Bastard Assistant from Hell. (B. A. f. H.). 3442451604, 9783442451609 [PDF]


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Bastard Assistant from Hell. (B. A. f. H.).
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Zitiervorschau

The Bastard Assistant from Hell.

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Weihnachten The Bastard Ass(i) plots on The Bastard Ass(i) polishs up The Bastard Ass(i) has nothing to tell The Bastard Ass(i) shops around The Bastard Ass(i) 's exam The Bastard Ass(i) 's Psychogram

BASTARD  ASS ( I ) FROM  HELL von Florian Schiel  T e i l          1 

***

B.A.f.H. 1

TEIL 2

Ich werfe meinen Monitor an und schmeisse gleichzeitig die triefende Jacke in Richtung Regal. Die Jacke verfehlt wie immer den Pfosten und gleitet wie ein nasser Putzlumpen zu Boden, wo sich sofort eine Pfütze bildet. Ich lasse sie dort liegen. Sch...wetter! Weil es so kalt in meinem Büro ist und weil die Uni-Leitung offensichtlich zu geizig ist, mein Büro anständig zu heizen, schalte ich alle elektrischen Geräte an, die ich finden kann - auch die, die nirgends angeschlossen sind, auch die, bei denen nur noch das Netzteil und der Lüfter funktionieren.  Hauptsache, es kommt warme Luft heraus. Es wird sich hoffentlich auf die Stromrechnung auswirken. Geschieht ihnen recht! Ich schaue im Kalender nach, was heute ansteht: Zwei Studenten haben sich für die

Studienberatung angemeldet. Hm, na gut, was soll's! Es ist Freitag morgen und ich

bin gut gelaunt. Ich schicke also ausnahmsweise nur dem am Vormittag per mail

eine Absage. Das gibt mir Zeit zum Frühstücken in der Kantine. Der Chef kommt

erst in einer Stunde.

Als ich zurückkomme, hängt ein Zettel an meiner verschlossenen Türe. 

Sowas kann ich schon gar nicht ausstehen! Der Handschrift nach ist es der Chef.

Jemand anders würde es auch nicht wagen. Ich klebe den Zettel, ohne ihn zu lesen,

eine Tür weiter wieder an. Der Chef hat schon öfters bemerkt, daß er unsere

gleichförmigen Türen in unserem Betonbunker nicht auseinanderhalten kann. Also

bitte!

Dann fahre ich die Schutzschilde aus, mein bewährtes Pappschild mit der Aufschrift

'Versuch läuft - Bitte nicht eintreten', und schließe die Türe hinter mir. Früher war

ich noch so naiv, einen Schild rauszuhängen mit 'Bitte nicht stören' drauf. Das

Resultat war, daß die Sekretärinnen - wir haben zwei, eine junge Hübsche und ...

aber lassen wir das - also die Sekretärinnen konnten dann erst recht nicht die Finger

von der Klinke lassen. Wer weiß, was die sich in ihrer überhitzten Phantasie

ausgemalt haben. Jetzt bin ich schlauer geworden. JEDER, der hier schon länger als

7 Tage arbeitet, hat schon einmal einen wichtigen Versuch versaut, weil er einfach

durch eine geschlossene Türe hereingeplatzt ist - und wurde daraufhin vom

aufgebrachten Versuchsleiter fast umgebracht. Ohne Psychologie kann man hier

nicht überleben. Zumindest kann man nicht ANGENEHM überleben.

Ich bin gerade in alt.startrek.gossip.sexual.embarrasment, als das Telefon läutet.

Meiner Meinung nach gehören Telefone sowieso abgeschafft. Wo bleiben meine

Grundrechte? 'BIG BROTHER IS WATCHING YOU', das ist mein Telefon!

Nichts anderes! Email kann man wenigstens zurückschicken, mit der Angabe:

'cannot deliver mail - user got killed'.

Ich lasse es viermal läuten, dann hebe ich ab.

"Vermittlung", sage ich gelangweilt. Etwas schweigt verblüfft am anderen Ende. Ich lege auf. Zwölfeinhalb Sekunden später versuchen sie's nochmal. Das ist immer so. In ihrer grenzenlosen Dummheit glauben sie, daß sie sich vertippt haben. Um sie in ihrem Glauben zu bestärken, melde ich mich diesmal mit: "Fakultät 16, Dekanat." "Äh..." "Ja?" Ganz zuckersüß. "Ich glaube, ich bin falsch verbunden...." "Was Sie nicht sagen! So früh am morgen schon? Vielleicht probieren Sie es einfach noch einmal?"schlug ich vor, durch und durch hilfsbereit. "Ah, ja", sagt sie erleichtert. Dann besinnt sie sich auf ihre gute Kinderstube."Entschuldigen Sie bitte die Störung." "Aber das macht doch nichts..." Ich überlege, ob die Stimme für eine Einladung auf eine Tasse Kaffee sexy genug klingt. Aber dann lege ich doch auf. Keine Verabredungen mehr ohne vorheriges X-Picture, das habe ich mir geschworen.  Ich warte. Die Hand am Hörer. Als es läutet, reiße ich den Hörer von der Gabel und brülle, so laut und agressiv ich kann: "JA?!!!" Es klickt fast sofort. Gut, das dürfte eine Weile vorhalten.  In der group ist gähnende Leere. Also gehe ich ins WWW und lade mir die Bilder von zwei Doktoranden von uns herunter, denen gerüchteweise eine Beziehung nachgesagt wird. Mit Hilfe von Photoshop und den Bildern bringe ich die endlose Zeit bis zum Mittagessen hinter mich. Das Ergebnis, etwas schlüpfrig, aber vom Inhalt gar nicht so unwahrscheinlich, linke ich unter den Key 'Aktuelle Informationen zum Lehrangebot' in unsere Home Page, und schicke eine Mitteilung an alle User, daß es wichtige neue Mitteilungen in der Home Page gibt. Auf diese Weise wird der langweilige Inhalt etwas aufgepeppt.  Nach dem Mittagessen checke ich den Zugriffszähler auf unsere Home Page. Gar nicht schlecht. Eine Zunahme um 16000 % in den letzten zwei Stunden. Gut für unsere Netz-Statistik. Der Chef wird sich freuen! In der Workstation piept es zweimal und ich entferne meinen Schutzschild von der Türe. 14 Uhr, da macht der Chef immer seine Runde. Ich aktiviere das 'Working Window' an meiner Workstation, ein Dummy-Schirm mit mindestens 40 verschiedenen bunten Fenstern, die chaotisch übereinanderliegen. Die einfachste Methode, blutschwitzenden Hyperstress zu demonstrieren. Pünktlich um 14 Uhr, 7 Minuten und 25 Sekunden reißt der Chef, wie üblich ohne anzuklopfen, die Türe auf. Obwohl ich damit gerechnet hatte, zucke ich zusammen.

Das passiert mir jeden Tag und es kotzt mich an!

Gequält lächelnd, die Finger noch auf der Tastatur, drehe ich mich um und wische

mir nicht vorhandenen Schweiß von der Stirn.

Sein Blick irrt unsicher und beeindruckt über die vielen farbigen Windows auf meinem Schirm. Ich seufze ergeben, hole den TOPORDNER hervor, in dem unsere wichtigsten Termine und Aufgaben nach Dringlichkeit geordnet abgeheftet sind, blase die Staubschicht weg und überfliege schnell mit gefurchter Stirne die verblichene Liste. Gott sei Dank! Nichts, was einen ruhigen frühen Freitagnachmittag gefährden könnte. Bis auf den Beschwerdebrief der Univerwaltung vielleicht. Sie schreiben, daß der Bundesrechnungshof meine Gehaltsabrechnungen kritisiert hat. Sie seien zu hoch. Das muß man sich mal vorstellen! Der Brief datiert allerdings vom letten Jahr.  Ich ordne ihn unauffällig weiter hinten wieder ein. Vielleicht fällt er mal aus Versehen mal in den Reißwolf. Der Chef schaut mir kurzsichtig über die Schulter und atmet mir in den Nacken. Ich schüttele den Kopf.  "Nichts. Absolut nichts,was nicht auch bis Montag warten könnte." Man beachte das Wörtchen 'könnte'. Ich habe nicht gesagt 'kann'! Daß zwei Projektberichte bereits überfällig sind, drei Briefe eigentlich schon Anfang der Woche hätten rausgehen müssen und daß seine Sekretärin - zum Glück die häßliche - gedroht hat zu kündigen, wenn er ihr nicht endlich eine Gehaltsaufbesserung besorge, würde dem Chef nur das Wochenende verderben. "Ah. Das ist aber schön!" freut sich der Chef, und ich freue mich als loyaler Untergebener, daß der Chef sich freut, und fletsche pflichtbewußt die Zähne. "Dann...äh...kann ich ja zuhause noch an dem FGD-Gutachten arbeiten." Ich denke, daß er denkt: "Dann kann ich ja heute nachmittag doch zum Tennisspielen gehen." Und ich denke für mich ganz alleine: "Sobald du weg bist, bin ich auch weg!" Schwierig, wenn man in seinem Job für andere mitdenken muß. Ich will gerade gehen, als es zaghaft klopft. An meiner Türe. Freitag Mittag.  Ich rufe ungläubig: "Herein!" und es erscheint ein blasses Jüngelchen mit verpickeltem Gesicht und strähnigem langen Haar in der Türöffnung. "Äh", sagte es zögernd, "ich hatte mich angemeldet, zur Studienberatung..." Natürlich! Die mail, die ich mir aus falschen Großmut heute morgen verkniffen hatte. Jetzt habe ich den Salat! Ich bitte das Jüngelchen herein und zu platzen. Es setzt sich ganz vorne auf die Kante und blickt beeindruckt auf die vielen Meßgeräte und Rechner.

Dann sage ich: "Habt Ihr Euch sonst schon umgetan?" "Häh? Umgetan?" Ich beuge mich vor, fasse sein rechtes Knie und schaue ihm tief in die Augen. "Erklärt Euch, eh Ihr weitergeht, was wählt Ihr für eine Fakultät?" Das Jüngelchen betrachtet mich mißtrauisch. Vielleicht geht ihm gerade auf, daß es doch keine so gute Idee war, am Freitag nachmittag zur Studienberatung zu gehen. Jedenfalls nicht bei mir. "Err. Ich dachte ... eigentlich...ich meine..." "Da seid ihr auf der rechten Spur", unterbreche ich den Studenten in spe. "Doch müßt Ihr Euch nicht zerstreuen lassen. Gebraucht der Zeit, sie geht so schnell von hinnen. Ach!" Ich schließe die Augen, werfe den Kopf in den Nacken und führe den Handrücken theatralisch an die Stirne.  Als ich die Augen wieder öffne, hat das Jüngelchen bereits die Hand an der Türklinke. "Err. Ich... mir gefällt gerade ein... ich habe noch einen dringenden...  Entschuldigen Sie bitte..." Und draußen ist er.  Wir wollen doch keine Studentenschwemme auslösen, oder?

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Ich überarbeite gerade die Fragen für die diesjährige Zwischenprüfung - ein paar unlösbare Aufgabenstellungen zeigen doch erst, was in den Studenten WIRKLICH steckt - als plötzlich ein ungewohntes Verlangen in mir aufsteigt. Ich nehme die Finger von der Tastatur und überlege. Wieso möchte ich auf einmal aus heiterem Himmel den verschollen geglaubten Schlüssel zum Kaffeeraum zurückgeben? Als Wissenschaftler bin ich es gewohnt, meinen spontanen Regungen nicht sofort nachzugeben, sondern diese zunächst gründlichst zu analysieren. Also gehe ich stracks in die Bibliothek und bewaffne mich mit einschlägiger Literatur. Zwei Stunden später steht die Sache fest: Ganz zweifellos leide ich an einem akuten Anfall von galoppierenden Altruismus in Verbindung mit beginnender Saulus-Paulus-Neurose. Die meisten Autoren warnen vor der Möglichkeit, daß die Sache chronisch bzw. irreparabel wird! Bedauerlicherweise wird kein Gegenmittel genannt. Ich muß also improvisieren. Kurz darauf verläßt die Bibliothekarin den Raum, um mit ihren Kolleginnen im Sekretariat zu ratschen. Ich schnappe mir die fünf sorgfältig sortierten Karteikartenstapel auf ihren Schreibtisch und hebe jeweils die obersten zehn Karten ab. Den Rest mische ich gründlich durch - ich hätte als Croupier Karriere machen sollen! - und verteile sie wieder auf die fünf Stapel. Oberflächlich betrachtet, schaut noch alles ganz in Ordnung aus. Ich räume noch in zwei Regalen die Bücher um, so daß die 'Reden Platons' jetzt unter 'Tensormathematik' zu finden sind, und verteile meinen ausgelutschten Kaugummi gleichmäßig über die Lesesessel. Jetzt fühle ich mich etwas besser. Ich kann sogar am Sekretariat vorbeigehen, ohne an den Kaffeeraum-Schlüssel zu denken. Um ganz sicher zu gehen, drehe ich auf dem Rückweg in mein Büro jede dritte Leuchtstoffröhre in ihrem Sockel um 90 Grad, so daß sie erlischt. Es ist immer wieder ein Vergnügen, unseren kleinen dicken Hausmeister zu beobachten, wenn er schwitzend wie ein Affe auf seiner Aluleiter hockt und einen Wutanfall nach dem anderen bekommt. Zurück in meinem Büro rufe ich die Haustechnik an und mache den Leuten Dampf. Ich weiß sowieso, daß die um diese Zeit nichts tun als Kaffee zu trinken und die Abendzeitung von vorne bis hinten durchzulesen. Es sei ein Skandal, sage ich empört, hier oben müsse man sich im Dunkeln seinen Weg suchen. Ich knalle den Hörer auf die Gabel und wende mich wieder meiner eigentlichen Aufgabe heute zu. Die Prüfungsaufgaben brauchen noch den entscheidenden Touch. Ich füge noch folgenden Absatz ein:

"Wichtiger Hinweis: Da sich einige Aufgaben auf die Lösung anderer Teile der Prüfung beziehen, empfehlen wir folgendes Vorgehen bei der Bearbeitung. Lösen Sie zunächst Aufgabe 1 a und d, anschließend 4 e, f und a. Durch geschickte Kombination der Ergebnisse aus 4 a und 1 d sowie von 1 a und 4 f können Sie bei der anschließenden Lösung von Aufgabe 2 sofort mit Teil c beginnen. Vorteilhaft ist dann vor der Bearbeitung von 3 a, b und f die Aufgabe 1 b und c zu lösen. Die Ergebnisse letzterer werden zwar erst in 5 c benötigt, aber wegen der recht knapp bemessenen Prüfungszeit sollten Sie nicht unnötig oft die Aufgabenstellung wechseln. Lösen Sie nun die restlichen Aufgaben in beliebiger Reihenfolge. Beachten Sie aber, daß 3 c auf keinen Fall vor 6 a und 6 c idealerweise vor 4 a gelöst werden sollte. Viel Erfolg!" Ich drucke die Prüfungsblätter aus und schicke sie gleich in den Kopierladen, damit der Chef sie vor der Prüfung nicht mehr zu Gesicht bekommt. Der Chef ist da viel zu lasch; nur geforderte Studenten können zeigen, was sie können! Inzwischen ist es spät geworden und ich schlendere hinüber in den Hörsaal. Dort warten bereits 30 Studenten seit einer halben Stunde auf mein Hauptseminar. Überlebensregel Nummer 14: Niemals pünktlich zu seinen Lehrveranstaltungen erscheinen. Dozenten, die pünktlich kommen, sind nicht WIRKLICH wichtige Leute. Das lernt jeder Student schon im ersten Semester. Während ich nach vorne zur Tafel gehe, spüre ich negative Schwingungen im Raum und höre gemurmelte Worte wie 'Zeitverschwendung' und 'immer zu spät'. Ich drehe mich mit sorgenvoll gefurchter Stirne um und erkläre, daß ich gerade an den Aufgaben für die Zwischenprüfung arbeite. Die negativen Schwingungen lösen sich schlagartig in Wolken von Angstschweiß auf. 30 Augenpaare starren mich an, 30 Paar Ohren klappen sichtbar nach vorne, 30 zitternde Gestalten hängen an meinen Lippen. "Ja, äh also... ich kann nur sagen ... ", sage ich leise. 30 studentische Oberkörper beugen sich so weit nach vorne wie möglich. "Äh...Sie sollten auf jeden Fall ...ach nein, ich sage jetzt lieber nichts. Das würde Sie nur bei Ihrer Vorbereitung stören. Außerdem ist dann die ganze Spannung weg." Allgemeines Stöhnen. In der zweiten Reihe sinkt eine Studentin entseelt auf die Bank. Ich merke mir rasch die Studenten, die am lautesten stöhnen, um sie nachher rigoros aufzurufen. Da ich keine Lust hatte mich vorzubereiten, werfe ich rasch einige Formeln auf die Tafel und murmele kaum hörbar etwas von ". . . trigonometrisches Konvergenzkriterium unter Annahme der Retrokontraktibilität der angegliederten Tensormatrix mit Pi hoch Theta gegen Null..."

Die Studenten pinseln eifrig mit, ohne ein Wort zu verstehen, weil es da gar nix zu

verstehen gibt.

Als die Tafel halb voll ist drehe ich mich um und frage mit scharfer Stimme, ob

noch jemand zu diesem trivialen Thema Fragen hat.

Natürlich hat niemand. Dann rufe ich der Reihe nach die Störenfriede von vorhin

auf. Keiner kann etwas dazu sagen. Als ich das Ende der Veranstaltung verkünde,

ist die Hoffnungslosigkeit im Raum mit beiden Händen zu greifen.

Es ist drei Uhr. Beschwingt schließe ich mein Büro heute etwas früher ab als sonst.

Auf dem Weg nach draußen begegnet mir der Chef. Er schaut mich an; ich schaue

ihn an. Statt zu sagen, es sei noch etwas früh am Tage, wünscht er mir ein schönes

Wochenende.

Der Kurs in angewandter Hypnosetechnik letztes Semester hat sich DOCH gelohnt! TEIL 1

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TEIL 4

Im Uni-Parkdeck schnappt mir ein kleiner weißer Fiat frech den letzten freien Platz auf dem unteren Parkdeck weg. Fluchend merke ich mir die Nummer und fahre zwei Ebenen weiter hinauf aufs Dach, bis ich endlich einen freien Platz für meinen Schlitten finde. Mit jeder Treppe, die ich hinuntersteigen muß, steigt meine Wut um 100 Grad Kelvin. In meinem Büro logge ich mich sofort bei der Datenzentrale der deutschen Autoversicherer ein und suche nach dem weißen Fiat. Aha, der Name kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich suche in unseren Verwaltungsdateien danach, und siehe da: es ist eine Angestellte in der Reisekostenstelle! Und noch dazu die Bearbeiterin meiner Reisekostenabrechnungen! Die RKFH ('Reisekostenstelle from Heaven') ist sowieso ein erklärter Feind des BAFH; daher fasse ich das Manöver des weißen Fiat von heute morgen als das auf, was es ist: eine gezielte Provokation des BAFH durch die RKFH! Ich suche die Reisekostenabrechnungen der letzten fünf Jahre heraus und brüte eine Stunde angestrengt über Bescheiden, Verordnungen und Abrechnungslisten. Dann wähle ich die Nummer der Sachbearbeiterin mit dem weißen Fiat. Zuerst geht niemand ran. Mit jedem Läuten steigert sich mein Blutdruck um 10 Millimeter Quecksilbersäule. Kurz bevor das Überdruckventil anspricht, nimmt jemand den Hörer ab. "Reisekostenstelle, Mühlstein-Obergauer." Die übliche Mischung aus vorgetäuschtem Stress und Empörung darüber, schon wieder gestört zu werden. Mit anderen Worten, sie hat sich gerade einen Kaffee geholt und sich zu einem gemütlichen Schwatz mit der Kollegin von der Amtskasse (die ich auch schon seit der unseligen Spesenabrechnung von 1989 auf dem Kieker habe!) niedergelassen. "Hier spricht Dr. Hannibald Kohl vom Institut für angewandte Idiosynkrasienforschung", sage ich mit empörter Stimme. "Ja?" fragt sie vorsichtig. Sie kennt den Namen natürlich nicht, weil es ihn gar nicht gibt. Aber weil sie so viele Anträge zu bearbeiten hat, ist sie sich nicht ganz sicher, ob sie den Namen nicht vielleicht kennen müßte. Außerdem zweifelt man besser nicht an einem Namen, wenn er so ähnlich wie Hannelore Kohl klingt - jedenfalls nicht in diesem unseren Lande.

"Ich habe hier seit sieben Monaten einen Reisekostenbescheid über 4000 Mark von Ihnen herumliegen", sage ich wütend, "in dem Sie mir endlich meine Dienstreise nach USA erstatten wollten. Seitdem ist keine müde Mark auf meinem Konto eingegangen!" "Äh, wie war nochmal Ihr Name? Ich hole dann sofort den Vorgang..." Ich buchstabiere ihr Hannibald Kohl. Sie schluckt den Namen, ohne mit der Wimper zu zucken. Naja, wenn man selber Mühlstein-Obergauer heißt... Drei Minuten später ist sie wieder am Telefon. "Hören Sie bitte? Es tut mir leid. Ich kann keinen Vorgang unter Ihrem Namen finden..." "Das ist ja unglaublich!!!" Ich simuliere einen Erstickungsanfall. "Jetzt hören Sie mir mal gut zu: IHRE Unterschrift ist unter dem Bescheid und IHR Telefon ist hier angegeben. Und jetzt sagen SIE... womöglich haben Sie auch noch alle Belege verschlampt?!" "Könnten Sie mir den Bescheid und eine Kopie des Antrags herüberfaxen?" schlägt Frau Mühlstein-Obergauer verzweifelt als Ausweg vor. "Faxen? Den Bescheid? Natürlich. Den Bescheid schon. Den Antrag habe ich doch schon vor Jahren an die Reisekostenstelle geschickt. Glauben Sie, ich hebe mir Kopien von jedem Kinkerlitzchen auf?!" Natürlich glaubt Frau Mühlstein-Obergauer das nicht. Wir einigen uns darauf, daß ich nur den Bescheid faxe und sie verspricht mir dafür schnellstmögliche Bearbeitung der Überweisung. Ich scanne einen alten Bescheid über 134 Mark ein und ändere mit Photoshop Namen und Reisedaten, und natürlich die Summe. Dann faxe ich das Ganze an die RKFH, zu Händen Frau Mühlstein-Obergauer. Ich wiederhole die ganze Prozedur im Laufe der nächsten Tage noch viermal unter den Namen Alois Stoiber, Hans Waigel und Ludwig Gauweiler. Zwei Wochen später ruft mich mein BBFH an. "Die Amtskasse der Uni versuchte heute, eine ziemlich hohe Summe auf Ihr

Konto zu überweisen - allerdings unter vier verschiedenen Namen, die wir

nicht kennen. Wir müssen die Überweisungen zurückschicken."

Der 'Bastard Banker from Hell' schweigt erwartungsvoll.

"Acht Prozent?" frage ich.

"Zehn."

"Gebongt. Sie können die nötigen Überweiser gleich zu mir schicken..."

Am anderen Ende der Leitung klickert es heftig auf dem Tischrechner.

"Gratuliere. Sie sind soeben um 15.124,- Mark reicher geworden", sagt er

und legt auf.

Viel später erfahre ich aus verschiedenen Kanälen, daß in der RKFH seit langem mal wieder eine Beamtenstelle zu besetzen sei. Ich leite diese Information sofort anonym an den Bayerischen Rechnungshof weiter, mit dem Erfolg, daß die

Planstelle im Zuge der allgemeinen Sparmaßnahmen bis auf weiteres nicht mehr besetzt werden darf. Ein weiterer Punkt für den BAFH.

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Ich frisiere gerade die Ergebnisse der Zwischenprüfung, damit die Punkteverteilung exakt einer Gaußglocke gleicht, als das Telefon läutet. Ich sitze außer Reichweite, also überdenke ich zuerst gründlich, ob es sich lohnt aufzustehen und abzuheben. Wahrscheinlich nicht. Nach meiner privaten Statistik bedeutet ein läutendes Telefon in den seltensten Fällen etwas Gutes. Genauer gesagt, handelt es sich in 93% aller Fälle um Jemanden, der irgendetwas von einem will. 5% haben sich verwählt, 1.93% wollen nur wissen, ob man noch lebt und bei der Arbeit ist, und nur läppische 0.07% sind WIRKLICH gute Nachrichten - Lottogewinne zum Beispiel. Extrapoliert man diese Statistik, führt das zur zwingenden Schlußfolgerung, daß es sich nur alle 1420mal WIRKLICH lohnt, ans Telefon zu gehen. Wissenschaft ist doch etwas Wundervolles, nicht? Es bleibt nur noch das Problem herauszufinden, wann die statistischen Ausreißer passieren, wann man also WIRKLICH rangehen sollte. Bis jetzt konnte ich keinerlei Korrelationen feststellen. Leider. Inzwischen hat der Anrufer aufgegeben und die schwierige Entscheidung hat sich erledigt. Fünf Minuten später läutet es wieder. Ich stehe seufzend auf und hebe ab. "Hallo", sage ich. Niemand antwortet. Das habe ich gern! Ich will gerade auflegen, als ein kreischendes Quietschen mein Trommelfell zerreißt. Ein Faxgerät! Schon wieder! Ich lege den Hörer auf den Tisch und renne rüber ins Sekretariat. Die Sekretärinnen sind, wie üblich, nicht da. Ich reiße die Stecker des Faxgeräts heraus - dabei werden zwar alle gespeicherten Daten gelöscht, aber ist es vielleicht meine Schuld, daß wir so ein veraltetes Gerät haben? - und renne mit dem Gerät unterm Arm zurück in mein Büro. Dort tausche ich rasch mein Telefon gegen das Fax und warte gespannt. Seit ein paar Wochen schon terrorisiert irgendjemand den BAFH mit sinnlosen periodischen Faxanrufen. Wahrscheinlich hat der hirnlose Typ sein Faxgerät mit falschen Nummern gefüttert und ist zu blöd zu merken, daß sich das Fax nicht senden läßt. Und sein ebenso blödes Faxgerät versucht es alle fünf Minuten aufs Neue - bis ich vor Wut die Wände hochgehe. Jetzt! Es läutet wieder. Mein Fax spuckt das erste Blatt aus. Oben in der Kopfzeile ist die Faxnummer des Absenders angegeben. Perfekt!

Ich besorge mir vier dunkelblaue Tonpapiere und klebe sie zu einem langen Band zusammen. Dann füttere ich das dunkle Papierband in mein Fax und wähle die Faxnummer des Hirnlosen. Als das Papier auf der anderen Seite herauskommt, klebe ich es mit Tesaband am Ende fest, so daß eine geschlossene Schleife entsteht. Dann hole ich mir einen Kaffee, setze mich gemütlich hin und beobachte zufrieden, wie nach und nach mehrere Kilometer schwarzes Papier übertragen werden. Das wird ihnen eine Lehre sein! Während die Telekom und Faxpapierindustrie noch glänzende Geschäfte machen, wende ich wieder meiner eigentlichen Aufgabe heute zu. Die Notenverteilung schaut immer noch nicht nach Gauß aus. Besonders bei 1.0 und 1.3 sind noch zwei statistische Ausreißer. Ich vervollständige die Korrekturen meiner Kollegen mit einigen weiteren schwungvollen roten Haken und Strichen und korrigiere die Punktzahlen nach unten. Auf diese Weise verlagern sich die statistischen Ausreißer irgendwo in die Nähe des Mittelwerts bei 3.7. Zufrieden betrachte ich den Plot. Saubere Arbeit. Der Chef wird sich freuen. Der Chef freut sich immer über hübsche Graphiken. Um die Sache ganz deutlich zu machen, plotte ich in roter Frabe eine echte Gaußglocke über die Verteilung und mit dunkelblau die Grenze zwischen 'Durchgefallen' und 'Bestanden'. Seeeehr schön! Inzwischen wurde die Faxverbindung dreimal unterbrochen - wahrscheinlich hat der Empfänger aus Verzweiflung den Strom ausgeschaltet - und ich habe ihn dreimal erneut angewählt. Nach meiner Rechnung ist mindestens eine Rolle Faxpapier bereits schwarz. Also lasse ich Gnade vor Recht ergehen und bringe das Faxgerät zurück ins Sekretariat. Die Sekretärinnen sind mittlererweile wieder zurück und bejammern lauthals den Verlust ihres Faxgeräts. Als ich es nonchalant auf den Tisch fallen lasse, starren mich beide fassungslos an. Ich starre ohne zu blinzeln zurück, bis beide wegschauen müssen. Die Ausgabe für die gelb gefärbten Kontaktlinsen mit den senkrechten Pupillenschlitzen hat sich gelohnt. Keine wagt etwas zu sagen. Sie wissen, daß sie gegen den BAFH keine Chance haben! Beschwingt schlendere ich in mein Büro zurück. Unterwegs begegnet mir eine reichlich aufgedonnerte Lady mit Schoßhund, Typ indische Strandratte, auf dem Arm und geschwungener, mit Glitzersteinen besetzter Schmetterlingsbrille. Sie reckt sich immer kurzsichtig zu dem Namensschild neben einer Bürotür, bevor sie kopfschüttelnd zum nächsten trippelt. "Ach, entschuldigen Sie", sagt sie schmeichelnd zu mir, als ich sie höflich vorbeilassen will. Die Strandratte wittert in meine Richtung, dann knurrt sie leise und drohend. Hunde haben eben einen guten Instinkt, das muß man ihnen lassen - auch wenn ich persönlich aus irgendwelchen Gründen Katzen vorziehe. Besonders schwarze. "Ja?" sage ich, ganz Gentleman, und deute eine leichte Verbeugung an. "Können Sie mir wohl sagen, wo ich das Zimmer von Herrn Dr.

Oberschlau finde?" fragt sie und lächelt mich mit zwei Pfund Lippenstift vertrauensvoll an. Ich gucke auf die Strandratte in ihrem Arm. Die versucht, sich in der Armbeuge zu verstecken, und beginnt leise zu winseln. "Aber natürlich", sage ich. "Herr Dr. Oberschlau. Sie sind schon auf dem richtigen Wege. Sie gehen noch bis zum Ende dieses Flurs, dann rechts ein paar Stufen hinunter und durch die erste linke Türe. Klopfen Sie lieber nicht an. Herr Dr. Oberschlau ist leider schon etwas schwerhörig. Haha. Er ist gewohnt, daß jeder einfach zu ihm hereinkommt." Die Lady bedankt sich strahlend und stöckelt in der angegebenen Richtung davon. Ich warte und überlege. Habe ich jetzt 'linke' oder 'rechte' Türe gesagt? Man kann sich so leicht vertun! Links, gegenüber von Oberschlau, residiert nämlich der Hausmeister und der besitzt eine ziemlich unangenehme... Aufruhr am Ende des Flures! Das tiefe kehlige Bellen der bissigen Hausmeisterdogge erschüttert die umliegenden Flure. Dazwischen hört man schwach die verzweifelten Hilferufe der aufgedonnerten Tussi und das quietschende Jaulen der Strandratte. Was bin ich nur für ein Schussel! TEIL 3

TEIL 5

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TEIL 4

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TEIL 6

Es ist 14 Uhr vorbei und ich sitze wie jedermann um diese Zeit bei geöffneter Türe in meinem Büro und warte, daß der Chef seine Runde macht. "Wir sind ein OFFENES Institut", pflegt er ausländischen Gästen gegenüber immer stolz zu betonen. Besonders Russen und Chinesen gegenüber. "Bei uns gibt es keine Geheimnisse. Deshalb stehen unsere Bürotüren immer OFFEN." Die ausländischen Gäste bewundern dann höflich lächelnd (die Chinesen) oder auch

weniger höflich lächelnd (die Russen) unsere OFFENEN Türen und fragen sich,

hinter welcher verdammten OFFENEN Türe es jetzt endlich was zu trinken gibt.

Sobald der Chef sich nach seinem Rundgang wieder in seinem Büro verzogen hat,

schließt jeder schleunigst seine OFFENE Türe hinter sich, damit er nicht andauernd

die Studenten sehen muß, die müßig in den Gängen herumlungern und rauchen,

haschen oder was Studenten halt sonst noch so den ganzen Tag machen.

Heute hat sich der Chef verspätet. Oder....

Ich schaue gerade zur offenen Türe, als ein Traum von einem absolut scharfem

Mädchen vorüberschwebt. Eine Wolke teueren Parfüms erreicht meine bebenden

Nüstern.

Mit einem Satz bin ich an der Türe und ziehe an der roten Schnur, die dort für

solche Fälle bereithängt. Der Stapel leerer Computerkartonagen, den ich kunstvoll

auf einem der Aktenschränke im Gang installiert habe, stürzt ein wie ein

gesprengtes Hochhaus.

Genau dem schwebendem Traum vor die hochhackig bewehrten Füße.

Von hinten schaut sie in ihren Hotpants fast noch besser aus als von vorne. Sie

quietscht erwartungsgemäß und macht erschrocken einen Satz nach hinten - genau

in meine starken (sic!) Arme!

Leider fällt sie nicht auch noch in Ohnmacht - diesmal also keine

Wiederbelebungsmaßnahmen. "Himmel, müssen Sie sich erschreckt haben", sage ich entsetzt. "Ich habe schon immer gesagt, diese Abfallstapel da werden nochmal jemanden unter sich begraben." Sie ist vor Schreck ganz bleich unter ihrem Makeup und ihr ... äh ... Dekollete (sic!) wogt aufgeregt auf und nieder. Ich führe sie behutsam in mein Büro, setze sie auf meinen Stuhl und bringe ihr ein Glas Wasser. Bevor sie sich noch von dem Schrecken erholt hat, überrede ich sie, mir ihre Telefonnummer zu

überlassen, damit ich mich morgen erkundigen kann, ob der Unfall auch keine

Folgeschäden bewirkt hat.

Dann werden wir weitersehen....

Als wir uns verabschieden, ist sie ganz von Dankbarkeit erfüllt.

Kaum ist sie weg, reißt mich das Telefon aus meinen angenehmen Tagträumen. Ich

bin so guter Laune; also hebe ich ab.

"HABEN SIE EIN FAXGERÄT?!" brüllt es durch die Leitung. Ich lege auf. Schlechte Manieren sind mir ein Greul. Nicht mal 'Guten Tag' hat er gesagt. Das Telefon klingelt wieder. Da sich meine gute Laune hartnäckig hält - ich wundere mich selber! - hebe ich noch einmal ab. "SIE HABEN MIR 150 METER SCHWARZES PAPIER GEFAXT! LEUGNEN IST ZWECKLOS! GEBEN SIE ES ZU!" "Sie sind mit dem Anschluß 897-5674 verbunden", sage ich mit monotoner Stimme. "Leider bin ich im Moment nicht erreichbar. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Piepston. Ich rufe dann sobald als möglich zurück." Ich drücke die Null für den Piepston und warte. "Äh...Hier spricht Leitner... äh... 897-2132. Hrrrm. Hören Sie gut zu! Diese Faxgeschichte von gestern wird noch ein Nachspiel haben! Das garantiere ich Ihnen!!" Der Hörer kracht auf die Gabel. Leitner? Der Name kommt mir bekannt vor. Ich schaue in den Web- Server der Uni und suche nach Leitner. Aha: Leitner, Prof. Dr. F., Kanzler. Sogar mit fortschrittlicher Email- Adresse. Der neue Kanzler also. Klar, der alte hätte sich so einen Anruf dreimal überlegt... Als kleinen Vorgeschmack schicke ich den Kernel meiner Workstation - immerhin 8 MB - 199mal über den anonymen Email-Server in Finnland an die Emailadresse des Kanzlers. Außerdem starte ich einen Cronjob, der diese Prozedur in unregelmäßigen Abständen wiederholt. Als nächstes suche ich in der illegalen Autokennzeichen-Datenbasis im Internet nach 'Leitner F.'. Der gute Mann hat drei (sic!!) Wagen angemeldet. Der Mercedes 600 ist wahrscheinlich sein Dienstwagen. Ich rufe bei der Abschleppfirma an, die regelmäßig die illegalen Dauerparker in unserer Tiefgarage entsorgt, und gebe denen die Autonummer durch. Der Mann am anderen Ende entschuldigt sich, daß sie erst in einer Stunde kommen können. Ich versichere ihm, daß das noch dicke reicht. Als nächstes schicke ich ein hübsches kleines Skript per rsh auf die Reise, das den altersschwachen Verwaltungsrechner der RKFH ('ReiseKostenstelle From Heaven' - das war aber jetzt das letzte Mal.

In Zukunft wißt ihr Bescheid, ok?) zuverlässig in die Knie zwingt.

Während die PRIME schnaufend wieder hochfährt, logge ich mich über einen

Service-Account dort ein und gehe stracks in die Reisekostenabrechnungen von unserem neuen Kanzler. In den letzten sechs Abrechnungen, die alle noch nicht angewiesen sind (der RKFH sei Dank!), korrigiere ich die Spesenabrechnungen jeweils um zwei Größenordnungen nach oben. Sodann schreibe ich einen knappen, aber aussagekräftigen anonymen Brief an den bayerischen Rechnungshof, mit genauen Angaben, wo sie die Abrechnungen eines bestimmten Spitzenbeamten mal etwas genauer unter die Lupe nehmen sollten. Zu guter Letzt vertausche ich im Telefoncomputer der Uni meine Nummer mit der des Sekretariats vom Rektor. Es war sowieso mal wieder an der Zeit, meine Nummer zu ändern. Viel zu viele Anrufe in der letzten Zeit...! TEIL 4

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Ich sitze mit meinem neuen, absolut unfähigen Hiwi Xaver in der Cafeteria und wir versuchen erfolglos, die Zeit bis zum Mittagessen totzuschlagen. Es ist Montagmorgen, der Dreizehnte, draußen nieselt es und hier drinnen ist absolut nichts los, was mein Laune verbessern könnte. Falls sich jemand wundern sollte, warum ich mit einem absolut unfähigen Hiwi in der Cafete herumsitze: es ist immer noch besser, sein hirnloses Gebrabbel über mich ergehen zu lassen, als zu beobachten, wie er mein sorgfältig verschachteltes Filesystem im Workstation-Cluster ruiniert. Der Chef hat ihn mir aufs Auge gedrückt. Mit der Begründung, mich 'zu entlasten'. In Wirklichkeit hofft er immer noch, daß jemand es schafft, die ganzen Bugs aus dem Betriebssystem herauszubekommen, die ich in mühsamer Kleinarbeit hineinprogrammiert habe. Plötzlich fahren die Lider über Xavers gelangweilten Schlafzimmerblick um mindestens zwei Etagen nach oben und seine Augen leuchten auf wie in der Osram-Werbung. Ich drehe mich erwartungsvoll um - jede Abwechslung an einem totlangweiligen Montagmorgen ist ein Geschenk der Hölle - aber es ist lediglich Franky am Eingang der Cafeteria. Ich sehe an Xavers Augen, daß er Franky noch nie zu Gesicht bekommen hat. Ihm bleibt buchstäblich die Spucke weg. Es ist allerdings auch ein einigermaßen atemberaubender Anblick für jemanden, der Franky noch nie zu Gesicht bekommen hat. Noch dazu für einen, der von der TU kommt. Wo man sich die paar Ingenieursstudentinnen mit 500 anderen Ingenieursstudenten teilen muß. Franky zeigt heute die absolute Topfigur in einem mehr als großzügig ausgeschnittenen, schulterfreien Top und bis zu dem Hüften geschlitztem Maxi-Rock. Alle Klamotten sind schneeweiß und allerbeste Sahne, inklusive die weißen Cowboystiefel, in denen die schlanken tiefbraunen Beine enden. Dazu die wallende goldene Mähne und der typisch leicht entrückte Blick, passend zu den sinnlich halb geöffneten kirschroten Lippen. Die anderen, erfahreneren männlichen Gäste der Cafeteria reagieren einigermaßen relaxed, wogegen die anwesenden Mädels giftsprühende Blicke in Richtung Eingang verschießen. "Mein Gott! Was für ein Häschen", flüstert Xaver und schluckt mühsam.

"Kennst du die?"

"Aber klar", sage ich gelangweilt. "Absolut scharfe Nummer. Soll ich...?" Ich

mache eine auffordernde Handbewegung.

"Meinst du, du könntest uns miteinander bekannt machen?" fragte mein Hiwi

aufgeregt. Man sieht, daß ihm schon allein der Gedanke den Mund wässrig macht. Ich betrachte ihn kritisch. Vielleicht sollte ich ein Exempel statuieren. Zumindest würde das mein Laune etwas aufbessern... Inzwischen hat man sich Kaffee besorgt und läßt nun den strahlend blauen Laserblick suchend durch die Cafeteria schweifen. Ich winke heftig, und man schwebt strahlend lächelnd an unseren Tisch. Ich erspare mir die Darstellung der absolut entwürdigenden Erniedrigung, die mein Hiwi Xaver innerhalb der nächsten halben Stunde an den Tag legt. Schließlich läßt sich Franky huldvoll (und errötend!) dazu herbei, die Telefon-Nummer herauszurücken, und die beiden verabreden sich für heute abend zum Essen. "Geschieht ihm recht", denke ich grimmig, während Xaver wie in Ekstase zurück an seine Arbeit eilt. "Mangelnde Menschenkenntnis muß bestraft werden!" Zurück in meinem Büro entwerfe ich rasch einen Brief an die zentrale Personalverwaltung der Uni, mit der Bitte, Xavers Hiwi-Vertrag fristlos und außerordentlich zu kündigen. Als Begründung schreibe ich, daß sein weiteres Verbleiben an unserem Institut aus moralischen Gründen kaum noch vertretbar sei. Insbesondere sei es als bedenkliches Vorbild für die jüngeren Semester zu werten, daß ein Hilfswissenschaftler des Instituts öffentlich Umgang mit einem stadtbekannten Transvestiten pflege. Den Brief adressiere ich zu Händen eines der wenigen Sachbearbeiter, die noch aus nostalgischen Gründen ihr CSU-Parteibuch pflegen. Außerdem weiß ich zufällig, daß er Mitglied in der Liga 'Für ein sauberes München' ist und schon seit 27 Jahren als stellvertretender dritter Kassenwart im 'Verein katholischer Maiburschen Untermenzig' fungiert. Bei ihm ist mein Brief gewiß an der richtigen Adresse. WERBUNG (gesungen) Haben Sie auch manchmal das Gefühl, daß ALLES irgendwie SINNLOS ist? Fühlen Sie sich SCHLAPP und ABGESPANNT und sind immer MÜDE? Geht die ARBEIT nicht mehr leicht von der Hand? Es KÖNNTE natürlich am Wetter liegen. ODER vielleicht sind Sie allergisch gegen das neue Haarspray? ES KÖNNTE ABER AUCH SEIN, DASS IHRE FESTPLATTE EINE UNWUCHT HAT! ALARMSIGNAL. Festplatten mit Unwucht erzeugen beim Rotieren starke niederfrequente Schwingungen, die sich unbemerkt über den Tisch oder den Fußboden bis in Ihren Körper hin fortpflanzen können. Solche schädlichen mechanische Schwingungen beeinträchtigen die Funktion der vorderen Hirnlappen, die für das logische Denken, das Treffen von Entscheidungen und konzentriertes Arbeiten zuständig sind. Die Folge: Niedergeschlagenheit, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche.

LASSEN SIE ES NICHT SO WEIT KOMMEN! Unwuchten auf Festplatten entstehen durch ungleiche Verteilung der Bytes auf der Oberfläche der Platte. Herkömmliche Festplatten- Controler ordnen die Bytes in möglichst großen zusammenhängenden Blöcken an. Die logische Folge: Auf einer Seite der Festplatte entsteht ein Übergewicht an Bytes; die Platte bekommt eine Unwucht! Helfen Sie dem ab! Der neue unwuchtsfreie B.A.f.H. Festplatten-Controler mit randomisierter FAT und GVBK ('gaußverteilter Blockungskontrolle') verhindert zuverlässig jegliche Unwucht auf Ihren Festplatten. Genießen Sie schon wenige Minuten nach Installation die schwingungsfreie Atmosphäre in Ihrem Büro. Ihre Kollegen werden Sie beneiden. Besorgen Sie sich noch heute den neuen unwuchtsfreien B.A.f.H Festplatten-Controler! (Fanfare) Kaum bin ich fertig, kommt der Chef herein und teilt mir mit, daß unsere Sekretärin (die häßliche) endlich gekündigt hat. Insgeheim registriere ich erfreut, daß persistentes Stänkertum und permanente Quengelei auch heute noch zuverlässige Wirkungen zeigen. Man muß nur am Ball bleiben und nicht so schnell aufgeben. "Ich möchte gerne, daß Sie mir bei der Anstellung einer neuen Sekretärin

behilflich sind", sagt der Chef.

"Ich?"

"Nun ja, ich glaube, daß es keinen Sinn mehr hat, jemanden einzustellen, mit

dem Sie nicht auskommen können", sagt der Chef ironisch. Sollte ihm etwa

aufgefallen sein, daß wir innerhalb von fünf Jahren sieben verschiedene

Sekretärinnen hatten?

"Wir werden also die übliche Ausschreibung machen", fährt der Chef fort,

"und Sie schauen sich die Bewerberinnen genau an. Ich verlasse mich ganz

auf Sie."

Schon eine Woche später sitzt die erste Kandidatin auf meinem Besuchersessel. Auf dem ersten Blick gefällt sie mir nicht gerade; viel zu begeistert und engagiert. "Sie würden also gerne in unserem Sekretariat arbeiten", eröffne ich leutselig das Interview. Die Kandidatin nickt begeistert.

Ich registriere den ersten Minuspunkt: Weiß nicht, wovon sie redet, stimmt aber

dem Vorgesetzten in spe bedingungslos zu. Kein vernünftig denkender Mensch

würde gerne bei uns arbeiten. Schon gar nicht für das mickrige Gehalt, das der Staat

zahlt. Es sei denn, man hat andere Gründe.

Ich frage die Kandidatin nach den Gründen. Als Antwort erhalte ich nur Platitüden.

Ich bringe das Interview zu einem raschen Ende.

"Sie hören sehr bald von uns", sage ich zum Abschied. Die beiden nächsten Kandidatinnen sind keinen Deut besser. "Was machen Sie, wenn der Chef Ihnen einen Auftrag gibt, der absolut unsinnig ist, vielleicht sogar eine Katastrophe heraufbeschwören könnte?" frage ich beide. Beide antworten mutig, daß Sie in diesem Falle auf eigene Verantwortung das Richtige unternehmen würden. Unfaßbar! Resigniert lasse ich eine vierte Kandidatin hereinkommen. Schon auf den ersten Blick registriere ich den Unterschied. Sie ist deutlich älter als die bisherigen Bewerberinnen, hat funkelnde schwarze Augen hinter blitzenden Brillengläsern, die mich mit Röntgenblick taxieren. Fast habe ich das Gefühl, daß sie mit dieser Brille durch meine Kleider schauen kann. Meine Nackenhaare stellen sich begeistert auf. Nicht schlecht. Ihr tiefschwarzes Haar trägt sie in einem strengen Knoten und ihre dünnen blutleeren Lippen biegen sich an den Mundwinkeln zu einem höhnisch-verächtlichen Zug nach unten. Absolut unauffällige graue Kleidung, schwarze hochhackige Schuhe mit dolchartigen Absätzen. Bewaffnet ist sie mit einer riesigen schwarzen Arzttasche und einem verhängte Vogelkäfig, den sie sorgfältig hinter ihrem Sessel deponiert. "Frau...äh...Bezelmann. Sie würden also gerne für uns arbeiten.

Haben Sie denn schon Erfahrung im Umgang mit Studenten?" eröffne ich

wie üblich das Interview.

Sie schaut mich an, als ob ich sie beleidigt hätte. "Ich tue seit 15 Jahren nichts anderes", raunzt sie mit knarrender Stimme, die etwa so angenehm wie eine schlecht geölte Kellertüre klingt. Faszinierend. Ein leises Knistern liegt in der Luft, seit sie mein Büro betreten hat. Oder geht das von dem Vogelkäfig aus? "Was machen Sie, wenn der Chef Ihnen einen Auftrag gibt, der absolut unsinnig ist, vielleicht sogar eine Katastrophe heraufbeschwören könnte?" frage ich sie erwartungsvoll. Sie lächelt grausam. "Bin ich für die Entscheidungen meines Chefs verantwortlich?" fragt sie zurück. Ich sehe an ihren Augen, daß sie am liebsten hinzugefügt hätte: "Wenn ungestraft möglich, gieße ich noch Öl ins Feuer, damit sich endlich was rührt hier!" Ich bekomme immer mehr das Gefühl, daß ich hier die neue BSFH vor mir habe. "Darf ich fragen, was Sie in dem Käfig da haben?" frage ich an Ende des Interviews. Sie zieht den Schleier herunter. In dem altmodischen Käfig sitzt ein alter, zerzauster und tiefschwarzer Rabe und starrt mich mit gelben Augen an. "Das ist Nero", erklärt die neue BSFH streng. "Ich stelle als Bedingung, daß ich ihn mit in mein Büro bringen darf. Er langweilt sich so zuhause."

Kann ich mir gut vorstellen. Der Rabe blinzelt mir zu und ich blinzele zurück. "Gratulation", sage ich. "Sie haben einen neuen Job." TEIL 5

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Ich erledige die Post auf meine übliche Weise: Nach kurzem Durchblättern und nachdem ich sicher bin, daß wirklich kein Scheck dabei ist, lasse ich den ganzen Packen locker in den Reißwolf fallen. WIRKLICH wichtige Post kommt sowieso nach zwei Wochen noch einmal, mit dem roten Vermerk DRINGEND, oder so ähnlich. Wozu also sich selbst die Mühe machen herauszufinden, was wichtig ist? Es ist essentiell, sich immer nur auf das Wesentliche zu beschränken, sage ich immer zu meinen Studenten. Sic est! In meiner Mailbox finde ich drei Beschwerden von Studenten, daß im PC-Labor ein

Virus sein Unwesen treibe. Zur Abwechslung mal eine erfreuliche Nachricht aus

dem PC-Labor! Seit Leonardo da Vinci hatten wir gar keinen Spaß mehr gehabt.

Wahrscheinlich hat die schwarze Game-Diskette, die letzte Woche plötzlich auf

meinem Schreibtisch lag, doch ein Viruslein drauf gehabt.

Ab und zu schicken die Kollegen aus dem fünften H-Kreis mir solche Spielsachen

zum Testen. Komisch nur, daß diesmal kein Kommentar dabei war.

Ich hatte die Diskette stante pede ins PC-Labor hinübergelegt. Eine todsichere

Methode um herauszufinden, ob ein Virus drauf ist oder nicht. Besser als jeder

Virenscanner. Irgendein Idiot findet sich immer, der das Ding in einen PC steckt...

Mein eigener Rechner ist, da er niemals unter DOS läuft (das überlasse ich dem

Plebs) und ich prinzipiell keine keine Disketten verwende (was kann man schon in

1,4 MB speichern, frage ich?), relativ virensicher.

Trotzdem gehe ich runter, um mir den Spaß anzuschauen. Zu meiner Überraschung

verhält sich der Virus aber ganz anders, als die Studenten es mir beschrieben haben.

Schon während des Virusscans verschwindet plötzlich mein Homedirectory mit

allem, was darin war.

Dann passiert erstmal gar nichts mehr.

Wie langweilig.

Ich frage den Studenten neben mir, ob er auch Schwierigkeiten habe.

Er zieht die Stirne kraus und verneint. Aber gestern sei hier die Hölle los gewesen,

meint er. An allen PCs seien blöde Meldungen auf dem Display erschienen.

Ich stehe auf und verkünde mit autoritärer Stimme: "Meine Herren. Mit dem Hacken ist für heute vorbei. Wir haben einen nicht

identifizierten Virus in den Rechnern. Das PC-Labor wird bis auf weiteres geschlossen!" Allgemeines Aufstöhnen der acht blassen Studenten, die schon seit Wochen an ihren geliebten PCs hängen, statt zu studieren. Ich grinse sardonisch-genüßlich. "Beschweren Sie sich nicht bei mir, sondern bei Ihrem Kollegen, der den Virus eingeschleppt hat. Machen Sie das Beste daraus: Gehen Sie in den Englischen Garten und lachen Sie sich ein hübsches Mädchen an. Cyber-Sex mag ja sehr fortschrittlich sein, aber wir wollen doch die Wirklichkeit nicht ganz aus den Augen verlieren." Müdes Gegrinse und weiteres Stöhnen. Ich löse dem letzten Studenten mit sanfter

Gewalt die verkrampften Finger von der Maus und schiebe ihn zur Türe hinaus.

Dann verschließe ich sorgfältig das PC-Labor und hänge ein Schild an die Tür:

'Wegen Virenbefall bis auf Weiteres geschlossen' Das dürfte die lästige

Betreuungsarbeit fürs PC-Labor in den kommenden Monaten auf ein Minimum

reduzieren.

Auf dem Weg zurück in mein Büro vernehme ich im Labortrakt ein gedämpftes

Rumpeln. Ich lokalisiere die Schallquelle nach einigem Suchen in unserem

Tonstudio, genauer gesagt, im schalltoten Raum dahinter, dessen mächtige

Schallschutztüre geschlossen ist. Ich stülpe mir in der Regie die Kopfhörer über und

schalte den Monitor an - ein schwerer Fehler. Denn sofort pustet mir ein schlecht

gehaltener Kammerton mit 120 dB fast beide Ohren weg. Ich reiße mir fluchend die

Kopfhörer runter.

Kein Zweifel: Jemand übt im schalltoten Raum während der Mittagspause auf der

Posaune. Ich dämpfe den Monitorkanal um 90 dB und lausche ein paar Sekunden

den holprigen Tonleitern. Kann sich eigentlich nur um die Kollegin Marianne

handeln. Wenn ich mich recht erinnere, war in ihrer persönlichen Mailbox in letzter

Zeit ziemlich viel von Blasinstrumenten die Rede.

Posaunen sind mir schon seit meiner Kindheit zuwider. Liegt vielleicht daran, daß

gewisse Kollegen aus den obersten Etagen dauernd damit herumfuchteln.

Ich schiebe dem Ganzen einen Riegel vor - nicht den Posaunentönen selber, nur der

Türe zum schalltoten Raum - und schalte als fürsorglicher Angestellter vor dem

Verlassen des Studios den Hauptstrom ab. Hat nicht der Chef erst letzte Woche per

Rundschreiben jeden ermahnt, daß die technischen Räume beim Verlassen immer

sorgfältig abzuschließen seien und daß vor allem darauf zu achten sei, daß der

Strom abgeschaltet werde?

Na, bitte! Außerdem ist es im Studio wieder einmal viel zu kühl für meinen

Geschmack; deshalb drehe ich noch rasch die Klimaanlage auf Anschlag.

Kurz nach der Kaffeepause horche ich noch einmal ins Studio hinein.

Aus dem Kopfhörer klingen jetzt keine schrägen Posaunentöne mehr.

Statt dessen sind jetzt an der Türe langsame Klopfsignale zu hören.

Viervierteltakt, wenn mich nicht alles täuscht.

Um den monotonen Rhythmus etwas aufzulockern, morse ich rasch 'Hallo, wie

gehts?' gegen die Studiotüre. Die Reaktion ist prompt und eindeutig:

"HEE! ICH BIN HIER EINGESPERRT! MACHT DIE VERDAMMTE TÜRE AUF!" Mariannes schrille Stimme dringt mühelos durch die 68 dB schallgedämmte Türe. Ich rechne kurz hoch, daß der Schalldruck im Inneren der Kabine bei ca. 115 dB liegen muß - ein durchaus rekordverdächtiger Wert. Wer hat gleich noch geschrieben, daß der Mensch nur in extremen Situationen zu Höchstleistungen fähig sei? Ich schiebe den Riegel zurück und reisse die schwere Tür auf.

Angenehm heiße Tropenluft schlägt mir aus der Dunkelheit entgegen.

Marianne stolpert, rotglühend wie in der Sauna, nur mit Höschen und BH bekleidet

aus dem dunklen, überheizten Loch und blinzelt mich mit irrem Blick an.

"JEMAND HAT MICH HIER EINGESPERRT, DAS LICHT

AUSGESCHALTET UND DIE HEIZUNG AUFGEDREHT!"

"Tatsächlich", antworte ich sachlich und betrachte eingehend ihr Fast-

Evas-Kostüm, bis sie womöglich noch um einige Nuancen röter im Gesicht

wird. "Äh... darf man fragen, was du da drin eigentlich...

äh...?"

Inzwischen haben sich, angelockt durch das Geschrei, einige Zaungäste in der offenen Studiotüre eingefunden, die die Szene interessiert verfolgen. Frau Bezelmann ist wie immer an vorderster Front dabei. "Ich habe...",beginnt Marianne wütend, bricht dann aber abrupt ab und läßt ihren Blick über die zahlreichen Zuschauer streifen. Es wird ihr gerade klar, daß ihre gegenwärtige Erscheinung eine hausbackene Posaunenübungsstunde nicht sehr glaubwürdig klingen läßt. Wutschnaubend zieht sie sich wieder in das heiße dunkle Loch zurück, um ihre Kleidung zu suchen, während ich den schwachen Versuch unternehme, die exponentiell anschwellende Zuschauerschaft zu zerstreuen. TEIL 6

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Nach kurzem Heimaturlaub kehre ich erholt und voller Tatendrang an meinen Schreibtisch zurück. Als erstes öffne ich alle Fenster, damit sich der Schwefelgeruch aus meinen Kleidern besser verflüchtigt. Kaum habe ich mich hingesetzt, läutet zur Begrüßung das Telefon. Es ist der Chef. Vorsichtig fragt er, ob ich an den Abschlußbericht zum HARPO Projekt gedacht habe. Er sei leider heute fällig. "Selbstverständlich" antworte ich, "ich bringe ihn gleich vorbei." Ich rufe mein hübsches kleines Programm gen_rep auf, und eine Maske erscheint

am Bildschirm. Ich trage Titel, Sprache, ungefähres Fachgebiet, Anzahl der Seiten

und vor allem die Dateien aller bereits für dieses Projekt geschriebenen Berichte

(natürlich auch die der anderen Projektpartner!) in die Maske ein, klicke noch den

Button 'Final Report' und starte den Generator. Nach nur 30 Sekunden kommt der

Abschlußbericht fix und fertig aus dem Laserdrucker.

Natürlich enthält er nur zusammenhangloses Blabla, aber das tun die

handgeschriebenen Berichte unserer Partner auch, und außerdem habe ich noch nie

erlebt, daß so ein Bericht wirklich von jemandem gelesen wurde. Also, was solls?

Irgendwann muß ich das Programm mal patentieren lassen...

Ich bringe den Bericht gleich ins Sekretariat und gebe ihn der BSFH.

Sie überfliegt die erste Seite und zieht die Mundwinkel anerkennend nach unten.

Sie sagt nichts, aber Nero krächzt beifällig, als ich das Sekretariat verlasse. Naja,

ich habe auch nicht behauptet, daß INTELLIGENTE Leute darauf hereinfallen.

