Mitglieder der westlichen Allianz die amerikanischen Grundprinzipien des Kalten Krieges - Verteidigungsbereitschaft und strategische Abschreckung - in Frage stellten.16 Auch wenn die persönliche Beziehung zwischen Willy Brandt und Präsident Richard Nixon herzlich gewesen war,17 wurde in den 70er Jahren deutlich, daß „die amerikanischen und westeuropäischen Interessen nicht mehr so deckungsgleich waren, wie es unmittelbar nach dem Kriege schien... in den 70er Jahren kamen zu den unterschiedlichen Auffassungen über Inhalte und Ziele der Entspannungspolitik eine Reihe von Differenzen über Wirtschafts- und Finanzfragen zwischen USA und BRD hinzu“.18 Während der Kanzlerschaft Helmut Schmidts (1974-82) wurden die deutschamerikanischen Beziehungen aufgrund persönlicher Differenzen zwischen Schmidt und Präsident Jimmy Carter weiter belastet. Schmidt, der sowohl Nixon als auch Gerald Ford als ebenbürtige Staatsmänner und fähige -217-

Diplomaten schätzte, klagte über Carters (und später über Ronald Reagans) naiven und moralistischen Ansatz bei Fragen internationaler Sicherheit.19 Da er schon seinen eigenen Geheimdienstleuten nicht traute - er warf ihnen vor, nichts außer irrelevanten oder veralteten Daten zu sammeln -, war Schmidt noch weniger bereit, seine politischen Entscheidungen auf Informationen der amerikanischen Nachrichtendienste zu gründen. Außerdem vertrat Schmidt die Meinung, daß Westdeutschland ein „kritischer Partner“ der Vereinigten Staaten sein solle, der nicht nur Gemeinsamkeiten, sondern auch Meinungsverschiedenheiten und Differenzen anspricht.20 Als die Deutschen 1982 die CDU an die Regierung wählten, erwartete Präsident Reagan eine Abnahme der deutschamerikanischen Spannungen und einen stärkeren Willen zur Zusammenarbeit. Die amerikanischen Hoffnungen erfüllten sich unter dem konservativen Bundeskanzler Helmut Kohl (1982-98) jedoch nicht vollständig, und das wachsende politische Selbstbewußtsein Deutschlands verhinderte eine deutsche Gefolgschaft unter amerikanischer Führung, wie es unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg der Fall gewesen war. Die Stabilität und die prowestliche Ausrichtung der Regierung Kohl waren jedoch der langfristigen Zusammenarbeit beider Länder dienlich, ebenso wie Kohls politische Ideologie, die gut mit der Reagans harmonierte - wie auch mit der Bushs und zum Teil auch der Clintons. Das Auf und Ab der außenpolitischen Prioritäten beiderseits des Atlantiks hatte nur geringe Auswirkungen auf die Zusammenarbeit von CIA und BND. Ungeachtet der Experimente mit Ost- und Entspannungspolitik blieb die Bundesrepublik fest in der westlichen Allianz verwurzelt und akzeptierte meistens die Richtlinien, die in der Sicherheitspolitik von Washington vorgegeben wurden, allerdings nicht so sehr in der Wirtschaftspolitik und anderen Bereichen. Selbst bei einer abklingenden sowjetischen Bedrohung (zumindest bis sie durch -218-

Präsident Reagans Rhetorik vom „Reich des Bösen“ wiederbelebt wurde) fanden Bonn und Washington andere gemeinsame Bedrohungen, die eine Weiterführung der Kooperation förderten. Unter diesen Bedrohungen ragte das Gespenst des Terrorismus heraus, das in Westdeutschland in den 60er und 70er Jahren in Gestalt der Baader-Meinhof-Bande und anderer zu Gewalt neigender Rebellionen gegen die etablierte Ordnung umging. Das war ein Ziel, auf das sich CIA und BND als Gefahr für beide Länder schnell einigen konnten, und der Austausch von Informationen zwischen den beiden Diensten nahm rasch zu, besonders nach 1985, als sich der Terrorismus weltweit ausbreitete.21 Über den Austausch von Informationen hinaus erwarben sich die westdeutschen Antiterroreinheiten einen guten Ruf für ihre Fähigkeiten und ihren Mut. Tatsächlich haben sich die CIA und andere NATO-Geheimdienste häufig wegen kurzfristiger paramilitärischer Operationen gegen Luftpiraten und andere Terroristen an sie gewandt. Der Terrorismus bleibt ein Problem, das die Geheimdienste zur Zusammenarbeit bewegt. Ein hoher Antiterrorbeamter der CIA erklärte, daß die größte Chance bei der Bekämpfung des Terrors in der „langfristigen Störung der Aktivitäten terroristischer Organisationen“ liegt, und fügte hinzu: „Ich spreche hier nicht von der Vereitlung bestimmter Pläne, sondern eher von der Störung der alltäglichen Arbeit von Terrorgruppen - die Rekrutierung, der Aufbau von Terrorzellen, die Bewegung von Menschen, Geld und Material und die bloße Aufrechterhaltung der Präsenz in einem fremden Land - all die Dinge, die eine Gruppe benötigt, um in einem bestimmten Gebiet terroristische Operationen durchzuführen. Für uns bedeutet diese Aufgabe die regelmäßige Zusammenarbeit mit dem Außenministerium und mit Nachrichten- und Sicherheitsdiensten in aller Welt.“22 Weitere Bedrohungen verstärkten die Zusammenarbeit -219-

während der Regierung Kohl. Als neues Kooperationsgebiet der Geheimdienste kam neben dem Terrorismus der Drogenhandel in Westdeutschland und den Vereinigten Staaten hinzu. Ein Großteil der Drogen kommt aus Lateinamerika. Daher konnten die Vereinigten Staaten dem BND nützliche Hinweise über das kolumbianische und andere Kartelle geben. Im Gegenzug gab der BND Daten über für die USA bestimmtes Heroin weiter, das aus den Mohnfeldern in der Türkei und im Mittleren Osten stammte. Im Kalten Krieg und auch danach hatten Bonn und Washington ein gemeinsames Interesse an der Eindämmung der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen. Informationen der CIA und NSA ermöglichte es den USBeamten, die deutschen Behörden vor illegalen Exporten aus Deutschland zu warnen, zum Beispiel von Ausrüstungsteilen für Giftgasfabriken, die in den späten 80er Jahren nach dem Irak und Libyen verschifft wurden.23 Da es die deutschen Gesetze dem BND untersagen, Informationen zum Nachteil von deutschen Staatsbürgern zu sammeln, war und ist die Unterstützung von ausländischen Geheimdiensten für die Verfolgung illegaler Exporteure eine wichtige Hilfe.24 CIA und BND überwachten auch die militärischen Vorgänge in der Sowjetunion, und am Ende des Kalten Krieges haben die Aktivitäten der unberechenbaren „Schurkenstaaten“ beide Nationen beunruhigt, besonders die Aggressionen des Irak und die ethnischen Kriege auf dem Balkan. Selbst nach Auflösung des Warschauer Pakts (1989-91) und der deutschen Wiedervereinigung blieben Ereignisse und Personen in Moskau von gemeinsamem Interesse, besonders was die Zukunft der Demokratie in Rußland betraf, da Washington und vor allem Bonn große Summen für eine offene und freie russische Gesellschaft investiert hatten. Am stärksten waren die deutschen Geheimdienste jedoch an gemeinsamen Operationen von BND und CIA zur Terrorismusbekämpfung interessiert.25 -220-

Die amerikanischen Geheimdienste haben sich auch darauf konzentriert, die Zusammenarbeit mit ausländischen Diensten im Bereich Spionageabwehr zu verbessern, was die Einrichtung des DCI Counterterrorist Center (CTG) zeigt. „Bevor es das CTG gab“, erinnert sich ein Beamter im Center, „mußte ein ausländischer Verbindungsoffizier, wenn er zur CIA kam, an zehn verschiedene Türen klopfen. Heute hat er einen einzigen Anlaufpunkt. Das führte zu verbesserten Beziehungen, einem intensiveren Austausch von Informationen und zu größeren Erfolgen bei der Verfolgung von Terroristen.“ Der Beamte fügte jedoch hinzu, daß „natürlich niemand jemals die ganze Wahrheit erzählt“.26 AMBIVALENZ UND KONTINUITÄT 1991 war der Kalte Krieg vorbei und ein Experte für Außenpolitik sagte voraus, daß es „sehr mühselig werden wird, die bilateralen (deutschamerikanischen) Sicherheitsbeziehungen als wichtige Verbindung zwischen den Ländern intakt zu halten“.27 Fachleute haben auf die Spannung hingewiesen, die die deutsche Lage mit sich bringt, in der Bundeskanzler Kohl und sein Nachfolger Schröder ihr Land immer stärker in Europa einbinden, gleichzeitig aber weiterhin die amerikanische Führung der westlichen Allianz anerkennen. Aus amerikanischer Sicht hängt die Zukunft der Sicherheitsbeziehungen von der Bereitschaft der deutschen Regierung ab, mit den Vereinigten Staaten zu kooperieren, und keine verengte nationale deutsche Agenda einzuführen.28 Es sind auch Spannungen zwischen CIA und BND aufgetreten, zum Beispiel das Tauziehen um die Nutzung der neu zugänglich gewordenen Stasi-Akten.29 Ein anderes Beispiel ist die Auffassung der Deutschen, daß die amerikanischen Geheimdienste ihre Präsenz in Deutschland verringern sollten, da der Kalte Krieg vorbei sei. Diese Ansicht gewann an Popularität, als die deutsche Spionageabwehr 1997 aufdeckte, -221-

daß ein CIA-Offizier versucht hatte, einen Regierungsbeamten in Bonn als Spion anzuwerben. Und 1999 wies die deutsche Regierung drei CIA-Offiziere aufgrund von Spionagetätigkeiten aus.30 Ungeachtet derartiger Reibereien liegt ein führender deutscher Experte sicher richtig, wenn er sagt, daß „Deutschland die europäische Sicherheit im Rahmen der atlantischen Allianz stärken will“.31 Die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern wird sicher bestehen bleiben, trotz gelegentlicher Unstimmigkeiten in militärischen, politischen, wirtschaftlichen und geheimdienstlichen Fragen. Es gibt nicht nur eine weitgehende Übereinstimmung der gegenwärtigen Weltsicht Berlins und Washingtons, sondern es haben sich über die Jahre auch enge kulturelle und geschäftliche Beziehungen zwischen beiden Ländern entwickelt. Diese Zusammenarbeit wird, wie alle Beziehungen zwischen Geheimdiensten, von Ambivalenz geprägt bleiben. Sie wird beschränkt durch die Grenzen der Souveränität, der Angst vor Unterwanderung, unterschiedliche politische Interessen und der Notwendigkeit der Geheimhaltung - kurz gesagt, durch das Mißtrauen, das dem gegenwärtigen System der Nationalstaaten eigen ist. DAS RUTSCHIGE POLITISCHE PARKETT Einer der wichtigsten Grundsätze der Geheimdienstarbeit lautet, daß die Beteiligten objektiv bleiben müssen. Ziel ist es, politische Entscheidungsträger mit Fakten zu versorgen, zusammen mit einer objektiven Analyse, was diese Fakten bedeuten. Jegliche persönliche Beeinflussung muß aus den Berichten der Nachrichtendienste herausgehalten werden, soweit es nur menschenmöglich ist. Manchmal wird diese Kardinaltugend mißachtet. Es gibt Geheimdienstoffiziere - vom Anfänger bis zum DCI -, die ihre eigenen politischen Ansichten in ihre Arbeit einfließen lassen, auch wenn dieser Mangel an Professionalität auf Einzelfälle begrenzt ist. Die Betonung der Objektivität ist unter den Analysten der Nachrichtendienste -222-

tatsächlich genauso stark wie unter ehrbaren Journalisten und Akademikern. 1998 gab eine Zusammenarbeit - die selten öffentlich diskutiert wurde - denjenigen Anlaß zu ernster Besorgnis, die auf traditioneller Abgrenzung von Geheimdiensten und Politik Wert legten. Als die Regierung Clinton als ehrlicher Makler in die Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern eintrat, bat der Präsident die CIA, dabei ebenfalls eine Rolle zu übernehmen. Jahre vor dieser Friedensinitiative hatte die CIA schon Beziehungen zu den Geheimdiensten der israelischen Regierung wie auch der palästinensischen Autonomiebehörde unterhalten, vor allem bei gemeinsamen Operationen gegen Terroristen. Mit Büros in Hebron, Ramallah und Nablus im Westjordanland und einem im Gazastreifen hat die CIA einige Zeit bei der Ausbildung palästinensischer Sicherheitskräfte geholfen, und der israelische Geheimdienst hat von der CIA hochentwickeltes technisches Gerät zur Überwachung der Grenzen erhalten.32 Durch das Vertrauen der Geheimdienste beider Seiten wurde die CIA zu einem Kanal für Informationen und Ratschläge zwischen Israelis und Palästinensern. DCI George Tenet sagte: „Wir haben auch versucht, zwischen beiden Seiten die Kommunikation über Sicherheitsfragen zu verbessern und ebenso die Professionalität der Sicherheitskräfte im Westjordanland und im Gazastreifen. Genauso wichtig waren unsere Versuche, bei den Verantwortlichen aller Parteien Vertrauen zu schaffen, damit entsprechende Schritte unternommen werden, die Gewalt zu beenden.“ Er schloß damit, daß „diese Rolle für die CIA nicht neu sei“,33 und er erklärte, daß die CIA bereits in der Vergangenheit um Unterstützung bei anderen Abkommen im Nahen und Mittleren Osten gebeten worden war, ebenso um Rüstungsabkommen zwischen den USA und der Sowjetunion zu überwachen und auch um zur Entspannung zwischen Indien und Pakistan -223-

beizutragen. Als global tätige Behörde mit Kontakten in aller Welt befindet sich die CIA manchmal in einer günstigen Situation, um bei Friedensverhandlungen behilflich zu sein. „Die CIA macht keine Politik“, betont der DCI, „aber sie hilft dabei, sie umzusetzen. Das steht in Einklang mit der Geschichte der CIA im Kampf gegen den Terrorismus und der Hilfe für Freunde und Verbündete in der Region, um in Frieden und Sicherheit zusammenzuleben.“34 Auch andere Regierungsbeamte bemühten sich, Bedenken zu zerstreuen, daß die Rolle der CIA im Nahen Osten zu weit in den Bereich der Politik hineinreicht. Die CIA „solle sich mit diesen Problemen befassen, ohne selbst darin verwickelt zu sein“, sagte Außenministerin Madeleine Albright.35 Sicherheitsberater Samuel Berger versicherte der Öffentlichkeit, daß die CIA lediglich „die Zusammenarbeit erleichtern“ und nicht die Bestimmungen eines Friedensvertrages durchsetzen solle.36 Insbesondere sollte die CIA in einer Sicherheitskommission (bestehend aus israelischen und palästinensischen Anführern) die Rolle eines Richters übernehmen und die israelischen Beschuldigungen gegen verdächtige Terroristen überprüfen, von denen einige der palästinensischen Polizei angehören sollen. Die CIA sollte die Fälle untersuchen und bestimmen, welche Palästinenser verhaftet und vor ein - allerdings palästinensisches - Gericht gestellt werden. Ein ehemaliger Vorsitzender des Senate Select Committee on Intelligence, David Boren, fand es „absolut vertretbar, unsere Agenten dafür einzusetzen, Stabilität und Frieden in der Welt zu sichern“.37 Der frühere DCI James Woolsey sorgte sich jedoch wegen der Möglichkeit, daß einige Politiker die CIA von ihrer eigentlichen Aufgabe der Beschaffung und objektiven Analyse von Informationen ablenken könnten.38 Ein renommierter Geheimdienstexperte meldete starke Bedenken an. „Das Problem besteht darin, daß die CIA politisiert wird und dadurch -224-

ihre Fähigkeit einbüßt, objektiv über die faktische Lage und die Durchführbarkeit einer Politik zu berichten“, erklärte Harry Howe Ransom. „Die Geschichte der amerikanischen Geheimdienste kennt zahlreiche Beispiele von groben Fehleinschätzungen - unter anderem das Fiasko in der Schweinebucht und der Sturz des Schahs im Iran -, die daraus resultierten, daß man eine fehlgeleitete Politik durchsetzen wollte.“39 Andere machten sich Sorgen, daß die größere Sichtbarkeit von CIA-Agenten die Methoden und Quellen der CIA gefährden könnte, ganz zu schweigen davon, daß die Behörde ihre Offiziere einem riskanten politischen Kreuzfeuer zwischen Israelis und Palästinensern aussetzt. „Es ist ein schwerer Fehler, die CIA dort hineinzuziehen“, schimpfte ein ehemaliger Beamter des Pentagons aus der Regierung Reagan. „Die CIA soll im Nahen Osten als Schiedsrichter fungieren. Wenn etwas schiefgeht, wem werden sie dafür wohl die Schuld geben?“40 „Die CIA wird sich davor hüten müssen, Partei zu nehmen“, warnte die New York Times, „oder sie wird in Strafaktionen verwickelt werden, wodurch die Vereinigten Staaten im Konflikt mehr als Partei denn als Vermittler erscheinen.“ Wenn es jedoch gelingt, strikte politische Neutralität zu wahren, „dann kann die CIA einen bedeutenden Beitrag leisten“.41 Wenn man alles gegeneinander abwägt, sollte die CIA die Diplomatie besser den Diplomaten überlassen und sich mit ihren traditionellen Aufgaben begnügen.

ZUSAMMENARBEIT MIT INTERNATIONALEN ORGANISATIONEN Seit Ende des Kalten Krieges haben internationale Organisationen, besonders UNO und NATO, eine wichtige Rolle in der amerikanischen Außenpolitik gespielt. Während des -225-

Golfkrieges haben sich die Vereinigten Staaten stark auf die Vereinten Nationen gestützt, in deren Rahmen eine Koalition gebildet wurde, um die irakische Armee aus Kuwait zu vertreiben, und die amerikanischen Geheimdienste tauschten mit Mitgliedern der Koalition Informationen aus, als der Krieg ausbrach. Die Vereinigten Staaten haben aber auch stets Informationen mit Mitgliedern der NATO ausgetauscht, „jahrelang auf vertraulicher Basis, aber innerhalb von gewissen Grenzen“.42 Als größere Organisation mit weniger ausgearbeiteten Sicherheitsbestimmungen (und einigen Mitgliedern, die den USA feindlich gesonnen sind) hat die UNO weniger Informationen von den amerikanischen Geheimdiensten erhalten als die NATO, obwohl die Vereinigten Staaten laut Bericht der Aspin-Brown-Kommission der UNO die meisten Informationen liefern, die diese für ihre Aktivitäten benötigt (im Gegensatz zur Behauptung eines CIA-Offiziers, daß „wir nicht in internationale Organisationen hineingezogen werden wollen“43). Wenn sich Missionen von UNO und NATO überschneiden, wie es Anfang der 90er Jahre in Bosnien der Fall gewesen war, dann geben die Nachrichtendienste der NATO bessere Informationen als der UNO. Das meiste Material, das die Geheimdienste an die Vereinten Nationen weiterleiten, hat nur eine geringe Geheimhaltungsstufe, die spezielle Kategorie „Nur zum UNGebrauch“, das heißt, es wird nicht an die Medien oder an jemanden außerhalb der UNO weitergegeben. Das bedeutet, daß die Informationen 185 Nationen zugänglich sind, darunter auch einigen Gegnern Amerikas. Daher ist es unwahrscheinlich, daß die Informationen geheim bleiben. Diesen Umstand immer im Hinterkopf, geben die Nachrichtendienste der UNO zumeist nur möglichst nichtssagende „bereinigte“ Informationen weiter, die nach verschiedenen internen Überprüfungen ihre Empfänger bei den Vereinten Nationen nur selten rechtzeitig erreichen. -226-

Dennoch werden die Informationen von den Beamten der UNO geschätzt, denn sie sind häufig die einzige verläßliche Quelle für die Analyse einiger globaler Probleme.44 Auf Anfrage liefern die Vereinigten Staaten der UNO manchmal Informationen zu speziellen Themen, die einer höheren Geheimhaltungsstufe als sonst unterliegen, die aber immer noch sorgfältig daraufhin überprüft werden, daß sie keine Hinweise auf Quellen und Methoden enthalten. Ein Beispiel wäre die Analyse der militärischen, politischen und wirtschaftlichen Lage in einem Entwicklungsland. Die Vereinigten Staaten geben jedoch keine als Verschlußsache klassifizierten Dokumente an die UNO weiter, mit der gelegentlichen Ausnahme taktischer Informationen über ein Kampfgebiet für die Blauhelmtruppen in Krisenzeiten. Eine andere Form des Austauschs von Informationen - eine, durch die die Weitergabe sensibler Dokumente vermieden wird sind mündliche Mitteilungen. Wenn die Nachrichtendienste zu dem Schluß kommen, daß Blauhelme in Gefahr sind, dann gibt ein US-Vertreter bei den Vereinten Nationen - mit Zustimmung des Außenministers - den zuständigen UNO-Beamten mündlich wichtige Informationen aus dem Kampfgebiet weiter. So können Leben gerettet werden, ohne daß irgendwelche Dokumente herausgegeben werden. Der Austausch von Geheimdienstinformationen mit internationalen Organisationen ist ein komplexer Vorgang, der von der Art der Organisation (zum Beispiel ihre Größe und ob ihre Mitglieder Verbündete der USA sind) und Amerikas Erfahrungen mit dieser Organisation abhängig ist. Wer immer der Empfänger ist, die Weitergabe der Informationen folgt stets einem genauen Schema. Normalerweise werden die Informationen nur sehr „verwässert“ weitergegeben, und wenn es sich um sensible Daten handelt, dann nur an einen kleinen Kreis von Empfängern. Dabei kam es schon zu Mißgeschicken. In Somalia sind Mitarbeiter der UNO nachlässig mit -227-

amerikanischen Geheimdienstdokumenten umgegangen, und was noch schlimmer war - einige Dokumente wurden beim Abzug der UNO 1994 zurückgelassen.45 Die folgende Untersuchung des Falles brachte heraus, daß die Dokumente weniger sensibel waren als anfangs befürchtet. Aber als Folge dieser Erfahrung hat die UNO ihre Sicherheitsbestimmungen verschärft. Wenn die Vereinigten Staaten der UNO Informationen weitergeben, dann immer, um den amerikanischen Interessen zu dienen, nicht um Wohlwollen gegenüber Washington zu erzeugen. Informationen, die Übergriffe von Saddam Hussein belegen, die Friedenstruppen in Bosnien schützen, ein genaues Bild der Lage in Ruanda zeichnen oder Massaker von serbischen oder albanischen Soldaten bestätigen, helfen den Vereinigten Staaten genauso wie den Vereinten Nationen. Im allgemeinen ist den amerikanischen Interessen am besten gedient, wenn die UNO präzise Kenntnisse über die Weltlage besitzt. In vielen Fällen sind die UNO-Beamten jedoch bereits gut informiert. Als Folge ihrer diplomatischen Kontakte, ihrer Reisen in alle Welt und ihrer Vertrautheit mit den wichtigsten öffentlichen Informationsquellen brauchen die meisten kein Material von den Geheimdiensten (außer militärische Informationen, wenn Blauhelme unter Beschuß geraten). Diese UNO-Mitarbeiter schätzen es dennoch, von den Geheimdiensten der verläßlichen Mitgliedstaaten weitere Berichte über Themen wie Menschenrechte, Bevölkerungswachstum und Nahrungsmittelknappheit zu erhalten. Das Ausmaß der amerikanischen Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wirft die Frage auf, ob Washingtons Geheimdienste ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen, wenn sie den Anschein erwecken, Lakaien der amerikanischen Außenpolitik zu sein. Diese Überlegung wurde in der Öffentlichkeit diskutiert, als die Medien 1999 berichteten, daß CIA und NSA die UN Special Commission (UNSCOM) bei -228-

einem Lauschangriff auf die wichtigsten Kommunikationsnetze des Irak unterstützt hatten. In diesem Fall hatten sich die Vereinigten Staaten entschieden, weit über ihre normalen Geheimdienstaktivitäten auf niedrigem Niveau in Hinsicht auf die UNO hinauszugehen. Die Vereinten Nationen beauftragten die UNSCOM, ein Team von Waffeninspekteuren, im Irak die Einhaltung des Waffenstillstandsvertrages von 1991 zu überprüfen, der auch beinhaltete, daß der Irak sein Programm für strategische Waffen einstellt. Das Team war nichts anderes, als was ein Reporter einen „internationalen Geheimdienst für die neue Weltordnung... der erste seiner Art“ nannte, und hinzufügte, daß „in sieben Jahren mehr als 7000 Waffeninspekteure aus aller Welt der UNSCOM dazu dienten, den Irak auszuspionieren, seine Militär- und Industrieanlagen zu überwachen und zu versuchen, was den ‚intelligenten’ Bomben nicht gelang: die versteckten atomaren, biologischen und chemischen Waffen- und Raketenprogramme Saddam Husseins zu zerstören“.46 Deutschland stellte der UNSCOM beispielsweise Hubschrauber mit einem Spezialradar zur Verfügung, das in den Sanddünen der irakischen Wüste vergrabene Waffen aufspüren kann; Großbritannien lieferte hochsensible Geräte, um die Kommunikation des irakischen Militärs abzuhören; und die Vereinigten Staaten liehen Spionageflugzeuge vom Typ U-2 aus und sogar Taucher der Marine, um in irakischen Flüssen und Seen nach versenkten Waffen zu suchen.47 Ein anderer Reporter sagte: „Der Geist der Zusammenarbeit in der Ära nach dem Kalten Krieg brachte ein Wunder zustande: Die UNSCOM, die im Auftrag des UNO-Sicherheitsrates tätig war, bediente sich der Geheimdienste der Mitgliedstaaten, kommunistischer und nichtkommunistischer, um das irakische Waffenarsenal zu überprüfen.“48 Informationen der NSA, die in der Lage ist, verschlüsselte Telefongespräche zwischen Saddam und seinen Gefolgsleuten -229-