Nach dieser morgendlichen Anstrengung fahre ich die Schutzschilde hoch und

entspanne ich mich bei einer halben Stunde DooM, bis jemand es wagt, trotz des

Schutzschilds an meine Tür zu klopfen. Ich wechsle in das 'Working Window',

grabsche mir eine handvoll Meßstrippen und rufe

"Herein!". Yogi Flop steht in der Tür. Ich lasse die Meßstrippen wieder fallen. Yogi Flop heißt eigentlich Gustav Vorderbauer und stammt aus dem tiefsten Chiemgau. Ursprünglich sollte er bei uns eine Arbeit über die Auswirkungen des Tunneleffekts bei sehr kurzen Adressleitungen in Speicherchips erstellen. Bei seiner intensiven Beschäftigung mit der Quantenmechanik muß er dann irgendwie in die Techno-Esoterik abgeglitten sein - vielleicht standen auch in der Bibliothek nur ein paar Bücher an der falschen Stelle. Wie dem auch sei. Jedenfalls war er plötzlich überzeugt, das alte Problem des

Dualismus von Welle und Teilchen gelöst zu haben. Daß ein Photon bei einem Doppelspaltversuch scheinbar zufallsverteilt mal durch den rechten, mal durch den linken Spalt wandere, sei nur eine Illusion, verkündete er. In Wirklichkeit würde das Photon von den geistigen Kräften des Beobachters beeinflußt. Weil das aber keiner wisse, unsere geistigen Kräfte also völlig ungesteuert und richtungslos seien, verhalte sich das Photon eben scheinbar zufallsverteilt. Gustav verbrachte Wochen im Labor vor der Wilsonschen Nebelkammer und konzentrierte sich auf die einströmenden Elementarteilchen. Er wollte sie dazu bewegen, nur noch in einer Richtung zu fliegen. Natürlich lehnten es die ungebildeten Elementarteilchen ab, sich in irgendeiner Weise beeinflußen zu lassen - obwohl Gustav nebenher intensiv Yoga und autogenes Training studierte, um ihnen mit seinen geistigen Kräften auf die Sprünge zu helfen. Es war der reinste Megaflop, also gaben wir ihm schließlich den Spitznamen Yogi Flop. Der arme Kerl hatte eben keine Ahnung, daß die ganze Sch.... mit der Quantenmechanik nichts anderes ist als ein perfider übler Scherz aus der obersten Etage. "Wissen Sie, was ich gestern entdeckt habe?" platzt Yogi Flop heraus und rückt mir dichter auf den Pelz, als meine kritische Distanz es erlaubt. "Nein, aber ich bin sicher, daß ich es gleich wissen werde", sage ich überzeugt. "Im fünften Geheimbuch der Kabbala steht, daß manche Meister es vermochten, mittels bestimmter Körperbewegungen die Materie selbst zu beeinflussen!" Ich nicke beruhigend und weiche etwas weiter ins Zimmer zurück, um seiner feuchten Aussprache mehr Raum zu geben. "Sicher", sage ich und gebe dem Drehstuhl einen Schubs, "so zum Beispiel." Ohne meinen Einwurf zu beachten, fährt Yogi Flop begeistert fort: "Stellen Sie sich das nur vor: Anstatt zu programmieren werden wir in Zukunft die Programme nur noch denken und sie materialisieren in Form von Bits und Bytes in den Speicherchips!" Ich seufze. "Vielleicht geben Sie mir mal eine kurze Demonstration, damit ich es besser verstehe...", sage ich. Yogi Flop schaut mich unsicher an, dann blickt er sich suchend in meinem Büro um. "Na, gut. Versuchen kann ich es ja mal. Ich versuche, den Briefbeschwerer zu bewegen, ok?" Ich nicke zustimmend und weiche noch weiter zurück; diesmal damit er mir bei seinem wilden Schattenboxen nicht aus Versehen ins Gesicht langt. Yogi Flop stellt sich in Positur und beginnt, konzentriert den Briefbeschwerer zu umtanzen. Der Briefbeschwerer bleibt davon völlig unbeeindruckt und rührt sich keinen Millimeter. Schweißperlen bilden sich auf Yogi Flops Stirne. Irgendwie

kommt mir sein Gehampel aber bekannt vor. Woher kenne ich das bloß? "Halt", sage ich, einer plötzlichen Eingebung folgend. Yogi Flop verharrt unsicher wackelnd auf einem Bein und schaut mich über die Schulter fragend an. "Die letzte Geste war falsch", sage ich. "Den linken Arm höher über den Kopf und das Bein noch nicht abstellen ... ja, genau. Jetzt weiter wie bisher. Machen Sie den letzten Zyklus nochmal." Yogi Flop gehorcht anstandslos. Nach der letzten Figur gibt es plötzlich ein lautes saugendes Geräusch, wie wenn man eine Packung Vakuumkaffee öffnet, und Yogi Flop verschwindet in einem grellen Lichtblitz. Nur ein kleines weißes Wölkchen verflüchtigt sich langsam in der ruhigen Luft meines Büros. Ich lächele anerkennend. Der alte babylonische Zugangskode zum siebten H-Kreis. 'Gleichwie die Frösche, um zu quaken, kehren Die Mäuler aus dem Wasser, was geschieht, Wenn schon die Bäurin träumt von reifen Ähren, So staken blau bis wo die Scham man sieht, Die schmerzenreichen Schatten in dem Eise; Die Zähne klapperten das Storchenlied.' Vielleicht habe ich Yogi Flop doch unterschätzt. Ob es ihm da unten allerdings gefallen wird, ist eine ganz andere Frage. TEIL 7

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Wenn ich morgens ins Büro komme, knallt schon die Sonne durch die Ostfenster und sorgt für eine angenehme Raumtemperatur von 40 Grad. Draußen zwitschern die Vöglein, die ersten Studentinnen mit Miniröcken tauchen auf und die Angestellten der Cafete stellen die Biertische und -bänke auf den Hof unter meinem Fenster. Es ist nicht zu übersehen: es wird Frühling. Alles strotzt vor Tatendrang und frischem Mut - mich natürlich eingeschlossen. Ich verbringe einen ruhigen Vormittag damit, die Klistierspritzen wieder an

meinem Fensterbrett zu befestigen, mit denen ich auf Knopfdruck kleine Salven

Yoghurt auf die Studenten an den Biertischen verschießen kann. Der Effekt ist

jedesmal wieder erheiternd - vor allem wenn gerade Möven oder sonstiges

Federvieh über dem Biergarten kreisen.

Dann leie ich mir aus unserer Werkstatt den Akkuschrauber und löse bei allen

Bänken die Halteschrauben der Füße. Nichts lockert einen heißen, langweiligen

Sommernachmittag mehr auf, als eine unter der Last von 6 StudentInnen

zusammenbrechende Bank.

Wohl ausgerüstet für den Sommer mache ich wieder an meine eigentliche Arbeit.

Die EPROMs unserer Telefonanlage waren nicht leicht zu knacken, aber

Beharrlichkeit führt bekanntlich zum Ziel.

Gerade rechtzeitig für einen Test kommt der Chef ins Büro.

"Herr Leisch...äh, wir haben ganz vergessen: wir müssen ...äh...unbedingt heute noch ..." Ich drücke unauffällig auf den Fußschalter unter meinem Schreibtisch, den ich gestern in meiner Sparkasse habe mitgehen lassen. (Das wird übrigens auch so ein Gag, wenn die beim nächsten Banküberfall ins Leere treten!) Augenblicklich läutet das Telefon. Mit einem entschuldigenden Lächeln hebe ich ab. Natürlich ist niemand dran, aber ich führe mit der geduldig schweigenden Telefonanlage eine längere und schwierige Diskussion über irgendein technisches Thema, das der Chef sowieso nicht versteht. Der Chef wartet geduldig, bis ich fertig bin; dann nimmt er den Faden wieder auf: "Äh... also wie gesagt, auf dem Weg hierher ist mir eingefallen...äh, wir müssen..." Das Telefon läutet wieder. Diesmal ist es sogar jemand aus USA, der dringend meine Hilfe braucht. Der Chef kann nicht erwarten, daß ich ein wichtiges Ferngespräch einfach so abwürge. Also wartet er wieder - allerdings nicht mehr

ganz so geduldig - bis ich nach 5 Minuten wieder auflege. "Errr... wo war ich gleich? Ach ja...hrrrm... wir haben ganz vergessen, daß wir noch heute..." Das Telefon läutet. Neuseeland ist dran, mit ganz wichtigen Informationen für uns. Nachdem auch noch Paris, Washington DC und der CIA angerufen haben, gibt es der Chef auf und geht mit seiner Aufgabe ein Büro weiter zum Kollegen O. Ich aktiviere übers Netz das Mikrophon an Os Workstation, stülpe den Kopfhörer über und höre mir an, was der Chef eigentlich Unangenehmes von mir wollte. "Äh... gut, daß ich Sie antreffe, Herr O. Eigentlich hatte ich ja Leisch versprochen ...äh, aber ich fürchte, er wird sowieso viel zuviel zu tun haben, um die Sache in ... err...Anspruch nehmen zu können. Es handelt sich um ...äh, den Dingsda-Workshop in Sydney, an dem ich eigentlich selbst teilnehmen wollte. Leider habe ich jetzt einen dringenden anderen Termin, den ich wahrnehmen muß, und ... äh....da habe ich gedacht..." Sydney! Mein Wunschtraum! Ich muß sofort etwas unternehmen! Mit fliegenden Händen pipe ich den Kernel von Os Workstation mit voller Lautstärke auf seine Soundkarte. Glücklicherweise hat O kräftige Aktiv-Boxen an seiner Maschine angeschlossen. Der Lärm erreicht sogar hier in meinem Büro noch locker die Schmerzgrenze. Ich höre, wie ein Baßlautsprecher sich heulend verabschiedet. Macht nix. Hauptsache, das Gespräch wurde unterbrochen. Ich mische mich in den Tumult vor Os Bürotür und lotse den Chef unauffällig wieder in mein Büro. Nachdem ich das Gespräch wie zufällig auf Australien gebracht habe und mein Telefon nun beharrlich schweigt - ich habe zur Sicherheit den Stecker aus der Wand gerupft - werden wir uns rasch einig, daß ich der einzige geeignete Mann für diesen Workshop bin. Beide Parteien trennen sich in höchster Befriedigung. Kaum ist der Chef gegangen, rufe ich mein Spezialreisebüro an und lasse den für mich gebuchten Linienflug nach Sydney gegen ein Pauschal-Arangement mit 1 Woche Luxushotel am Barrier-Riff austauschen. Selbstverständlich wird dies auf der offiziellen Rechnung nicht erwähnt - ich will ja der RKFH keine Gewissenskonflikte bereiten. Nach dieser Transaktion bleibt sogar noch eine beträchtliche Summe übrig, die wir brüderlich zwischen mir und dem Reisebüro aufteilen. Die zusätzliche Woche in Australien begründe ich mit wichtigen Laborbesuchen an verschiedenen Universitäten der Ostküste. "Man muß die Dinge nicht nehmen wie sie sind", hat unser Bastard Ausbilder immer betont, "sondern wie sein sollten." TEIL 8

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Zu den weniger angenehmen Pflichten, denen sich auch ein BAFH nicht ganz entziehen kann, gehört die Korrektur von Diplomarbeiten. Gegenwärtig liegen drei dieser Dinger in verschieden ausgeprägten Stadien des natürlichen Zerfalls auf meinem überlasteten Schreibtisch. Ich nehme die unterste zur Hand und blase die Staubschicht weg, so daß ich den Titel lesen kann. 'Entwicklung eines Algorithmus zur phasensynchronisierten ReRouting-Function innerhalb des dritten Layers des Iso-Schichten- Modells' Ich verspüre einen vertrauten, leichten schmerzhaften Druck in der Stirn, genauer gesagt, in den kleinen Höckern etwas oberhalb der Schläfen. Warum kann ich nicht Diplomarbeiten mit wirklich WICHTIGEN und WISSENSCHAFTLICH INTERESSANTEN Themen betreuen? Zum Beispiel: 'Verführung mit Hilfe eines Data Gloves' oder 'Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Kreditkartenlesern' . Ich quäle mich durch die Zusammenfassung, die - der Hölle sei Dank! - von der Prüfungsordnung vorgeschrieben und auf eine Seite beschränkt ist. Dann verteile ich quer Beet im ganzen Schinken etwa 100 unleserliche rote Schnörkel und grabe mich durch die Zusammenfassung am Ende. Nach dieser schier unmenschlichen Leistung schlage ich die Horoskopseite der Abendzeitung auf und übertrage das Tageshoroskop des Studenten als abschließende Beurteilung in roter Farbe auf die letzte Seite. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, daß die die Beurteilungen von Lehrern und Dozenten immer so unleserlich sind? Das liegt nicht etwa daran, daß diese so viel zu tun haben und deshalb schnell schreiben müssen. Nein, vielmehr soll der nichtssagende Kommentar durch die Unleserlichkeit in den mystischen Rahmen eines Orakelspruchs erhoben und damit so unfehlbar werden wie der Papst, wenn er vor der Kongregation unverständlich ins Mikrophon mümmelt. Ich hole meinen schwarzen Würfel aus der Schublade und werfe eine 4. Na, gut, denke ich, geben wir ihm noch einen Bonus dafür, daß die Arbeit unter 100 Seiten hat. Ich male sorgfältig eine große rote 3 auf die erste Seite und lege den Schinken seufzend zur Seite. Für die anderen beiden habe ich jetzt natürlich keine Energie mehr. Also beschränke ich mich auf das Abschreiben des Horoskops und den Würfel. Der letzte bekommt noch einen Malus, weil er einen angeberischen, roten Einband für sein Manuskript gewählt hat. Apropos Einband: ich bemerke, daß ich keine Büroklammern mehr habe, mit denen

ich immer die Schlösser der Büros im ersten Stock verstopfe, wenn ich zur Cafete hinuntergehe. Also gehe ich ins Sekretariat und, da es wie üblich leer steht, bediene ich mich selber aus dem Büromaterialschrank der Sekretärinnen. Plötzlich krächzt es einmal leise aber deutlich hinter meinem Rücken und wie aus dem Nichts erscheint die neue Sekretärin. Sie wirft mir einen vernichtenden Blick zu und schließt, ohne ein Wort zu sagen, betont langsam den Materialschrank vor meiner Nase ab. Der Rabe in seinem messingfarbenem Käfig betrachtet mich hämisch, mit halb geöffneten Schnabel. Ich überlege einen Moment. Dann erkläre ich Frau Bezelmann und ihrem Raben, der interessiert den Kopf auf die Seite legt, was man mit einfachen Büroklammern alles machen kann. Die BSFH schaut mich einen Moment lang stumm an, dann verziehen sich ihre Mundwinkel noch eine Idee weiter nach unten und sie sperrt den Schrank wieder auf. Als ich mit den Taschen voller Büroklammern zu meinem Büro zurückkomme, werde ich bereits sehnlichst erwartet. Ein Diplomand tritt vor meiner Türe aufgeregt von einem Fuß auf den anderen. Das umfangreiche Paket unter seinem Arm läßt mich Böses ahnen. "Oh. Herr Leisch. Ich komme, um Ihnen meine Diplomarbeit zur Korrektur abzugeben", sprudelt es aufgeregt aus ihm heraus, noch bevor ich meine Tür aufsperren kann. "Sind Sie sicher, daß Sie sie jetzt schon abgeben wollen?" seufze ich. "Wollen Sie sich 's nicht nochmal anschauen?" Der Student schüttelt heftig den Kopf. Einer von der selbstsicheren Sorte also. Einer, der vielleicht schon seine Karriere bis zur Vorstandsetage geplant hat. Hah! "Ich bin mir ganz sicher, daß ich nichts mehr verbessern kann." Sein Tonfall läßt keinen Zweifel, daß er es auch sonst keinem Menschen zutraut. Daß also mit der besten Note für sein epochemachendes Werk zu rechnen sei. Daß die Fachwelt aufhorchen wird, etc. pp. Ich nehme ihm den dicken Packen Papier aus den zitternden Händen und sage freundlich: "Dann kommen Sie doch erst mal herein und nehmen Sie Platz." Er folgt mir aufgeregt plappernd in mein Allerheiligstes. Während er sich hinsetzt, gelingt es mir unbemerkt, das umfangreiche Manuskript gegen einen ähnlich großen Packen Kopierpapier auszutauschen. "Na, dann wollen wir mal sehen", sage ich und lasse mich in meinen Sessel fallen. Ich öffne die Mappe und schaue scheinbar verblüfft auf die leeren Seiten. Ich blättere kurz durch den Stapel und meine lächelnd: ""Haben Sie sich etwa den Nihilismus verschrieben, mein Bester? Oder glauben Sie, daß mich diese weißen Seiten dazu inspirieren sollen, Ihre tiefgründigen Gedanken per Telepathie zu erraten?"

"W-w-w-was?" blubbert er fassungslos. Ich reiche ihm den Packen Kopierpapier herüber und er beginnt mit flatternden Händen die Papiere auf der Suche nach der Schrift durchzublättern. "Aber... aber das verstehe ich nicht! Ich bin mir ganz sicher, daß ich... ich meine... das kann doch nicht sein..." "Für alles gibt es eine wissenschaftliche Erklärung", sage ich streng und lege konzentriert die Fingerspitzen aufeinander. "Sie haben das Manuskript erst heute ausgedruckt?" "Gestern", sagt er und schluckt mühsam. "160 Seiten, auf meinem Laserdrucker..." "Aha, gestern sagen Sie? Ja, hören Sie denn kein Radio, mein Bester? Sagen Sie bloß, Sie haben nichts von den verlagerten Nordlichtern gehört, die letzte Nacht in Mitteleuropa gesichtet worden sind?" "Äh..." "Aber daß starke ionisierende Strahlung Pigmente zersetzen kann, wissen Sie ja wohl noch aus Ihren physikalischen Praktikum, nicht?" "Äh, ja..." "So wie eine Zeitung in der Sonne innerhalb kürzester Zeit ausbleicht, nicht wahr? Nur daß letzte Nacht die ionisierte Korpuskelstrahlung der Sonne mindesten 6 Größenordnungen stärker war als normales Sonnenlicht. Sicher ist es Ihnen nicht aufgefallen, weil Sie so mit Ihrer Arbeit beschäftigt waren, aber heute morgen sind keine Zeitungen ausgeliefert worden, weil sich die Druckerschwärze bei so starker Strahlung nur wenige Stunden halten würde. Das Verschwinden Ihres Textes ist also leicht erklärbar." "Ah, ja", sagt er erleichtert. Wenn er wüßte, daß er soeben um zwei Notenstufen abgesackt ist! "Aber was viel schlimmer ist", fahre ich fort, "die Korpuskelstrahlung wirkt sich auch negativ auf magnetisch stationäre Felder aus. Daher auch die Empfehlungen der Astrophysiker gestern, alle PCs mit absorbierenden Stahlplatten zu belegen. Ich hoffe sehr, Sie haben das beherzigt." Ich beobachte, wie diese Information langsam in seinen vorderen Kortex einsickert. Schlagartig weicht alle Farbe aus seinem Gesicht. "Sie meinen doch nicht..." flüstert er mit schwacher Stimme. Plötzlich springt er auf und verläßt Hals über Kopf mein Büro. Ich atme befreit auf. Wer hat gesagt, morgen ist auch noch ein Tag? Ich mache für heute Schluß und hänge meinen Schutzschild raus. Auf dem Weg nach draußen lasse ich das Manuskript unauffällig in den Reißwolf fallen. Leider, denke ich melancholisch, leider nur mit aufschiebender Wirkung. TEIL 9

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Ich habe mich kaum in meinem BAFH-Sessel mit integriertem Feuerlöscher (warum ich einen integrierten Feuerlöscher in meinem Sessel brauche, überlasse ich der Fantasie des geschätzten Lesers! Vorschläge bitte per email an -4-G1WGLMIP15}}:@nohost.no- country schicken!) niedergelassen, als auch schon die BSFH neben mir aus dem Nichts materialisiert. Ihre Brillengläser blitzen angriffslustig. Im Allgemeinen ist in diesem Falle irgendetwas besonders Gemeines im Gange. Sie reicht mir die SZ von heute. Aufgeschlagen ist die Seite, wo die übliche

Auswahl literarisch unbeholfener Ergüsse überengagierter Leser abgedruckt ist.

Frau Bezelmann deutet mit ihrem nadelspitz zugefeilten Zeigefingernagel diskret

auf einen der längeren Leserbriefe.

"PARANOIDER ASSISTENT TERRORISIERT STUDENTEN"

lese ich in mittelfetten Buchstaben. Darunter folgt eine wutschäumende, reichlich

tendenziöse Schilderung tatsächlicher oder erfundener kürzlicher Begebnisse 'an

einem der wissenschaftlichen Institute der Universität'. Wie überaus diskret, denke

ich mißmutig und überspringe ein paar Zeilen.

Ah! Weiter unten war der Redakteur nicht so zurückhaltend (oder er hat es

übersehen - was wahrscheinlicher ist!): da steht tatsächlich meine Telefonnummer

abgedruckt!

Zufrieden lächelnd reiche ich die Zeitung an die BSFH zurück.

"Ausgezeichnet! Gute Arbeit. Sehr lebendig und provozierend geschrieben.

Bereiten Sie bitte die üblichen Papiere vor."

Frau Bezelmann zieht geschmeichelt die Mundwinkel nach unten; ihre Brillengläser

blitzen womöglich noch 1000 Lux stärker als sonst.

"50 %", sagt sie.

"30", erwidere ich kategorisch, "vergessen Sie nicht: die Idee war von mir!"

Auf ihrer Stirne bildet sich die übliche senkrechte Zornsfalte.

"Aber die ganze Papierarbeit bleibt an mir hängen...", protestiert sie mit eisiger

Stimme.

"...die Sie auf einem superteuren Macintosh erledigen, den ich für Sie illegal aus

dem SPROUT-Projekt abgezweigt habe", kontere ich.

"35%. Mehr ist nicht drin. Sonst schreibe ich die Artikel in Zukunft selber."

Murrend lenkt die BSFH ein.

"Übrigens", sage ich, als sie schon halb zur Türe hinaus ist, "Sie haben Talent.

Warum schreiben Sie nicht öfters?"

Dann warte ich in aller Ruhe. Wie immer dauert es nicht lange. Das Telefon

klingelt.

"Hallo?", melde ich mich freundlich.

"SIND SIE DER ASSISTENT?!" kommt es mit 100 dB durch die Leitung.

"Aber sicher doch", sage ich in möglichst arrogantem Tonfall und schalte den

Cassettenrekorder ein.

Die folgenden 5 Minuten ergießt sich ein Schwall von Beleidigungen, anatomisch

interessanten, aber nicht jugendfreien Bezeichnungen von diversen Körperteilen

von mir, zoologische Vergleichsstudien und weitere Formen der verbalen

Beschimpfung aus dem Telefonhörer und ins Mikrophon des Rekorders.

Ich notiere inzwischen in aller Ruhe die Telefonnummer des Anrufers von Display

meines Komfort-ISDN-Telefons. Hat sich doch gelohnt, den Chef zu überzeugen,

daß wir modernste Technik einfach BRAUCHEN. Wofür, ist ein ganz anderes

Thema...

Während mein erregter Anrufer nach weiteren Verbalfäkalien ringt, suche ich auf

der Telefon-CDROM seinen Namen und Adresse heraus und notiere sie mir.

Irgendwann geht ihm dann doch der Stoff (oder die Luft) aus und ich sage

freundlich:

"Vielen Dank, Herr... äh... Dr. Kreutelmaier, wohnhaft in Straßlach, Fliederweg 17.

Vielen Dank für diese bemerkenswerten Äußerungen."

Er schnappt hörbar nach Luft. Bevor er wieder von vorne beginnen kann, fahre ich

rasch fort:

"Wie eingangs bereits erwähnt, war ich so frei, unser kleines anregendes Gespräch

auf Band aufzuzeichnen. Mein Rechtsanwalt wird sich freudig des Materials

annehmen und entsprechende Schritte unternehmen."

2,3 Sekunden Stille. Ich schalte den Rekorder ab.

"Aber... aber ich... Sie haben doch gar nichts gesagt", stammelt Dr.

Kretelmaier mit deutlich reduzierter Emphase.

"Tja, nun", antworte ich mit sorgenvoller Stimme. "Wer kann das heutzutage noch

mit Sicherheit feststellen?" und lege auf.

Ich kopiere rasch die entsprechende Passage vor die Aufnahme, in der ich den

Anrufer höflich aber bestimmt darauf hinweise, daß dieses Gespräch aufgezeichnet

wird, und lege Cassette und Personalien zur weiteren Bearbeitung durch Frau

Bezelmann bereit.

Gewöhnlich zahlen die Leute bereitwillig, noch bevor mein Anwalt überhaupt

Klage einreicht. Hunde, die am lautesten bellen, sind oft am leichtesten zu

verschrecken.

Die Ausbeute ist heute recht erfreulich: Bis zum Mittagessen habe ich 5 Anrufer im

Kasten. Ein sechster hat leider keinen Eintrag im Telefonbuch, aber mit einer

gewissen Ausfallrate muß man in jeder Branche rechnen.

"Wissen Sie eigentlich, daß Sie keinen Eintrag im Telefonbuch haben?"

unterbreche ich seine methodisch ausgearbeiteten Schimpftiraden.

Er schweigt verblüfft.

"Äh... ja, aber..."

"Ich schlage vor, daß Sie sich den Rest sparen. Es wiederholt sich sowieso von

Anruf zu Anruf und es langweilt mich. Wenn Sie meinen Rat befolgen, gewinnen

Sie jetzt 5 Extraminuten, die nicht für Sie eingeplant waren. Die nutzen Sie am

besten, indem Sie jetzt sofort bei der Telekom anrufen und veranlassen, daß Ihr

Name ordentlich im Telefonbuch erscheint!"

"..."

"Wo kommen wir denn dahin, wenn das alle täten? Wo bleibt der gläserne Bürger,

an dem wir alle so angestrengt arbeiten? Früher hätte es sowas nicht gegeben. Hah!

Da waren alle ordentlich registriert und im Telefonbuch!"

"..."

"Nehmen Sie sich ein Beispiel an mir: ich bin schon seit meinem dritten

Lebensjahr, als ich mein erstes Modem zu Weihnachten bekommen habe,

ordentlich als Telefonteilnehmer registriert! Guten Tag!"

Ich knalle den Telefonhörer auf die Gabel. Keine dreieinhalb Sekunden später läutet

es wieder. Ich bin die Sache leid. Außerdem fallen soviele Klagen wegen

Beleidigung an einem Tag selbst dem dümmsten bayerischen Amtsrichter auf. Also

spule ich das letzte Band zurück und speise mal zur Abwechslung die letzte

Aufnahme in den Telefonhörer zurück.

Der Anrufer, genauer gesagt die Anruferin denkt tatsächlich, daß ich da vor mich

hin schäume, und wirft sich mit Feuereifer ins Gefecht. Eine Weile höre ich zu,

aber als dann der Cassettenrekorder sich durchzusetzen scheint, beginnt mich die

Sache zu langweilen. Ich unterbreche das Gespräch und leite meinen

Telefonanschluß auf die Beschwerdeannahme der RKfH um.

Endlich ist es still.

Naja, fast still. Im Büro nebenan hört Kollege O. mal wieder diese gräßlichen

Goldbergvariationen. Das Geklimper dringt nur leicht gedämpft durch die

Pappwände. Wenn er wenigstens Glen Gould hören würde (die späte Fassung

natürlich!), aber S. Richter?

Ich gehe nach vorne zum Sicherungskasten und lasse den Automaten von O.s

Zimmer 'rausschnappen. Dann schließe ich den Sicherungskasten ab und lege den

kleinen Schlüssel oben drauf.

O. ist nur 1,65 hoch; er wird eine Weile brauchen, bis er den Schlüssel oder den Hausmeister findet. Auf Umwegen gehe ich zurück zu seinem verwaisten Büro und krieche unter den Schreibtisch. Genau wie ich's mir vorgestellt habe: ein wirres Durcheinander von Netzkabeln, Verteilerdosen und Staubmäusen. Ich suche mir die am schlechtesten erreichbare Verteilerdose heraus und stecke einen Kurzschlußbügel aus dem Labor in eine der Schukodosen. Das wird hoffentlich eine Weile vorhalten. Um ganz sicher zu gehen, springe ich mit der CD schnell hinüber in die Teeküche und schiebe sie kurz bei voller Power in die Microwelle. Es funkt und britzelt etwas in der Röhre, aber die Microwelle hält das locker aus; weiß ich doch aus Erfahrung. Zurück im Büro fahre ich die Schutzschilde hoch und entspanne mich in der

Hängematte. Endlich Ruhe. Der hektische Alltag wird mich noch ins Grab bringen! TEIL 10

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Ich brüte gerade mal wieder über meinem modifizierten sendmail Programm. Eigentlich soll es eintreffende emails nach bestimmten Schlüsselwörtern scannen, und wenn es welche findet, die mails an zufällig ausgewählte User weiterleiten. Was aber immer noch nicht hinhaut, ist der Zufallsgenerator. Die Liste der Schlüsselwörter ist dagegen schon lange fertig. Unter vielen anderen enthält sie die Wörter 'Liebe', 'Sex' (natürlich!), 'Domina', 'S&M', 'Leder', 'grüne Männchen', 'Kohl' und 'Broccoli'. Letzteres geht auf die Anregung eines amerikanischen Kollegen zurück: Er behauptet, daß mails, in denen die Wörter 'Kohl' und 'Broccoli' vorkommen, signifikant dämlicher sind als andere, in denen das Wort nicht vorkommt. Mal sehen... Nebenbei entfernt mein sendmail Programm auch noch alle Kommata, die vor 'daß' stehen, korrigiert 'nämlich' in 'nähmlich' (früher hatte ich da stehen 'dämlich', aber das war zu direkt!) und vertauscht paarweise die Return-Adressen. Während ich noch mit dem Compiler ringe, höre ich, wie sich auf dem Gang lautes

Keuchen und schleppende Schritte nähern. Bevor ich noch die Schutzschilde

hochfahren kann, ist es auch schon zu spät: Kollege Rinzling steht... äh... hängt in

meiner Tür. Resigniert starte ich das Aufnahme-Programm in meiner Workstation

und drehe mich um.

Manche Gottesprüfungen muß man einfach über sich ergehen lassen; da hilft gar

nichts.

Kollege Rinzling bedenkt mich mit einem langen tieftraurigen Blick, der irgendwie

gar nicht zu seinem frischen, rosigen Gesicht passen will, und schiebt seinen

wohlgenährten untersetzten Corpus vollends in mein Büro. Erschöpft keuchend

lehnt er sich an mein IKEA-Regal, das bedrohlich schwankt.

Ich sage nichts, um das Stimmen der Instrumente nicht durcheinanderzubringen.

Sonst fängt er am Ende noch mal vorne an.

"Ach, Leisch... Leisch", eröffnet er mit zitternder Stimme die Overture: 'Vanitas vanitatum et omnia vanitas' (moderato ma non piano) "Sie können sich gar nicht vorstellen, was ich letzte Nacht wieder durchgemacht habe. Wirklich, lange kann ich das nicht mehr ertragen, wissen Sie. Es ist einfach zuviel, zuviel für mich. Was für ein Leben ist das, frage ich Sie. Kollege Rinzling läßt den letzten Ton dramatisch ein paar Takte ausschweben und schaut mich erwartungsvoll an. Wir warten beide ein, zwei Sekunden, bis der

freundliche Applaus abschwillt. Dann gebe ich den Einsatz: "Was fehlt Ihnen denn heute?" zum 1. Satz: 'Auf morschen Säulen wankt die Welt!', (adagio non troppo) "Ach! Sie können sich das gar nicht vorstellen, Leisch, aber sobald ich mich hinlege, schwellen meine Fußgelenke dermaßen an, daß ich mich vor Schmerzen winden muß. Von dem entzündeten Nagelbett ganz zu schweigen. An Schlaf ist gar nicht mehr zu denken. Und wenn ich die Beine hochlege, wie es mein Hausarzt empfiehlt, werden sie mit der Zeit ganz dunkelblau und eiskalt. Heute morgen konnte ich beinahe nicht mehr aufstehen, so schwach waren meine Füße!" Wieder geben wir dem ergriffenen Publikum kurz Gelegenheit, seiner Bewunderung Ausdruck zu geben. Dann greift Kollege Rinzling das Thema wieder auf, im 2. Satz: 'Oh Leib, vergehe in Schmerzen!', (largo extremo piano) "Das wäre ja noch gar nicht so schlimm, wenn ich nicht gleichzeitig immer noch so Schwierigkeiten mit meinen Nieren hätte." Kollege Rinzling senkt seine Stimme zu einem fast unhörbarem Flüstern. "Wenn ich die Beine hochlege, muß ich aber auf dem Rücken liegen, und dann bekomme ich schon nach ein, zwei Stunden entsetzliche Nierenschmerzen. Es heißt ja immer, wenn man was mit den Nieren hat, solle man viel Tee trinken. Aber können Sie sich vorstellen, was es bedeutet, dreimal in der Nacht aufgeweckt zu werden und abscheulichen Tee trinken zu müssen, obwohl man gar keinen Durst hat? Entsetzlich, sage ich Ihnen. Ich weiß bald gar nicht mehr... Und dann der dauernde Druck auf der Blase..." Das Auditorium, obwohl schon etwas mitgenommen, honoriert auch diesen Satz mit verhaltenem Beifall. Allerdings kann man nicht ganz verhehlen, daß Kollege Rinzling diesmal den Einsatz der Blase nicht so ganz gut gebracht hat, wie sonst. Auch der Übergang von Thema der Beine zu den Nieren war nicht einwandfrei. Kollege Rinzling bemerkt, daß ich die Stirne runzele, und wirft sich mit Impetus in den 3. Satz und Finale: 'Des Odems letzter Hauch' (allegro bombastico, fortissimo et furioso) "Das viele Trinken ist natürlich Gift für mein Asthma. Wenn ich dann hilflos auf dem Rücken liege, merke ich richtig, wie sich langsam meine Lungenflügel füllen. Immer mehr Lymphe und immer weniger Raum zum Atmen. Manchmal denke ich, daß mir ein zentnerschweres Gewicht den Brustkorb zerdrückt. Da hilft dann nur noch Euphilin, in hoher Dosierung. Bloß die Nebenwirkungen, ach schrecklich! Immer wenn ich Euphilin schlucke, habe ich genau 13 Minuten später die entsetzlichsten Kopfschmerzen, die Sie sich vorstellen können. Und aus dem Gehörgang des

linken Ohres fließt dann immer Eiter ab - meine chronische Entzündung, Sie wissen ja, daß ich schon seit Jahren damit laboriere. Deshalb muß ich immer den Kopf auf die linke Seite legen, damit der Eiter ungehindert abfließen kann. Stellen Sie sich das mal vor! Wenn ich es nicht mache, habe ich am nächsten Morgen die tollste Mittelohrentzündung und muß wieder Penicillin schlucken, wo mein Magen das doch gar nicht mehr verträgt. Aber das Schlimmste ist und bleibt die Migräne. Man hat das Gefühl, die Schädeldecke wird eingedrückt und gleichzeitig bohren sich glühende Stangen durch beide Schläfen!" Nach diesem letzten Paukenschlag ist es todesstill. Kollege Rinzling hängt nach

Atem ringend am Podium, sprich meinem IKEA-Regal.

Einen Moment ist es so ruhig, daß man eine flüchtige Stecknadel hören kann, die es

geschafft hat, dem Nadelkissen zu entkommen.

Dann bricht der frenetische Applaus los. Kollege Rinzling hat im letzten Satz alles

wieder wettgemacht.

Mit zitternden Fingern führt er seinen Dirigentenstab, sprich Zigarillo zum Mund

und inhaliert einen tiefen befreienden Zug. Aus seiner linken Jackentasche fischt er

sein Herztonikum - mit 60 % Alkohol - und stärkt sich nach dieser künstlerischen

Leistung mit einem Stamperl.

Dann schlurft er weiter durch die Flure - ein Künstler auf der Suche nach neuem

Publikum...

Ich stoppe die Aufnahme und schicke das komprimierte Soundfile per FTP hinüber

zu den Kollegen von der medizinischen Fakultät, Abteilung für galoppierende

Hypochondrie. Die sind immer ganz begeistert von Rinzlings Aufführungen. Was

sie sonst mühsam aus den Patienten herausquetschen müssen, liefert Rinzling fast

täglich frei Haus.

Im Gegenzug bekomme ich von den Docs Blanko-Krankschreibungen und ab und

zu Einsicht in die Personaldateien der Schwesternschülerinnen.

Ohne Vorwarnung stürzt Marianne in mein Zimmer. Ihre Augen funkeln wütend

und sie schwingt drohend ihren Posaunenkasten. "WIE IST ES MÖGLICH, DASS EINE MAIL VON MIR IN ALLEN MÖGLICHEN ANDEREN MAILBOXEN LANDET?!" "Oh, äh... ja richtig: wir hatten heute morgen das komische Problem, daß der Sendmail-Daemon sich geweigert hat, deine mails zu verarbeiten. Ähm, um den Fehler einzukreisen, habe ich ein paar Tests gemacht. Kann sein, daß ich dabei..." "ICH GLAUBE DIR KEIN WORT MEHR", kreischt Marianne hysterisch. Warum müssen sich Frauen immer so leicht erregen? Obwohl, andererseits... "VOR DREI WOCHEN WARS ANGEBLICH EIN VIRUS IM SYSTEM!

LETZTE WOCHE DIE KOSMISCHE STRAHLUNG UND VORGESTERN HAST DU BEHAUPTET, MEINE MAILS SEIEN EINFACH ZU LANG ODER ZU EMOTIONAL! DAS WAR EINE VERDAMMT KURZE PERSÖNLICHE MAIL HEUTE! UND ICH HAB WAS DAGEGEN, WENN SIE AN DIE FALSCHEN ADRESSATEN GELANGT!" Ich weiche in letzter Sekunde dem Posaunenkasten aus und manövriere mich in eine strategisch günstigere Position hinter meinem Schreibtisch. "Marianne! Sei vorsichtig mit deinem Kasten. Blechinstrumente sind ziemlich teuer, soweit ich weiß. Äh, in welchen Mailboxen ist die mail denn gelandet?" "Woher soll ich das wissen?!" schnauzt sie mich an. "Ich merke es ja erst, wenn die Leute mit dem Finger auf mich zeigen..." "Ich meinte ja nur, daß wir die mail vielleicht noch entfernen können, bevor die meisten sie lesen", rufe ich geduckt, in Erwartung des ultimativen Posaunenstoßes. Nichts passiert. Ich luge vorsichtig um die Ecke des Schreibtischs. Marianne überdenkt mit zusammengezogenen Augenbrauen den Vorschlag. "Also gut", sagt sie und stellt den Posaunenkasten bei Fuß, "aber keine Tricks!" Erleichtert setze ich mich an meine Workstation. Erstschlag erfolgreich abgewehrt.

Die Schirme haben gehalten. Photonentorpedos bereit.

Fertigmachen zum Gegenschlag.

"Ok", sage ich. "Um deine mail sicher in den Mailboxen zu finden, brauche ich einen eindeutigen Textteil. Was hast du denn geschrieben?" Marianne schaut mich mißtrauisch an und ihr zorniges Gesicht überzieht sich erneut mit Purpur. "Ähm... wie wärs mit 'dich'?"

"Viel zu häufig", schüttele ich den Kopf.

"Dann 'Lieber'", schlägt Marianne trotzig vor.

"Auch zu häufig. Fast alle Mails beginnen mit 'Lieber Herr Soundso'..."

"Verdammt!" tobt Marianne. "Dann nimm 'liebe'!"

"Groß oder klein geschrieben?"

"Klein!" zischt es zwischen Mariannes zusammengebissenen Zähnen.

Ich grepe rasch alle System-Mailboxen nach 'liebe' und der einzeilige und eindeutige Text von Mariannes mail erscheint siebenmal auf dem Display. Ich lösche rasch alle gemeldeten mails und sage: "Na also. Erledigt. War doch gar nicht so schlimm, oder?" Einen Moment lang befürchte ich, daß ich den Bogen überspannt habe. Aber Marianne wirft mir nur noch einen langen vernichtenden Blick zu, der jeden normalen Sterblichen auf der Stelle in die Psychatrie gebracht hätte, und verläßt ohne ein weiteres Wort mein Büro. Ihre Mordwaffe nimmt sie mit sich. Später ändere ich vorübergehend das sendmail Programm, damit Marianne in den

nächsten paar Wochen nicht mehr allzu häufig drankommt.

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Ich überprüfe gerade meinen Tricorder, als die Tür zum Turbolift aufrauscht. Es ist der Captain. "Err...äh... Leisch, wir haben heute nachmittag hohen Besuch vom Wissenschaftsministerium. Ein Herr... äh... Butterhaupt und seine Kollegen. Herr Butterhaupt ist direkter Referent des... err... Ministers... ähm..." Aha, Admiral Schmalzkopf und sein Stab möchten unsere neuesten Einrichtungen auf dem Maschinendeck inspizieren. "Vielleicht können wir was vorführen?" schlägt der Captain hoffnungsvoll vor. "Aye, Captain", sage ich gelassen. Der Captain läßt seinen Blick über die Hauptkonsole des Warpkernelmodulators gleiten. "Was machen Sie da gerade, Leisch?" "Ich versuche, den isotonischen Tricorder so zu erweitern, daß er bei einem Kanalwechsel automatisch den BSE Faktor erfaßt", erkläre ich. "BSE?" grübelt der Captain, "ist das diese Rinderseuche?" "Nein, Captain. BSE bedeutet 'Besonders Schlechte Einschaltquote'. Auf diese Weise vermeiden wir, daß unsere Leute auf den Außeneinsätzen aus Versehen in den miesen Kanälen hängenbleiben und dann von hinten überrascht werden." Der Captain nickt verwirrt, aber anerkennend. "Ah... äh... gut, gut, Leisch. Wir sehen uns dann am Nachmittag, nicht?" Sternzeit 42345,6. "Aye, Captain." Keine 3 Sekunden später meldet sich der Computer: "Notfall auf dem Mannschaftsdeck 5. Totalausfall der Kommunikation und Steuerungskontrollen." Ich aktiviere meinen Kommunikator und rufe: "Maschinenraum an Mannschaftsdeck 5. Was ist passiert?" "Äh, es sieht so aus, als ob die Hausmeister mal wieder einen Netzknoten geliefert haben", meldet sich die resignierte Stimme einer Wissenschaftsoffizierin. "Können Sie kurz mal vorbeikommen?" Diese Klingonen! Riesenköpfe und kein Gramm Hirn darin! Wahrscheinlich haben sie wieder mal gerauft.

"Ich bin unterwegs", rufe ich und schnappe mir den Reparaturkit. Im Mannschaftsdeck 5 erwartet mich bereits die Wissenschaftsoffizierin, mit der ich gesprochen habe. Sie kniet vor dem betroffenen Netzknoten und betrachtet besorgt die Trümmer. Hinter ihr stehen die beiden Klingonen, beide in blauen Hausmeisterkitteln, und machen trotzig finstere Gesichter. "Na, meine Herren? Was haben wir denn heute wieder verbrochen?" sage ich lächelnd. Zu Klingonen spreche ich nur noch lächelnd, seitdem ich einmal ... aber das ist eine andere Geschichte. "Äh...", sagt der eine. Der andere knurrt nur drohend etwas in seinen Bart. Mit einem Blick sehe ich, daß sie nur die Netzverteilerdose eingedrückt haben, und repariere den Schaden mit meinem Zauberstab. "Alles in Ordnung", sage ich zur Wissenschaftsoffizierin, die mir besorgt über die Schulter geguckt hat, und sie eilt frohlockend zurück an ihren Arbeitsplatz. Die Klingonen stehen noch etwas betreten herum, dann verziehen sie sich wieder in ihren Glaskasten. Ich bin wieder im Maschinenraum und teste gerade den reparierten Knoten, als

plötzlich der Subraum-Ethawellen-Kommunikator aktiv wird. Eine

Subraum-Anomalie im Warpkernel! Systemparameter werden kritisch!

Waffensysteme ausgefallen!

Die Warnungen rauschen schneller durch, als ich sie lesen kann. Ich löse roten

Alarm aus.

Warpkernel auf 30 % heruntergefahren! Gefahr des Warpkernelbruchs!

Subraum-Neutrino-Aktivität überschreitet kritischen Bereich!

Die Brücke meldet sich:

"Äh... Herr Leisch? Haben wir ein Maschinenproblem? Ich kann meinen

Cursor nicht mehr bewegen..."

"Wir arbeiten dran", schnappe ich und schalte den Interkom aus.

Lebenserhaltungssysteme nur noch auf Notenergie! Kaffeemaschine nur noch

auf halber Kraft!

Es hilft nichts. Immer mehr Kontrollen sind einfach nicht mehr ansprechbar. Ich leite einen totalen Shutdown des Warpkernels ein. Die Warnungen flimmern über die Anzeigen im ganzen Schiff. Zum Glück schaffe ich es. Es wird still im Maschinenraum. Ein Wissenschaftsoffizier und ein Fähnrich tauchen in der Tür zum Turbolift auf. "Ist Ihre Maschine auch abgestürzt?" fragte der Wissenschaftsoffizier. Ich nicke nur und leite die Warpspulen-Initialzündung ein. Keine Zeit für Diskussionen. Langsam kommt die Energie wieder hoch. Der Warpkernel wird

wieder stabil. Neutrino-Aktivität flacht ab.

Erleichtert atme ich auf. Wieder einmal wurde das Schiff durch meinen selbstlosen

Einsatz vor der totalen Vernichtung bewahrt.

Ich schalte den Interkom wieder ein.

"Äh... hallo?" quäkt die einsame Stimme des Captains aus dem Lautsprecher.

"Kann mich jemand hören? Leisch... sind Sie da?"

"Alles in Ordnung, Captain. In ein paar Sekunden haben Sie wieder die volle

Kontrolle", sage ich.

"Ah? Ah... ja. Sie haben recht, Leisch. Der Cursor läßt sich wieder bewegen.

Danke..."

Während ich noch auf die Schadensmeldungen warte, kommt schon wieder ein

Notruf über Subraum-Etha.

Ich lausche konzentriert der aufgeregten Stimme.

Aha, auf dem Computerdeck hat ein flagelanischer Putzdrache mit seinem

glühenden Schweif eine Energieleitung durchtrennt. Jetzt ist die Leistung des

Bordcomputers in diesem Bereich nur noch auf 20 %.

Nicht genug um manövrierfähig zu bleiben. Ich sprinte los.

Der flagelanische Putzdrache ist noch am Tatort. Wie immer ist er unverletzt.

Flagelanische Putzdrachen haben einen mehrfach abgesicherten

Schutzengel-Reflex, der sie vor jeglichem Schaden bewahrt. Leider bewahrt er sie

nicht davor, mit ihren diversen glühenden Schweifen, saugenden Schaufeln und

bepelztem Mops ihre Umgebung zu verwüsten. Vor gar nicht langer Zeit hat ein

flagelanischer Putzdrache einen halben Eimer mit dreckigem Putzwasser in einen

Energieverteiler gekippt. Es gab eine Explosion und der Raum wurde durch

herumspritzendes Plasma vollständig zerstört. Der Putzdrache blieb unverletzt.

Diesem Putzdrachen ist die Sache überaus peinlich; er streicht verlegen mit einem

Mop über die dunklen Computerkonsolen der Umgebung.

Zum Glück ist es kein glühender Schweif.

Ich nähere mich langsam, um den ohnehin schon nervösen Putzdrachen nicht zu

erschrecken und mache beruhigende Laute. Während ich rasch die durchtrennte

Leitung flicke, jammert er in dem Putzdrachen eigentümlichen Dialekt vor sich hin:

"Jejejej... wenn ich machen sauber und immer soviel Leitungs auf die Boden.

Das nich gutt. Immer hängen bleibt an Leitungen und Schnüren. Jejeje... auch

nich gut wenn alles am Boden. nein, nein.

Viel schneller wäre, wenn nur nich soville Leitungen auf die Boden,

jejejej..."

Ich versichere dem flagelanischem Putzdrachen langsam, daß wirklich nichts Tragisches passiert sei, und er zieht jammernd mit seinen ganzen Schweifen, Mops und Schaufeln von dannen. Auf dem Rückweg denke ich, daß sich die Sternenflotte ruhig mal ein besseres Putzkommando leisten könnte. Vielleicht die iridianischen Schlammsauger? Als in den Maschinenraum zurückkomme, ist die Inspektion der Sternenflotte bereits vollzählig anwesend und verstopft die Zwischenräume um den Warpkernel.

Der Captain ist auch dabei und redet verzweifelt auf den Admiral ein: "Ah... äh... das ist ja Herr Leisch. Darf ich vorstellen: Herr Leisch, Herr Butterhaupt..." Ich trete vor den Admiral und nehme Haltung an. Der Admiral zieht die ausgestreckte Hand zögernd zurück und betrachtet mich unsicher. Ich weiß genau, wie man mit hohen Offizieren umgehen muß; bloß keine Anbiederung, das können die nicht vertragen. "Ja... äh... vielleicht erklären Sie uns ganz kurz, woran Sie hier gerade arbeiten...", sagt der Captain gönnerhaft lächelnd. Ich hole tief Luft. "Im Prinzip ist die Sache ganz einfach", beginne ich. Der ganze Stab von Admiral Schmalzkopf, lauter Typen im Rang eines Commanders, grinst erleichtert. "Sie alle wissen, wie ein normaler Warp-Antrieb funktioniert, und daß wegen der hohen Neutrinodichte an der Spitze des Kerns Geschwindigkeiten oberhalb von 9,6 Warp unmöglich sind, weil dann die retro-perpendikulare Sensorphalanx, die wir zur Eindämmung des Warpkernelfeldes brauchen, unter der Shannonstrahlung schmelzen würde." Die ersten lächelnden Fassaden beginnen einzustürzen. Wartet nur, es kommt noch besser. "Um die Neutrinoflußdichte zu veringern, plazieren wir knapp unterhalb des parabolischen Matrix-Tensors, also dort,wo sich die Gravitationskrümmung am stärksten auswirkt, eine künstliche Subraumanomalie, die den größten Teil der Neutrinos in ein anderes Parallel-Universum ableitet. Natürlich wissen Sie alle, daß sich so eine Subraum-Anomalie nicht aufrecht erhalten läßt, weil nach dem Konwalt-Lombard-Gesetz die Halbwertszeit der Anomalie umgekehrt proportional dem Cosinus-Hyperbolicus des Einfallswinkels der Tachionen ist." Der ganze Stab bemüht sich so auszusehen, als ob ihnen das schon als Kadetten in der Akademie der Sternenflotte aufgefallen sei. "Aber jetzt kommt unser kleiner Trick: wir unterwerfen den TachionenStrom einen zirkular instabilen Tensorfeld, welches bewirkt, daß die Zeit für diese Tachionen schneller verläuft als für den Rest des Raums. Und da jeder weiß, daß Tachionen bei Zeitbeschleunigung einem orthogonalen Kraftvektor unterliegen, wird der Einfallswinkel zu Null und die Halbwertszeit der Anomalie geht gegen Unendlich." Admiral Schmalzkopf starrt mich an, als ob ich ein plötzlich im Maschinenraum materialisierter jamkanischer Oktesel wäre. Der Stab beobachtet ihn verstohlen und wartet gespannt auf seine Reaktion. Dem Captain tropft der Schweiß von der Stirne. "Aha", sagt der Admiral schließlich mit soviel Verzögerung, daß jedem klar wird, wieviel er mitbekommen hat, nämlich gar nichts. "Ausgezeichnet. Und der Gewinn...?"

"Der Gewinn liegt bei circa 250 % mehr Leistung", springe ich bereitwillig

ein.

"Ah", freut sich der Admiral, und der Stab entspannt sich sichtlich.

250 % Leistung, damit kann er was anfangen. Er hat irgendwann mal gelernt, daß

alles über 100 gut und alles darunter schlecht ist.

Zumindest in den meisten Fällen. Manchmal auch umgekehrt.

"Phantastisch", sagt er strahlend. "Machen Sie nur weiter so." Die Inspektion der Sternenflotte zieht weiter. Wenig später schaut Kollege O. von der Waffentechnik herein. "Wollen wir was Essen gehen?" fragt er. "Ok", sage ich, "ins '10 Faune' oder ins 'Kworks'?" "Wie bitte?" "Vergiß es. Ich hab' eh' keine Lust auf Ferengi-Küche. Holen wir uns ein klingonisches Sandwich." Während wir den Korridor entlang gehen, fragt O.: "Und? Was hast du das Wochenende über getrieben?" "Nur 'n paar Startrek-Videos 'reingezogen." TEIL 12

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Ich sitze in meinem Büro und warte zur Abwechslung mal darauf, daß das Telefon klingelt. Ich wünschte zwar, es würde das lassen, aber bis jetzt hat die Erfahrung gezeigt, daß solche Wünsche in den oberen Rängen meistens unberücksichtigt bleiben. Vor allem wenn sie von mir kommen. Also habe ich beschlossen, heute den Spieß umzudrehen. Nach Murphy's Law klingelt ein Telefon mit höchster Wahrscheinlichkeit gerade dann, wenn man mitten in einer wichtigen Arbeit steckt oder gerade in der Badewanne sitzt. Das ist wie mit dem bekannten Milchtopf, der nicht kocht, solange man ihn bewacht. Folglich werde ich heute das Telefon bewachen, bis es wegen Nicht-Klingelns schwarz wird. Keine drei Stunden später macht das Telefon alle meine Hoffnungen zunichte: Es läutet. Ich lasse es dreimal läuten, dann hebe ich ab: "Hallo?" sage ich. " Ich hätte gerne ein große Pizza Nummer 5 mit extra Champignons, eine kleine Salami und eine kleine Pepperoni." "W... was?" "Ist dort nicht die Pizza-Hotline?" frage ich. "Nein, ich..." "Dann habe ich mich wohl verwählt. Entschuldigen Sie bitte." "Aber..." Ich lege auf. In diesem Moment trabt das Doggen-Monstrum vom Hausmeister an meiner offenen Bürotüre vorbei. Das ist die Gelegenheit. Mit meinem Lunch-Sandwich locke ich das strohdumme Vieh in mein Büro. Gleich darauf klingelt wieder das Telefon. Ich hebe ab, schalte auf Mithören und halte der Dogge den Hörer hin. "Hallo?" klingt es aus dem Lautsprecher.

Er ist es wieder.

Die Dogge des Hausmeisters ist bekannt dafür, daß sie bei jeder Art von High Tech großes Unbehagen empfindet. Unbehagen äußert sich bei ihr in Form von lautem Winseln und Jaulen. (Dabei fällt mir gerade auf, daß die Dogge in dieser Hinsicht große Ähnlichkeit mit unseren ökologisch angehauchten Studentengruppen hat. Vielleicht sollte ich sie mal zu einer Studenten-Hauptversammlung mitbringen.) Der Dogge ist die

körperlose Stimme aus den Telefonhörer schon High Tech zuviel. Sie beginnt zu winseln. "Wer ist da? Hallo? Ich wollte Herrn Leisch..." Das Winseln steigert sich zum herzzereißenden Fiepen. "Ist da jemand?... Geht es... ich meine, fühlen Sie sich nicht wohl?... Hallo..." Die Dogge des Hausmeister wirft den Kopf in den Nacken und beginnt laut zu heulen. "UM GOTTES WILLEN! WAS PASSIERT DENN DA?! HÖRT MICH DENN KEINER?!" Ich lege auf und entlasse die erleichterte Dogge in den Gang. Dann lenke ich meinen Anschluß auf die Nebenstelle der RKfH um. Als ich von einem ausgedehnten Snack in der Cafete zurückkomme, steht der riesige Kübelstaubsauger der Putzfrau vor meiner Bürotür. Das mißfällt mir. Erstens kann ich das veraltete Ding sowieso nicht ausstehen, weil sein mittelalterliches Geheule mir regelmäßig Alpträume während der Mittagspause verursacht. Hundertmal habe ich dem Chef schon vorgeschlagen, ein modernes schallgedämpftes Modell anzuschaffen, das dem High Tech Charakter unseres Lehrstuhls angemessen ist. Zweitens blockiert es, so wie es dasteht, den Zugang in mein Büro. Die Putzfrau selber ist natürlich nirgends zu sehen; wahrscheinlich schwatzt sie mal wieder ausgiebig mit Frau Bezelmann. Ich schnalle den verbeulten Deckel ab und entferne den Staubfilter vor dem Auslaßstutzen. Dann plaziere ich den Kübelstaubsauger gegenüber meiner offenen Bürotür, so daß ich ihn noch gut im Blickfeld habe. Keine Stunde später höre ich den Chef seinen 14-Uhr-Rundgang beginnen. Während er den Gang herunterschreitet, unterhält er sich väterlich mit der Putzfrau. Der Chef gibt sich gern sozial gegenüber seinen subalternen Angestellten. "Und... äh... wie befindet sich Ihre werte Familie?"

"Uh... wann der Klainä nua mal mecht bessa wean mit sain Aschtma, necht?

Un da Mann nua necht sovill trinken mecht. Un denn es de Tantä noch laida

gstorm..."

"Gut, gut, das freut mich aber...", sagt der Chef leutselig lächelnd.

Der Chef hat trotz ausgeprägten Sozialbewußtseins leichte Probleme mit der Sprache der Putzfrau. Das macht aber gar nichts, weil die Putzfrau die gleichen Probleme mit dem Chef hat. Inzwischen sind sie beim Staubsauger angelangt, und die Putzfrau, die dem Chef zeigen möchte, wie ausgesprochen arbeitswütig sie heute wieder ist, setzt das heulende Ungetüm sofort in Gang. Durch den fehlenden Filter wird der staubige

Inhalt des Kübels mit beträchtlicher Geschwindigkeit herausgepustet. Es entsteht

eine Art Mini-Atompilz im Gang, der das Haupt des Chefs wie ein Glorienschein

umwallt. Der Chef schnappt vor Schreck nach Luft und bekommt eine geballte

Ladung Tschernobyl-Staub in die Lunge.

Die Putzfrau findet vor Aufregung den Schalter nicht und rüttelt hektisch an dem

heulenden Kübel herum. Das erweist sich als Fehler, weil sich nun auch die

schwereren Teile in Bewegung setzen und ihren Weg in durch den Auslaßstutzen

finden. Es schneit Papierschnitzel und Zigarettenstummel über den Chef, der sich

mitten in einem krampfhaftem Hustenanfall befindet. Undefinierbare

Metallstückchen schießen als bösartig surrende Querschläger durch den Gang und

treffen beinahe Kollege O. und Marianne, die neugierig aus ihren Büros spähen.

Endlich schafft es der Chef geistesgegenwärtig, sich in das Netzkabel zu

verheddern und den Stecker aus der Wand zu ziehen.

Wie ein auslaufendes Boing-Triebwerk kommt der antike Kübelstaubsauger

langsam zur Ruhe.

Die Putzfrau stotterte unzusammenhängendes Zeug; der Chef versucht krampfhaft,

sein Soziallächeln aufrechtzuerhalten. Allerdings bröckelt es am linken

Mundwinkel schon etwas.

Frau Bezelmann, die immer zur Stelle ist, wenn etwas Amüsantes außerhalb der

üblichen Routine passiert, beginnt die Glatze des Chefs mit einem gelben

Spüllappen abzustauben.

Der Blick des Chefs fällt auf mich. Einen winzigen Moment lang denke ich, daß er..

aber nein. Er sagt lediglich:

"Äh... Leisch. Ich glaube, wir könnten einen neuen Staubsauger gebrauchen, meinen Sie nicht?" TEIL 13

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Ich mache meine übliche Runde durch die Labors und Institutsräume, um zu sehen, ob alles seinen gewohnten Gang geht. In der Herrentoilette versenke ich in jedem Pissoir einen Tampon. Das sind ganz geniale Dinger: die quellen im Wasser blitzschnell auf und verstopfen todsicher den Abfluß. Insgesamt scheinen mir in den Labors zuviele Rechner am Laufen zu sein; also lockere ich unauffällig zwei CheapWire-Verbindungen im Werkstudentenzimmer. Das CheapWire oder ThinWire ist eine großartige Erfindung: nicht nur daß die unzähligen BNC-Verbindungsstücke die Quelle ebenso unzähliger Fehlfunktionen sein können, darüber hinaus ist es unmöglich, eine Fehlfunktion einfach zu lokalisieren. Man muß das Netz Stück für Stück auftrennen und den Fehler langsam einkreisen. In der Praxis bedeutet dies, unter den Schreibtischen und in den staubigsten Ecken herumzukriechen und die Steckverbinder aufzuschrauben. Ganz unmöglich wird die Fehlersuche, wenn das Netz an ZWEI Stellen unterbrochen ist, weil man dann praktisch nur durch Zufall die Fehlerstellen finden kann. Die Studenten sollten mir dankbar sein. Schließlich bekommen die Dauerhacker wenigstens auf diese Weise ein bißchen Bewegung. Im Nichtraucherzimmer der Diplomanden schnuppere ich prüfend in die Luft. Nichts. Nicht die Spur eines Zigarettenrauchs. Mist! Das bedeutet, daß mein genialer GlimmoMat wieder mal ausgefallen ist. Ich hole die Leiter aus der Werkstatt und öffne den Inspektionsschacht zur Klimaanlage. Aha! Der GlimmoMat ist nicht ausgefallen, aber der Vorrat an Gauloises ist aufgebraucht. Der GlimmoMat - eine meiner genialsten Erfindungen - verkokelt pro Woche etwa ein Päckchen und läßt den entstehenden Gestank über die Klimaanlage in den Nichtraucherbereich strömen. Natürlich nur gerade soviel, daß es nicht auffällt. Ich gehe hinunter zur Cafeteria und stecke 5 Mark in den Zigarettenautomaten. Als ich auf den Knopf drücke, kommt statt des erwarteten Päckchens und Wechselgeldes nur ein kleiner rosarot gefärbter Zettel aus dem Schacht geflattert. Ich lese, was darauf steht: "Wir gratulieren! Dieser Automat hat Sie soeben davor bewahrt, Ihre Gesundheit noch weiter zu schädigen. Der von Ihnen freundlicherweise eingeworfene Spendenbetrag wird dem gemeinnützigen 'Verein für ein nikotinfreies Sonnensystem' auf Omikron 16

gutgeschrieben. Vielen Dank. Und darunter, ganz klein: Spendenbestätigung Der 'Verein für ein nikotinfreies Sonnensystem' ist als gemeinnützig anerkannt (Bescheid vom Finanzamt Beteigeuze 78, St.-Nr. 333545676-9897-AZ). Wir bestätigen, daß wir den uns zugewandten Betrag satzungsgemäß verwenden werden.

'Zugewandter Betrag' ist echt gut, denke ich und betrachte den Zigarettenautomaten etwas genauer. Jetzt erst bemerke ich, daß unter den einzelnen Zigarettenmarken ganz klein vermerkt ist: "Das Drücken dieser Taste bewahrt Sie davor, genau diese Marke zu rauchen." Genial. Einfach genial. Warum bin ich noch nicht selber darauf gekommen? Eigentlich, wenn man es genau überdenkt, gibt es an der ganzen Uni nicht sehr viele Leute, die sich so etwas Geniales ausdenken könnten. Auf dem Rückweg zum Institut überschlage ich im Kopf, wieviele StudentInnen (Da wars schon wieder! Habt ihrs bemerkt?) wohl pro Tag auf den Trick hereinfallen könnten. Der Endbetrag beflügelt meine Schritte. Kurz darauf bin ich im Sekretariat. Frau Bezelmann ist gerade dabei, ein neues Schild mit den Sekretariats-Öffnungszeiten während der Semesterferien an der Türe zu befestigen. "Öffnungszeiten Sekretariat", steht da in großen Buchstaben und darunter: "Während der Semesterferien 8:00 - 12:30 Uhr, nur an geraden Wochentagen, Di und Do jedoch kein Parteiverkehr" "Aha", sage ich, nachdem ich einen Moment überlegt habe, "zum Glück gibt es ja auch noch Sachen, die immer geöffnet sind, z.B. Tankstellen oder ZIGARETTENAUTOMATEN, nicht wahr?" Der Rabe NERO hört auf, seine ausgefransten Schwanzfedern zu glätten und fixiert mich scharf mit seinen gelben Augen. Frau Bezelmann zieht mißbilligend die Mundwinkel nach unten, sagt aber nichts. "Naja", fahre ich unbekümmert fort, "die Studenten können ja dann zum Trost eine RAUCHEN, wenn sie vor verschlossener Türe stehen. Hat der Chef die Öffnungszeiten eigentlich schon mal nachgerechnet?" Ich tippe auf das Schild. Frau Bezelmann zieht sich hinter ihren Schreibtisch zurück, der wie eine Festung aussieht und links und rechts mit riesigen Stachelpalmen bestückt ist. Sie schaut mich einen Augenblick lang forschend durch ihre blitzenden Augengläser an. Ich erwidere den eisigen Blick gnadenlos. Dann seufzt sie und sagt leise: "Wieviel?"

"Kommt darauf an, was bei der Sache so erzielt wird", erwidere ich ebenso

leise und stütze mich auf ihre Schreibtischfläche. "Nach meiner Rechnung

müßten es schon ca. 100 Süchtige pro Tag sein, die..."

"Soviele sind es nicht", protestiert Frau Bezelmann energisch. Ich bin sicher, daß sie lügt, um mich runterzuhandeln. "Na gut", sage ich, "30 % und die Sache geht weiter wie bisher." Frau Bezelmann ist einverstanden. Beschwingt gehe ich zurück in mein Büro. Ich bin so guter Laune, daß ich heute ausnahmsweise darauf verzichte, die gesammelten Zigarettenkippen aus dem Raucherzimmer in die CDROM-Laufwerke im PC-Labor zu verteilen. Obwohl das schon mal ganz spaßige Folgen hatte: ein Raucher, der zufällig im Gang vorbeikam, wurde beinahe gelyncht, als unser Hardware-Futzi endlich die Kippen aus den CDROMs rausgepopelt hatte. Ist das Leben nicht wunderbar? TEIL 14

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Mißmutig stochere ich mit dem Mauszeiger zwischen meinen Windows herum. Frau Bezelmann hat soeben 'Alarm gelb' ausgelöst. (Das macht sie übrigens folgendermaßen: sie schickt ihren Raben Nero, der nebenbei bemerkt nicht fliegen kann, zu Fuß mit einer entsprechend gefärbten Karte im Schnabel durch alle Gänge. Als ich zu bemerken wage, daß ein solcher Alarm-Mechanismus - erstens zu langsam (der Rabe braucht fast eine Stunde durch alle Gänge), - zweitens zu unzuverlässig (der Rabe hat keinerlei Orientierungsvermögen und begeht manche Gänge fünfmal, andere gar nicht) - und drittens für einen Alarm zu unauffällig sei (wer achtet schon auf einen alten zerzausten Raben, der eine rote Karte im Schnabel herumschleppt), zieht Frau Bezelmann zur Antwort nur höhnisch die Mundwinkel nach unten.) Jedenfalls kam vorhin der verd..... Vogel mit einer gelben Karte im Schnabel vorbei. Und das früh am morgen! Gelber Alarm bedeutet: Der Chef hat wieder mal ein unsinniges Drittmittel-Projekt an Land gezogen und überlegt jetzt, welchem Assistenten er es aufs Auge drücken könnte. Bald darauf klingelt das Telefon. Auf dem ISDN-Display erkenne ich die Nummer des Sekretariats. Ich hebe ab (sic!). "Leisch." "Bezelmann hier. Der Chef hat einige Leute von der Firma ****** für heute nachmittag um 14:00 Uhr eingeladen und möchte, daß Sie auch dazustoßen." Sch....! Das bedeutet, daß der Chef mich bereits in die nähere Auswahl genommen hat. Ich durchforste mein Gehirn nach einer geeigneten Ausrede, aber wie immer, wenn ich mit Frau Bezelmann spreche, fällt mir nichts Gescheites ein. Kurz vor zwei klopft es energisch an meine Tür. Bevor ich noch rufen kann, daß hier ein wichtiger Versuch läuft, wird die Tür aufgerissen und wieder geschlossen. Ein, gelinde gesagt, ungewöhnliches Individuum steht mitten in meinem Büro und überschüttet mich mit einem strahlenden Lächeln, das schon fast an delirium dementis denken läßt, während es einen riesigen Koffer auf meinem Labortisch wuchtet. "Katzenschwanz mein Name. Schönen guten Tag", sagt, nein, singt er. Der Mensch ist etwa 1,60 groß, vollkommen kahl mit einer Glatze, in der sich die

Neonlampen spiegeln, etwas korpulent. Bekleidet ist er mit einen großkarierten Sherlock-Holmes-Jackett und weißen Hosen, die auf kanariengelben, glänzenden Schuhen mit fünf Zentimeter hohen Plateau-Sohlen aufstehen. Auf die Inhalte und Farben seiner extrem breiten Krawatte möchte ich zum Schutze zartbesaiteter Leser und Leserinnen lieber nicht näher eingehen. Locker um den Hals gelegt trägt der Mensch mindestens 15 Pappnasen in verschiedenen Farben und Formen, während er in der anderen freien Hand eine silberne Spielzeugtrompete schwenkt. Bevor ich auch nur 'Piep' sagen kann, quäkt er einmal kurz auf der silbernen Trompete, brüllt: "HahAAA!", holt eine Faschingspfeife aus der Tasche, die er mir auf den Tisch legt und sagt: "Hatte ich zufällig bei mir, hahaha. Können Sie ruhig behalten. War lange nicht mehr hier, wie? Aber dafür habe ich diesmal auch ganz besonders feine Sachen für Sie dabei..." Flink wie ein Wiesel öffnet er den riesigen Koffer und verteilt ein halbes Dutzend grellbunter Plastikbälle in meinem Büro. Danach setzt er zwei hüpfende Frösche und einen mittelgroßen Panzer aus grauem Kunststoff in Gang, der heulend auf mich zusteuert, während kleine Funken aus der Mündung der sich wild drehenden Kanone sprühen. Ich fasse instinktiv nach dem Panzer, bevor er mir ans Bein fährt, und der drehende Geschützturm quetscht mir den Daumen ein. Vor Schreck mache ich eine Schritt rückwärts und trete auf einen der Gummibälle, die im ganzen Zimmer herumkugeln. Der Ball quietscht wie ein eingeklemmtes Ferkel und ich stolpere wild mit den Armen rudernd gegen mein IKEA-Regal, das sich ächzend auf meine linke Schulter stützt. Herr Katzenschwanz eilt mir sofort zu Hilfe, und wir schaffen es, das Regal wieder in eine einigermaßen stabile Position zu biegen. Die ganze Zeit über quasselt der Mann ununterbrochen. Als er nach zehn Minuten endlich einmal Luft holen muß, frage ich ihn mit beherrschter Stimme, wie in drei Teufels Namen er auf den abstrusen Gedanken verfallen sei, daß ICH, ausgerechnet ICH, ihm eine ganze Wagenladung Spielzeug abnehmen würde. Es stellt sich heraus, daß Herr Katzenschwanz die Tour von einem Kollegen geerbt hat, der sich letztes Jahr wegen akuter Pädiatechnophobie in den Ruhestand verabschiedet hat. Wahrscheinlich hat der gute Mann wahllos Namen aus dem Telefonbuch gepickt, um eine möglichst umfangreiche Kundenliste zu hinterlassen. Sehr geschickt! Herr Katzenschwanz ist untröstlich und beteuert ein ums andere Mal , wie peinlich ihm das Ganze doch sei, usw. usw. "Tja, Sie sind zwar bei mir völlig an der falschen Adresse", sage ich bedauernd, "aber andererseits haben Sie auch wieder Glück. Ausgerechnet heute haben wir Besuch von mehreren Managern, die an einem Seminar teilnehmen wollen. Und wissen Sie, was das Thema des Seminars

ist?" Herr Katzenschwanz weiß es nicht und ist ganz Ohr, während er gleichzeitig versucht, die Frösche einzufangen. "Das Thema ist 'Neue Methoden der Kunden-Aquisition'. Kinderspielzeug als Werbegeschenke, das wäre doch was für Sie. Da können Sie auf einen Schlag über 10.000 Panzer abschließen." Katzenschwanz bekommt etwas glasige Augen und stimmt mir eifrig zu. "Passen Sie auf", sage ich, "ich werde Sie mit den Leuten in Kontakt bringen, wenn Sie mir versprechen, niemanden ein Sterbenswort über mich zu sagen, ok?" Katzenschwanz ist mit allen Bedingungen einverstanden. Ein dünner Speichelfaden zieht sich aus seinem linken Mundwinkel nach unten. Ich führe ihn mitsamt seinem Koffer über den Gang bis zum Konferenzraum. Kurzes Lauschen an der Türfüllung.Ja, der Chef monologisiert gerade salbungsvoll zu den potentiellen Drittmittelgeldgebern. "Jetzt", zische ich und schiebe den fiebernden Katzenschwanz durch den Türspalt. Dann schließe ich die Türe mit meinen nachgemachten Generalsschlüssel ab, eile zur anderen Türe und mache dort das Gleiche. Später am nachmittag kommt Frau Bezelmann in mein Büro. Ihre Mundwinkel

zucken hämisch, als sie mir wortlos einen Akt auf den Tisch legt. ERLEDIGT steht

in großen roten Buchstaben quer über die erste Seite geschrieben.

Frau Bezelmann und ich, wir wechseln einen Blick und beinahe, beinahe hätten wir

beide ganz kurz gelächelt.

Aber nur beinahe.

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Heute ist mal wieder Besuch angesagt. Da hilft auch der Schutzschild nichts mehr. Unser nördlicher Projektpartner im SCHWAFEL-Projekt hat einen gewissen Herrn Doktor phil. Vogel zu einen eintägigen 'Arbeitstreffen' an unser Institut geschickt. So nennt man es, wenn jemand auf Staatskosten München besuchen will. SCHWAFEL steht für 'Self Constructing Hyper Wavelet Algorithms For Extrapolating Linguistics'. Genauso gräßlich wie der Titel ist auch das ganze Projekt. Übrigens weiß bis heute niemand, warum ein von der Bundesregierung gefördertes Projekt mit ausschließlich deutschen Projektpartnern einen englischen Titel haben muß. Herr Doktor Vogel ist Hanseate, wie er mir innerhalb der ersten 20 Sekunden erklärt, und außerdem mit einem erstaunlichen Selbstbewußtsein ausgestattet. Er ist sehr groß, dünn und hat einen weit vorgestreckten Hals, auf dem ein langgezogener Schädel hin und herpendelt. Das längliche Gesicht mit der hohen Stirn wird noch betont durch einen schütteren Ziegenbart, der sich beim Lachen etwas sträubt. Herr Doktor Vogel lacht aber nicht viel, denn das würde seinen Redefluß behindern. Die erste Stunde unseres 'Arbeitstreffens' lasse ich ausschließlich Herrn Vogel reden. Dann sage ich: "Aha", und höre ihm die ganze zweite Stunde lang aufmerksam zu. Als nach der dritten Stunde noch keinerlei Anzeichen von Heiserkeit bei Herrn Doktor Vogel festzustellen sind, schlage ich vor, daß wir das Arbeitstreffen doch bei einem Arbeitsessen fortsetzen könnten. Herr Doktor Vogel ist einverstanden und redet weiter. Allerdings nützt er die Gelegenheit nunmehr dazu, um von fachlichen Themen auf persönliche umzusteigen. Auf diese Weise erfahre ich auf dem Weg zum Lift, daß er nicht nur fachlich brillant ist, sondern auch im Privaten genau die Persönlichkeit darstellt, die ich schon immer kennenlernen wollte. Er ist natürlich außerordentlich sportlich, spricht 5 Sprachen fließend und hat ein Segelboot an der Elbe. In der Intimität der Liftkabine wechselt Herr Doktor Vogel zum Thema Frauen über: "Wissen Sie, ich bin immer wieder überrascht, wie unwiderstehlich ich auf Frauen wirke", sagt er gerade, als die Lifttüre sich noch einmal öffnet, und Marianne zusteigt. Die Türe schließt sich und der Lift fährt wieder ruckend an. Ebenso setzt Herr

Doktor Vogel unbekümmert die Darstellung seiner libidinösen Vorzüge fort. Mariannes Augen werden immer größer und sie preßt sich immer weiter ihre Ecke. "Es scheint nunmal der Fall zu sein, daß ich auf das weibliche Geschlecht unwiderstehlich wirke", wiederholt Herr Doktor Vogel abschließend, falls ich den Kernpunkt seiner Aussage vielleicht verpaßt haben sollte. Ich gucke Marianne an, Marianne guckt mich an. Herr Doktor Vogel guckt von mir zu Marianne, als ob er ihre Gegenwart erst jetzt zur Kenntnis nehmen würde. "Finden Sie nicht auch?" fragt er Marianne unvermittelt. Marianne wird erst knallrot, dann blaß. "Oh, äh...", stottert sie, dann erlöst sie der Aufzug, der im ersten Stock die Türe öffnet. "Entschldgnsimushiaraus", nuschelt sie und schlängelt sich wie ein Aal durch den Türspalt. Herr Doktor Vogel schaut mich triumphierend an. "Haben Sie gesehen, wie sie errötet ist? Und kein vernünftiges Wort hat sie mehr herausgebracht. Ich habe fast immer eine so drastische Wirkung bei den Frauen." Herr Doktor Vogel beginnt mich nun doch zu interessieren. Es reizt mich herauszufinden, wie weit sein Selbstbewußtsein geht. Als wir aus dem Uni-Gebäude auf die belebte Strasse treten, strahlt die Sonne vom föhnig-blauen Sommerhimmel. "Sehen Sie", sage ich, "das reinste Bilderbuchwetter. Nur für Sie bestellt." Herr Doktor Vogel nickt beifällig lächelnd und segnet mit sanftem Blick die ganze Schöpfung, die im zu Füßen liegt. Erstaunlich! Vor dem Hauptportal der Uni deute ich auf die große Bayernfahne, die sich malerisch im Winde bauscht. "Extra für Ihren Besuch haben sie die Flaggen gesetzt."

"Tatsächlich?" sagt Herr Doktor Vogel erfreut, bleibt für einen Moment

stehen und betrachtet wohlgefällig das weißblaue Rautenmuster. Es ist nicht

zu fassen!

In unserem Stammlokal erklärt Herr Doktor Vogel zunächst den gesamten Inhalt der Speisekarte für ungesund und schwer bekömmlich, bestellt schließlich doch die Schweinshaxe und erklärt, als er sie schließlich vor sich auf dem Teller hat, der genervten Bedienung detailiert, was seiner Meinung nach bei der Zubereitung des 'Eisbeins' alles schiefgegangen sei. Während er das 'Eisbein' mit geradezu atemberaubender Geschwindigkeit verschlingt, verlangsamt sich sein Redefluß aus rein anatomischen Gründen soweit, daß man schon fast von einem geruhsamen Mittagessen sprechen könnte. Plötzlich unterbricht sich Herr Doktor Vogel mitten im Satz und sagt: "Das Mädchen da drüben hat mir eben zugezwinkert. Ich habe es ganz deutlich gesehen."

Ich drehe mich unauffällig um, kann aber beim besten Willen weit und breit kein Mädchen entdecken. Bevor ich noch fragen kann, welches Mädchen er denn meine, ist er schon aufgesprungen und rückt sich die karierte Fliege vor seinem überdeutlichen Adamsapfel zurecht. Gerade noch rechtzeitig merke ich, daß er Frankie ansteuert, der wie immer um diese Zeit seine Berliner Weiße an der Bar süffelt. Nur unter lautstarkem Protest gelingt es mir, Herrn Doktor Vogel aus der Kneipe zu lotsen. "Aber ich verstehe Sie nicht", sagt er ungehalten und befreit sich aus meinem Polizeigriff, als wir glücklich wieder auf der Strasse stehen. "Was können diese armen Geschöpfe denn schon dafür, daß sie bei meinem Anblick alle Hemmungen verlieren. Deshalb muß man sie doch nicht enttäuschen!" Einen Augenblick überlege ich, ob ich ihn zurück zu Frankie an die Bar lassen soll, dann kommt mir eine bessere Idee. "Wir haben aber jetzt keine Zeit mehr", erkläre ich. "Der Empfang beginnt gleich." "Was für ein Empfang?" will Herr Doktor Vogel ungnädig wissen. "Aber... aber wieso wissen Sie das nicht?" wundere ich mich. "Die Institutsleitung mißt Ihrem offiziellen Besuch hier in München so hohe Bedeutung bei, daß sie dem Rektor empfohlen hat, heute Nachmittag einen offiziellen Empfang zu Ihren Ehren zu veranstalten." Die Miene von Herrn Doktor Vogel hellt sich zusehends auf. "Der Empfang findet im Senatssaal statt", fahre ich fort und ziehe ihn sanft am Ärmel weiter. "Der ganze Senat wird anwesend sein; vielleicht verleiht man Ihnen sogar eine Ehrenurkunde. Oh, Gott! Jetzt sind Sie natürlich gar nicht vorbereitet. Sicher erwartet man auch von Ihnen ein paar Worte." "Natürlich", meint Herr Doktor Vogel selbstbewußt, "das ist überhaupt kein Problem. Ich werde einfach improvisieren." "Bravo", rufe ich erleichtert, "da fällt mir aber ein Stein vom Herzen." Aber Herr Doktor Vogel winkt bescheiden ab. "Das ist doch für mich überhaupt kein Problem." "Aber eines muß ich Ihnen noch sagen", fahre ich ernst fort, "ich muß Sie gewissermaßen vorwarnen: Es gibt im Senat immer noch einen - nun sagen wir - etwas exotischen Professor, der immer wieder versucht, dem Redner ins Wort zu fallen. Unter uns gesagt, es sind halt nicht mehr die allerjüngsten, unsere Ordinarien." "Total verkalkt, eh?" meint Herr Doktor Vogel beifällig lächelnd. "Nun ja, das will ich nicht gesagt haben", sage ich, "aber er ist eben bekannt dafür, daß er jeden Redner bei allen Gelegenheiten zu unterbrechen versucht. Dieser besagte Professor sitzt normalerweise am Kopfende des Tisches; auch so eine Marotte von ihm: er will nur dort sitzen." Inzwischen sind wir im Uni-Hauptgebäude angelangt und stehen vor den hohen Flügeltüren mit dem goldenen Schild 'Senatssaal'. Herr Doktor Vogel zupft sich die

Fliege zurecht. "Also", sage ich, "gehen Sie hinein und beginnen Sie mit ihrer Rede. Lassen Sie sich durch ihn nicht ablenken, auch wenn er schreit oder droht. Das ist ganz normal." Ich öffne die Türe eine Spalt und schiebe den Herrn Doktor Vogel in die gemächlich vor sich hindümpelnde 467. Sitzung der Haushaltskommission. Ich sehe noch wie Prof. Kürfaß, der Vorsitzende, ein ganz scharfer Hund, überrascht ob der Störung von seinen Papieren aufblickt. Dann schließt sich die Türe mit schicksalhaftem Knall hinter Herrn Doktor Vogel. Später, in meinem Büro, ruft mich ein Arzt aus der psychatrischen

Universitätsklinik an.

Ja, Also, sie haben da heute Nachmittag einen ungewöhnlichen Fall reinbekommen,

meint er. Der Patient sei offensichtlich in einer manischen Phase und verlange

zwischen seine Anfällen immer diese Nummer anzurufen.

Ich versichere ihm, daß ich keinen manischen Bekannten habe, was nicht mal

gelogen ist, und frage, ob sie so einen Irren doch hoffentlich nicht freilassen

würden.

"Ich meine, dann kommt er am Ende noch zu mir nach Hause", füge ich besorgt hinzu. Der freundliche Arzt beruhigt mich: "Unter drei Monaten kommt der sicher nicht aus der Beobachtung. So einen interessanten Fall hatten wir hier schon lange nicht mehr." TEIL 16

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Es wird eben Sommer. Für die geplagten Angestellten der Uni bedeutet dies, daß die Tagestemperaturen in den Büros auf saunaverdächtige Werte ansteigen. Glänzende Aluminiumverkleidungen reflektieren unerbittlich die Sonnenglut, großzügige Glasfassaden und Plattenbau erledigen den Rest. Gemessen an der Zahl der Flüche, die Studenten und Hochschulangestellte auf das Haupt des unseligen Architekten häufen, müßte der gute Mann eigentlich in der untersten Ebene schmoren. Glücklicherweise bin ich infolge meiner zweiten Natur gegen große Hitze weitgehend gefeit; lästig wird es nur, wenn einem beim DooM- Spielen dauernd der Schweiß in die Augen läuft. Zuuupf - jetzt ist mein PC schon zu dritten Mal abgeschmiert. Anscheinend bekommt ihm die Hitze auch nicht besonders. Es ist richtig heiß heute. Andererseits erleichtert die Hitze auch vieles. Ich mache meine Runde durch die Labors und breche bei einigen noch laufenden Workstations auf der Rückseite ein paar Sichtblenden heraus. Bei anderen rücke ich passende Kartons vor die Lüftungsschlitze oder drapiere herumliegende Kleidungsstücke so, daß sie direkt vor den würgenden Lüftern hängen. Durch die gestörte Konvektion erhitzen sich die Prozessoren und schmieren reihenweise ab. Wieder im Büro rufe ich bei drei verschiedenen Hotlines an und heize den ohnehin schon schwitzenden Dispatchern noch mehr ein. Daher der Name 'Hotline'. Ich drohe mit Vertragskündigung und Regress, wenn sie nicht sofort einen Techniker schicken. Dann schaue ich aufs Thermometer: 43 Grad, nicht schlecht, drei Grad mehr als gestern. Seitdem ich die Anweisungen des Hausmeisters, daß alle Fenster nachts geschlossen sein müssen, aufs Wort befolge, steigt die Temperatur seit Tagen kontinuierlich an. Die Anweisung stammt allerdings noch vom 13. Januar. Ich schnappe mir die Gießkanne von Frau Bezelmann und überschwemme noch einmal alle Pflanzen im Institut. Dabei verspritze ich großzügig Wasser auf die Teppiche und Polstermöbel. Eine halbe Stunde später zeigt das Hygrometer 92 % relative Luftfeuchtigkeit. Perfekt!

Draußen, im Biergarten der Cafeteria, beginnen sich die ersten StudentInnen zu entblättern. Ich gehe hinüber ins Optik-Labor und 'leihe' mir eine Digitalkamera aus. In meinem Büro richte ich die Kamera auf die 'Blondinen-Bank'. Diese Bank, eine an sich unscheinbare Leichtmetallkonstruktion, etwa 20 Meter schräg unter unseren Institutsfenstern, muß durch irgendwelche uralten Geheimnisse der Inkas oder Ägypter genau die kosmische Position zur Sonne einnehmen, die braungebrannte, wasserstoffgebleichte Blondinen unwiderstehlich anzieht. Laut meiner bisherigen Statistik über die Benutzer dieser Bank sind die Ereignisse 'blond', 'weiblich' und 'braungebrannt' stark signifikant, wogegen das Ereignis 'weitgehend entblättert' immerhin noch signifikant auf dem 0.005 Level ist. Statistisch am unwahrscheinlichsten ist übrigens die Kombination 'männlich', 'bleichsüchtig', 'dunkel-fettige Haare' und 'schwarzer Skianzug'. Was täten wir ohne die Statistik! Ich verbinde die Kamera mit unserem WWW-Server, so daß alle fünf Sekunden ein aktualisiertes Bild der Blondinen-Bank in der Home- Page unseres Chefs erscheint. Das ist weitgehend risikolos, da der Chef es noch nie geschafft hat, seinen Net-Browser richtig zu konfigurieren. Um genau zu sein, liegt dies nicht am Chef allein, sondern an einem kleinen nützlichen Cron-Job, der alle zehn Sekunden die Konfigurationsdateien des Browsers im Home-Directory des Chefs wieder durcheinanderbringt. Der erste Techniker taucht auf, um den kollabierenden Server B wieder aufzupäppeln. Als ich ihm die Türe zum Rechnerraum aufschließe, wabbert uns eine feuchtwarme Welle abgestandener Luft entgegen. Es stinkt nach zu heiß gewordenem Gummi und Plastikteilen. Der Techniker stöhnt und schaut mich verzweifelt an. Ungerührt verweise ich auf das Thermometer an der Wand; es zeigt 44 Grad an. In den Spezifikationen des Servers steht, daß er bis 45 Grad im 'zulässigen Betriebsbereich' arbeitet. Von Luftfeuchtigkeit steht nichts in den Spezifikationen. Was der Techniker nicht weiß: Die Skala des Thermometers hat sich infolge des Zusammentreffens mehrerer merkwürdiger Zufälle vor ein paar Jahren einmal abgelöst und wurde von mir mit Superkleber wieder 'repariert'. Eigenartigerweise zeigt das Thermometer seitdem etwa 10 Grad zu wenig an. Es ist heiß heute, richtig heiß. Auf dem Weg zurück ins Büro werfe ich einen Blick ins Sekretariat. Frau Bezelmann ist gerade dabei, kiloweise Eiswürfel auf Untertassen im Raum zu verteilen. Als ich sie frage, ob das 'Holiday on Ice' werden solle, erläutert sie mir mit zusammengekniffenen Lippen, daß sie durch das schmelzende Eis die Raumtemperatur zu senken hoffe. "Nero mag keine solche Hitze", fügt sie hinzu und deutet auf den kahlen

Raben, der geduckt auf seiner goldenen Stange hockt. "Er bekommt nur schlechte Laune davon." Ich erwidere vorsichtig den starren giftig-gelben Blick des schwarzen Unglücksboten und überlege, ob die notorisch schlechte Laune Neros denn überhaupt noch steigerungsfähig sei. Dann erkläre ich Frau Bezelmann und Nero, der plötzlich den Kopf streckt und aufmerksam zuhört, daß das Schmelzen von Eiswürfeln aus dem Kühlschrank völlig sinnlos sei, weil die dabei gebundene Energie beim Erzeugen der Eiswürfel im Eisschrank in Form von Wärme sofort wieder frei werde. Frau Bezelmann betrachtet ungläubig den Eisschrank, der in seiner Ecke eifrig vor sich hin brummt. Aber sie muß zugeben, daß die Radiatoren auf der Rückseite Hitze abstrahlen. "Ich habe die Lösung", sage ich. "Wir müssen nur dafür sorgen, daß die Abwärme des Kühlschranks nicht wieder zurück ins Sekretariat gelangt." Wir hängen die Zwischentüre zum Chefzimmer aus, die sonst immer abgeschlossen ist, weil Frau Bezelmann es nicht verträgt, wenn der Chef hinter ihrem Rücken ins Zimmer kommt, und rücken den Kühlschrank so in die offene Türe, daß er den unteren Teil ausfüllt und die Radiatoren zum Chef hineinragen. Auf den Eisschrank türmen wir alte Rechnerkartons und verstopfen die verbleibenden Ritzen mit Füllmaterial. Gerade als wir fertig sind, kommt der Chef zur anderen Türe herein und bleibt erstaunt stehen. "Äh...hm... was machen Sie denn da, Leisch?" fragt er und wischt sich den

Schweiß mit einem weiß-blau karierten Taschentuch von der hohen Stirne.

"Ich helfe mal eben Frau Bezelmann", antworte ich wahrheitsgemäß.

"Ah, ja... hm", sagt der Chef und betrachtet die Kühlschrank-Karton-

Füllmaterial-Konstruktion. "Und... äh... bei was ... äh... helfen Sie Frau

Bezelmann?"

Frau Bezelmann springt selbst in die Bresche: "Wir haben die kaputte Zwischentüre ausgewechselt, und Herr Leisch war so freundlich, mir dabei zu helfen, die Öffnung provisorisch zu verschließen." Frau Bezelmann deutet auf die ausgehängte Türe, die wir vorerst mal an die Wand gelehnt haben. "Äh.. wieso... äh... ist die Türe denn kaputt gegangen? Sie schaut doch ganz normal aus...", meint der Chef und beäugt die Türe von allen Seiten. "Na, dann versuchen Sie mal, sie zu öffnen", sagt Frau Bezelmann mit zusammengekniffenen Lippen. "Sie öffnen? Aber... hm... das... das geht doch nicht...", erwidert der Chef erstaunt. "Sehen Sie!" sagt Frau Bezelmann in einem Tonfall, der jede Weiterführung der Diskussion unmöglich macht. Es ist heiß heute, so richtig heiß.

Gerade als ich wieder vor meiner Bürotüre angelangt bin, kommt eine Blondine auf Inline-Skates den Gang entlang gefahren. Ich meine eine RICHTIGE Blondine, mit wallendem goldglänzendem Haar, klasse Figur und bauchfreiem Top. Daß es sich um eine RICHTIGE Blondine handelt, erkennt man sofort an den blutrot lackierten Fingernägeln und dem schwarzen Haaransatz. Ich ducke mich in meine offene Bürotüre, um einer etwaigen Kollision vorsorglich aus dem Weg zu gehen, aber die Blondine fängt sich geschickt am Türpfosten ab und schenkt mir ein strahlendes Lächeln aus tief- nein, nicht -blauen, sondern tief-braunen Augen. "Sie sind Herr Leisch, nicht wahr?" Ich kann es nicht leugnen und frage, was ihr Begehr ist. "Ich bin auf der Suche nach einem Gehirn", sagt die Blondine unbekümmert und manövriert vorsichtig in mein Büro. Ich werfe einen Blick auf das elektronische Thermometer an der Fensterscheibe; 48 Grad Raumtemperatur zeigt es an. Soviel ich weiß, treten Fata Morganen (ist das der korrekte Plural?) nur in wüstenartiger Umgebung auf. Ein Hitzekoller? Eine plötzliche Erleuchtung? Vorsichtshalber setze ich mich erst mal hin. "Sie suchen also ein Gehirn", sage ich dann behutsam. "Äh, darf ich fragen, wozu Sie das Gehirn benötigen. Für.. ich meine...äh... für Sie selber? Als Eigenbedarf sozusagen?" Die Blondine guckt mich verwundert an. "Natürlich für mich selber", sagt sie, "ich brauche es für ein Referat bei Prof. Murnau." Kollege Murnau ist unser Psycho-Spezialist. Was er an einem technischen Institut wie dem unseren zu suchen hat, wissen allein die Götter. Aber er hält fleissig Vorlesungen über alle möglichen Psycho- Themen: Psycho-Akustik, Psycho-Physik, Psycho-Dermatologie, usw., die sich alle großer Beliebtheit als Nebenfächer erfreuen. "Und bis jetzt... haben Sie das... das... äh... noch nie... äh... vermißt? Ich meine..." Ein verwunderter Blick aus tief-braunen Augen. "Nein, wieso?!" Ja, wieso eigentlich, frage ich mich ebenfalls. "Ich habe bis jetzt noch nie ein Bild vom Gehirn gebraucht", erklärt die Blondine geduldig. "Ach so", sage ich erleichtert, "sozusagen als Anschauungsmaterial?" Die Blondine nickt. "Am besten eine Draufsicht", sagt sie, "ungefähr so groß wie eine Folie." Ich gebe ihr eine entsprechende Literaturangabe und sie rollt glücklich weiter in Richtung Bibliothek.

Ob sie die Inline-Skates zum Referat auszieht, denke ich noch zerstreut und fahre

die Schutzschilde wieder hoch.

Meine Workstation keucht und bläst heiße Luft auf meine Füße; durch die

Jalousienschlitze kann ich die Hitze im Biergarten flimmern sehen.

Es ist heiß heute. Hatte ich das schon bemerkt? Richtig heiß...

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Der geschätzte Leser erwartet jetzt sicher wieder eine Episode aus dem aufregenden Leben des BAFH. Leider muß ich ihn heute enttäuschen. Der Grund? Es ist einfach gar nichts passiert, rein gar nichts, was es lohnt, in die Tasten zu greifen. Und warum ist das so? Es sind Semesterferien. Keine Studenten, der Chef ist auf einer seiner ausgedehnten 'Studienreisen', ja selbst die unerschütterliche Frau Bezelmann hat ihren Posten im Sekretariat für eine Woche aufgegeben, um an einer rein feministischen Konferenz in Bad Blocksberg teilzunehmen. Ich ergreife die Gelegenheit, um endlich auf die anschwellende Flut von

Leserbriefen (meist in Form von drei- bis vierzeiligen emails!) einzugehen, die ja

auch irgendwann beantwortet sein wollen.

Zunächst danke ich für die zahlreichen Hinweise besorgter Akademiker-Eltern, daß

sie ihre Sprößlinge - sobald diese in entsprechendes Alter herangewachsen sein

würden - auf gar keinen Fall an die Universität des BAFH schicken und schon unter

gar keinen Umständen ein Fach studieren lassen würden, im Rahmen dessen die

wohlbehüteten selbigen Sprößlinge etwa mit mir persönlich in Kontakt geraten

könnten.

Eine solche Einstellung kann ich nur voll und ganz unterstützen. Ich finde, daß die

derzeitigen 4 (in Worten: vier!) Hauptfachstudenten pro Semester schon Zumutung

genug sind.

Auch die zahlreichen Anfragen von Studenten anderer Fakultäten, ob es denn in

unserem Fach an dieser unserer Universität tatsächlich 'dermaßen schlimm zugehe',

möchte ich hier kurz und bündig beantworten:

Ja, das tut es!

Aber dafür wird es bei uns auch nie langweilig!

Als nächstes muß ich auf die teilnehmenden Zuschriften zahlreicher weiblicher

Leserinnen eingehen, die sich bei mir erkundigen, ob ich durch meinen Lebensstil

Frustrationen infolge mangelnder Zuwendung abreagiere, und die mit mehr oder

weniger eindeutigen Angeboten ihre Dienste zwecks Abbau der besagten

Frustrationen anbieten.

Meine Damen, ich weiß Ihre Anteilnahme wirklich zu schätzen, aber sie irren sich

in der Diagnose. Meine Lebensführung ist sozusagen inhärent festgelegt und nicht

so leicht zu ändern.

Im Übrigen, nein, ich bin weder durch Kaiserschnitt noch durch eine Zangengeburt

zur Welt gebracht worden. Auch hatte ich eine ausgesprochen harmonische

Kindheit, soweit man in meinem Falle von einer Kindheit sprechen kann, danke gütigst der Nachfrage. Das Thema meiner Herkunft scheint aber die Leserschaft derart zu interessieren, daß ich mich schweren Herzens durchgerungen habe, an dieser Stelle ganz kurz über

DIE HERKUNFT DES BAFH zu berichten. Also, das Ganze nahm seinen Anfang einige Jahre nachdem ich meinen Posten als Flugbegleiter auf einem Charterflugzeug der LUDA AIR angetreten hatte. Als Engel fünfter Klasse des 3. Fähnleins, 12. Kohorte, 53. Zenturie, 1026. Legion der HH ('Himmlischen Heerscharen') bestand meine Aufgabe darin, den Passagieren während der Flüge Mut und Hoffnung auf eine von Gott gelenkte, glückliche Landung einzuflüstern. Es war nicht gerade ein Traumjob. Präziser gesagt, langweilte ich mich fast zu Tode. Ein Jahr lang pendelten wir fast ununterbrochen zwischen Cancun und Frankfurt hin und her. Die Flugzeugbesatzungen wechselten ja dauernd, aber ich durfte meinen Posten nicht verlassen. Ich war immer an Bord, unsichtbar, allgegenwärtig und stets bereit, Mut und Hoffnung zu spenden. Mehr durfte ich auch gar nicht. Denn die oberste Direktive im Kodex der HH lautet: 'Keinerlei aktiven Eingriff in das Geschehen, damit die Planung der oberen Ränge nicht in Frage gestellt werden kann.' Jedenfalls hatte ich nach einigen Jahrzehnten in den Charterflugzeugen der LUDA AIR die Sache gründlich satt. Ich beneidete die Kollegen vierter Klasse, die immerhin in Linienflugzeugen Dienst tun durften. Da wechselte wenigstens ab und zu der Flugplan. Außerdem war das Publikum bestimmt distinguierter als auf diesem Cattle Freighter. Aber die Beförderung zur vierten Klasse konnte noch gut und gerne einige Jahrhunderte auf sich warten lassen. Eines Tages lümmelte ich gerade mal wieder gelangweilt auf dem Stuhl des Copiloten, der sich die lange Flugzeit über den Atlantik zusammen mit der kleinen blonden Stewardess auf angenehmere Art verkürzte, als plötzlich der Pilot neben mir einen erstickten Laut von sich gab und, bevor ich noch Gelegenheit fand, ihm weisungsgemäß Mut und Hoffnung einzuflüstern, in Ohnmacht fiel. Kann sein, daß die leere Whiskyflasche, die er vor ein paar Stunden - da allerdings noch gefüllt - aus dem Duty-Free-Schrank geklaut hatte, irgendwie damit zu tun hatte. Unglücklicherweise war der Autopilot in diesem Moment gerade ausgeschaltet und der schwere Schädel des besinnungslosen Piloten drückte das Steuer kräftig nach vorne, so daß die altersschwache 737 ächzend in einen atemberaubenden Sturzflug

überging, der Disney Land alle Ehre gemacht hätte. Aus dem Passagierraum ertönte der Klang von zerbrechenden Glas und erbrechenden Passagieren. Ich überlegte kurz, ob ich statt des bewußtlosen Piloten den Copiloten aufsuchen sollte, um ihm Mut und Hoffnung einzuflüstern. Allerdings bezweifelte ich, daß dieser es rechtzeitig von der Ruhekabine der Stewardessen bis zur Pilotenkanzel schaffen würde. Vor allem bei der rapide zunehmenden Schräglage der 737 und wenn er sich unterwegs auch noch anziehen müsse. Direkt vor mir befand sich die Anzeige des Höhenmessers und daneben der Schalter zum Autopiloten. Die Zahlen flimmerten über die Anzeige des Höhenmessers. Ich schätzte noch etwa 25 Sekunden bis zum ultimativen Aufprall. Rasch versetzte ich mich nach hinten in die abgedunkelte Ruhekabine der Stewardessen. Der Copilot war offensichtlich nach vollbrachter Tat auf der ebenfalls schlummernden kleinen blonden Stewardess eingeschlafen und schnarchte leise und zufrieden. Ich streckte automatisch meine Hand nach seiner Schulter aus, um ihn wachzurütteln, aber dann fiel mir die oberste Direktive der HH wieder ein: Kein Eingriff ins Geschehen. Wenn ich jetzt den Copiloten aus seinem post-coitalen Koma erweckte, verstieß ich bereits gegen meine Vorschriften und es war keineswegs sicher, ob er es in den verbleibenden 20 Sekunden noch bis zur Pilotenkanzel schaffen würde. Besser wäre es also, gleich selber den Autopiloten einzuschalten, wenn ich schon gegen die Vorschriften verstoßen sollte. Gedacht, getan. Ich versetzte mich wieder nach vorne und flippte den kleinen roten Schalter nach unten. Der Autopilot, seit langem die einzige vernünftig denkende Instanz auf diesem Flugzeug (außer mir natürlich!), schaffte es gerade noch, den Absturz in 350 Meter über dem Atlantik abzufangen. Die Sache ging natürlich durch die Presse und ein Engel 3. Klasse im Range eines Super-Anglizisten wurde darauf aufmerksam. Der Fall wurde an die gefiederte MIPO überwiesen und diese besorgte sich per göttlichem Dekret eine Kopie des verdammten Flugschreibers. In den anschließenden Verhören kam alles heraus, weil ich als Engel noch nicht gelernt hatte, gewisse Tatsachen geeignet darzustellen. Ich wurde sofort zum 'Angel Bulk Rate' degradiert und mußte mich zur Strafe fortan um die Überwachung der Quantenfluktuationen in der Beschleunigerkammer 5 des Kernforschungszentrums CERN kümmern - eine verdammt mühselige und noch ödere Arbeit, als man es sich vorstellen kann, deren Zweck allein darin besteht, die Kernphysiker durch absolut anormales Verhalten der Elementarteilchen in die Irre zu führen, damit sie den göttlichen Plan der Schöpfung nicht so leicht erkennen können. Nebenbei gesagt, besteht dieser Plan aus einer Ansammlung von ganz gräßlichen und akausalen Zusammenhängen, den man in den obersten Rängen am liebsten ganz unter den Tisch gekehrt hätte, weil er gar kein gutes Bild auf die Konzeption der Schöpfung an sich wirft.

In CERN lernte ich einen BTFH, Bastard Technician from Hell, aus dem dritten Kreis kennen, der mir die ersten Kontakte zur Konkurrenz verschaffte. Schließlich bot mir die Geschäftsleitung an, den Posten eines BAFHs zu übernehmen, wenn ich dafür auf meine engelhaften Privilegien für immer verzichtete. Natürlich unterschrieb ich sofort - von Protonen, Leptonen, Barionen und anderen Etceteraonen hatte ich gründlich die Nase voll. Und so wurde aus dem 'Angel Bulk Rate' der 'Bastard Assistant from Hell', des Chaos Quelle, der Schrecken aller Verwaltungsbeamten und Studenten, immer bereit, ein wenig Sand ins Getriebe der göttlichen Ordnung zu streuen. Und - seien wir mal ganz ehrlich - ohne ein bißchen Chaos wäre dieses Leben doch stinklangweilig. TEIL 18

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Ich steige in meinen Wagen und drehe den Zündschlüssel. Die Karre springt zwar sofort an, aber nach wenigen Sekunden beginnt die Öldrucklampe zu blinken und ein penetrantes Warnsignal gellt mir in die Ohren. Ich weiß genau, daß genügend Öl drin ist, aber trotzdem leuchtet das rote Lämpchen. Man könnte also sagen, daß mein Auto mir falsche Tatsachen vorspiegelt, mich in gewisser Weise anlügt. Vielleicht will es heute nicht ausgefahren werden; vielleicht ist es der Meinung, ich solle lieber die U-Bahn nehmen und es in Ruh' lassen; vielleicht habe ich auch gerade eben einen schnuckeligen Flirt mit den schicken kleinen Z3 auf dem Nachbarparkplatz gewaltsam unterbrochen. Interessanterweise macht das mein Auto nicht täglich; dann würde man behaupten, es sei kaputt. Nein, nur so etwa alle zwei Monate meldet es sich. Auch nicht immer beim Starten. Besonders gern erschreckt es mich mitten auf der Autobahn mit hundertfünfzig Ka-em-ha. Ab und zu leuchtet auch die Bremskontrolleuchte für den Anhänger auf - obwohl gar keinen Anhänger angekoppelt ist. Aber am liebsten macht es Geräusche: Gelegentlich fängt irgendein Teil hinter dem Armaturenbrett an zu schwingen. Irgendeine blöde Resonanz, die gerade bei den gängigen Geschwindigkeiten ihr Maximum hat. Mir bleibt dann nur die Wahl entweder die Geschwindigkeit zu erhöhen oder solange mit der Faust auf die Konsole zu donnern, bis die Resonanz aufhört. Letzteres funktioniert praktisch nie. Das kann mich zur Weißglut bringen, und mein Auto weiß das. Ich liebe dieses Auto. Es hat Charakter. Heute lasse ich mich nicht provozieren. Ich drehe das Radio auf volle Lautstärke und ignoriere einfach das sirenenartige Geheul der Öldruckwarnlampe. Mitten auf der Leopoldstrasse beginnen plötzlich alle vier Lautsprecher zu knattern wie ein Maschinengewehr, dann rülpst es noch einmal kräftig in den Subwoofern und es wird still. Alle Anzeigen am Radio sind erloschen. Ungläubig fummele ich an den Kontrollen, achte nicht auf den Verkehr und hätte beinahe eine Politesse auf die Haube genommen. Nichts. Das Radio bleibt tot. Nur noch das Gewinsel der Öldrucklampe quietscht irgendwo hinter dem Armaturenbrett. Täusche ich mich oder klingt das Gequiecke jetzt irgendwie anders als vorher? Triumphierend? Kaum bin ich in meinem Büro - ich habe noch nicht mal das erste Soundfile auf meine Workstation geladen - da wird auch schon die Tür aufgerissen. Der Chef. Vor 10 Uhr morgens. Das bedeutet etwas. "Ah, äh... Leisch. Gut, daß Sie schon äh... ja, äh... sozusagen...

hrm... " Der Chef starrt konzentriert auf die Decke und überhört meinen Morgengruß. "Es geht, äh... nur ein paar Worte... um den CIP-Pool-Antrag, ja... hrm... und natürlich auch um den... den... äh... den..." "Dings?" schlage ich vor. "... um den Dings-Antrag. Äh... ich meine... hrm... den... den WAP- Antrag." Nachdem das Wort endlich gefunden ist, holt der Chef tief Luft, streckt den Bauch raus und fährt fort: "Äh... dazu muß ich etwas ausholen, äh... damit Sie... hm... die Hintergründe... äh... auch verstehen, Leisch. Ja. Als ich 1972 an diesen Lehrstuhl berufen wurde, ..." Ich schalte die Ohren auf Durchzug und schiele unauffällig auf mein Computerdisplay. Ich schalte auf den alten DEC Trackball um, den ich unter meinem Schreibtisch installiert habe, so daß ich mit dem großen Zeh den Cursor bewegen kann, ohne daß der Chef es mitbekommt. "... als erstes... ähm... Institut der Universität eine... äh... hrm... PDP-11 angeschafft hatten... hrchhrm... und schon damals habe ich immer ­ auch gegenüber... ähm... dem Ministerium.... äh... betont..." Während der Chef in Erinnerungen schwelgt, checke ich meine Mailbox, lese drei Artikel in der USENET Gruppe 'de.alt.sexual.harassment', überprüfe die Backup-Protokolle von heute Nacht und greppe die Usermail der Studenten nach den Begriffen 'Sex', 'Liebe' und 'Schwanger'. Leider ist heute mal wieder überhaupt nichts Interessantes dabei. An der Intonation erkenne ich, daß der Chef langsam wieder aufs Thema zurücksteuert. "... hat dadurch... so gesehen... hrm... eine Tradition, die in unseren... äh... zukünftigen Bemühungen... Anstrengungen in der... ähm... Rechnertechnik gerecht... und deshalb müssen wir sowohl im... ähm... CIP- als auch im... äh... na... äh... WAP-Pool-Antrag darauf achten, daß... Auf jeden Fall sollten wir Herrn... äh.... Herrn... err... Herrn..." "Dings?" schlage ich vor. "... den Herrn Dings... Quatsch... den Herrn MAIER im... im REFERAT 8 oder 9 anrufen. Ja. Können Sie das alles in die... äh... Hand... hrm... Hand nehmen, Leisch?" "Selbstverständlich", sage ich und schließe per Zehklick den News Reader. Nachdem der Chef gegangen ist, rufe ich vorne bei Frau Bezelmann an und lasse mir alle Informationen durchgeben, um die es wirklich geht. Dann rufe ich im REFERAT 5 an und lasse mir FRAU MÜLLER geben. "Ja, also", sage ich mit unsicherer Stimme, "Sie müssen schon entschuldigen, aber ich bin in diesen bürokratischen Dingen schrecklich ungeschickt. Aber Sie können mir ja sicher helfen..." Frau Müller muß ein absoluter Frischling im Referat 5 sein, denn sie versichert glaubhaft, daß sie MICH, den BAFH, in allen Dingen tatkräftig unterstützen werde.

Ich solle sie nur FRAGEN. AUSGEZEICHNET! "Gut", sage ich, "also, es geht um diesen Computerantrag..." "CIP oder WAP?" fragte die Frau Müller geschäftstüchtig. "Ja, CIP, glaube ich...", ich raschele heftig mit der Pornogeschichte, die ich mir gerade aus dem USENET geholt und ausgedruckt habe, "... ah, ja, da ist es ja. Genau, CIP heißt das Ding. Also wir hatten 13 Rechner beantragt, aber hier auf dem Bestätigungsschreiben ist immer nur von 3 Rechnern die Rede..." Frau Müller seufzt unterdrückt und beginnt mir ausführlich zu erklären, daß die Anzahl der zu beantragenden Rechnerplätze von der Zahl der Hauptfachstudenten abhänge. Und da in unserem Fach im Schnitt nur vier Hauptfachstudenten pro Semester gemeldet seien, blabla usf. "Soso, aha. Ja, ich glaube, ich verstehe", sage ich mit erstauntem Tonfall. "Aber wir haben doch nicht vier sondern etwa dreissig Hauptfachstudenten...." (Klickerdiklackerdiklick + zuupf) Verblüfftes Schweigen an anderen Ende. Aber Frau Müller faßt sich rasch wieder. Wozu hat man einen Computerkurs gemacht? Wozu hat man das neue Studenten-Verwaltungssystem, SVS genannt? "Augenblick", sagt sie souverän, "ich schaue schnell mal im SVS nach; dann haben wir sofort die aktuellen Zahlen." Klickerdiklackerdiklick + zuupf höre ich sie durchs Telefon. "Aber... aber... das verstehe ich nicht", stammelt Frau Müller. "Äh, wie meinen Sie?" frage ich scheinheilig. "Da sind tatsächlich dreissig Hauptfachstudenten im SVS eingetragen. Aber ich bin ganz sicher, daß letzte Woche..." "Nun ja, das kann ja so leicht passieren", sage ich und logge mich aus dem Superuser-Mode des SVS wieder aus. "Sie haben ja sicher soviele... äh... CIP-Anträge auf dem Schreibtisch. Da kann man sich schon mal um eine Stelle irren, nicht wahr..." "Ich versteh' das nicht", mümmelt Frau Müller ins Telefon. "Nun grübeln Sie mal nicht zuviel darüber nach", sage ich im kollegialen Tonfall. "Es ist ja noch nicht zu spät, nicht wahr? Ich schicke ganz einfach die Unterlagen an Sie zurück, und Sie korrigieren einfach die Anzahl der Rechner..." Frau Müller ist mit allem einverstanden.

So, bevor ich mir WAP vornehme, muß ich noch meine Hausaufgaben erledigen.

Ich hänge eine Ankündigung an die Tür des Hörsaals, daß meine Vorlesung heute

wegen akuter Mauspad-Allergie ausfallen wird, und setze mich an den Mac.

Photoshop, eine alte Kopie unseres Raumplans, Scanner, eine Büchse Cola.

Zwei Stunden später lasse ich mich von Frau Bezelmann mit Herrn Fauldobler im

Referat 5 verbinden. Der Herr Fauldobler ist zuständig für WAP und kennt mich

schon von früher. Daher muß auch Frau Bezelmann die Verbindung herstellen;

wenn ich selber nach ihm frage, ist er garantiert 'gerade eben nicht im Büro'. "Ja, hallo?" meldet sich der ahnungslose WAP-Bürokrat. "Ja, grüß Gott, Herr Faultier. Ich rufe an wegen dem WAP-Antrag, den wir gerade für unser Institut laufen haben..." "Fauldobler", unterbricht mich der Selbnamige. "Mein ich ja, Herr Fauldobler. Ja, also es geht um unseren WAP- Antrag." "Haben Sie..." "Ja, ich habe Ihren Brief erhalten. Aber ich verstehe nicht ganz, was Sie mit 'raum-kausaler Insuffizienz' meinen?" Herr Fauldobler erklärt mir schadenfroh, daß der Antrag von dreizehn Indigo Workstations auf zwei gekürzt wurde, weil unser Institut keine 13 Arbeitsplätze nachweisen könne. "Sie haben zwar im Moment genügend Mitarbeiter für den Antrag", erklärt Herr Fauldobler, "aber wenn Sie nicht nachweisen können, wo die Maschinen aufgestellt werden sollen, geht der Antrag leider nicht durch." Die Häme trieft ihm aus allen Wörtern. Fauldobler hat früher in der RKFH gearbeitet, bis er wegen Nervenzusammenbruchs ins Referat 5 versetzt wurde. Ungefähr zur gleichen Zeit gab es einige äußerst komplizierte Reisekostenabrechnungen von mir, die angeblich in irgendeinem kausalem Zusammenhang mit Fauldoblers Schwierigkeiten standen. Offensichtlich hat er dies immer noch nicht ganz verwunden. "Aha, ja. Jetzt verstehe ich, Herr Faultier..." "Fauldobler!" "... Herr Fauldobler, nein wie dumm von mir. Ich sehe gerade, daß ich ja ganz vergessen habe, die neuen Projekträume für das ASPARAGUS-Projekt mit anzugeben." "ASPARAGUS?!" "Ja, der neue SFB der DFG, gerade erst genehmigt. Dafür haben wir die bisher nicht genutzten Räume 277, 278, 291 und 293 vorgesehen. Die könnten wir doch dann für den WAP-Antrag nutzen, nicht wahr? Die meisten Mitarbeiter werden sowieso in ASPARAGUS arbeiten..." Ich höre, wie Fauldobler in seinen Raumplänen wühlt. Er hat sich also schon Kopien gemacht, der Schlawiner, um auf meine Einwände vorbereitet zu sein. Na, warte! 10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3 ,2 ,1... "Aber... aber ich finde gar keine Räume mit diesen Nummern auf meinem Plan....", sagt er. BINGO! "Nicht?! Ja, dann haben Sie vielleicht noch die Pläne von VOR dem Krieg. Warten Sie, ich faxe Ihnen die aktuellen Pläne mal gerade hinüber...." Fünf Minuten später läutet wieder das Telefon. Fauldobler ist geradezu zerknirscht. "Also, ich weiß nicht was ich sagen soll. Sie haben natürlich recht gehabt. Wenn Sie diese Räume für den WAP nutzen wollen, können wir den Antrag so weiterreichen....

Seine Stimme klingt enttäuscht. Fast tut er mir leid. Bürokraten zu vera...... ist leichter, als der doofen Dogge vom Hausmeister einen Knochen zu klauen. "Ausgezeichnet", sage ich, "ich bin froh, daß wir alles so schnell klären konnten, Herr Faultier. Auf Wiederhören." "Fauldobler", murmelt er noch, bevor ich auflege. Ich bin gespannt, ob Fauldobler jemals auffallen wird, daß die Räume 277, 278, 291 und 293, so wie ich sie in den Plan retuschiert habe, im zweiten Stock frei über der Schellingstrasse schweben, über die er jeden Morgen zur U-Bahn geht. Wahrscheinlich nicht. Ebensowenig wie er merken wird, daß es natürlich auch keinen SPARGEL-Sonderforschungsbereich der DFG gibt. Aber Bürokraten können eben nicht alles wissen... TEIL 19

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Es regnet. Es schüttet geradezu. Der Wettermann im Radio ist der Meinung, daß es 'für diese Jahreszeit zu kalt' sei. Der Akku im Rasierapparat ist leer, und ich kann das Kabel zum Aufladen nicht finden. Mein rechter Weisheitszahn ist wieder entzündet und pocht vor sich hin. Im Radio spielt jemand Variationen zu Chopins 'Trauerweide', und als ich den ersten Schluck Kaffee nehme, merke ich, daß ich Zucker mit Salz verwechselt habe. Es ist so perfekt, daß ich ein Lächeln nicht unterdrücken kann. Es ist MONTAG, der DREIZEHNTE. Im Büro schalte ich den PC erst gar nicht ein. Auf meinem Linux häufen sich schon genug Schadensmeldungen. Eine Workstation hat sich um 0:07 Uhr mit Platten-Crash verabschiedet. Das Subnetz im großen Labor ist heute morgen bereits zweimal abgestürzt; wahrscheinlich wieder ein Wackelkontakt im CheapWire. Als ich sehe, daß heute Nacht sämtliche Backups wegen Netzversagens fehlgeschlagen sind, kann ich ein irres Lachen nicht mehr unterdrücken. Frau Bezelmann, die gerade mit vorgestrecktem Kopf unter der durchsichtigen, triefenden Plastikhaube neugierig in mein offenes Büro linst, weicht erschrocken zurück. Ich höre, wie sie weiter in Richtung Sekretariat stöckelt und die Türe öffnet. Dann ­ ein spitzer Schrei, ungefähr im zweigestrichenen D. Ich sprinte durch den Gang nach vorne, stolpere über einen Karton Kopierpapier, den irgendein Idiot mitten in den Gang gestellt hat, und krache beinahe mit der Nase in den Kopierer. Fluchend schubse ich den Karton zur Seite und humpele weiter in Richtung Sekretariat. Frau Bezelmann steht inmitten eines wüsten Chaos von Papier, Akten, Schreibutensilien und sonstigem Kram und streichelt Nero, der auf ihrer linken Hand sitzt, über den kahlen Kopf. Ich pfeife anerkennend durch die Zähne. "Wie ist er denn da 'rausgekommen?" frage ich und hebe den total zertrümmerten Vogelkäfig auf. "Wer?" faucht Frau Bezelmann und schaut mich giftig an. Zum ersten Mal fällt mir auf, daß ihre gelbe Augenfarbe ziemlich genau mit der des Raben übereinstimmt. "Nero. Ich hätte nie gedacht, daß ein Rabe so eine Verwüstung anrichten kann..." Frau Bezelmann und der Rabe funkeln mich wütend an.