zu dechiffrieren, konnten der UNO bei der Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak behilflich sein. Gleichzeitig konnte die UNSCOM von den amerikanischen Geheimdiensten für ihre eigenen Zwecke genutzt werden, nämlich die Welt von Saddam Hussein zu befreien. Unter dem Deckmantel der UNSCOM hat die NSA offenbar ein Mikrowellenübertragungssystem der UNO angezapft (ohne Wissen der UNO), wodurch sie in der Lage war, einen Großteil der Kommunikation des irakischen Militärs zu überwachen.49 „Die UNO kann nicht Teil einer Operation sein, um einen Umsturz in einem ihrer Mitgliedstaaten herbeizuführen“, beschwerte sich ein Vertrauter bei UNO-Generalsekretär Kofi Annan, als die Verbindungen der US-Geheimdienste zur UNSCOM bekannt wurden. „Das ist ein grundlegender Fehler der UNSCOM-Operation.“50 Hätten die Inspekteure der UNSCOM ihre Aktivitäten allein auf ihren Auftrag beschränkt, wofür es weltweite Unterstützung gab, wäre ihr hohes Ansehen, das sie bei den meisten Mitgliedsländern genoß, unbeschädigt geblieben. Statt dessen sickerten Informationen durch, und die Spekulationen eines Inspekteurs (Scott Ritter, ein ehemaliger Geheimdienstoffizier der US-Marines) ließen den Verdacht aufkommen, daß die UNSCOM weit mehr tat, als nur Saddams Waffenarsenale aufzuspüren. Nach diesen Berichten hat die CIA die UNSCOM 1996 als Schutzschirm für ihre eigenen Aktivitäten zur Beschaffung von Informationen und auch für verdeckte Aktionen, die zum Sturz Saddam Husseins führen sollten, benutzt.51 Die Regierung Clinton räumte ein, daß die CIA die UNSCOM „durch Informationen, logistische Hilfe, Fachwissen und Personal“ unterstützt hat, stritt aber ab, das Inspektorenteam für einen Coup gegen den irakischen Präsidenten instrumentalisiert zu haben.52 Was immer die Wahrheit sein mag, die UNSCOM wurde durch diese Vorwürfe schwer beschädigt, und die Unabhängigkeit der Vereinten Nationen war in Frage gestellt, zumindest in der Wahrnehmung -230-

von außen, wenn nicht in der Realität. Statt ihre Pläne zur Beseitigung von Saddam Hussein voranzubringen, hat die Zusammenarbeit der UNO mit den US-Geheimdiensten (wahrscheinlich auf Befehl des Weißen Hauses) dazu geführt, die internationalen Bemühungen zur Eindämmung der Weiterverbreitung gefährlicher strategischer Waffen zu vereiteln. Um das Problem nationaler Beeinflussung zu vermeiden, das sich aus dem Rückgriff auf Informationen der Geheimdienste der einzelnen Länder ergibt, muß die UNO ihren eigenen Nachrichtendienst schaffen, mit professionellen Offizieren, deren Ziel es ist, die Arbeit der UNO zu unterstützen (mit allen notwendigen Vorkehrungen gegen den Mißbrauch von weitergegebenen Informationen). Die UNO unternimmt bereits Schritte in diese Richtung. Sie hat ein Lagezentrum eingerichtet, wo eine Infrastruktur von Computern entsteht, die Informationen aus offenen Quellen sammelt, archiviert und abrufbar macht. Die finanziellen Mittel des Lagezentrums sind jedoch bescheiden. Die Vereinten Nationen haben kürzlich auch den Bau eines Satellitenüberwachungssystems in Auftrag gegeben, das es ihrem International Drug Control Program ermöglicht, den Anbau illegaler Drogen in den Herkunftsländern zu verfolgen. Mit diesem Mittel kann die UNO einen international akzeptierten Maßstab zur Überprüfung der Versprechen von Ländern festlegen, die ihre Drogenproduktion senken wollen. „Zum erstenmal wird die internationale Gemeinschaft über ein verläßliches Instrument verfügen, um das Ausmaß des illegalen Drogenanbaus zu erfassen“, sagte der Leiter des Programms.53 Die Europäische Raumfahrtbehörde stellt die notwendigen Satelliten und Experten zur Unterstützung der Operation zur Verfügung. Diese Experimente blieben trotz der Rückschläge der UNSCOM am Leben. Dennoch ist es schwierig geworden, das -231-

Bild der UNO entweder als Ziel oder als Schutzschirm von Geheimdienstoperationen zu korrigieren und dem das Bild als Nutzer von Informationen und Analysen der Geheimdienste der Mitgliedstaaten zum Wohle der gesamten Welt entgegenzustellen. Dieser Imagewechsel war „schlecht durchdacht und unkoordiniert“, wie ein ehemaliger britischer Botschafter bei den Vereinten Nationen es beschrieb.54 Die Beziehungen zwischen internationalen Organisationen und Geheimdiensten werfen ein Problem auf: Wie können diese Organisationen effektiv arbeiten, wenn sie nur so dürftig über die „Schurkenstaaten“ informiert werden, die sie in Schach halten sollen? Die UNO soll Konflikte beilegen, den Frieden sichern, Wirtschaftssanktionen durchsetzen, die Weiterverbreitung von strategischen Waffen kontrollieren, das organisierte Verbrechen und den Drogenhandel bekämpfen und Kriegsverbrecher vor Gericht stellen. Alle diese Aufgaben erfordern Informationen der Geheimdienste, von denen die UNO jedoch nur wenige zur Verfügung hat. Internationale Organisationen können es sich nicht leisten, ihre eigenen, umfassenden Nachrichtendienste aufzubauen. Abgesehen davon werden die Mitgliedstaaten kaum das Risiko hinnehmen, daß die UNO nachher in ihren eigenen Reihen spioniert. Die Mitgliedsländer könnten von sich aus mehr Unterstützung leisten, aber sie fürchten um den Schutz ihrer Quellen und Methoden. Und die UNO ist skeptisch, ob die Informationen objektiv sind. Ungeachtet dieser Probleme können sowohl Staaten als auch NGOs der UNO und anderen internationalen Organisationen überzählige oder „gebrauchte“ Satelliten und anderes Überwachungsgerät zur Verfügung stellen, um Umweltbedingungen, Flüchtlingsströme, Waffenhandel und verdächtige militärische Operationen überwachen zu können. Satelliten können sogar Moskitopopulationen rund um den Globus verfolgen, indem sie Vegetationsmuster und Brutplätze -232-

observieren, die von diesen krankheitsverbreitenden Insekten genutzt werden.55 Die UNO könnte ein Kontrollgremium einrichten, das aus ehemaligen ranghohen Analysten der Geheimdienste der Mitgliedsländer besteht. Männer und Frauen mit großer analytischer Erfahrung, die die Qualität und Objektivität der Geheimdienstberichte bewerten, die bei der UNO eingereicht werden. Wie ein Experte in Sachen Vereinte Nationen bemerkte: „Der UNO müssen die Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit sie ihren Zweck erfüllen kann, wie er in den Anfangszeilen der UN-Charta festgelegt ist, nämlich ,die kommenden Generationen von der Geißel des Krieges zu befreien“.56 In dieser Hinsicht sind die Mitglieder der UNO noch weit von einer befriedigenden geheimdienstlichen Zusammenarbeit entfernt, auch wenn einzelne Länder (wie Großbritannien) auf Anfragen von UNO-Mitarbeitern bereitwillig reagieren. Ein verstärkter Austausch von Informationen innerhalb des Rahmens der UNO, sorgfältig geprüft von einem Kontrollgremium, um nationale Einflüsse herauszufiltern - das wäre ein wertvoller Beitrag auf der Suche nach einer Lösung der Probleme, denen sich die gesamte Weltbevölkerung gegenübersieht.

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TEIL III Intelligente Geheimdienstarbeit und verantwortungsbewußte

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KAPITEL 8 INTELLIGENTERE GEHEIMDIENSTE „Amerikas Streben gilt der Erhaltung des Friedens. Zu diesem Zweck entwickeln wir politische Strategien und Arrangements, um den Frieden beständig und gerecht zu gestalten. Das kann nur auf Grundlage umfassender und präziser Informationen geschehen. ” Präsident Dwight David Eisenhower bei der Einweihung des neuen CIA-Hauptquartiers in Langley, Virginia, 1959 Die amerikanische Geheimdienstarbeit nach dem Kalten Krieg besteht aus einer Kombination alter Methoden, die noch immer sinnvoll sind (wie die Satellitenüberwachung weit entfernter Kampfgebiete) und neuer Ansätze, die durch die veränderten Bedingungen notwendig geworden sind (verdeckte Aktionen, mit denen internationale Computernetzwerke und Bankverbindungen von Terroristen attackiert werden). KONTINUITÄT UND WANDEL BEI DEN GEHEIMDIENSTEN Spionageabwehr, verdeckte Aktionen, Datenbeschaffung und Analyse - die Hauptstützen der Spionagearbeit während des Kalten Krieges - bleiben im 21. Jahrhundert die wichtigsten Methoden der Dienste, um ihre Aufgaben im Ausland zu erfüllen. Innerhalb jeder dieser Kategorien hat es jedoch beträchtliche Innovationen gegeben. Spionageabwehr Der Zweck der Spionageabwehr (Counterintelligence, CI) ist der Schutz des amerikanischen Staates und seiner Geheimnisse -235-

gegen feindliche Mächte. Heute bedient sich die Spionageabwehr derselben Methoden, die schon immer angewendet wurden, von Zäunen aus Stacheldraht und Bewachungsanlagen über codierte Botschaften bis zu strengen Sicherheitsüberprüfungen. Neu ist die gegenwärtige Beschäftigung mit dem Schutz gegen die „digitale Kriegsführung“ oder den „Cyberterrorismus“, vor allem um Regierungscomputer gegen fremden Zugriff zu sichern. Bei ihren Anwerbungskampagnen versuchen die Nachrichtendienste zur Zeit, vor allem Computerspezialisten einzustellen, die mit ihrem Wissen die Datenbanken der Geheimdienste schützen können. Die besten Computerexperten sind allerdings schwer zu bekommen, weil die Privatwirtschaft ihnen wesentlich bessere Gehälter zahlen kann. Der Appell an den Patriotismus und die Verlockung, für eine interessante Geheimdienstbehörde zu arbeiten, sind noch am aussichtsreichsten. Seit dem Spionagefall Ames, bei dem Aldrich Ames vom Operations Directorate der CIA 1994 als langjähriger sowjetischer Maulwurf enttarnt worden war, hat der Kongreß zusätzliche Mittel für die Spionageabwehr bewilligt. In Langley wurden die internen Sicherheitsmaßnahmen seit dieser Blamage verschärft. Der Kreml hatte Hinweise auf mehr als 200 Geheimdienstoperationen in den ehemaligen Sowjetrepubliken erhalten, was zur Exekution von mindestens neun Agenten in Schlüsselpositionen geführt hat. Ironischerweise haben die Verantwortlichen der Spionageabwehr seit Ende des Kalten Krieges mehr Aufmerksamkeit gewidmet als zur Zeit der größten Konfrontation mit den Sowjets unter den Präsidenten Carter, Ford, Reagan und Bush. Unter der Führung vom Abwehrchef der CIA, James J. Angleton (ein Mann von außergewöhnlichen Fähigkeiten und großer Entschlossenheit, wie paranoid er auch immer gewesen sein mag), erlebte die Spionageabwehr von 1953 bis 1974 ihre Blütezeit, bis es zwischen William Colby und Angleton zu -236-

Meinungsverschiedenheiten darüber kam, wie man die Beziehungen zu den israelischen Geheimdiensten gestalten sollte, und Colby Angleton hinauswarf. Nach Angletons Weggang verteilten sich die Verantwortlichkeiten für die Spionageabwehr in der gesamten CIA, und sie verlor an Bedeutung. Eine Serie von Enttarnungen von Spionen im Jahre 1985 brachte der Spionageabwehr wieder stärkere Beachtung durch die Verantwortlichen ein, und der Spionagefall Ames tat ein Jahrzehnt später ein übriges. Der Spionageskandal von Los Alamos löste 1999 den jüngsten Spionageabwehralarm im Energieministerium und in den staatlichen Wissenschaftslaboratorien aus. Aufgrund dieser Erfahrung stärkt der derzeitige DCI die Spionageabwehr in allen Diensten, ebenso in allen Laboratorien und anderen verwundbaren Einrichtungen, und bei den Verbindungen zwischen den Diensten und den privaten Unternehmen, die Ausrüstung für die Geheimdienste herstellen. Spionageabwehr umfaßt eine Reihe von Unterabteilungen, die über das Enttarnen von feindlichen Spionen hinausgehen. Darunter befindet sich die Terrorbekämpfung. Das Counterterrorist Center (CTC), das älteste der Center (1986 von DCI William Casey gegründet), hat nach Ende des Kalten Krieges die meisten Gelder erhalten und ist jetzt das größte nach Meinung eines ehemaligen CIA-Offiziers das „aufgeblähteste“ - Center.1 Manche Insider halten das CTC für das personell integrierteste (für andere ist es das Crime and Narcotics Center). Die meisten Experten des CTC sind vom CIA's Operations Directorate ausgeliehen, das auch die Befehlsund Kontrollgewalt über das Center ausübt, obwohl die anderen drei Direktorate ebenfalls am Center beteiligt sind. Trotz des hohen CIA-Anteils unter den Mitarbeitern gibt es im Center 24 Offiziere („Sondertruppe“ genannt) von einem Dutzend anderer Behörden, darunter FBI und Außenministerium (die beiden wichtigsten Verbindungen), das Verteidigungsministerium, das -237-

Energieministerium, der Naval Investigate Service, die Federal Aviation Agency, die NSA und die Einwanderungsbehörde. Das Beispiel CTC zeigt, daß man durch einen Austausch von Personal, Informationen und Erkenntnissen einen hohen Grad der Kooperation erreichen kann: „Das Konzept hinter dem CTC sah vor, Elemente aus allen vier (CIA-) Direktoraten zu nehmen und sie unter einer gemeinsamen Befehlsgewalt zu stellen, damit wir alle notwendigen Ressourcen bündeln, um das Problem anzugehen. Zusätzlich holten wir diese ,Sondertruppen’ von außen, damit wir in enger Verbindung zu den anderen Diensten stehen. Diese Leute können durch eine abhörsichere Telefonverbindung den ganzen bürokratischen Dickicht umgehen, dem wir uns sonst gegenübersehen.“2 Als besonders innovativ und produktiv hat sich die gemeinsame Unterbringung von CIA-Analysten und DOOffizieren für verdeckte Aktionen in derselben Einrichtung erwiesen, wo sie zum ersten Mal in der Geschichte der Behörde Seite an Seite arbeiten (das führte zu weiteren „Zusammenlegungen“ in Langley, jedoch mit eher durchwachsenen Resultaten). In der CIA und in allen anderen Diensten werden noch immer Revierkämpfe ausgefochten, aber laut Aussage von CTC-Mitarbeitem bedeutet die Schaffung eines Centers für Terrorbekämpfung, daß diese Kämpfe weniger heftig ausgetragen und leichter gestoppt werden können als zuvor. Außerdem hat sich das Center mit der Lieferung von Informationen hervorgetan, um flüchtige Terroristen zu verfolgen und festnehmen zu können. Um die 50 wurden in den vergangenen 5 Jahren verhaftet - wenn auch der Topterrorist Nr. l, Osama Bin Laden, dem Schleppnetz der Geheimdienste entging. Der Bombenanschlag auf das World Trade Center in New York (1993) - den ein Terrorismusexperte als „die erste Schlacht des 21. Jahrhunderts“ bezeichnete3 - und auf eine Bundesbehörde in Oklahoma City (1994), ebenso wie die -238-

Anschläge auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania (1998) haben den Kongreß bewogen, den Diensten, die den Terrorismus bekämpfen, darunter auch das CTC, mehr Geld zu bewilligen. Der Kongreß muß jetzt noch die Mittel freigeben, die vom Außenministerium angefordert wurden, um die Sicherheit der Botschaften zu erhöhen, ein weiteres Beispiel für eine alte Neigung der Abgeordneten, die vermeintlich hartgesottenen Kämpfer der Geheimdienste eher zu unterstützen als die in Nadelstreifen gewandeten Unterhändler des Diplomatischen Corps. Das CTC und seine Gegenstücke in verbündeten Staaten scheinen im Kampf gegen den Terrorismus Fortschritte gemacht zu haben, da die Zahl der Terroranschläge in den Vereinigten Staaten und weltweit in den letzten Jahren zurückgegangen ist.4 Wenn die Terroristen jedoch zuschlagen, dann ist Amerika ein bevorzugtes Ziel. Unser Land trafen 35 Prozent aller im Jahre 1998 verübten Anschläge, eine Steigerung gegenüber 30 Prozent 1997 und 25 Prozent 1996.5 Anlaß zur Sorge gibt auch die Tatsache, daß die Waffen der Terroristen immer tödlicher werden. Und außerdem wollen, wie Experten der Regierung erklärt haben, die Terroristen um Bin Laden „keinen Einfluß ausüben, sondern Menschen töten, und zwar möglichst viele daher ihr erklärtes Interesse an chemischen oder gar atomaren Waffen“.6 Einige Formen des Terrors kann man fast unmöglich verhindern, vor allem Selbstmordattentate von Einzelnen oder Gruppen, so wie bei der Ermordung des ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat 1979, beim Anschlag auf einen Stützpunkt der USMarines im Libanon und auf die israelische Botschaft in Buenos Aires 1992. Zu den beunruhigendsten Szenarien, die sich die Geheimdienste ausmalen, gehört der Abschuß einer mit atomaren Sprengköpfen bestückten Rakete oder Cruise Missile von einem (vielleicht als Frachter getarnten) Schiff auf ein Ziel in den Vereinigten Staaten.7 „Ganz gleich, wie gut jemand -239-

geschützt wird oder wie gut die Leibgarde eines Präsidenten ausgebildet ist“, räumte ein Experte des CTC ein, „wenn jemand mit einem bis zum Rand mit Sprengstoff gefüllten Lastwagen ankommt, sind seine Erfolgschancen sehr hoch.“8 Um den Terrorismus zu bekämpfen, arbeitet das CTC eng mit dem Nonproliferation Center (NPC) zusammen, da beide den Auftrag haben, den Einsatz gefährlicher Waffen gegen die Bevölkerung zu verhindern. Beide Center kommen zu dem Schluß, daß Terrorgruppen eher biologische und chemische Waffen als Atomwaffen gegen die Vereinigten Staaten einsetzen werden. „An Atomwaffen können sie tatsächlich nur mit der Unterstützung eines Staates kommen“, erklärte ein Mitarbeiter des CTC, „und Staaten schrecken davor zurück, Terrorgruppen mit solchen Waffen zu versorgen, denn der Vergeltungsschlag der Vereinigten Staaten wäre verheerend.“9 Das NPC konzentriert sich auf die Angebotsseite des Waffenproblems und versucht, ihre Verbreitung an der Quelle von Produktion und Vertrieb einzudämmen, während sich das CTC um die Nachfrageseite kümmert und in erster Linie versucht, Terrorgruppen am Ankauf der Waffen zu hindern. Wenn diese Bemühungen fehlschlagen, dann arbeitet das CTC eng mit dem FBI zusammen, um nach einem Anschlag die Täter zu fassen. Der wirksamste Schutz gegen einen Terroranschlag ist das Wissen, wo er stattfinden soll, damit die Sicherheitskräfte eingreifen können, bevor es dazu kommt. Zu diesem Zwecke stehen HUMINT und andere Methoden zur Informationsbeschaffung ganz oben auf der Agenda des CTC, insbesondere die Unterwanderung von Terrorgruppen und die Anwerbung von Überläufern aus dem feindlichen Lager. Das sind schwierige Unterfangen, da die modernen Terrorgruppen hochentwickelt sind und die Absichten des CTC kennen. Selbst wenn das CTC erfolgreich arbeitet, bleibt das zumeist verborgen, aus Angst, die wirkungsvollen Methoden könnten den Terroristen dadurch bekannt werden. -240-

Gestützt auf HUMINT- und TECHINT-Quellen des CTC führten die Vereinigten Staaten 1998 Vergeltungsschläge gegen mutmaßliche Camps und Einrichtungen von Terroristen im Sudan und in Afghanistan aus. Im Sudan war die pharmazeutische Fabrik Al Shifa in Khartum das Ziel, die vom CTC verdächtigt wurde, chemische Kampfstoffe herzustellen. In Afghanistan war eine Ansammlung von Zeltlagern außerhalb von Khost in der Provinz Paktia betroffen, die als Treffpunkt von Terroristen, darunter auch Osama Bin Laden, dienten. Wie wir schon erwähnt haben, war der Angriff auf den Sudan umstritten, da die sudanesische Regierung erklärte, daß die Fabrik nur Aspirin und andere harmlose Medikamente herstelle, und nicht, wie vom CTC behauptet, eine Chemikalie namens Empta, die zur Produktion des tödlichen Nervengases VX benötigt wird. Bei der Bombardierung des Lagers bei Khost stellte man später fest, daß ein Treffen von Terroristen gerade 2 Stunden vor Einschlag der amerikanischen Raketen vom Typ Tomahawk zu Ende gegangen war. Bin Laden und seine Gefährten hatten Glück gehabt. In den Augen der Medien hatte die CIA jedoch einen weiteren peinlichen Fehlschlag erlitten. Zur Rechtfertigung sagten Mitarbeiter des CTC, daß niemand exakt die Zukunft voraussagen könne, nicht einmal die Medien. Kein Mensch kann mit Bestimmtheit vorhersagen, wann ein Lager von Terroristen in der fernen afghanischen Wüste sich entschließt, über Nacht die Zelte abzubrechen. Das CTC räumt ein, daß sich die Vereinigten Staaten keiner eindeutigen und rechtzeitigen Warnung vor Terroranschlägen erfreuen werden. Als Folge davon hat das Center vom Präsidenten die Befugnis erhalten, auf wirksame Präventivschläge gegen den Terror zurückzugreifen, nämlich auf verdeckte Aktionen.