"Das waren Einbrecher", zischt Frau Bezelmann. "Nero hat sie in die Flucht geschlagen." Sie deutet zum Beweis auf die große Blutlache an Boden. Der Rabe krächzt zustimmend. Jetzt erst bemerke ich, daß sein großer Schnabel mit getrocknetem Blut verkrustet ist. "Aber...", beginne ich, als Frau Bezelmann sich plötzlich bückt.

"Hier ist der Beweis", verkündet sie triumphierend und hält mir ihren Fund

unter die Nase. "Nero ist schon immer zuerst auf die Optik losgegangen. Ein

erfahrener Kämpfer."

Ich fühle plötzlich, wie mein Frühstück verzweifelt einen Ausgang aus meinem Magen sucht. Auf der faltigen grauen Handfläche liegt ein schillerndes Glasauge und starrt mich aus großer Pupille an. Was für ein Pechvogel, denke ich. Ausgerechnet am Montag den Dreizehnten ein Büro knacken, in dem sowieso kein Pfennig zu finden ist. Und dann trifft er auch noch auf diesen Killerraben. Auf dem Gang ertönt ein erschrockener Aufschrei gefolgt von einem lauten Scheppern und Krachen. Ich springe zur Türe. Der Chef hängt halb auf dem Kopierer, die Brille verrutscht, und klammert sich an der Bedienungskonsole fest. Der Kopierer reagiert mit massenweisem Ausstoß von weißen Papier. "Oh... äh... ich muß... äh... muß gestolpert sein..." Der Chef rappelt sich auf und schaut sich kurzsichtig um. "Ah, wie dumm von mir... äh... nur ein Karton mit... mit... äh... mit Kopierpapier, ja." Der Chef schiebt den Karton ordentlich zur Wand und kommt zu uns ins Sekretariat. Als er in der Tür steht und das Chaos erblickt, schnappt er nach Luft. Frau Bezelmann beginnt, aufgeregt von Neros Heldentaten zu berichten. Währenddessen schiebe ich mich unauffällig an der Wand entlang zur Türe, um zu verschwinden, bevor mir noch irgendwelche Aufräumarbeiten aufgehalst werden können. Als ich zurück zu meinem Büro eile, stolpere ich wieder über etwas. Es ist ein Kopierkarton. Ich schiebe den Karton unter den Kopierer, als mir plötzlich ein Verdacht kommt. Ich gucke unter den Kopierer: nur ein Karton steht da. Seltsam. Ich hätte schwören können, daß ich den gerade vorher erst aus dem Weg geräumt hatte. Zögernd gehe ich weiter. Als ich um die erste Ecke gebogen bin, bleibe ich nachdenklich stehen. Youngs Gesetz der Autokinese kommt mir in den Sinn: "Alle unbeseelten Gegenstände können sich soweit selbstständig bewegen, daß sie einem im Weg sind." Ich gucke vorsichtig um die Ecke. Mitten im Gang steht der Karton mit Kopierpapier. Na warte, denke ich. Montag der Dreizehnte hin oder her, man muß sich ja nicht alles gefallen lassen!

Ich besorge mir Teppichklebeband aus der Werkstatt und mache mich daran, den widerspenstigen Karton unter dem Kopierer auf den Fußboden zu kleben. Plötzlich merke ich, daß jemand neben mir steht und mir zuguckt. Es ist Marianne. "Was MACHST du denn da?" fragt sie entgeistert.

"Ich sichere den Karton gegen Diebstahl", sage ich ruhig.

Marianne brütet eine Weile über dieser Auskunft. "Aber", wendet sie schließlich messerscharf ein, "man kann doch das Papier trotzdem klauen, auch wenn der Karton am Boden festgeklebt ist..." "Ich sagte ja auch nicht, daß ich das Papier sichern will, sondern den Karton", erkläre ich und stehe auf."Es macht ja wohl auch wenig Sinn, das Papier am Boden festzukleben, oder?" Marianne guckt mir verwirrt hinterher, während ich in mein Büro zurücktrotte. Kleine Geister, denke ich verächtlich. Was wären sie ohne mich? TEIL 20

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Heute bin ich zornig und brüte in meinem Büro vor mich hin. Nicht daß ich grundlos zornig bin, oh nein. Es gibt für alles einen Grund. Der Postmaster vom Rechenzentrum hat entdeckt, daß ich seinen Mailer durch ein Trojanisches Pferd ersetzt habe, um ungestört Usermail lesen zu können. Jetzt komme ich nicht mehr so leicht an die mails der Studentinnen ran, und außerdem muß ich auch noch befürchten, daß er meinen Spuren bis hierher folgen wird. Dazu kommt noch, daß der Chef wieder ein unsinniges Projekt an Land gezogen hat, das nur Arbeit und wenig Dienstreisen verspricht. Und als absolute Krönung ist mir der Yoghurt ausgegangen, mit dem ich bei schönen Wetter die Studenten vor meinem Fenster zu beschießen pflege. Mein Stimmungsbarometer ist auf dem absoluten Tiefstpunkt angelangt. Nietzsche muß man lesen, wenn man zornig ist; er ist bestimmt nichts für

harmonische Stunden. Aber wenn man so zornig ist wie ich jetzt, liegt er genau

richtig. Außerdem bringt er einen auf gute Ideen.

Ich schlage das Buch der Bücher aufs Geratewohl irgendwo im ersten Drittel auf.

Den Zarathustra kann man nicht linear lesen; das Buch schreit nach Chaos, also lese

ich es nach dem Random-Prinzip.

' "Der Mensch ist böse" - so sprachen mir zum Troste alle Weisesten.

Ach, wenn es heute nur noch wahr ist!

Denn das Böse ist des Menschen beste Kraft.

"Der Mensch muß besser und böser werden" - so lehre ich.'

Ganz in meinem Sinne. Gerade in diesem Moment läutet das Telefon. "Ja?" melde ich mich hyperfreundlich. "Ähm, ja, ich weiß nicht, ob ich bei Ihnen richtig bin, aber ich habe ein Problem..." "Aber sicher doch", sage ich beruhigend, "sowas kann nun mal passieren. Haben Sie schon mit dem Kindsvater darüber gesprochen?" "Häh? Mit dem Kindsvater? Wieso? Ach nein, ich habe ein Problem mit meinem Rechner... "Ah, dann sind Sie hier falsch. Das hier ist die Schwangerschaftsberatungsstelle. Warten Sie, ich verbinde Sie mit der Uni-Hotline..." Ich drücke auf die Erdtaste und warte zwei Sekunden. "Uni-Hotline, guten Tag?" "Ja, äh, hallo. Ich habe ein Problem mit meinem Word."

"Ja?"

"Ja. Also, ich habe jetzt meinen Text eingetippt und versucht, ihn

abzuspeichern, aber irgendwie macht er das nicht..."

"Verwenden Sie WinWord?"

"Äh, wie bitte? Es tut mir leid, aber der Rechner gehört mir nicht und ich

kenne mich nicht besonders gut aus..."

"Ist das ein Pentium mit Windows?" frage ich mit Engelsgeduld.

"Ja, ich glaube..."

Bestens. Da war doch irgendetwas mit WinWord in den letzten News. Ich browse schnell durch meine Datenbank. Ah, da ist es ja! "Wie fängt denn der Text an, den Sie geschrieben haben? Ich meine, wie lautet das erste Wort?" "Das erste Wort? Ja, also die Überschrift lautet: 'Diplomarbeit im Fach..." BESTENS. "Ah, ja. Ich glaube, ich weiß, wo das Problem liegt. Ich habe hier eine Meldung vorliegen, daß WinWord in ganz seltenen Fällen auf Pentium nicht mehr speichert, wenn das erste Wort nicht mit 'Realität' anfängt." "WIE BITTE?" "Ja, spassig nicht wahr? Es hat wohl irgendetwas mit dem intermodulierten Super-Cache zu tun, den WinWord zum effizienteren Crossword-Checking im Lingo-Mode verwendet." "Aha..." DUMMY MODE ON "... und was soll ich jetzt tun?" "Ganz einfach: Geben Sie vor der Überschrift noch das Wort 'Realität' ein und versuchen Sie erstmal die Rechtschreibkontrolle. Dazu müssen Sie die kleine Lupe in der Kopfleiste anklicken." tippiditippiditippclack ... 4 Sekunden Stille. "Aber... aber jetzt ist der Schirm plötzlich dunkel geworden, und der Rechner macht komische Geräusche, und es kommt so eine komische Meldung 'AMIBIOS'..." "Das ist ganz normal", sage ich, "das macht WinWord immer, wenn es automatisch abspeichert. Sie haben von ihrem Text doch hoffentlich Sicherungskopien gemacht?" "Äh, von dem noch nicht. Den habe ich ja gerade erst eingetippt. Aber die anderen Kapitel, die habe ich auf Diskette..." "Auf Ihrem Schirm müßte doch jetzt ganz unten 'C:>' stehen, nicht wahr?" "Ja..." "Das bedeutet, daß WinWord Ihnen nun Gelegenheit gibt, Ihre Disketten aufzufrischen. Sie wissen doch, daß Disketten nur eine begrenzte Haltbarkeit haben, oder?" "NEIN?!" "Doch, doch. Wenn Sie Pech haben, ist plötzlich nichts mehr lesbar.

Sie müssen die Disketten regelmäßig auffrischen, im Computer-Slang heißt

das 'Formatieren'. Dazu dient dieser schwarze Schirm, den Sie jetzt sehen.

Legen Sie die Diskette ein und tippen sie 'format a:' ein.

Dann drücken Sie immer 'Return'."

"Ähm, ok."

"Frischen Sie regelmäßig Ihre Disketten auf; das ist genauso wichtig wie das

Sichern selbst."

"Ok, danke vielmals."

"Keine Ursache. Wir müssen uns alle helfen, nicht wahr?"

Nachdem ich aufgelegt habe, geht es mir etwas besser. Etwa 20 Prozent meines Zorns sind abgebaut. Ich warte ein Weilchen, aber das Telefon läutet nicht wieder. Also fahre ich die Schutzschilde aus und greife wieder zu meinem Zarathustra. 'Was von Weibsart ist, was von Knechtsart stammt und sonderlich der Pöbel-Mischmasch: das will nun Herr werden alles Menschen- Schicksals - o Ekel! Ekel! Ekel!' Ich runzele die Stirne. Vielleicht sollte ich mir wirklich von Frau Bezelmann nicht dauernd auf der Nase herumtanzen lassen? Und der 'Pöbel-Mischmasch', das können nur die Studenten sein! Ich werde in der nächsten Zwischenprüfung mal andere Töne anschlagen, ha! Ich schlage das Buch weiter vorne auf. 'Und wer ein Schöpfer sein muß im Guten und Bösen: wahrlich, der muß ein Vernichter erst sein und Werte zerbrechen.' Apropos zerbrechen. Ich gehe in die Werkstatt und borge mir eine Metallsäge. Damit bewaffnet gehe ich in den verwaisten Biergarten und säge in aller Ruhe ein paar Stuhlbeine an. Der Hausmeister hat nämlich dummerweise bemerkt, daß ich vor ein paar Wochen die Schrauben an den Biertischbänken gelöst hatte, und sie wieder angezogen. 'Wer ein Schöpfer (von köstlichen Situationen) sein muß im Guten und

Bösen :

wahrlich, der muß erst ein Vernichter sein und Bänke sägen.'

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Ich sitze in meinem Büro und grüble über dem Sinn meines Daseins als B.A.f.H. nach. Nicht daß das ein ungelöstes Problem darstellen würde. Oh, nein! Hier steht es schwarz auf weiß im 'Kompendium für den Feldeinsatz als Bastard X', Kapitel I 'Allgemeines', Unterpunkt 3 'Sinn des Daseins als Bastard X from Hell', Absatz 2: 'Der hauptsächliche Daseinszweck des Bastards X ist es, den in der Schöpfung bedauerlicherweise allenthalben vorhandenen Asymmetrien von Gut und Böse geeignet entgegenzuwirken.' So steht es hier, und ich sitze und grüble darüber. Weiter hinten in Kompendium wird das mit den Asymmetrien anhand von Beispielen noch etwas erläutert: das Verhältnis von Sonnen- zu Regentagen; Materie, aber praktisch keine Antimaterie; die Form Afrikas; das Verhältnis von leuchtender Masse zu dunkler Masse in Universum; Rechts- und Linksverkehr; die Bewegung der Planeten um die Sonne; der Blinddarm und die Milz; Gehälter von Professoren und von Assistenten - alles Pfuschereien in der Schöpfung. Wenn man auf unsereins gehört hätte - aber das war damals auch schon nicht anders

als heute: wer hört schon auf die Vernünftigen, frage ich Sie - wenn man also

damals auf unsereins gehört hätte, dann wäre jetzt die Schöpfung um einiges

symmetrischer angelegt.

Weg mit der schwachen und starken Kernkraft, die nur die ganze Physik versauen.

Gravitationswellen, Quantenmechanik, du lieber Himmel! Alles völlig überflüssig,

wenn man sich anfangs nur mehr Gedanken gemacht hätte. Dann gebe es jetzt auch

ein vernünftiges Verhältnis von Guten und Bösen. Schön symmetrisch, verstehen

Sie?

Aber nein! Es muß ja alles huschhusch in sieben Tagen erledigt sein, nicht wahr?

Damit es später dann im Buch der Bücher wie eine besonders titanische Leistung

dargestellt werden kann. Pfusch!

Unsereins hat das schon damals gewußt, aber was hilfts? Jetzt müssen wir schauen,

wie wir damit fertig werden. In der Physik, da kann man nicht mehr viel machen.

Ist gelaufen! Hoffnungslos! Oder können Sie uns einen Tip geben, wo wir die ganze

überflüssigen Neutrinos hinpacken sollen? Na bitte!

Bleibt also noch die Moral, der Charakter. Das war auch so ein gefühlsduseliger

Unsinn. Lauter nette Leute sollten es werden, und was dann? Wie soll das enden!

Haben Sie schon mal einen Verein zufriedener Kleingärtnerverbandsmitglieder

gesehen, die was voran gebracht haben? Die Unzufriedenen sinds, die was bewegen! Oder glauben Sie vielleicht, die Spülmaschine wurde von einem erfunden, der voll und ganz mit seinem Weltbild zufrieden war? Aber gemerkt haben die sauberen Herrschaften aus den oberen Etagen das erst, nachdem die Neanderthaler einige zehntausend Jahre zufrieden in ihren kalten Höhlen gesessen und an ungekochten Jamwurzeln genagt hatten - und immer noch keinerlei Anstalten gemacht hatten, auch nur ansatzweise etwas so Fortschrittliches wie eine Spülmaschine anzugehen. Also wurde unsereins zähneknirschend beauftragt, ein wenig Schwung in die Sache zu bringen. Stellen Sie sich das bloß nicht so leicht vor! Denn jetzt kommt wieder die Asymmetrie ins Spiel: das Verhältnis von guten zu bösen Menschen ist selbst nach Jahrtausenden immer noch katastrophal. Folglich müssen ich und alle meine Kollegen, die Bastard Secretaries, die Bastard Bürohengsts, die Bastard Operators, und wie sie alle heißen, wir alle müssen für zwölf schuften, um das Ungleichgewicht auch nur einigermaßen in den Griff zu bekommen. Wie gesagt: Glauben Sie ja nicht, daß das eine leichte Aufgabe ist! Gut zu sein ist einfach. Das Prinzip Neanderthaler funktioniert auch heute noch prima: Laßt uns einfach die Hände in den Schoß legen und vergeßt bloß die Spülmaschine, dann wird schon alles gut! Schlecht zu sein dagegen erfordert Phantasie, ständige Wachsamkeit, Flexibilität, ... Das Telefon klingelt. Das bedeutet, daß der bescheuerte Techniker schon wieder die Orginal- Software in unsere ISDN-Anlage eingespielt hat. Meine Version der Software leitete nämlich zur Zeit alle Anrufe, die an meine Nebenstellennummer gerichtet sind, an eine einschlägig bekannte Nummer auf den Philippinen weiter. Ich hebe ab. "Ja?" "Hallo, spreche ich mit Herrn Leisch?" sagt sie an anderen Ende. "Ja", sage ich. "Mein Name ist Hinterhuber von der Agentur Weissois in München. Wir machen eine repräsentative Telefonumfrage zur Ermittlung von Einschaltquoten. Wären Sie bereit, mir einige Fragen zu beantworten?" "Ja", sage ich, genau mit den drei Sekunden Verzögerung, die Frauen wahnsinnig machen kann. "Äh, gut. Zunächst..." "Wie halten Sie das eigentlich mit dem Datenschutz?" unterbreche ich sie. "Datenschutz?" "Ja. Ich möchte wissen, wie Sie dafür sorgen, daß mein Name nicht nach Ihrer Befragung in allen möglichen Adreßdateien landet." "Nun, äh... unsere Befragungen sind natürlich immer anonym", sagt sie. "Dann möchte ich mal wissen, woher Sie meinen Namen kennen", sage ich.

Das bringt sie etwas aus der Fassung. "Natürlich kenne ich Ihren Namen. Ich hab Sie ja gerade angerufen." "Eben", sage ich, "folglich bin ich für Sie bereits nicht mehr anonym." "Aber... aber ich vergesse das doch gleich wieder... ich wollte sagen, Ihr Name wird doch nirgends festgehalten..." "Sie wollen also damit sagen, Sie haben mich einfach blind aus dem Telefonbuch herausgepickt, ohne daß mein Name und meine Telefonnummer irgendwo notiert worden wären?" "N...nein. Ich habe schon eine Liste", gibt sie zögernd zu. "Schließlich sollen die Befragten ja repräsentativ sein..." "Na, bitte!" "Aber mit der Telefonnummer kann man doch noch nicht viel anfangen", versucht sie sich bei mir wieder einzuschmeicheln. "Dann geben Sie mir mal Ihre", antworte ich unbeeindruckt und schiebe die D1 ins CDROM-Laufwerk. "Wie bitte?" "Geben Sie mir Ihre Telefonnummer. Wenn man damit nichts anfangen kann, können Sie mir doch bedenkenlos Ihre Privatnummer geben, oder?" Jetzt ist sie in der Zwickmühle. Einerseits würde sie jetzt lieber abbrechen, andererseits... "Na gut", sagt sie. "6745987." "Hm. Aha, Roswita, kein schlechter Name. Auch keine schlechte Wohngegend. Grünwald, Ludwig-Thoma-Straße 45. Tststst. Können Sie sich das vom Gehalt einer Telefoniererin leisten? Ah, wahrscheinlich wohnen Sie noch bei den Eltern. Hier ist ja noch ein Hermann Hinterhuber eingetragen, soso, Industrieller. Das die Leute sich das heute noch trauen..." Sie schnappt hörbar nach Luft, aber sie fängt sich auch schnell wieder: "Also gut! Es gibt keinen absoluten Datenschutz. Wollen Sie das hören? Sie müssen uns halt vertrauen, daß wir Ihre Daten nur anonym weitergeben, oder Sie machen die Befragung halt nicht mit; das ist ja ihr gutes Recht." "Hm. Ok, ich mach' trotzdem mit", sage ich. Sie atmet auf. "Also, zunächst ein paar allgemeine Fragen: wie oft sehen Sie eine Nachrichtensendung, eine Sportsendung oder eine Talkshow. Es gibt dazu vier Kategorien: täglich, mehrmals im Monat, einmal im Monat, weniger als einmal im Monat ." "Hm... also lassen Sie mich mal nachdenken. Nachrichtensendung, tja... ich würde sagen... wie waren nochmal die Kategorien?" Sie betet sie mir noch einmal vor. Die Geduld mancher Leute ist wirklich erstaunlich. "Aha. Ja, also Krimis sehe ich eigentlich..." "Krimis waren gar nicht gefragt." "Oh... äh, was war nochmal gefragt?"

"Nachrichtensendungen..."

"Richtig. Die beiden verwechsele ich immer. Also Nachrichtensendungen...

Nachrichtensendungen... also ehrlich gesagt, ich kann mich an keine

erinnern. Sagen wir also mal: weniger als eine im Monat."

"Sind Sie sicher?" kommt es durch die Leitung.

"Absolut", antworte ich, "und Sport und Talkshows habe ich noch nie

gesehen."

Frau Hinterhuber muß das erstmal verdauen. Dann sagt sie: "Na schön. Dann können wir einige Fragen gleich überspringen. Jetzt müßte ich wissen, wieviele Personen in Ihrem Haushalt leben und wieviele Fernseher in Ihrem Haushalt leben... Sie in Ihrem Haushalt haben, meine ich natürlich." "1 und 0", sage ich. "Wie bitte?" "1 Person und 0 Fernseher", erläutere ich genüßlich. Das ist wie ein weißer australischer Burgunder bei 12 Grad auf der Zunge. Frau Roswita Hinterhuber keucht hörbar ins Telefon. "Sie haben überhaupt keinen Fernseher?!" "Nein." "Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?!!" "Sie haben mich ja nicht gefragt. Äh... gehört das jetzt immer noch zu Ihrer Umfrage?" Als Antwort bekomme ich nur noch ein hartes Klicken. Gut. Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, also unsere Tätigkeit erfordert Phantasie, ständige Wachsamkeit, Flexibilität, ... TEIL 22

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Plimmelplumplimplum - plumplum. (männliche Stimme, markig, besorgt): "Sie kaufen ernährungsbewußt ein und wollen nur das Beste für Ihre Familie?" (weibliche Stimme, überrascht): "Aber ja." (männliche Stimme, noch besorgter): "Sie wissen, daß Schweinefleisch hormonverseucht ist und daß Rindfleisch möglicherweise BSE überträgt. Daß Hühnerhaltung Tierquälerei ist und Wild seit Tschernobyl überhaupt nicht mehr in Frage kommt. Also kaufen Sie jetzt nur noch australisches Emu- Fleisch?" (weibliche Stimme, unsicher geworden): "Richtig." (männliche Stimme, noch markiger, fast drohend): "Aber denken Sie auch an Ihre Schuhe!?" (weibliche Stimme, fassungslos, hilflos): "Meine Schuhe?" (erste Stimme aus dem OFF): "Was alle deutschen Hausfrauen wissen sollten: Bisher ist es der Wissenschaft nicht gelungen zu beweisen, daß BSE nicht auch durch das Tragen von Rindslederschuhen auf den Menschen übertragen werden kann, wenn das Leder von befallenen Rindern stammt. Schützen Sie sich und Ihre Familie mit den neuen BSE-Socks. BSE-Socks verhindern zuverlässig die Übertragung jeglicher Erreger vom Schuhleder auf das Hautgewebe des Trägers. BSE-Socks sind in allen Größen und vielen modischen Farben in allen Apotheken erhältlich. Also, gehen Sie kein Risiko ein! Besorgen Sie sich noch heute die neuen BSE-Socks - natürlich aus dem Hause London-BAFH!" (zweite Stimme aus dem OFF): "Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Ihren Schuster." Plimmelplumplimplum - plumplum.

(ohrenbetäubendes Kindergeschrei) (Kindergeschrei um 20 dB leiser, liebevolle weibliche Stimme aus dem OFF): "Kindergeburtstagsparty. Das kann schon an den Nerven zerren..." (Telefonklingeln und schimpfende Stimme in Telefonbandbreite) "...und an den Nerven der Nachbarn." (ohrenbetäubendes Kindergeschrei wieder 20 dB lauter) (schreiende weibliche Stimme aus dem OFF): "Wenn ich den Lärm nicht mehr ertragen kann, dann nehme ich einfach den neuen Pädosilencer von BAFH!" (platzendes Geräusch, wie wenn eine reife Wassermelone aus 4 Meter Höhe auf Stahlbeton fällt, ohrenbetäubendes Kindergeschrei schwillt nochmal um 20 dB bis zur Schmerzgrenze an und verstummt dann schlagartig) (Zerreissendes Papier, Schmatzen und Schnaufen) (männliche Stimme aus dem OFF): "Der neue Pädosilencer von BAFH ist immer zur Hand, wenn Ihre Nerven nicht mehr mitspielen. Er enthält genügend klebrige und mundfüllende Süssigkeiten für Gruppen bis zu 10 Kleinkindern und kann aus sicherer Entfernung geworfen werden. Der Inhalt wurde von namhaften Lebensmittelchemikern zusammengestellt. Wir garantieren mindestens elfeinhalb Minuten relative Stille nach Abwurf des Pädosilencers. Sie können ohne Bedenken bis zu 10 Pädosilencer pro Tag abwerfen. Besorgen Sie sich den neuen Pädosilencer, Ihren Nerven zuliebe." (anderer männlicher OFF): Unverbindliche Preisempfehlung nur 19 Mark 99 oder im preisgünstigen Sechserpack für nur 149 Mark 99 Plimmelplumplimplum - plumplum. "Ich bin zuhause, Liebling. Was gibt es denn heute? (männliche Stimme, erst im Hintergrund, dann in den Vordergrund kommend) "Oh, nein. Liebling. Schon wieder Mikrowelle?" (weibliche stark aspirierte Stimme aus dem OFF): "Er weiß noch nicht, daß ich die neue MikroMod von BAFH verwende. Was für ein Unterschied zur normalen, unmodulierten Mikrowelle! Hmm, dieser Duft. Und in der mitgelieferten Broschüre finden Sie zu jedem Gericht die passende Musikempfehlung. Einfach den Walkman oder die Stereoanlage an die neue MikroMod von BAFH anschließen und schon können Sie Ihre gewohnten Gerichte mit MUSIKMODULIERTER MIKROWELLE zubereiten. Sie werden staunen, was das für ein Unterschied ist!" (männliche Stimme, resigniert, genervt): "Und? Was gibt es heute wieder. Wiener Schnitzel. Hmm, aber das duftet ja... das duftet ja wie frisch zubereitet, Liebling. Das schmeckt ja, also einfach phantastisch! Aber ich habe doch gesehen, es kam aus der

Mikrowelle..." (weibliche Stimme, überlegen): "Ja, aber mit Mozarts kleiner Nachtmusik modulierter Mikrowelle, mit der neuen MikroMod von BAFH." (männliche Stimme, schmachtend): "Liebling!" (weibliche Stimme, zurückschmachtend): "Schatzi?!" (männliche Stimme aus dem OFF): "Überraschen auch Sie Ihren Mann mit musikmodulierten MikrowelleGerichten. Neu, von BAFH." Plimmelplumplimplum - plumplum. (Deutliche schnelle Schritte auf knarzendem Boden) (verhaltene männliche markante Stimme aus dem OFF): "In jedem Haushalt stehen wertvolle Dinge einfach so auf dem Fußboden. Wie leicht kann eine kleine Unachtsamkeit ziemlich teuer werden." (Lautes Klirren, wie wenn eine chinesische Vase aus der Mao-Zeit am Boden zerschellt, und ein entsetzter Schreckensruf im Hintergrund) (hellere männliche Stimme aus dem OFF, gleichzeitig wieder die Schritte im Hintergrund): "Beugen Sie dem vor! Besorgen Sie sich rechtzeitig den altbewährten StoStei aus Zentralalpengranit. Der traditionelle, formschöne und praktisch unzerstörbare StoStei der alteingesessenen Firma BAFH in Bozen wird einfach irgendwo in der Wohnung oder im Haus plaziert. Wir garantieren absolut zerstörungsfreies Stolpern über den StoStei. Andere, wertvollere Gegenstände Ihres Haushalts bleiben dadurch verschont, denn der StoStei zieht aufgrund seiner einzigartigen Form alle Stolperer automatisch auf sich. Den StoStei gibt es mit einer Werksgarantie von 403 Jahren in allen guten Fachgeschäften. Besorgen Sie sich den StoStei noch heute, damit es auch bei Ihnen eines Tages heißt:" (Schritte enden in dumpfen Rumpeln und ein schwacher Ruf des Erstaunens, weibliche erleichterte Stimme): "Ach, so ein Glück, Liebling! Es war nur der StoStei!" Plimmelplumplimplum - plumplum. (Lallendes Kleinkind im Vordergrund, Stimme des Vaters im Hintergrund). "Lallalllallallallallallallallallu!" "Corinna. Bitte geh nicht an die Stereoanlage." "Ollollollollillillillolollollo!" "Corinna! Was habe ich gerade gesagt. Du sollst nicht an die..."

(KRACKS! Das Geräusch, was entsteht, wenn ein Kleinkind das Cassettenfach eines 3000 Marks-Cassettenrecorders herausreißt.) "Uuuuuuäääääähhhhh!" "Corinna!!! Was habe ich dir gerade..." (Das Geschimpfe des Vaters untermalt mit Kleinkindersirene langsam in den Hintergrund) (weibliche Stimme aus dem OFF): "Wollen Sie es wirklich soweit kommen lassen? Soll auch ihr kleiner Schatz durch böse Worte und Verbote in seiner freien Entwicklung beeinträchtigt werden? Nutzen Sie lieber das Angebot der Spezialisten bei der Firma BAFH. Wir sind seit zwanzig Jahren auf kleinkindersichere Attrappen der modernen Unterhaltungselektronik spezialisiert. Bei uns bekommen Sie nicht nur Cassettenrekorder und Discplayer mit echten beweglichen Klappen und Reglern; nein, auch Videorekorder mit wunderbaren Einsteckschlitzen, in die Ihr kleiner Liebling alle seine winzigen Schätze stecken kann, ohne daß gleich der Haussegen schief hängt." (glückliches Kleinkindergekrähe im Hintergrund, die fröhliche Stimme des Vaters): "Haddu widda deine Keksi in den Video gesteckt? Eiteitei, was bist du für ein süßer kleiner Fratz, Corinna." (Stimme aus dem OFF): "Warten Sie nicht länger. Legen Sie dem Entwicklungsdrang ihres kleinen Lieblings keine Steine in den Weg. Rufen Sie uns an oder kommen Sie vorbei; wir beraten Sie individuell und kompetent." Plimmelplumplimplum - plumplum. (Schritte auf Asphalt, plötzlich ein schmatzendes Geräusch und ein unterdrückter Fluch, langsame tiefe Stimme eines Afroamerikaners aus dem OFF): "Das kann dem besten Fußgänger passieren: klumpiger, klebriger Hundekot an den Schuhen. Schützen Sie sich davor mit dem neuen ShitDetect von BAFH! Der kleine, unauffällige Sensor wird an der Schuhspitze angesteckt und warnt Sie zuverlässig mit lautem Pfeiffton vor jeder Ansammlung von Hundekot, der sich in der extrapolierten Bewegungsrichtung Ihres Fußes befinden sollte. Nutzen Sie die neueste NASA-Technologie, um sich peinliche Situationen zu ersparen! ShitDetect - aus den USA." Plimmelplumplimplum - plumplum. (Türenklappen, Jungenstimme, ca. 13 Jahre alt, Stimme der Mutter): "Hi Mom, ich bin daha!" "Liebling, denk bitte daran, die Schuhe auszuziehen - Oh, mein Gott! Liebling, deine Turnschuhe!"

"Aber Mom! Turnschuhe sind einfach cool! Alle tragen Turnschuhe!"

"Ja, Liebling. Aber der Geruch!"

(Männliche Stimme aus dem OFF): "SCHWEISSGERUCH! Nicht alle Menschen ertragen lächelnd den Duft, den die vor sich hinschweisselnden Turnschuhe unserer jungen Generation verströmen. Auch desodorierende Fußpuder oder Strümpfe helfen da nicht mehr! ABER JETZT GIBT ES DIE NEUEN TURNSCHUHE VON BAFH! In jedem Absatz dieser revolutionär neuen Sportschuhe befindet sich ein Container mit desodorierender Flüssigkeit und eine automatische Pumpe. Bei jedem Schritt wird automatisch über ein feines Kapillarnetz im Inneren des Sportschuhs eine winzige Menge des Deodorants über den ganzen Fuß verteilt. Die Folge: keine Ohnmachtsanfälle mehr beim Abstreifen der Schuhe, angenehmer Fichtennadelduft verbreitet sich, wenn Ihr Sprössling nach Hause kommt. BESORGEN SIE SICH NOCH HEUTE DIE NEUEN SPORTSCHUHE VON BAFH, BEVOR ES ZU SPÄT IST! Nur in gut sortierten Fachgeschäften und nur solange Vorrat reicht." Plimmelplumplimplum - plumplum. (Aufschließen und Öffnen eines Briefkastens, gemurmelte wütende Stimme): "Schon wieder alles voll mit Werbung!" (Briefkasten wieder zu, männliche Stimme aus dem OFF): "Geht Ihnen das auch täglich so? Der ganze Briefkasten angefüllt mit Werbung, die Sie gar nicht haben wollen? Und Ihr Hinweisschild 'Bitte keine Werbung einwerfen!' beachtet natürlich niemand?" (weibliche Stimme aus dem OFF): "Verzweifeln Sie nicht! Jetzt gibt es eine Lösung für dieses Problem!" (Fanfare) "NEU AUS DEN USA: MailProtector. Die ultimative Lösung gegen unliebsame Wurfpostsendungen." (männliche Stimme): "Der MailProtector ist genauso einfach zu installieren wie ein normaler Briefkasten. Oberflächlich sieht er auch genau so aus. Aber sobald sich eine Wurfpostsendung dem Einwurfschlitz nähert, macht der MailProtector die Schotten dicht." (metallisches Klirren und Schnappen) "Wie ein unbezwingbarer stählerner Kiefer schließt der MailProtector blitzschnell seine Einwurfklappe. Bereits eingeführte Teile der Wurfpost werden abgetrennt und gesondert entsorgt; ebenso etwaige abgetrennte Fingerspitzen. Daher auch keinerlei Geruchsbelästigung im Hausflur. Sie erhalten nur die Post, die Sie auch wirklich wollen."

(weibliche Stimme, begeistert): "Ihre Nachbarn werden Sie beneiden. Besorgen Sie sich den neuen MailProtector! Nur im Importhandel, nur bei BAFH, 78657Pforzheim!" Plumplum. TEIL 23

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Mit geschlossenen Augen taste ich nach dem heulenden Wecker, der sich irgendwie unter dem Lacken versteckt hat, und würge ihn ab. Noch fünf Minuten, nur noch fünf Minuten... Ok, noch bis halb, dann stehe ich wirklich auf... Naja, jetzt hab ich die Nachrichten eh schon verpasst, also bleibe ich noch bis viertel vor liegen. Schließlich raffe ich mit unmenschlicher Willensanstrengung auf und taste mich blind ins Badezimmer. Vor dem Spiegel zwänge ich das erste Mal die verklebten Augenlider auseinander. Als ich das vom Schlaf verquollene Gesicht mit den dunklen Ringen unter den Augen, die schlaff herunterhängenden zerdetschten schwarzen Haare und die bleiche ungesunde Haut erblicke, kommt mir das erste Mal das unangenehme Gefühl, daß hier irgendetwas nicht stimmt. Ich überlege angestrengt. Habe ich gestern wieder etwas angestellt, was ich wissen sollte, bevor ich im Büro auftauche? Ich kann mich nicht erinnern. Das unangenehme Gefühl bleibt, während ich kritisch die Fältchen um die Augen herum inspiziere und einen Mitesser von meinem Kinn entferne. Komisch. Naja, erstmal eine Dusche, dann sieht die Welt schon ganz anders aus. Gerade als ich die Proteinspülung im Haar habe, bleibt das warme Wasser plötzlich weg. Auf der Packung steht extra, daß man das Zeug nicht zu lange einwirken lassen soll, wenn man keinen Kahlkopf riskieren will, also spüle ich mir sinnlos vor mich hin fluchend mit eiskaltem Wasser die Haare aus. In Gedanken lasse ich den Hausmeister in der tiefsten Ebene auf kleiner Flamme schmoren. Beim Abtrocknen betrachte ich kritisch die ersten Stellen von Orangenhaut hinten an den Oberschenkeln. Die Oberarme haben auch keine rechte Form mehr und außerdem bin ich zu fett. Ich stelle mich seitwärts vor den Spiegel und ziehe den Bauch ein. Entsetzlich. Diesen Sommer werde ich mich auf Badeanzüge beschränken müssen. Der Busen und die Beine gehen ja noch. Haarentferner muß ich auch mal wieder besorgen. Wieder beschleicht mich das seltsame Gefühl, daß irgendetwas anders ist als sonst. So wie... wenn etwas fehlen würde. So, jetzt aber hopp; ich habe schon viel zu viel Zeit wieder vor dem Spiegel

verbracht. Haare föhnen, Gesicht reinigen, Zähne putzen, Tagescreme...

Sch....! Die Tagescreme ist alle und der Nachschub ist im Keller verstaut. Ich kann

unmöglich in dem Aufzug in den Keller gehen. Also kratze ich die letzten Moleküle

aus dem Töpfchen.

Dann stehe ich vor dem offenen Schrank und es kommt die tägliche Verzweiflung:

Einfach nichts zum Anziehen da. Das lila Kostüm habe ich vorgestern erst

angehabt, das graue gestern, zur weißen Hose habe ich keine passenden Schuhe.

Unmöglich. Die braune bestickte Weste mit der weißen Bluse darunter? Und dann?

Der weiße Rock ist in der Wäsche. Die mexikanische Jacke? Irgendwie zu kakelig...

Vielleicht ein Sommerkleid? Aber dazu ist es noch zu kalt. Ich wühle in meinen

Sachen und mir ist zum Heulen zu Mute.

Plötzlich muß ich innehalten. Irgendwie ist mir so, als ob ich heute Nacht geträumt

hätte, daß... Ach, Quatsch! Ich hab jetzt andere Probleme.

Ich entscheide mich doch für die weiße Bluse und die beige Weste aus Paris. Dazu

einfach eine Designer-Jeans, und damit basta.

Wieder im Bad. Himmel, schon gleich 9. Und ich hab noch nicht mal gefrühstückt.

Also jetzt schnell: ein wenig Makeup, ja nicht zuviel, Rouge, Augenbrauen

nachziehen, Eyeliner... Verdammter Mist! Wieso kleckst der blöde Eyeliner

plötzlich? Das hat er doch noch nie... Und mitten auf die weiße Bluse! Natürlich!

Wieder zum Schrank und nach was anderem Weißen gesucht. Da muß doch

irgendwo noch eine kurzärmelige Bluse... Ich kann sie nicht finden. Wütend zerre

ich an den Kleiderbügeln und plötzlich bricht die schon lange überlastete Stange

mit genüßlichem Knacken. Alle aufgehängten Kleidungsstücke ergießen sich in

einen chaotischen Haufen auf dem Schrankboden. Ausgerechnet jetzt!

Ich nehme eine dunkle Bluse, obwohl sich die mit der Hose nicht verträgt, und

knalle wütend die Schranktüre zu. Sie springt sofort wieder auf, aber das ist mir

inzwischen auch schon egal.

Wieder zurück ins Bad. Bloß nicht auf die Uhr schauen. Schnell noch die Haare.

Für eine gescheite Frisur bleibt heute eh keine Zeit mehr. Ich stecke mir nur die

Haare hoch. Aber es fehlen zwei Haarspangen. Ich bin mir ganz sicher, daß ich die

gestern hier in das kleine Tonkrügelchen gesteckt habe. Und wo sind die verd.....

Dinger jetzt?

Jetzt bloß nicht heulen, sonst verschmiert der frische Eyeliner wieder.

Völlig mit den Nerven fertig verlasse ich das Badezimmer und betrachte mich im

Spiegel auf dem Flur. Ich schaue entsetzlich aus! Irgendwie war das in meinem

Traum alles ganz anders gewesen, aber...egal, es ist sowieso schon zu spät

Für ein Frühstück bleibt mir keine Zeit mehr, nicht mal eine Tasse Kaffee gönne ich

mir. Ich schlüpfe in den Mantel und raus. Als die Tür hinter mir ins Schloß fällt,

merke ich, daß etwas Entscheidendes fehlt.

Richtig, die Schuhe. Ich stehe mit Nylons auf den kalten Steinfußboden des Flurs.

Wo zum Teufel sind die Wohnungsschlüssel.

Dann fällt mir ein, daß ich die gerade noch bei der Stereoanlage habe liegen sehen.

Ich lehne mich an die unerbittliche geschlossenen Wohnungstüre, schließe die

Augen und zähle langsam bis Zehn. Dann stürze ich auf Socken in den Keller; der

ist zum Glück nie abgeschlossen, weil niemand etwas Wertvolles darin aufbewahrt.

In einer Ecke meines Kellerverschlags finde ich, was ich suche: die alten Schuhe,

die ich eigentlich schon längst für die Altkleidersammlung aussortiert hatte. Ich

nehme ein Paar Pumps, die noch nicht gar so abgenutzt aussehen und renne zum

Auto.

Draußen ist Nieselregen und ich habe meinen Schirm nicht dabei. Das Auto springt

wieder mal nicht an. Hätte ich bloß endlich die Batterie auswechseln lassen. Schon

das letzte Mal, bei der Inspektion, hat der Mechaniker gesagt... egal. Keine Zeit

jetzt einen freundlichen Fahrer zu finden, der mir Starthilfe gibt. Zur U-Bahn also.

Der Nieselregen sorgt auf dem kurzen Stück bis zum U-Bahnschacht dafür, daß

meine sowieso mißlungene Frisur vollends dahin ist.

Die U-Bahn kommt gerade, als ich auf den Bahnsteig laufe. Sehr gut.

Erst als die Türen sich schmatzend hinter mir schließen, fällt mir auf, daß die

U-Bahn in die falsche Richtung fährt und ich kein Ticket gelöst habe.

Wenigstens bleibt es mir erspart, auch noch Strafe zu zahlen; kein Kontrolleur weit

und breit. An der nächsten Station steige ich aus, kaufe mir ein Ticket und steige in

die andere Richtung wieder ein.

Während der Fahrt zur Uni fällt mir siedendheiß ein, daß ich vielleicht den

Lockenstab nicht ausgeschalten habe. Zurückfahren? Kommt nicht in Frage! Dann

brennt halt die Bude ab!

An der Haltestelle Universität bleibe ich beim Aussteigen mit den alten Pumps im

Schlitz vor den Schiebetüren hängen und der Absatz geht ab wie Butter.

WAS ZUVIEL IST, IST ZUVIEL!

Ich sehe nur noch rot, packe den nächstbesten Passanten bei den Mantelaufschlägen und schreie ihm ins Gesicht: "WARUM - GEHT - BEI - MIR - HEUTE - ALLES - SCHIEF!!!" Dabei knalle ich seinen Hinterkopf im Takt der Worte an die U- Bahntüre. Plötzlich schrecke ich hoch. Ich bin in meinem Büro, der Hals ist steif und verrenkt,

weil ich den Kopf auf die Arme gebettet geschlafen habe.

Draußen, vor der angelehnten Türe, höre ich Mariannes durchdringende Stimme,

wie sie mit Frau Bezelmann redet:

"... glauben gar nicht, wie leicht so ein blöder Absatz einfach abgeht. Und ich stand da, mitten in der Fußgängerzone und keinen Absatz mehr und hätte eigentlich schon vor einer halben Stunde dort sein sollen. Mannomann. Haben Sie schon mal versucht, in Pumps ohne Absatz zu laufen? Ganz schöne Qual, kann ich Ihnen sagen. Und die Frisur war natürlich auch längst hin, wegen dem blöden Wetter..."

Hastig taste ich über mein Gesicht und meinen Körper. Ein Glück!

Alles wie gewohnt!

Ich stehe auf und schließe leise die Bürotüre.

Nichts gegen das weibliche Geschlecht, denke ich, während ich den Kopf diesmal

auf die andere Seite lege und wieder die Augen schließe, aber das mit dem Eyeliner,

das war vielleicht ein Alptraum!

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Es sind Semesterferien. Die Studenten aalen sich ausnahmsweise nicht vor der Cafeteria in der Sonne, sondern in Griechenland oder in Thailand oder wo sich die heutigen Studenten sonst in der Sonne aalen. Der Chef ist auf einer 'Vortragsreise' durch Südfrankreich; die meisten Kollegen nutzen die ruhigen Zeiten für intensive 'Heimarbeiten'. Folglich ist mir langweilig. Nicht mal ein klitzekleines Virus im PC- Labor! Completo pantalon muerto! Zu deutsch: total tote Hose! Ich browse gelangweilt durch die Weiten des Internets. Irgendwie stoße ich zufällig auf die Home Page eines Jazz Fanatikers in Albuquerque mit Hunderten - natürlich illegaler - Soundsamples. In der Seite über Chick Korea befindet sich - ich traue meinen Augen nicht - ein Link zur Scientology Sekte. Ich klicke mich gerade durch die einleitenden Seiten der Scientologen, als Frau Bezelmann anruft. Ob ich Nero für eine Stunde bei mir im Büro beherbergen könne. Sie müsse zum Arzt. Da ich sowieso nichts Besseres zu tun habe, erkläre ich mich bereit, den Monsterraben solange in meinem Zimmer zu dulden, vorausgesetzt, er ist sicher in seinem goldenen Käfig verwahrt. Schließlich habe ich keine Vorurteile gegen kahle Raben mit gelben Augen, auch wenn sie - wie Nero - ein wenig nach Moder und Gruft müffeln. Keine Minute später bringt Frau Bezelmann persönlich den Käfig herein. Ich stelle ihn meinem Schreibtisch gegenüber an die Wand, so daß Nero mir nicht über die Schulter schauen kann (man kann nie wissen), und sage zu Frau Bezelmann: "Na, dann viel Spaß im Fitnesstudio!" Ich weiß nämlich aus zuverlässiger Quelle, daß Frau Bezelmann seit neuesten

Karate lernt.

Frau Bezelmann preßt nur verächtlich die schmalen Lippen zusammen und

verschwindet mit laut klackenden Absätzen den Flur hinunter.

Ich schaue den Raben Nero an, und der Rabe Nero schaut mich an.

Nachdem wir uns zwei Minuten lang ohne zu blinzeln angestarrt haben, bekomme

ich ein leicht flaues Gefühl im Magen und wende gewaltsam meinen Blick von den

kleinen gelben Augen mit den stecknadelgroßen Pupillen.

Auf dem Display ist immer noch die Begrüßungsseite der Scientology Sekte in

Deutschland. Einer der Links verspricht ein 'umfassendes Psychogramm nach der

Oxford-Methode'. Natürlich völlig unverbindlich und kostenfrei. Selbst ein blutiger

Anfänger erkennt sofort, daß es sich um eine Bauernfängerei handelt.

Ich klicke die Seite an und überfliege das Formular. Ziemlich läppisch.

Die Intention der meisten Fragen ist sonnenklar. Fast noch primitiver als die

Psychotests in den Fernsehzeitschriften.

Ich will die Seite gerade verlassen, da fällt mein Blick auf Nero, der immer noch

aufmerksam jede meiner Bewegungen verfolgt.

Ich rufe das Formular nochmal auf und beginne zu tippen:

Vorname: Nero Nachname: Bezelmann Telefon: (Nach kurzem Zögern gebe ich

meine Büronummer ein) Adresse: (Ich gebe die Adresse des Chefs ein; der ist

sowieso auf Vortragsreise) Alter: 26 Geschlecht: Männlich Stand: Ledig

Jetzt beginnen die eigentlichen Fragen zum Psychogramm:

Ich schildere Nero als einen ziemlich verklemmten jungen Mann, der seinen Eltern

nie verzeihen wird, daß sie ihn nicht aufs Internat geschickt haben. Statt dessen

haben sie ihn zum Nesthocker erzogen.

Er raucht nicht, trinkt nicht, lacht selten und fällt nie jemandem spontan um den

Hals. Er hat einen regelmäßigen Job (nach dem Einkommen wird nicht gefragt!),

bekommt aber nicht die ihm zustehende Anerkennung. Er ist von einer weiblichen

(sic!) Vorgesetzten abhängig, die ihn in seiner Karriere behindert. Darüber hinaus

ist Nero fatalistisch, schaut seinem Gesprächspartner immer direkt in die Augen

und haßt spontane Ausflüge oder Besuche. Außerdem fällt es ihm schwer, mit

Fremden ins Gespräch zu kommen. Schließlich liebt er seine Arbeit, aber nicht

seine Mitarbeiter. Er geht äußerst ungern aus dem Haus und würde niemals

freiwillig in eine größere Wohnung umziehen.

Ich mache die Antworten so ehrlich wie möglich, und wo nicht möglich, runde ich

die Sache ein wenig ab. Dann lese ich das Ganze Nero vor und frage ihn, ob er

damit einverstanden sei.

Nero hat inzwischen begonnen, die spärlichen Brustfedern zu putzen, und beachtet

meine Frage mit keinem Blick. Statt dessen dreht er sich gemächlich auf seiner

goldenen Stange um und läßt etwas fallen.

Ich füge unter der Rubrik 'Sonstiges' noch ein: 'Habe eine Glatze und ständige

Verdauungsprobleme.' und schicke das Formular an den Rechner der Scientologen

in Berlin.

Keine zwei Wochen später klingelt das Telefon, und da ich gerade guter Laune bin,

hebe ich ab. "'llo?" sage ich, während ich die Pizza in die andere Hand jongliere und die Cola zwischen PC-Monitor und Videorecorder festklemme. "Hier spricht Miriam von der Dianetik-Gruppe Berlin. Wer ist da, bitte?" sagt eine energische weibliche Stimme, etwa 35, dunkelhaarig, mit leichtem Ansatz zum Oberlippenbart und Kontaktlinsen (eine genauere Analyse wird erst möglich sein, wenn sich digitales Telefonieren mehr durchgesetzt hat. Es lebe das ISDN!). "Hier bin ich", sage ich.

Im 'Ratgeber für effiziente Verhandlungen über das Telefon' steht ausdrücklich, daß man sich kurz und präzise ausdrücken und dem Gesprächspartner Gelegenheit zum Rückfragen geben solle. Das fördere den kommunikativen Prozess und führe zu beiderseitiger Befriedigung des angeborenen Bedürfnisses nach Anteilnahme und Feedback aus der Sprachgemeinschaft, oder so ähnlich. "Und wer sind Sie?" fragt sie.

"Ich bin ich. Sie müssen doch wissen, wen Sie anrufen wollten."

"Sind Sie Herr Bezelmann? Nero Bezelmann?"

"Nein. Der ist gerade nicht in seinem Zimmer."

"Ah. Wie schade. Wann..."

"Ich glaube, er ist gerade mal wieder bei seinem Therapeuten."

"Therapeuten?" Die weibliche Stimme klingt auf einmal sehr interessiert.

"Ja. Wissen sie, Nero hält sich seit frühester Kindheit konsequent immer nur

in geschlossenen Räumen auf. Er verläßt nie einen geschlossenen Raum.

Deswegen ist er jetzt beim Therapeuten."

"Aber... wenn er zum Therapeuten geht, muß er doch auch aus dem Haus...",

wendet die weibliche Stimme ein.

"Er nimmt das Auto", sage ich. "Alle Scheiben bis auf die

Windschutzscheibe sind dunkel getönt."

"Aber... um zum Auto zu gehen, muß er doch auf die Strasse."

Der Logik dieser hartnäckigen Scientologen-Miriam ist nicht so leicht auszukommen. "Schon mal was von Tiefgaragen gehört?" "Ah..." "Genau. Nero besucht nur Häuser, die er über die Tiefgarage befahren kann. Sein eigenes Haus hat natürlich auch eine. Bei uns arbeitet er nur, weil unsere Firma auch eine Tiefgarage hat." Ich höre sogar durch die Leitung den Bleistift aufgeregt kritzeln. "Ähm... hören Sie, ich muß Nero unbedingt erreichen. Mein Name ist Miriam; ich bin von der Oxford Persönlichkeitsanalyse. Nero hat bei uns ein Profil angefordert und ich wollte noch ein paar Informationen von ihm...." "Ich kann es ihm ja ausrichten", sage ich zweifelnd, "aber ich glaube kaum, daß er zurückruft." "Äh... wieso?" "Nero kommuniziert fast ausschließich über das Internet; er haßt direkten Kontakt mit Menschen." Auf der anderen Seite der Leitung sabbert etwas begeistert. "Hören Sie, ich MUSS ihn UNBEDINGT sprechen. Ich bin sicher, daß wir ihm helfen können" "Mhm. Ich gebe Ihnen mal seine Privatnummer..." "AH! JA!" Ich gebe ihr die Nummer vom Chef und sie legt auf. Am nächsten Morgen klingelt um halb zehn (sic!) das Telefon. Sie ist es wieder. "Äh... kann ich Nero Bezelmann sprechen?"

Ich schaue zu Nero hinüber, der sich zufällig mal wieder unter meiner Aufsicht befindet (Frau Bezelmanns Fortschritte in Karate machen mir allmählich Sorgen!) und sich gerade angelegentlich die Schwanzfedern putzt. "Ähm, nnnnein. Der ist gerade sehr beschäftigt."

"Aber er ist da?"

"Ja, da ist er. Wenn Sie damit meinen, daß er körperlich anwesend ist."

"Wie bitte?"

"Er ist körperlich zwar anwesend, aber nicht geistig "

"Wieso?"

"Nun, ich glaube, daß er noch unter dem gestrigen Schock leidet. Er hat

seinen eigenen Vater in der Tiefgarage überfahren."

"Ein SCHOCK?! Ich meine... wie äußert sich das denn bei ihm???"

Ich merke, daß sie vor lauter Neugierde den Hörer nicht mehr ruhig halten kann. Ich könnte der Scientologen-Tante jetzt alles erzählen. Ich könnte zum Beispiel sagen, daß es Nero von seinem Schock heilen würde, wenn sie ihm durchs Telefon Bukowsky-Gedichte rezitierte. "Hallo? Sind Sie noch dran?" fragt sie ungeduldig.

"Ja, klar. Haben Sie zufällig einen Bukowsky-Band bei sich?"

"Nein? Wieso?"

"Vergessen Sie's. Also, im Moment webt er."

"ER WEBT?!"

"Naja, er sitzt da, starrt die Wand an und wiegt sich langsam von einer Seite

zur anderen; das macht er manchmal den ganzen Tag..."

"Aber... aber, das ist ja schrecklich."

"Tja, ist es wohl. Normalerweise hilft ihm in so einem Zustand nur noch eine

Katze."

"Eine Katze", kommt es fassungslos durch die Leitung.

"Richtig. Eine Katze. Oder Katzenmiauen. Sie müssen wissen, daß Nero

früher mal eine Katze hatte, die er abgöttisch geliebt hat. Deshalb hilft es

manchmal, wenn er Katzenmiauen hört."

"Und... wo ist Neros Katze jetzt?"

"Tot", sage ich lakonisch, "er hat sie aufgegessen."

"WAS?!"

"Auf-ge-ges-sen", wiederhole ich deutlich, "verspeist, gefressen, vertilgt,

verkonsumiert, einverleibt, ..."

"Hören Sie auf! Das glaube ich einfach nicht! Ich möchte jetzt Nero selber

sprechen!"

"Gut. Ich halte ihm den Hörer hin, ok?"

Ich stehe auf und gehe mit dem Telefon zu Neros Käfig hinüber. "Hier, Nero. Da will dich jemand sprechen", sage ich und halte den Hörer dicht an die Käfigstäbe. Nero beobachtet mich mißtrauisch; den Hörer würdigt er keines Blickes; auch nicht, als die aufgeregt piepsende Stimme daraus ertönt. Ich nehme den Hörer wieder weg.

"Hallo, Nero?"

"Nein, ich bins wieder", sage ich. "Ich glaube, Nero möchte nicht mit Ihnen

sprechen."

"Was hat er gemacht?"

"Er hat kurz aufgehört zu weben, aber jetzt hat er wieder angefangen."

"Aber er muß mir zuhören. Ich habe die frohe Botschaft, die ihn für immer

aus seiner Qual erlösen wird."

Der Tonfall der weiblichen Stimme ist auf einmal ganz salbungsvoll geworden. So was geht mir gewaltig gegen den Strich; wie wenn man mit den Fingernägeln über eine Schieferplatte kratzt; oder mit einem stumpfen Küchenmesser Styroporplatten zerschneidet. Na warte! "Vielleicht, wenn Sie ihm etwas vor-miauen", schlage ich vor.

"WAS?!"

"Ich sagte Ihnen doch, er liebt Katzen. Passen Sie auf: ich halte ihm den

Hörer hin, und Sie miauen ihm was vor. Das ist die einzige Chance, seine

Aufmerksamkeit zu erregen."

Die Scientologen-Tante schreckt vor nichts zurück. Hat wohl ihr Pensum an neuen Opfern noch nicht erreicht, wie? "Na, gut", sagt sie und fängt zaghaft an zu maunzen. Ich hänge den Hörer in die Gitterstäbe und schalte den Lautsprecher ein, um ja nichts zu verpassen. Nero wird aufmerksam. Wenn er etwas nicht ausstehen kann, sind das Katzen jeder

Art. Er rückt unruhig auf seiner Stange hin und her.

Das anfangs zaghafte Miauen (unterbrochen von ein, zweimaligem Räuspern)

steigert sich zum gefühlvollen Katzengesang.

Nero verläßt seine goldene Lieblingsstange und hopst auf den Boden des Käfigs. Er

krächzt zweimal warnend, dann geht er zum Angriff über. Der schwarze lange

Schnabel trifft zielsicher aufs Mikrophon; im Lautsprecher klingt es wie ein Schuß.

Das Miauen bricht ab.

"Was war das? Nero, sind Sie da?" Nero krächzt triumphierend, erfreut darüber, daß er das impertinente Katzenvieh in die Flucht geschlagen hat. Das Krächzen klingt wie das erste Morgenröcheln eines TBC-kranken Kettenrauchers nach einer durchzechten Nacht. "Um Gottes Willen! Nero? Geht es Ihnen gut?! Hallo?! HALLO!!!" Ich nehme den Hörer wieder zur Hand. "Tja, ich fürchte, das Miauen hat ihm auch nicht gefallen. Er hat sich gerade mit seiner Lunger durch die Schläfe geschossen..." "Wwwwas?!" Die Stimme der Scientologen-Tante wird langsam hysterisch. Wahrscheinlich noch nicht lange im Geschäft. Hah! "Keine Angst!" sage ich. "Er simuliert das nur. Das macht er ziemlich häufig." "Sisisisim...sim...simuliert?!"