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Verdeckte Aktionen Genau wie zur Zeit des Kalten Krieges sind verdeckte Aktionen ein wichtiges Instrument der Nachrichtendienste, oder genauer gesagt für die CIA und ihr Operations Directorate und für einige Center des DCI, die für die Durchführung aggressiver Geheimoperationen gegen fremde Staaten und Gruppen verantwortlich sind, die den USA Schaden zufügen wollen. Der Hauptunterschied in der Anwendung verdeckter Aktionen im Kalten Krieg und heute besteht darin, daß sie heute mehr auf sogenannte „transnationale Probleme“ (Drogenund Waffenhandel und internationales Verbrechen) angewandt werden, und weniger gegen bestimmte Regime.10 Informationsbeschaffung und Analyse sind eine wichtige Grundlage für effektive verdeckte Aktionen gegen Terroristen, denn bevor das CTC aktiv werden kann, muß es zuerst wissen, durch welche Kanäle die Waffen geschleust werden, wo sich die Terroristen befinden und wie sie ihren Anschlag durchführen wollen. Auf Grundlage dieser Informationen und in Zusammenarbeit mit dem Pentagon und paramilitärischen Einheiten innerhalb der CIA (die Special Operations Group des Operations Directorate) versucht das CTC dann, den Terroristen das Leben so schwer wie möglich zu machen, vom Abfangen der Waffen über das Säen von Zweifel und dem Stiften von Verwirrung und Zwietracht bis hin zur Störung ihrer Computer und dem Unterbrechen ihrer Finanzströme. Aber auch in dieser neuen Zeit wendet die CIA die alten Formen der verdeckten Aktionen gegen feindlich gesonnene Staaten an, zum Beispiel Propaganda, politische und wirtschaftliche Störaktionen und selbst geheime Kriegsführung. Jüngste Beispiele des letzteren waren die Finanzierung irakischer Oppositionsgruppen 1998-99 und die Unterstützung der albanischen UCK im Kosovo und anderer Anti-MilosevicGruppen in Serbien.11 Die neusten Formen der verdeckten Aktionen sind dazu -242-

gedacht, die Spionageabwehrcorps darin zu unterstützen, Operationen gegen die Vereinigten Staaten abzublocken. Dabei wird vor allem versucht, die Kommunikation der Gegner Terrorgruppen oder „Schurkenstaaten“ - zu beeinträchtigen, indem ihre Telekommunikationsnetze und Computersysteme gestört werden. Eine andere Taktik besteht darin, durch „Computer-Hacking“ internationale Finanztransaktionen zu manipulieren, indem man, sagen wir mal, Bin Ladens Konten bei der Dubai Islamic Bank und der National Commercial Bank in Saudi-Arabien leerräumt, genauso auch an anderen Orten der Welt, wo er angeblich sein großes Vermögen versteckt hat.12 Welche Formen die verdeckten Aktionen auch annehmen mögen, vor ihrer Durchführung sind sie Gegenstand intensiver interner Prüfungen. Dieser Prozeß wurde 1974 mit dem HughesRyan-Amendment zum National Security Act von 1947 eingeführt und in der Zwischenzeit durch weitere Ergänzungen verfeinert. Interne Gremien der CIA nehmen jeden Plan erst einmal gründlich unter die Lupe, bevor und nachdem sich der Nationale Sicherheitsrat damit beschäftigt hat. Dann muß die geplante Aktion im Büro des DCI, im NSC Deputies Committee und im NSC selbst Prüfungen durchlaufen. Im NSC muß der Vorschlag die schriftliche Zustimmung des Präsidenten erhalten. Schließlich wird die verdeckte Aktion noch den zwei Ausschüssen im Kongreß vorgelegt, in denen die Abgeordneten gelegentlich Einwände erheben und Änderungen verlangen oder den ganzen Vorgang zu den Akten legen (der Kongreß verfügt zwar nicht über die formelle Macht, eine verdeckte Aktion zu stoppen, aber im Extremfall kann er die Finanzierung verweigern - wie es in den 80er Jahren bei Aktionen in Nicaragua der Fall war). Die Attentats-Option Von Zeit zu Zeit wird das Argument vorgebracht, daß die amerikanische Regierung sich aus einem falsch verstandenen -243-

Gefühl der Moral heraus die Hände im Kampf gegen Terroristen und brutale Diktatoren gebunden hat, indem sie ein nützliches Instrument aus der Außenpolitik kaum anwendet: die Option des Attentats, eine extreme Form einer verdeckten paramilitärischen Aktion. Es entspricht der Wahrheit, daß die Vereinigten Staaten während der letzten Jahre der Regierung Eisenhower und der ersten der Regierung Kennedy in Mordkomplotte verwickelt gewesen waren.13 Die bekanntesten zielten gegen Fidel Castro und den ersten Ministerpräsidenten des Kongo, Patrice Lumumba. Keiner der Komplotte hatte Erfolg (Lumumba starb durch die Hand von Gegnern, die keine Verbindungen zur CIA hatten). Ungeachtet dieser Liste von Mißerfolgen sprechen sich manche für eine Wiedereinführung dieser Methode aus, um gewisse außenpolitische Probleme Amerikas zu lösen.14 Schließlich arbeitet die Diplomatie nur sehr langsam und oft uneffektiv, und Schläge aus der Luft oder die Entsendung von Marines sind lärmende, blutige Alternativen, die einen größeren Krieg auslösen können. Dazwischen liegt die Aussicht, einen Diktator wie Saddam Hussein durch eine lautlose Pfeilpistole oder ein Fläschchen Gift heimlich, still und leise beiseite schaffen zu können. Kein endloses diplomatisches Gezänk, keine großen Ausgaben (jede Cruise Missile kostet l Million Dollar, wenn sie von Land abgeschossen wird, aus der Luft 2 Millionen) und kein noch größerer Blutzoll, der eine Invasion begleiten würde. Nur eine einzige Kugel in den Kopf eines lästigen Diktators, oder ein paar Tropfen „Blackleaf-40“ in sein morgendliches Glas Orangensaft. Ist die Option eines Attentats eine mögliche Antwort auf die internationalen Probleme unseres Landes? Abgesehen von ein paar wichtigen Ausnahmen sollte die Antwort ein entschiedenes „Nein“ sein. Die Argumente gegen Attentate haben eine rechtliche, praktische und moralische Dimension. Präsident Gerald Ford hat 1976 eine Rechtsverordnung unterzeichnet, die -244-

Mordkomplotte verbietet; eine Politik, die von keinem seiner Nachfolger rückgängig gemacht wurde. In der Verordnung, die 1981 von Präsident Reagan bekräftigt wurde, heißt es: „Keine Person, die im Namen der Regierung der Vereinigten Staaten handelt, darf ein Mordkomplott betreiben oder sich daran beteiligen.“15 Es ist wahr, daß Präsident Reagan das Haus von Muammar Gaddhafi bei einem Luftschlag gegen Libyen bombardieren ließ, und George Bush befahl während des Golfkrieges die Bombardierung Bagdads (einschließlich des Palasts von Saddam Hussein), und er wäre sicher nicht unglücklich gewesen, hätte sich der irakische Präsident unter den Opfern befunden. Tatsächlich hoffte man im Weißen Haus darauf, daß Saddam Hussein in seinem Bunker getötet würde.16 Aber das waren Akte der offenen Kriegsführung. Im Unterschied dazu haben sich die Präsidenten dazu verpflichtet, die Rechtsverordnung in Hinsicht auf die verdeckten Operationen der CIA zu befolgen. Die Regierung Bush hat die CIA daran gehindert, eine Gruppierung in Panama zu unterstützen, die 1989 den Sturz des Präsidenten Manuel Noriega plante, weil zu befürchten war, daß der Coup zu seinem Tod fuhren würde.17 Sollte sich ein Präsident dazu entschließen, die Rechtsverordnung aufzuheben und sich für die Option eines Attentats entscheiden, dann ergeben sich in praktischer Hinsicht noch größere Probleme. Die Vereinigten Staaten waren bei Komplotten gegen feindliche Staatsführer noch nie sehr erfolgreich gewesen. Fidel Castro hat viele Attentatsversuche überlebt, die während der Regierung Kennedy ausgebrütet wurden. In den 90er Jahren hat es sich sogar als unmöglich erwiesen, Ziele wie den Warlord Mohamed Farah Aidid in Somalia oder Saddam Hussein exakt zu lokalisieren. Diktatoren sind paranoid, gut bewacht und schwer zu fassen, sie leben in abgeschotteten Gesellschaften, wo sie sich leicht verstecken können. -245-

Die Folgen eines Mordkomplotts werfen weitere praktische Fragen auf. Hätte die Eliminierung Castros in Kuba das Land verändert oder lediglich seinen gleichgesinnten Bruder Raul an die Macht gebracht? Wie viele andere Saddam Husseins warten bereits darauf, den gegenwärtigen irakischen Diktator zu ersetzen? Wie viele Einzelpersonen müssen ermordet werden, damit ein Regime seine Richtung ändert? Sollte Amerika eine Politik verfolgen, die eine lange Reihe von potentiellen Tyrannen ermordet, nur um ganz sicher zu gehen? Den korrupten Staatsführer samt all seiner Verwandten? Und an welchem Punkt werden sich die ausländischen Staatsführer überlegen, da sie von den Vereinigten Staaten angegriffen werden, selbst Vergeltung gegen den amerikanischen Präsidenten zu üben - der in einer offenen Gesellschaft lebt und leicht verwundbar ist? Und schließlich, inwieweit ist Mord mit den amerikanischen Werten vereinbar? Streben die Vereinigten Staaten eine Welt an, in der die Staaten sich gegenseitig ihre Präsidenten erschießen? Für Amerika, die führende Demokratie der Welt, ist die Rolle des globalen Paten unpassend und unangemessen. Auch die Mittel sind von Bedeutung, nicht nur der Zweck. Jetzt zu den Ausnahmen. Erstens, wenn der Präsident einen vom Kongreß autorisierten Krieg führt (also weder UNOMission oder NATO-Einsatz), dann sind die Anführer der Feinde genauso ein Ziel von Kampfhandlungen wie der einfache Soldat im Schützengraben. Offizielle Kriegsführung setzt die Rechtsverordnung gegen Attentate außer Kraft. Zweitens, wenn der Präsident über verläßliche Informationen verfügt, daß ein Diktator oder Terrorist kurz davorsteht, tödliche Waffen gegen die Vereinigten Staaten oder ihre lebenswichtigen Interessen einzusetzen (also diese Waffen nicht nur herstellt, wie es jeder Staat tut), wäre es absurd, das einfach mit anzusehen und nichts zu unternehmen. Die CIA hat eine informelle Übereinkunft mit ihren beiden Aufsichtsgremien im Kongreß (SSCI und HPSCI), -246-

daß in dem Fall, wenn ein Terrorist mit einem Lastwagen voller Sprengstoff auf ein US-Gebäude zurast, die CIA den Fahrer zu erschießen hat, wenn es keinen anderen Weg gibt, den Anschlag zu verhindern.18 Das ist weit entfernt von einem Ruf nach einem präventiven Mordkomplott, um einen Diktator zu eliminieren. Abgesehen von diesen Ausnahmen sind die Vereinigten Staaten jedoch gut beraten, die Rechtsverordnung Präsident Fords einzuhalten und, wie groß die Versuchung auch immer sein mag, nicht in die anrüchige Rolle eines internationalen Paten zu schlüpfen. DIE BESCHAFFUNG VON INFORMATIONEN Der größte Teil des Geheimdienstetats wird für technische Geräte zur Informationsbeschaffung ausgegeben, vor allem für Satelliten, Abhörantennen und eine Reihe von Aufklärungsflugzeugen (bemannte und unbemannte). Aber in den letzten Jahren sind sich die Verantwortlichen in den Diensten zunehmend über die Grenzen dieser Technik bewußt geworden. Satelliten und Flugzeuge können nicht durch Dächer oder in unterirdische Kavernen blicken. Außerdem bedeuten der Bau und die Positionierung von großen Satelliten - mehr als l Milliarde Dollar allein für den Start ins All - eine große Belastung für das Budget. Angesichts dieser Mängel haben die Nachrichtendienste mit der langwierigen Aufgabe begonnen, die amerikanischen HUMINT-Kapazitäten auszubauen. Das ist jetzt besonders wichtig, da gegenwärtig eine ganze Generation von Offizieren in den Ruhestand geht, die während des Kalten Krieges für Anwerbung und Führung von Spionen verantwortlich gewesen waren. Die Ausbildung neuer Rekruten und ihre Sendung ins Ausland, um neue Spione anzuwerben, wird einige Zeit brauchen, und so werden die HUMINT-Kräfte der Vereinigten Staaten im Ausland in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts weniger effektiv sein, bis neue Führungsoffiziere ihre eigenen -247-

Spionageringe aufbauen. Die Ziele von HUMINT-Operationen haben sich ebenfalls verändert. Wenn russische Politiker, Diplomaten, Generäle und Agenten auch weiterhin bevorzugte Ziele bleiben werden (die Karrieren der CIA-Führungsoffiziere, denen es gelingt, jemanden aus diesen Gruppen anzuwerben, sind gesichert), sind heute auch hochrangige Beamte in den „Schurkenstaaten“ von großem Wert. Nordkorea ist das beste Beispiel. Die Anwerbung eines führenden Beamten dieses isolierten Landes ist heute wahrscheinlich weltweit die schwierigste Aufgabe. Es ist fast ausgeschlossen, jemanden innerhalb Nordkoreas zu rekrutieren, da die Reisemöglichkeiten für Amerikaner höchst eingeschränkt sind. Die einzige reelle Chance besteht darin, an einen nordkoreanischen Diplomaten heranzutreten, während er im Ausland unterwegs ist, und ihn mit Versprechungen von Geld oder einer Übersiedlung in den Westen zu locken. Aber selbst dieses Szenario ist unwahrscheinlich, da die nordkoreanischen Diplomaten und ihre Sicherheitsbeamten stets in Gruppen reisen, eine Vorsichtsmaßnahme zur Abwehr fremder Geheimdienstoffiziere. Auch ausländische Wissenschaftler sind lohnende Ziele einer Anwerbung. China ist nicht das einzige Land, das an Experten anderer Staaten herantritt, in der Hoffnung, Zugang zu geheimen Informationen über Waffen und andere Hochtechnologien zu bekommen. Ein Schlüsselthema dieses Buches ist die übertriebene Fixierung der Vereinigten Staaten auf „goldverzierte“ TECHINT-Geräte auf Kosten von HUMINT-Agenten. Wenn die Nachrichtendienste von Präsident und Kongreß Unterstützung erhalten, werden sie in der Lage sein, eine erstklassige HUMINT-Organisation aufzubauen, ohne ihren Vorsprung im Bereich TECHINT einzubüßen. Das erfordert eine umfangreichere Rekrutierung und Ausbildung von Führungsoffizieren, die mit der Sprache und Kultur von Ländern vertraut sind, die während des Kalten Krieges von den -248-

Vereinigten Staaten nicht viel beachtet worden waren. Das Ziel müssen kleinere Spionagesatelliten und bessere Agenten im Ausland sein. Die Nachrichtendienste müssen erkennen, daß vieles von dem, was Politiker wissen müssen, in den offen zugänglichen Quellen zu finden ist. Selbst in den Tagen des DCI Allen Dulles (1953-62) basierten 80 Prozent der Informationen in den vertraulichen Berichten auf offenen Quellen. Heute dürfte der Anteil eher bei 90 Prozent liegen, da die Geheimdienste immer geschickter darin werden, weltweit die offenen Quellen zu durchforsten und dann den Berichten für die Politiker ihre eigenen geheimen Informationen unterzumischen.19 DIE ANALYSE Im Lexikon der US-Geheimdienstoffiziere bedeutet „Analyse“ die Interpretation unbearbeiteter („roher“), von den Nachrichtendiensten gesammelter Informationen durch Experten. Die Informationen können aus offenen Quellen stammen, zum Beispiel aus einer Sendung des irakischen Fernsehens, oder aus geheimen Quellen, zum Beispiel Daten, die von einem Spionagesatelliten über Serbien gesammelt wurden. Die Aufgabe der Analysten besteht darin, all diese Daten aus den verschiedenen Quellen zusammenzubringen und sie in ihrer Analyse zu verschmelzen. Selbst wenn ein großer Prozentsatz der Informationen öffentlich zugänglich ist, sind diese Quellen für die meisten Leute nur schwer zu erreichen, beispielsweise die vielen hundert Zeitungen und Magazine, die heute in Rußland veröffentlicht werden, oder kaum bekannte wissenschaftliche Artikel, die auf weit entfernten internationalen Konferenzen präsentiert werden (eine Art „graue Literatur“). Man könnte nun denken, daß die Analysten mit den Informationen aus den offenen Quellen beginnen und sich dann den geheimen Informationen zuwenden, -249-

um die fehlenden Teile des Puzzles zu finden. In der Praxis gehen sie jedoch zumeist genau umgekehrt vor. Analysten sagen häufig, daß sie zu beschäftigt damit sind, geheime Informationen zu lesen, um sich viel um die offenen Quellen kümmern zu können. Die geheimen Informationen werden mit allen Methoden beschafft: der Arbeit von Agenten, Messungen von akustischen und optischen Signalen, und auch von Daten wie zum Beispiel der verräterischen Energieabstrahlung von atomaren Sprengköpfen. Nachdem sie von einem weltweiten Netz technischer Geräte und Spione eingefangen wurden, gelangen die Informationen und Daten in die Hände der Analyseexperten der Nachrichtendienste (die die Berichte anfertigen) und dann zu den politischen Entscheidungsträgern, denen dieser gesamte komplexe Vorgang dienen soll: zum Präsidenten und anderen führenden Politikern. Im besten Fall kann die Analyse den Politikern die richtigen Daten und Einschätzungen an die Hand geben, um weise Entscheidungen zu treffen. Als die Vereinigten Staaten 1991 in den Golfkrieg gegen den Irak eintraten, hatten Präsident George Bush und seine Militärkommandeure einen besseren Überblick über die Lage auf dem Gefechtsfeld als alle anderen militärischen Führer in der Geschichte der bewaffneten Konflikte. Zum großen Teil war das ein Ergebnis der vielfältigen technischen Spionagegeräte, die über und um das Kampfgebiet herum positioniert waren. Im schlimmsten Falle kann die Analyse falsch sein, zu spät kommen oder konfus sein - manchmal alles drei gleichzeitig. Kurz vor Ausbruch des Krieges zwischen Nord- und Südkorea im Jahre 1950 sagte eine Einschätzung der Nachrichtendienste für die koreanische Halbinsel Frieden voraus. 1956 waren die Analysten nicht in der Lage gewesen, den sowjetischen Einmarsch in Ungarn vorauszusehen, ebensowenig wie 1968 den Einmarsch in die Tschechoslowakei. Ein ehemaliger Sicherheitsberater der Regierung Nixon erinnert sich, daß der -250-

tägliche Bericht zur Lage für den Präsidenten eines Morgens im Jahre 1973 die Einschätzung enthielt, Ägypten werde Israel nicht angreifen, obwohl der Angriff bereits lief!20 Die Gefahren der Analyse Die Informationen, die von den amerikanischen Nachrichtendiensten gesammelt werden, legen vom Zeitpunkt ihrer Beschaffung über ihre Bewertung durch die Analysten und bis zur Weitergabe an die Büros der Politiker in Washington und die amerikanischen Militärkommandeure im Ausland einen riskanten Weg zurück. In diesem sogenannten „Informationszyklus“ können viele Dinge schiefgehen. Festlegung der politischen Bedürfnisse Ganz am Anfang wissen die Politiker vielleicht noch nicht genau, welche Art von Informationen oder Analyse sie benötigen, also müssen die Nachrichtendienste mehr oder weniger erraten, welche Daten worüber am hilfreichsten sein könnten. Oder die Politiker sind zu beschäftigt, um festzulegen, welche Informationen sie benötigen, oder sie wissen manchmal nicht, wer bei den Nachrichtendiensten der richtige Ansprechpartner ist. Das Ergebnis sind ratlose Datensammler und unberatene Politiker. Hürden bei der Datensammlung Einmal angenommen, die Politiker hätten gut funktionierende Beziehungen zu den Nachrichtendiensten und bäten um ganz bestimmte Informationen. Selbst dann würden ganz schnell beträchtliche Hindernisse auftauchen. Die Geheimdienste müssen auch in der Lage sein, diese Informationen zu beschaffen. Manchmal ist das einfach. Sind die Strände an der kuwaitischen Küste fest genug, um dort mit Landungsbooten -251-

anzulegen? Wer gehört zum Kreis der möglichen Erben der russischen Präsidentschaft beim nächsten Machtwechsel? Solche Fragen können relativ leicht beantwortet werden. Aber nehmen wir andere Fragen. Verfügt Nordkorea über Atomwaffen? Verletzt Rußland die Konvention über chemischbiologische Kriegsführung von 1992? Hat Pakistan M-11-Raketen von China gekauft? Solche Informationen werden gut gehütet und sind schwieriger zu bekommen. Geheimdienstoffiziere unterscheiden zwischen Geheimnissen und Mysterien. Geheimnisse sind Informationen, die ein Land geheimzuhalten sucht, beispielsweise die Konstruktionspläne für russische Tarnkappenbomber oder Details irakischer Aufmarschpläne, die die Vereinigten Staaten aber mit viel Geschick und etwas Glück herausbekommen können. Ein Mysterium ist etwas, das auch die gewieftesten Spione und die beste Spionagetechnik nicht ergründen können. Selbst das betreffende Land ist manchmal nicht in der Lage, eine solche Frage zu beantworten. Wie lange wird Fidel Castro kubanisches Staatsoberhaupt bleiben? Oder aus der Zeit des Kalten Krieges: Würde die iranische Armee 1979 den Schah stützen oder sich der islamischen Revolution anschließen? Würden sich die Sowjets 1968 zum Einmarsch in die Tschechoslowakei entschließen oder nur mit den Säbeln rasseln? Die Antworten auf solche Fragen kann man nicht in Dokumenten finden, man kann darüber nur spekulieren (es sei denn, man verfügt über einen Agenten tief im feindlichen Lager). Selbst der Gebrauch von offenen Quellen, um die richtige Information zu finden, kann sich schwierig gestalten, bedenkt man die heutige Flut von Fernsehberichten, Zeitungen, Magazinen, Büchern, Internetseiten und grauer Literatur, die auf der Welt im Umlauf ist. Moderne Geheimdienste müssen im Gebrauch der offenen Quellen genauso professionell vorgehen wie bei der klassischen Spionage und beim Aufklären durch Satelliten und andere technische Geräte. -252-

Zeit ist auch ein wichtiger Faktor. 1991 hatten die Vereinigten Staaten den Vorteil, den Golfkrieg auf sich zukommen zu sehen. Der Präsident verlegte Truppen und Versorgungseinheiten in die Region. Der DCI umzingelte in Zusammenarbeit mit dem Pentagon das zu erwartende Gefechtsfeld mit einer Armada von Horch- und Wachposten. Aber die Satelliten im All in die richtige Position zu manövrieren braucht seine Zeit, ebenso wie die Positionierung von Agenten auf dem Boden. In der Anfangsphase der Kriegsplanung stritten sich die amerikanischen Geheimdienste über die genauen Zahlen der irakischen Aufmarschpläne, und so brüteten Datensammler und Analysten einige Wochen über den Daten, um herauszufinden, welcher Dienst die zuverlässigeren Zahlen hatte. Ein Staat verfügt jedoch selten über diesen Luxus, eine Schlacht in aller Ruhe vorbereiten zu können. Die Verarbeitung der Informationen Das Entziffern der gesammelten Informationen braucht Zeit, da die Gegner ihre Kommunikation häufig codieren. Manche Staaten (darunter Rußland) verwenden so komplizierte mathematische Codes, daß sich die Botschaften nicht mehr entschlüsseln lassen. Auch Mitteilungen in exotischen Sprachen müssen mit Geschick und Geduld entziffert werden. Der Schlüssel für eine gute Analyse liegt also nicht nur in der Verbesserung der Fähigkeiten der Analysten selbst, auch können die Analysten nicht einfach dasitzen und warten, daß die Informationen auf ihrem Schreibtisch landen. Von Anfang an müssen sie den Politikern verständlich machen, wie die Geheimdienste ihnen helfen können, und sie müssen mit den Datenbeschaffern zusammenarbeiten, um die besten Ziele und Methoden zu bestimmen. Eine neue Partnerschaft zwischen den Agentenführern des Operations Directorate und den Analysten des Intelligence Directorate ist eine von mehreren Reformen, die seit Ende des Kalten Krieges durchgeführt wurden, um die -253-