"Mhm. Hat er sich aus den Film 'Harold and Maude' abgeguckt. Jetzt liegt er da vor mir auf dem Fußboden und blutet gerade echt realistisch den Teppich voll. Schöne Sauerei!." "Oh, mein Gott! Sind Sie sich auch ganz sicher, daß er simuliert? Ich meine, es klang so realistisch... der Schuß... und wie er... wie er verendet ist..." "Nein, nein. Wissen Sie, ich glaube, das war nur Neros Art, Ihnen mitzuteilen, daß er keine Lust hat, wie die ganzen anderen Vollidioten in Ihrer Sekte den lieben langen Tag am Telefon zu hängen und nach noch blöderen Vollidioten zu suchen." Es bleibt still im Telefon. Fünf ganze Sekunden herrscht Stille (ich zähle stumm mit). Dann klickt es leise. Es hört sich an wie ein gefallener Groschen. TEIL 25

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Ich, der B.A.f.H., möchte heute den ultimativen Beweis antreten, daß die REALITÄT jede nur denkbare FIKTION in aller Hinsicht übertrifft. Wir befinden uns jetzt in einer kleinen, rund gebogenen Wohnstraße einer mittelgroßen Stadt im Einzugsbereich Münchens. Nennen wir sie vorläufig den Buchenweg (Anm. der Redaktion: sämtliche Namen geändert!). Wir schreiten die ruhige schmale Straße entlang; links und rechts Drahtzäune und gerade gestutzte Hecken, hinter denen sich kleine, aber saubere Häuschen ducken. Vor den Häuschen stehen blitzsaubere deutsche Markenautos und funkeln in der Sonne, und an den diskreten grauen Verteilerkästen der Telekom erkennen wir, daß diese Straße bereits erfolgreich verkabelt wurde. Natürlich kein Durchgangsverkehr, zusätzlich verkehrsberuhigt durch Tempo Dreissig und Recht-vor-Links. Eine ruhige, friedliche Wohngegend mit ruhigen, friedlichen Bewohnern, die allesamt so langweilig sind, daß schon bei Einbruch der Dämmerung getrost die Gehwege hochgeklappt werden können. Möchte man meinen. Man würde sich gewaltig irren! Beginnen wir mit Paul Heimlich, der ganz hinten in der Biegung wohnt. Paul arbeitet für den BND. Von seiner erste Frau, Hannelore, hat er sich scheiden lassen, nachdem er sich bei einem dienstlichen Aufenthalt in Baden Baden einen Kurschatten namens Birgit angelacht hat. Außerdem kann er zu diesem Zeitpunkt schon mit dem ersten außerehelichen Kind aufwarten - allerdings wieder von einer anderen, deren Name mittlererweile in der Nachbarschaft verschollen ist. Glücklicherweise war Paul so geschickt, angeblich aus steuerlichen Gründen das Haus ausschließlich auf seinen Namen zu führen und Gütertrennung zu vereinbaren. Hannelore geht also leer aus und verläßt den Buchenweg mit ihren drei Kindern. Die neue Birgit hat sich allerdings das Leben an der Seite des Geheimdienstmannes Paul etwas anders vorgestellt. Wenn Paul von nervenaufreibender nachrichtendienstlicher Tätigkeit ermattet nach Hause kommt, steht sie schon fix und fertig für die Disco auf der Matte. Kein Wunder, daß Paul dieser Belastung auf die Dauer nicht gewachsen ist. Daher holt Birgit sich aus Köln Ersatz: ihr früherer Freund Ludwig, der immer in zweiter Reihe auf seine Chance bei Birgit gewartet hat, wird kurzerhand nach Bayern beordert. Ja, er verschleudert Birgit zuliebe sogar seine Firma in Köln und kauft ihr ein Haus in einer benachbarten Stadt. Allerdings ist das Glück nicht von langer Dauer: Birgit verläßt den dumm-treuen Ludwig schon nach wenigen Monaten, um mit einem Neuen (Name unbekannt) ein größeres Haus zu beziehen, wieder in einer anderen Stadt. Paul hat inzwischen die Nase voll

von den deutschen Frauen, geht nach Spanien und lacht sich dort eine 20 Jahre jüngere Spanierin an. In das Haus ziehen neue Geheimdienstler ein... Im Nachbarhaus lebt Katrin, die von ihrem Mann schon vor Jahren sitzengelassen wurde. Zum Glück für Katrin war ihr Verflossener Industrieller und hat - im Gegensatz zu Paul - vergessen, bei der Eheschließung Gütertrennung zu beantragen. Katrin lebt jahrzehntelang ganz gut von ihren Anteil am saftigen Braten. Nur vergißt sie leider öfters die Handbremse anzuziehen, und ihr teurer BMW rollt dann rückwärts quer über die abfallende Straße und rammt zum Ärgernis der Nachbarschaft die schmiedeeisernen Tore der gegenüberliegenden Grundstücke. Natürlich bestreitet Katrin jedesmal, daß es ihr BMW war, der die neue Delle produziert hat. Zwischen den Hubers und Katrin lebt die junge Susi im Haus ihrer Großmutter ­ zumindest ist das die allgemeine Auffassung. In Wirklichkeit ist die Eigentümerschaft des Hauses seit elf Jahren reichlich umstritten. Denn seit der Stiefgroßvater von Susi ohne ordentliches Testament und ohne leibliche Kinder verstorben ist, sind einige Dutzend Juristen auf der ganzen Welt, im wesentlichen jedoch in Lateinamerika, auf der Suche nach weiteren möglichen Erben. Jedenfalls lebt Susi im Moment zusammen mit ihrem Freund Alfred in diesem Haus. Wo Alfred herstammt, verliert sich im Dunkel; plötzlich ist er jedenfalls da und nimmt sofort alles in die Hand. Das Haus sei völlig falsch konstruiert und renovierungsbedürftig. Alfred reißt zuallererst die Zwischenwände im Erdgeschoß heraus, weil man in den engen 'Mauslöchern' Platzangst bekomme, und läßt sämtliche Fenster austauschen. Nebenher saniert er noch Katrins Garage, unter deren Dach sich ein Steinmarder häuslich niedergelassen hat, dessen Fäkalien und verwesende Mordopfer seit Jahren pestilezialischen Gestank über die ganz Nachbarschaft verbreiten. Natürlich zahlt Katrin keinen Pfennig für diesen nachbarlichen Dienst, und der Grund für eine weitere nachbarliche Fehde ist gelegt. Dann geht Alfred - da er 'momentan nicht erwerbstätig' ist - das Geld aus, und er weigert sich, die Handwerker zu bezahlen, weil angeblich einige Fenster schief eingebaut wurden. Während der Rechtsstreit noch schwelt, ist das Erdgeschoß ­ wegen der rausgerissenen Zwischenwände - mittlererweile unbewohnbar geworden, und Susi und Alfred ziehen in den ersten Stock. Bald darauf kommt Alfred wohl in ernste Geldschwierigkeiten. Zunächst verkauft er Susis Minicooper (mit der Begründung, daß sie ja schließlich auch mit dem Fahrrad in die Arbeit fahren könne), dann heiratet er zum Schein eine Kroatin, damit diese nicht abgeschoben werden kann, und kassiert dafür 4000 Mark. Bei Susi, die sowieso schon allmählich von Alfreds Aktivitäten die Nase voll hat, bringt das das Faß zum Überlaufen. Nach einem prächtigen Krach, dessen Lautstärke die gesamte Nachbarschaft teilhaben läßt, zieht Susi zu ihren Eltern und läßt Alfred in dem Haus, dessen Eigentümerschaft, wie schon gesagt, nach wie vor ungeklärt ist, allein zurück. Alfred weigert sich auszuziehen, bevor nicht seine Renovierungsleistungen an dem Haus angemessen entlohnt worden sind. Die Familie von Susi dagegen argumentiert, daß er das Haus nicht renoviert, sondern

unbewohnbar gemacht habe. Daraufhin verbreitet Alfred in der Nachbarschaft, daß er 'die Hütte' sowieso bald verkaufen werde, und dann nach Mexiko auswandern wolle. Wie er ein Haus an den Mann bringen möchte, das den Streitpunkt eines schwebenden Erbschaftsverfahrens darstellt, bleibt den Nachbarn unbekannt. Alfreds Treiben ist wiederum Frau Huber von schräg gegenüber ein dauerndes Ärgernis. Frau Huber verfügt über ein bis zum Äußersten entwickeltes Sicherheitsbewußtsein. Ihr Gartentor ist immer abgeschlossen, seit ein paar Häuser weiter unten harmlose Insassen eines Pflegeheims einquartiert wurden. Gegen diese 'Irren' müsse man sich schützen. Jawohl! Sonst stehen die eines Tages plötzlich im Vorgarten, nicht wahr? Auf den Friedhof geht Frau Huber auch nur noch in Begleitung, seitdem dort einmal ein Mann auf einer Bank gesessen habe, der genau in dem Augenblick aufgestanden sei, als sie vorüberging. Alfred hat in letzter Zeit öfters Kerzen brennen - vielleicht fühlt er sich seit Susis Auszug einsam? Jedenfalls ist Frau Huber sicher, daß er eines Tages das Haus anzünden wird. Deshalb steht sie nun jeden Abend am Küchenfenster und beobachtet sicherheitshalber die Kerzen bei Alfred gegenüber. Im Ernstfall könne sie dann sofort Susis Familie anrufen, meint sie. Die Nachbarn setzen dagegen, daß sie - wenn schon nicht die Feuerwehr - vielleicht besser den alten Herr Nördlinger, den Bruder von Susis verstorbenen Stiefgroßvater alarmieren solle, der in der anderen Doppelhaushälfte von Susis/Alfreds Haus wohnt. Schließlich sei der doch etwas unmittelbarer betroffen, wenn das Haus abbrennt. Übrigens, der alte Nördlinger. Der hat in seinem Leben auch nichts anbrennen lassen. Er hat hintereinander seine Frau und zwei Freundinnen überlebt. Pikanterweise dauert es nach der Beerdigung der zuletzt Verflossenen immer nur ein paar Tage bis die nächste auf der Matte steht. Inzwischen ist er 86, aber immer noch rüstig und streitbar. Da er, als der Bruder des kinderlos verstorbenen Stiefgroßvaters von Susi, am ehesten als Erbe der anderen Doppelhaushälfte in Frage kommt, steht er mit dem 'dahergelaufenen Rumtreiber' Alfred erst Recht auf Kriegsfuß. Nachbar Obermann interessiert sich nur wenig für all diese turbulenten Ereignisse. Er hat sich vor kurzem einen alten Kindheitstraum erfüllt und einen gebrauchten Traktor erstanden. Da er das kostbare Stück auf gar keinen Fall einfach so auf der Straße herumstehen lassen kann, schmückt das schön grün lackierte Ungetüm jetzt seinen Vorgarten. Niemand weiß so recht, was Obermann eigentlich mit dem Ding vorhat, da er weder einen ausreichend großen Garten, noch sonst irgendwelche landwirtschaftlichen Grundstücke besitzt. Ab und zu erfreut er jedoch die Nachbarschaft mit lautstarken Proberundfahrten durch den Buchenweg. Auch der junge Biederheimer, dessen Grundstück hinten an das von Obermanns grenzt, hat eine Investition fürs Leben getätigt - wenn auch in ganz anderer Richtung: Er hat sich eine Asiatin als Frau eingekauft, und seitdem wuseln zunehmend immer mehr kleine Halbasiaten durch den Buchenweg.

Und so geht es weiter und immer weiter: Durch herabgelassene Jalousien, durch

Lücken in den hohen Hecken, durch Schlüssellöcher werden neue Entwicklungen

aufmerksam beobachtet und über Zäune hinweg gründlich erörtert. Es brodelt und

kocht, es brummt und zischelt im Buchenweg. Wozu brauchen wir noch die

Lindenstraße im Fernsehen? Wozu überhaupt Fernsehen? Man schaue doch nur mal

über den eigenen Gartenzaun!

Und wer sich jetzt souverän zurücklehnt und lächelnd meint, das sei jetzt mal

wieder nur der typischen überhitzten Phantasie des B.A.f.H.

entsprungen, der irrt: Jedes Wort das hier geschrieben steht ist wahr und

buchstäblich genau so geschehen!

Realität IST die beste Soap Opera, die man sich vorstellen kann. Das Leben um uns herum ist ein einziges riesiges Kabarett; man muß nur darauf achten ! TEIL 26

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Auf dem Weg zur Cafeteria stolpere ich zu hunderttausendsten Mal über die Innereien der alten PDP11, die seit Studentengenerationen dekorativ in unserem Gang herumlungert. Vor mich hinfluchend reibe ich den schmerzenden Knöchel und betrachte kritisch unseren 'Elefantenfriedhof': Drei ausgeschlachtete Mikrovaxen, bei denen die Kabel aus den Chassis hängen, jede Menge alter Terminals, Kisten mit kaputten Meßgeräten und Elektronikschrott, Kabeltrommeln, ein Regal voller alter Datenbücher über Teile, die längst niemand mehr herstellt, ein halbes Dutzend ausgeleierter Bürostühle mit nur vier Rollen, auf denen sogar die unerschrockensten Studenten nicht mehr sitzen möchten. Und alles lagert mangels Platz auf unserem Gang mitten im Institut.

'Fluchtweg' steht in großen grünen Buchstaben auf einem Schild und der Pfeil

deutet direkt in eine gemütlichen Ansammlung alter Büroschränke, in denen weiß

Gott was für uralte Akten bis zum St.

Nimmerleinstag aufbewahrt werden.

Marianne kommt mir aus der Teeküche entgegen und windet sich vorsichtig durch

herabhängende Kabelbäume. Eines der Kabel versucht sie zu strangulieren, aber

Marianne, durch langjährige Erfahrung gewitzt, weicht in letzter Sekunde aus.

Gefährlich, denke ich entzückt, böse und gefährlich.

Probeweise zerre ich an ein paar giftgrüngelben Massekabeln, die wie bösartige

Gewächse aus dem Sockel der PDP11 wuchern. Sofort löst sich irgendwo über

meinem Kopf eine schwere Drosselspule und poltert haarscharf an meinem Kopf

vorbei. Zwanzig Zentimeter weiter rechts und mein Schädel wäre jetzt Matsch.

Natürlich, es ist ja auch nur zu verständlich. Diese Maschinen waren einmal - vor

gar nicht so langer Zeit - das Non-Plus-Ultra der Rechnertechnologie, High Tech,

sündhaft teuer, von allen gehätschelt und umsorgt. Was war das für ein Drama,

wenn bei einer PDP11 ein Plattenlaufwerk mit 2 MB (in Worten: Zwei Megabyte)

ausfiel. Es war wie ein Trauerfall in der Familie; das ganze Institut versammelte

sich im eisgekühlten Rechnerraum und umstand den armen Patienten, gab

Ratschläge, versuchte zu helfen oder bekundete einfach nur Anteilnahme. Man

schuf extra Räume mit spezieller Klimaregelung, raffinierten Einbruchs- und

Feuermeldeanlagen. Die Systemverwalter waren Priester einer neuen Kaste, mit

Leib und Seele der geheiligten Maschine verschrieben. Ich kannte Systemmanager,

die ihren Urlaub in die Wartungszeiten der ihnen anvertrauten Maschine legten; ein

anderer war hundertprozentig davon überzeugt, daß seine 'Babies' sofort abstürzen

würden, wenn er einmal nicht pünktlich um halb neun Uhr nach den Backups

schaute. Und jetzt? Aus ist's mit der Herrlichkeit. Verstossen und verlassen stehen sie da, die einstigen Kings. Verdrängt von lächerlichen Rechenzwergen, die nichtsdestotrotz mit links die hundertfache Leistung erbringen. Kein Mensch kümmert sich mehr um diese alten Elefanten - aber wegwerfen bzw. entsorgen, wie das heute heißt, darf man sie auch nicht. Schließlich haben sie mal vor langer Zeit Hunderttausende gekostet und sind noch lange nicht abgeschrieben. Einsam, tot und inventarisiert stehen sie in Gängen und dunklen Ecken und warten darauf, daß sie endlich ihre letzte Reise zur Sondermülldeponie antreten dürfen. Ab und zu kommt ein Veteran der ersten Stunde an ihnen vorbei, streicht ihnen zärtlich über die Bitschalterregister und denkt wehmütig an die guten alten Zeiten, wo man einen Bootzyklus noch Bit für Bit hineinhacken mußte. Tot? Na, wer weiß. Gerade hat mich wieder so ein altes Trum, eine Art umgebauter BS2000 mit einer 110 Volt Netzleitung am Bein gepackt. Eben nicht tot! Wütend sind sie! Sie toben innerlich über die Ungerechtigkeit der modernen Zeiten. Wahrscheinlich ist die Enttäuschung über die Treulosigkeit der Menschen im Laufe der Jahre so groß geworden, daß die Gesetze der Statistik nicht mehr gelten. Wie sagte S. Lem einmal in den Sterntagebüchern? "Quantenmechanisch ist alles eine Frage der Statistik. Auch wenn der Mensch zigmillionenmal derjenige war, der den Rechner ausgeschaltet hat, kann es doch beim zigmillionenersten Fall einmal der Rechner sein, der den Menschen ausschaltet." (Das Zitat ist etwas frei angeglichen; man möge mir verzeihen! Im Orginal ging es

um Kartoffeln und nicht um Computer!)

Nachdenklich betrachte ich die armen Maschinenkreaturen. Arme alte Elefanten.

Man müßte etwas für sie tun.

Ich krempele mir die Ärmel hoch.

Am nächsten Morgen ruft mich Kollege O. an, obwohl sein Büro nur ein paar

Schritte von dem meinigen entfernt ist. "Ja?" sage ich. "Äh, was macht der ganze alte Schrott in meinem Zimmer!?" "Was für ein Schrott genau?" frage ich höflich zurück. Man muß am Telefon immer für absolute Klarheit der Begriffe sorgen; sonst redet man sich unter Umständen die Köpfe heiß und nach einer Stunde merkt man dann, daß nur eine abweichende Begriffsbestimmung bei den beiden Gesprächspartnern vorliegt. "Was für ein Schrott genau!!!" äfft er mich nach. Kollege O. ist offensichtlich stark erregt. "Das alte Monster, das immer dahinten im Gang stand! Jetzt ist es in meinem Zimmer und blinkt und gibt fürchterliche Geräusche von sich!" "Ach du meinst die Segment 3 Bridge", sage ich beruhigend. "Nur keine Panik. Ich habe die Bridge wieder in Betrieb genommen, weil die neue in

Reparatur ist. Und da sich die Segmente nur in deinem Zimmer berühren,

mußte ich..."

"Das ist doch keine Bridge, das ist ein... ein... ein..."

Kollege O. verstummt, weil er eben NICHT weiß, daß es sich um eine uralte Industrie-Mikrovax handelt, die ich ihm da ins Zimmer geschoben habe. Da zeigt es sich wieder mal: Wissen ist Macht! "Doch, ganz bestimmt ist das eine Bridge von Digital", versichere ich ihm. "Sie ist zwar schon eine Weile nicht mehr gelaufen, aber du kannst an der Rückseite sehen, daß das Segment 3 und das Backbone daran angeschlossen sind - und es funktioniert." Was Kollege O. nicht sehen kann: Ins Innere der ausgeschlachteten Vax, bei der

sowieso nur noch Lüfter und eine Platte laufen, habe ich die moderne Bridge ganz

locker integriert.

Kollege O. gibt sich geschlagen und legt auf, nachdem ich ihm versichern mußte,

daß 'das Ding sofort wieder entfernt wird', wenn die reparierte Bridge

zurückkommt. Das kann ich ihm guten Gewissens versichern.

Als nächstes steht, wie aus dem Boden gewachsen, Frau Bezelmann in meiner Tür.

Ihre Brillengläser blitzen angriffslustig. "Jemand hat die Kaffeemaschine entwendet", verkündet sie drohend. "Statt dessen steht da eine fürchterlich staubige, lärmende Maschine in der Ecke, die Nero Angst macht. Er ist ganz verstört, der Arme!" "Die Kaffeemaschine ist mir gestern heruntergefallen", erkläre ich. "Heruntergefallen!" echot Frau Bezelmann unheilschwanger. "Aber das macht nichts", fahre ich hastig fort, "weil wir ja noch die sehr zuverlässige Industrie-Kaffeemaschine haben. Ich habe sie gleich in Ihr Büro bringen lassen. Zugegeben, sie ist etwas groß, aber..." "Industrie-Kaffeemaschine!!!" "Ja, sicher. Das war noch lange vor ihrer Zeit. Sie müssen den orangen Hauptschalter an der linken Seite drücken, in den oberen Trichter Wasser einfüllen..." "Morgen!!" sagt Frau Bezelmann entschieden. "Morgen kommt das Ding weg, und wenn ich ich auf eigene Kosten eine neue Kaffeemaschine kaufen muß!!!" Na gut, denke ich, man kann nicht immer gewinnen. Obwohl ich die PDP11 im Sekretariat ganz dekorativ fand. Sie paßte irgendwie gut zu dem uralten IBM PC, den Frau Bezelmann immer noch in Gebrauch hat. Und die Kaffeemaschine hat auch ganz gut hineingepaßt. Das Telefon klingelt wieder. Diesmal ist es der Chef. "Äh... Leisch? Gut, daß Sie äh... da sind. Hm... ich vermisse irgendwie meinen... äh... PC. Haben Sie...?" Ich erkläre dem Chef ausführlich, daß die modernen PCs einfach schrecklich unzuverlässig sind. Alles nur in Taiwan zusammengestöpselt. Ständig Hardware-Ausfälle. Und plötzlich sind dann die ganzen Berichte fort, oder es

passiert noch was Schlimmeres.

"Deshalb habe ich Ihnen die alte, zuverlässige VaxStation 3000 wieder in Ihr

Büro gestellt. Da können Sie sich wenigstens drauf verlassen, nicht wahr?"

"Oh... naja, ich hatte mich eigentlich schon... äh..."

"Außerdem können Sie da ohne Probleme Fortran-77 laufen lassen."

"Ah? Ja? Na dann... äh.... Vielleicht haben Sie ja recht. Das... äh...

moderne Zeugs soll ja auch so... so... gesundheitsschädlich sein, nicht?"

Ganz bestimmt, versichere ich dem Chef. "Ja, hm... und das andere Ding da... ähm... unter... unter meinem Schreibtisch... ich meine, das sieht fast so aus wie... wie... na... wie ein Plattenlaufwerk...?" Bingo! Der Kandidat hat hundertundzehn Punkte! "Ganz recht", sage ich. "Das ist das Plattenlaufwerk, auf dem Ihre VaxStation automatisch Backups macht. Dadurch haben Sie doppelte Datensicherheit, verstehen Sie? Sie sind sozusagen autark." Autark sein gefällt dem Chef fast immer. Hoffentlich bemerkt er nicht, daß die Kiste gar nirgends angeschlossen ist. "So... ja, das ist ja... äh... schön", kommt es zögernd durch die Leitung. "Außerdem", setze ich noch eins drauf, "außerdem werden Sie jetzt nie wieder kalte Füße bekommen, weil der Lüfter die warme Abluft genau unter Ihren Tisch bläst." Wenn man mal davon absieht, daß wir zur Zeit Hochsommer haben. "Aha? Ja... das ist wirklich sehr... äh... passend. Also dann..." Der Chef legt auf. Die drei alten Terminals an der Wand blinkern mir freundlich zu. Wenigstens einer, der ein Herz für die alten Elefanten hat. TEIL 27

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An meinem Data-Glove ist ein Stecker abgebrochen, was zur Folge hat, daß ich den Steuerknüppel in SpaceSpiders III 1/2 nur noch von links nach rechts bewegen kann. Nachdem zum dritten Mal eine fette gelbe SpaceSpider mein Raumschiff hoffnungslos umsponnen hat, gebe ich auf. Ich fahre die Schilde hoch und begebe mich gemächlich hinunter in die Werkstatt der Haustechnik, um den Schaden am Data-Glove zu beheben. In der Ecke der Werkstatt sitzt eine aufgeschlagene BILD-Zeitung neben einer halb geleerten Flasche Bier. Ohne sie weiter zu beachten, werfe ich die Lötstation an und gehe hinüber zum Materialschrank, um nach einem passenden Ersatzstecker zu suchen. "He!" Ich fühle mich nicht angesprochen. Die Haustechnik und ich, wir haben ein bewährtes beiderseitiges Nicht-Einmischungs-Abkommen. "He, Sie da!! Was macha Sie'n da?!" Ich drehe mich um. Die BILD-Zeitung liegt auf dem Tisch; der Typ, ein corpus grave im Blaumann, ist schon halb aufgestanden und kommt auf mich zu. Ich schaue in das vom Zorn gerötete, mir völlig unbekannte Technikergesicht. Ein Neuer! Ah-Oh! "Se kenna do ned eifach da reikomma un... un da rummacha!" sagt er nachdrücklich. Ich nenne deutlich meinen Namen - keine Reaktion. Ich erkläre dem ganz offensichtlich brandneuen Haustechniker, daß ich etwas zu reparieren habe und zeige ihm den abgebrochenen Stecker. Er betrachtet das Ding wie ein besonders widerliches Insekt, das sich auf der Windschutzscheibe seines Rolls Royce zerbatzt hat. "Ham Se an blauen Reparaturauftrag?!" raunzt er mich an. Ah-Oh! Ich räume ein, daß ich keinen habe und er wirft mich hinaus. Auf dem Weg zum Lift begegne ich dem Leiter der Haustechnik. Ich lächele freundlich: "Wußten Sie schon, daß ich keinen blauen Reparaturauftrag habe?" sage ich im Plauderton. Sonst nichts. Der Werkstattleiter wird schlagartig kalkweiß, zieht scharf die Luft ein und stürzt ohne ein weiteres Wort an mir vorbei in die Werkstatt. Während ich auf den Lift nach oben warte, höre ich seine verzweifelten Schreie.

Ich mache eine Zwischenstop in der Tiefgarage und schiebe alle Wagen, bei denen die Handbremse nicht angezogen ist, aus ihren Boxen. Ein hübsches Durcheinander. Dann befestige ich Wegwerf-Feuerzeuge unter zwei schwer zugänglichen Sprinklern und lasse sie auf kleiner Flamme schmoren. Nach meiner Schätzung wird in spätestens zwanzig Minuten das Parkdeck überflutet. In beiden Aufzügen klebe ich frischen Kaugummi in die Löcher der Lichtschranken; die Fahrstühle bleiben gehorsam auf auf dem obersten Stockwerke stehen und rühren sich nicht mehr vom Fleck. In Labor II der Biophysiker verstöpsele ich sorgfältig das Handwaschbecken, stopfe den Lappen in den Überlauf und drehe das Wasser voll auf. Ich schätze, daß in etwa einer Stunde die katholischen Theologen im Stockwerk unter uns die feuchte Gabe von oben bemerken und Alarm schlagen werden. Zurück in meinem Büro ignoriere ich das hektisch klingelnde Telefon - ich kann mir schon denken, wer dran ist - und rufe statt dessen über die Modemleitung die Metzgerei um die Ecke an. Der Angestellte dort ist zuerst etwas verblüfft, aber dann freut er sich natürlich, daß die Stammkundschaft in der Haustechnik anstatt wie üblich zwei Pfund ab morgen zwanzig Pfund Leberkäse beziehen wird. Außerdem erkläre ich ihm überzeugend, daß Bier am Arbeitsplatz von nun an nicht mehr angebracht sei und er doch bitte von nun an zur Brotzeit Eistee mit Maracuja-Geschmack liefern solle. "Und Essiggurken", füge ich noch hinzu, "mindestens ein Pfund jeden Tag." Er verspricht, daß alles nach unserer Zufriedenheit erledigt werden würde. Im Sekretariat erkundige ich mich nach den blauen Formularen für Reparaturaufträge. Frau Bezelmann deutet auf die entsprechende Schublade, ohne den konzentrierten Blick von ihrem neu aufgerüsteten Mac zu wenden. Wieder einmal bemerke ich mit Befriedigung, daß unsere Mitarbeiter moderne Bürotechnik zu schätzen wissen. "Da sind nur noch 36 drin", stelle ich beiläufig fest und nehme den Packen an mich. "Sie sollten bei Gelegenheit neue besorgen." Frau Bezelmann blickt kurz von ihrem Computerspiel auf (aus den Augenwinkeln sehe ich, daß sie mittlererweile den Super-Witch-Level III in 'SadoVixens' erreicht hat!) und verzieht ihre Mundwinkel ganz leicht nach unten. Der Rabe Nero krächzt beifällig in seinem goldenen Käfig. Ich gebe ihr die high five und marschiere zurück in mein Büro. Mit Hilfe des Computers im Universitätsbauamt - ein mies geschützter uralter HP; aber er hängt wenigtens am Netz - suche ich die Zimmernummern der an schwersten zugänglichen und am weitesten entfernten Räume im ganzen Campus heraus. Dann fülle ich sorgfältig und genüßlich 36 Reparaturaufträge für flackernde Neonlampen, überflutete Klospülungen, kaputte Klimaanlagenregler, zerbrochene Telefonanschlußdosen, tropfende Wasserhähne, fehlende Türklinken, verbogene Fensterbrettabtropfnasen, festgefahrene Jalousien, fehlende Heizkörperventilkappenthermostate, tote Datennetzzugänge und verstopfte

Entlüftungsschächte aus.

Selbst wenn die Burschen der Haustechnik dort nichts vorfinden, was zu reparieren

ist (was ich bezweifele), werden sie allein Wochen dafür brauchen, die Räume alle

aufzusuchen.

Dann lehne ich mich entspannt zurück und lausche noch eine Stunde dem

periodisch wiederkehrenden Klingeln des Telefons.

Gegen halb vier, kurz bevor ich mich in den wohlverdienten Feierabend

verabschieden möchte, klopft es zaghaft an der Türe. Der stellvertretende

Werkstattleiter der Haustechnik steht draußen. Es schwitzt, daß ihm die Soße aus

den Augenbrauen tropft, und er hält krampfhaft eine hübsch verpackte Magnum

umklammert.

(Nicht doch! Nicht was Sie denken! Dies ist eine gewaltfreie Kolumne!

Ich spreche von einer Sektflasche!)

"So ein Zufall", rufe ich erfreut und halte ihm den Packen blaue Reparaturformulare unter die tropfende Nase. "Gerade wollte ich das an Sie in die Hauspost geben. Eine halbe Stunde später einigen wir uns, daß in beiderseitigem Interesse und unter der Berücksichtigung, daß der Kollege von heute morgen noch ganz neu und unerfahren war, etc. etc. pp. ... Friede, Freude, Eierkuchen! Gemeinsam lassen wir feierlich die 36 blauen Reparaturformulare in Frau Bezelmanns neuen Reißwolf, Marke 'Final Extinction', verschwinden. Auf dem Heimweg denke ich noch, daß eine solche Magnum doch ziemlich schwer ist. Das nächste Mal sollen sie sie mir gefälligst gleich ins Haus schicken. TEIL 28

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Beim morgendlichen kurzen Sprint zum vorgewärmten Roadstar sehe ich meinen Atem als weiße Fahne vor mir herwehen. In der Cafeteria überschreitet die Dichte der Studenten pro verfügbarem Stehplatz den kritischen Wert von 3,75. Allen Ortes trifft man auf tief braungebrannte, fröstelnde Dozenten, die mit gehetztem Blick auf die Gucci-Armbanduhren äugen. Sämtliche Kopierer sind belegt oder wegen Überlastung ausgefallen. Zwecklos es weiter zu leugnen: Das Wintersemester hat begonnen! Auch für den BAFH ist dies eine Zeit hektischer Aktivität! Schließlich will man ja nicht unvorbereitet ins Semester gehen... Sorgfältig überwache ich die Haustechniker bei der Installation der neuen vollelektronischen Schließanlage auf unserem Flur. "Es ist ein Skandal, wieviele Rechner in unserem Institut verschwinden", hatte ich dem Chef gesagt. "Wir brauchen eine Zugangskontrolle zu den Institutsräumen." "Ja, äh... nun ja, sicher... Sie haben sicher Recht, Leisch. Aber, äh...was das wieder kostet..." Dabei war die Finanzierung ein Klacks. Im SCHWAFEL-Projekt gibt es einen Posten 'Qualitätskontrolle' mit über 20.000 Ecu. Da sich schon jetzt abzeichnet, daß bei dem Projekt (wie bei allen EG-Projekten!) nichts, aber auch gar nichts herauskommen wird, dessen Qualität man eventuell kontrollieren könnte, bezahle ich damit die 'Zugangskontrolle'. Falls jemand nachfragt, kann ich immer noch sagen, ich hätte mich verlesen. Die Eurokraten können sowieso kein Deutsch, die meisten nicht mal genug Englisch, um unsere Abschlußberichte zu verstehen (einer der Gründe, warum in Brüssel alles so unendlich langsam abläuft, ist wohl die Tatsache, daß die dortigen Eurokraten sämtliche Berichte und Briefe Wort für Wort im Lexikon nachschauen müssen!). Befriedigt sehe ich, wie die letzten Schrauben angezogen werden. Dann kommt der Test. Zugang ist nunmehr nur noch mit Kodekarte möglich (die Kodekarten vergibt nach eingehender Prüfung Frau Bezelmann persönlich!). Studenten und anderes Fußvolk müssen klingeln, damit jemand für sie aufs Knöpfchen drückt. Kaum sind die Techniker abgezogen, modifiziere ich die Anlage dahingehend, daß es bei mir klingelt, wenn jemand den Knopf für die Bibliothek drückt.

Schon kurz darauf läutet es. Sie sind zu zweit, Brownie und Blondie. "Wir möchten gerne in die Bibliothek", erklärt Blondie zaghaft und Brownie lächelt unsicher. "Kann ich bitte Ihre Studentenausweise sehen?" frage ich höflich. Beide fangen sofort an, in ihren ESPRIT Rucksäcken - Verzeihung - ESPRIT Backpacks zu kramen. Ganz offensichtlich Frischlinge! "Ah, ja", sage ich. "Wie ich sehe, haben Sie beide noch keine BibliotheksVerschleiß-Gebühr für dieses Semester entrichtet. Wenn Sie wollen, können wir das sofort erledigen. Kommen Sie bitte mit..." Blondie und Brownie folgen mir wie verwirrte Lämmer in mein Büro. Dort setze ich mich hinter mein Display und sage: "Wir haben - wie Sie sicher wissen - zwei Tarife: den normalen für 15 Mark und den erweiterten für 25 Mark." Sie starren mich unsicher an. "Was ist denn der erweiterte Tarif?" wagt Blondie schließlich zu flüstern. "Der berechtigt Sie zum nicht nur zum Besuch der Bibliothek, sondern Sie dürfen sich dort sogar hinsetzen und eine Tischfläche von 80 x 100 Zentimeter für Ihre Recherchen belegen", erkläre ich geduldig. Die beiden schauen sich ratlos an. "Dann nehme ich den erweiterten", entschließt sich Blondie. "Ich auch", ruft Brownie und kramt nach ihrer Geldbörse. Am frühen Nachmittag haben bereits 61 Studenten ihre BibliotheksVerschleiß-Gebühren entrichtet. Ein hübscher Nebenverdienst! Während ich auf Nachzügler warte, suche ich in der Werkstatt und in den Labors einen Haufen Computerschrott zusammen, entferne sorgfältig alle Hinweise auf unser Institut (man glaubt gar nicht, an welchen unmöglichen Stellen überall Inventar-Nummern angebracht werden!) und verpacke das Zeug in zwei Rechner-Kartons von der letzten CIP- Lieferung. Nachdem ich mich Dank PhotoShop mit den notwendigen Unterlagen versehen habe, setzte ich eine dunkle Sonnenbrille auf und leihe mir die fesche Schirmmütze von Kollege O., die er letztes Jahr aus Chicago von der 'International Processor Conference', kurz IPC, mitgebracht hat. Auf dem Handwagen des Hausmeisters karre ich die beiden Kartons hinüber zur RKfH ('Nachschlagmöglichkeit' für die Neuhinzugekommenen!). Ich fahre, ohne lange zu fackeln, mitten ins Geschäftszimmer und wuchte die beiden Kartone auf den Boden. Drei RKFHler starren mich verblüfft an. "Tach zusammen", sage ich gelangweilt und ziehe mit einer routinierten Bewegung die fingierten Lieferscheine aus der Gesäßtasche. "Internationel Parcel Catering. Ihre neue Anlage ist da. Kann mir jemand das bitte mal quittieren..." "Wer... wer hat denn das alles bestellt?" Eine der Reisekosten-Tanten ­

vermutlich die derzeit ranghöchste - hat sich aufgerafft und späht kurzsichtig auf die Papiere. Ich runzele die Stirn und studiere nun meinerseits den Lieferschein. "Also da steht 'Mühlstein-Obergauer'." Oberdobler, meine besonderere Freundin, ist in Urlaub. Ich weiß das, weil sie kurz vorher noch den Antrag auf Erstattung meiner umfangreichen Spesen in Las Vegas abgelehnt hat. Danach ist die feige Socke einfach abgedampft, und alle meine Eingaben werden seither nur mit dem Vermerk 'Sachbearbeiter auf Erholungsurlaub' beantwortet. "Na, gut. Wenn Frau Mühlstein-Obergauer das bestellt hat..."

Sie will die Lieferung quittieren.

"Moment noch", sage ich. "Vorher müssen die Liefergebühren an ICP

bezahlt werden werden."

"Liefergebühren?!"

Ich deute wieder auf den Wisch. "Da stehts: Lieferung durch ICP zu Lasten des Bestellers. Das macht 267 Mark 78." Meine Forderung löst einige hektische Aktivität aus. Ein subalterner RKFHler wird sofort zur Amtskasse geschickt. Mehrere rote, grüne und gelbe Formulare müssen ausgefüllt und von mir gegengezeichnet werden. Aber nach einer halben Stunde kann ich siegreich und um DM 267,78 reicher das Feld räumen. Nachdem ich Kollege O. die Mütze zurückgebracht habe, schnitze ich befriedigt eine neue tiefe Kerbe in meine Tischkante. TEIL 29

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Ich sitze im Büro und stöbere gelangweilt in der neuen Telefon-CD herum. Frau Bezelmann ist nicht eingetragen, wie ich gerade festgestellt habe; wahrscheinlich ist ihre Privatnummer supergeheim. Nachdem ich die üblichen Bekannten und die ganze Verwandtschaft abgeklappert habe, beginne ich nach orginelleren Namen zu suchen. Es ist kaum zu glauben aber es gibt tatsächlich (wenn man dem Postverlag glauben darf) zwei 'Rosa Flieder', eine 'Genevieve Bierdimpfl' und einem 'Gerhard Möse'.Wahre Helden des Alltags! 'Adolf Hitler' finde ich zwar keinen, aber dafür immerhin drei Leute, die immer

noch diesen Namen führen. Zu meinem Entzücken entdecke ich auch einen Herrn

'Stalin', allerdings nur einen. Ist der Rest seiner Familie ausgewandert?

Nehmen wir mal an, durch irgendeine Augenblickslaune des Schicksals (denn auf

die in den oberen Etagen kann man sich sowieso nicht verlassen; völlig humorlose

Celestokraten) trifft Herr Stalin eines Tages ein Fräulein Hitler, und sie verlieben

sich ineinander. Bei der Hochzeit kann man dann mit Fug und Recht von einem

neuen Hitler-Stalin-Pakt sprechen.

Ist es nicht eigenartig, daß wir häufig von ganz berühmten Namen annehmen, daß

diese einzigartig, gewissermaßen nur für diese Berühmtheit reserviert sind? Wir

sprechen ja dann auch von 'der Bardot' oder sagen 'der Hitler'. Wenn wir zufällig

erfahren, daß auch die Gemüsefrau an der Ecke ' Gisela Bardot' heißt, sind wir in

irgendeiner Weise erstmal geschockt.

Ich tippe noch ein paar Namen ein. Tatsächlich: es gibt mehrere 'Monroes' und

einen 'Klaus Gable' in Deutschland. 'Lenin' und 'Mao' finde ich nicht, dafür gibt es

die 'Preslys' auch bei uns und 'Honneckers' in Massen.

Das neue Telefon flötet, aber ich beachte es nicht.

Frau Bezelmann hat nach wochenlangen Kampf mit der Institutsleitung

durchgesetzt, daß unsere altgediente Telefonanlage (Orginal Siemens Anno 1939

mit Maschinengewehr-Sound) durch eine hypermoderne ISDN-Anlage ersetzt wird.

Was bei der Bestellung noch niemand (außer Frau Bezelmann) wußte:

die neue Anlage bietet ungeahnte Möglichkeiten, vor allem für den, der in der

Zentrale sitzt.

Die üblichen Kinkerlitzchen wie Direktdurchwahl, Konferenzschaltung,

Ansagetexte und frei programmierbare Pausenmelodien sind schon Schnee von

gestern. Interessant wird es zum Beispiel bei der Voice-Mail. Nicht nur, daß die

Telefonanlage Nachrichten für jede Nebenstelle, sprich Mitarbeiter, speichern kann,

diese sind natürlich auch von außen abrufbar. Und wenn ein Mitarbeiter sich einmal weigern sollte, seine Mailbox abzufragen? Dann ruft die Telefonanlage automatisch zu einem festgelegten Zeitpunkt die Privatnummer des Mitarbeiters an und gibt die Nachrichten durch. Den Zeitpunkt legt Frau Bezelmann höchstpersönlich fest. Beim Chef ist es zum Beispiel so gegen drei Uhr morgens. Seitdem überprüft sogar der Chef regelmäßig seine Voice-Mail. Damit nicht genug. Zu den 'Features' der neuen Anlage gehört es auch, daß man im Display erkennen kann, wer da versucht anzurufen. Um wirklich wichtige Gespräche trotzdem an den Mann zu bekommen, kann Frau Bezelmann diese Anzeigen allerdings manipulieren, bevor sie ein Gespräch weiterleitet. Kollege O., der dafür bekannt ist, ab 12 Uhr keine Telefongespräche mehr anzunehmen, würde es niemals wagen, ein Gespräch seiner Göttergattin nicht abzuheben. Folglich erhält er in letzter Zeit immer häufiger Anrufe unter dieser Nummer. Natürlich ist es auch lästig, wenn Frau Bezelmann ein Gespräch nicht durchstellen kann, weil sich der jeweilige Mitarbeiter nicht in seinem Zimmer befindet. Dafür gibt es die praktischen Chip-Namensschilder, die der Telefonanlage zu jeder Zeit mitteilen, wo sich der arme Träger desselben gerade aufhält. Frau Bezelmann braucht nur seine Nummer einzutippen, die Anlage errechnet automatisch, welches Telefon dem Mitarbeiter gerade am nächsten ist und leitet das Gespräch dorthin um. Natürlich muß der Chef ab jetzt so ein Ding immer mit sich führen. Und sollte er sich einmal auf einem gewissen Örtchen befinden, an dem der normale Bürger normalerweise nicht erreichbar sein möchte, so hat Frau Bezelmann auch für diesen Fall Vorsorge getroffen: seit neuestem hängen links und rechts der Pissoirs an verchromten Ketten zwei niedliche kleine Funktelefone, im Design passend zur Farbe der Fliesen. Wenn alle Stricke reissen, kann Frau Bezelmann auch noch eine schriftliche Nachricht an das Telefon des Mitarbeiters schicken. Diese erscheint dann als durchlaufender Text im Display des Telefons. Frau Bezelmann verwendet dieses letzte Mittel meistens nur, um besonders hartnäckigen Telefonagnostikern (wie mir) auf die Sprünge zu helfen. "Ich weiß genau, daß Sie da sind", erscheint jetzt gerade im Display meines flötenden Telefons. "Wenn Sie nicht SOFORT abheben, ..." Es folgen mehrere gestaffelte Drohungen, vom Entzug der Essensmarken bis hin zur schriftlichen Beschwerde beim Chef. Wenn man sich es genau überlegt, sind wir von Star Trek gar nicht mehr so weit entfernt, nicht wahr? Glücklicherweise wurde die Software der Anlage von Dilettanten programmiert, zumindest was die Sicherheitsmaßnahmen angeht. Es war nicht besonders schwer, ein paar Subroutinen so zu modifizieren, daß die Anlage nach dem Zufallssystem Nebenstellen anruft, wenn Frau Bezelmann versucht, an meine Nummer

weiterzuverbinden.

Außerdem hängt mein Chip-Namensschild sicher verwahrt im Hörsaal hinter der

Tafel.

Und der Hörsaal ist der einzige Raum ohne Telefonanschluß. TEIL 30

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Heute ist 'HH'-Day. Denn heute erscheint gewöhnlich 'Hacker's Havoc', die einzige wissenschaftliche Zeitschrift, die ich gründlich von vorne bis hinten durcharbeite. Eine ungemein anregende Lektüre! Also gehe ich heute ausnahmsweise in höchsteigener Person zur Poststelle, um nach dem Verbleib von 'Hacker's Havoc' zu fanden. Der Glaskasten der Poststelle ist leer; ebenso das Postfach für unseren LEERStuhl. Ich will gerade wieder verschwinden, als ich eine vergessene Faxvorlage im Auswurfschacht des Faxgeräts bemerke. Es gibt immer noch Leute, die glauben, ein Faxgerät 'frißt' die Vorlage komplett auf, zerlegt sie in winzige Papierschnitzel und wandelt die Papierschnitzel in digitale Signale um, die bei der Empfangsstation wie durch ein Wunder wieder zusammengesetzt werden. Aus diesem Grunde beobachtet diese Sorte von Leuten mit höchster Befriedigung, wie das Faxgerät ihr Dokument 'frißt', dann schlendern sie glücklich zurück in ihr Büro und vergessen, daß ihre Faxvorlage auf der anderen Seite gleich wieder ausgespuckt wird. Manchmal frage ich mich, wie diese Sorte von Leuten überleben kann. Ich kannte sogar mal eine Studentin, die ihr Referat in einem Hauptseminar damit begann, daß sie ein Buch nahm und es mit der geöffneten Seite nach unten auf den Overhead-Projektor legte. Die Tatsache, daß die Leinwand selbstverständlich dunkel blieb, kommentierte sie mit dem überraschten Ausruf: "Aber das funktioniert ja gar nicht!" Soviel technisches Unverständnis muß bestraft werden. Also nehme ich die

vergessene Faxvorlage mit in mein Büro und fahre die Schilde hoch.

Wie unschwer zu erkennen ist, handelt es sich um den Auftrag für eine

Kontaktanzeige in einer der größeren Tageszeitungen.

Selbstverständlich mit Chiffre, wie es sich gehört. Man will ja nicht unbedingt das

Opfer übler Scherze werden, nicht wahr?

Absender ist ein Herr Alex Stölzle. Wie ich aus dem Web unschwer erfahren kann,

handelt es sich um einen ziemlich jungen Spund, Dipl.- Ing. der

Informationstechnik und frisch importiert von der Technischen Universität

Stuttgart.

Die Anzeige lautet:

'Charm. ER, 31, 182, 73, Brtr., schl., ungeb., gefühlv., sens., rom., sportl., attr., NR, fin. unabh., su. liebev. SIE, 20-31, NR, bl., zw. gem. Freizeitgest., läng. Bez. erw., sp. Heir. mögl., Ki. ang., nur ernsth. Zuschr. u. Ch. 897453' In seiner Beschreibung fehlt ganz offensichtlich noch ein 'extr. spars.' für 'extrem

sparsam'. Ob es tatsächlich weibliche Wesen gibt, die auf so eine Anzeige

antworten? Wahrscheinlich schaut eine Antwort dann ungefähr so aus:

'L. ER!

Attr. SIE, 28, 164, 65 + m, 5 J., dklh., zierl., s. sprtl., naturl., intell., gepfl.,

anschmgs., unkompl., liebesbed., viels. interess., m. pherom.

Ausstr., IQ 115, wün. mögl. bald. Treff. m. DIR, hff. auf bald. Antw.

unt. Ch. 654355'

Ich überlege einen Augenblick, ob ich die Kontaktanzeige scannen und in den

News-Groups alt.contacts.s/m.newcomer oder alt.sex.fetish.blonds posten soll.

Aber das habe ich schon Dutzende Male gemacht - und es ödet mich an!

Ich setze mich an den Rechner und tippe eine kurze, aber gefühlvolle Antwort an

Chiffre 897453, in der ich die vorgeschlagene zukünftige 'Freizeitgest.' in zarten

Pastelltönen ausmale. Dann schlage ich als mögliches erstes Treffen das Cafe 'Pink

Roses' vor, nächsten Montag um halb sechs. Erkennungszeichen bei ihm: WalkMan

auf dem Tisch, Erkennungszeichen bei ihr: schwarzer Rabe.

Dann füge ich noch folgenden Absatz hinzu:

'Lieber unbekannter ER, jetzt habe ich noch eine große Bitte: mein Therapeut

meint, daß ich instinktiv negative Gefühle aufbaue, wenn mich ein

Unbekannter zuerst anspricht. Daher bitte ich dich inständig:

bleib solange stumm, bis ich den Mut aufbringe, dich anzusprechen.

Ich möchte nicht, daß unsere hoffnungsvolle Beziehung schon zu Beginn ...

blablabla...raspelraspelraspel...blablabla'

Dann beginne ich einen zweiten Brief, adressiert an Frau Bezelmann, mit dem Absender: 'Deutsche Arbeitsgemeinschaft der Rabenvögel-Halter e.V. (DARH), Kienzlegasse 4, 76854 Koblenz' Sehr verehrte Frau Bezelmann, wie unser Verein erfahren hat, sind Sie seit Jahren im Besitz eines Rabenvogels, genauer gesagt eines Kolkraben, corvus corax. Den Kolkraben wird immer nachgesagt, daß sie außerordentlich intelligent und in längerer Gefangenschaft sogar in der Lage seien, die menschliche Sprache in gewissem beschränkten Umfang zu erlernen. Unser Verein hat es sich u.a. zur Aufgabe gemacht, diesen Gerüchten über den Kolkraben nachzugehen. Da es leider nur sehr wenige Exemplare gibt, die in längerer Gemeinschaft mit Menschen gelebt haben, möchten wir Sie herzlich bitten, sich mit einem Mitglied unseres Vereins, Herrn Dr.Stölzle, einem anerkannten jungen Ornithologen zu treffen. Unser junger Kollege

möchte gerne die linguistischen Fähigkeiten Ihres Kolkraben in natürlicher Umgebung (also keinesfalls im Labor!) studieren. Er schlägt vor, daß sie sich in der entspannten Atmosphäre eines Cafes, genauer gesagt dem Cafe 'Pink Roses' mit ihm treffen und Ihren Raben gleich mitbringen. Wenn es Ihnen recht ist, nächsten Montag um halb sechs. Sie erkennen Herrn Dr.Stölzle an dem kleinen Bandgerät, das er vor sich auf dem Tisch liegen hat. Damit Ihr corvus corax möglichst unbeeinflußt bleibt, bittet Herr Stölzle Sie, anfangs möglichst gar nichts zu sprechen. Denken Sie bitte daran, wenn Sie unsere Einladung annehmen (Getränke und Verzehr gehen natürlich zu Lasten des Vereins). Mit freundlichen Grüßen, Annabel Jolinger (1. Vorstand) Dann vermerke ich den Termin in meinem xcal - damit ich auch bestimmt pünktlich, komplett mit Videokamera, zur Stelle bin, um die beiden großen Schweiger in Aktion zu erleben.

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Es ist höllisch früh am Morgen, praktisch noch Nacht, aber ich bin schon in meinem Büro. Ein schweres Los, das ich da zu tragen habe! Vorsichtig hebe ich das linke Augenlid und blinzele auf die Uhr in meinem Display, auf dem die Reste von 'Monkey Island' zu sehen sind. Sie zeigt halb elf Uhr an. Na bitte! Sagt' ich's nicht? Ich schließe die Augen wieder und taste mich vorsichtig durch den Gang zur

Kaffeemaschine. Den Weg würde ich auch im Tiefschlaf finden!

"Guten Morgen! Wir würden Sie mal gerne fragen: Haben Sie sich schon mal

Gedanken über die Bibel gemacht?"

Ich halte an und öffne beide Augen zu einem winzigen Spalt. Das harte Neonlicht

der Lampen in unserem Flur malträtiert meine armen Netzhäute.

Vor mir stehen zwei Typen mit Anzug und Krawatte und grinsen mich freundlich

an. Beide haben glänzende Schuhe, eine schmale Aktenmappe unter dem rechten

Arm, kurzgeschnittene Haare und das typisch-dämliche

Wachturm-Zeugen-Jehovas-Missions-Grinsen auf der Fratze.

Ich fass' es nicht! Zu nachtschlafender Zeit! Am LEERstuhl!

Ich sage:

"Äh... nein! Heute noch nicht..."

"Na, das sollten Sie aber mal nachholen", sagt der Ältere, und der Jüngere grinst

aufmunternd zu diesen herzerwärmenden Worten.

"Wenn Sie wollen, können wir Ihnen dabei behilflich sein. Sofort, wenn Sie wollen.

Wir haben viel Zeit."

Ich nicke den beiden Halluzinationen beruhigend zu und gieße mir erst einmal

einen Becher Morgens-Nachmittags-und-Abends-Droge hinter die Binde. Als ich

die Augen wieder aufmache, stehen die beiden immer noch im Gang und grinsen

mich an. Teufel! Also doch keine Halluzination!

"Ja... wie wär's, wenn wir in mein Büro gehen", sage ich, und die beiden ZJs

strahlen.

In Nullkommanix haben sie aus ihren Aktentaschen abgegriffene Bibeln mit

hunderten von Merkern an der Seite herausgeholt. Der Ältere fängt an und ich

schalte beide Ohren auf Durchzug. Immerhin schaut es vom Gang her so aus, als ob

ich mit schwierigen Verhandlungen befaßt wäre, und niemand wagt es, meine

Morgenruhe zu stören.

Niemand außer Leo. Leo ist unser neuester Mitarbeiter. Der geborene Spezialist,

Fachidiot, Elfenbeinturmhocker, so ein richtiger Bytewusler, für den die Welt nur

aus Rechnern, Nicht-Rechnern und ein paar Quanteneffekten am Rande besteht.

Der ältere ZJ sagt gerade:

"... und daher sind wir durch Gottes Wort gewarnt. HIER finden Sie alles. ALLES

war schon einmal dagewesen. WIR sind vorbereitet.

Denken Sie nur an Sodom und Gomorrha..." als Leo ohne anzuklopfen in mein

Büro platzt. Er starrt mich durch seine dicken Brillengläser, Stärke minus 8,

aufgeregt an und ruft:

"Mensch, Leisch! Ich habs! Der back-getrackte Viterbi-Beam-Search hat

retro-gradiente Tensorschwankungen in GOS verursacht.

DESHALB ist die Fusionssimulation explodiert!"

Jetzt erst bemerkt Leo, daß ich nicht allein bin.

"Die Herren sind von der Wachtturm-Gesellschaft", stelle ich vor, und die beiden

ZJs grinsen wieder freundlich.

"Oh, hallo", meint Leo und späht kurzsichtig durch die dicken Linsen, "Software

oder Hardware?"

Das Grinsen der beiden ZJs wird tendenziell fragend:

"Äh... wie meinen...?"

"Eher Software. Wir sprachen gerade über Sodom und Gomorrha", sage ich

erläuternd.

Leo schaut verständnislos:

"Das neue Micro-Code-Protokoll für den assoziativen Mega-Cache?"

"Nein, nein", schaltet sich der jüngere ZJ ein, "Sodom und Gomorrha.

Sie wissen doch: die Städte, die wegen ihrer Sündhaftigkeit mit Feuer und Schwefel

ausradiert wurden."

Leo schaut verdutzt:

"Wann soll'n das gewesen sein? Da hätt' ich doch was übers Internet mitbekommen

müssen..."

Die beiden ZJs starren ihn an, als ob er geradewegs vom Himmel zu uns ins Büro

gestiegen wäre.

"Ja, haben Sie denn noch nie das erste Buch Mose gelesen?" fragt der Ältere

fassungslos mit zitternder Stimme. Schweißtropfen hängen ihm in den gesträubten

Augenbrauen.

Leo's gefurchte Stirn hellt sich auf:

"Multiple Operations Systems Environment. Klar, kenn' ich doch! Ist aber ein alter

Hut. Heute benutzt doch jeder schon lange keine GOD- Strukturen mehr..."

Den beiden ZJs dämmert es, daß hier ein ernsthaftes Kommunikationsproblem

vorliegen könnte. Wie kann man jemanden Angst vor dem jüngsten Gericht

einjagen, wenn er nicht einmal die einfachsten Grundbegriffe des Buchs der Bücher

kennt.

"Aber.. aber die Bibel haben Sie doch schon bestimmt mal gelesen...

nein? Aber davon gehört?" fragt der Ältere hoffnungsvoll.

"Hmm, ja", meint Leo nachdenklich. "Im alten NextStep war immer eine Datei

'Bibel.txt' mit dabei. Die haben wir immer für die Performance-Benchmark mit

spell verwendet..."

"Was??"

"Naja, wir haben die Textdatei 'Bibel.txt' dem Speller vorgeworfen und dann die

Zeit gemessen, bis er alle Fehler darin gefunden hat. Das war 'ne ganz gute

Benchmark. Hat meistens so 45 Minuten gedauert..."

Den beiden ZJs treten die Augen aus den Höhlen.

"Fehler? In der Bibel?!"

"Massenhaft", bestätigt Leo ernsthaft nickend.

Die ZJs geben nicht auf. Zäh sind sie schon, das muß sogar ich zugeben.

"Aber meinen Sie denn nicht, daß Sie sich auch das angekündigte Ende vorbereiten

sollten? Wir könnten Ihnen doch zeigen, hier in der... äh...

Bibel..."

Leo schaut mich entsetzt an:

"Ende? Wurde mein Kontrakt etwa nich' verlängert?!"

Ich beruhige ihn.

"Na, dann", meint Leo erleichtert, "Sie haben mir vielleicht einen Schrecken

eingejagt... Da fällt mir ein, ich muß noch den neuen Scanner tunen..." und weg ist

er.

"Aber die... die Sintflut! Denken Sie doch mal an die Sintflut!" brüllt ihm der

Jüngere hinterher.

"Ja?" sage ich ruhig, "was ist damit?"

Die beiden ZJs, etwas aus der Fassung gebracht, aber noch nicht geschlagen,

konzentrieren sich wieder auf mich.

"Äh.. ja, die Sintflut oder Sündflut, 1. Buch Moses 6 - 8, da sehen Sie doch, was wir

jederzeit wieder gegenwärtig sein müssen, wenn wir weiter so gottlos leben wie

bisher..."

Inzwischen ist es halb zwölf, Zeit fürs Mittagessen, und die Burschen gehen mir

allmählich auf den Geist.

"Erstens", sage ich, "kommt 'Sintflut' nicht von 'Sündflut', sondern von 'Sinvluot',

was auf althochdeutsch einfach 'große Flut' bedeutet.

Zweitens sind inzwischen die meisten Ihrer Mitmenschen begeisterte Surfer,

Taucher, Segler und sonstige Wassersportler, die gegen ein bißchen mehr

Wasserfläche bestimmt nichts einzuwenden hätten. Also was solls?

Drittens weiß ich aus sicherer Quelle - ich habe nämlich erstaunliche Connections ­

daß in nächster Zeit ganz bestimmt keine Sintflut auf dem Programm steht.

Und viertens geh ich jetzt zum Mittagessen. Aber vorher verrate ich Ihnen noch

etwas, womit Sie Ihr nächstes Opfer beeindrucken können.

Schlagen Sie mal die Offenbarung Johannes 8, 10-11 auf und lesen Sie vor!"

Der Jüngere gehorcht tatsächlich:

"'Und der dritte Engel blies seine Posaune; da fiel ein großer Stern vom Himmel,

der brannte wie eine Fackel und fiel auf den dritten Teil der Ströme und auf die

Quellen. Und der Name des Sterns ist Wermut.

Und der dritte Teil des Wassers wurde bitter, und viele Menschen starben von dem

Wasser, weil es so bitter geworden war.'"

Die beiden ZJs starren mich erwartungsvoll an.

"Wissen Sie was 'Wermut' auf russisch heißt? Tschernobyl!" sage ich und gehe

hinunter in die Cafete.

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Auf dem Gang krächzt es heiser. Ein schlechtes Zeichen! Wenn Frau Bezelmann ihren Raben Nero mitschleppt, heißt das, daß sie nicht nur mal eben für kleine Mädchen geht. Es heißt, daß sie in offizieller Mission unterwegs ist, am Ende sogar im Auftrag des Chefs. Offizielle Mission - das riecht nach Ärger, oder schlimmer: nach Arbeit. Im nächsten Moment steht sie auch schon im Türrahmen. Typisch, daß sie bei mir anfängt! In der linken Hand trägt sie einen Teller, DEN Teller. Nero sitzt auf ihrer linken Schulter festgekrallt und betrachtet mich höhnisch aus seinen kleinen gelben Knopfaugen. Jedesmal, wenn mich dieses gerupfte Rabenvieh anstarrt, sehe ich in seinem Blick die unendliche Verachtung der geflügelten Kreatur über uns lächerliche Erdenwürmer. Dann denke ich ganz schnell an meinen rabensicheren Kühlschrank zuhause, damit ich keine Depressionen bekomme. Frau Bezelmann erläutert mit zusammengepreßten Lippen, daß sie für einen Blumenstrauß sammele; für den Kollegen J., der momentan im Krankenhaus liegt. Frau Bezelmann betont das Wort 'Blumenstrauß' ungefähr wie 'thalasianisches Höhlenstinktier'. Frau Bezelmann hat für solche läppischen Sentimentalitäten nicht viel übrig, genauer gesagt, überhaupt gar nichts. Wenn es wenigstens ein Kaktus, eine hübsche Carnivore oder wenigstens eine gescheite Distel gewesen wäre! Das Sekretariat ist inzwischen voll davon; manche schnappen, wenn man zu dicht dran vorbeigeht. Besonders beliebt bei den Mitarbeitern ist auch der 'Post-Kaktus': Frau Bezelmann pflegt die Post nicht mehr in die Fächer zu verteilen, sondern piekt sie auf einen riesigen Säulenkaktus in der Ecke des Sekretariats. Je unbeliebter man im Sekretariat ist, desto tiefer im Stachelgewirr muß man seine Post suchen. Fairerweise muß ich hinzufügen, daß Jodtinktur und Verbandsmaterial immer bereitliegen. Frau Bezelmann hält mir also DEN Teller hin; ihre andere Hand hält sie hinter dem Rücken verborgen. Die herabgezogenen Mundwinkel irritieren mich; normalerweise ist das ein gefährliches Zeichen. "Was haben Sie da eigentlich hinter Ihrem Rücken?" frage ich vorsichtig.

Ihre Mundwinkel zucken ganz leicht.

"Etwas, was die Spendenfreudigkeit der Mitarbeiter sichern soll", sagt sie

bissig, und Nero krächzt beifällig.

Ich zahle anstandslos meinen Obulus - schließlich weiß ich vom Herumstöbern in

ihren Mails, daß Frau Bezelmann seit neuestem Mitglied im feministischen

Schützenverein 'Pink Ladykillers' ist. Und im Sekretariat lagen in letzter Zeit öfters

Waffenkataloge herum...

Wenig später kracht es weiter hinten im Korridor - offensichtlich hat ein geiziger

Mitarbeiter die Zeichen falsch verstanden...

Kollege J. ist übrigens nicht wegen Blinddarm oder Tonsilektomie bei den

Profi-Quacksalbern. Oh nein!

Er erholt sich von einem fast tragisch verlaufenen Lachkrampf!

Vorige Woche hatte der Chef den Kollegen J. gebeten, ein Software-Paket für

Windows 95 auf seinem Laptop zu installieren. Der Laptop des Chefs ist der

einzige Rechner am LEERstuhl, der unter Windows 95 fährt bzw.

vor sich hin torkelt.

Kollege J., von Natur aus gutmütig und hilfsbereit, ist nach vier Tagen am Ende

seiner geistigen Kräfte - und die Software läuft immer noch nicht.

Ausgerechnet zu diesem kritischen Zeitpunkt taucht ein Vertreter auf, der uns seine

neuen Industrie-PCs anpreisen will. Frau Bezelmann schickt ihn ahnungslos zum

Kollegen J. (bei mir versucht sie sowas schon gar nicht mehr; ich lasse die

Burschen gar nicht erst in mein Büro!).

Kollege J. schaut sich das Vorführmodell an, daß der Vertreter freundlicherweise

gleich mitgebracht hat, und fragt, warum das Ding keinen Reset-Knopf habe.

Daraufhin erläutert ihm der Vertreter treuherzig, daß inzwischen die meisten

Anwender ja Windows 95 verwendeten und das sei ja sooo stabil, daß man ja

eigentlich auf den Reset-Knopf verzichten könne.

Kollege J. starrt den Mann einen Augenblick lang fassungslos an und dann ­

ROTFL. Ein geradezu klassischer Fall!

(Falls jemand nicht wissen sollte, was 'ROTFL' bedeutet, soll er sich erstens schämen und zweitens ist es die Abkürzung für 'Rolling on the floor laughing'.) Als Kollege J. nach drei Stunden und 27 Minuten immer noch im Zustand ROTFL

ist und kaum noch Luft bekommt, ruft Frau Bezelmann den Notarzt.

Noch bevor dieser eintrifft, kommt mir die rettende Idee, dem Patienten die

Installationsanleitung von Win95 laut vorzulesen. Schon nach dem ersten Absatz

geht Kollege J.s lebensbedrohlicher Lachkrampf in einem ebenso

lebensbedrohlichen Weinkrampf mit suizidalen Tendenzen über.

Bevor er jedoch die nächste Steckdose erreichen und sich selbst defibrillieren kann,

kommen zum Glück die Sanitäter (Sanitöter?) und nehmen ihn hops.

Inzwischen hören wir, daß Kollege J. auf dem Wege der Besserung ist.

Es kam noch einmal zu einem schweren Rückfall, als die Schwester in der

Aufnahmestation J.s Personalien mit einem Win95-PC erfassen wollte, der keinen

Reset-Knopf hatte. Aber inzwischen geht es ihm wieder blendend.

Er liest viel; vor allem über UNIX und veraltete VMS-Manuals...

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Mein Telefon schmachtet mich an: "Nimm' mich! Nimm' mich!" Das traditionelle Telefonklingeln kommt ja sowieso immer mehr aus der Mode,

aber dem üblichen billigen Synthesizer-Gedüdel kann ich nun gar nichts

abgewinnen. Deshalb habe ich mein Telefon mit einem Voice-Chip versehen und

auf Mariannes Stimme programmiert - im Schlafimmer- Modus, versteht sich!

"Nimm' mich! Nimm' mich! Nimm' mich!"

Ich sehe am Display, daß es sich um ein internes Gespräch handelt, also schalte ich

das neue Video ('Terminator (18)') auf Pause und hebe ab. Es ist Frau Bezelmann.

"Ein Hörr Oberstöötsröt Pickert vom österreichischen Verkehrsministerium möchte

Hörrn Doktör Leisch sprechen!"

Frau Bezelmann hält nichts von akademischen Titeln; daher die affektierte

Betonung. Eine solche Haltung trifft bei allerdings den Österreichern auf keinerlei

Verständnis. Ich schaue auf die Uhr in meinem Display und schalte den Video ganz

ab. Noch nicht mal halb zwölf Uhr und schon wieder Stress!

Herr Oberstaatsrat Pickert begrüßt mich mit wienerischer Jovialität, eben so richtig

von mächtigem Oberstaatsrat zu popeligem Doktor, nicht wahr?

Nach einigen einleitenden Begrüßungsfloskeln kommt er schnurstracks zum Kern

seines Anrufs:

"Ihr... äh... Institut hat doch in unserem Auftrag die Entwicklung der ÖstAuVig

übernommen..."

Ich bestätige freundlich, daß dem so sei. Der Chef hatte über irgendwelche Spezeln

im Wiener Innenministerium diesen kleinen Auftrag an Land gezogen und mir aufs

Auge gedrückt:

'Entwurf und Herstellung der österreichischen Autobahn-Vignette', kurz ÖstAuVig.

"Ja, also", fährt der österreichische Oberstaatsrat kritisch fort, "wir haben ja jetzt die

ersten Muster von Ihnen bekommen, und ich hätte da noch...

hm... ein paar Fragen...

Warum gibt es eigentlich nur ein Pickerl für zehn Tage und dann gleich eins für

zwei Monate? Wäre ein Monat nicht sinnvoller gewesen?"

"Vielleicht", antworte ich. "Nach unserer Computersimulation sind aber zehn Tage

und zwei Monate die absolut ungünstigsten Zeitspannen für ihre Urlauber."

"Aber..."

"Denn einerseits macht heutzutage niemand mehr nur eine Woche Ferien,

andererseits hält es auch niemand zwei Monate in Österreich aus. Sie werden also

massenweise die 2-Monats-Vignetten verkaufen und machen einen hübschen

Gewinn, ohne daß die Leute die zwei Monate wirklich ausnutzen können."

Das leuchtet den Oberstaatsrat natürlich ein.

"Aha. Nun gut. Aber was die Pickerl selber angeht... ähm... in der Spezifikation

steht... Moment...

'Trapezförmig, mit dem österreichischen Bundesadler als dominante Graphik (in

Silber gehalten) in der Mitte...' Also, irgendwie sieht mir die Graphik nicht aus wie

der österreichische Bundesadler..."

"Finden Sie wirklich?"

Ich hole das Photo aus dem Ordner und betrachte es kritisch. Frau Bezelmann hat

im letzten Fasching ihren Raben Nero mit silbernem Haarspray 'verkleidet'. Zum

Glück konnte ich ein Photo auftreiben.

"Also, es ist zweifellos ein großer Vogel mit Schnabel und ausgebreiteten

Schwingen; er ist ganz in Silber und ich finde, er schaut sehr österreichisch aus.

Vielleicht könnte man offiziell verlautbaren, es handele sich um den

österreichischen Bundesadler in Art Deco."

"Na schön", meint der Oberstaatsrat, unsicher geworden. "Lassen wir die Ästhetik

mal beiseite. Aber es gibt noch ein viel dringenderes Problem: wir haben eins Ihrer

Muster mal hier in meinem Büro an die Scheibe geklebt.

Und jetzt geht das Ding nicht mehr weg! Auch nicht mit dem Glasschaber!

Der Fensterputzer hat bei dem Versuch, es zu entfernen, sogar die Scheibe

zerbrochen..."

Ich blättere in den Spezifikationen:

"Hmm... Abschnitt 4, Punkt 3, zweiter Absatz... haben Sie das auch vorliegen? Gut.

Da heißt es nämlich:

'Die Vignette ist so zu gestalten, daß ein zerstörungsfreies Ablösen unmöglich

gemacht wird usw.' Ich würde sagen, wir haben uns ziemlich genau an die

Spezifikation gehalten..."

Der Herr Oberstaatsrat sieht das zwar anders, muß aber zugeben, daß nirgendswo

spezifiziert wurde, WAS beim Ablösen 'zerstört' werden soll.

"Sie haben ja keine Ahnung, was da an Schadensersatzansprüchen auf uns zu

kommt!" klagt er.

Ich versuche ihn zu trösten:

"Was kann da schon passieren: ein Jahr hat 365 Tage. Also kann man im Extremfall

36 Vignetten pro Jahr auf die Windschutzscheibe kleben. Da bleibt immer noch

genug Platz zum Durchschauen..."

"Aber..."

"Oder empfehlen Sie den Leuten doch einfach, sie sollen das Ding von außen auf

die Windschutzscheibe kleben. Nach den Ergebnissen unserer

Bewitterungsversuche im Materialprüfungsamt löst sich die Vignette nach 400

Stunden Bewitterung mit österreichischen Wetter sowieso von allein ab."

"Was!?"

"So steht's in unserem Zwischenbericht. Seite 345 oder 435 oder so.

Interessanterweise löst sich der Bundesadler erst ganz zum Schluß..."

"Aber... aber... wenn man das Pickerl von außen aufklebt, kann man doch gar nicht

mehr ablesen; dann sieht man doch nur noch die Rückseite!"

Aha! Ein Logiker, der Herr Oberstaatsrat!

"Spielt das eine Rolle?" kontere ich. "Im Projektlaufplan ÖstAuVig sind keinerlei

Gelder für die Kontrolle vorgesehen. Es wurden nämlich nur Gelder für Entwurf,

Produktion und Marketing genehmigt..."

Der österreichische Ober-Pickerl schnappt nach Luft.

"Aber... Das ist streng geheim! Das dürfen Sie gar nicht wissen! Das wird

Konsequenzen haben!" ereifert sich Österreich.

"Nanana! So geheim auch wieder nicht!" sage ich. "Genausowenig wie der wahre

Grund, warum der Auftrag ans Ausland vergeben wurde und nicht von einer

österreichischen Firma bearbeitet wird..."

Im Apparat ist für 5 Sekunden Funkstille. Ich warte gespannt.

"Das... das... wissen Sie AUCH?!" stottert kommt es schließlich fassungslos durch

die Leitung.

BINGO! Ich hätte ja wetten können, daß da noch mehr dahintersteckt!

"Na logo", gebe ich zurück. "Aber machen Sie sich keine Sorgen. Solange Sie die

kleinen Lapalien vergessen können, über die wir so nett geplaudert haben, und die

Projektgelder weiter ungehindert fließen, sind diese unbedeutenden

Hintergrundinformationen bei mir so sicher wie in einem Schließfach der

österreichischen Bundesbank."

Herr Oberstaatsrat Pickert schluckt hörbar, ist aber mit allem einverstanden.

Später, als ich in den Zeitungen nach Prospekten für eine verbesserte

Video-Projektions-Anlage (= ÖstAuVig-Gelder) krame, stoße ich auf eine kurze

Notiz:

'Österreichische Bundesbank beraubt. Täter entwenden sämtliche Wertsachen aus

Schließfächern in Wien.'

Ich schätze, Oberstaatsrat Pickert wird das nicht lustig finden.

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Der Chef meint, ich müsse etwas für meine Hochschul-Karriere tun, und hat mich zu einem Hauptseminar verdonnert. "Ich... äh... ich weiß doch, äh... Leisch, daß... nun ja, daß Sie der geborene Hochschullehrer sind... hrrm... ja, und... äh... daß die... die... Dings, na! die Studenten von Ihrer... äh... Einführungs-Veranstaltung... äh... ja, ganz begeistert sind..." Nach meiner letzten Einführungs-Vorlesung hatten sechs Studenten sich freiwillig einer Therapie unterzogen. Wenn man bedenkt, daß nur sieben es überhaupt gewagt hatten zu erscheinen, keine schlechte Quote. Als ich den Chef frage, über welches Thema ich ein Hauptseminar veranstalten solle, meint er, ich solle mir was Interessantes einfallen lassen. Die Wahl eines geeigneten Themas kann für den Erfolg einer LEERveranstaltung entscheidend sein - soviel habe ich schon gelernt. Um mir also allzuviel Stress zu ersparen, kündige ich mein Hauptseminar wie folgt an: "Performanz-Simulation von API-Switch-Kopplern mit Hilfe 7­ dimensionaler nicht-linearer Tensor-Mathematik bei modulierter Heissenbergscher Tunnel-Exuberation (mit praktischen Übungen)" Trotzdem erscheinen drei (männliche) Studenten zur Vorbesprechung. "Tres facit collegium", lächele ich grimmig und skizziere den dreien ein Semesterprogramm, daß die sauerstoffarmen Streberjüngelchen noch um fünf Grade blasser werden. Beim nächsten Termin erscheint nur noch einer. Erleichtert kann ich die Veranstaltung wegen 'Mangels an Beteiligung' für dieses Semester absagen. Bei der Einführungsveranstaltung, da Pflicht für alle Drittsemester, liegt der Fall nicht so einfach. Aber der Chef hat nicht ganz unrecht: ich finde daran sogar so etwas wie Gefallen (obwohl es natürlich mit anstrengender Arbeit verbunden ist!). Gleich in der ersten Stunde frage ich, wer von den Anwesenden im letzten Semester durchgefallen ist, also diesmal die letzte Chance hat, das Vordiplom noch zu bestehen. Die Namen derer, die so dumm sind, die Hand zu heben, merke ich mir speziell für die Abschlußprüfung vor. Dann lasse ich eine Liste herumgehen, wo die Studenten ihre email- Adressen eintragen sollen, damit sie von mir Unterrichtsmaterial beziehen können. Schließlich sind wir ein sehr fortschrittlicher LEERstuhl.

Außerdem macht es mehr Spaß, User-Mail zu lesen, wenn man das dazugehörige Gesicht kennt. Danach beginne ich ohne weitere Verzögerung mit dem umfangreichen Stoff. Ich verwende in dieser Vorlesung meine bewährte 'Wechselbad- Didaktik': in den ersten Stunden heize ich den StudentInnen (da wars wieder!) so ein, daß später niemand sagen kann, ich hätte sie nicht gefordert. Den Rest des Semesters verbringe ich mit läppisch-seichten Zahlen-Spielereien, um dann in der Abschlußprüfung wieder voll zuzuschlagen. Die Tatsache, daß noch niemand die Note 'Sehr gut' erzielt hat, seitdem ich diese Veranstaltung übernommen habe, beweist den durchschlagenden Erfolg meiner Methode. Die Zeit schreitet voran und schon nach der ersten akademischen Stunde habe ich die gesamte Schulmathematik als 'banale Trivialitäten' an die Tafel geworfen und so schnell wieder abgewischt, daß niemand die Chance hatte, es mitzuschreiben. Der Angstschweiß steht meinen Hörern schon auf der Stirne, als ich locker sage: "Soviel zu den mathematischen Grundlagen, die Sie ja sicher schon beherrschen. Der Vollständigkeit halber wiederhole ich in den verbleibenden 40 Minuten noch kurz die Grundlagen der Quantenmechanik, die wir unbedingt brauchen werden." Zur Abwechslung verwende ich jetzt den Overhead-Projektor, dessen

Fresnell-Linse ich so mit Domestos verätzt habe, daß auf der Leinwand kaum noch

etwas zu erkennen ist. Außerdem ziehe ich die mit Formeln vollgepackten blassen

Folien so schnell durch, daß selbst ein Weltmeister im Schnell-Lesen ernsthafte

Schwierigkeiten hätte.

Ein Student wagt es, eine absolut triviale Frage zu stellen. Ich ermahne ihn

nachsichtig, seine Fragen für die wirklichen Probleme aufzusparen.

Als ich die Veranstaltung beende, sind sich 95 % der Anwesenden - mich selbst

eingerechnet - relativ sicher, das falsche Studienfach gewählt zu haben.

Eine besonders hartnäckige Studentin tritt mir in den Weg, als ich mich endlich in

die Cafete absetzen will.

Das mit der asymmetrischen Tensormatrix habe sie nicht ganz verstanden.

Wieso brauche man dazu einen Lagrange-Operator?

"Ganz einfach", sage ich, "der Lagrange-Operator erleichtert die partielle Ableitung der Eigenwert-Matrix nach den rotierten Laplace-Koeffizienten. Sie können das alles im 'Klöber/Meindl' nachlesen, im Kapitel über rotierte Laplace-Koeffizienten." Sie bedankt sich beeindruckt und verspricht, daß sie das sicher tun werde.

Auf dem Weg in die Cafete überlege ich flüchtig, wie lange sie wohl braucht um

festzustellen, daß ein Buch dieser Autoren gar nicht existiert.

Genausowenig wie ein 'rotierter Laplace-Koeffizient'.

Auf alle möglichen Fragen eine Antwort wissen ­

das ist es, was einen guten Hochschullehrer ausmacht !

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Kollege O. ist dienstlich auf den Komoren - und ich 'darf' ihn im 'Praktikum für applikationsorientierte Programmierung', kurz PRAPPRO, vertreten. Ich mache gute Miene zum bösen Spiel und marschiere am Dienstag morgen zu nachtschlafender Zeit hinüber in den CIP-Pool, wo bereits zwanzig Studenten (tatsächlich nur männliche!) im PRAPPRO meiner LEERweisheit harren. "Meine Herren", sage ich, "heute vergessen Sie mal alle Theorie und bemühen

Ihren gesunden Menschenverstand."

Man grinst unsicher und schielt in die Unterlagen, ob der Punkt 'Gesunder

Menschenverstand' überhaupt im Vorlesungsprogramm steht.

Ich schalte den LEERmonitor aus, gehe nach vorne und male drei geschlossene

Türen nebeneinander auf die Tafel.

"Hier sehen Sie drei geschlossene Türen. Hinter einer befindet Hella von Sinnen,

hinter einer zweiten Helga Feddersen und hinter der dritten - Michelle Pfeiffer. Sie

wissen aber nicht, welche Dame hinter welcher Türe steht - ich dagegen schon. Ihre

Aufgabe besteht nun darin, eine der Türen zu öffnen und mit der dahinter

befindlichen Dame... hmm... einen Abend zu verbringen. Wen würden Sie natürlich

am liebsten finden?"

Ich deute auf einen pubertär grinsende Jüngling in der ersten Reihe.

"Äh... Michelle Pfeiffer?"

"Richtig! Und wie sind Ihre Chancen?" Ich deute auf seinen Nachbarn.

"Ein Drittel."

"Korrekt. Also etwa 33 zu 66. Jetzt ändern wir die Spielregeln etwas: Sie

entscheiden sich zunächst wie vorher für eine der drei Türen, ÖFFNEN SIE ABER

NOCH NICHT!

Dann öffne ICH eine der beiden übrigen Türen und zeige Ihnen, daß sich Michelle

Pfeiffer dahinter NICHT befindet.

Jetzt haben Sie noch einmal die Wahl, ob Sie bei Ihrer ersten Entscheidung bleiben

oder sich für die dritte, noch geschlossene Tür entscheiden. Bringt diese

Möglichkeit zur Umentscheidung irgendeinen Vorteil für Sie?"

Zögerndes Kopfschütteln.

"Es ist also egal, ob Sie sich umentscheiden oder ob Sie bei Ihrer ersten

Entscheidung bleiben?" frage ich.

Ein Student hebt die Hand.

"Es ist ganz egal", sagt er selbstsicher. "Denn wir wissen ja jetzt sicher, daß hinter

den verbleibenden beiden Türen Michelle Pfeiffer und eine...

von den anderen steht. Folglich ist es egal, ob ich mich umentscheide oder nicht.

Die Chancen für einen Treffer bei der zweiten Entscheidung stehen 50 zu 50."

"Ist das auch die Meinung der anderen?" frage ich in die Runde.

Allgemeines Köpfenicken.

"Gut", sage ich. "ICH behaupte jetzt, daß es durchaus einen Unterschied macht.

Und zwar behaupte ich, daß Sie bessere Chancen haben, bei Michelle Pfeiffer zu

landen, wenn Sie sich IMMER umentscheiden."

Das Studentenvolk glotzt ungläubig.

"Wenn Sie mir nicht glauben, biete ich eine kleine Wette an: Ich setzte jeweils fünf

Mark pro Mitspieler auf meine Theorie, und Sie - wenn Sie mitspielen wollen ­

setzen jeder fünf Mark auf Ihre Theorie. Nachdem wir herausgefunden haben, wer

Recht hat, wird der Jackpot auf die Gewinner verteilt."

Ungläubiges Grinsen; die Studenten gucken sich verblüfft an.

Von wegen 'applikationsorientierte Programmierung'! Diese Frischlinge haben noch

keinen Dunst vom wirklichen Leben da draußen!

Ich werde dafür sorgen, daß sie zumindest diese Lektion nicht so leicht vergessen!

Der Naseweis von vorhin meldet sich wieder.

"Und wie finden wir heraus, welche Theorie die richtige ist?" will er wissen.

"Sie sind hier in einem Programmierpraktikum für 'applikationsorientierte

Programmierung'", antworte ich süffisant lächelnd, "ist Ihnen das schon

aufgefallen? Na, also! Dann programmieren Sie jetzt eine Simulation beider

Theorien und lassen ein paar zigtausend Experimente durchlaufen.

Dann werden wir ja sehen, wer recht hat..."

Neunzehn von zweiundzwanzig setzen fünf Mark auf die 'fifty/fifty'- Theorie. Die

restlichen drei Spielverderber merke ich mir für die Zwischenprüfung vor!

Dann lasse ich die Burschen loshacken. Ich sacke inzwischen das Geld ein und gehe

hinüber zum 'Compu 4000', wo ich den neuesten Data-Glove erstehe.

Als ich nach eineinhalb Stunden zurückkomme, sehe ich ringsherum lange

Gesichter. Bis auf einen Schmalspur-Programmierer, der einen Bug in seiner

Zufallsroutine hatte, haben alle Ergebnisse herausbekommen, die meine Theorie

bestätigen.

"Sie sehen also, meine Herren", fasse ich zusammen, "den gesunden

Menschenverstand benutzen, heißt in erster Linie, ihm nicht zu trauen. Im

Zweifelsfalle lieber ERST simulieren, DANN denken!

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Ich sitze in meinem Büro und beobachte zähneknirschend, wie sich der Minutenzeiger auf die volle Stunde zu bewegt. Elf Uhr: Zeit für die Studienberatung. Widerstrebend lege ich den Hörer auf die Gabel zurück. Eigentlich hätte das nicht passieren dürfen. Die anderen haben mich glatt überrumpelt. Letzte Woche beim Kaffeetrinken sagt der Kollege O. plötzlich mit einem Seitenblick auf mich: "Wir müssen ja noch auswürfeln, wer dieses Semester die Studienberatung macht." Und bevor ich noch Piep sagen, geschweige denn die Spezialwürfel aus meinem

Büro holen kann, hat er schon ein paar Würfel herausgezogen.

Eine Zwei und eine Drei! Schon im ersten Durchgang glatt verloren. Die hämischen

Gesichter, das schadenfrohe Grinsen, Frau Bezelmanns herabgezogene

Mundwinkel! So was darf einem BAFH nicht passieren!

Wo bleibt mein schlechter Ruf?

Wäre ich Klingone, würde ich jetzt sagen, ich wäre entehrt und der Name meiner

Familie in den Schmutz gezogen. Und dann würde ich mich im schalltoten Raum

einsperren und mit dem Schmerzstock geisseln.

Zum Glück bin ich pragmatischer veranlagt. Zunächst lasse ich meinen speziellen

Spell-Checker über sämtliche Textdateien des Kollegen O.

laufen. Während ich noch beobachte, wie unzählige Kommata ihren Platz tauschen,

klingelt das Telefon.

"Hallo", sage ich. "Ist dort die Studienberatung für das Fach ?" fragt eine schüchterne Stimme. Ich bestätige, daß dem so sei, und füge mit der freien Hand noch ein paar Dutzend 'vorallem' in O.s Texte ein. "Ähm... also... äh... es ist so, daß... ich... ich dachte, daß... ähm... also ich weiß gar nicht, wie ich... jedenfalls wollte ich mich eigentlich erkundigen... ähm..." Dieser Job ödet mich an! Um die Sache abzukürzen, sage ich: "Sie haben gerade Ihr Abitur bestanden und möchten jetzt studieren, wissen aber nicht was. Unser Fach klingt toll, aber Sie wissen überhaupt nichts darüber. Also machen Sie sich Sorgen, ob es die richtige Entscheidung ist,

die Sie jetzt treffen müssen, von wegen Berufsaussichten und so. Und dann wissen Sie ja nicht, was in so einem Studium so alles verlangt wird, und ob Sie das überhaupt schaffen können, und ob es Spaß macht. Außerdem sind Sie 18 Jahre alt, haben braune Haare und schwärmen für Pferde. Und am liebsten hätten Sie es, wenn Ihnen jemand diese Entscheidung abnehmen würde, wie es Ihre Eltern bisher immer getan haben." Ich höre, wie am anderen Ende der Leitung jemand nach Luft schnappt. "Woher wissen Sie das alles?! Sind Sie Hellseher?" keucht sie. "Ich mache den Job schon länger", erkläre ich und pflanze ein paar der neuesten bulgarischen Viren an strategische Stellen in O.s Account. "Aber... aber mein Alter, meine Haarfarbe..." Soll ich ihr jetzt auch noch erklären, was angewandte Statistik ist? Das Ganze dauert schon viel zu lange! "Wollen Sie nun eine Antwort oder nicht?" sage ich. "Wwwwworauf??" "Ob Sie unser Fach studieren sollen oder nicht", erkläre ich seufzend. "Ähm... ok." "Lassen Sie's", sage ich und lege auf. Ich hasse diesen Job! Kollege O. wird seine Textdateien nicht wiedererkennen! Sicherheitshalber fahre ich einen zusätzlichen Backup- Zyklus über seinen Account, damit die Änderungen auch auf den Bändern zu finden sind. Es klopft. Ein junger schlaksiger Mann mit erstaunlich weit abstehenden Ohren und schmalzigem Haar betritt bewaffnet mit einer Schulmappe mein Büro. Er sei im ersten Semester und möchte sich gerne beraten lassen. Ich frage geduldig, worum es sich handele. "Nun, ja", sagt er unsicher, "ich verstehe nicht ganz, was ich alles als Voraussetzung zur Diplomvorprüfung haben muß." Oh Hölle! "Aha", sage ich und deute einladend auf den Besuchersessel, "überhaupt kein Problem. Haben Sie was zum Schreiben mit? Gut, also als Zulassungsvoraussetzung zur ersten Diplomvorprüfung (ZVDVPI) brauchen Sie zunächst einmal natürlich den großen Hauptfachschein A1 und drei Nebenfachscheine der Klasse B, wobei Sie beachten müssen, daß jeder von den letzteren mindesten dreieinhalb Semesterwochenstunden abdecken muß. Alternativ können Sie auch eine Studienarbeit von mindestens zwei Monaten, aber nur von sogenannten fachrelevanten Fächern einbringen; das erspart Ihnen einen B5 Schein, aber nur B5, klar? Die Voraussetzung für die Anerkennung der Studienarbeit sind allerdings entweder fünf bestandene, d.h. mit mindestens Note 4.0 benotete Hausarbeiten im Hauptfachschein, aber nicht in borelanischer Fluidmechanik, oder die Teilnahme am BOD-Praktikum, wobei Sie nur die

erste Hälfte erfolgreich absolviert haben müssen. Desweiteren brauchen Sie als ZVDVPI die erfolgreiche Abnahme in einem Klasse V Praktikum - das ist entweder den großen Verwaltungs-Management- Schein (VMS) oder das Praktikum der Programmierung, Teil 1 (PDP11) - oder sie bringen zwei Jahre Berufserfahrung aus einen früheren Leben - Verzeihung, ich meine natürlich - Studium ein. Letzteres muß aber vom FB, vom Fachbereichsrat, auf

gesonderten Antrag genehmigt worden sein. Sie können sich bei einer

etwaigen Ablehnung aber auch direkt an...

Stimmt was nicht?"

"Ich... ich glaube, ich schaue mir das nochmal in Ruhe im Vorlesungsverzeichnis an", stottert das Bürschlein. Warte, so leicht kommst du mir nicht davon! Ich drücke ihn sanft aber entschieden auf den Stuhl zurück und fahre fort: "Da steht aber bei weitem nicht alles drin, was Sie wissen müssen! Passen Sie auf: statt dem vorhin erwähnten BOD-Praktikum können Sie sich auch einem BOD-Eignungstest unterziehen, nach dessen Bestehen Ihnen das Praktikum erlassen wird. Anstelle des vorgeschriebenen KI-Scheins ist es auch möglich, drei extra B3-Klassen-Scheine zu machen, sogar an anderen Hochschulen in München, wenn Sie den Schriftführer des Vordiplomprüfungsausschusses, kurz SdVDPA, überzeugen können, daß Sie ein Härtefall der Stufe drei sind. Um als Härtefall anerkannt zu werden, genügt ein einfaches, formloses Schreiben an das KuMi, zu deutsch Kultusministerium, und zwar an den Sachbearbeiter Grötzenweiler. Grötzenweiler, auch Gröwei genannt, ist seit Jahren bekannt dafür, daß er die zugrunde liegenden Fakten in den an ihn gerichteten Gesuchen nicht nachprüft. Schreiben Sie also getrost, daß Sie seit zwei Jahren debil sind; das genügt normalerweise für einen Härtefall der Stufe drei. Andererseits könnte es für Sie auch von Vorteil sein, wenn Sie die SSL (Sonder-Studium-Laufbahn) einschlagen wollen. Aber für eine SSL brauchen Sie mindesten einen Monat Vorlaufzeit, weil die Sekretärin im Dekanat diese Anträge immer ganz unten einordnet (sie verwechselt SSL immer mit 'sichtbarer Slip-Linie'). Ein dezenter Blumenstrauß kann da Wunder wirken, wenn Sie es geschickt anstellen. Das alles müssen Sie unbedingt im Hinterkopf behalten, wenn Sie Ihr erstes PC-Gespräch haben. Wer ist eigentlich Ihr PC?" "Wwwwas?" "Ihr 'Persönlicher Coordinationstutor' natürlich." "Ich... ich weiß nicht... ich glaube, ich habe gar keinen..." Ich ziehe die Augenbrauen hinauf, soweit ich kann. "Kein PC-Gespräch bisher? Hm, sagen Sie jetzt nicht, daß Sie gar nicht studieren, sondern ?" Der Bursche schluckt und nickt angestrengt. Beim Schlucken wackeln seine knallroten Ohren.

"Ach so", sage ich und lehne mich weit zurück, "warum haben Sie das nicht gleich gesagt. Dann schaut die Sache wieder ganz anders aus. Passen Sie auf..." Aber der Student ist schon auf dem Weg zur Türe. "Ich... ich glaube, ich muß mir das mit dem Studium nochmal genau überlegen..." Ich nicke ernsthaft mit dem Kopf. "Tun Sie das! Nur nichts überstürzen! Und wenn Sie noch irgendwelche Detailfragen zum ZVDVPI haben oder einen PC brauchen, dann wenden Sie sich vertrauensvoll wieder an mich..." Der Bursche wird schlagartig grün im Gesicht und stürzt hinaus - in Richtung Toilette. Soweit ich das hören kann, schafft er es nicht mehr rechtzeitig. 'BOD' steht übrigens für 'Blöd oder Doof'. Anmerkung der Redaktion: Falls Sie meinen, in obig geschilderter Situation eigene oder aus dritter Hand berichtete tatsächlich ereignete Erlebnisse wiederzuerkennen oder glauben, daß Sie einen ziemlich ähnlichen Text in Ihrer Studienordnung gelesen haben, so ist das vom Autor beabsichtigt und eventuell sollten Sie mal mit Ihrer Mutter darüber reden (oder auch nicht!). TEIL 37

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Ich mache meinen üblichen Rundgang durch die Labors und bemerke 3 (in Worten DREI) Workstations, die entgegen meiner ausdrücklichen Anordnung nicht am unterbrechungsfreien Stromkreis angeschlossen sind. Das verdrießt mich, weil ich (im Gegensatz zur Haustechnik) das normale Stromnetz nicht beeinflussen kann. Den unterbrechungsfreien Stromkreis schon, weil er von einer speziellen Überwachungselektronik kontrolliert wird, die zufälligerweise über eine serielle Schnittstelle mit meiner Sun gekoppelt ist. Da ich nur ungern die Kontrolle aus der Hand gebe, beschließe ich, unseren

unbotsmäßigen Mitarbeitern den Nutzen des unterbrechungsfreien Stromnetzes ein

für alle mal deutlich zu machen.

Ich öffne die Kaffeemaschine und schliesse die Heizwendel mit einem

hauchdünnen Eisendrähtchen kurz. Das nächste Mal, wenn jemand die

Kaffeemaschine ansteckt, fliegt natürlich die Sicherung und die unbotsmäßigen drei

Workstations verenden wegen akuten Elektronenmangels. Und weil der Kurzschluß

den dünnen Eisendraht vollständig verdampft, bleibt keinerlei Spur zurück. Das

perfekte Verbrechen!

Kaum bin ich zurück in meinem Büro - ich durchsuche gerade die User-Mail nach

interessanten Themen - klopft es zaghaft an meine Tür.

Da ich pro forma noch Sprechstunde habe, hole ich das WW (Working Window)

auf den Bildschirm und rufe:

"Herein!" Die Antwort ist ein Geräusch irgendwo zwischen Luftschutzsirene und Heulboje, das schlagartig um 30 dB zunimmt, als sich die Türe öffnet. Im Türrahmen steht eine nicht unhübsche, aber mir unbekannte Studentin und lächelt mich entschuldigend-freundlich an. In ihren Armen, fest umklammert ­ wahrscheinlich damit es nicht entkommt - hält sie ein zuckendes Stoffbündel, in dem sich offenhörlich die Quelle des unnachahmlichen nervenzerreibenden Geräuschs befindet: ein ziemlich rotgesichtiges und ganz offensichtlich schlecht gelauntes Baby. "Sie mag es nicht, wenn man sie aus ihrem Buggy hebt", ruft die Studentin mir erklärend über dem ohrenbetäubenden Lärm zu. Ich kann sie kaum verstehen. Beim Versuch, das wild um sich schlagende Baby in seinem Stoffbündel zu halten, dreht sie es zufällig so, daß sein Blick auf mich fällt. Zwei große dunkelblaue Augen starren mich an und - schlagartig verstummt der Lärm. Das Baby lacht

plötzlich. "Gott sei Dank", atmet die junge Mutter auf, "sie mag Sie. Wissen Sie, ich habe gleich ein Referat zu halten und ich kann sie schlecht mit in den Seminarraum nehmen. Daher habe ich gedacht, daß Sie... Sie sind ja sowieso während Ihrer Sprechstunde hier, und da dachte ich... Normalerweise bitte ich Frau Bezelmann, auf sie aufzupassen, aber ich kann sie gerade nicht finden... Sie heißt übrigens Pia. Es wird keine halbe Stunde dauern, das verspreche ich, vielleicht 40 Minuten, höchstens 50. Ich bin dann sofort wieder da. Am besten lassen Sie sie die ganze Zeit in ihrem Buggy sitzen, da fühlt sie sich wohl und..." Während das alles aus dem Munde der Studentin hervorsprudelt, hat sie geschickt eine Art Kleinkinderwagen auf autonom lenkbaren Zwillingsreifen in mein Büro bugsiert und das blauäugige Baby namens Pia hineingeschnallt. "... und ich bin sicher, daß sie ganz brav sein wird. Für den Notfall steckt hier hinten eine Flasche mit Tee - sie können es ihr ruhig ungewärmt geben - und an der Stange hier hängt ihr Dutsi, den verlangt sie manchmal, aber wundern Sie sich nicht, wenn sie ihn verkehrt herum hineinsteckt... Sie wissen ja gar nicht was Sie mir für einen Gefallen tun..." Ich muß zugeben, daß ich das bis vor ein paar Sekunden wirklich nicht wußte. "... das Referat ist sehr wichtig für mich; ich brauche unbedingt diesen Schein... Oh, mein Gott! Ich bin schon viel zu spät dran! Also bis gleich dann..." "Aber...", sage ich - aber sie ist schon weg. Ich starre die geschlossene Türe an. Das sollte eigentlich ein ruhiger Tag werden. Ich wollte in aller Ruhe die User-Mail durchschauen, in ein paar Personalakten herumstöbern und ein, zwei Beschwerdebriefe an die RKfH verfassen. Und jetzt dies! Ich schaue das blauäugige Baby an. Es hat die ganze rechte Hand bis zum Unterarm in den Mund gesteckt und schaut mit seinen dunkelblauen Augen ernsthaft zurück. "Pia?" sage ich versuchsweise. Es lacht. Es lacht und antwortet etwas, was ungefähr wie "Gigjigjikaikaioooh!" klingt. Aus dem Gesichtsausdruck schließe ich, das es etwas Fröhliches sein muß, ansonsten verstehe ich kein Wort. Was soll ich jetzt machen? Der 'Leitfaden für den Bastard X from Hell' hat für diesen Fall keine Eintragung vorgesehen. Während ich nachdenke, hat sich das Baby - Pia, wie ich es in Geiste schon nenne ­ eine Meßstrippe geangelt und den Bananenstecker in den Mund gesteckt. Die rote Gummiisolierung scheint ihr zu schmecken, denn sie beginnt, die meterlange Strippe mit erstaunlichem Appetit in den großen Mund zu schieben.

Ich habe die vage Idee, daß das keine adäquate Beschäftigung für Damen in ihrem

Alter ist, und gehe hinüber, um Pia die Strippe abzunehmen.

In diesem Moment läutet das Telefon. Mit der einen Hand hebe ich ab, mit der

anderen ziehe ich vorsichtig am Ende der Meßstrippe.

"Ja?" sage ich. Es ist die RKfH. Sie möchten bezüglich meines Beschwerdebriefes von vor 7 Monaten einige Fragen klären. Pia hat sich inzwischen in den Stecker verbissen und möchte ausprobieren, ob ich sie daran aus dem Kleinkinderwagen auf autonom lenkbaren Zwillingsreifen heben kann. Währenddessen verhandele ich über meine Spesenabrechnung von Honolulu. Aber ich bin nicht ganz bei der Sache, was auch der RKFH auffällt. "Stimmt etwas nicht?" fragen sie irritiert. "Nein, alles in Ordnung", versichere ich. "Moment... ah! Jetzt hab' ich dich..." In diesem Moment verläßt der Bananenstecker mit deutlich vernehmbarem Ploppen den Babymund. Pia bedauert, daß das herrliche Spiel schon zu Ende ist, und schaltet ihre Luftschutzsirene ein. "Hören Sie, wenn ich lieber später nochmal anrufen soll...", schlägt die RKFH vage vor. Ich versichere schreiend, daß alles in Ordnung sei. "Das sind die Handwerker auf dem Dach, verstehen Sie? Die machen einen Höllenlärm, wenn sie die Verkleidungsbleche aufsägen..." Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, daß irgendein Handwerker so etwas zustandebringt, aber die RKFH akzeptiert die Erklärung. Trotzdem meinen sie, daß ich besser wieder anrufen solle, wenn sich der Lärm etwas gelegt hat. Erleichtert ziehe ich den Stecker des Telefons aus der Wand. Dann denke ich scharf nach, wie das Problem zu lösen sei. Nach dem Bundes-Immissionsschutz-Gesetz, Verordnung über Lärmschutz am Arbeitsplatz, darf man sich einem Lärmpegel von über 100 dB maximal 10 Minuten am Tag aussetzen. Ich schätze, der Lärmpegel in meinem Büro beträgt in den Spitzen zur Zeit etwa 115 dB. Ich muß also schleunigst etwas unternehmen! In der Werkstatt leihe ich mir ein paar Lärmschützer, genannt 'Rabbit Ears' aus und eile zurück zu meinem Büro. Vor der geschlossenen Türe steht Marianne und lauscht mit schiefgelegtem Kopf. "Was ist das für ein infernalischer Krach, der da aus Ihrem Büro kommt? Hören Sie eine klingonische Oper?" fragt sie. "Das klingt ja fast wie..." Ich erkläre hastig, daß die Lager in meiner Festplatte dringend geschmiert werden müssen, und frage, ob sie nicht schon längst Aufsicht im Mikroprozessor-Praktikum halten müsse. Wieder im Büro schließe ich als erstes die Türe hinter mir ab. Wenn jemand erfährt, daß ich auf ein blauäugiges Studenten-Baby aufgepaßt habe, verliere ich meinen

schlechten Ruf!

Mit den Rabbit Ears ist der Lärm unterhalb der Schmerzgrenze und ich kann

weitere Schritte unternehmen. Was mache ich sonst, wenn ich bei einem Problem

mit der Verwaltung nicht weiterkomme? Richtig!

Erpressung oder Bestechung!

Da ich mit der Erpressung von Babies wenig Erfahrung habe, suche ich zunächst

nach der Teeflasche für Notfälle. Nur anhand des Gummisaugers kann ich

messerscharf schließen, daß es sich bei dem merkwürdig geformten durchsichtigen

Objekt mit grell-rotem Inhalt um die Teeflasche handeln muß. In meiner

Erinnerung sahen Babyflaschen ganz anders aus. Egal!

Ich zeige Pia die Teeflasche und erkläre ihr langsam und deutlich, daß sie sofort

Tee bekomme, wenn sie mit dem infernalischen Lärm aufhöre. Keine Wirkung. Der

Lärm geht weiter.

Vielleicht funktioniert das bei Babies anders als bei Verwaltungsangestellten,

vielleicht muß man das Bestechungsgut zuerst aushändigen, bevor man die Ware

erhält.

Ich halte Pia, die mittlererweile bläulich angelaufen ist, vorsichtig die Flasche in

Reichweite. Ein perfekt gezielter Handkantenschlag befördert das Bestechungsgut

auf meinen Schreibtisch. Dort prallt das zum Glück unzerbrechliche Ding an

meinem Display ab.

Leider löst sich der Gummisauger und die grell-rote Flüssigkeit ergißt sich in mein

Keyboard. Auf dem Display zuckt es und es erscheinen einige Seiten Hieroglyphen,

bevor meine Workstation das Handtuch wirft und einen Notfall-Shutdown einleitet.

Als letzten Ausweg halte ich Pia ihr 'Dutzi' vors Gesicht. Sie greift danach, einige

gewaltige Schluck-Schluchzer, die Sirene läuft langsam aus. Ich atme auf.

Ich beseitige gerade den teuflisch klebrigen Tee von meinem Schreibtisch, als es

klopft.

"Äh... hrrm... Leisch? Sind Sie da... äh... drin?" Der Chef! Ausgerechnet jetzt! Ich öffne die Türe einen Spalt und schlüpfe hinaus. "Ah... äh... was wollte ich noch... Ach, ja! Ich wollte Sie... hm... über den... den... Dings... den... äh... Stand im SCHWAFEL-Projekt fragen. Ist da noch... ähm... Geld übrig?" "Ich hole schnell die Akte", sage ich und will wieder durch den Türspalt. Der Chef schaut mich verwundert an. "Ich... ich habe gerade Besuch", sage ich vage. der Chef nickt verstehend. In dem Moment, als ich die Türe offen habe, entscheidet Pia, daß ihr Dutzi an die Qualitäten einer Meßstrippe nicht herankommt und schaltet ihre Luftschutzsirene probeweise auf halbe Kraft. Der Chef reißt die Augen auf.

"Aber... aber das ist doch... das ist doch ein... Dings... ein... äh... Baby?" Da es wenig Sinn hat, es weiter zu leugnen, öffne ich die Türe ganz und rolle den Kleinkinderwagen auf autonom lenkbaren Zwillingsreifen etwas hin und her, damit das Geheule auf einen erträglichen Pegel absinkt. "Oh", sagt der Chef und bekommt den typischen großväterlichen Glanz in

den Augen. "Ich wußte gar nicht, daß... daß Sie ein äh... Baby haben..."

"Das habe ich auch nicht", beeile ich mich zu versichern.

"Aber... aber das ist doch ein Baby."

"Ja, natürlich", gebe ich notgedrungen zu.

Zu allem Überfluß tauchen jetzt Kolleg O. und Marianne im Flur auf. "Nein, wie süß!" ruft Marianne und späht dem Chef über die Schulter, der in die Hocke gegangen ist und etwas wie: "... äh... heitetei.... hrrm... ähm... heiteiteitei... äh..." von sich gibt. "Ich wußte ja gar nicht...", murmelt Kollege O. verblüfft und schüttelt mir aus irgendeinem Grunde krampfhaft die Hand. Wie sollte er auch. Ich wußte es ja bis vor ein paar Minuten auch nicht. "Wie aus... äh... aus dem Gesicht... hrrm... Gesicht geschnitten..." kommt es vom Chef. Ein fürchterlicher Verdacht steigt in mir auf. "Wie heißt den der Kleine?" fragt Marianne. "Die Kleine", sage ich erschöpft. "Sie heißt Pia." Marianne beteuert, daß das ein ganz süßer Name sei für ein Baby. Drei Studentinnen gesellen sich zu der Versammlung in meinem Büro. Während immer mehr Leute hereinströmen, versuche ich vergeblich zu erläutern, wie ich zu dem Baby gekommen bin. Komischerweise scheint niemand auf meine Worte zu achten. "Ja, ja", sagen sie und haben nur Augen für Pia. Pia hat inzwischen den halben Feueralarm eingestellt und schaut mit großen Augen in die vielen fremden Gesichter. Die Mundwinkel verziehen sich nach unten und sie beginnt zu weinen, was große Bestürzung unter den Anwesenden auslöst. Marianne befreit sie aus dem Kleinkinderwagen auf autonom lenkbaren Zwillingsreifen und nimmt sie auf den Arm, was das Weinen noch mehr verstärkt. Ratlos blickt Marianne sich um und ihr Blick fällt auf mich. "Nehmen Sie sie", sagt sie, " dann beruhigt sie sich sicher wieder." "Das bezweifle ich", sage ich bitter eingedenk der vergangenen Stunde. Aber der soziale Druck der Versammlung ist zu groß: ich muß Pia auf den Arm nehmen. Sofort packt sie mit erstaunlicher Kraft mein linkes Ohrläppchen und versucht es abzuschrauben. Gleichzeitig sabbert etwas Warmes in meinen Kragen. Pia gluckst fröhlich.

Alle Anwesenden lächeln gerührt und nicken sich bestätigend zu. Es ist ein Alptraum! Als die Studentin eine Stunde später als angekündigt Pia abholen kommt, habe ich mich soweit wieder gefangen, daß ich sogar schon die versaute Tastatur auswechseln kann. "War sie brav?" erkundigt sich die Mutter mehr bei Pia als bei mir.

"Wie ein Engel", erkläre ich sarkastisch und überblicke meinen versauten

Schreibtisch.

Die junge Mutter bedankt sich enthusiastisch und steuert den Kleinkinderwagen auf autonom lenkbaren Zwillingsreifen zur Türe hinaus. "Moment noch", rufe ich ihr nach. "Wenn Sie nochmal unbedingt einen Schein brauchen, dann sagen Sie es einfach, ok? Ich stelle Ihnen jeden, JEDEN Schein aus, den Sie möchten, klar?!" TEIL 38

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Ich sitze friedlich in meinem Büro und versuche, den neuesten Rechner der RKfH zu knacken. Es ist ein früher Donnerstagmorgen, und plötzlich fällt mir auf, daß wir schon mindestens seit den Sommerferien kein einziges Donnerstags-Lotto mehr veranstaltet haben. Bother! Dabei ist jetzt, wo die ganzen Studenten endlich von ihren Weltreisen zurück sind, die beste Zeit dafür! Also gehe ich zu unserem Materialschrank neben dem Kopierer und begutachte den üblichen Stapel Kopiererfolien, die dort für die Mitarbeiter und Studenten bereitliegen. Sorgfältig füge ich eine nicht kopierfähige Folie ins untere Drittel des Stapels ein. (Heutzutage gibt es kaum noch 'normale' Folien im Handel; praktisch alle sind kopierfähig. Zum Glück habe ich mich schon 1989, als wir das erste Mal das Vergnügen hatten, Donnerstags-Lotto zu spielen, mit einem ausreichenden Vorrat versehen.) Die Spielregeln zum Donnerstags-Lotto sind ganz einfach: man wartet einfach den ganzen Donnerstag über, bis jemand die gewisse Folie in den Kopierer steckt und die Heizwalzen verbruzzelt. Dann kommen alle übrigen Mitarbeiter und Studenten im Gang zusammen und beobachten mit Genugtuung, wie Frau Bezelmann dem Unglücklichen den Kopf abreißt. Und jeder freut sich, daß es nicht ihn erwischt hat. Außer dem besagten Einen, natürlich! Aber bei jeden Spiel muß es Verlierer geben... (Man beachte immerhin, daß es beim Donnerstags-Lotto viel mehr Gewinner als Verlierer gibt; die staatliche Lotteriegesellschaft könnte noch von mir lernen!) Während ich auf die richtige 'Ziehung' warte, beschäftige ich mit mit Doro, der Hausmeisterdogge. Anfangs hatten wir ja eine richtige Beziehungskrise - vor allem konnte Doro nie meine Begeisterung für 'High Tech' teilen - aber inzwischen verstehen wir uns prächtig. Ich stopfe mir die Taschen mit Schmackos voll und führe Doro vor meine geschlossene Bürotüre. Die Schutzschilde (mein bewährtes rotes Pappschild 'Nicht

eintreten - Versuch läuft!') sind im Moment nicht hochgefahren. Doro hockt sich auf ihren Schinken in den Flur und beobachtet mich aufmerksam, wie ich mich der Türe nähere und anklopfe. Nichts passiert. Zur Belohnung bekommt Doro ein Schmacko. Dann fahre ich die Schutzschilde hoch (sprich: drehe das Schild um) und schließe die Tür von außen. Wieder nähere ich mich meiner Bürotüre. Doro beginnt leise zu winseln. Als ich noch einen Meter von der Türe entfernt bin, geht das Winseln in drohendes Knurren über. Es klingt etwa so, wie wenn ein Space-Shuttle startet. Als ich die Hand hebe und so tue, als ob ich anklopfen wollte, richtet sich Doro zu voller Kalbsgröße auf und bellt einmal warnend. Die Fensterscheiben am Ende des Flures klirren leise nach. Zur Belohnung bekommt Doro zwei Schmackos. Beruhigt lasse ich Doro auf ihrem Posten und fahre in die Stadt, um mir ein paar neue StarTrek-Videos zu besorgen. Die alten Schinken in unserem Archiv öden mich langsam an, und irgendwie muß man ja die Zeit bis zum Feierabend 'rumbringen. Als ich nach noch nicht mal drei Stunden zurückkomme, sitzt Doro noch genauso da wie vorher. In ihren Lefzen hängen Reste von Nylon- Strumpfhosen und Fetzen von Jeans-Stoff. Ich gebe Doro noch zwei Schmackos. Gerade noch rechtzeitig komme ich zur Siegerehrung im Donnerstags- Lotto. Heute hat ein katholischer Theologe das großen Los gezogen. Geschieht ihm recht! Was hat er hier an unserem Kopierer zu suchen? Keine vier Straßen weiter liegt der nächste Copyshop. Der Candidatus Gottesanbeter lächelt schmerzlich, während Frau Bezelmann ihm schonungslos die Leviten liest. Manchmal frage ich mich, wie diese Burschen es schaffen, in jeder Situation den Märtyrer herauszukehren. Zwei Stunden später - ich schiebe gerade das zweite Video in den Apparat - rumpelt es störend vor meiner Türe. Bei dem Lärm kann sich kein Mensch konzentrieren, also schaue ich nach, wer es wagt, meine Nachmittagsruhe zu stören. Ich erblicke zwei Blaumänner, die einen nagelneuen Kopierer auspacken. Direkt vor meiner Bürotüre! Auf meine Erkundigung, was das Bitteschön werden solle, steht Frau Bezelmann wie aus dem Nichts materialisiert neben mir und informiert mich, daß es sich um den Ersatzkopierer für unseren 'Reparaturfall' handele. Der Blick, den sie mir zuwirft, spricht Bände. "Und warum stellen Sie den ausgerechnet vor meine Türe und nicht dahin, wo der andere stand?" frage ich ungehalten. Ich weiß nämlich schon, wie das ist: das dauernde Geräusch vom Kopierer, Gekicher und Gekreische, und alle 3 Minuten klopft jemand an meine Türe, weil das Papier verkehrt herum drin ist oder weil man nicht weiß, wo die Vorlage hineinkommt. Man belehrt mich, daß der andere Kopierer ja noch an seinem Platz sei und sonst

keine Ort mit Steckdose auf dem Gang zur Verfügung stehe. Als ich sehe, um welche Steckdose es sich handelt, verzichte ich auf weitere Proteste, ziehe mich nur vorsichtshalber in mein Büro zurück und verrücke den Bürosessel so, daß ich freien Blick auf den Gang habe. Wenn mich nicht alles täuscht, handelt es sich um die gewisse Steckdose B46, die nach einer routinemäßigen 'Überprüfung' durch die Haustechnik zur sofortigen Versetzung einer unserer Putzfrauen geführt hat. Auf Wunsch der Putzfrau, übrigens; der Staubsauger ging auch dabei drauf. Gerüchte, daß ich irgendwie in die Sache verwickelt gewesen sei, sind leider niemals verstummt, obwohl jedem, der unsere Haustechnik kennt, klar sein müßte, daß diese auf meine Mithilfe in jeder Hinsicht verzichten kann. Interessiert beobachte ich, wie die beiden Techniker den nagelneuen Kopierer anschließen und einschalten. Vorerst scheint alles zu funktionieren. Nach ein paar Probedurchläufen holt der Haupt- Techniker Frau Bezelmann, die auch gleich ein paar der neuen Features ausprobiert. Der Haupt-Techniker redet wie ein BMW-Verkäufer: "...und dann gibt es bei diesem Modell auch noch die neue SuperPower-Option. Sehen Sie, wenn Sie nur von einer Vorlage kopieren, verdoppelt sich die Geschwindigkeit. Sehen Sie her..." Er drückt einen Knopf und der Kopierer reagiert erwartungsgemäß mit Super-Power: Es gibt einen hellen Blitz und eine Serie trockener Explosionen, etwa wie wenn man das Magazin einer Kalaschnikov leerschießt. Bläuliche Stichflammen schießen aus allen Lüftungsschlitzen des Kopierers und drohen Frau Bezelmanns graue Kaschmir-Jacke anzusengen. Ich halte den Augenblick für gekommen, in das Geschehen einzugreifen. Mit einen Knopfdruck löse ich den in meinen Bürosessel integrierten Feuerlöscher aus, der zwar eigentlich nicht für diesen Zweck vorgesehen ist, aber auch nicht schaden kann. Leider verfehle ich zuerst den Kopierer und verpasse dem Techniker und Frau Bezelmann eine volle Breitseite. Nach einer leichten Korrektur nach links gelingt es mir, den fortschreitend explodierenden Kopierer einzuschäumen. Das Feuerwerk erlischt; auf dem Gang sieht es aus wie nach einer mißglückten Notlandung mit Schaumteppich. Frau Bezelmann und der eine Blaumann erheben sich wie zwei mißglückte Schneemänner aus der Schaummasse. Der andere Techniker hat sich schlauerweise beim ersten Knall in Sicherheit gebracht. Seit die Hausmeister aus Versehen 50 Liter Kloreiniger in die Befeuchter der Klimaanlage gekippt hatten, haben wir keinen solchen Spaß mehr gehabt! TEIL 39

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Ich rufe die Cluster-Übersicht aufs Display und betrachte mit Befriedigung die vielen kleinen bunten Balken, die alle fleissige CPUs in unserem Netz repräsentieren. Dann leite ich genüßlich einen totalen Shutdown aller Maschinen ein, und ein bunter Balken nach dem anderen wird schwarz. Heute ist Umzugstag! Umzug bedeute Chaos! Ich liebe Chaos! Nicht daß wir tatsächlich in ein neues Gebäude ziehen würden! Oh nein! Schließlich hat die Uni ja bekanntlich kein Geld, und das böse, böse KuMi (Kultusministerium) gibt uns erst recht keines! Nein, es wurde beschlossen, daß wir hausintern umziehen, damit wenigstens ein Bruchteil der von uns irgendwann in den Siebziger Jahren beantragten Zusatzflächen endlich Realität annimmt. Konkret heißt das, daß wir zwölf neue Räume im Stockwerk unter uns bekommen, aber 10 Räume auf unserem Stockwerk wieder abgeben müssen. Der Reingewinn ist, na...? Genau: 2 (in Worten: ZWEI) ganze Räume mehr! (Eingeschobene Klammer auf! Wer glaubt, dies sei triviale Arithmetik, der irrt gewaltig! Aber holla! Der BAfH hat es schon mehrfach erlebt, daß in besonders hitzigen Raumplanungssitzungen sogar mit 'virtuellen Räumen' gerechnet wurde! Ein 'virtueller Raum' ist im Gegensatz zum 'realen Raum' ein Raum der zwar nicht existiert, aber zum Ausgleichen von verschiedenen Instituts-Raum-Bilanzen verwendet werden kann. (Bleibt am Ende der Rechnung ein Rest virtueller Raum übrig, hat man einen Fehler gemacht!) Auch über 'imaginären Räume' wurde schon zäh verhandelt. Ein 'imaginärer Raum' ist ganz einfach die Wurzel aus einem negativen Raum. (Wobei nachher niemand mehr so genau sagen konnte, wie es überhaupt zu einem negativen Raum in der Bilanz kommen konnte. Die Kollegen von der theoretischen Physik behaupteten später zwar, es handelte sich möglicherweise um eine räumliche Quantenfluktuation, so ähnlich wie ja auch Elektronen und Positronen jederzeit spontan entstehen und wieder verschwinden können. Nur: die entsprechenden positiven Pendants sind nirgendwo wieder aufgetaucht (böse Zungen behaupten noch heute, daß die Physiker sie einfach geklaut haben!).) Eingeschobene Klammer wieder zu!) An einer Universität, wo jeder halbe Quadratmeter Boden - vergleichbar den Grabenkämpfen des ersten Weltkriegs - heiß umkämpft wird, sind zwei Räume netto mehr ein beachtlicher Etappensieg, der nur durch zähes, jahrelanges

Verhandeln mit der Uni-Verwaltung erreicht werden kann.