HUMINT-Operationen effektiver zu gestalten. Die Suche nach Erkenntnissen Der nächste Schritt ist die eigentliche Analyse der Informationen, der Versuch, die durch Spionage gewonnenen Daten im Licht des Wissens aus offenen Quellen zu interpretieren und den Politikern wertvolle Erkenntnisse über das Weltgeschehen zu vermitteln. Manchmal reichen die offenen Quellen, um die Fragen der Politiker zu beantworten. Bei anderen Themen werden jedoch Geheimdienstinformationen benötigt. IMINT (Photospionage) kann eine gute Quelle sein, um gegnerische Truppen zu lokalisieren. SIGINT (Abhörmaßnahmen) und HUMINT können feindliche Pläne aufdecken. MASINT-Methoden (Messen und Erkennen) geben Aufschluß über die Waffen des Feindes. Im Idealfall ist der geschickte Analyst in der Lage, alle Quellen miteinander zu verweben und so ein verborgenes Muster hervortreten zu lassen. Aber meistens steht der Analyst vor dem existentiellen Dilemma der Zweideutigkeit und Unsicherheit der menschlichen Angelegenheiten. So geschickt der Analyst auch sein mag, es werden wahrscheinlich immer wichtige Steinchen für das Mosaik fehlen. An manchen Stellen wird das Bild gut sichtbar sein, an anderen klaffen große Lücken. Auch wenn der Analyst alle Fakten beisammen hat, so sprechen sie selten für sich selbst. Ihre Bedeutung muß aus einer Reihe oft widersprüchlicher Möglichkeiten herausgefunden werden. War der russische Backfire-Bomber ein taktisches oder ein strategisches Waffensystem? Während des Kalten Krieges verfügten Analysten über enorme Datenmengen über die Fähigkeiten des Backfires, aber sie waren sich nicht darüber einig, wie die Sowjets das Flugzeug einsetzen wollten. Vielleicht war der Backfire nur für taktische Einsätze gedacht. Würde der Kreml den Piloten jedoch einen Flug ohne Rückkehr befehlen, eine Kamikaze-Aktion gegen die Vereinigten Staaten, -254-

dann würde der Treibstoff für die Erfüllung dieser Mission reichen (so unwahrscheinlich sie auch sein mag). Das bedeutet, daß die Antwort von den Absichten des Kremls abhängt, was viel schwieriger zu erfassen ist, als lediglich Waffen auf Satellitenphotos zu zählen. Den Analysten liegen selten eindeutige Belege vor. Bessere Informationen, bessere Analyse In den 50er Jahren - das „finstere Mittelalter der Geheimdienste“, wie ein Historiker der CIA sie einmal bezeichnete21 - verfügten die Nachrichtendienste über keine Aufklärungsmöglichkeiten aus der Luft, und sie wußten nur wenig über die Waffenproduktion und andere wichtige Vorgänge hinter dem Eisernen Vorhang. Erst entscheidende technologische Durchbrüche bei den Aufklärungsmöglichkeiten - zuerst das Spionageflugzeug U-2, dann die CORONASatelliten und das Aufklärungsflugzeug SR-71 (1963) versorgten die Analysten mit den harten Daten und Fakten, die sie benötigten, um verläßliche Berichte über die Entwicklungen des sowjetischen Militärs anzufertigen. Manchmal wurden sie von wichtigen HUMINT-Agenten ergänzt (von denen Oleg Penkowsky der berühmteste ist). Neben diesen bemerkenswerten Durchbrüchen bei der IMINT gab es auch große Fortschritte bei SIGINT und MASINT.22 Von 1950 bis 1970 verwandelten Amerikas Analysten ihre Blindheit in bezug auf die UdSSR in Scharfsicht, zumindest was bestimmte Aspekte der sowjetischen Gesellschaft betraf, insbesondere die Qualität und Quantität von Waffen. Während der nächsten zwei Jahrzehnte setzte sich dieser Trend fort. Die Kameras erzielten eine höhere Auflösung, und es kamen Farbfilm, Stereoobjektive, Radar- und Infrarotaufnahmen hinzu. Die „Ohren“ wurden größer, empfindlicher und allgegenwärtig. Die MASINT-Sensoren wurden verfeinert, und die Spionagenetze des HUMINT wurden ausgeweitet (obwohl die -255-

meisten sich als ineffektiv erwiesen). Die militärischen Absichten, die politische Bürokratie und die wirtschaftlichen Strategien des Kremls blieben weit mehr im dunkeln als die Waffenarsenale, obwohl auch in diese Mysterien mit der wachsenden Erfahrung der Analysten immer mehr Licht kam. Viele Erfolge der Nachrichtendienste müssen unter Verschluß bleiben, um wirksame Methoden zu schützen. Eine der Erfolgsgeschichten, die die Aspin-Brown-Kommission 1996 enthüllte, war die Entdeckung, daß Nordkorea die Entwicklung von Atomwaffen plante. Die US-Geheimdienste deckten auch die heimlichen Bemühungen verschiedener Länder auf, in den Besitz von Massenvernichtungswaffen zu gelangen. In einigen Fällen dienten diese Informationen als Grundlage diplomatischer Aktivitäten durch die USA und die Vereinten Nationen, um die Weiterverbreitung dieser Waffen zu verhindern. Amerikanische Geheimdienste haben anderen Ländern auch dabei geholfen, einige berüchtigte Terroristen aufzuspüren und zu verhaften, darunter „Carlos“ im Sudan; den mutmaßlichen Anführer der Terrorgruppe, die für den Bombenanschlag auf das World Trade Center (1993) verantwortlich war, auf den Philippinen; den Führer des „Leuchtenden Pfades“ in Peru und die Beteiligten des Lockerbie-Attentats auf den Pan-Am-Flug 103.23 Die Analysten haben die Führer unseres Landes vor einer großen Zahl von weltweiten Ereignissen gewarnt, die Auswirkungen auf die Interessen der Vereinigten Staaten hatten. Mit diesen Frühwarnungen bewaffnet konnten die Politiker ihre Entscheidungen mit einem höheren Grad an Sicherheit fällen, der durch das Wissen um alle Fakten einer Situation entsteht. Von Zeit zu Zeit erwiesen sich einige Entscheidungen zwar als falsch, aber kein Mensch ist gegen Irrtümer gefeit. Die Fehler ließen sich weit weniger auf das Versagen der Spione und Analysten zurückführen als auf das Widerstreben der Politiker, die Fakten und die Urteile der Experten zu akzeptieren. Auf -256-

diesem letzten Abschnitt des „Informationszyklus“, bei der Weitergabe der Ergebnisse, stoßen die Analysten auf die größten Schwierigkeiten. Die Weitergabe der Informationen und das Paradox der Ablehnung Die amerikanischen Nachrichtendienste stehen vor einem Paradox. Das Land gibt jedes Jahr 26-30 Milliarden Dollar dafür aus, um Informationen zu beschaffen und zu analysieren, die für die Politiker von Nutzen sein könnten, nur um dann festzustellen, daß oft gar kein Gebrauch davon gemacht wird. Wie können Politiker so viel Geld für all diese Informationen ausgeben und sie dann ignorieren? Dafür gibt es verschiedene Gründe. Es fängt zu Beginn des „Informationszyklus“ an, wenn die Politiker die Gelegenheit haben, dem DCI und anderen Leitern der Dienste ganz genau mitzuteilen, welche Art von Informationen sie brauchen. Wenn sie das nicht tun und die Geheimdienste erraten müssen, was die Politiker wissen wollen, dann können diese eventuell andere Informationen erhalten, als sie erwarten. Manchmal wollen Politiker auch einfach nicht die Wahrheit hören - das altbekannte Problem, den Mächtigen die Wahrheit zu sagen. So wies Präsident Lyndon B. Johnson die CIA-Berichte über Vietnam zurück, weil sie seine Hoffnungen auf einen schnellen Sieg nicht bestätigten. Grenzen von Zeit und Verständnis Die große Bedeutung einer engen Beziehung zwischen Geheimdiensten und Politikern ist so offensichtlich, daß man sich wundert, warum letztere gleich beim wichtigen Ausgangspunkt Fahnenflucht begehen. Zeitmangel und fehlendes Verständnis sind mutmaßliche Erklärungen. Viele in hohen Positionen sind zu beschäftigt, um Zeit für Treffen mit -257-

Geheimdienstoffizieren zu finden. Anderen fehlt es an Verständnis, wie die Geheimdienste ihnen bei ihren spezifischen Informationsbedürfnissen helfen können. Darüber hinaus sind Politiker manchmal davon überzeugt, daß sie alles Notwendige aus den großen Zeitungen und über ihre Kontakte in Washington und im Ausland erfahren können. Ideologie Häufig ist Ideologie der Grund für die Nichtbeachtung der Geheimdienste. Die Aspin-Brown-Kommission hörte folgende Aussage von einem ehemaligen NIO, und sie wurde von vielen anderen Offizieren wiederholt: „Die Politiker nutzen die Informationen der Geheimdienste vor allem dann, wenn sie mit ihren eigenen Ansichten übereinstimmen.“24 Entsprechend können dann Berichte der Analysten, die Grundüberzeugungen oder öffentliche Aussagen von Politikern in Frage stellen, einfach abgetan werden. Diese Form der Selbsttäuschung wird von vielen Historikern überliefert. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs schloß Stalin mit Nazideutschland einen Nichtangriffspakt und ignorierte dann die Warnung seiner Berater, daß Rußland bald von seinem vermeintlichen Verbündeten angegriffen werde. Während des Vietnamkrieges sprach sich Präsident Johnson vehement für die Verteidigung Südvietnams aus und wies alle Einschätzungen der CIA zurück, daß sich die Vereinigten Staaten in einem Krieg verschleißen, den sie nicht gewinnen können. Und in jüngerer Vergangenheit beschuldigten CIA-Offiziere den damaligen Vizepräsidenten Al Gore, daß er 1995 zuverlässige Informationen über die persönliche Verwicklung des mit ihm freundschaftlich verbundenen Ministerpräsidenten Rußlands, Viktor Tschernomyrdin, in Korruptionsfälle ignoriert hat. Laut Aussage mehrerer Geheimdienstoffiziere hat der Vizepräsident den Bericht angeblich nach Langley zurückgeschickt.25 -258-

Relevanz Manchmal lassen Politiker Geheimdienstinformationen unberücksichtigt, weil sie in der Vergangenheit mal davon enttäuscht wurden oder die Analysten einen Bericht geliefert hatten, als er schon nicht mehr relevant war. „Relevanz“ ist das Wort, das man am häufigsten hört, wenn man mit Politikern über ihre Anforderungen an Geheimdienstinformationen spricht. „Wir geben zu viele Informationen weiter, deren Relevanz für die Politiker fraglich ist“, gestand der langjährige Analyst Robert Gates ein, als er zum DCI ernannt wurde. Es ist daher unabdingbar, daß die Geheimdienste verwertbare Informationen liefern - mit einem „zusätzlichen Wert“, wie es im Jargon heißt über das hinaus, was die Politiker täglich aus den Medien erfahren. Es gibt viele Belege dafür, daß den Geheimdiensten dieses bei vielen Gelegenheiten gelungen ist, vor allem bei technischen Fragen (die Entwicklung sowjetischer Waffen) transnationalen Problemen (Terrorismus und Waffenhandel) und bei einer Reihe von diplomatischen Initiativen.26 Öffentliche Quellen sind dagegen oft bei politischen Themen besser. Außerdem haben die Zeitungsberichte den Vorteil, lesbarer zu sein und die „Atmosphäre“ besser zu vermitteln (durch die Schilderung lebhafter Details). Das Format Das Format der Geheimdienstberichte ist wichtig. „Wenn der Bericht mehr als zwei Seiten hat“, so sagte ein Sekretär des Verteidigungsministeriums vor der Aspin-Brown-Kommission, „dann wird er wahrscheinlich nicht gelesen. Ich habe (täglich) nur fünf Minuten Zeit, um Geheimdienstberichte zu lesen.“27 Er bevorzugte offenbar, was in Geheimdienstkreisen „aktuelle Infos“ genannt wird, kurze Memoranden über wichtige Themen, die auf seiner Tagesordnung stehen. Einige höhere Beamte bevorzugen allerdings die Lektüre -259-

längerer Analysen. Das gilt selbst für vielbeschäftigte Kabinettssekretäre. Lee Aspin und Harold Brown aus dem Verteidigungsministerium sind die besten Beispiele.28 Selbst wenn auch viele höhere Beamte zweiseitige Berichte bevorzugen, schätzen ihre Berater oft die tiefergehenden Analysen. Einer von ihnen kommentierte das so: „Niemand liest ein Lexikon von A bis Z, aber dennoch ist es nützlich, ein Lexikon zu haben.“29 Die Geheimdienste haben daher eine ganze Reihe von schriftlichen Formaten entwickelt, von Fax und interaktiven EMails über Kurzmitteilungen bis zu den allgegenwärtigen „offiziellen Einschätzungen“, den Paradestücken der Analysten. Man muß jeweils herausfinden, welches Format für welchen Beamten am sinnvollsten ist, was schwieriger ist, als es klingt, weil sie es den Diensten selten von sich aus mitteilen. Manchmal ist vielleicht kein Format das richtige. Wie ein Geheimdienstexperte einmal sagte: „Manche Politiker lesen nicht, manche wollen nicht lesen, und manche können nicht lesen.“30 Für sie sind mündliche Berichte besser als geschriebene. Zu diesem Zwecke haben die Dienste einen Kader von mündlichen Berichterstattern ausgebildet. Einige von ihnen kommen auf Anfrage des Präsidenten in das Oval Office, andere treffen sich gleich als erstes morgens mit einem Kabinettsmitglied, manchmal in deren Dienstwagen auf dem Weg zur Arbeit. Präsentation Der Informationszyklus endet mit der Aufgabe der „Vermarktung“ der Informationen. Im Idealfall ruft ein Politiker sie von einem sicheren Computerterminal ab, der mit dem Arbeitsplatz des Analysten verbunden ist. Für gewöhnlich bedienen sich die Dienste jedoch einer ansprechenden visuellen Präsentation der Informationen, in der Hoffnung, die -260-

Aufmerksamkeit der Politiker zu erregen: beeindruckende Satellitenbilder; detaillierte, vierfarbige Karten; Balkendiagramme; prägnante Profile wichtiger Persönlichkeiten; Kästchen mit Zitaten von ausländischen Regierungschefs und viele andere Dinge, die man aus den üblichen Hochglanzmagazinen kennt. Die Dienste stellen sogar Videotapes und CD-ROM her, für diejenigen (wie Präsident Reagan), die sich lieber Filme anschauen, als Berichte zu lesen. Auch hier wird wieder versucht, den Bedürfnissen des Nutzers so weit wie möglich entgegenzukommen, ohne die Glaubwürdigkeit und die Substanz der Informationen zu gefährden. Die Qualität der Analyse verbessern Wie kann die Analyse verbessert werden? Zuerst muß der Informationszyklus exakt auf die individuellen Bedürfnisse der Politik ausgerichtet werden, das heißt, Geheimdienstarbeit muß nutzerorientiert sein. Nur wenn Agenten und Analysten ganz genau wissen, welche Informationen die politisch Verantwortlichen benötigen, werden die Geheimdienste sie rechtzeitig und zuverlässig liefern können. Der kluge Geheimdienstoffizier kümmert sich sowohl um das, was der Politiker zu brauchen meint, als auch um das, was der Offizier selbst denkt, was der Politiker tatsächlich braucht. Zweitens müssen die Nachrichtendienste den politischen Entscheidungsträgern Fakten präsentieren, die so objektiv wie möglich sind. DIE PLANUNG DER INFORMATIONSBESCHAFFUNG Die Entscheidung, auf welche Daten die amerikanischen Spionagekräfte konzentriert werden, muß in enger Zusammenarbeit mit den politisch Verantwortlichen getroffen werden, um die Qualität der Informationsbeschaffung als auch -261-

der Verteilung des analytischen Endprodukts zu verbessern. Es gibt nicht einen einzigen richtigen Weg, dieses Kommunikationsproblem zu lösen. Die Leiter der Nachrichtendienste müssen sich regelmäßig mit den Politikern beraten, wie sie die Beziehung zu den Analysten am besten gestalten wollen. Manche Ministerien und Behörden möchten, daß ihnen Analysten oder mündliche Berichterstatter zugeordnet werden, am besten im selben Gebäude, damit sie augenblicklich für Beratungen und Nachfragen zur Verfügung stehen. Dieses Modell hat sich in vielen Fällen als erfolgreich erwiesen. Das Handelsministerium verfügt zum Beispiel über ein Dutzend Geheimdienstoffiziere, die eigens von den Diensten abgestellt werden, um die 120 wichtigsten Beamten des Ministeriums zu beraten. Andere Politiker bevorzugen vielleicht den allmorgendlichen Kurzbericht oder den Austausch über Fax und E-Mail. Wieder andere möchten eine Beratung auf Anfrage oder die Möglichkeit, sich von Zeit zu Zeit mit einer Gruppe von Analysten zu treffen. Ein innovativer Beamter der Regierung Bush richtete eine Art Studiengruppe ein, in der sich verschiedene Agenten, Analysten und Politiker bei informellen Treffen über die Region Ostasien austauschten. Welche Art von Zusammenarbeit am geeignetsten ist, muß immer von den letztendlichen Nutzern der Informationen entschieden werden. Und einige Politiker wollen vielleicht überhaupt keine Hilfe von den Geheimdiensten. Die Abhängigkeit der Analyse von verläßlichen Daten Die Nachrichtendienste müssen ihr Fachwissen dazu nutzen, um zu entscheiden, welche Methoden für eine bestimmte Aufgabe am erfolgversprechendsten ist. Man sollte von Anfang an größeres Gewicht auf die Nutzung offener Quellen legen, bevor man auf geheime Quellen zurückgreift. Zu Anfang der 90er Jahre haben die Dienste innerhalb des -262-

DS&T ein Community Open Source Program Office (COSPO) eingerichtet. Sein Zweck war die Koordination der Sammlung, Verteilung und Weitergabe der Informationen aus offenen Quellen. Das COSPO richtete wiederum das Open Source Information System (OSIS) ein, ein Computernetzwerk, das Analysten und Politikern über das Internet Zugang zu weltweit frei verfügbaren Informationen verschafft. Dennoch hinken die Nachrichtendienste weit hinter dem modernen Informationsmanagement her. Ein Experte für offene Quellen ist zu dem Schluß gekommen, daß selbst das COSPO inzwischen tot ist, ein Opfer der Nichtbeachtung.31 Die Weiterentwicklung von Hardware und Software innerhalb der Geheimdienste ist nur eine Möglichkeit, um den Zugang der Analysten zu öffentlichen Material zu verbessern. Zusätzlich müssen die Nachrichtendienste mehr offene Konferenzen zu internationalen Themen veranstalten, mit Experten von „außerhalb“ und „innerhalb“ der Dienste. Der National Intelligence Council sollte seine offiziellen Lageberichte von einem externen wissenschaftlichen Gremium, das über Fachwissen und Objektivität verfügt, prüfen lassen. Wenn das zu anderen Einschätzungen der Lage gelangt, sollten sich die beiden Aufsichtsgremien im Kongreß mit den Gründen der auseinandergehenden Meinungen beschäftigen. Eine der wichtigsten Ressourcen Amerikas ist sein großer Reichtum an Wissen. Dieser Schatz muß effektiver für die außenpolitischen Überlegungen der Regierung genutzt werden. Die Nachrichtendienste sollten eine Liste anerkannter Experten erstellen, die bereit sind, ihr Wissen und ihre Erfahrung für die Interpretation internationaler Angelegenheiten einzubringen. Der Vorschlag, die Erkenntnisse der Geheimdienste extern prüfen zu lassen, wirft die weitergehende Frage auf, ob die Lageeinschätzungen nicht komplett außerhalb der Dienste durchgeführt werden sollten. Zumindest sollte der gegenwärtige National Intelligence Council nicht bei der CIA angesiedelt sein, -263-

wo er sich heute befindet. Ein guter Standort wäre in der Nähe des Weißen Hauses, wo er sich bereits früher einmal befand, näher bei den politischen Entscheidungsträgern, die er unterstützen soll, und weiter entfernt von einer möglichen Dominierung durch die Analysten der CIA. Zusammengefaßt läßt sich sagen, daß das wichtigste Erfordernis für eine wirkungsvolle Geheimdienstarbeit in dieser neuen Welt eine zielgenaue Analyse ist. Der Analyst muß seinen Bericht so gestalten, daß er die Informationsbedürfnisse - und keinesfalls die politischen Bedürfnisse - des Empfängers befriedigt. Wer dazu nicht in der Lage ist, kann in den Ruhestand gehen und seine Zeit beim Angeln verbringen, er wird nicht länger gebraucht. Wie kann dieses erstrebenswerte Ziel erreicht werden? „Zu erkennen, was die politisch Verantwortlichen benötigen - darin liegt der Schlüssel für die Geheimdienstarbeit“, versicherte ein erfahrener Geheimdienstoffizier.32 Das bedeutet wiederum, daß die Geheimdienstleute nahe an der Politik sind. Ein ehemaliger Botschafter erklärte: „Der Schlüssel liegt darin, nahe genug an den einzelnen Politiker heranzukommen, um herauszufinden, was er benötigt.“33 Am erfolgreichsten scheint das Modell zu sein, bei dem ein Analyst oder Verbindungsoffizier im Büro nebenan sitzt, oder zumindest nicht allzu weit entfernt, den Politiker auf Reisen und bei Sitzungen begleitet und täglich Bericht erstattet. Wenn seine Berichte knappe und präzise Antworten auf die Probleme beinhalten, die sich gegenwärtig auf dem Tisch des Politikers stapeln, dann wird der Bericht nicht nur gelesen, sondern auch beachtet.

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KAPITEL 9 DIE BALANCE ZWISCHEN FREIHEIT UND SICHERHEIT „Wir wissen, daß viele Amerikaner über die Aktivitäten der CIA und der US-Geheimdienste beunruhigt sind. Sie verstehen die Notwendigkeit der Informationsbeschaffung und selbst für gelegentliche verdeckte Aktionen. Aber sie fühlen sich unbehaglich bei Heimlichtuerei. Und hier liegt der Nutzen der Kontrolle durch den Kongreß: die Versicherung für die Amerikaner, daß die Gesetze eingehalten werden und Kontrolle ausgeübt wird.“ DCI Robert M. Gates, Hearings, U.S. Senate Committee on Intelligence, 1991 DIE GEWALTENTEILUNG Laut Verfassung der Vereinigten Staaten muß sich die Exekutive die Macht mit Legislative und Judikative teilen. Obwohl das in manchen Fällen zu Ineffizienz führen kann, liegt der Wert dieser Teilung in der Kontrolle, die dadurch ausgeübt wird. Das Konzept der Gewaltenteilung ist tief in der amerikanischen Tradition verwurzelt. „Wenn die Menschen von Engeln regiert würden, wäre keine externe oder interne Kontrolle der Regierung notwendig“, bemerkte James Madison 1788. Vielleicht weil er sich nicht erinnern konnte, im öffentlichen Leben je Engeln begegnet zu sein, riet er zu eher weltlichen Absicherungen gegen den Mißbrauch der Regierungsmacht. „Eine Abhängigkeit vom Volk“ sei das wichtigste, vor allem regelmäßige Wahlen. Obwohl unerläßlich, sind Wahlen jedoch nicht ausreichend. „Die Erfahrung hat die Menschheit gelehrt, daß zusätzliche Vorkehrungen notwendig -265-

sind“, fügte Madison hinzu. Zwischen den Wahlen müssen die drei Zweige der Regierung sich gegenseitig genau beobachten. Mit Madisons berühmtestem Ausspruch: „Der Ehrgeiz muß den Ehrgeiz zügeln.“1 Diese Sorge über die Gefahren konzentrierter Macht waren in der jungen Republik weit verbreitet. Jefferson spottete über die Vorstellung, daß loyale Bürger blindes Vertrauen zu ihren politischen Führern haben sollten. Er empfahl im Gegenteil höchste Wachsamkeit gegen Leute in hohen Ämtern. „Blindes Vertrauen ist überall der Vater des Despotismus“, warnte er. „Wenn es um Macht geht, dann kann man Menschen nicht vertrauen, man muß möglichem Mißbrauch die Ketten der Verfassung anlegen.“2 Das wichtigste Glied in dieser Kette ist der erste Artikel der Verfassung, in dem die Befugnisse des Kongresses aufgezählt werden und deutlich gemacht wird, daß die Legislative für Kriegsführung, Verträge und Finanzen verantwortlich ist und die Macht hat, Mitglieder der Exekutive und Judikative, die das Vertrauen der Bevölkerung mißbraucht haben, aus ihrem Amt zu entfernen. Heutige Politikwissenschaftler haben dies zu dem Modell der „getrennten Institutionen, die sich die Macht teilen“, weiterentwickelt, was besser wiedergibt, wie die Verfassung im Alltag funktioniert.3 Die Idee der Gewaltenteilung wurde in der modernen Zeit durch den Richter am Obersten Gerichtshof, Louis Brandeis, gefördert, der die Amerikaner eines neuen Jahrhunderts daran erinnerte, daß die Gründerväter nicht danach gestrebt hatten, „die Effizienz zu fördern, sondern die Ausübung willkürlicher Macht auszuschließen. Der Zweck bestand nicht darin, Spannungen zu vermeiden, sondern durch die unvermeidbaren Spannungen, die durch die Aufteilung der Macht unweigerlich entstehen, das Volk vor einer Autokratie zu bewahren.“4 Die Regierungsform, die sich die Staatsgründer vorgestellt haben, hat nie perfekt funktioniert. Besonders hitzig waren die -266-

Kämpfe der Institution um die Befugnisse in Kriegs- und Vertragsfragen. Manchmal nahm die Macht des Präsidenten alarmierende Ausmaße an, zum Beispiel als Abraham Lincoln in der Anfangsphase des Bürgerkriegs die Stellung eines Autokraten einnahm; als Lyndon B. Johnson den Vietnamkrieg ohne eine Debatte im Kongreß ausweitete und als Richard Nixon in die Watergate-Affäre verwickelt war. Bei anderen Gelegenheiten wurde die Macht des Kongresses zu groß, zum Beispiel als Joseph McCarthy die Untersuchungsbefugnisse des Senats grob mißbrauchte, um die Regierungen Truman und Eisenhower und Hunderte von Bürgern zu schikanieren. Und manchmal kam es in der Judikative zu Auswüchsen, wie 1936 bei eigenmächtigen Entscheidungen des Richters George Sutherland. Die meiste Zeit ist die Regierung dem Prinzip der Gewaltenteilung jedoch treu geblieben, auch wenn ihre Form stets von den Persönlichkeiten und den Umständen der Zeit abhängig war. Fast immer jedoch (mit Ausnahme des Bürgerkrieges) wurden die Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Zweigen der Regierung durch Dialog und Übereinkünfte gemildert. Andrew Johnson und Bill Clinton entkamen nur knapp einer Amtsenthebung, und Präsident Richard Nixon kam einer sicheren Entlassung durch Rücktritt zuvor. Normalerweise zeigten alle Inhaber hoher Ämter die Bereitschaft, das Prinzip der Gewaltenteilung anzuerkennen. Herzstück dieses Prinzips sind die Sicherungen gegen ein Ungleichgewicht der Macht, und das bedeutet Kontrolle. Es gibt jedoch einen Bereich des Staatsapparates, der eine bemerkenswerte Ausnahme von der Regel darstellt. Fast während ihrer ganzen Geschichte genossen die Geheimdienste Immunität vor allzu großer Kontrolle durch Außenstehende.