Es klopft an meiner Türe, obwohl die Schutzschilde oben sind.

Folglich kann es nur der Chef persönlich sein.

"Guten... ähm... Morgen, Herr Leisch. Äh... mein Rechner ist...

hm... ganz plötzlich... ja... der Bildschirm wurde plötzlich dunkel..."

Ich erinnere den Chef höflich daran, daß wir heute umziehen und daher das gesamte

Netz heruntergefahren wird.

"Ah... ja richtig. Äh... wo...?"

Ich drücke dem Chef seinen Laufplan in die Hand, den ich vorsorglich schon

bereitgelegt hatte.

"Hier ist alles genau festgelegt", erläutere ich, "Sie können genau sehen, wohin Ihre

Möbel nacheinander transportiert werden müssen."

Der Chef studiert mit hochgeschobener Brille den Plan.

"Hmm... ja. Merkwürdig. Ich... ähm... dachte, wir hätten... äh... nur zwölf Räume

dazubekommen und... ähm... müßten 10 wieder abgeben..."

Ich bestätige, daß dem so sei.

"Äh... ja, aber... hm... soweit ich das hier... äh... sehe, müssen insgesamt 17 Räume

23mal umgezogen werden. Mein Büro... ähm...

sogar dreimal...?"

"Das liegt daran, daß wir keine Räume zum Zwischenlagern der Möbel haben und

außerdem komplizierte Netzbeziehungen zwischen den einzelnen Maschinen

bestehen", erkläre ich geduldig. "Zum Beispiel muß der Router B zuerst einmal von

Raum 345 nach 265 und dort wieder in Betrieb genommen werden. Dann können

die Räume 332, 333 und 334 nach 214, 215 und 219 umgeräumt werden, weil erst

dadurch das Subclusternetz Alpha umziehen kann. Dann muß der Router B wieder

zurück nach..."

"Gut, gut", unterbricht mich der Chef hastig. "Das... äh... mag ja alles so sein.

Aber... wenn ich das hier... äh... richtig verstehe, dann sind meine Möbel zum

Schluß... hm... wieder im selben Raum?"

"Der Plan ist das Ergebnis einer Computersimulation mit SIMLINK", sage ich

milde, um die Diskussion zu beenden.

"Ach so!" freut sich der Chef, und seine Stirn glättet sich schlagartig.

"SIMLINK, was? Na, dann... äh... hat das ja sicher... sicher seine...

äh... Richtigkeit, nicht?"

Daß ich die Randbedingungen für unseren automatisierten Problemlöser

SIMLINKetwas eigenwillig gestaltet habe, muß ich ja nicht extra erwähnen. Nach

der ersten Lösung, die unser neuestes KI-System ausgespuckt hatte, wären nur 13

Transporte nötig gewesen! Eine solche Lösung nimmt einem keiner ab! Viel zu

einfach!

Ein Umzug hat chaotisch zu sein! Dafür sorge ich!

Ich rufe die Haustechnik an und gebe die letzten Anweisungen:

"Passen Sie auf: Das Backbone-Kabel, 3. Segment muß durch die Räume 217, 218

und bis nach 222 und von dort durch die Decke nach 322 verlegt werden..."

"Aber dann führt das Kabel ja durch die Cafeteria...?"

Warum müssen die Leute immer mitdenken! Sollen sie das Denken doch mir

überlassen! Erwähnte ich schon mal, daß ich in Zukunft Bestellungen per Netzwerk

an die Cafete stellen wollte? Na, also!

Und jetzt kommt irgendein dahergelaufener Installateur und stellt meine Planung in

Frage!

"Nach unsrer Computersimulation ist das der günstigste Weg", sage ich.

Der Mann von der Haustechnik ist nicht so leicht zu überzeugen wie der Chef:

"Also, ich denke aber..."

"Sie haben aber gar keine Zeit mehr zum Denken", sage ich milde.

"Häh?!"

"Sie sollten lieber Ihre Zeit nutzen und noch einmal die Feuermelder und

Rauchsensoren in der Tiefgarage überprüfen. Nur damit es nicht zu plötzlichen

FEHLFUNKTIONEN kommt..."

"Fehlfunktionen? In der Tiefgarage? Oh..."

MEMORY KICKED IN!

"Oh! Ja, Sie haben sicher recht. Ich sollte mich nochmal um die...

hmm... Feuermelder kümmern... Ja, dann... äh... ist ja wohl alles klar..."

Anscheinend ist ihm gerade noch rechtzeitig wieder eingfallen, daß er es mit dem

BAfH persönlich zu tun hat.

Ich mache mir eine kleine Vormerkung im elektronischen Kalender, daß ich meine

kleinen Feuerübungen in der Tiefgarage in Zukunft etwas häufiger durchführen

werde!

Kollege W. stürmt in mein Büro; auf seinen Wangen zeichnen sich rote Flecken ab

und sein Atem geht heftig.

"Wo ist die BS2000 hingekommen?" schreit er mit überschnappender Stimme. Ich

werfe einen Blick auf meinen Plan.

"Liegt bereits sicher verwahrt im Container PL-X1", sage ich.

"Oh... ah! Äh... gut. Und wo steht dieser Container im Moment?"

"Im Rostoff-Sammelhof."

Zehn, neun, acht, sieben, sechs,...

"WAS???"

"Die uralte Kiste fiel ja schon beim Tragen auseinander. Mein Lieber, es gibt auch

für Maschinen gewisse Lebenserwartungen. Alles, was darüber hinaus geht, ist

doch nur Maschinen-Quälerei. Wollen Sie, daß uns der Maschinenschutzbund

verklagt?"

"Wir waren 17 Jahre zusammen!" Kollege W. ist den Tränen nahe.

"Aber... aber womit soll ich denn jetzt...?"

"Sie bekommen eine wunderhübsche junge knackige Workstation mit 170

Megahertz", sage ich. "Ein Baby, das Ihnen schon nach ein paar Tagen schlaflose

Nächte bereiten wird. Reissen Sie sich zusammen, Mann! Sie sind doch wirklich

noch nicht zu alt für eine neue Beziehung!"

Kollege W. zieht einen Schmollmund:

"Die Neue kann bestimmt kein Fortran und PL", sagt er trotzig.

"Aber natürlich kann sie das. Sie kommt mit den besten Präferenzen", sage ich

schmeichelnd und gucke wieder auf den Plan. "Sie wartet schon auf Sie, im Raum

233. Vielleicht sollten Sie gleich mal hingehen und Ihr Jungfern-Programm starten." Kollege W. zieht grollend ab. Ich logge mich auf seinem neuen 'Baby' ein und starte das Programm FREUDIANER-7. Das wird ihm helfen, darüber wegkommen. Warum haben wir eigentlich keinen Seelen-Klempner am Institut? TEIL 40

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TEIL 43

Das Telefon klingelt. Schon wieder! Das ist jetzt das dritte Mal dieses Jahr! Ausnahmsweise gehe ich ran. Ein User, genauer gesagt eine Userin, ist dran.

"Ähm... meine Workstation gibt komische Töne von sich", sagt sie.

Ich kenne die Stimme nicht. Offensichtlich ein Frischling.

"Tatsächlich", sage ich beeindruckt. "Was denn für Töne? Singt sie klingonische

Opern?"

"Nein, nein. Es ist eher so ein... ein tiefes Rumpeln vermischt mit einem

unregelmäßigen Leiern..."

Meiner Meinung nach klingt das ziemlich nach klingonischer Oper!

Ich frage nach dem Host-Namen und sie sagt ihn mir. Ein ziemlich frischer

Frischling!

"Aha", sage ich. "Tiefes Rumpeln, meinen Sie? Schaut mir ganz nach einem

leichten Virenbefall aus. Lassen Sie denn regelmäßig Viren- Checker drüberlaufen?

Zum Beispiel 'Sagrotan', 'Cebion' oder 'Domestos III'."

"Äh... nein. Nicht daß ich wüßte..."

"Vorbeugen ist sehr wichtig", sage ich ernst. "Schauen wir mal, wie es mit dem

Immunsysten steht. Geben Sie man den Befehl 'immun- system' ein."

"Ähm... 'immun-system not found' meldet er..."

"Not found? Steht da wirklich 'not found'?" Ich lasse meine Stimme dramatisch

ansteigen. "Das sieht ja ganz übel aus. Warum haben Sie nicht schon vorher

angerufen..."

"Ist das was Ernstes?" flüstert sie eingeschüchtert.

"Ernstes? Hoffen wir, daß es noch nicht zu spät ist. Halten Sie mal den

Telefonhörer ganz dicht ans Gehäuse, damit ich eine hypostatisch- akustische

Ferndiagnose durchführen kann."

"Ähm... ok", nuschelt sie und es raschelt im Hörer. "Äh... das Telefon reicht nicht

bis zum Rechner..."

"Dann sollten Sie den Rechner eben zum Telefon bringen", sage ich.

Daß die Leute auch über keinen Funken logisches Denken verfügen!

"Aber... muß ich dazu nicht vorher ausschalten?"

"NEIN! Wissen Sie nicht, daß man vernetzte Rechner niemals einfach ausschalten

darf?! Das ganze homophone Accelerator-Cluster kann desharmonisiert und

retrogradient sub-stabil werden - und dann haben wir den Salat!"

"Oh!..."

IMPRESSION MODE ON

"... ok, dann trage ich die Workstation jetzt hierher", sagt sie eingeschüchtert.

Ich starte rasch ein paar rechenintensive Jobs auf ihrem Host, die ständig auf die

Platte zugreifen, in der Hoffnung, daß die Platte beim Rübertragen crashed. Aber

leider sind die Platten auch nicht mehr das,was sie früher einmal waren: vor noch

ein paar Jahren brauchte man so ein Winchester-Laufwerk nur schief anblicken und

schon...

zupf!

"Hallo?", meldet sie sich wieder. "Da sind so komische gelbe Kabel hinten

festgemacht. Die reichen nicht bis zum Telefon...."

"Das ist nur das Ethernet. Ziehen Sie sie einfach ab", sage ich. "Und alle anderen

Kabel können Sie auch gleich abziehen. Aber passen Sie auf, daß das Stromkabel

drin bleibt! Wir wollen doch nicht, daß Ihre Maschine abstürzt!"

Sie macht es! Ehrlich, manchmal frage ich mich, was Eltern ihren Sprößlingen

eigentlich 18 Jahre lang beibringen!

"Der Schirm ist plötzlich dunkel geworden..."

"Das macht nichts", erläutere ich. "Außerdem erleichtert das die

hypostatisch-akustische Ferndiagnose, wenn der Schirm nicht mehr stört. Kommt

der Hörer jetzt bis ans Gehäuse? Gut. Jetzt halten Sie die Sprechmuschel etwa drei

Zentimeter unterhalb der Lüfteröffnung auf der Rückseite fest ans Gehäuse und

dann warten Sie, bis es piepst."

"Piepst?"

"Genau."

Sie macht es!!!

Ich lege den brummenden Hörer beiseite und gehe erstmal hinunter in die Cafete.

Eine Stunde später - die Cafete macht leider schon um fünf Uhr zu - nehme ich den

Hörer wieder zur Hand sage laut "Piep!".

"Ok", sage ich. "Jetzt ist alles klar!"

Die Userin jammert über Rückenschmerzen und Krämpfe im Unterarm.

"Dafür wissen wir jetzt genau, was Ihrer Maschine fehlt", sage ich tröstend.

"Und? Was ist kaputt?", will sie erschöpft wissen.

"Ja, hmm", sage ich zögernd und klappere mit der Tastatur, "ich weiß nicht, wie ich

es Ihnen sagen soll... Also, die genaue Diagnose heißt:

Plattenunwucht infolge sub-akuter MMDHS. Ziemlich selten, muß ich sagen."

Ich warte geduldig auf die nächste Frage.

"Und... und was ist MMDHS?"

"MMDHS steht für 'Mensch-Maschine-DisHarmonie-Syndrom'.

Sagen Sie - jetzt mal ehrlich! - haben Sie Ihre Workstation in letzter Zeit

irgendwie... hmm... ja, mit negativen Ausdrücken bedacht?"

"Nein, bestimmt nicht!"

"GANZ SICHER NICHT? Auch keine herabmindernden Ausdrücke?

'Blöde Blechschachtel', 'Sch... Kiste', 'Ziffern-Trottel', 'Verkalkte Rechenmühle',

'Lahme CPU'? Nichts von alledem? 'Transistor-Grab', 'Kybernetische Schnecke',

'Rostiges Rechenwerk'. Das ist nichts, worüber Sie sich schämen müßten; das

kommt in den besten Beziehungen vor. Besser Sie sagen es mir gleich, dann ist die

Behandlung hinterher sehr viel einfacher..."

Am anderen Ende der Leitung schluchzt es leise.

"NAAA?"

"Letzte Woche habe ich sie mal - aber nur einmal - 'Debiler Rechenschieber'

genannt", schnieft sie reumütig durchs Telefon.

"Tststs. 'Rechenschieber' für eine 200 Megahertz Alpha, das ist natürlich

hammerhart", sage ich.

"Wir hatten bisher ein so gutes Verhältnis miteinander", heult sie.

"Nanana", beruhige ich, "das kriegen wir schon wieder hin. Ich lösche einfach in

sämtlichen Dateien den Begriff Rechenschieber, ok? Jetzt müssen Sie die Maschine

nur noch an ihren Platz zurücktragen und die Kabel genau in der umgekehrten

Reihenfolge wieder einstecken..."

"Aber... die weiß ich nicht mehr..."

"Schlecht, sehr schlecht", sage ich sorgenvoll, "dann wird sie Ihnen wahrscheinlich

abstürzen. Hoffentlich wird kein traumatisches Erlebnis daraus. Denken Sie bitte in

Zukunft immer daran, beim Booten die Hand aufs Gehäuse zu legen. Das MMDHS

baut sich durch statische Elektrizität auf und der Hautkontakt hilft, solche

Spannungen abzuleiten."

Sie verspricht es schniefend und legt auf.

Eigentlich sollte ich Honorare verlangen für meine Rechnerseelsorge...

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Der Chef hat endlich seine Zustimmung zur Netzerweiterung in den ersten Stock gegeben. Als offizielle Begründung gegenüber dem Haushaltsausschuß hatte ich geschrieben: 'Steigerung des synergetischen Effekts in Wissenschaft und Lehre durch Vernetzung räumlich getrennter, aber thematisch interdisziplinär arbeitender Gruppen'. In Wirklichkeit kann ich jetzt endlich meine Bestellungen per Computer an die

Cafeteria geben, die sich auch zufällig im ersten Stock befindet.

Schließlich ist es in der heutigen Sparwelle nicht mehr zu verantworten, daß

hochdotierte Beamte (wie ich) ihre kostbare Zeit in der Schlange vor der

Cafeteria-Kasse vergeuden.

Ich rufe also beim Leiter der Haustechnik an und erkläre ihm die Situation: So und

so, das Ethernetkabel muß zuerst durch die Decke, dann durch die Räume der

katholischen Theologen geführt werden, und dann muß noch eine Wand durchbohrt

werden.

Obwohl die Zentralwerkstatt bis 2029 ausgebucht ist, zeigt sich der Leiter

erstaunlich kooperativ. Vielleicht ist ihm die Geschichte mit der überfluteten

Tiefgarage noch in Erinnerung...

"Gar kein Problem", sagt er, "das machen wir ganz unbürokratisch.

Ich schicke Ihnen 'nen Maurer 'rüber, der die Löcher bohrt."

Schon am nächsten Tag steht tatsächlich ein Individuum im Blaumann und mit

mauerbrechender Feuerkraft ausgestattet vor meiner Türe. Ich zeige ihm die

entsprechende Stelle, und er fängt unverzüglich an, mit seiner Hilti den Fußboden

zu bearbeiten. Die Lärmentwicklung ist beachtlich. Ich schaue auf die Uhr und

beginne zu zählen.

Schon nach siebzehn Sekunden ist der erste katholische Theologe da und beschwert

sich empört über den Krach.

"Man versteht ja sein eigenes Wort nicht mehr in der Vorlesung", schimpft er,

hochrot im Gesicht.

Ich bemerke, daß ihm ein wenig mehr Demut vor den unerforschlichen göttlichen

Entscheidungen besser zu Gesicht stünde. Dann empfehle ich ihm, doch in der

nächsten halben Stunde mit den Studenten zu meditieren; da bräuchte er seine

Stimme nicht so zu strapazieren.

Inzwischen ist die Hilti durch die Decke, aber irgendwie riecht es merkwürdig aus

dem Loch. Genauer gesagt, es stinkt wie die Pest. Ich mache den Maurer darauf

aufmerksam und er beugt sein Riechorgan dicht über sein Werk. In diesem Moment

schießt eine grau-trübe Fontäne aus dem Bohrloch und ihm mitten ins Gesicht; ein

intensiver Geruch nach Kloake verbreitet sich; aus der benachbarten Damentoilette

hören wir schwach die Spülung rauschen.

"Sakradi", meint der Maurer unbeeindruckt und trocknet sich mit dem Taschentuch

ab, " des muaß i nacha wieda zuamacha..."

Er probiert es noch einmal; diesmal dreißig Zentimeter weiter rechts.

Aber da kommt er nicht so leicht durch, wie vorher in die Abwasserröhre. Er bohrt

und bohrt und setzt sich schließlich selbst auf die röhrende Hilti. Nach weiteren

zehn nervenaufreibenden Minuten geht ein Aufatmen durchs Institut: er ist durch.

Wir gehen ein Stockwerk hinunter zu den katholischen Theologen.

Etwa ein Quadratmeter der Stahlbetondecke liegt abgesprengt im Raum verteilt; ein

dicker Stahlträger ragt schräg aus der malträtierten Decke in den Raum und eine

traurig flackernde Neonlampe hängt nur noch an ihrem Anschlußdraht und dreht

sich langsam um sich selbst.

"Hoppala", meint der Meister und trifft mit analytischer Sicherheit sofort den

kritischen Punkt so einer Situation:

"Moana Se, da kimmt oft wer eini?"

Der Raum, ein Zeitungs-Archiv, sieht allerdings nicht so aus, als ob er häufig

frequentiert würde.

"Guad! Des mach i moagn wieda zu. Jetz machma no schnell de anderen Löcha!"

Wir gehen in unseren Raum hinüber und der Meister beklopft prüfend die fragliche

Wand.

"Dös is ja nur a Rigips..."

Er holt ein schweizer Taschenmesser heraus und stößt die Klinge brutal in die

jungfräulich weiße Wand. Schon nach wenigen Zentimetern trifft er auf Beton. Er

probiert es noch dreimal links und viermal rechts davon; im siebten Loch bricht die

Klinge ab. Die Wand sieht aus, wie nach einem Überraschungsangriff von Al

Capones Bande.

Ich frage den Meister, ob er nicht ständig für unser Institut arbeiten möchte, aber er

lehnt dankend ab. Wahrscheinlich zuwenig Wände.

Gegen Mittag beginnt es heftig zu schneien und schon bald ist der Platz unter

meinem Fenster von einer dicken Schneedecke eingehüllt.

Als ich sehe, daß der leitende Hausmeister, der Oberhausmeister und der

Hilfshausmeister den Schneepflug aus der Garage holen, gehe ich ins Labor, um die

Videokamera in Stellung zu bringen. Wie üblich streiten die drei darum, wer als

erster ihr Lieblingsspielzeug besteigen darf. Sodann schreitet der Oberhausmeister

sorgfältig den ganzen Platz ab, und teilt ihn so in einen großen, einen mittleren und

einen kleinen Abschnitt; beim Schneepflügen muß es gerecht zugehen, da verstehen

unsere Hausmeister keinen Spaß.

Der leitende Hausmeister besteigt den kleinen Traktor mit der riesigen

Räumschaufel und drückt den Starter.

Das Ding macht einen gewaltigen Satz nach vorne und beschleunigt. Es ist

erstaunlich, was mit mit ein paar simpelen Eingriffen an Kupplung und Getriebe

alles erreichen kann!

Der leitende Hausmeister schreit und versucht verzweifelt, sich im Sattel zu halten.

Der Traktor bockt und schlingert und malt große Schleifen in den jungfräulichen

Schnee. In letzter Sekunde gelingt es dem tapferen Piloten, einem Betonpfeiler

auszuweichen. Der Oberhausmeister und der Hilfshausmeister rennen

gestikulierend neben dem durchgegangenen Traktor her. Mit einem plötzlichen

Schlenker erwischt der Traktor beinahe den Hilfshausmeister, der sich nur mit einen

verzweifelten Sprung in ein schneegefülltes Blumenbeet retten kann.

Schließlich gelingt es dem leitenden Hausmeister abzuspringen, und der Traktor

fährt allein weiter. Das Lenkrad scheint eingeschlagen zu sein, denn er fährt jetzt

immer eng im Kreis herum. Funken sprühen bedrohlich unter der Räumschaufel.

Die drei Hausmeister beraten sich in sicherer Entfernung. Der leitende Hausmeister

gibt jetzt anscheinend den Befehl, den herrenlosen Traktor einzufangen. Der

Oberhausmeister gibt den Befehl an den Hilfshausmeister weiter. Nach zwei

mißglückten Versuchen gelingt es diesem tatsächlich im vollen Galopp neben dem

Schneepflug herzulaufen und die Benzinzufuhr abzustellen, während seine beiden

Vorgesetzten ihn aus sicherer Entfernung anfeuern.

Ich spule das Band zurück und schicke es an 'Pleiten, Pech und Pannen'. Wieder ein

erfolgreicher wissenschaftlicher Arbeitstag!

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Mißgelaunt reiße ich eine neue Cleenex-Packung auf. Mein Riechkolben ist schon so wund, daß er im Dunkeln rot leuchtet. In meinem Kopf pocht es im Morsetakt, die Augen wassern, die Ohren sausen und jeder neue Hustenanfall befördert tonnenweise grüngrauen, flockigen Schleim aus meinen strapazierten Lungen. Mit anderen Worten: Der BAfH hat Grippe!

Die Mitarbeiter umstehen mich mit besorgter Miene.

Der Chef schaut mich an und sagt, ich solle mich schonen.

Frau Bezelmann schaut mich an, zieht die Mundwinkel nach unten und fragt mit

blitzenden Augengläsern, ob ich einen selbstgebrauten Spezialtee von ihr annehmen

wolle. Nein, danke!

Marianne schaut mich an und erklärt kategorisch, ich gehöre ins Bett und nicht ins

Büro. Sie zieht erst ab, als ich mich erkundige, ob das ein ernsthaftes Angebot sei.

Schließlich sind alle weg, und ich kann mich endlich in Ruhe meinen

wissenschaftlichen, keimgeschwängerten Experimenten widmen.

Zuerst messe ich eine Stunde lang sorgfältig den Abstand zwischen zwei Niesern

mit der Stopuhr. Ich stelle fest, daß ich im Mittel fünfzehn Sekunden früher wieder

niesen muß, wenn ich mich nicht sofort nach dem ersten Nieser, sondern nur nach

jedem fünften schneuze. Zwar läuft mir der Rotz ab dem dritten Nieser aus dem

Zinken, aber andererseits spare ich auf diese Weise Cleenex-Tücher - und nicht zu

knapp! Eine kurze Hochrechnung sagt mir, daß, wenn alle Einwohner Deutschlands

so volkswirtschaftlich handeln würden wie ich, durch die eingesparten

Cleenex-Tücher siebendreiviertel Durchschnittsrentner (eine von Blüms neuen

Erfindungen) ein ganzes Jahr lang finanziert werden könnten. Ich drucke die

Rechnung aus und schicke sie ans Bundesarbeitsministerium.

Danach fühle ich mich wohler. Fast will es mir scheinen, als ob ich mir ein wenig

Bewegung verschaffen sollte. Ich gehe hinüber in den Versuchsraum 3 und hole

eine der großen Spiegelscheiben in mein Büro, wo ich sie sorgfältig gegen die

Wand lehne. Dann male ich mit einem (nicht-wasserlöslichen) Folienstift

konzentrische Kreis auf den Spiegel und nehme in drei Meter Entfernung

Aufstellung.

Eine Stunde später - nach 88 Niesversuchen - treffe ich fast immer in die inneren

drei Ringe!

Nach meiner Stopuhr stehe ich kurz vor den dritten Nieser seit dem letzten

Schneuzen. Rasch gehe ich hinüber ins Büro des Kollegen O.

"Hallo!" sage ich. "Ich bräuchte .... Hah ... HAAAAAH BROSCH!!!"

Das Timing war absolute Spitze! Winzige Tröpfchen landen zielsicher auf O.s

Bildschirm, ein paar auch auf seiner Brille. Naja, auf die Entfernung ist die

Streuung natürlich größer.

"Gesundheit", meint O. säuerlich.

"Danke! Ich wollte nur gerade sagen, daß... Hah... HAAH..."

O. reicht mir blitzartig ein Tempotaschentuch, das er zufällig auf dem Tisch liegen

hat. In meiner Schwäche greife ich ins Leere und das Tüchlein fällt zu Boden. O.

bückt sich danach...

"... HAAAAAH BROSCH!!!"

Genau in O.s Nacken!

Kollege O. meint, ich solle doch lieber nach Hause gehen, ich sei doch bestimmt

virulent und ich würde noch alle hier anstecken. Ich starre ihn aus tränenden Augen

an wie ein Bernhardinerhund und sage:

"Sie beinen, das gönnde ansdeggend dein?!"

Kollege O. hat mich an etwas erinnert. Von wegen 'virulent'. Da war doch irgendwo von einem neuen bulgarischen Virus namens 'Sniffoo' die Rede. Ich wühle hustend in meinen Dateien, bis ich fündig werde. Nachdem ich den Virus sicher auf eine Diskette gepackt habe, gehe ich hinüber ins PC-Labor. Auf dem Weg dorthin packt mich ein erneuter schwerer Hustenanfall, gerade als ich an zwei Blaumännern von der Haustechnik vorbeikomme, die die Neonröhren auswechseln, die ich letztes Wochenende mit dem UV-Laser aus dem Physikpraktikum angebohrt habe. Der Hustenanfall schüttelt mich dermaßen, daß ich mich nicht mehr auf den Beinen halten kann. Instinktiv greife ich haltsuchend um mich und erwische ausgerechnet die Gesäßtasche des Blaumanns, der, auf seiner Trittleiter balancierend, gerade eine neue Leuchtstoffröhre einsetzen will. Das erweist sich als unglücklich; ich hätte lieber nach der Leiter greifen sollen. Aber wenn man schier blind ist vor würgendem Husten... Ein Ruck - und ich falle, trotzdem ich mich mit aller Macht festklammere. Eine Gruppe Studentinnen hinter mir kreischt erfreut auf. Der Blaumann fühlt die plötzliche Kühle um seine Lenden und greift instinktiv nach seinen rutschenden Blaubeinkleidern. Dummerweise vergißt er dabei seiner ersten Pflicht, nämlich der Leuchstoffröhre. Mit traumwandlerischer Sicherheit fang ich die stürzende Röhre mit der linken Hand auf. Aber im letzten Moment entglitscht mir das glatte Ding wieder, segelt weiter und fällt ausgerechnet auf einen Karton mit zwölf frischen Röhren der abseits am Boden liegt. Es gibt ein schwaches Geräusch, das entfernt an gläserne Glöckchen am festlich geschmückten Christbaum erinnert. Pech. Kann man wirklich sagen. Großes Pech! Die Haustechnik tobt. Aber ich bin viel zu angeschlagen, daß mich so etwas heute noch aufregen könnte. Im PC-Labor schleppe ich mich von Rechner zu Rechner, murmele schniefend

etwas von:

"... Wedriebsisdemgondrolle..." und schiebe überall kurz die virulente Disk in den

Schlitz. Dabei gelingt es mir, mit zehn Niesern noch sieben Displays zu treffen,

bevor ich meine Runde beende.

Kaum etwas ist heilsamer bei Erkältungen als Inhalieren. Also hole ich Frau

Bezelmanns Espresso-Maschine und lasse den Dampfhahn dauerzischen, während

ich fleissig mit Odol versetztes Wasser nachgieße. Kurz darauf ist mein Büro in

dichte Dampfschwaden gehüllt und die Displays beschlagen sich.

Thermodynamik hat mich schon immer fasziniert. Interessiert beobachte ich, wie

auch an den Fensterscheiben, an den Möbelflächen, ja sogar auf dem glatten

Linoleumboden auf dem Flur Wasser kondensiert.

Ein UPS-Mann in kackbrauner Uniform eilt mit einem mittelgroßen Paket, auf dem

'Vorsicht Glas!' steht, an meiner Bürotüre vorbei, gleitet aus und knallt auf den

Boden. Wieder ist das anheimelnde Bimmeln der Weihnachtglöckchen zu hören.

Diesmal allerdings nur ganz schwach, durch die Verpackung gedämpft. Der

UPS-Mann flucht gotteserbärmlich und hofft, daß niemand das Klingeln gehört hat

und daß er schon wieder in seinem lächerlichen kackbraunen Wagen sitzt, bevor

jemand auf die Idee kommt, das verdammte Paket zu öffnen. So hat halt jeder von

uns seine Probleme!

Ich rufe kurz bei Frau Bezelmann an und weise daraufhin, daß alle Paketlieferungen

immer SOFORT geöffnet werden müssen.

Plötzlich jaulen draußen auf dem Gang die Feuersirenen los. Das ist sogar mir neu:

Die Feuermelder reagieren nicht nur auf Rauch, sondern auf auch Dampf! Während

es noch bimmelt und ich mich für den Nachhauseweg anziehe, nehme ich mir vor,

diese neue wissenschaftliche Erkenntnis für die zukünftige Experimente in der

Tiefgarage auszunutzen.

Im Treppenhaus begegnet mir die Feuerwehrvorhut, zwei Stufen auf einmal

nehmend und mit allen möglichen Spritzen, Helmen und Äxten bewaffnet. Ich

zeige ihnen höflich den Weg und weise ausdrücklich daraufhin, daß der Boden im

Flur schlüpfrig sein könnte.

Kurz darauf höre ich es scheppern. Warum hört mir eigentlich keiner zu?

Plimmelplimplomplom NEU: DIE BAfH FRUEHJAHRSDIAET VIROL2000 Jetzt schlank und fit machen für das neue Jahrtausend! Mit der neuen Diät Virol2000 aus dem Hause BAfH! Ganze 5 (in Worten: fünf) Kilo weniger in nur einer Woche. Garantiert! Und ohne jegliche Anstrengung oder Hungergefühle. Die Durchführung der neuen BAfH-Diät ist denkbar einfach: Sie füllen das gelieferte Virensubstrat in den handlichen kleinen Zerstäuber (im Preis

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Im Workstation-Cluster ist ganz schön Betrieb: 24 Benutzer tun so, als ob sie wissenschaftlich arbeiten würden. Alle Netzsegmente funktionieren und im PC-Labor klickern die Keyboards der Studenten um die Wette. Und alles läuft wie geschmiert! Ich starte eine Handvoll Jobs mit hoher Priorität, die eine Faktorenanalyse über die

ersten 10000 Postleitzahlen durchführen, und verteile sie auf die am meisten

belasteten Workstations. Dann verhänge ich einen nicht angekündigten

Wartungszyklus für das Subsegment mit den meisten Rechnern, lösche sämtliche

Usermail von heute (NACHDEM ich sie oberflächlich durchgeschaut habe) und

vertausche zyklisch alle Drucker-Queues.

Nur damit sich die Mitarbeiter nicht dran gewöhnen, daß immer alles so glatt läuft!

Sicherheitshalber verlege ich noch die Hardware-Sprechstunde auf den 30.02. Dann

hänge ich ein Schild an meine Tür: 'Bin in der Vorlesung' und gehe hinunter zu den

katholischen Theologen. Schließlich habe ich mir die ganze letzte Nacht mit

'Monkey Island' um die Ohren geschlagen und brauche jetzt dringend Ruhe.

Ich wähle das Proseminar von Pater Falus und setze mich, ohne weiter aufzufallen,

unter die anderen schlafenden Studenten in die vorletzte Reihe. Mein Nachbar

schnurchelt leise vor sich hin. Die eintönige, salbungsvolle Stimme des Paters lullt

mich sanft in den Schlaf:

"... man die Schöpfungstat Gottes nach der Analogie der immanenten Tätigkeit des

endlichen Seienden verstehen, dann müßte man - so scheint es zumindest - zu einer

pantheistischen Auffassung des absoluten Seins kommen, nach der das Absolute

sich selbst entfaltend die Welt hervorbringt. Die Welt wäre dann eine notwendige

Emanation des göttlichen Wesens, eine Art 'natura naturata' (um die Terminologie

Spinoza zu gebrauchen), ein Mittel also, durch das das Absolute erst zu sich

kommt..."

Als ich eineinhalb Stunden später wieder zu mir komme, ist Pater Falus zum

Kirchenrecht übergegangen:

"... Zölibat ist durch die zwei folgenden Rechtssätze geordnet:

Erstens: Der Kleriker darf nicht heiraten; der Versuch macht irregulär und bewirkt

Exkommunikation."

Mittlererweile sind alle Theologiestudenten um mich herum hellwach, rutschen

unbehaglich auf ihren Stühlen herum und grinsen so dämlich wie pubertierende

Zehntklässler im Aufklärungsunterricht.

Pater Falus doziert weiter:

"Zweitens: Der Verheiratete darf nicht geweiht werden. Dispens wird nur gewährt,

wenn die Frau in ein Kloster eintritt..."

Nervöses Gekicher weiter vorne.

"...die Fortsetzung der Ehe ist auch dem mit Dispens Geweihtem verboten, jedoch

kann auch von diesem Verbot Dispens gewährt werden."

Damit ist für den guten Pater das peinliche Thema abgeschlossen und er greift

erleichtert zum nächsten Manuskript. Ich hebe meinen Arm. Pater Falus äugt

irritiert über den Rand seiner Lesebrille.

"Ja? Sie haben eine Frage?"

"Ja", sage ich, "ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das richtig verstanden habe.

Schließlich ist das ja für die Zukunft nicht ganz unwichtig..."

Wieder unterdrücktes Gekicher.

"Ich kann also ruhig heiraten, muß mich aber dann vor der Weihe zum Priester um

einen Dispens des heiligen Stuhls bemühen, den ich nur bekomme, wenn meine

Frau in ein Kloster eintritt?"

Pater Falus hüstelt peinlich berührt.

"Nun. Theoretisch mag das so..."

"Ich kann aber weiterhin mit meiner Frau Beischlaf pflegen, wenn ich zusätzlich

einen Dispens zur Fortsetzung der Ehe erhalte", fahre ich ungerührt fort.

Beim Wort 'Beischlaf' überzieht sich Gesicht und Tonsur des Paters mit kirchlichem

Purpur. Weiter hinten lacht jemand unterdrückt.

"Äh... nun ja. Im kanonischen Recht..."

"Ich meine, wie mache ich das denn so rein praktisch? Gehe ich am Abend mit dem

Dispens zur Mutter Oberin und sage, daß ich die Absicht habe, diese Nacht meiner

eigenen Frau, die ja inzwischen Nonne geworden ist, geschlechtlich beizuwohnen?

Was sagen denn da die anderen Nonnen dazu?"

Unruhe im Auditorium. Die Studenten rings um mich her beginnen, unauffällig von

mir abzurücken. Wehe, weiche! Der Böse, der unbequeme Fragen stellt, ist unter

uns!

Dem armen Pater steht der Schweiß auf der Stirne.

"Ich... ich denke, wir sollten das... dieses Thema nach der Stunde privat

besprechen", stottert er.

Fast tut er mir leid; also lasse ich ihn vom Haken und sage nichts mehr.

Wenn der gute Pater wüßte, wie oft in den Mailboxen seiner Studenten von Sex und

anderen pikanten Themen die Rede ist. Irgendwo müssen die armen Jungs ja ihren

sexuellen Frustrationen ein Ventil schaffen.

Und wenn man weiß, daß nach der Weihe nix mehr los sein darf, schlägt man

natürlich vorher noch ein wenig auf Vorrat über die Stränge!

Auf dem Weg zurück in mein Büro begegnet mir ein Traum von Mädchen und

lächelt mich so schelmisch an, daß meine Wirbel Polka tanzen.

Gut, daß ich für die Konkurrenz arbeite!

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Obwohl Montag ist, bin ich heute ausnahmsweise guter Laune. Der Grund? Mein Auto hat wieder einmal versucht, mich 'reinzulegen. Und diesmal auf so raffinierte Weise, daß es meine angeborene Vorliebe für die Tücke des Objekts entfacht hat! Ich schleiche also heute Morgen (so gegen elf Uhr) schlaftrunken auf die Straße und suche mein Auto. Zuerst denke ich, ein geistig umnachteter Automarder hat mich endlich von dieser Schrottkiste befreit, da entdecke ich es - keine 10 Schritte entfernt. Es ist so dreckig, daß sich die Farbe perfekt dem grauen Asphalt angepaßt hat. Damit das nicht wieder vorkommt, fahre ich gemütlich - es ist ja noch früh am Tage - zur nächsten Autowaschanlage. Es ist eine von diesen modernen Dingern, wo man im Wagen sitzen bleibt und langsam durchgeschleust wird. Ich kurbele also das Fenster runter, stecke den Chip in die Maschine und drücke den Startknopf. Die Tore schließen automatisch hinter mir und auf der Motorhaube beginnt es bereits zu schäumen. Ich kurbele schnell das Fenster wieder hoch, als sich plötzlich ­ Knackknirsch - die Kurbel festfrißt. Das Fenster ist noch zwei Drittel offen und die Shampoo-Düsen kommen unerbittlich auf mich zu. An Flucht ist nicht zu denken. Ich sitze in der Falle, und mein Wagen quietscht triumphierend mit dem Keilriemen. In Nullkommanix werde ich eingeseift. Obwohl ich fast nichts mehr sehen kann ­ das Auto-Shampoo brennt übrigens gräßlich in den Augen -, gelingt es mir, die Fußmatte heraufzuangeln und gegen die Öffnung zu pressen. Die riesige Drehbürste walzt über mich hinweg wie ein Tornado aus 'Twisters'. Mühelos saugt sie mir die glitschige Fußmatte aus den Händen, und die Matte verschwindet irgendwo im Schaumchaos. Ich erspare euch die restlichen Waschgänge. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, daß ich in Zukunft auf Heißwachs verzichten werde! Endlich wird das Auto mit einem Ruck in die Trockenzone befördert. 'Glanztrocknen' blinkt es in großer freundlicher Leuchtschrift durch das offene Fenster. Ein wahrer Taifun - eiskalt übrigens - kehrt im Wageninneren das Unterste zuoberst. Bonbonpapiere, vertrocknete Apfelbutzen, alte Handschuhe, Brotkrumen, ein halbes Reparaturbuch, eine zerfetzte McDonalds-Tüte, ein paar Dutzend ungebrauchte Papiertaschentücher und mindestens drei gebrauchte umkreisen meinen Kopf. Der Wind zerrt an meinem Haar und heult mir in die Ohren. Endlich gibt mich die Folterkammer frei und ich torkele erschöpft aus dem Wagen. Das B.C.f.H. (Bastard Car from Hell) hechelt im Leerlauf und grinst mich mit seinen Scheinwerfern hämisch an. Es schaut so durchtrieben unschuldig, daß ich unwillkürlich laut lachen muß. Zwei knackige Mädchen in einem dunkelgrünen

Mini, die gerade zur Zapfsäule heranrollen, geben bei meinem Anblick erschrocken

Gas und suchen das Weite.

Nun ja. Inzwischen steht mein Auto in der Tiefgarage und denkt sich neue

Schandtaten aus. Und ich muß mich mit den Technikern der Telekom

herumschlagen. Die Deutsche Telekom ist an sich eine wunderbare Organisation;

sie hat nur einen kleinen Fehler: es gibt viel zuviele interne Telefonnummern.

Ganz klar: wenn eine Firma nur 2 oder 3 Servicenummern hat, wird man früher

oder später an die richtige weitervermittelt. Die Telekom hat ganz offensichtlich

Tausende von Servicenummern - wohl in der irrigen Annahme, daß damit auch die

Serviceleistung proportional gesteigert würde. Natürlich ist das ein fataler Irrtum.

Denn auch die Angestellten der Telekom selber kommen mit einer solchen Vielfalt

von Nummern einfach nicht mehr zurecht.

Ich rufe Marianne und den Kollegen O. in mein Büro und erkläre die Sachlage: So

und so. Der ISDN-Anschluß vom Labor 3 muß in den Rechnerraum im ersten Stock

verlegt werden.

Kollege O. tippt auf 9; Marianne entscheidet sich nach kurzen Zögern für 6, und ich

tippe auf 7.

Dann schalte ich den Lautsprecher ein und wähle die allgemeine Service-Nummer

der Telekom.

Zwanzig Minuten später wird es spannend: man hat uns an die sechste Stelle

vermittelt. Aber auch diese kann es nicht begreifen, "...wieso der Kollege Sie

ausgerechnet mit mir verbunden hat. Hier sind Sie ja ganz falsch. Sie müssen zum

Großkunden-Service. Warten Sie, ich verbinde Sie mal weiter..."

Ich grinse befriedigt, und Marianne zieht einen Schnute.

Aber leider ist der "...Großkunden-Service im Prinzip richtig. Aber Sie sind beim

falschen Buchstaben gelandet. Wir sind nur zuständig für die Buchstaben A bis

einschließlich H. Aber ich kann Sie mit der richtigen Nummer verbinden..."

Es bleibt bei 8. Kollege O. und ich teilen uns Mariannes Einsatz.

Zwei Monate später steht tatsächlich ein Techniker vor meiner Türe.

"Jo, wo is denn jetzt der Gabelganal?"

Der Techniker ist Franke, wie unschwer zu hören ist.

"Un' des Bädschfeld? Wo ham Se denn des Bädschfeld mondierd?"

Ich zeige ihm Kabelkanal und das Patch-Feld, und er werkelt eine Stunde vor sich

hin. Dann kommt er, um sich den Auftrag von mir abzeichnen zu lassen. Plötzlich

stutzt er, den Bleistift unentschlossen in der Hand:

"Jo, wie schreibd ma denn eigendlich Bädschen? Mid hadde oda weiche B?"

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Die Tür wird ohne Vorwarnung aufgerissen, und ich haue reflexartig auf den Chef-Knopf. "... und ähm... hier... äh... arbeitet unser Herr Leisch... hm... ja, äh..." Der Chef schiebt eine fesche junge Frau in knackigen Designer-Jeans und siebzehn Zentimeter hohen Plateau-Tretern in mein Büro und strahlt mich an. ROTER ALARM

Wenn der Chef plötzlich von 'unserem Leisch' redet und so strahlt wie eine

500-Watt-Birne, will er normalerweise einen lästigen Besucher an mich loswerden!

"... äh... darf ich... hmm... vorstellen? Das hier... ähm... ist... ist...

hmm... Frau... hmm... Frau..."

"Treugott", ergänzt die junge Dame kühl.

"... Treugott - natürlich! Vom... äh... 'Cosmic Radio'. Und das ist Herr...hm...

Leisch. Er wird Sie... hmm... also, er kann Ihnen alles über das... das

SCHWAFEL-Projekt sagen... hmm... ja. Also, wir...

äh... vielleicht später noch... bin leider sehr, sehr... äh...

beschäftigt..."

Der Chef windet sich aus der Tür und macht sie hinter sich zu.

Eine Presse-Mieze! Erst letzte Woche hat so ein Schmierfink in einer großen

süddeutschen Tageszeitung darüber gelästert, daß der durchschnittliche IQ des

Universitätspersonals deutlich unter dem Durchschnitts-IQ im Pressewesen läge!

Wir taxieren uns mißtrauisch, wie zwei koreanische Kragenkrokodile, die sich

unvermutet in einer New Yorker Kellerbar über den Weg laufen.

Man muß zugeben, die Reporterin schaut nicht schlecht aus; sie trägt ein kleines

modernes Aufnahmegerät über der Schulter und hält ein schwarzes Mikrophon in

der linken Hand. Ihre kühlen dunklen Augen versuchen herauszufinden, ob ich für

ihre Story wichtig genug bin, oder ob sie jetzt wieder einmal nur an den Fuzzy vom

Dienst abgeschoben wurde.

Ich biete höflich meinen Besuchersessel an, und sie hält mir sofort das schwarze

Mikro unter die Nase.

"Was bedeutet eigentlich SCHWAFEL?" ist ihre einleitende Frage.

"SCHWAFEL ist die Abkürzung für 'Self Constructing Hyper Wavelet Algorithms

For Extrapolating Linguistics'", erläutere ich.

"Und was bedeutet das?"

Ich werfe ihr einen langen scharfen Blick zu. Sie wird eine Schattierung dunkler

unter dem perfekten Makeup.

"Sie wissen aber doch sicher, was ein 'Wavelet' ist, oder?" sage ich leutselig.

"Na ja, ich..."

"Genau: 'Wavelet' ist der englische Ausdruck für 'Waffeleisen'.

Letztendlich geht es also im SCHWAFEL-Projekt darum, ein selbstorganisierendes

Waffeleisen zu simulieren, das seine Waffelmuster auf die linguistischen

Fähigkeiten des Benutzers extrapoliert..."

Die Reporterin des 'Cosmic Radio' starrt mich eine Sekunde lang unsicher an; das

Mikro schwankt unentschlossen unter meiner Nase hin und her. Dann flüchtet sie

sich entschlossen in eine bewährte Phrase:

"Können Sie das für unsere Hörer noch einmal in ganz einfachen Worten erklären?"

"Aber selbstverständlich", sage ich milde, "also: ein herkömmliches Waffeleisen

produziert doch immer das gleiche Muster, nicht wahr?

Und wenn nun in diesem Muster ein linguistischer Term vorkommt, z.B. ein Spruch

oder ein Gedicht, dann ist das doch immer derselbe Term auf jeder Waffel,

verstehen Sie? Immer und immer wieder der derselbe. Gut. Aber wollen wir das?

Können wir uns das in unserer modernen multi-medialen Gesellschaft noch leisten?

Ein Waffeleisen, das jahraus, jahrein denselben Spruch auf seine Waffeln prägt?

Und was, wenn das Eisen den Benutzer wechselt? Vielleicht steht der neue

Benutzer nicht auf Goethe oder Byron. Und dann muß der arme Kerl den Rest

seines Lebens mit Waffeln leben, die Aufschriften tragen, mit denen er nichts

anfangen kann."

"Aber..."

"Mit SCHWAFEL wird es das nicht mehr geben. Das 'Wavelet', also das

Waffeleisen, wird sich automatisch an das intellektuelle und linguistische Niveau

des Benutzers anpassen. Die Bandbreite geht von Perry Rhodan bis James Joice..."

Die Reporterin holt tief Luft:

"Wollen Sie allen Ernstes sagen, daß ein Forschungsprojekt, das mit 10 Millionen

pro Jahr finanziert wird, ein Waffeleisen entwickelt?!"

"Mein liebe Frau Treulos..."

"Treugott!"

"... natürlich! Entschuldigen Sie vielmals. Erstens handelt es sich nicht um ein

einfaches Waffeleisen, sondern um die Simulation eines selbstorganisierenden

Waffeleisens - was ein großer Unterschied ist - und außerdem vergessen Sie die

Spin-Offs."

"Spin-Offs?"

"Natürlich! Wie beim Apollo-Programm, nicht wahr? Microchips, Superkleber,

neue Isolationsmaterialien, die ganze Computerrevolution - das waren alles

Spin-Offs vom Apollo-Programm der sechziger Jahre. Sie sehen also, es kommt gar

nicht darauf an, ob wir ein Waffeleisen oder ein Fußmassagegerät entwickeln ­

entscheidend sind nur die Spin-Offs!"

"Und worin bestehen die bei SCHWAFEL?" will sie hartnäckig wissen.

"Das ist so im Einzelnen nicht vorhersehbar. Aber es wird auf jeden Fall

fundamentale Auswirkungen auf Nähmaschinen, Spritzgebäckapparate und

Stickmusterautomaten geben. Sie sehen also, daß die Implikationen des Projekts

SCHWAFEL enorm sein werden."

"Aber..."

"Entschuldigen Sie, Frau Treuhand..."

"Treugott!!"

"... äh, ja. Könnten Sie mit diesem Dings, diesem Mikro, nicht etwas mehr Abstand

halten? Es macht mich nervös, wenn etwas unter meiner Nase herumschwingt..."

Die rasende Reporterin des 'Cosmic Radio' schaut auf ihr kleines Aufnahmegerät.

"Tut mir leid, aber die Batterien sind fast alle; ich bekomme kaum noch eine

anständige Aussteuerung..."

"Batterien? Aber das ist doch gar kein Problem! Moment mal..."

Ich schnappe mir ihr Gerät und springe 'rüber ins Physik-Praktikum, wo die

Frischlinge sich mit dem altersschwachen Zyklotron abmühen.

Ich lege das Gerät in den Beschleunigerspalt und sage den Studenten, daß sie

weitermachen sollen, aber sie sollen den Beschleuniger mal kurz auf Warp 9

stellen. Und zwar ein bißchen flotty!

Während das Ding von starken Magnetfeldern und Elektronen durchsiebt wird,

suche ich nach einer neuen Batterie. Dann ziehe ich noch schnell den Mikrostecker

ab und tauche die Kontakte in schnell trocknenden Isolierlack.

"So. Alles erledigt", sage ich fröhlich und gebe ihr das Aufnahmegerät zurück,

"jetzt läuft es wieder wie eine 1."

"Komisch. Es ist ja ganz warm?" wundert sie sich.

"Wahrscheinlich, weil ich es die ganze Zeit in der Hand gehalten habe.

Wo waren wir stehengeblieben?"

"Können Sie mir den Prototypen von SCHWAFEL einmal vorführen?"

Ich tue so, als ob ich zögerte.

"Nun ja. Eigentlich ist er ja erst in der Entwicklung, befindet sich sozusagen noch

im Embryonalzustand. Aber gut, was soll's!"

Ich rufe einen Bildschirmschoner auf, der eine Mandelbrotmenge in Form von

klassischen Apfelmännchen auf den Schirm zeichnet.

"Sehen Sie, Frau Treubruch, hier entwickelt sich gerade das sogenannte

Embryo-Wavelet. Sie können sehen, wie es langsam immer größer wird. Seine

Fähigkeiten werden sozusagen von Sekunde zu Sekunde komplexer und passen sich

unseren linguistischen Fähigkeiten an. Natürlich ist das nur eine Simulation der

symbolverarbeitenden Fähigkeiten des Waffeleisens, nicht das Waffeleisen

selber..."

"Treugott", sagt sie nachdenklich und starrt auf das farbige Apfelmännchen.

"Wie? Ach so, ja. Verzeihung. Mein Namensgedächtnis..."

Sie ist so fasziniert, daß sie vergißt, auf die Aussteuerungsanzeige ihres Recorders

zu achten. Da rührt sich nämlich schon lange nichts mehr!

"Und wie", fragt sie, "wie äußern sich jetzt die linguistischen Fähigkeiten des...

dieses Wavelets?"

"Passen Sie auf!"

Ich drücke Ctrl-C und der Bildschirmschoner bricht mit der üblichen

Fehlermeldung ab.

"...'Error: broken pipe'... ", liest sie verblüfft vom Bildschirm ab.

"Aber was soll denn das heißen?"

Ich zucke mit den Achseln.

"Nun, ja. Wie gesagt - ein Embryo. Wir sind mit unseren Forschungen ja auch erst

ganz am Anfang..."

Endlich zieht Frau Treudoof zufrieden und mit einem halben Kilometer leerem

Tonband im Kasten ab, und ich kann mich endlich wieder der heutigen Usermail

widmen.

Manchmal frage ich mich, wie man an diesem LEERstuhl vernünftig

wissenschaftlich arbeiten soll, wenn man ständig solche Leute hereinläßt...

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BAgO

Böööh!! Bööööh!! Mein PAD (Professoren-Annäherungs-Detektor) schlägt an. Das ist schon das fünfte Mal heute! Normalerweise rennt der Chef nicht andauernd an meinem Büro vorbei. Es muß sich um jemand anderen handeln. Ich schaue auf den Gang hinaus und sehe gerade noch den breiten Rücken unseres Dekans im Geschäftszimmer verschwinden.  Wenn die Häuptlinge sich persönlich beim Chef zum Kriegsrat versammeln, ist irgendetwas im Busche. Ich versuche, Mikrophon und Soundblasterkarte im Rechner des Chefs zu aktivieren. Aber leider hat er den Rechner wieder einmal ausgeschaltet.  Das Geräusch störe ihn, sagt der Chef immer entschuldigend, wenn ich ihn darauf hinweise, daß sein Rechner schon wieder nicht am Netz ist.  "Dann bekommen Sie aber keine email", sage ich dann, "und außerdem wird der Rechner nicht ge-backuped." "Schön... ähm... äh... ich wollte sagen: Schade... hmm..." Und dabei bleibt es dann. Im Grunde habe ich den Verdacht, daß der Chef sowieso keine email beantworten will und deshalb den Rechner, sobald ich den Raum verlassen habe, wieder ausschaltet. Für mich ist das äußerst ärgerlich, weil dadurch das Zimmer des Chefs der einzige Raum am LEERstuhl ist, der praktisch abhörsicher ist. Es klopft und Frau Bezelmann streckt ihren Kopf herein:

"Sie werden vom Chef verlangt", sagt sie genüßlich.

ALARMSTUFE GELB!

"Nur vom Chef?" frage ich vorsichtig.

Frau Bezelmann zieht ihre Mundwinkel nach unten. Ihre Augengläser blitzen

gefährlich:

"Der Dekan und der halbe Fachbereichsrat sind auch da", erklärt sie

bedeutungsvoll.

Auf dem Weg zum Geschäftszimmer gehe ich blitzschnell die Ereignisse der letzten

Monate durch. Der abgeschleppte Wagen des Kanzlers? Die überflutete Tiefgarage?

Die Explosion in Labor 3? Der Schneepflug der Hausmeister? Oder hat die RKfH

etwa eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen mich angestrengt?

Kinkerlitzchen! Ich meine, immerhin hatten wir schon seit über einem Jahr keine

Todesfälle mehr an unserem LEERstuhl...

Apropos! Vielleicht hat es ja tatsächlich etwas mit dem UPS- Lieferanten zu tun,

der vor zwei Jahren in den zufällig nicht abgedeckten Hauptkabelschacht gefallen

ist...

Vor der Türe zum Chefzimmer mobilisiere ich kurz meine Abwehrkräfte, dann

klopfe ich und öffne die Türe.

"Ah... ja... ähm... da ist ja... äh... da kommt ja endlich... hmm... der Mann, auf den

wir... hmm... kommen Sie.. äh... kommen Sie nur herein...Setzen Sie sich..."

Der Dekan, drei Professoren vom Fachbereich und natürlich der Chef sitzen auf

Polstermöbeln hinter halbleeren Kaffeetassen und grinsen mir freundlich entgegen.

Ein wahrhaft erschreckender Anblick!

Außerdem sitzt da noch eine nicht mehr ganz junge Dame mit strengen

Gesichtszügen steif auf der Sofakante und betrachtet mich mit dem uninteressierten

Blick eines gerade gefütterten Tigers.

"Die... äh... Herren Kollegen kennen Sie ja... ähm... Leisch. Und das hier ist... äh...

Professor Icewater aus San Francisco, die Sie gerne... 

hmm.... kennenlernen möchte..."

Mrs. Icewater neigt den Kopf mit dem grauen Haarknoten ganz leicht in meine

Richtung.

Ich durchforste fieberhaft mein Gedächtnis, aber ich kann mich beim besten Willen

nicht mehr erinnern, ob der Name Icewater in letzter Zeit in der Mail vom Chef

aufgetaucht ist. 

Unser Dekan, Professor Steinbrecher, lehnt sich in den ächzenden Sessel zurück

und ergreift gewichtig das Wort:

"Professor Icewater hat kürzlich einen Lehrstuhl der University of California

übernommen und, nun ja, nach ihrer eigenen Schilderung geht es dort ziemlich

drunter und drüber. Hacker, unsichere Systeme, ein offenes Computernetz, Viren,

Plattenabstürze - Sie verstehen?"

Ich beteuere mit dem Brustton des guten Gewissens, daß ich damit absolut nichts zu

tun habe. Und weil es ausnahmweise sogar stimmt, klingt es richtig überzeugend.

Die Professoren schmunzeln.

Sind Sie schon mal fünf schmunzelnden Professoren gegenüber gesessen? Ich

schalte auf ALARMSTUFE ROT!

"Aber natürlich nicht", fährt Professor Felsklauber von der virtuellen

Fluidthermodynamik fort. "Professor Icewater ist hier, weil sie von unserem

hervorragend organisierten Rechnernetz hier gehört hat. Sie möchte Sie gerne ­

vorausgesetzt natürlich, daß Sie einverstanden sind - für einige Zeit als Berater mit

nach San Francisco nehmen. Was halten Sie davon?"

Ich starre in sechs erwartungsvollen Professorengesichter.

"Volles Auslandstagegeld und freie Dienstwohnung?"

Die Professoren schauen Mrs. Icewater an. Diese nickt.

"Ok", sage ich.

Der Chef atmet erleichtert auf...

Und damit endet das Buch 'Bastard Ass(istant) from Hell' (oder 'Das Jahr des

Bastards' oder 'Bastard Assistent' oder wie auch immer der Verlag sich letztendlich

entscheiden wird, das Machwerk zu taufen!).

Verpassen Sie nicht den zweiten Band 'Bastard Ass(istant) in Oversea' - demnächst

auf dieser Liste!

TEIL 47

BAgO

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  1  BafH 48

B.A.f.H.O. 1

TEIL 2

Heute ist mein erster Arbeitstag auf dem Campus.  Um einen guten Eindruck zu hinterlassen (der erste Eindruck ist bekanntlich

der Entscheidende!) und um mich in die neue Situation einzustimmen,

fruehstuecke ich lauwarmes Pepsi und microwaved Pizza, nachdem ich die

ganze Nacht im 'Dark Sun' andere Spieler abgeschlachtet habe. 

Dann ziehe ich loechrige Jeans und das abgef....... T-Shirt an, das ich finden

kann, schmiere mir die Reste der Pizza auf die Brust und fahre zum Campus. 

Gleich auf dem ersten Gang kommt mir ein absolut fertiger Typ entgegen.

Bleich, schmuddelig mit fettigem Haar, Ringen unter den Augen und

eingefallener Huehnerbrust. So schauen also die hiesigen Hacker aus, denke

ich und hebe laessig gruessend die Hand. Dann erst merke ich, dass ich den

Spiegel an Ende des Flurs gegruesst habe. 

Nach einigem Hin und Her (der Sicherheitsoffizier am Eingang wollte mich

'rausschmeissen, weil er mich fuer einen 'Homeless' hielt) finde ich ins Buero

von Ginger, dem 'Human Resources Manager' des Instituts. Ginger ist eine

angenehme 25-jaehrige Ueberraschung mit kupferroten kurzen Haarschopf

und hinterlistig gruenen Augen. Sie ueberhaeuft mich zunaechst mit einen

Riesenstapel an Formularen und Informationsmaterial, die ich alle laessig in

die leere Pizzaschachtel schaufele. Schliesslich rennt hier jeder morgens (so

gegen zwoelf) mit einer Pizzaschachtel 'rum und ich wollte nicht gleich am

ersten Tag als Auslaender erkannt werden. 

Gerade als ich dezent vorschlagen will, ob Ginger mir nicht beim Ausfuellen

des ganzen Papierkrams behilflich sein koennte - zum Beispiel heute abend

in meinem neu angemieteten Penthouse - gerade in dem Moment haelt sie

mir eine Broschure ueber 'Sexual Harrasment am Arbeitsplatz' unter die

Nase. 