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DER AUSNAHMEFALL DER GEHEIMDIENSTE Während der frühen Geschichte der Vereinigten Staaten unterlagen die Geheimdienste keiner ernsthaften Überwachung durch den Kongreß und den Gerichten.5 Aber auch in den modernen Zeiten, mit all den Kontrollinstrumenten des Kongresses, weichen die CIA und die anderen Geheimdienste den üblichen Kontrollen durch die Regierung aus. Die Mitglieder des Kongresses beugen sich dem Fachwissen der Geheimdienstoffiziere und ziehen es ohnehin vor, der Verantwortung für umstrittene Geheimoperationen wie dem Fiasko in der kubanischen Schweinebucht (1961) aus dem Weg zu gehen.6 Der frühere DCI James Schlesinger erinnert sich an ein Treffen, das er 1973 mit John Stennis hatte, dem Vorsitzenden eines Senatskomitees, das sich mit Geheimdienstfragen befaßt. „Ich ging zum Kapitol und sagte: ,Herr Vorsitzender, ich möchte Ihnen von einigen unserer Programme erzählen.’ Da sagte der Senator schnell: ,Nein, nein, mein Guter, erzählen Sie mir nichts. Machen Sie einfach - aber ich möchte nichts darüber wissen.’“7 Auch das Büro des Präsidenten übernimmt keine zuverlässige Verantwortung für die Geheimdienste. Wichtige Mitglieder des Sicherheitsrates werfen selten einmal - in manchen Fällen auch nie - einen Blick auf den Geheimdienstetat. „Ich habe nie das Budget der CIA zu Gesicht bekommen, obwohl ich reguläres Mitglied des Sicherheitsrates war“, sagte Dean Rusk einmal, als er auf seine lange Zeit als Außenminister während der Regierungen Kennedy und Johnson zurückblickte. Viele der Aktivitäten der CIA (einschließlich aggressiver verdeckter Aktionen und Spionageabwehroperationen) werden keinerlei gründlicher Prüfung unterzogen, und in manchen Fällen geschehen sie ohne Zustimmung des Sicherheitsrats.8 In der Überzeugung, daß eine bessere Aufsicht über die -268-

Geheimdienste notwendig ist, versuchen einige wenige Mitglieder des Kongresses von Zeit zu Zeit neue Kontrollmechanismen zu entwickeln (besonders nach solchen Desastern wie dem in der Schweinebucht). Aber diese Initiativen scheitern stets, weil die Mehrheit der Abgeordneten damit zufrieden ist, für die Geheimdienste eine Ausnahme zu machen. Sie geben sich mit dem Argument zufrieden, daß die Geheimdienstoperationen zu heikel für eine Überprüfung sind; außerdem scheuen sie sich, Aktionen zustimmen zu müssen, die sich als peinliche Fehlschläge erweisen könnten. Einige Vorschläge zur Kontrolle waren bescheidene Bemühungen, die Prüfung von Geheimdienstprogrammen zu verbessern. Bei ihrer Umsetzung hätten sie durchaus spätere Skandale verhindern können. Andere Vorschläge waren extremer, so sah das Abourezk Amendment die Abschaffung aller verdeckten Aktionen vor, ganz gleich welcher Art und unter welchen Umständen.9 Was immer die Vorteile der verschiedenen Initiativen sein mochten, der Kongreß zeigte sich nicht bereit, das Kontrollprinzip der Gewaltenteilung auf die dunkleren Gefilde der amerikanischen Regierungsmacht anzuwenden. Im Dezember 1974 änderte sich diese Haltung jedoch schlagartig. In einer Reihe von Artikeln enthüllte der Reporter Seymour Hersh von der New York Times, daß die CIA während des Vietnamkrieges auch amerikanische Bürger ausspioniert und versucht hat, den demokratisch gewählten Präsidenten von Chile (Salvador Allende) zu stürzen. Auch wenn die Abgeordneten im Kongreß über die Enthüllung der verdeckten Aktionen in Chile als weiteres notwendiges Kapitel des Kalten Krieges gegen die sowjetische Einmischung in den Entwicklungsländern vielleicht hinweggegangen wären, die Ausspionierung amerikanischer Bürger jedoch - ihrer Wählerschaft - war eine Anschuldigung, die sie nicht ignorieren durften. Sowohl Exekutive wie Legislative starteten unverzüglich Nachforschungen.10 -269-

Während dieser Untersuchungen im Jahre 1975 kamen immer neue Schreckensbilder ans Licht: von Mordkomplotten gegen Staatsführer bis zu umfangreichen Spionageaktionen gegen amerikanische Bürger, deren einziges Verbrechen darin bestand, gegen den Vietnamkrieg zu protestieren oder sich in der Bürgerrechtsbewegung zu engagieren. Die Regierung Ford schuf neue Aufsichtsgremien (Foreign Intelligence Advisory Board, Intelligence Oversight Board), die nun die Geheimdienste im Auftrag des Präsidenten überwachen sollten. Durch eine Rechtsverordnung verbot Präsident Gerald Ford die Mordkomplotte und verschärfte die Bestimmungen für verdeckte Aktionen. Auch sein Nachfolger Jimmy Carter stärkte die Verantwortlichkeit des Sicherheitsrats für die Aktivitäten der Geheimdienste. Der Reformeifer des Kongresses ging noch weiter. Die Initiativen von Präsident Ford wurden tatsächlich im allgemeinen mehr als Versuche gewertet, dem Kongreß zuvorzukommen, denn als wirkliche Maßnahmen zur Zügelung der Geheimdienste. Am letzten Sitzungstag der Legislaturperiode 1974 setzte der Kongreß das erste Gesetz in Kraft, das die Anwendung von verdeckten Aktionen kontrollierte. Das richtungsweisende Hughes-Ryan-Amendment sorgte für zwei wesentliche Änderungen. Erstens mußte der Präsident eine verdeckte Aktion autorisieren, bevor sie durchgeführt werden konnte. Zweitens mußte diese Zustimmung den zuständigen Gremien im Kongreß rechtzeitig mitgeteilt werden.11 Mit der Umsetzung dieses Gesetzes rückten einige Abgeordnete in den kleinen Kreis der Personen ein, die über verdeckte Aktionen Bescheid wissen. Die Abgeordneten gingen nicht so weit, daß sie sich selbst das Recht gaben, verdeckte Aktionen verbieten zu können, aber zumindest erfahren sie von ihnen und können Bedenken vorbringen und im Extremfall die Finanzierung stoppen. Bis zum Frühjahr hatten die Senatoren ein ständiges -270-

Aufsichtsgremium für die Geheimdienste geschaffen, das Select Senate Committee on Intelligence (SSCI, von allen außer seinen Mitgliedern „sissy“, das bedeutet „Memme“, ausgesprochen, was die Meinung der Hardliner wiedergab), das eine genaue Prüfung des Geheimdienstetats und der alltäglichen Aktivitäten vornehmen konnte. Im Jahr darauf richtete das Repräsentantenhaus ein vergleichbares Komitee ein, das House Permanent Select Committee on Intelligence (HPSCI). Seitdem hat sich das Experiment des Kongresses in Sachen Gewaltenteilung mit Unterbrechungen weiterentwickelt. Manchmal haben die Abgeordneten die Zügel angezogen, vor allem bei der Verabschiedung des Intelligence Oversight Act von 1980; dem Boland Amendment zur Einschränkung verdeckter Aktionen in Nicaragua unter der Regierung Reagan; dem Intelligence Oversight Act von 1991; und im selben Jahr (beides Reaktionen auf die Iran-Contra-Affäre) die Ernennung eines Generalinspekteurs der CIA, der vom Kongreß ernannt wird, dem er auch verantwortlich ist. Zu anderen Zeiten haben die Abgeordneten die Zügel wieder gelockert, wenn sie sich als zu kurz erwiesen haben, zum Beispiel 1985 mit der Aufhebung des Verbots verdeckter Aktionen in Angola und mit der Anerkennung der Forderung von Präsident George Bush, daß er dem Kongreß nur begrenzt über verdeckte Aktionen Mitteilung machen muß. Bei anderen Gelegenheiten hat der Kongreß den Geheimdiensten dabei geholfen, ihre legitimen Aktivitäten zu schützen, unter anderem mit der Verabschiedung des Intelligence Identities Act von 1982, das eine Gefährdung von V-Männern der Geheimdienste durch die Veröffentlichung ihrer Namen verhinderte. Während das Hin und Her weiterging, stand eines außer Frage: Endlich waren die Geheimdienste Teil des amerikanischen Systems der Gewaltenteilung geworden.

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DIE VORTEILE DER KONTROLLE Hat sich das neue System der Kontrolle bewährt? Die Meinungen darüber gehen auseinander, wie man an zwei jüngeren Studien zum Thema Geheimdienste ablesen kann.12 Für die eine Autorin, Kathryn Olmsted, ist der Versuch, eine gewissen Kontrolle in die Welt der Geheimdienste einzuführen, größtenteils fehlgeschlagen, wie gut gemeint er auch immer gewesen sein mag. Trotz jahrelanger Untersuchungen dreier getrennter Gremien sind als Ergebnis nur sehr dürftige Reformen herausgekommen. Olmsted schreibt, daß „der Kongreß letztlich nicht bereit war, die Verantwortung für die Aufsicht der Nachrichtendienste zu übernehmen“. Auch wenn vieles von Olmsteds Kritik an der mangelhaften Aufsicht der Legislative schlüssig ist, so liegt sie mit einem falsch: Es kommt nicht so sehr auf Zahl und Schärfe der Gesetze an, sondern eher auf die alltägliche Kontrolle der Geheimdienste durch die Legislative. Die Gründung der beiden Aufsichtsgremien hat zu einer besseren Kontrolle der Dienste als je zuvor geführt. Die verabschiedeten Kontrollgesetze sollten nicht in Bausch und Bogen als unzureichend bezeichnet werden, insbesondere nicht ihre Auflagen zur Berichterstattung. Der Intelligence Oversight Act von 1980 hat die Kontrolle entschieden verbessert. Er sieht die vorherige Information des Kongresses über jede wichtige verdeckte Aktion vor. Von Bedeutung ist auch der Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) von 1978, der die Justiz an der Aufsicht der Geheimdienste beteiligt, indem er für nationale Abhöraktionen richterliche Überprüfungen vorsieht. Und ebenso der Intelligence Oversight Act von 1991, der auf einer vorab eingeholten, schriftlichen Zustimmung des Präsidenten zu verdeckten Aktionen besteht, und nicht auf einer mündlichen Billigung ex post facto, wie einst durch Präsident Reagan in der Iran-Contra-Affäre. Diese Initiativen und das Statut des Generalinspekteurs sollten keine -272-

Alibireformen bleiben, sondern strenge Gesetze, die dem Prinzip der Kontrolle der Geheimdienste Substanz geben. Auch die Medien verdienen mehr Vertrauen, als Olmsted ihnen entgegenbringt. Sicher haben eine Reihe von amerikanischen Reportern in der Vergangenheit Fehler gemacht, als sie für Recherchen geheime Zahlungen von der CIA angenommen haben. Dadurch wurde die Grenze zwischen unabhängigem Journalismus und Spionage verwischt.13 Außerdem sind die Berichte über Geheimdienste oft oberflächlich (Olmsteds zentraler Punkt). Es gibt jedoch gute Gründe für die eher dürftige Berichterstattung. Die Geheimdienste sind von Mauern umgeben, im realen wie im übertragenen Sinne, und das ist für Journalisten, Wissenschaftler und andere Außenstehende gleichermaßen hinderlich. Die Erwartung, daß die Medien in der Lage sind, diese Mauern permanent zu überwinden, ist unrealistisch. Die meisten amerikanischen Bürger wollen auch gar nicht, daß Staatsgeheimnisse, falls es solche sind, publik werden. Die Medien haben manchmal nicht rücksichtsvoll, sondern eher unverantwortlich berichtet. Der Kolumnist Jack Anderson hat sich mit seinen Berichten sicher um die Verteidigung öffentlicher Interessen verdient gemacht, aber seine Enthüllungen der Operation „Guppy“ (die amerikanische Verwanzung sowjetischer Staatskarossen in Moskau) und die Reportage über die Aktion „Glomar Explorer“ (als die CIA versuchte, ein gesunkenes sowjetisches U-Boot zu bergen) unterminierte zwei sehr wichtige Operationen zur Beschaffung potentiell wertvoller Informationen.14 Verschiedene Mitarbeiter der Medien, die von diesen Geschichten wußten, hatten sich weise dafür entschieden, sie nicht zu veröffentlichen, weil sie dadurch die Interessen der Vereinigten Staaten gefährdet sahen. Es gibt Gelegenheiten - so selten sie auch sein mögen -, bei denen sich die Medien im nationalen Interesse zurückhalten sollten. -273-

Laut Olmsted „waren die Geheimdienste die klaren Sieger in der langen Schlacht mit den Untersuchungsausschüssen (von 1975)“, denn das Ergebnis war „die Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit der CIA“. Betrachten wir jedoch das gesamte neue Arrangement der Kontrollmechanismen der Legislative, einschließlich der Schaffung von SSCI und HPSCI. Beide Komitees verfügen über die Zustimmungspflicht für den Etat, über Vorladungsrechte und das Mandat, weiteren Mißbrauch zu verhindern. Denken wir auch an die Enthüllung der Mordkomplotte, der Spionage gegen US-Bürger, der Umsturzpläne in Chile und der Drogenexperimente. Die Geheimdienste waren 1975 keineswegs die Sieger. Sicher, die CIA wurde nicht abgeschafft, wie es manche befürchtet hatten, so auch der damalige DCI William Colby. Das Endresultat war dennoch eine signifikante Verbesserung der legislativen Kontrolle der Geheimdienste. Olmsted kommt zu dem Schluß, daß die Untersuchungen des Kongresses „die Nation für eine kurze Zeit zu einer Diskussion der Gefahren von geheimdienstlichen Aktivitäten in einer Demokratie gezwungen haben“. Es handelt sich aber ganz im Gegenteil um eine engagierte und anhaltende Debatte, die durch die Regierungszeit Carters Bestand hatte und sich unter Reagan und Bush mit der Iran-Contra-Affäre zuspitzte. Sie wurde 1996 während der Regierung Clinton durch den Bericht der AspinBrown-Kommission wiederbelebt, mit den gleichzeitigen Bemühungen von Kongreß und Fachleuten, Reformen anzustoßen. Wieviel Geheimdienst ist ausreichend? Wie sieht die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit aus? Wann sollten die Legislative und die Medien heikle Geheimdienstoperationen unterstützen und wann offen kritisieren? Das sind Fragen, auf die es keine endgültigen Antworten gibt. Während Olmsted über das Fehlen einer wirksamen Kontrolle der Geheimdienste bestürzt ist, nimmt die zweite Studie einen -274-

gegenteiligen Standpunkt ein. Steven F. Knott ist entsetzt, daß das Übermaß an Kontrolle die amerikanischen Geheimdienste lähmt. Er erinnert daran, daß auch Washington, Jefferson und Lincoln immer wieder auf umstrittene Praktiken zurückgegriffen haben. Aus dieser geschichtlichen Lektion zieht er jedoch einen zweifelhaften Schluß, nämlich daß die Diskretion in Sachen Geheimdienst der Nation in der Vergangenheit gute Dienste erwiesen hat und das auch in Zukunft tun wird, wenn sich der Kongreß dem nicht in den Weg stellt. Laut Knott sind die Geheimdienstoperationen oft heikel und verwundbar und bedürfen der Geheimhaltung, der Flexibilität, der Schnelligkeit und der Effektivität, was alles gefährdet ist, wenn der Kongreß auf den Plan tritt. Knott ist von Präzedenzfällen aus der Frühzeit unserer Nation beeindruckt, und das ist verständlich, denn die Fertigkeiten der Gründerväter waren wirklich beeindruckend. Sein Enthusiasmus geht jedoch zu weit. Während der Watergate-Affäre behaupteten Verteidiger der Regierung Nixon, daß der Präsident nichts anderes getan habe als frühere Präsidenten auch. „Ich kann diese Auffassung nicht teilen“, entgegnete ein Abgeordneter völlig zu Recht, „und auch nicht die Auffassung, daß alle Präsidenten gelogen, gegen Gesetze verstoßen und die Verfassung gebrochen haben. Und wenn George Washington bestechlich gewesen wäre, dann wird die Bestechlichkeit deswegen nicht zur Tugend oder zum Grund, darüber hinwegzusehen, wenn seine Nachfolger sich ihrer schuldig machen.“15 Genauso kann die Tatsache, daß frühere Präsidenten geheime Operationen ohne Kontrolle ausgeführt haben, nicht die heutige Praxis rechtfertigen. Knott ist ein vehementer Kritiker der Rebellion gegen die „Allmacht“ des Präsidenten im Zuge von Watergate. Er erinnert die Amerikaner daran, wie ihre hochgeehrten ersten Präsidenten bereit waren, Operationen durchzuführen, bei denen heute die feigen Memmen von Abgeordneten aufschreien würden. „Die -275-

wichtigste Reform, die man am gegenwärtigen System vornehmen müßte“, so schreibt Knott, „ist die Abschaffung aller Kontrollgremien und die Wiederherstellung des Systems, wie es von 1947 bis 1974 existiert hat.“ Statt der Aufsichtsgremien des Kongresses würde er ein System einer ungezügelten Vorherrschaft der Exekutive bevorzugen. Als erstes sollte der „lächerliche“ Erlaß von Präsident Ford zum Verbot von Mordkomplotten aufgehoben werden. Was die Volksvertreter 1975 so bestürzte, war das Ausmaß, in dem viele der Geheimdienste die Gesetze gebrochen und gegen ihre Vorschriften verstoßen hatten. Sie waren schockiert über die Aufdeckung von Mordkomplotten; die mehr als eine Million geheimer Akten über US-Bürger; die illegale Öffnung von Briefen und Lauschangriffe; die Spionagepläne des Weißen Hauses gegen amerikanische Bürger; die ungesetzliche Beschlagnahmung chemischer und biologischer Substanzen; das Geheimdienstkomplott zur Erpressung Martin Luther Kings, das ihn in den Selbstmord treiben sollte; die Infiltration der CIA in Medien, Universitäten und Kirchengruppen; die Anwendung von Gewalt des FBI gegen Afroamerikaner; die verdeckten Schikanen gegen Gegner des Vietnamkrieges und Bürgerrechtsaktivisten und die verdeckten Aktionen nicht nur gegen Diktatoren, sondern auch gegen demokratisch gewählte Präsidenten. Während der meisten Zeit unserer Landesgeschichte waren die Operationen der Geheimdienste klein und peripher. Inzwischen sind die Dienste zu groß geworden, als daß der Präsident sie alleine kontrollieren könnte. Der Kongreß muß dabei helfen. Nach Ansicht von Knott hat diese Aufsicht durch die Legislative die Geheimdienste nur gelähmt. Die meisten der DCIs sind seit 1975 jedoch anderer Meinung. Sie begrüßen die Möglichkeit, die schwere Bürde ihrer Verantwortung mit dem Kongreß zu teilen. Und es hat auch keine Regierung versucht, die Gesetze und Kontrollmechanismen wieder aufzuheben, die -276-

derzeit die Geheimdienstaktivitäten bestimmen. Die Legislative weiß, daß unser Land im Notfall weiterhin über die Fähigkeit des schnellen Einsatzes von verdeckten Aktionen verfügen muß. Laut Knott haben die neuen Kontrollen die CIA vor dieser Option zurückschrecken lassen, aber tatsächlich wurde in den Jahren der Regierungen Reagan und Bush am meisten Gebrauch von verdeckten Aktionen gemacht, also nachdem die Reformen in Kraft getreten waren.16 Knott beschuldigt den Kongreß weiterhin, daß er widerrechtlich vertrauliche Informationen weitergegeben hat. Untersuchungen zum Thema „Sicherheitslecks“ lokalisieren diese jedoch übereinstimmend zumeist in der Exekutive.17 Knott behauptet auch, daß die Aufsicht, die der Kongreß von 1947 bis 1974 geführt hat, völlig ausreichend gewesen war. Jede andere glaubwürdige Studie kommt zu einem anderen Ergebnis.18 Es geht hier nicht um die Frage, ob die Exekutive oder die Legislative die Souveränität über die Geheimdienste haben soll. Die Herausforderung besteht darin, die besten Elemente beider zum Wohle der nationalen Sicherheit einzusetzen. Die Mitglieder des Kongresses haben ein Gespür dafür, was das amerikanische Volk gutheißen wird. Der Kongreß bringt eine alternative Sichtweise in die (geschlossenen) Sitzungen der Exekutive ein. Bei sensiblen Themen, die große Kosten und Gefahr für die Vereinigten Staaten mit sich bringen, kann eine alternative Sichtweise lebenswichtig sein. Während der Untersuchungen zur Iran-Contra-Affäre räumte Vizeadmiral John M. Pointdexter (der Sicherheitsberater Präsident Reagans) ein, daß er die Komitees des Kongresses umgangen hat, um „Einmischungen von außen“ zu vermeiden19 - als wenn der Kongreß ein Außenstehender wäre. Sicher, Debatten im Bereich des Geheimdienstes müssen oft hinter geschlossenen Türen stattfinden. Das neue System der Kontrolle ermöglicht jedoch bis zu einem gewissen Grade eine unabhängige Überprüfung durch gewählte Vertreter des -277-

amerikanischen Volkes, über Präsident und Vizepräsident hinaus. Die Alternative wären verdeckte Aktionen auf Anordnung der Exekutive. Die verheerenden Folgen dieser Alternative wurden bei den Untersuchungen von 1975 und nach der Iran-Contra-Affäre dokumentiert und bleiben im Gedächtnis der wachsamen Bevölkerung. WEICHENSTELLUNG FÜR EINE NEUE ÄRA DER KONTROLLE Ganz gleich, ob man die Vorstellung einer stärkeren Überwachung der Geheimdienste befürwortet oder ablehnt, die Tatsache bleibt bestehen, daß das Jahr 1975 ein entscheidender Wendepunkt in der Geschichte der amerikanischen Geheimdienste war. Seitdem hängt die Qualität der Kontrolle davon ab, wie ernst die einzelnen Vertreter der Legislative ihre Verantwortung nehmen und wie häufig (und wie überzeugend) die Medien über Fehlverhalten der Dienste berichten. Im allgemeinen ist das Niveau der Kontrolle relativ hoch geblieben, vergleicht man es mit der Zeit von vor 1975. Mit der Verabschiedung einer Reihe von Gesetzen (auf Betreiben des HPSCI-Vorsitzenden Edward Boland) reagierten die Aufsichtsgremien schnell, um in der ersten Hälfe der Amtszeit Reagans unangemessene verdeckte Aktionen in Nicaragua zu blockieren. Der Kongreß bemerkte den Schwindel der IranContra-Affäre erst, als die Operation aufflog (sie wurde nie, wie es gesetzlich eigentlich vorgeschrieben war, dem Kongreß mitgeteilt, sondern von einer Zeitung im Mittleren Osten aufgedeckt), da wurden die Aufsichtsgremien wachgerüttelt. Eine neue Partnerschaft Ungeachtet dieser Irritationen war der allgemeine Trend während der letzten Phase des Kalten Krieges unverkennbar: Kongreß und Exekutive waren bei der Führung der -278-

Geheimdienste in eine neue Ära der Partnerschaft eingetreten. Wie ein DCI es ausdrückte, befand sich die CIA in gleicher Distanz zu den beiden Zweigen der Regierung: „Beiden gegenüber verantwortlich, und nicht bereit, auf Anweisung des Präsidenten zu handeln, ohne den Kongreß zu befragen.“20 Zwischen 1986 und 1990 stiegen die Mitteilungen der CIA an die Aufsichtsgremien, Abgeordneten und Stäbe des Kongresses kontinuierlich von wenigen Hundert im Jahr auf 1012 im Jahre 1990.21 Die Zahl der schriftlichen Berichte (die meisten davon Verschlußsachen), die an den Kongreß gesandt wurden, ist seit 1986 ebenfalls stark angestiegen. Allein 1991 waren es 7000.22 Ein weiteres Zeichen für die ernsthaften Bemühungen, die Aktivitäten der CIA zu überwachen und die amerikanischen Bürger darüber zu informieren, sind eine Reihe von Anhörungen im Kongreß, die zwischen 1991 bis 1994 abgehalten wurden, bei denen Zeugen aus den Geheimdiensten öffentlich aussagten, was im Kalten Krieg noch eine Seltenheit gewesen war. Der erste DCI unter Präsident Clinton, James Woolsey, erschien 1993 bei acht öffentlichen Anhörungen. In früheren Zeiten selbst nach den Untersuchungen von 1975 und den Rufen nach mehr Transparenz - erschienen die DCIs während einer Sitzungsperiode des Kongresses oft überhaupt nicht bei öffentlichen Anhörungen. Das Ergebnis ist, daß die CIA jetzt zwei Herren hat: den Präsidenten und auch den Kongreß. Manchmal kommt noch ein dritter hinzu, da die Gerichte sich zunehmend mit Prozessen im Umfeld der Geheimdienste beschäftigen und Genehmigungen für Lauschangriffe erteilen müssen. Rückfälle Man sollte den Grad der Offenheit der CIA jedoch nicht überschätzen. 1994 zeigte sich, daß der Kongreß bei wichtigen Aspekten der Geheimdienstpolitik noch immer im Dunkeln tappte. Obwohl das HPSCI informiert war, erfuhren die -279-

Mitglieder des SSCI nur durch Zufall, daß das National Reconnaissance Office (NRO) die Kosten beim Bau eines neuen Hauptquartiers um 159 Millionen Dollar überzogen hatte. Weitere Berichte in den Jahren 1995/96 deckten dann auf, daß das NRO einen Schmiergeldfonds von 4 Milliarden Dollar bereithielt, ohne daß der Kongreß von dieser Höhe der Summe wußte.23 1995 kam dann heraus, daß ein anderer Geheimdienst, diesmal die CIA, es ebenfalls versäumt hatte, den Kongreß über dubiose Aktivitäten zu unterrichten. Es ging um die Verbindungen der CIA zu einem umstrittenen Colonel des Militärs in Guatemala, Julio Roberto Alpirez, der sie von Zeit zu Zeit mit Informationen versorgte. Die Medien verdächtigten den Offizier, in den Mord an einem amerikanischen Staatsbürger in Guatemala verwickelt zu sein und auch in den Todesfall eines einheimischen Guérillero, der mit einer Amerikanerin verheiratet war. Nach den Kontrollgesetzen hätte sich die CIA mit den Aufsichtsgremien des Kongresses beraten müssen, ob die Kontakte zu dem Colonel aufrechterhalten werden können. Die New York Times folgerte: „Die wichtigste Lektion, die wir daraus lernen, lautet, daß die CIA nicht in der Lage ist, sich selbst zu kontrollieren.“24 Ein jüngerer Fall eines Geheimdienstoffiziers, der das Prinzip der Kontrolle nicht verstanden hat, ist der Leiter der Spionageabwehr im Energieministerium. 1999 kritisierte er die Vorsitzenden von SSCI und HPSCI wegen der energischen Untersuchungen der Spionageaffäre im Labor von Los Alamos. Er beschwerte sich, daß er deswegen „innerhalb von zwei Monaten vor 14 verschiedenen Komitees als Zeuge aussagen mußte“.25 Der Vorfall von Los Alamos offenbart jedoch eine gravierende Lücke in der Spionageabwehr. Wenn die Aufsichtsgremien der Legislative den Abwehrchef des Labors einmal oder mehrere hundertmal befragen wollen, dann ist das ein wichtiger Teil seines Jobs. Wie ein erfahrener, ehemaliger -280-

Geheimdienstoffizier erklärte: „Der Umgang mit der Öffentlichkeit ist heutzutage eine genauso wichtige Aufgabe wie die Rekrutierung von Agenten oder die Vorhersage von Ereignissen.“26 Zumindest hat es der Abwehrchef des Energieministeriums vermieden, die noch schlechtere Haltung der Beteiligten an der Iran-Contra-Affäre einzunehmen. Sie haben den Kongreß entweder überhaupt nicht informiert, oder, die schlimmste Verletzung der Aufsichtspflicht, sie haben die Gremien belogen. Andere Beamte aus dem Energieministerium haben jedoch dieses bedauerliche Verhalten an den Tag gelegt, ungeachtet der noch frischen Erinnerung an die Iran-Contra-Affäre. 1998 unterließ es das Ministerium, einen Jahresbericht über die Sicherheitslage in den nationalen Laboratorien vorzulegen, wie es vom Kongreß verlangt wird.27 Und zwei hohe Beamte des Ministeriums, darunter auch der Sicherheitschef, hielten außerdem Informationen über die Los-Alamos-Affäre zurück, selbst als sie unter Eid aussagten.28 Manche Leute scheinen die Lektionen aus der Iran-ContraAffäre schnell vergessen zu haben (wenn sie je etwas daraus gelernt hatten). „Wenn man dem Kongreß so wenig wie möglich mitteilt und damit davonkommt, dann ist das meiner Ansicht nach nicht verkehrt“, soll ein ehemaliger Geheimdienstoffizier 1991 angeblich in Hinsicht auf seine in die Iran-Contra-Affäre verwickelten Kollegen gesagt haben. „Mir fällt es schwer, den Jungs Vorwürfe zu machen.“29 Der neue NRO-Direktor räumte dann auch ein, daß das alte Ethos seiner Organisation - das er mit aller Entschlossenheit zu ändern versprach - bestenfalls aus einer widerwilligen Akzeptanz der Kontrolle durch den Kongreß bestand. „Die Einstellung lautete: Wir erzählen euch nichts, und ihr könnt uns nichts anhaben.“30 Dabei besteht die einzige Hoffnung, daß die legislative Kontrolle funktioniert, in „der aufrichtigen und vollständigen Information des Kongresses durch die Geheimdienste“, wie ein ehemaliges Mitglied des -281-

SSCI bemerkte.31 Die Entwicklung zuverlässiger Kontrollmechanismen für die Geheimdienste erlitt im Februar 2000 einen neuen Rückschlag, als herauskam, daß die CIA weder dem Kongreß noch dem Justizministerium mitgeteilt hatte, daß der frühere DCI John Deutch unsachgemäß mit vertraulichem Material umgegangen war (während seiner Amtszeit hat er umfangreiche Unterlagen zur Arbeit mit nach Hause genommen und damit Sicherheitsbestimmungen verletzt). Es gibt „keine Entschuldigung“ für das Verschweigen dieser Verfehlung, räumte Deutchs Nachfolger George Tenet ein.32 Der Grad der Offenheit und Kooperation der Geheimdienste mit der Legislative ist seit den Reformen von 1975 also schwankend gewesen. Wie gut haben sich andere Wächter innerhalb und außerhalb der Regierung bewährt? Kontrolle durch das Weiße Haus Während der Amtszeit Präsident Reagans haben die Geheimdienste von einer engen Beziehung mit dem Weißen Haus profitiert, hauptsächlich weil DCI Casey ein enger persönlicher Freund des Präsidenten und sein Wahlkampfmanager gewesen war. Casey wurde der erste DCI im prestigeträchtigen Rang eines Kabinettsmitglieds. Außerdem unterstützte Reagan Caseys Faible für ein verdecktes Vorgehen gegen den weltweiten Einfluß der Sowjetunion. Diese Politik der lockeren Zügel führte jedoch zu den Auswüchsen der IranContra-Affäre. Als der ehemalige DCI George Bush Präsident wurde, genoß die CIA den Luxus eines Staatsoberhauptes, der die Arbeit der Geheimdienste verstand und schätzte. Daher befürwortete Präsident Bush sen. die meisten Forderungen der Dienste, reduzierte jedoch die Beteiligungen der CIA an verdeckten Aktionen.33 Die Regierung Clinton nahm mit ihrer relativen -282-

Nichtbeachtung der Außenpolitik (zumindest in den ersten Jahren) fast die entgegengesetzte Haltung ein. Als die Regierung dann mit Somalia die erste außenpolitische Krise zu bewältigen hatte, ließen Mängel der Geheimdienstarbeit - so war man nicht in der Lage, die Absichten oder auch nur den Aufenthaltsort von Stammesführer General Mohamed Farah Aidid zu ermitteln - im Weißen Haus Zweifel an der Effektivität der Dienste aufkommen. 1994 nahm Präsident Clinton einen Vorschlag seines früheren Verteidigungsministers Lee Aspin, des Vizepräsidenten Al Gore und seines Sicherheitsberaters Anthony Lake auf, eine Reformkommission für die Geheimdienste zu berufen. Das war der erste Hinweis darauf, welche Richtung die Entwicklung der Dienste während seiner Amtszeit nehmen sollte. Das wurde nicht nur durch die Ereignisse in Somalia ausgelöst. Auch die Unfähigkeit der CIA, den Zusammenbruch der Sowjetunion vorauszusehen, hatte in Washington in weiten Kreisen zu Kritik geführt. Einige der Kritiker warfen den Nachrichtendiensten ebenfalls vor, daß sie die Atomwaffenprogramme des Irak und Nordkoreas unterschätzt hätten. Andere waren einfach der Meinung, daß Amerika nach Beendigung des Kalten Krieges keine Geheimdienste mehr benötigt. Außerdem war der jährliche Geheimdienstetat ein willkommenes Ziel für die Verfechter einer Sparpolitik, die sich wegen der hohen Staatsschulden Sorgen machten.34 Die Enttarnung des hochrangigen russischen Maulwurfs Aldrich H. Ames in der CIA brachte 1994 das Faß dann endgültig zum Überlaufen. Präsident Clinton war klar, daß etwas geschehen mußte. Der Senator John Warner hatte jedoch seine eigenen Vorstellungen. Er strebte eine Untersuchung durch die Legislative an, deren Hauptziel darin bestand, der amerikanischen Bevölkerung zu versichern, daß die CIA eine gut funktionierende Behörde ist und erhalten werden sollte, statt sie abzuschaffen oder wesentlich zu verkleinern. Der SSCI, dem Warner angehörte, -283-

übernahm diese Sichtweise und forderte einen Untersuchungsausschuß im Kongreß anstelle einer Kommission der Exekutive unter der Leitung von Lee Aspin. Als Kompromiß wurde 1994 schließlich ein Gesetz verabschiedet, das eine gemeinsame, von Kongreß und Weißem Haus getragene Kommission ins Leben rief, die die Rolle und Fähigkeiten der amerikanischen Geheimdienste untersuchen sollte. Der Präsident bestimmte neun Mitglieder der Kommission, darunter Lee Aspin als deren Vorsitzender. Die Führer beider Parteien im Kongreß bestimmten die restlichen acht Mitglieder, darunter auch Senator Warner. Die Kommission begann im März 1995 mit ihrer Arbeit. Als Aspin drei Monate später tragischerweise starb, wurde er durch einen anderen ehemaligen Verteidigungsminister (unter Carter), Harold Brown, ersetzt. Der Bericht, den die Kommission im März 1996 veröffentlichte, entsprach größtenteils Warners Vorstellungen. Statt umfangreiche Reformen anzumahnen, pries das hochrangige Gremium die erste bedeutende Untersuchungskommission über die Politik der Geheimdienste seit 20 Jahren - die gute Arbeit der Geheimdienste, ließ die Budgets unangetastet und machte nur ein paar bescheidene Verbesserungsvorschläge (siehe Kapitel 5). Danach verschwand der Bericht als eine Fußnote der Geschichte. Interessengruppen 1975 verließ ein ranghoher Geheimdienstoffizier die CIA, um die Association of Retired Intelligence Officers (ARIO) zu gründen. Ihr Zweck besteht darin, unter den Abgeordneten und der Bevölkerung Lobbyarbeit für die Geheimdienste zu leisten. Bald darauf entstanden weitere Interessengruppen, einige für, andere gegen die Geheimdienste. Als beispielsweise das Budget des Pentagons nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu -284-

schrumpfen begann, sorgten Industrieverbände bei der Regierung für eine vermehrte Nachfrage nach Spionagetechnik besonders die teuren Satelliten -, um den Auftragsschwund bei Panzern, Kriegsschiffen und Kampfflugzeugen auszugleichen. Kongreßabgeordnete aus Wahlkreisen mit Waffenfabriken - und damit gefährdeten Arbeitsplätzen - wurden von den Unternehmen um Hilfe gebeten, Aufträge für Spionagegerät zu bekommen, genauso wie sie früher Aufträge vom Militär beschaffen sollten, um Fabrikschließungen zu verhindern. Mit Ende des Kalten Krieges hat die Politik der Interessengruppen auch Eingang in den einst eher gemiedenen Bereich der Geheimdienste gefunden.35 Bei ihrer eigenen Lobbyarbeit auf dem Kapitol haben die Leiter der Geheimdienste in der Folge der Untersuchungen von 1975 eine Lektion gelernt, die FBI und Pentagon bereits beherrschten, nämlich die wichtige Bedeutung der Verteidigung (sprich des Verkaufens) der eigenen Programme auf dem Kapitol. Das Büro für Kongreßangelegenheiten der CIA wuchs von 2 Mitarbeitern 1974 auf mehr als ein Dutzend im Jahre 1994. Als die CIA durch die kritische Berichterstattung der New York Times 1974 gewissermaßen ins Licht der Öffentlichkeit geriet, begannen sie und andere Dienste damit, zusätzliche Mittel für Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung zu stellen, so wie es die meisten Regierungsbehörden tun. Wissenschaftliche Untersuchungen Dieselben Ereignisse, die 1994 zur Einsetzung einer Kommission geführt hatten, bewegte auch verschiedene nichtstaatliche Gruppen zur Untersuchung von Geheimdienstreformen, darunter Gremien in der Georgetown University, im Council on Foreign Relations (CFR) und dem Twentieth Century Fund. Die umstrittensten Ansichten wurden vielleicht von dem Projektleiter des CFR geäußert, der die Reformen um 20 Jahre zurückdrehen wollte.35 Er empfahl eine -285-

Wiedereinführung der Mordkomplotte; die Nutzung von Friedenscorps als Deckung für CIA-Offiziere (was noch nie praktiziert wurde); die Erlaubnis für Geheimdienstmitarbeiter, sich als amerikanische Journalisten, Wissenschaftler oder Geistliche auszugeben, wenn sie im Ausland unterwegs sind; und eine aggressive Beteiligung an Staatsstreichen gegen Regime, die den Vereinigten Staaten feindlich gesonnen sind. Diese Vorschläge sind bisher von jeder bedeutenden Regierungskommission zurückgewiesen worden, einschließlich der Aspin-Brown-Kommission. DIE DEBATTE GEHT WEITER Seit Ende des Kalten Krieges sind die Verantwortlichen der Geheimdienste bereitwilliger bei der Veröffentlichung von ausgewählten Dokumenten aus der frühen Geschichte der Organisation, darunter eine Analyse über die UdSSR der 50er Jahre, Dokumente zur Kubakrise und circa 4 Millionen Seiten geheimer Akten zur Untersuchung möglicher ausländischer Verbindungen zur Ermordung John F. Kennedys.37 Außerdem, so erklärte der gegenwärtige DCI John Tenet 1998, „planen wir die Freigabe von über einer Million Seiten von Dokumenten in diesem Jahr und mehr als zwei Millionen im nächsten. In den letzten Jahren hat die CIA mehr zur Veröffentlichung von Informationen getan als je zuvor, und sicher weit mehr als jeder andere Geheimdienst in der Welt.“38 Wie ermutigend sich diese Zahlen als Zeichen einer größeren Offenheit auch anhören, sie bedeuten nicht, daß die freigegebenen Informationen von hoher Qualität waren oder daß die Qualität in Zukunft steigen wird. Aussagekräftiger als die Versicherungen des DCI sind die Forderungen der CIA im Jahre 1999, daß das Justizministerium die Befugnis des Interagency Security Classification Appeals Panel (ISCAP) aufhebt, geheime Dokumente freizugeben. Das ISCAP hat sich in 50 Prozent der Fälle über Weigerungen der Geheimdienste -286-

hinweggesetzt, vertrauliche Unterlagen zu veröffentlichen.39 Ein Wissenschaftler, der sich mit den National Security Archives beschäftigt, kommt zu dem Schluß, daß die Freigabe von Dokumenten über die Verwicklung der CIA mit dem PinochetRegime in Chile in den 70er Jahren zeigt, daß die CIA „hier viel zu bieten und viel zu verbergen hat. Sie verstecken eindeutig weiterhin ihre Geschichte.“40 Die Geheimdienste bleiben ein loser Zusammenschluß von einzelnen Festungen, die nur selten Informationen über ihre verborgenen Aktivitäten herausgeben. Das bleibt auch dann wahr, wenn alle möglichen Studien zu dem Ergebnis kommen, daß die meisten unter Verschluß gehaltenen Dokumente nicht geheim sein müßten, wenn das Kriterium gälte, ob die nationalen Interessen der Vereinigten Staaten bei einer Freigabe verletzt würden. Natürlich muß die Regierung die Namen ihrer Agenten im Ausland, die Methoden der Informationsbeschaffung und die Daten ihrer Atomwaffen geheimhalten. Wenn die USA aber eine Demokratie bleiben wollen, dann muß die Regierung die Bevölkerung besser über die weniger sensiblen Aktivitäten der Geheimdienste informieren, besonders wenn sie Jahrzehnte zurückliegen. Der Kongreß bleibt mit seinen Befugnissen zur Vorladung, zur Etatprüfung, zur Gewährung von finanziellen Mitteln und seiner starken Wahrnehmung in der Öffentlichkeit der potentiell wirkungsvollste Kontrolleur der Geheimdienste. Dieses Potential hängt jedoch von der Bereitschaft der Abgeordneten ab, diese Möglichkeiten auch anzuwenden, die bisher nur sehr unterschiedlich ausgeprägt war. Die Aufsicht der Geheimdienste ruhte größtenteils auf den Schultern einiger weniger engagierter Abgeordneter und ihrer Mitarbeiter. Diese eingeschränkte Überwachung führt manchmal zu gefährlichen Lücken in der Wahrnehmung der Abgeordneten, die verhindern, daß sie ihre Aufmerksamkeit auf Probleme richten, die durch eine verstärkte Kontrolle verbessert werden könnten. 1996 - drei Jahre vor der -287-

Spionageaffäre von Los Alamos - wurden beide Geheimdienstausschüsse des Kongresses auf einen möglichen Diebstahl von Atomgeheimnissen aus dem Laboratorium hingewiesen, aber sie haben nichts unternommen, um dort oder in den anderen Laboratorien die Spionageabwehr zu stärken.41 Selbst wenn die Mitglieder von SSCI und HPSCI mehr Zeit auf ihre Aufsichtspflichten verwendeten, wären sie nicht in der Lage, die gesamte Komplexität der amerikanischen Geheimdienste überwachen oder auch nur verstehen zu können. Außerdem ignorieren die Dienste manchmal die Ratschläge des Kongresses, wie gut sie auch sein mögen. Ein Gremium des Kongresses (das General Accounting Office, GAO) hatte 1988 zum Beispiel in den Waffenlaboratorien mangelhafte Sicherheitsbestimmungen festgestellt, die es fremden Besuchern ermöglichten, relativ einfach an Daten über die amerikanischen Atomwaffen zu gelangen. Das GAO empfahl entsprechende Maßnahmen. Neun Jahre später wurde eine Kontrolle durchgeführt, bei der sich herausstellte, daß sich die Probleme erheblich verschlimmert hatten.42 So wenig perfekt sie auch sein mag, bleibt die Kontrolle durch den Kongreß und anderen dazu legitimierten Gremien (wie das Intelligence Oversight Board) wichtig, und sei es nur wegen der stichprobenartigen Überprüfung von Operationen; wegen der wiederholten Befragung von Geheimdienstoffizieren; wegen der Möglichkeit der Bestrafung von Beamten, die ihren Amtseid gebrochen haben, und sei es nur durch deren peinliche Bloßstellung in der Öffentlichkeit; und wegen der guten Ratschläge, die die Kontrolleure den Geheimdiensten geben können, was die Bevölkerung von ihnen erwartet. So wie der frühere DCI Robert Gates einmal bemerkte: „Es wären einige fürchterlich verrückte Pläne durchgeführt worden, hätte nicht jeder (im Weißen Haus) unbequeme Fragen, Diskussionen und Kritik vom Kongreß befürchtet. Und wenn man bei einigen Gelegenheiten den Kongreß umgangen und solche Pläne -288-

umgesetzt hat, haben die jeweiligen Präsidenten es in den meisten Fällen hinterher bedauert.“43 Der gegenwärtige DCI pflichtet dem bei. „Ich wage zu behaupten, daß die CIA stärker als jede andere Bundesbehörde vom Kongreß überwacht wird“, erklärte George Tenet. „Das soll keine Beschwerde sein. Diese Kontrolle ist tatsächlich unsere wichtigste und direkteste Verbindung zur amerikanischen Bevölkerung - eine Quelle der Stärke, die uns von allen anderen Ländern der Welt unterscheidet.“44 Der Erfolg der Demokratie wird weiterhin von dieser Kontrolle abhängen und von der ebenfalls unverzichtbaren aufrechten Haltung der Inhaber hoher Ämter. Einer der verantwortungsbewußtesten DCI, der verstorbene William Colby, äußerte sich optimistisch über die neue Ära der Kontrolle der Geheimdienste, die er kommen sah: „Bei der Aufsicht, die wir heute haben, und mit der Kommandostruktur, die die Dinge unter Kontrolle hält, wissen die Mitarbeiter der CIA genau, was sie tun sollen und was sie nicht tun sollen - im Unterschied zu den 50er Jahren, in denen es keine festen Regeln gab. Wenn ihnen heute befohlen wird, die Regeln zu verletzen, oder wenn sie in diese Versuchung geraten, werden einige von den jungen Offizieren sicher aufmerksam. Und diese wenden sich an höhere Dienststellen, oder, wenn sie dort nicht gehört werden, an den Kongreß. Finden sie dort auch kein Gehör, gehen sie damit zur Presse. So findet die Kontrolle statt.“45 Die Iran-Contra-Affare ereignete sich kurz nachdem dieses Interview geführt wurde, und die Nation wurde daran erinnert, wie wichtig die persönliche Gesetzestreue und Integrität der Beamten ist. Einen Grund zum Stolz bietet die Tatsache, daß die überwältigende Mehrheit derjenigen, die für die Geheimdienste arbeiten, Frauen und Männer mit hoher Begabung und von großer Integrität sind. Sie zählen auf allen Gebieten zu den -289-

Besten des Landes. Jeffersons stete Wachsamkeit wird dennoch unverzichtbar bleiben, denn in jeder Organisation gibt es unvermeidlich ein paar wenige, denen es an Ehrgefühl mangelt. Sie werden sich über Gesetze, Gewaltenteilung und Kontrolle hinwegsetzen. Die Debatte über den rechten Grad an Kontrolle über diesen verborgenen Bereich des amerikanischen Staates wird von Experten und Geheimdienstoffizieren weitergeführt werden. Die Befürworter einer starken Kontrolle werden Madison, Jefferson und Brandeis anführen; die Gegner wiederum Jefferson (diesmal seinen eigenmächtigen Umgang mit verdeckten Aktionen in einer einfacheren Zeit), den Fall Curtiss-Wright, und die machiavellistischen Aussagen von Admiral John Pointdexter während der Anhörungen zur Iran-Contra-Affäre. Die Befürworter werden vor Orwellschen Verhältnissen im eigenen Land warnen und vor der Einmischung in demokratische Regime im Ausland. Die Gegner werden auf die lähmende Wirkung der legislativen Überwachung hinweisen und sagen, daß es töricht sei, die CIA in ein Mädchenpensionat zu verwandeln. Die Verfechter der Kontrolle möchten verläßliche Sicherungen, um die Freiheit zu bewahren. Ihre Kritiker wollen effektivere Geheimdienstoperationen, um die Vereinigten Staaten im In- und Ausland vor Feinden zu schützen. Das ist der Haken an der Sache: Unser Land bedarf sowohl der Freiheit der Bürger als auch eines Schildes gegen Gefahren von außen. So geht die Suche nach der richtigen Formel der Gewaltenteilung in diesem heiklen Bereich des Staatsapparates weiter - in dem Wissen, daß es keine endgültige Formel gibt, sondern nur die Hoffnung, daß Kongreß, Exekutive und Gerichte die Suche nach einem modus vivendi, der Freiheit und Sicherheit berücksichtigt, einvernehmlich weiterführen.

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ANMERKUNGEN EINFÜHRUNG 1 Aus meinen Notizen zu den Äußerungen Präsident Clintons in der CIA, Langley,VA, 14.Juli 1995. 2 Äußerung auf dem National Intelligence and Technology Symposium des CIA in Langley, VA, 6. November 1998. 3 Persönliche Mitteilung, Washington, D.C., 7. November 1998. 4 Diese Liste wurde von einem hohen Geheimdienstoffizier auf dem National Intelligence and Technology Symposium präsentiert. 5 John Mills, Stabsleiter des U.S. House Permanent Select Committee on Intelligence, in einer Rede vor der Central Intelligence Retirees Association (CIRA), 5. Oktober 1998. 6 William E. Burrows and Robert Windrem, Critical Mass: The Dangerous Race for Superweapons in a Fragmenting World (New York: Simon & Schuster, 1994), 26. 7 Siehe Anm. 5. 8 Interview in Washington, DC, am 7. November 1998. Alle Interviews wurden von mir geführt, wenn nicht anders angegeben. 9 Phyllis Oakley, Direktor des 1NR, Äußerung auf dem National Intelligence and Technology Symposium, die Hervorhebung steht im Original. 10 Die fünfundreißigprozentige Erhöhung des Reiseetats des DI, die 1999 von der CIA genehmigt wurde, damit mehr Analysten häufiger „ihr Land“ besuchen können, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber dieser Etat muß verdoppelt werden, um sicherzustellen, daß alle Analysten sämtlicher Dienste über aktuelle Sprachkenntnisse und neuestes Wissen über die Ereignisse in aller Welt verfügen. -291-

KAPITEL l 1 Robert M. Gates, Äußerungen auf der Conference on U.S. Intelligence, Langley, VA, 11. Juni 1984: und während seiner Amtszeit als Direktor der Central Intelligence bei einer Rede vor dem Economic Club of Detroit, 13. April 1992. 2 Robert M. Gates, „In War, Mistakes Happen“, New York Times, 12. Mai 1999, A27. 3 Loch K. Johnson, „Reinventing the CIA: Strategic Intelligence and the End of the Cold War“, in Randall B. Ripley and James M. Lindsay, eds., U.S. Foreign Policy after the Cold War (Pittsburgh: University of Pittsburgh Press, 1997), 152. 4 Siehe Abraham H. Maslow, Motivation and Personality (New York: Harper & Row, 1987). 5 Anthony Lake, Managing Complexity in U.S. Foreign Policy (Washington, DC: U.S. Department of State, Bureau of Public Affairs, 14. März 1978), 1. 6 U.S. Department of State, Bureau of Public Affairs, Fundamentals of U.S. Foreign Policy (Washington, DC: U.S. Department of State, Bureau of Public Affairs, März 1988), 1. 7 Joseph S. Nye Jr., „Redefining National Security“, Foreign Affairs 78 (Juli/ August 1999), 35. 8 Siehe Michael Mastanduno, „Economics and Security in Statecraft and Scholarship“, International Organization 4 (Autumn 1998), 825-54. 9 Samuel P. Huntington, „The Erosion of American National Interests“, Foreign Affairs 76 (September/Oktober 1997), 28-49. 10 Mickey Kantor, zitiert in „Cool Winds from the White House“, Economist, 27. März 1993, 58. 11 R. James Woolsey, „World Threat Assessment Brief“, mündliche Äußerung zur Niederschrift, Hearings, U.S. Senate Select Committee on Intelligence, 104th Cong., Istsess., 10. Januar 1995, 8. -292-

12 Daniel Williams and John M. Goshko, „Reduced U.S. World Role Outlined but Soon Altered“, Washington Post, 26. Mai 1993, Al. 13 Louis Freeh, „Economic Espionage“, Zeugenaussage, Hearings, U.S. Senate Select Committee on Intelligence, 104th Congr., 2nd sess., 28. Februar 1996. 14 Pietro S. Nivola, „American Trade Policy after the Cold War“, in Ripley and Lindsay, U.S. Foreign Policy after the Cold War, 249. 15 ebenda, 254. 16 Siehe zum Beispiel Jeffrey E. Garten, A Cold Peace: America, Japan, Germany, and the Struggle for Supremacy (New York: Times Books, 1992); und Edward N. Luttwak, The Endangered American Dream (New York: Simon & Schuster, 1993). 17 Thomas L. Friedman, „A Manifesto for the Fast World“, New York Times Magazine, 28. März 1999, 43. 18 Siehe die Umfrageergebnisse in John E. Rielly, ed., American Public Opinion and U.S. Foreign Policy 1991 (Chicago: Chicago Council on Foreign Relations, 1991), 15; und John E. Rielly, „Americans and the World: A Survey at Century's End“, Foreign Policy 114 (Spring 1999), 101. 19 Mary E. Wilson, „Infectious Diseases: An Ecological Perspective“, British Medical Journal, 23. Dezember 1995, 1681-84. 20 C. R. Neu, „Comments on Economic Intelligence“, Institute for International Economics, 25. April 1995, 5. 21 Nye, „Redefining National Security“, 24. 22 Anthony Lewis, „When We Could Believe“, New York Times, 12. Juni 1987, A31. 23 Michael Wines, „Two Views of Inhumanity Split the World, Even in Victory“, New York Times, 13. Juni 1999, sec.4, p.l. -293-

24 Siehe Craig R. Whitney, „Fewer Bombs Fall on a Cloudy day in Balkan Battle“, New York Times, 12. April 1999, A10; David E. Rosenbaum, „U.S. Official Calls Tallies of Kosovo Slain Too Low“, New York Times 19. April 1999, A10; und David Stout, „U.S. Photos Show Ground Work at Suspected Site of Mass Grave“, New York Times, 10. Juni 1999, A18. 25 Über den Einsatz der „Jstars“ siehe Edmund L. Andrews, „Aboard Advanced Radar Flight, U.S. Watches Combat Zone“, New York Times, 14. Juni 1999,A12. 26 Interview mit einem Apache-Piloten im Kosovo, National Public Radio, 7. Juli 1999. 27 George J. Tenet, zitiert in Tim Weiner, „U.S. Spy Agencies Find Scant Peril on Horizon“, New York Times, 29. Januar 1998, A3. 28 Michael Wines, „Straining to See the Real Russia“, New York Times, 2. Mai 1999, sec.4, p.l. 29 George J. Tenet, Aussage, Hearings, U.S. Senate Armed Services Committee, 106th Cong., Istsess., 2. Februar 1999, 2. 30 Tatsächlich haben ironischerweise US-Beamte die indische Regierung ausdrücklich über die Zeiten der Satellitenüberwachung Südasiens in Kenntnis gesetzt, in der Hoffnung, sie von der Nutzlosigkeit des Versuchs zu überzeugen, irgendwelche Testaktivitäten zu verheimlichen. Aber auch ohne diese unfreiwillige Hilfe wären die Inder zweifellos in der Lage gewesen, sich die Umlaufbahnen selbst auszurechnen. Wie leicht selbst Amateure die Bahnen der Spionagesatelliten ausrechnen könne siehe bei Vernon Loeb, „Hobbyists Track Down Spies in the Sky“, Washington Post, 20. Februar 1999, A1. 31 Interviews mit hohen Geheimdienstoffizieren aus dem DCI Nonproliferation Center, dem DCl Crime and Narcotics Center der CIA, Langley, VA, 14. und 15. Juni 1999. laut dem Sonderbeauftragten des DCI für Nichtweiterverbreitung gibt es -294-

8 bis 10 Staaten, die als „Schlüssellieferanten“ gelten, und weitere 60 bis 70 benötigen eine strenge Überwachung, weil sie auf diesem Gebiet unter Verdacht stehen. Zur Bedrohung durch Nordkorea siehe James Risen, „C.I.A. Sees a North Korean Missile Threat“, Neu» York Times, 3. Februar 1999, A6; und über Versuche der Russenmafia und ehemaliger KGB-Agenten, Lenkraketen, waffenfähiges Plutonium, Plastiksprengstoff und andere Waffe zu verkaufen, siehe Observer, 11. September 1994, 6. Für ein Beispiel nordkoreanischer Waffenverkäufe ins Ausland (einschließlich Scud-C-Raketen mit 500 km Reichweite an den Iran und Syrien und Nodong-1-Raketen mit 1000 km Reichweite an Libyen) siehe „U.S., Russian Intelligence Agencies Offer Proliferation Assessments“, Arms Control Today 23 (März 1993), 21. 32 Rielly, „Americans and the World“, 101. 33 The Chemical and Biological Warfare Threat, ohne Datum oder weitere Angaben (aber mit allen Zeichen einer Veröffentlichung der CIA und wahrscheinlich 1995 gedruckt, als der Artikel in verschiedenen Behörden und Kongreßausschüssen in Washington, DC, verteilt wurde). 34 R. James Woolsey, Zeugenaussage, Hearings, U.S. Senate Select Committee on Intelligence, 103d Cong., 2nd sess., 6. März 1993. 35 Mary Anne Weaver, „The Real bin Laden“, New Yorker, 24. Januar 2000, 36. Weaver berichtet, daß die Raketen in der Gegend Einrichtungen des Inter-Services Intelligence (ISI, der militärische Geheimdienst Pakistans) getroffen und dabei 5 Offiziere und 20 Rekruten getöten haben, was die pakistanische Regierung erzürnt hat. 36 John Lauder, Direktor des DCI Nonproliferation Center, Bemerkung in der Oxford University, Oxford, 26. September 1999. 37 George J. Tenet, Bemerkung beim Jahresdiner, Nashua (NH) -295-

Chamber of Commerce, 28. Juni 1999, 5. 38 Diese Statistik stammt aus meinen Interviews mit hohen Geheimdienstoffizieren, Central Intelligence Agency, 14. und 15. Juni 1999. 39 Interview mit Gates, Washington, DC, 28. März 1994. 40 Siehe William E. Burrows und Robert Windrem, Critical Mass: The Dangerous Race for Superweapons in a Fragmentary World (New York: Simon & Schuster, 1994). 41 Judith Miller with William J. Broad, „Iranians, Bioweapons in Mind, Lure Needy Ex-Soviet Scientists“, New York Times, 8. Dezember 1998, Al. 42 Der Sonderbeauftragte des DCI für Nichtweiterverbreitung von Waffen, „Worldwide WMD Threat“, Statement for the Record, Commission to Assess the Organization of the Federal Government to Combat the Proliferation of Weapons of Mass Destruction, 29. April 1999, 2, 3. 43 Laut einem hochrangigen, ehemaligen Beamten der CIA, Äußerung in der Oxford University, Oxford, 25. September 1999. 44 Der Sonderbeauftragte des DCI für Nichtweiterverbreitung, Hearings, U.S. House Permanent Select Committee on Intelligence, 106th Cong., 1st sess., 3. März 1999,4. 45 Die Deutch Commission on Proliferation, zitiert nach Walter Pincus, „U.S. Preparedness Faulted“, Washington Post, 9. Juli 1999, A2. 46 David Johnston, „Finding Spies Is The Easy Part“, New York Times, 23. Mai 1999, E4. 47 Tim Weiner, „Opponents Find That Ousting Hussein Is Easier Said Than Done“, Neu; York Times, 16. November 1998, A10; und Jane Perlez, „Albright Says Hussein's Foes Are Building Unified Front“, New York Times, 25. Mai 1999, A4. 48 Interview mit Beamten der UN, New York City, 26. Mai -296-

1999. 49 Interview im CIA, Langley, VA, 15. Juni 1999. 50 Äußerung in der Oxford University, Oxford, 25. September 1999. 51 Interview mit R. James Woolsey, CIA, Langley, VA, 29. September 1993. 52 Interview mit dem Direktor des NPC, CIA, Langley, VA, 8. Juli 1993. KAPITEL 2 1 Samuel D. Porteous, „Looking out for Economic Interests: An Increased Role for Intelligence“, Washington Quarterly 19 (1996), 192. 2 David M. Kennedy, „Sunshine and Shadow: The CIA and the Soviet Economy“, Case Program no. C16-91-1096.0, John F. Kennedy School of Government (Cambridge, MA: Harvard University, 1991), 2. 3 Kristen Lundberg, „CIA and the Fall of the Soviet Empire: The Politics of ,Getting It Right'„, Case Program no. C16-941251.0, John F. Kennedy School of Government (Cambridge, MA, Harvard University, 1991). 4 Harald Brown, Bemerkung während einer öffentlichen Sitzung der „Aspen-Brown-Kommission“, Washington, DC, 19. Januar 1996. 5 Persönliche Mitteilung des DCI’s Office of Congressional Affairs, Langley, VA, 7. Februar 1995. 6 Von Gates zitiert vor dem Economie Club of Detroit. 7 Interviews mit führenden Beamten im Handels- und Außenministerium, 24. Juni 1999. 8 Robert M. Gates, Zeugenaussage, U.S. House Judiciary Committee, Subcommittee on Economic and Commercial Law, -297-

102d Cong., 2d sess., 29. April 1992. 9 Laut Statistik in Dokument S. 1556, 104th Cong., 2d sess., 2. Januar 1996, zitiert in Edwin Fraumann (ein Beamter des FBI), „Economic Espionage: Security Missions Redefined“, Public Administration Review 57 (Juli/August 1997), 303. 10 Die Untersuchung wurde 1996 von der American Society for Industrial Security veröffentlicht und zitiert in John J. Fialka, „Stealing the Spark: Why Economic Espionage Works in America“, Washington Quarterly 19 (1996), 180. 11 U.S. House Select Committee on U.S. National Security and Military/ Commercial Concerns with the People's Republic of China, Report 106th Cong., 1st sess. (Washington, DC: U.S. Government Printing Office, Mai 1999). 12 Duncan L. Clarke and Robert Johnston, „ Economic Espionage and Interallied Strategic Cooperation“, Thunderbird International Business Review 40 (Juli/August 1998), 415. 13 Fraumann, „Economic Espionage: Security Missions Redefined“, 308. 14 Zitiert in „Votre Secrets, Monsieur?“, Security Management, Oktober 1992. 15 Fort, „Economic Espionage: Problems and Prospects“; Fraumann, „Economic Espionage: Security Missions Redefined“, 308. 16 Fraumann, „Economic Espionage: Security Missions Redefined“, 306. 17 18U.S.C, secs. 1831-39. 18 Jeff Gerth and David E. Sanger, „Citing Security, U.S. Spurns China on a Satellite Deal“, New York Times, 23. Februar 1999, A1. Die Regierung Clinton hat den Verkauf später gestattet. 19 Gregory F. Treverton, „Intelligence since Cold War's End“, Report of the -298-

Twentieth Century Fund Task Force on the Future of U.S. Intelligence, In from the Cold (New York: Twentieth Century Fund Press, 1996), 115. 20 Woolsey, „World Threat Assessment Brief“, Hearings, U.S. Senate Select Committee on Intelligence, 104th Cong., 1st sess., 10. Januar 1995, 9. 21 C. R. Neu, „Comments on Economic Intelligence“ (Washington, DC: Institute for International Economics, 25. April 1995), 2. 22 Zu dieser Amerikafeindlichkeit siehe Michael Wines, „Straining to See the Real Russia“, Neu» York Times, 2. Mai 1999, 1, sec. 4. 23 Nicholas D. Kristof and Sheryl WuDunn, Of World Markets, None an Island“, New York Times, 17. Februar 1999, A9. 24 Diese Umfrage wurde von der russischen Zeitung Iswestija durchgeführt (23. Januar 1998). 25 Siehe „The New Russian Menace“, New York Times, 10. September 1999, A27. 26 Interview mit dem CNC-Direktor, CIA Headquarters, Langley, VA, 14. Juni 1999. 27 Botschafter Robert D. Blackwill in einem Interview mit Jack Davis, „A Policymaker's Perspective on Intelligence Analysis“, Studies in Intelligence (Summer 1994), 3. 28 Äußerung auf der Konferenz „Does America Need the CIA?“, Gerald R. Ford Library, Ann Arbor, MI, 19. November 1997, 3-4. 29 Porteous, „Looking out for Economic Interests“, 199. 30 Porteous, „Looking out for Economic Interests“, 199. 31 Neu, 2-3. 32 Laut Neu, 3. 33 R. James Woolsey, nach dem Vortrag „The Future Direction -299-

of Intelligence“ (Washington, DC: Center for Strategic and International Studies“, 18. Juli 1994). 34 Aspin-Brown commission, 23. 35 Treverton, „Intelligence since Cold War's End“, 115. 36 Zitiert in David E. Sanger und Tim Weiner, „Emerging Role for the CIA: Economic Spy“, New York Times, 15. Oktober 1995, Al. 37 Interview mit einem Beamten im Büro des USHandelsbeauftragten, Washington, DC, 22. August 1997. 38 Siehe Maggs, „From Swords to Plowshares“; Sanger and Weiner, „Emerging Role for the CIA“. 39 Sanger and Weiner, „Emerging Role for the CIA“, A1. 40 Sanger und Weiner, „Emerging Role for the CIA“. 41 Jane Perlez, „Clinton Pushes for Treaty to Ban the Worst Child Labor Practices“, Neu» York Times, 17. Juni 1999, A17. 42 Woolsey, „World Threat Assessment Brief“, 10. 43 Interview mit dem Direktor des CNC, 14. Juni 1999. 44 ebenda 45 Über die wachsende Bedeutung Haitis im Kokainhandel siehe Larry Rohter, „Haiti Paralysis Brings a Boom in Drug Trade“, New York Times, 27. Oktober 1998, A1. 46 Interview mit dem Direktor des CNC, 14. Juni 1999. 47 ebenda 48 Christopher S. Wren, „A Purer, More Potent Heroin Lures New Users to a Long, Hard Fall“, New York Times, 9. Mai 1999, 27. 49 David Broder, „To Win the War on Drugs“, Washington Post, 2. Mai 1999, B7. 50 Interview, Langley, VA, 21.-24. Juni 1999. 51 ebenda -300-

52 ebenda 53 Interview mit Bo Cutter, Washington, DC, 26. Juni 1995. 54 ebenda 55 Interview mit hohen Geheimdienstoffizieren, Langley, VA, 18. Februar 1999. 56 Hearings, U.S. Senate Foreign Relations Committee, 103d Cong., 1st sess., 4. November 1993. 57 Zitiert in John M. Broder, „President's Sober Response Assures Public of Counterspionage Measures“, New York Times, 26. Mai 1999, A15. 58 May, „Intelligence: Backing into the Future“, 65. KAPITEL 3 1 Siehe Thomas Homer-Dixon, „On the Threshold: Environmental Changes as Acute Causes of Conflict“, International Security 16 (Fall 1991), 76-116; und sein „Environmental Scarcities and Conflicts: Evidence from Cases“, International Security 19 (Summer 1994), 5-40; Marc Levy, „Is the Environment a National Security Issue“, International Security 20 (Fall 1995), 35-62; Thomas Homer-Dixon and Marc Levy, „Correspondence: Environment and Security“, International Security 20 (Winter 1995/96), 189-98; siehe auch die excellente Studie von David D. Dabelko and Geoffrey D. Dabelko, „The International Environment and the U.S. Intelligence Community“, International Journal of Intelligence and Counterintelligence 6 (Spring 1993), 21-42. 2 Interview mit einem DS&T-Wissenschaftler, CIA, Langley, VA, 24. Januar 1996. 3 Siehe Loch K. Johnson, „Smart Intelligence“, Foreign Policy 89 (Winter 1992/93), 59. 4 Matthew Paterson and Michael Grubb, „The International Politics of Climate Change“, International Affairs 68 (1992), -301-

296. 5 Mostafa K. Tolba mit Iwona Rummel-Bulska, Global Environmental Diplomacy: Negotiating Environmental Agreements for the World, 1973-1992 (Cambridge, MA: MIT Press, 1998), 13-14. 6 Zitiert nach William A. Orme Jr., „International Study on Water in Mideast Leads to a Warning“, New York Times, 3. März 1999, A9. 7 Tolba and Rummel-Bulska, Global Environmental Diplomacy, 15. 8 Interview mit einem ehemaligen Analysten des CIA, Washington, DC, 5. Juni 1997. 9 Stephen Kinzer, „Where Kurds Seek a Land, Turks Want the Water“, New York Times, 3. März 1999, A9. 10 Interview mit einem Beamten der NSA, Washington, DC, 26. September 1996. 11 Tolba and Rummel-Bulska, Global Environmental Diplomacy, 100. 12 Dr. Sherwood Rowland in einer Vorlesung, University of Georgia, Athens, 19. März 1999. 13 Interview mit Mitarbeitern der Behörden, Washington, DC, 26.-28. September 1996. 14 Interview mit einem hochrangigen Analysten der Nachrichtendienste, CIA, Langley, VA, 18. Februar 1999. 15 Diese Liste stützt sich auf Interviews mit Beamten der Nachrichtendienste am 26.-28. September 1996. Die Zahl 900 stammt aus einem nicht vertraulichen Geheimdienstbericht namens „Global Trends 2010“, National Intelligence Council, Langley, VA, November 1997. 16 Interview mit einem EPA-Beamten, Washington, DC, 27. September 1997. 17 Interview, Washington, DC, 27. September 1997. -302-

18 Interview mit einem ranghohen Mitarbeiter des DS&T, Langley, VA, 20. Februar 1999. 19 Siehe William J. Broad, „U.S. Will Deploy Its Spy Satellites on Nature Mission“, New York Times, 27. November 1995, A1; und Tim Beardsley, „Environmental Secrets: MEDEA Brings Intelligence in from the Cold“, Scientific American 273 (Juli 1995), 28-30. 20 Interviews mit Mitarbeitern des DS&Ts, 26.-28. September 1996. 21 Diese Vorteile werden in einem nichtvertraulichen Dokument aufgeführt, das mir vom DS&T zur Verfügung gestellt wurde („ETF Fiscal Year 1993 Experiments Summary“). 22 ebenda 23 Robert Wright, „Private Eyes“, New York Times Magazine, 5. September 1999,52,54. 24 Interview, CIA, Langley, VA, 18. Februar 1999. 25 National Intelligence Council, „The Environmental Outlook in Russia“, Intelligence Community Assessment, ICA 98-08 (Januar 1999), 33-35. 26 Edward O. Wilson, The Diversity of Life (New York: Penguin Books, 1994). 27 Tolba and Rummel-Bulska, Global Environmental Diplomacy, 182. 28 Äußerung beim National Intelligence and Technology Symposium, CIA, Langley, VA, 6. November 1998. 29 Interview, Washington, DC, 14. Juli 1994. 30 NIC, „Environmental Outlook i. Russia“, Intelligence Community Assessment, ICA 96-08D, Dezember 1977,1. 31 Interviews mit Mitarbeitern in EPA, NSC und Außenministerium, Washington, DC, Juli und August 1995. 32 Interview, Washington, DC, 15. Juli 1994. -303-

33 Interview, Washington, DC, 16. Juli 1994. 34 Interview, Washington, DC, 15. Juli 1994. 35 Siehe Kim A. McDonald, „NASA Satellites May ,Revolutionize' Earth Sciences“, Chronicle of Higher Education, 9. Juli 1999, A20, A22. 36 Interview, Washington, DC, 15. Juli 1994. KAPITEL 4 1 Intelligence Authorization Act for Fiscal Year 1995, PL 103359, sec. 903(b)(2), vom Präsidenten am 4. Oktober 1994 unterzeichnet. 2 Siehe Laurie Garrett, The Corning Plague: Newly Emerging Diseases in a World out of Balance (New York: Farrar, Straus & Giroux, 1994); Frank Ryan, Virus X: Tracking the New Killer Plagues (Boston: Little Brown, 1997); Thomas Homer-Dixon, „Environmental Scarcity, Mass Violence, and the Limits of Ingenuity“, Current History 95 (November 1996), 359-65; Thomas Homer-Dixon and Valerie Percival, Environmental Security and Violent Conflict (Toronto. University of Toronto Press, 1996); Dennis Pirages, „Microsecurity: Disease Organisms and Human Well-Being“, Washington Quarterly 18 (Fall 1995), 5-12; C. F. Ronnfeldt, „Three Generations of Environment and Security Research“, Journal of Peace Research 34 (November 1997), 473-82; und Jessica T. Matthews, „Power Shift“, Foreign Affairs 76 (Januar/Februar 1997), 50-66. 3 Pirages, „Microsecurity“, 11. 4 Zitiert in Walter Pincus, „Military Espionage Cuts Eyed“, Washington Post, 17. März 1995, A6. 5 National Science and Technology Council, Office of Science and Technology Policy, Executive Office of the President, The National Security Science and Technology Strategy, -304-

(Washington, DC: U.S. Government Printing Office, 1996), 55. 6 Ebd. Vorwort von Präsident Bill Clinton. 7 Diane C. Snyder, Interview mit einem hohen Offizier des DS&T, Washington, DC, November 1994. 8 C. A. Hart and S. Kariuki, „Antimicrobial Resistance in Developing Countries“, British Medical Journal 317 (1998), 647. 9 Sheryl Gay Stolberg, „DDT, Target of Global Ban, Finds Defenders in Experts on Malaria“, Neu; York Times, 29. August 1999, Al, A6. 10 Associated Press, „Fatal Virus in Malaysia Confounds U.S. Scientists“, Atlanta Journal and Constitution, 9. April 1999, A4. 11 World Health Organization, „Emerging and Other Communicable Diseases (EMC)“, www.who.ch/Programmes/emc/news.htm, 2. Oktober 1996. 12 Ryan, VirusX, 9, 359. 13 The National Security Science and Technology Strategy, 43. 14 Commission on the Roles and Capabilities of the United States Intelligence Community, Preparing for the 21st Century: An Appraisal of U.S. Intelligence (Washington, DC, U.S. Government Printing Office, 1. März 1996), 26. (Aspin-Brown commission) 15 Für einen wissenschaftlichen Bericht über dieses Szenario siehe: Office of Technological Assessment, „Proliferation of Weapons of Mass Destruction: Assessing the Risks“, Report OTA-ISC-559 (Washington, DC: U.S. Government Printing Office, August 1993), 53. 16 Siehe dazu Central Intelligence Agency, „CIA Report on Intelligence Related to Gulf War Illness“ (Langley, VA: Central Intelligence Agency, 24. September 1996), 1-9. 17 Zur Erstellung psychologischer Profile durch die -305-

amerikanischen Geheimdienste siehe Tom Omestad, „Psychology and the CIA: Leaders on the Couch“, Foreign Policy 95 (Sommer 19949, 105-22. 18 Richard Preston, „The Demon in the Freezer“, New Yorker, 12. Juli 1999, 44, 47. 19 Dieses Szenario basiert auf Äußerungen des Physikers Richard L. Garwin in William J. Broad, „After Many Misses, Pentagon Still Pursues Missile Defense“, Neu; York Times, 24. Mai 1999, 23. 20 Siehe den Bericht von Richard Preston, The Hot Zone (New YorkRandom House, 1994). 21 Garrett, Microbes, 40. 22 William J. Broad and Judith Miller, „Government Report Says 3 Nations Hide Stocks of Smallpocks“, New York Times, 13. Juni 1999, AI; und dieselben, „The Threat of Germ Weapons Is Rising“, New York Times, 27. Dezember 1999, El. 23 Ken Alibek with Stephen Handelman, Biohazard (New York: Random House, 1999). 24 Beide Zitate aus Broad and Miller, „The Threat of Germ Weapons Is Rising“, El, E5. 25 Judith Miller and William J. Broad, „Clinton Describes Terrorism Threat for 21st Century“, Neu» York Times, 22. Januar 1999, Al. 26 Broad and Miller, „Three Nations Hide Stocks of Smallpox“, D4. 27 Judith Miller and William J. Broad, „Clinton to Announce That U.S. Will Keep Sample of Lethal Smallpox Virus“, New York Times, 22. April 1999, A12. 28 Ken Alibek and Stephen Handelman, „Smallpox Could Still Be a Danger“, New York Times, 24. Mai 1999, A31. 29 „Worldwide Biological Warfare Threat“, U.S. House Select Committee on Intelligence, 106th Cong. Istsess., 3. März 1999, -306-

3. 30 Patrick E. Tyler, „China Concedes That AIDS Virus Infected Common Blood Product“, New York Times, 25. Oktober 1996, A1. 31 Siehe zum Beispiel Michael Specter, „Deep in the Russian Soul, Lethal Darkness“, New York Times, 6. Juni 1997, El. 32 Jimmy Carter, „State of Human Rights Address“, Carter Center, Atlanta, 1991,5. 33 Donald G. McNeil Jr., „AIDS Is The Silent Killer in Africa's Economies“, New York Times, 15. November 1998, Al; Alimuddin Zumla and John Grange, „Tuberculosis“, British Medical Journal 316 ( 1998), 1962. 34 Interviews mit Analysten der CIA, Langley, VA, 26.-27. September 1996. 35 Maurice Strong, zitiert in „40 Chernobyls Waiting to Happen“, New York Times, 22. März 1992, E15. 36 Bradley Graham, Military Chiefs Back Anthrax Inoculations“, Washington Post, 2. Oktober 1996, Al. 37 Interview mit Mitarbeitern der CIA, Langley, VA, 26.-27. September 1996. 38 Reuters, „Zaire Fighting Endangers Refugees, U.N. Says“, New York Times, 25. Oktober 1996, A7. 39 Interview mit dem Direktor des NIC, Langley, VA, 31. Januar 1995. 40 Ryan, Virus X, 351. 41 Interviews mit Analysten der CIA, Langley, VA, 26.-27. September 1996. 42 R. Jeffrey Smith and Thomas W. Lippman, „FBI Plans to Expand Overseas“, Washington Post, 20. August 1996, Al. 43 Barbara Hatch Rosenberg, E-Mail an Diane C. Snyder, 16. Oktober 1996. -307-

44 The National Security Science and Technology Strategy, 54. 45 Tucker, „Chemical/Biological Terrorism“, 177. 46 Zitiert in Thomas W. Lippman, „Success Stories, Symbolism Draw Christopher to Africa“, Washington Post, 8. Oktober 1996, A12. KAPITEL 5 1 Siehe besonders den Bericht der Aspin-Brown-Kommission, Preparing for the 21st century: An Appraisal of U.S. Intelligence (Washington, DC: U.S. Government Printing Office, 1. März 1996). 2 Zu Reform und Abschaffung siehe Daniel P. Moynihan, „Do We Still Need the C.I.A.? The State Dept. Can Do The Job“, New York Times, 19.Mai 1991, E17; und Seymour M. Hersh, „Spy vs. Spy“, New Yorker, 8. August 1994, 4. Ein Plädoyer für die Geheimdienste ist Stephen F. Knott, Secret and Sanctioned (New York: Oxford University Press, 1996). 3 Stansfîeld Turner, Secrecy and Democracy (Boston: Houghton Mifflin, 1985), 185. 4 Robert M. Gates, From the Shadows (New York: Simon & Schuster, 1996), 43. 5 Bert A. Rockman, „America's Departments of State“, American Political Science Review, Dezember 1981, 912. 6 Gates, From the Shadows, 140. 7 Colin Campbell, „Political Executives and Their Officials „, in Ada W. Finifter, ed., Political Science: The State of the Discipline (Washington, DC: American Political Science Association, 1993), 383-406. 8 James Q. Wilson, Thinking about Reorganization (Washington, DC: Consortium for the Study of Intelligence, 1993), 1. 9 Edward G. Shirley, „Can't Anybody Here Play This Game?“ -308-

Atlantic Monthly, Februar 1998,45-61. 10 Zitiert in Walter Pincus, „Tenet Seeks Coordination of Intelligence Gathering“, Washington Post, 12. Februar 1999, A33. 11 Persönliche Mitteilung von R. James Woolsey, 24. September 1999. 12 Interviews mit James J. Angleton, Washington, DC, September-Dezember 1975. 13 Für eine vernichtende Kritik am Lügendetektor siehe Robert L. Park, „Liars Never Break a Sweat“, New York Times 12. Juli 1999, A19. 14 Turner, Secrecy and Democracy, 186. 15 ebenda, 57. 16 Interviews mit hochrangigen Geheimdienstoffizieren, Washington, DC, 8.-10. Juni 1997. 17 Zitiert in Loch K. Johnson, Secret Agencies: U.S. Intelligence in a Hostile World (New Haven, CT: Yale University Press, 1996), 51. 18 Rockman, „America's Departments of State“, American Political Science Review, Dezember 1981, 916. 19 Zitiert in Victor L. Marchetti and John D. Marks, The CIA and the Cult of Intelligence (New York. Knopf, 1974), 96. 20 Aspin-Brown commission, 131. 21 Persönliche Mitteilung von Frederick L. Wettering, 17. Februar 1999. 22 Richard E. Neustadt, Presidential Power (New York: Wiley, 1960). 23 John Millis, Rede vor der CIRA, 5. Oktober 1998. 24 Charles G. Cogan, „The New American Intelligence: An Epiphany“, Working Paper no. 3, Project on the Changing Security Environment and American National Interests, John M. -309-

Olin Institute for Strategic Studies (Cambridge, MA: Harvard University, Januar 1993), 29. 25 Äußerung eines Gremiummitglieds bei einer Diskussion, Studies in Intelligence 39 (1996), 9. 26 Bemerkung auf dem National Intelligence and Technology Symposium, CIA, Langley, VA, 6. November 1998. 27 Siehe U.S. House, „Intelligence Authorization Act for Fiscal Year 1997“, H.R. 3259, 104 Cong., 2d sess. (Washington, DC: U.S. Government Printing Office, 1996). 28 „The Brown Commission“, 6. 29 Zitiert in Hedley, „The Intelligence Community“, 17. 30 Porter Gross, Äußerung auf dem National Intelligence and Technology Symposium. 31 Millis, Rede vor der CIRA, 5. Oktober 1998. 32 Zitiert in Pincus, „Tenet Seeks Coordination of Intelligence Gathering“. 33 Seymour M. Hersh, „The Traitor“, New Yorker, 18. Januar 1999, 27. 34 Interview, Langley, VA, 30. September 1993. 35 Rockman, „America's Departments of State“, 925. 36 Bruce D. Berkowitz, „The CIA Needs to Get Smart“, Wall Street Journal, 1. März 1999, A22. KAPITEL 6 1 Harold Lasswell, Who Gets What, When and How (Chicago: University of Chicago Press, 1936). 2 Siehe Tim Weiner, „C.I.A. Chief Defends Secrecy, in Spending and Spying, to Senate“, New York Times, 23. Februar 1996, A5. 3 Zum Fall Frankreich siehe William Drozdiak, „France Accuses Americans of Spying, Seeks Recall“, Washington Post, -310-

23. Februar 1995, AI. Zu Deutschland siehe „Germany Expels U.S. Diplomat Reportedly Accused of Espionage“, Los Angeles Times, 9. März 1997, A4. 4 Siehe Ernest R. May, „Intelligence: Backing into the Future“, Foreign Affairs 71 (Sommer 1992), 66. 5 Charles E. Lindblom, The Policy-Making Process (Englewood Cliffs, NJ: Prentice-Hall, 1968), 26-27. 6 Siehe Aspin-Brown commission, 131-32. 7 New York Times, 16. Oktober 1997, A17. 8 Zitiert nach Steven Aftergood, „Spending Increase Impedes 1999 Intel Budget Disclosure“, Secrecy & Government Bulletin, Federation of American Scientists 76 (Januar 1999), 2. 9 Siehe „Cloak over the CIA Budget“, Washington Post, 29. November 1999, A22. 10 Interviews mit Leitern der Geheimdienste, Washington, DC, 7. November 1998. 11 Siehe John D. Steinbruner, „Nuclear Decapitation“, Foreign Policy 40 (Winter!981/82), 16-28. 12 R. W. Apple, „Vietnam's Student“, New York Times Magazine, 31. Dezember 1995,32. 13 „Indiana Jim and the Temple of Spooks“, Economist, 20. März 1993,34. 14 Loch K. Johnson, Secret Agencies: U.S. Intelligence in a Hostile World (New Haven, CT: Yale University Press, 1996), Kapitel 4. 15 Siehe John Mintz, „Lockheed martin Lawsuit Delayed by Pentagon, CIA“ Washington Post, 28. Februar 1996, A13. 16 Aspin-Brown commission, 131. 17 ebenda, 131-32. 18 Äußerung auf dem National Intelligence and Technology Symposium. -311-

19 Tim Weiner, „Big Cash Infusion Aims to Rebuild Anemic C.I.A.“, New York Times, 22.Oktober 1998, A3. 20 ebenda 21 Interview mit David Gries, Direktor des Center for the Study of Intelligence, CIA, Rosslyn, VA, 9. Juli 1993. 22 Loch K. Johnson, America's Secret Power: The CIA in a Democratic Society (New York: Oxford University Press, 1989), 85. 23 Siehe Aspin-Brown-Kommission. 24 Äußerungen auf dem National Intelligence and Technology Symposium. KAPITEL 7 l Siehe dazu Jeffrey T. Richelson, The U.S. Intelligence Community, 4th ed. (Boulder, CO: Westview Press, 1999), Kap. 13; Jeffrey T. Richelson and Desmond Ball, The Ties That Bind: Intelligence Cooperation among the UK-USA Countries (Boston: Allen & Unwin), 1985. 2 Siehe Wolfgang-Uwe Friedrich, ed., Die USA und die Deutsche Frage, 1945-1990 (Frankfurt: Campus, 1991). 3 Zahlen aus „The Dossier on Anthony Lake“, Editorial, New York Times, 17. Januar 1997, A14; und „Wir wußten Bescheid“, Der Spiegel 51 (1994), 27. 4 H. Bradford Westerfield, „America and the World of Intelligence Liaison“, Intelligence and National Security 11 (Juli 1996), 523. 5 Christopher Simpson, Blowback: America's Recruitment of Nazis and Its Effects on the Cold War (New Haven, CT: Yale University Press, 1990). 6 Mary E. Reese, General Reinhard Gehlen: The CIA Connection (Fairfax, VA: George Mason University Press, 1990). -312-

7 Kim Andrew Elliot, „Too Many Voices of America“, Foreign Policy 77 (Winter 1989), 113-31. 8 Aus einer Rede vom l. März 1848, abgedruckt in Evan Luard, Basic texts in International Relations (New York: St. Martin's Press, 1992), 166. 9 Tim Weiner, „The Case of the Spies without a Country“, New York Times, 17. Januar 1999, B6. 10 Interviews mit James Angleton, Washington, DC, September-Dezember 1975. 11 Siehe James Risen and Steven Erlanger, „CIA Chief Vowed to Quit If Clinton Freed Israeli Spy“, New York Times, 11. November 1998, AI; und James Risen, „Clinton Asks the Views of Top Aides on the Freeing of Pollard“, New York Times, 3. Dezember 1998, A8. 12 James Risen, „Bonn Sniffs for Russian Moles, Worrying CIA“, New York Times, 4. Juni 1998, Al. 13 ebd. 14 Rober Gerald Livingston, „The Quest for Stasi's Old Files“, Los Angeles Times, 27. September 1998, M2. 15 Martin J. Hillebrand, Fragments of Our Time: Memoirs of a Diplomat (Athens: University of Georgia Press, 1998), 280-81. 16 Wolfram F. Hanrieder, „Vom Doppelcontainment zum Umbruch in Europa“, in Wolfgang-Uwe Friedrich, ed., Die USA und die Deutsche Frage, 1945-1990 (Frankfurt: Campus, 1991). 17 Siehe Willy Brandt, Begegnungen und Einsichten: Die Jahre 1960-1975 (Hamburg: Hoffmann und Campe, 1976); und seine Erinnerungen (Zürich: Propyläen, 1989). 18 Wolfram F. Hanrieder, „German-American Relations in the Postwar Decades“ in Frank Trommler and Joseph McVeigh, eds., America and the Germans: An Assessment of a ThreeHundred-Year History (Philadelphia: University of Pennsylvania Press, 1985), 106, 108. -313-

19 Siehe Wilhelm von Sternburg, ed., Die Deutschen Kanzler: Von Bismarck bis Kohl (Frankfurt: Fischer, 1994). 20 Helmut Schmidt, Menschen und Mächte (Berlin: Siedler, 1987). 21 Kurt Schelter, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Rede auf dem „Symposium on International Terrorism: Are We Cooperating Enough?“, New York City, 23. Oktober 1996, 2. 22 Beamter des DCI Counterterrorist Center, Naples World Affairs Council, „International Terrorism: Challenge and Response“, 9. Februar 1999,8. 23 Siehe Michael McClintock, Instruments of Statecraft (New York: Pantheon Books, 1992); und „NSA: Amerikas Großes Ohr“, Der Spiegel 8 (1989), 30-49. 24 „Treffender Eindruck“, Der Spiegel 14 (1992), 97-101. 25 Interviews mit Beamten des BND, 29. Juli 1993, in Pullach. 26 Interview, CTC, Langley, VA, 30. September 1993. 27 Robert D. Blackwill, „Patterns of Partnership“, in Steven Muller and Gerhard Schewigler, eds.. From Occupation to Cooperation (New York: Norton, 1992) 145. 28 Siehe Constantine C. Menges, The Future of Germany and the Atlantic Alliance (Washington, DC: AEI Press, 1991). 29 Siehe „Fies in East Germany Aided U.S. in Spy Case“, New York Times. 7. März 1994, A13. 30 Siehe Risen, „Bonn Sniffs for Russian Moles“; und Imre Karacs, „Germany Expels Three CIA Spies in Secret Deal“, Independent (London), 29. September 1999, 16. 31 Karl Kaiser, „Patterns of Partnership“, in Steven Muller and Gerhard Schewigler, eds., From Occupation to Cooperation, 173. 32 Steven Erlanger, „CIA's Role in Mideast Peace Prompts Outcry and a Call for Senate Hearings“, New York Times, 26. Oktober 1998, A8. -314-

33 George J. Tenet, „What ,New' Role for the CIA?“, New York Times, 27. Oktober 1998, A23. 34 ebd. 35 Madeleine K. Albright, Face the Nation, CBS News, 25. Oktober 1998. 36 Samuel Berger, This Week, ABC News, 25. Oktober 1998. 37 Zitiert nach Eric Schmitt, „CIA to Widen Role as Security Monitors“, Atlanta Constitution, 25. Oktober 1998, B7. 38 ebd. 39 Harry H. Ransom, Brief an den Herausgeber, New York Times, 30. Oktober 1998, A34. 40 Zitiert nach Schmitt, „CIA to Widen Role as Security Monitors“. 41 „Spies for Peace“, Editorial, New York Times, 28. Oktober 1998, A26. 42 Aspin-Brown commission, 129. 43 Zitat von Seymour M Hersh, „Saddam's Best Friend“, New Yorker, 5. April 1999,35. 44 Interview mit Beamten der UNO, New York City, 29. November 1995. 45 Bill Gertz, „Clinton Wants Hill off His Back“, Washington Times, 1. November 1995, Al. 46 Tim Weiner, „The Case of the Spies without a Country“, New York Times, 17. Januar 1999, E6. 47 Scott Ritter, Endgame (New York: Simon & Schuster, 1999); A. Walter Dorn, „The Cloak and the Blue Beret: Limitations on Intelligence in UN Peacekeeping“, International Journal of Intelligence and Counterintelligence 12 (Winter 1999/2000), 437-38. 48 Hersh, „Saddam's Best Friend“, 36. 49 Barton Gellman, „U.S. Spied on Iraqi Military via U.N.“, -315-

Washington Post, 2. März 1999, Al. 50 Zitiert in „Inspectors helped Washington“, New Zealand Herald, 7. Januar 1999, Bl. 51 Ritter, Endgame. 52 „Intelligence Ties with UNSCOM Defended“, Otago (New Zealand) Daily Times, 8. Januar 1999, 8. 53 Siehe Christopher Wren, „U.N. to Create Own Satellite Program to Find Illegal Drug Crops“, New York Times, 28. März 1999, A10. 54 Persönliche Mitteilung, 25. September 1999. 55 ABC News report, Discover News channel, 8. Oktober 1999. 56 Dorn, „The Cloak and the Blue Beret“, 442. KAPITEL 8 1 Die Diskussion des CTC basiert auf Interviews mit dem Direktor (18. Februar 1999) und ranghohen Mitarbeitern (30. September 1993). Das Zitat stamm aus Reule Marc Gerecht, „Alarmism Abets the Terrorists“, New York Times, 23. Dezember 1999, A29. 2 Interview, CTC, Langley, VA, 30. September 1993. 3 Äußerung auf dem National Intelligence and Technology Symposium, CIA, Langley, VA, 6. November 1998. 4 John Deuten, „Terrorism“, Foreign Policy 108 (Fall 1997), 10-22; Walter Enders and Todd Sandler, „Transnational Terrorism in the Post-Cold War Era“, International Studies Quarterly 43 (März 1999), 145-67. 5 George J. Tenet, Hearings, U.S. Senate Armed Services Committee, 2. Februar 1999, 3. 6 Daniel Benjamin and Steve Simon, „The New Face of Terrorism“, New York Times, 4. Januar 2000, A23. 7 Siehe Robert D. Walpole, „North Korea's Taepo Dong Launch -316-

and Some Implications on the Ballistic Missile Threat to the United States“, Rede im Center for Strategic and International Affairs, Washington, DC, 8. Dezember 1998, 5. 8 Interview, CTC, CIA, Langley, VA, 30. September 1993. 9 ebenda 10 Interview mit John Millis, Stabsdirektor des U.S. House Permanent Select Committee on Intelligence, Washington, DC, 18. Februar 1999. 11 Siehe zum Beispiel fames Risen, „Covert Plan Said to Take Aim at Milosevic's Hold on Power“, New York Times, 18. Juni 1999, A15. 12 Siehe James Risen and Benjamin Weiser, „U.S. Officials Say Aid for Terrorists Came through Two Persian Golf Nations“, New York Times, 8. Juli 1999, A8; und ABC Evening News, 9. Juli 1999. 13 Siehe das U.S. Select Committee to Study Governmental Operations with Respect to Intelligence Activities (das ChurchKomitee), „Alleged Assassination Plots Involving Foreign Leaders“, Interim Report, S. Kept. no. 94-465 (Washington, DC: U.S. Government Printing Office, 20. November 1975). 14 Siehe Tim Weiner, „Rethinking the Ban on Political Assassinations“, New York Times, 30. August 1998, E3. 15 Executive order 12333, sec. 2.11. 16 Robert Gates, zitiert in Walter Pincus, „Saddams Hussein's Death Is a Goal“, 'Washington Post, 15. Februar 1998, A36. 17 ebenda 18 Pincus, „Saddam Hussein's Death Is a Goal“. 19 Siehe Vernon Loeb, „Spying Intelligence Data Can Be an Open-Book Test“, Washington Post, 22. März 1999, Al7. 20 Brent Scowcroft, Äußerung auf der U.S. Intelligence and the End of the Cold War Conference, Bush School of Government and Public Service, Texas A&M University, College Station, 20. -317-

November 1999. 21 Persönliche Mitteilung, Washington, DC, 21. September 1995. 22 Siehe dazu den Report der Aspin-Brown commission. 23 ebenda 24 Interview, Washington, DC, 12. August 1995. 25 James Risen, „Gore Rejected CIA Evidence of Russian Corruption“, New York Times, 23. November 1998, A8. 26 Robert M. Gates, Confirmation Hearings, U.S. Senate Select Committee on Intelligence, 102dCong., Istsess., 16. September 1991. 27 Joseph F. Nye, Aussage, 19. Januar 1995, Washington, DC. 28 Interviews mit beiden in Washington, DC, Februar und September 1996. 29 Interview, Washington, DC, 22. August 1997. 30 Allen E. Goodman, Äußerung auf der Conference on U.S. Intelligence, CIA, Langley, VA, l. Oktober 1993. 31 Robert Steele, E-Mail an den Verfasser, 5. Januar 2000. 32 Interview, Washington, DC, 26. Oktober 1996. 33 Botschafter Robert D. Blackwill im Interview mit Jack Davis, „A Policymaker's Perspective on Intelligence Analysis“, Studies in Intelligence (Summer 1994), 6. KAPITEL 9 1 James Madison, „Federalist Paper No. 51 „, 8. Februar 1788, abgedruckt in The Federalist (New York: Modern Library, 1937), 337. 2 Thomas Jefferson, Draft of the Kentucky Resolutions, Oktober 1798, in Jefferson (New York: Library of America, 1984), 455. 3 Richard E. Neustadt, Presidential Power and the Modern Presidents (New York: Free Press, 1990), 29. -318-

4 Myers vs. United States, 272 U.S. 52 293 (1926). 5 Stephen F. Knott, Secret and Sanctioned: Covert Operations and the American Presidency (New York: Oxford University Press, 1996). 6 Jerrold L. Waiden, „The CIA: A Study in the Arrogation of Administrative Powers“, George Washington Law Review 39 (Oktober 1970), 66-101. 7 Interview, Washington, DC, 16. Juni 1994. 8 U.S. Select Committee to Study Governmental Operations with Respect to Intelligence Activities, „Foreign and Military Intelligence“, Final Report, S. Rept. 94-755, vol. 1, 94th Cong., 2d sess. (Washington, DC: U.S. Government Printing Office, May 1976), 157. (im weiteren: als „Church-Komitee“ zitiert) 9 Zu diesem Amendment (benannt nach Senator James Abourezk), siehe Congressional Record, 2. Oktober 1974, 33482. 10 Loch K. Johnson, Season of Inquiry (Lexington: University Press of Kentucky, 1986). 11 Sec. 662 of the Foreign Assistance Act of 1994 (22 U.S.C. 2422). 12 Kathryn Olmsted, Challenging the Secret Government: The Post-Watergate Investigations of the CIA and FBI (Chapel Hill: University of North Carolina Press, 1996); Knott, Secret and Sanctioned. 13 Loch K. Johnson, „The CIA and the Media“, Intelligence and National Security I (Mai 1986), 143-69. 14 Jack Anderson, „How the CIA Snooped inside Russia“, Washington Post, 10. Dezember 1973, B17; über die Glomar Explorer siehe New York Times, 20. und 26. März 1975. 15 Der Abgeordnete Jack Brooks, Impeachment Hearings, U.S. House Judiciary Committee, 93rd Cong., 2d. sess., 1974. 16 Robert M. Gates, From the Shadows (New York: Simon & -319-

Schuster, 1996). 17 Siehe Loch K. Johnson, America's Secret Power: The CIA in a Democratic Society (New York: Oxford University Press, 1989), 295, Anm.. 63. 18 Siehe Frederick M. Kaiser, „Congress and the Intelligence Community: Taking the Road Less Travelled“, in Roger H. Davidson, ed., The Postreform Congress (New York: St. Martin's Press, 1992), 279-300. 19 Aussage von Vizeadmiral Pointdexter vor dem InouyeHamilton-Komitee, Hearings, vol.8,100th Cong., 1st sess. (Washington, DC: U.S. Government Printing Office, 1987), 159. 20 gates, From the Shadows, 61. 21 Briefliche Mitteilung eines CIA-Beamten, 21. September 1991. 22 ebd. 23 Editorial, „The Keys to the Spy Kingdom“, New York Times, 19. Mai 1996, E14. 24 Editorial, „Making the CIA Accountable“, New York Times, 18. August 1996, E14. 25 Zitiert in James Risen, „Energy Secretary Delays Disciplining Staff over Spy Case“, New York Times, 10. Juni 1999, A6. 26 Arthur S. Hulnick, „Openness: Being Public about Secret Intelligence“, International Journal of Intelligence and Counterintelligence 12 (Winter 1999/ 2000), 480. 27 Eric Schmitt, „Leading Senators Demand That U.S. Limit Overtures to China“, New York Times, 14. März 1999, A6. 28 „Energy Officials Admit to Ducking Spy Case Queries“, Athens (GA) Daily News, 16. April 1999, IB. 29 Zitiert in Stansfield Turner, „Purge the CIA of KGB Types“, New York Times, 2. Oktober 1991, A19. -320-

30 Äußerung auf dem National Intelligence and Technology Symposium, CIA, Langley, VA, 6. November 1998. 31 James T. Currie, „Iran-Contra and Congressional Oversight of the CIA“, International Journal of Intelligence and Counterintelligence 11 (Sommer 1998), 203. 32 Zitiert in James Risen, „CIA Admits Slow Move in Security Slip“, New York Times, 5. Juni 1998, A12. 33 Brief von George Bush an den Verfasser, 23. Januar 1994. 34 Siehe Tim Weiner, „ CIA Chief Defends Secrecy, in Spending and Spying to Senate“, New York Times, 23. Februar 1996, A5. 35 Siehe John Mintz, „Lockheed Martin Works to Save Its Older Spies in the Skies“, Washington Post, 28. November 1995, D1. 36 Richard N. Haass, „Don't Hobble Intelligence Gathering“, Washington Post, 15. Februar 1996, A27. 37 John M. Deutch, „CIA, Bunker Free, Is Declassifying Secrets“, New York Times, 3. Mai 1996, A10; Tim Weiner, „A Blast at Secrecy in Kennedy Killing“, Neu; York Times, 29. September 1998, A17. 38 Brief an den Herausgeber, New York Times, 16. Juli 1998, A 18. 39 Steve Aftergood, „Bulletins“, Secrecy & Government Bulletin, Federation of American Scientists 79 (Juni 1999), 2. 40 Zitiert in Karen DeYoung and Vernon Loeb, „Documents Show U.S. Knew Pinochet Planned Crackdown in „73“, Washington Post, 1. Juli 1999,A23. 41 Daniel Klaidman and Melinda Liu, „Open Secret“, Newsweek, 22. März 1999,31. 42 Jeff Gerth, „Nuclear Lapses Known in '96, Aides Now Say“, New York Times, 17. März 1999, A12. 43 Gates, From the Shadows, 559. -321-

44 Äußerung auf der Konferenz „Does America Need the CIA?“, Gerald R. Ford Library, 19. November 1997. 45 William E. Colby, „Gespräch mit William E. Colby“, Der Spiegel, 23. Januar 1978, 114.

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