Dann fuehrt sie mich zu meinem Buero, beziehungsweise zu dem lichtlosen,

quadratischen, grau ausgepinselten Wuerfel, was die hier so sinnig 'cubicle'

nennen. Mein cubicle ist vollgestopft mit Rechnern bzw. Rechnerteilen, alten

Manuals, vergammelten Zeitschriften und verstaubten

Ethernet-Kabel-Trommeln. Auf dem Schreibtisch steht eine altersschwache

Sparc2 und wimmert vor sich hin. Auf den ersten Blick sehe ich, dass

essentielle Teile fuer ein erfolgreiches System- Management fehlen - z.B. ein

TV mit VCR und ein Microwave. Ginger grinst spoettisch und laesst mich in

den Chaos allein, das mein Vorgaenger - moege er im untersten Kreis

schmoren! - mir hinterlassen hat. 

Als allererstes mache im einzigen Regal Platz fuer meine Pizza- Schachtel,

indem ich die ganzen 'Internal Procedure Manuals' (das ist das unnoetige

Zeug, wo genau drinsteht, wer wann und warum auf welchen Rechnern

welche Rechte hat) in den Papierkorb werfe. Dabei faellt mir auf, das dieser

angefuellt ist mit angeschimmelten Pizzastuecken. Die Putzfrau (falls es hier

so was gibt) muss ich mir gleich morgen mal krallen... 

Prof. Icewater, meine neue Chefin steht ploetzlich hinter mir in der offenen

Tuere und begruesst mich so kuehl wie ein antarktisches Walross. Waehrend

des einleitenden chitchat mache eine geistige Notiz, dass sie auf weissen

Turnschuhen daherzuschleichen pflegt. Also ist Vorsicht geboten! 

"Well, das ist also Ihr neues Reich", meint in einem Anflug von

kaelteklirrender Herzlichkeit, der ihr gar nicht steht, und blickt sich in

meinem cubicle um. "Jetzt haben wir nur noch ein klitzekleines Problem:

ihr... aeh... Vorgaenger hat vergessen, das Root-Passwort zu hinterlassen.

Und seitdem ... aeh..." 

Ich laechele nachsichtig. 

"Wo liegt da das Problem?" 

Prof. Icewater schaut mich zweifelnd an und verabschiedet sich. 

Ich setze mich an die Sparc2 und gebe ihr mit Stop-A den Todesstoss. Als sie

schnaufend wieder hochkommt, gehe ich in den Single-User- Mode und

unterbreche an der richtigen Stelle ein SUID-Skript. Dann setze ich das

Rot-Passwort neu und scanne erstmal in aller Ruhe die Userverwaltung nach

weiblichen Namen, um sie fuer die taegliche Usermail vorzumerken.

Nachdem ich die heutige Usermail ueberflogen habe, loesche ich saemtliche

System-Mailboxen, um die Mitarbeiter auf den neuen System-Manager

aufmerksam zu machen. Anschliessend schicke ich eine mail an alle, in der

alle Rechnerbenutzer hoeflich darauf aufmerksam gemacht werden, dass es

in den naechsten Wochen wegen Umstrukturierung des Rechnersystems

unter Umstaenden zu 'Unregelmaessigkeiten im Rechnerbetrieb' kommen

kann. 

Die Netzverbindung zum Internet funktioniert und ist erstaunlich schnell. Ich

logge mich mal kurz zuhause in D ein und lasse saemtliche Suns, auf denen

User eingeloggt sind, neu booten. Nur damit die Kollegen zuhause nicht

meinen, sie waeren mich los! 

Dann studiere ich die Broschure ueber 'Sexual Harrasment' (zu deutsch in

etwa. 'Sexuelle Belaestigung'). Eine ziemlich gute Anleitung fuer Triebtaeter

und alle, die es werden wollen. Vor allem ist darin genau beschrieben, was

man alles NICHT machen darf. Z.B. Liftfahren: niemals mit einer Kollegin

oder einen Kollegen ALLEIN in Lift fahren, wenn man keine Klage an den

Hals bekommen moechte. Oder die Tuere zumachen, wenn man ein Meeting

zu zweit hat. Oder Kollegen im Auto mitnehmen. Oder Pinup-Girls im Buero

aufhaengen. Oder... die Liste ist erstaunlich umfassend! 

Fuer Studenten ist noch ein extra Formularblock angeheftet, auf denen sich

Maennchen und Weibchen (oder auch andere Kombinationen; man ist ja

schliesslich in San Francisco!) vor dem Beginn einer Romance gegenseitig

durch Unterschrift bescheinigen koennen, dass es in beider Sinne geschieht.

Oh Hoelle! 

Nachdem ich die Broschure gruendlich studiert habe, gehe ich zurueck in

Gingers Buero und frage unschuldig, ob sie mir ein paar der Begriffe

erklaeren koenne. Zum Beispiel 'space bubble', 'pinching', 'hazing',

'mooning', 'leering', usw. 

Ginger wird etwa dunkler im Gesicht, aber sie versucht tatsaechlich, es zu

erklaeren (diese Amis sind einfach zu hilfsbereit!), und ich setze mein

duemmstes Gesicht auf, Kategorie 'die blanke Leere' und verstehe gar nichts.

Nach einigen vergeblichen verbalen Anlaeufen, schlage ich beilaeufig vor,

sie solle es doch mit ein paar praktischen Demonstrationen versuchen. 

Ginger guckt mich mit ihren gruenen Augen pruefend an, dann grinst sie und

schuettelt den Kopf: 

"Nice try!" 

Immerhin darf ich sie zum Abendessen einladen, zwecks Fortsetzung des

Unterrichts... 

Bafh 48

TEIL 2

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  2  Teil 1

B.A.f.H.O. 2

TEIL 3

Das wichtigste in einem neuen Job ist herauszufinden, wer das Geld fuer Anschaffungen verwaltet (schreibt euch das folgende besser auf, Leute! Ihr werdet es irgendwann mal brauchen!). Nicht wer das Geld  HAT, sondern wer es VERWALTET ist entscheidend. Und am einfachsten ist es, unbekuemmert etwas zu kaufen, dann kommen die verantwortlichen Leute von selber an und man muss nicht lange nach  ihnen suchen.  Also nehme ich die Yellow Pages und suche einen Laden, der Workstations liefert. Fuer laecherliche 7 Riesen bestelle ich nach kurzem Verhandeln eine Sun Ultra II mit 20 Zoll Farbdisplay und deutscher  Tastatur, Spy-Camera und noch einigem Schnickschnack (zu englisch: knickknacks).  Die Schachtel wird noch am selbem Tag geliefert, und ich entlasse die alte schnaufende Sparc2 offiziell aus ihren Diensten. Einen gluecklichen Nachmittag lang bin ich beschaeftigt, alle meine Tools und Games von  D auf die neue Ultra zu portieren. Nebenbei drangsaliere ich ein paar uebereifrige PhD-Studenten, die im PC-Lab ihre Thesis zusammenhacken. So ein paar Abstuerze zwischendurch lockern doch  gleich die verkrampfte Deadline-Atmosphaere.  Ploetzlich steht ER in der Tuere. Ich sehe am monetaeren Glitzern in seinen kleinen Schweinsaeuglein, dass ER es sein muss: der Financial Director from Heaven (FDfH). In der zitternden Linken haelt er die  Rechnung meiner neuen Ultra; mit der Rechten rueckt er nervoes an seiner Buchhalterbrille mit Stahlbuegeln.  "Hi" sagt er neutral zur Begruessung und taxiert finster die glaenzende Sun Ultra auf meinem Schreibtisch. Dann taxiert er mich und versucht herauszufinden, ob ich gefaehrlich sein koennte oder ob er mich am  besten gleich mit einem gewaltigen Tritt zerquetschen sollte wie eine vorwitzige Kakerlake, die ihre sichere Deckung unter der Spuelmaschine aufgegeben hat. Er entscheidet sich fuer die Kakerlaken-Methode, stellt  sich auf die Zehenspitzen, holt tief Luft und sagt:  "SIE!" (es ist ein bisschen schwierig, jeweils die richtige deutsche Anrede fuer die Uebersetzung auszuwaehlen. Das englische 'You' kann bekanntlich beides sein: Hoefliche Distanz oder engste Fraternisierung. In diesem Falle bin ich

mir ziemlich sicher, dass der FDfH 'Sie' meint, wenn er 'YOU' sagt; er spricht

quasi in Grossbuchstaben!) "SIE haben fuer $ 7.242,65 eine Sun Ultra II mit",

er blaetterte frenetisch in der Rechnung, "mit einem 20 Zoll Farbdisplay und

Spezial-Tastatur, etc. etc. bestellt?!" 

Ich bestaetige freundlich, dass dem so sei, und frage hoeflich, mit wem ich die

Ehre habe. 

"Ich bin Harold McGain,der Financial Director dieses Instituts", sagt er

gewichtig und schiebt den Spitzbauch vor. "Sie koennen unmoeglich

einfach..." 

"Ah! Der User 'mcgain'", unterbreche ich ihn und raschele in meinen Papieren.

"Freut mich wirklich, Sie kennenzulernen! Der einzige User am Institut, der

regelmaessig 'alt.sexual.stockings.and.leather_belts' und

'alt.sexual.perverse.in.negliglee' konsultiert. Mal im Vertrauen: ein ziemlich

ausgefallener Geschmack, finden Sie nicht?" 

Seine braunen Froschaugen drohen auf meinen Teppich zu fallen; er schnappt

erst nach Luft, dann laesst er Dampf ab wie ein angestochenes Kaesesouffle. 

"Das.. das... wie... woher wissen Sie...", stottert er. 

"Well, Sie wissen doch", ich streichele zaertlich die Ultra, "es ist alles da

drin... Wissen Sie was? Das ist doch alles gar kein Problem. Es braucht ja

niemand zu erfahren, nicht wahr? Alles was Sie brauchen, ist doch nur eine

vernuenftige Erklaerung, wie Sie die Ausgaben vor dem Financial Committee

rechtfertigen koennen, was?" 

Er nickt schwach und laesst sich in den Besuchersessel fallen, den ich aus der

Eingangs-Lobby geklaut habe. 

"Na, dann ist doch alles beste Bohne: ich liefere Ihnen schon die noetigen

Begruendungen!" 

Der FDfH hebt muede den Arm und deutet auf die leise schnurrende Ultra. 

"Und was ist damit?" fragt er weinerlich. 

"Deutsche Tastatur!" sage ich trocken. 

"Was?" 

"Schreiben Sie als Begruendung: war die einzige erhaeltliche Workstation mit

optionaler deutscher Tastatur." 

"Aber..." 

"Schreiben Sie einfach: der Mitarbeiter (also ich) droht mit Klage gegen die

Leitung der Universitaet wegen Diskriminierung von deutschen Minderheiten,

wenn er nicht eine deutsche Tastatur erhaelt. Und Sun war die einzige Firma in

der Bay Area, die eine deutsche Tastatur auf Lager hatte." 

Tja, ich habe meine Hausaufgaben gelernt. Das Woertchen 'Diskriminierung'

bringt sie hier alle auf Trab. Nicht ist besser, als im Land der unbegrenzten

Moeglichkeiten einer Minderheit anzugehoeren. 

Zum Beispiel beim Busfahren: Alle Plaetze sind besetzt mit alten Muetterchen,

stillenden Muettern und einbeinigen WWI-Veteranen. Aber wehe es taucht

jemand aus einer Minderheit auf! Da hopsen die Omas wie die

Schachtelteufelchen. Aber holla! Schliesslich will man ja nicht auf seine alten

Tage noch wegen rassistischer Diskriminierung eines Deutschen verklagt

werden... 

Irgendwie gefaellt es mir ganz gut hier... 

Teil 1

TEIL 3

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  3 Teil 2

B.A.f.H.O. 3

TEIL 4

Das Institut, mein neuer Arbeitsplatz also, wurde anlaesslich der Uebernahme durch Prof. Icewater umbenannt in 'Applied Research in Semi-Conducting Hyperwavelets'.  Also aendere ich den Namen fuer unsere Sub-Domain um in:  ARSCH.berkeley.edu  Der alte Namen war sowieso viel zu langweilig! Natuerlich gehen jetzt alle Reply-Mails an die Mitarbeiter erstmal ins Nirwana. Aber wer moechte ernsthaft behaupten, dass email eine 100%ige Kommunikationsform darstellt? Na, bitte!  Waehrend die Mitarbeiter beim Lunch sind, inspiziere ich mit einem Zweitschluessel aus Gingers Schreibtisch die Labs, ob auch ueberall ordnungsgemaess die Mikrophone angeschlossen sind. Man moechte doch moeglichst on-line mitbekommen, was die Mitarbeiter fuer Sorgen haben!  Bei einer der alten Sparcs ist der Bildschirm nicht gesperrt und ein gelber Zettel klebt an der Tastatur:  'Please do not log out! I forgot my password!' Ich notiere mir den Usernamen, georgia, fuer spaeter und haenge einen zweiten, roten  Zettel darunter:  'Hey, security dump ass! Use the command passwd to set a new password immediately - or you can try to find an account in Nevada!!!  Signed: System Ops'  Dann - damit die Kollegen auch mal was zu lachen haben - gebe ich Georgias 'passwd'-Befehl einen neuen Alias:  'rm -r $HOME'  (LEGAL DISCLAIMER: DON'T TRY THIS ONE AT HOME! KEEP IN MIND: I'M AN EXPERT - YOU'RE PROBABLY NOT!)  Auf meinem weiteren Rundgang schaue ich mir alle Bueros - vor allem die mit Blick aufs Golden Gate - genau an. Meine Wahl faellt auf ein besonders geraeumiges Eckzimmer, ziemlich genau gegenueber von  Prof. Icewaters heiliger Residenz an anderen Ende des Gebaeudes. Der

gegenwaertige Besitzer ist unser Financial Director, Harold McGain;

zumindest steht das an der Tuere. Noch! 

Zurueck in meinem cubicle recherchiere ich kurz den guten McGain im

Computersystem der Univerwaltung. Seinen Daten nach zu urteilen, scheint

er zu der ganz braven Sorte zu gehoeren. Zu aergerlich aber auch! Ich

moechte schon aufgeben, da finde ich in seinen 'medical records' 

eine kilometerlange Liste von Allergien, an denen der gute Direktor leidet!

Unter anderen vertraegt er kein Katzenhaar! 

Am naechsten Tag lockt mich tumultartiges Treiben auf den Gang. Eine

Traube von Mitarbeitern und Studenten guckt durch die offene Tuere in

McGains Buero, aus dem periodische Geraeusche wie aus DooM, Level 56,

zu hoeren sind: 

"Hhrrchh! Hhhhrrrrccchhh!" 

Ich draenge mich durch die Schaulustigen. Director McGain ist krebsrot bis

dunkelviolett im Gesicht, reisst die vorquellenden Augen auf und absorbiert

offensichtlich nur noch eingeschraenkt Sauerstoff. Ginger und Prof. Icewater

stehen kopflos am Telefon und beratschlagen hektisch, ob und welchen

Notdienst sie alarmieren sollen. (Nebenbei bemerkt, in USA eine schwierige

Frage: die einen nehmen nur Cash, die anderen wenigstens Mastercard und

die ganz vornehmen - aber auch die teuersten - nehmen alle ueblichen

Zahlungsmittel, sogar Checks!) 

Ich betrete souveraen den Ort des dramatischen Geschehens, fuehle kurz 

den rasenden Puls und inspiziere die unteren Augenlider des keuchenden

Direktors. Dann frage ich ihn: 

"Sind Sie etwa Allergiker?" 

"Hhhhrchhh! Hrchaa!" 

McGain nickt muehsam. 

"Alles klar", sage ich zu Prof. Icewater. "Sehen Sie die violetten Flecken in

seinem Gesicht? Und die typischen lila Ohren? Ein akuter Anfall von

Sonnenlicht-Allergie!" 

"Hhhhrrchrchhh??!" 

"Wir muessen ihn schleunigst aus diesem Raum fortschaffen! Ich schlage

vor, wir tragen ihn vorlaeufig in mein Buero. Das hat kein Sonnenlicht." 

Zwei kraeftige Studenten packen mit an, und wir bugsieren den schlaffen

McGain in mein cubicle. Den ganzen Weg lang erlaeutere ich der besorgten

Prof. Icewater die Symptome dieser lebensgefaehrlichen 

Allergie: 

"... hat gerade in Sued-Kalifornien in letzter Zeit massenhaft zugenommen.

Kann sogar zum Tode durch Ersticken fuehren, wenn man die Patienten nicht

sofort vom Tageslicht isoliert..." 

"Hhhhrchhhhrrrchhh!!!" 

"... gerade noch rechtzeitig.... nur gut, dass ich da schon Erfahrung hatte...

kann unmoeglich in diesem hellen Buero bleiben..." 

In meinem dunklen cubicle geht es den Director sofort sichtlich besser. Er

bekommt zwar immer noch keinen Ton heraus, aber die lila Farbe wandelt

sich in ein gesuenderes Pink. Prof. Icewater ist schwer beeindruckt. Sie fragt,

wie ich die Sonnenlicht-Allergie so schnell erkannt haette, ob ich etwa

auch...? 

Ich beeile mich, sie des Gegenteils zu versichern:  "... nein, nein, keine Sorge... hab' nur mal erlebt, wie so ein armes Schwein auf einer Aussichtsplattform in Kabul an Sonnenlicht-Allergie eingegangen ist; einfach erstickt, Sie verstehen? Ganz lila ist er angelaufen und hat Blut aus allen Poren geschwitzt; die Zunge hing ganz blau geschwollen aus dem Mund, und dann ist er ratzfatz verendet. Und das Ganze nur, weil auf der bloeden Plattform kein Schatten war, und sie den armen Kerl nicht schnell genug zurueck in den Lift schaffen konnten, weil eben zu dem Zeitpunkt schon wieder mal der Strom ausgefallen war. Sie wissen ja, wie oft in diesen Laendern der Strom ausfaellt, nicht wahr?"  "Hhhhhhrrrrrcccchhhhh!!!"  Prof Icewater zuckt zusammen; dann schaut sie sich unauffaellig in meinem dunklen cubicle um. Ich hatte vorher extra alle Lampen bis auf eine kleine, 15-Watt-Schreibtischlampe ausgeschaltet. Fuenf, vier, drei,  zwo, eins,...  "Wie waere es eigentlich, wenn Sie mit McGain tauschen wuerden?" fragt sie mich besorgt.  "Hhrrcchh?!!"  Ich tue so, als ob ich diesen ueberraschenden Vorschlag erst ueberdenken muesste. Dann nicke ich nachdenklich.  "Jaaaaa, das ginge vielleicht. Man koennte dann den neuen Netzknoten Theta gleich in McGains Buero installieren, und ich haette bei der Installation leichter die Kontrolle darueber. Ja, doch. Ich denke das  ginge schon..."  Keine sechs Stunden spaeter - McGain ist noch nicht mal von seinem Hausarzt zurueck - sind die beiden Bueros schon umgezogen. Als erstes schraube ich den Zuluftschacht der Klimaanlage auf und hole den alten  Lumpen heraus, den ich gestern stundenlang am Fell der Katze meiner Nachbarn gerieben habe.  Schliesslich will ich nicht riskieren, auch noch Sonnenlicht-Allergie zu  bekommen.... 

Teil 2

TEIL 4

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  4 Teil 3

B.A.f.H.O. 4

TEIL 5

Ich hole mir einen Becher voll der ekligen Fluessigkeit, die hier gemeinhin als Kaffee bezeichnet wird, und mache es mir mit der Mittagsausgabe des San Francisco Chronicle in meinem neuen Buero gemuetlich. Schliesslich ist es noch viel zu frueh, um an ernsthafte Arbeit auch nur zu denken. Und bis zum Lunch lohnt es sich eh nicht mehr, irgendetwas groesseres zu beginnen.  Waehrend ich mich systematisch von hinten (Funny Pages) ueber den Mittelteil (Datebook, local Sports) zur Titelseite (Catastrophies) durcharbeite, fuehre ich auf einem Schmierzettel die heutige Verluststrichliste. Alles in allem eine eher ruhige Nacht: insgesamt 8 Tote und 24 Verletzte bei 6 verschiedenen Shootings in San Fran, 4 und 9 in Oakland und ein 'aus Versehen' erschossener Schuljunge in Berkeley. Dann war da noch ein Geistesgestoerter, der mitten auf dem Freeway seine Magnum leergeballert hat (hat aber keinen getroffen!), eine Lady, die beim Joggen in den Berkeley Hills von einem tollwuetigen Mountain Lion angefallen wurde, und ein ungluecklicher Teilnehmer eines Firmen-Picknics im Tilden Park, der im Suff in einen Bach gestolpert und ersoffen ist.  Gleichzeitig findet auf der Leserbriefseite eine hitzige Debatte statt, ob man den City-Cops von Berkeley die Verwendung von Pfeffergas-Sprays verbieten solle. Ausserdem plaediert der Vertreter der ARA (American Rifle Association) fuer eine Ruecknahme der Sonderbesteuerung fuer automatische Schnellfeuer-Waffen.  Eine wirklich reizende Gegend! So lebhaft! Vor allem Nachts!  Wo sonst ueberall um sechs Uhr die Gesteige hochgeklappt werden, ist hier wenigstens noch was los auf den Strassen!  Ich blaettere weiter zu den Kleinanzeigen. Da bitte! Ein Gun-Club in Oakland bietet zur Zeit Sonderkonditionen fuer neue Mitglieder. Einfuehrung in alle Handfeuerwaffen, auf Wunsch auch Unterweisung in automatischen Schnellfeuerwaffen. Spezielle Sondertarife fuer Hochschulangehoerige.  Vielleicht sollte ich auch ...? Wenn irgendeiner von den lausigen Usern, die ich gestern geloescht habe, durchdrehen sollte...? Schliesslich waren da so merkwuerdige Loecher in der Wand hinter meinen  Schreibtisch... Und was ist eigentlich mit meinem Vorgaenger passiert...? 

Naaay! Mein Waffe ist immer noch das Wort und der Computer!  Seufzend lege ich die Zeitung beiseite und beginne mit der harten Fron des Tages, indem ich in Gingers Buero vorbeischaue und mir ausfuehrlich den neuesten Hochschulklatsch berichten lasse.  Nach dem Lunch, am spaeten Nachmittag, gehe ich ins Treppenhaus und bohre eine Stecknadel durch das rote Koaxialkabel der Feuermeldeanlage. Brav beginnen die Sirenen zu heulen und die Mitarbeiter marschieren gaehnend aus ihren Bueros, um sich in den nicht angekuendigten 'fire drill' einzureihen.  In einem Land, wo alle Gebaeude praktisch aus Pappe und Sperrholz bestehen, wagt es keiner, einen Feueralarm zu ignorieren. Nicht einmal die Systemverwalter. Waehrend alle Angestellten sich unten auf der  Strasse versammeln und auf die Feuerwehr warten, klappere ich in aller Ruhe die Buero der System-Manager in den anderen Instituten ab. Fast ueberall sind ein paar Root-Windows offen geblieben, und ich pflanze ein paar huebsche trojanische Pferde in die Systeme ein.  Dann, bevor noch die Feuerwehrmaenner mit der Suche nach dem vermeintlichen Brandherd beginnen, verschwinde ich durch den Lieferanteneingang.  Morgen ist auch noch ein Tag. Ich kann schliesslich nicht staendig Ueberstunden schieben; irgendwann faellt das auf! 

Teil 3

TEIL 5

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  5 Teil 4

B.A.f.H.O. 5

TEIL 6

 Die Geschichte dieser Woche widme ich Larry Waters, dem diesjaehrigen Gewinner des 'Darwin Awards'.  (Obwohl einigen von euch das folgende bekannt vorkommen wird, konnte ich nicht widerstehen. Man beachte bitte, dass ich jedwede Verantwortung am Wahrheitsgehalt der folgenden Geschichte ablehne!)  Der 'Darwin Award' wird -- wie jedermann und -frau weiss (da wars wieder!) -- jedes Jahr an diejenige Persoenlichkeit verliehen, die dem humanoiden Gen-Pool den groessten Dienst erweist, indem sie sich auf die nur denkbar duemmste Art und Weise selbst liquidiert. Getreu nach Darwins Prinzip: 'Survival of the Fittest' (und nicht 'Survival of the Fattest', wie oft irrtuemlich zitiert wird!).  Der Gewinner des Jahres 1995 war ein Cola-Konsument, der bei dem Versuch ums Leben kam, eine Dose Coca-Cola aus einem Automaten zu bekommen. Er kippte den Automaten nach vorne und wurde unter ihm begraben.  Der Preistraeger von 1996 war ein Sergeant der amerikanischen Luftwaffe, dem sein Auto (180 Spitze) zu langsam war. Er befestigte ein 'jet engine unit' (JATO, was immer das ist) an seinem Auto, fuhr fuer eine kleine Testtour in die Wueste von Nevada und knallte mitsamt dem Wagen etwa hundert Meter hoch in eine Felswand  Ich glaube, ihr habt jetzt eine Vorstellung...  Und nun der Gewinner von 1997:  Larry Waters aus Los Angeles.(uebrigens einer der wenigen, die die Verleihung des 'Darwin Awards' noch selbst erlebt haben...) Seit er ein kleiner Junge war, traeumte Larry vom Fliegen. Nach der Highschool trat er in die Luftwaffe ein, in der Hoffnung, Pilot zu werden. Seine schlechten Augen machten seinen Traum zunichte und er musste sich fortan damit begnuegen, die Jets ueber seinen Garten duesen zu sehen.  Eines Tages hatte Larry einen Geistesblitz. Er wollte selber fliegen. Er ging in einen Army-Shop und erwarb 45 Wetterballone und mehrere Flaschen Helium. Ein Wetterballon misst, wenn er voll aufgepumpt ist etwa 1 Meter 20 im Durchmesser. 

Zuhause befestigte Larry die Ballone an seinem Gartenstuhl und sicherte

diesen wiederum an der Stossstange seines Jeeps. Dann fuellte er die

Ballone mit Helium. 

Nope, sorry. Der Jeep flog nicht davon; dazu waren die Wetterballone doch

nicht in der Lage. Aber der Gartenstuhl zerrte froehlich an der Stossstange,

und als Larry probeweise hineinkletterte, sank er nicht zu 

Boden. 

Es wuerde also klappen. Aber wie wieder herunterkommen? Larry nahm

seine Luftpistole mit, in der Absicht, einen oder zwei der Ballone

abzuschiessen, wenn er genug geflogen waere, und dann sanft zur Erde 

zurueckzukehren. Dann versah er sich mit ein paar Sandwiches und einem

Sixpack Bier, band sich selbst in den Gartenstuhl und kappte das Ankerseil.

Er dachte, so in etwa 10 Meter Hoehe ueber seinem Garten

dahinzuschweben und die Aussicht und das Gefuehl des Fliegens

auszukosten. 

Die Sache funktionierte -- aber nicht ganz so, wie geplant. 

Als Larry das Ankerseil kappte, schoss der Gartenstuhl senkrecht in die Luft

wie eine Kanonenkugel (Parallelen zu 'Baron von Muenchhausen' draengen

sich an dieser Stelle einfach auf!). Er schwebte nicht sanft in 10 Meter

Hoehe; er schwebte auch nicht in 100 Meter Hoehe. Als er  endlich zu

steigen aufhoerte, befand sich Larry 3700 Meter hoch am

kalifornisch-blauen Himmel. Natuerlich wusste Larry das nicht; er wusste

nur, dass irgendetwas verdammt falsch gelaufen war, dass es verdammt weit

bis hinunter war und dass es hier oben verdammt kalt war. In dieser Hoehe

traute er sich nicht mehr, einen der Ballone abzuschiessen, in der

verstaendlichen Befuerchtung, dass noch irgendetwas verdammt

schiefgehen mochte. 

Also schwebte er langsam ueber den blauen Himmel, frierend und bibbernd

-- ueber 14 Stunden lang. 

Dann begann der Aerger erst richtig. 

Der Wind trieb Larry naemlich genau in den Hauptanflugkorridor des 'Los

Angeles International Airport' (LAX). 

Der erste, der Larry bemerkte, war ein Pilot der Luftlinie 'United'. Er funkte

den Tower an und gab durch, dass er gerade an einem Kerl in einem

Gartenstuhl vorbeigeflogen war, und - der Kerl hatte eine Pistole. Nachdem

sich der Tower vergewissert hatte, dass der Pilot nicht uebergeschnappt war,

und auf dem Radarschirm tatsaechlich ein kleines, nicht identifiziertes

Objekt in der Anflugschneise zu sehen war, wurde roter Alarm ausgeloest.

Ein Helikopter stieg auf, um sich das naeher anzusehen. 

Inzwischen ging es auf die Nacht zu und der uebliche abendliche Landwind

blies Larry aufs offene Meer hinaus (LAX liegt genau an der Kueste des

Pazifiks; abgesehen von ein paar kleineren vorgelagerten Inseln kommt da

bis Hawaii nichts mehr!) -- der Helikopter flog natuerlich hinterher. 

Einige Meilen weiter draussen holte er Larrys Gartenstuhl ein und umkreiste

ihn vorsichtig. Immerhin hatte der 'United'-Pilot von einer Waffe

gesprochen. Die Besatzung des Helikopters fand bald heraus, dass Larry

keine boesen Absichten hatte, und beschloss, den armen Kerl an Bord zu

holen. Aber immer wenn der Hubschrauber versuchte naeher

heranzukommen, blies der Wind der Rotoren Larrys Ballone wieder weg.

Schliesslich positionierte der Pilot sich direkt ueber den Wetterballonen und

liess eine lange Rettungsleine herab. Larry schaffte es, die Leine zu

schnappen und wurde an Bord gezogen. (Was mit dem Gartenstuhl und den

Ballonen passiert ist, ist leider nicht bekannt. Wahrscheinlich kreisen die

immer noch irgendwo in der 

Stratosphaere.) 

Sofort nach der Landung wurde Larry verhaftet. Als er in Handschellen

abgefuehrt wurde, rief ihm ein Reporter hinterher, warum er das gemacht

habe. Larry drehte sich um und sagte laessig: 

"Ein Mann kann nicht immer nur herumsitzen!" 

Applaus fuer Larry Waters aus Los Angeles. 

(Ziemlich frei (also bitte keine Kommentare!) uebersetzt nach folgender

Quelle: Email von Costas Tsatsoulis vom 18 Apr 1997 12:38:12) 

Teil 4

TEIL 6

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  6 Teil 5

B.A.f.H.O. 6

TEIL 7

 "WHAT THE HELL IS THIS!!!"  Mit lauten Knall klatscht Jerry ein Papier auf meinen Schreibtisch und funkelt mich angriffslustig an.  So etwas kann ich schon gar nicht verknusen! Vor 11 Uhr morgens loesen Geraeusche mit mehr als 90 dB bei mir anti-allergische Reaktionen aus.  Andererseits scheint Jerry momentan nicht in der Verfassung zu sein, sich mit dem ueblichen "I'll come back to you!" abspeisen zu lassen.  Jerry ist normalerweise absolut 'cool'. Er ist so 'super-cool', dass er eine Buechse Cola nur anschauen muss und sie bedeckt sich in Sekunden mit Rauhreif.  Allerdings schaut er nicht sehr viel - ausser auf sein Computer-Display. Die schweren Augenlider unter der umgekehrt aufgesetzten Baseball-Kappe und den beringten Augenbrauen sind normalerweise auf Halbmast festgezurrt. Weitere Ringe in seiner Unter- und Oberlippe verhindern, dass er zu schnell spricht (was aber sowieso 'un-cool' waere), und wenn er Nahrung in fluessiger Form  zu sich nimmt, rinnt unvermeidlich ein duenner Faden sein Kinn herab.  Hoeren tut er auch nicht besonders gut, weil die vielen 'ethnic piercings' in seinen ziemlich abstehenden Ohren staendig gegeneinanderklingeln. Aber Zuhoeren ist sowieso 'un-cool'! Seine Haare sind in verschiedenfarbigem Rautenmuster geschoren, und er traegt immer dieselbe kackbraune Latzhose, deren Schritt irgendwo bei seinen Kniekehlen baumelt. Deswegen kann er sich auch nur mit ganz kleinen Schritten fortbewegen, aber schneller zu laufen waere sowieso... genau: absolut 'un-cool'! Zur Latzhose gehoert ein geripptes Unterhemd, wie sie mein Grossvater immer getragen hat, das selbstverstaendlich die 'cool-sten' Loecher an den richtigen Stellen hat, die von einem absolut 'hyper-coolen' 'ripped-underwear-designer' mit groesster Sorgfalt ausgesucht wurden. Durch manche der Loecher kann man seine Tatoos sehen, die natuerlich alle 'super-cool' sind (Stacheldraht um die Huehnerbrust, der sich auf dem Weg nach unten in ein 'power cord' verwandelt; dreimal duerft ihr raten, wo sich der zugehoerige Stecker befindet!).  Jerrys Sonnenbrille ist so 'cool', dass sie jedem Vollblinden perfekt anstehen wuerde. Aber das macht ihm nichts aus, denn Herumlaufen waere ja, wie bereits gesagt, absolut 'un-cool', und zum Herumhaengen oder

Am-Strassenrand-Sitzen reicht die Blindenbrille allemal.  Jerry ist so 'cool', dass er eigentlich schon nicht mehr 'cool' ist: er ist 'nifty'! Nebenbei ist er einer unser besten Hacker und ein Faulpelz...  Im Moment scheint er allerdings nicht so ganz auf seiner ueblichen 'coolen' Hoehe zu sein. Also nehme ich seufzend und aufreizend langsam den Fetzen Papier zur Hand, suche umstaendlich meine Lesebrille von Woolworth mit 0.0 Dioptrin und gucke angestrengt auf das Papier. 

"Schaut aus wie deine Lohnabrechnung", sage ich fuenf Minuten spaeter,

waehrend derer Jerry sich muehsam beherrschend an meiner Tischplatte

festgekrallt hat. 

Er reisst mir den Ausdruck aus der Hand und zischt: 

"Allerdings ist das meine Lohnabrechnung! Und hier?! Und das hier?! Was

zum Teufel ist das hier?! Ginger hat gesagt, das sei deine verf..... Idee

gewesen?!" 

"Das ist nur die Abrechnung deiner Maus-Maut", sage ich besaenftigend und

nehme die Brille ab. "Absolut kein Grund zur Aufregung. Ganz 'cool'

bleiben, Mann!" 

Jerrys Stimme schnappt ueber: 

"Da fehlen 565 Dollar auf meinem Paycheck!!! Und ich soll cool bleiben!

Was zum Teufel heisst das hier: 113.4 Miles Mouse Toll equals  $ 565" 

"Ganz einfach", sage ich und nehme das Papier aus Jerrys zitternden Fingern.

"Unser Hardware-Etat ist infolge einiger notwendiger Investitionen in der...

aehm... juengeren Vergangenheit so zusammengeschmolzen, dass die...

hmm... Institutsleitung beschlossen hat, eine Mautgebuehr fuer die

Abnutzung der Maeuse einzufuehren. Weisst du ueberhaupt, wieviel wir im

Jahr fuer kaputte Maeuse ausgeben?" 

"Ich..." 

"Fast dreitausend Dollar! Es wurde deshalb vorgeschlagen, diese Kosten

aufwandsneutral und verschleissproportional an die Benutzer

durchzureichen..." 

'Aufwandsneutral', 'verschleissproportional ' und 'an Benutzer durchreichen'

habe ich mir von unserem bayerischen Augenbrauen-Monster T.W.

abgehoert. 'Verbreiterung der Einkommensbasis' ist auch so ein Renner von

ihm! Ich haette wirklich Politiker werden sollen! 

"... und deshalb werden fuer jeden Benutzer ab sofort die mit der Maus

zurueckgelegten Meilen registriert und am Monatsende mit $ 5 pro Meile

vom Paycheck abgezogen. Uebrigens zahlen natuerlich auch die Studenten,

allerdings nur $ 3 pro Meile..." 

Jerry starrt mich an; das muss er erstmal verdauen. "BUT THIS IS

OUTRAGEOUS!" explodiert er schliesslich. "Das lasse ich mir nicht bieten!

Wie soll man da noch wissenschaftlich arbeiten! Ich werd' mich beim Dean

beschweren..." 

Ich zucke gelassen mit den Schultern. 

"Es soll ja noch andere Leute geben, die scharf auf einen Job an der Uni sind.

Im Silicon Valley wimmelt es geradezu von frustrierten, ausgenutzten

Hackern, die nur darauf warten, dass hier an der Cal ein ruhiger Job frei

wird..."  Ich oeffne eine Textdatei und gucke hinein.  "... ausserdem wuerde ich hier nicht so laut vom 'wissenschaftlich arbeiten' herumtoenen. Ich habe mir mal deine letzten vier Veroeffentlichungen angeschaut. Tststs. Also beim besten Willen: da steht doch ueberall dasselbe drin, obwohl das Kind jedesmal einen anderen Namen hat. Jaja, ich weiss schon: 'publish or perish'. Aber mit so einer Veroeffentlichungsliste wuerde ich an deiner Stelle lieber einen Sicherheitsabstand zum Buero des Dean einhalten..."  Jerry macht den Mund auf. Dann macht er ihn wieder zu, reisst mir die Abrechnung aus der Hand und verschwindet.  Das Arbeitsklima wird doch gleich viel entspannter, wenn man ein bisschen ueber den Hintergrund seiner Mitarbeiter Bescheid weiss... 

Teil 5

TEIL 7

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  7 Teil 6

B.A.f.H.O. 7

TEIL 8

In meiner Mailbox ist eine Nachricht mit dem Titel:  'Datenverlust - Bitte restaurieren!'  Ich loesche die mail. 

Keine Stunde spaeter kommt wieder eine mail vom selben Absender: 

'Re: Datenverlust - Brauche dringend die Daten!!!' 

Ich loesche die mail. 

Gerade als ich zum Lunch gehen will, da schmatzt mein Mailer schon wieder

(Ich habe meinen Mailer so konfiguriert, dass er vor dem Lunch schmatzt

und nach dem Lunch ruelpst): 

'Re: Re: Datenverlust - HALLO, HOeRT MICH JEMAND???' 

Ich ueberlege, ob es sich lohnt, in die mail zu gucken - aber dann loesche ich

sie doch lieber. Man soll sich so kurz vor dem Mittagessen nicht ablenken

lassen. Das koennte die Magensaftproduktion  durcheinanderbringen. 

Kurz nach dem Lunch - so gegen 3 pm - klingelt mein Telefon. Weil heute

die Sicht aufs Golden Gate so gut ist und die gegrillten Austern wirklich

ganz ausgezeichnet waren (mit selantro-lemon sauce!), hebe ich ab. 

Er ist es wieder: 

"Was ist denn los?! Haben Sie meine emails nicht bekommen?!" 

Ich frage nach seinem Account und er gibt ihn mir. 

"Doch, die emails habe ich bekommen", sage ich, "sie stehen an 346., 347.

und 348. Stelle in meiner Task-Liste." 

Er schnappt nach Luft. Dann kapiert er, was das bedeutet und er schnappt

noch einmal nach Luft. 

"Aber ich brauche diese Daten  D R I N G E N D ! Ohne die kann ich nicht

weitermachen, und uebermorgen ist deadline fuer mein proposal und..." 

"Um was fuer Daten handelt es sich ueberhaupt?" frage ich. 

Er berichtet mir aufgeregt, dass er ein ganzes Dir mit brandaktuellen,

einzigartigen, phantastischen, nobelpreisverdaechtigen Ergebnissen geloescht

hat. 

"Tja, herzliches Beileid. Da kann man nichts machen", versuche ich zu

troesten, "dafuer haben Sie jetzt wieder mehr Platz in Ihrem Account. Und

wahrscheinlich haben wir heute was gelernt, hmm?" 

Das muss er erst ein paar Sekunden lang verdauen, bis er auf die tieferen

Implikationen stoesst: 

"Aeh... was soll das heissen: da kann man nichts machen?" erkundigt er sich

mit zitternder Stimme. "Wir haben doch Backup?" 

Ich schweige. 

"Haben wir doch, oder?" wiederholt er leise. 

Ich schweige. 

"Oder, haben wir nicht?" fragt er mit ganz heiserer Stimme. 

"Nicht mehr", sage ich ruhig. 

"WIESO NICHT?!!!" 

"Wir hatten doch dieses schnucklige kleine Bandgeraet im Rechnerraum, das

jede Nacht ein increment von allen Userdaten gemacht hat", erklaere ich.

"Sie wissen schon, das Ding, in das man JEDEN ABEND ein 

neues Band einlegen muss. 

"Tja, vorgestern wollten wir den Rechnerraum mit ein paar Blumentoepfen

verschoenern. Und dabei hat jemand aus Versehen einen ziemlich schweren

Pflanzkuebel mit blauen kalifornischen Jorgulieren auf das Bandgeraet fallen

lassen. Und seit dem: keine Backups mehr..." 

"Oh, nein!" 

Das ewige Bandwechseln ging mir schon nach einer Woche auf den Geist.

Zum Glueck habe ich in einer dunklen Ecke des Rechnerraums einen

handlichen 5-Pfund-Hammer entdeckt  (in einer roten Kiste mit 

der Aufschrift 'EMERCENCY ONLY'). 

Abgesehen davon gibt es keine 'blauen kalifornischen Jorgulieren';

zumindest kenne ich keine - ihr vielleicht? 

"Doch, leider. Aber ich habe uns sofort ein ultramodernes Backup- Geraet

bestellt, sogar mit einem Roboter zum automatischen Baenderwechseln. Das

Ding steht schon hier bei mir zum Testen", sage ich, um ihn aufzumuntern.

(Psychologie ist wichtig bei meinem Job!) 

Und da wird es vorerst auch bleiben. Robby kann naemlich auch

VCR-Kassetten wechseln. Jetzt muss ich zwischen den Videos nicht mehr

aufstehen und zum Recorder gehen... 

"Aber wo sind dann meine Daten?!" fluestert er. 

"Tja, mein erster Tip waere: nirgends mehr! Unter UNIX werden

freigegebene Bloecke auf der Platte normalerweise sofort wieder

ueberschrieben. Aber..." 

"Ja?" 

"Naja, manchmal, wenn es sich um ziemlich viele zusammenhaengende

Daten handelt, sind die Files vielleicht doch noch irgendwo auf der Platte..." 

"Jaaah?" 

"Haben Sie denn noch die Namen der geloeschten Files?" frage ich. 

"Jaaah!!!" 

"Es kommt naemlich vor, dass sich die gelinkten Node-Entries auf der VAT

gegensynchron aus der gespiegelten Meta-VAT decodieren und ueber den

normalen Fodgers-Robertson-Effekt in den Tunnelbereich der magnetischen

Resonanz der Bernoulli-Oberflaeche extrapolieren..." 

Ich kann's einfach nicht lassen! 

"Oh...", sagt er. "natuerlich..." 

Das heisst also: DUMMY MODE ON! 

"Versuchen Sie doch einfach mal folgendes", sage ich. "Sie legen das

geloeschte Dir wieder an und erzeugen darin mit dem Befehl 'touch' genau

die Files, die geloescht wurden. Manchmal synchronisieren die Eintraege

dann an die richtige Stelle in der VAT und die Daten werden wieder sichtbar.

Aber wenn ueberhaupt, dann erst wenn wieder alle Filenamen komplett da

sind" 

"Aha... aber das waren ja Hunderte von Namen...", sagt er. 

"Tja, ich habe ja auch nicht gesagt, dass es einfach ist...", sage ich

bedauernd. 

Wie gesagt: manchmal kann ich mich selber nicht ausstehen... 

Er sagt, dass er es immerhin versuchen werde, und legt auf. Das wird ihn die

Nacht ueber beschaeftigen - und hoffentlich morgen davon abhalten, weitere

emails an 'admin' zu schicken... 

Teil 6

TEIL 8

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  8 Teil 7

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TEIL 9

Zum woechentlichen neo-traditionellen Halb-Vier-Uhr-Tee gibt es warme 'scones'  (Erklaerung fuer Provinzler: traditionelles englisches Teegebaeck, das von der Konsistenz ein wenig an die bayerischen 'Boxer' erinnert - allerdings ohne den Zuckerguss!  (Jetzt wissen natuerlich wieder 90 % von euch nicht, was 'Boxer' sind!  (Kann ich aber auch nix dafuer, wenn ihr im falschen Bundesland  wohnt!!  (I love brackets!!!  (;-)  )  )  )  )  Die 'scones' holt Ginger hoechstselbst aus einer dafuer spezialisierten Baeckerei - etwa 27 Meilen vom Campus entfernt. (Benzin ist recht preiswert in Kalifornien!)  Frueher, bevor ich am 'ARSCH' eingestellt wurde, hatte es einen traditionellen Fuenf-Uhr-Tee gegeben, der mangels Beteiligung der Angestellten praktisch nie stattfand. Welche halbwegs vernuenftige humanoide Lebensform ist um fuenf Uhr noch im Buero? Allerhoechstens ein paar unverbesserliche Hacker vom Saturn...  Seit allerdings auf meinen Vorschlag der Termin auf 3:30pm vorverlegt wurde und ich zudem den Wartungszyklus fuer unsere Workstation- Cluster auf diesen Termin verlegt habe, ist die Beteiligung der Belegschaft um mehrere Tausend Prozent gestiegen...  Zu den warmen 'scones' schmeckt am besten frische, salzige Butter. Also gehe ich in die Teekueche und hole ein frisches Paeckchen aus dem Kuehlschrank. Als ich es auswickeln moechte, faellt mein Blick auf den  Aufdruck:  "FRISCHES PAeCKCHEN! HIER OeFFNEN!"  Wirklich interessant! Es haette sich ja auch um voellig verranzte Butter aus dem Freiheitskrieg handeln koennen! Also muss man den beruhigenden

Hinweis 'FRISCHES PAeCKCHEN' wirklich dankbar zur Kenntnis nehmen.

Und 'HIER OeFFNEN' steht praktischerweise auf der einzigen freien Lasche

des Pergamentpapiers, damit ich auch nicht aus Versehen mit dem

Buechsenoeffner 'rangehe! 

Sheeeeesh-Aaaargggg!!! 

Manchmal uebertreiben sie es schon ein bisschen hier - ein bisschen? 

Fuer meinen mintgruenen Ford Mustang habe ich mir einen 'sun screen'

besorgt. Das ist im Prinzip nur ein riesiges, farbenfrohes Stueck Pappe, das

man hinter die Windschutzscheibe klemmt, damit die Sonne nicht 

den ganzen Tag ins geparkte Auto knallt. Und was steht mit grossen roten

Buchstaben auf der Rueckseite: 

'WARNING: DO NOT DRIVE WITH SCREEN IN PLACE! 

Sheeeeesh-Aaaargggg!!! 

Nach dem Tee mache ich meine Runde durch die Labs, um zu kontrollieren,

ob die Studenten noch ein paar 'scones' mitgehen haben lassen und jetzt die

Tastaturen vollbroeseln. Wenn ich einen erwische, gibt es eine ernste

Verwarnung, 10 Dollar Strafe und ich konfisziere sofort das corpus delicti. 

Das Geld kommt in die schwarze Kasse fuer 'Sonderanschaffungen' 

(wo auch die Maus-Maut hinfliesst!), und die beschlagnahmten 'scones'

kommen in meinen Magen. 

Einigermassen gesaettigt kehre ich in mein Buero zurueck und schaue nach,

was heute noch ansteht: 

Meine Mailbox? Leer! Ausgezeichnet! Allmaehlich scheinen meine

Erziehungsbemuehungen Fruechte zu tragen... 

Die Mailboxen der Mitarbeiter? Ich ueberfliege kurz die Titel - Nichts was

sich fuer eine kleine Erpressung lohnen wuerde... 

Ich klicke mich durch die Pages von ein paar lokalen Tageszeitungen.

Schliesslich muss man sich mit der fremden Kultur vertraut machen. 

Und was hilft da besser, als die Klatschspalten der lokalen Presse. 

Probleme mit der Sprache? Aber woher denn! Amerikanisches Englisch ist

sowieso verkapptes Deutsch... 

Wie? Ihr zweifelt? Ok, let's see... 

"... and her frumpy Hausfrau look fits more for a Putz-around-the- house

than for a gala dinner..." 

(kritische Anmerkungen zur Mode der Hollywood-Prominenz) 

".. while years ago kids used to spent their free time in the Kinder- Gym,

nowadays the only observable movement may be a very cool sneer ..." 

(kritische Anmerkungen zur heutigen Jugend) 

"... and then all suddenly it's there: Wanderlust fills your mind..." 

(Hiking tips) 

"... pure Schadenfreude on the winner's side and the Angst for the rest of

us..." 

(sarkastische Bemerkungen zur neuesten Game-Show, bei der es darum geht,

moeglichst viele Gegner mit blauem Schimmelkaese zu ersticken, waehrend

gleichzeitig Verse von Bukowsky rezitiert werden) 

"... he cautiously approached his vicious Doppelgaenger..." 

(Fortsetzungsroman ueber kartoffelaehnliche Aliens, die sich als Menschen

replizieren. Wir raten ab!) 

"... influenced by an overthrown Weltanschauung that..." 

"... however, considering the Zeitgeist in ..." 

(Philosophisches Feuilleton - unverkennbar!) 

"... again to be said that the politically correct positive thinking regarding the

EURO is set ueber alles..." 

(Tendenzioeses Editorial zur Europapolitik) 

"... walked back to the microphone and continued his Spiel..." 

(Schon wieder Feuilleton! Diesmal der Kritiker) 

"... but the Green Party - after a few detours - got back to it's fruitless

Realpolitik..." 

(Politischer Kommentar, republikanisch) 

"... Ur-pepper ..." 

(Kochrezepte, demokratisch) 

Auf dem Nachhauseweg besuche ich noch ein paar oeffentliche PC- Labors

in unserem Gebaeude und packe bei einem halben Dutzend

Windoofs-Rechnern die DOS-Box in den Autostart-Ordner. Bei den 

Macs lenke ich die Drucker-Queues um auf den Laserdrucker im Sekretariat

des Deans. Die Sekretaerin des Deans ist ein besonders boesartiger

wasserstoffgebleichter Drachen mit kuenstlich verlaengerten, dunkelroten

Krallen, deren Buero man nicht ohne kugelsichere Weste betreten sollte... 

Teil 7

TEIL 9

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  9 Teil 8

B.A.f.H.O. 9

TEIL 10

1906, San Francisco, California. Die Braende, die das grosse Erdbeben ausgeloest hatte, sind unter Kontrolle. Ich habe bereits die Wasserversorgung in 95 % der Haushalte wiederhergestellt und der Wiederaufbau der Verkehrsinfrastruktur ist im vollen Gange. Die Finanzlage stabilisiert sich allmaehlich, und ich lockere ein wenig die Steuerschraube, was mir wiederum ein paar Prozent in den Umfragen einbringt. Wenn jetzt nicht noch ein Monster auftaucht und Golden Gate Park verwuestet, werde ich die naechste Wahl haushoch gewinnen.  Eine kleine Pause kann nicht schaden, denke ich und nehme die Haende von

der Tastatur. 

Es wird auch hoechste Zeit: meine rechte Hand fuehlt sich taub an und seit

einer Stunde kaempfe ich mit Kraempfen im Unterarm. Vier Stunden

City2000 am Stueck ist vielleicht doch etwas zuviel! 

Kollege Ron trampelt auf seinen ueberdimensionierten Joggingschuhen an

meinem Zimmer vorbei und sieht, wie ich meine Hand massiere. 

"Zuviel gearbeitet?" sagt er grinsend. "Du solltest mehr fuer deine Fitness

tun, sonst bist du mit 40 reif fuer die erste Herzattacke..." 

"Harhar", sage ich und loesche rasch alle seine emails in der Mail Spool

Area. 

Ron gehoert der hier weitverbreiteten Gattung der Auto-Masochisten an. Er

ist nur gluecklich, wenn er sich taeglich mindestens eine Stunde lang selbst

quaelen kann. 

Z.B. faehrt er nicht, wie alle anderen vernunftbegabten Lebewesen, die es in jahrmillionlanger muehsamer Evolution geschafft haben, Cabriolets zu entwickeln, mit dem Auto ins Buero, sondern mit dem Fahrrad Verzeihung! - mit dem Mountainbike, wollte ich sagen.  An sich waere das ja noch relativ harmlos (obwohl die Vollbluthacker unter euch sicher bereits die Stirne runzeln), aber Ron wohnt auf den Berkeley Hills - circa 350 Meter ueber Normalnull; und der Campus  liegt auf Meereshoehe!  Letzte Woche ist er "mal eben so" von Alcatraz nach Angel Island geschwommen. Jeder, der 'Escape from Alcatraz' gesehen hat, weiss, dass das Wasser eiskalt ist, von Haien wimmelt und es nur eine kurze halbe Stunde zwischen den Tiden gibt, waehrend der die gefaehrlichen Stroemungen

abflauen. 

Natuerlich laeuft er jedes Wochenende einige Zig Meilen durch die Hitze ­

am liebsten auf steile Berge, damit es nicht zu langweilig wird. An den

Strand nach Point Reyes faehrt Ron mit dem Fahrrad. Wenn er 

allein ist und ihn keine Langweiler aufhalten, braucht ER dafuer eineinhalb

Stunden. ICH brauche dazu eine Stunde - mit meinem mintgruenen Mustang

auf dem Freeway! 

Alle grossen Marathonlaeufe der westlichen Hemisphaere hat Ron bereits

erfolgreich absolviert. Sein groesster Kummer ist, dass er noch niemanden

gefunden hat, der mit ihm 'The Big Run' machen moechte. 

'The Big Run' fuehrt vom tiefsten zum hoechsten Punkt der Vereinigten

Staaten (ausser Alaska), also vom Death Valley (282 Fuss unter Null, ca. 46

Grad im Schatten) bis zum Gipfel des Mt. Whitney (14495 Fuss 

ueber Null, ewiges Eis), und das Ganze innerhalb von 24 Stunden. 

Die Aufzaehlung liesse sich fortsetzen, aber ich denke, ihr wisst jetzt, was ich

unter 'Auto-Masochisten' verstehe. Wuerde mich gar nicht wundern, wenn

Ron demnaechst nach Hawaii schwimmen wuerde... 

Trotzdem, vielleicht sollte ich auch mal was fuer meine Figur tun... Immerhin

faellt mir auf, dass ich letzter Zeit die Arme immer weiter strecken muss, um

an die Tastatur zu kommen. 

Diaet halten? Kommt nicht in Frage! Ausserdem mache ich sowieso schon

seit Jahren eine strikte Pizzadiaet... 

Durch die Hitze joggen? Forget it! Bin ich Arnold Schwarzenecker? 

Wenn ich schon 'work out' mache, dann mit allen technischen Schikanen! 

Ich gehe zwei Block weiter zum 'Platinum Gym', dem teuersten

Fitness-Tempel am Ort, und sage dem Blondie-Girl am Empfang, dass um

die Ecke ein Pickup meinen Wagen behindert, und ich nicht wegfahren kann,

und ob sie nicht vielleicht mal ganz hoppti nachschauen koennte, ob es

vielleicht der Pickup von einem ihrer beknackten Kunden sei.

Eingeschuechtert verlaesst die Kleine ihren Posten, OHNE VORHER IHR

TERMINAL ZU SPERREN! 

Zehn Minuten spaeter kommt sie ganz verwirrt zurueck und entschuldigt sich

tausendmal, aber sie koenne keinen Pickup sehen, der ein parkendes Auto

behindere. 

"Oh?" sage ich und laechele mein charmantestes Laecheln, 

"wahrscheinlich ist der Kerl schon selber weggefahren. Ich habe noch ein

klitzekleines Problem: Ich habe leider meine Mitgliedskarte verloren. Aber

ihr habt ja alle meine Daten im Computer..." 

Ihr Gesichtchen unter dem blonden Haarschopf hellt sich auf: das ist etwas,

wo sie helfen kann! 

Bald darauf bin ich im Besitz einer funkelnagelneuen Mitgliedskarte (Gold

Plus) fuer das naechste Jahr und sitze im 'Cardiovascular Training Center' auf

einer 'tread mill'. Der Raum ist konstant auf 22 Grad und 

78 % Luftfeuchtigkeit klimatisiert, das Licht mit sanfter UVA Strahlung

angereichert und saemtliche anwesenden Auto-Masochisten sind an

Herzmonitore angeschlossen. Meine 'tread mill' ist eine Art robustes Fahrrad

auf Stelzen, das ein sadistisch veranlagter Ingenieur mit einem

zufallsgesteuerten Steigungsprofil ausgestattet hat. Direkt vor meiner Nase ist

ein grosses 17 Zoll Farbdisplay, auf dem ich wahlweise folgende Informationen abrufen kann:  - die Uhrzeit,  - die verstrichene Trainingszeit,  - meine Pulsrate,  - meine 'burning rate' (Kalorien pro Stunde),  - meine bereits erzeugte Energiemenge,  - meine (virtuelle) Geschwindigkeit,  - die aktuelle Steigung (auf die ich keinen Einfluss habe, weil ich den Zugangskode zu dem bloeden Ding noch nicht 'rausbekommen habe),  - das Steigungsprofile der naechsten 60 Sekunden (damit ich mich schon mal geistig darauf einstellen kann),  - den Wetterbericht,  - das heutige Menue im Casino,  - die Aussentemperatur, Innentemperatur und Luftfeuchtigkeit,  - den aktuellen Dow Jones Index,  - den Bay Area Traffic Report,  - 46 Fernsehkanaele (einschliesslich HBO und ShowTime),  - meinen letzten Kontostand,  - die letzten Sonderangebote im Supermarkt um die Ecke.  Nachdem ich saemtliche erforderlichen Disclaimer unterschrieben habe, dass ich auf eigenes Risiko trainiere und unter gar keinen Umstaenden die Leitung des Fitness-Centers fuer etwaige Verletzungen oder gar ein  vorzeitiges Ableben gerichtlich belangen werde, fuelle ich zuallererst ein Beschwerdeformular aus, in dem ich beklage, dass von den 'tread mills' aus kein Internet-Zugang moeglich ist.  Dann beginne ich mit dem eigentlichen Training:  Fuenf Minuten spaeter bin ich im Kontrollprogramm meiner 'tread mill' und aendere das Vorzeichen des Kraftwiderstands. Die Pulsrate stelle ich kontant auf 174. Dann waehle ich die hoechste Stufe und die 'tread mill' beginnt von sich aus zu strampeln. Ich muss mich nur noch zuruecklehnen und die Beine entspannen.  Neben mir schwitzt eine etwa 40jaehrige Asiatin, die links und rechts ueber den Sitz quillt. Ich schiele diskret auf ihr Display: sie ist auf der hoechsten Schwierigkeitsstufe, Pulsrate 142 und Trainingszeit bereits 53 Minuten. Auf ihrem schweissbedeckten Gesicht liegt ein entruecktes Laecheln; die Augen sind halb geschlossen. Sie murmelt leise vor sich hin, waehrend sie schnaufend in die Pedale steigt. Ich spitze die Ohren (+20 dB):  "Meine Beine werden staerker und staerker. Ich werde jeden Tag staerker. Meine Leistung steigert sich und steigert sich und steigert sich. Mein Bauch ist flacher und staerker als gestern. Meine Knie sind stark und  flexibel. Mein Koerper fuehlt sich super. Ich brauche keine Suessigkeiten mehr. Ich fuehle mich wohl..."  So geht das die ganze Zeit. Ununterbrochen. Psycho-Training. Stand auch in einer der vielen Broschuren, die sie mir bei der Anmeldung in die Hand gedrueckt hatten.  Es geht mir auf den Geist! Mal sehen, was man dagegen tun kann...  Ich beginne zu keuchen und zu schnaufen. Dann wuerge ich kurzatmig kurze Woerter hervor: 

"Aarrg... Oh, Gott... Uaaarg... Shit!... Uff!... Oh, Gott..." 

Meine Nachbarin kommt aus dem Takt und schaut irritiert zu mir herueber. 

"Wissen Sie, an was ich immer denken muss, wenn ich hier bin?" frage ich.

Sie schuettelt stumm den Kopf. 

"Schokolade", sage ich sehnsuechtig, "Tonnen von Schokolade.

Kartoffelchips, ganze Saecke voll. Oder Icecream, am besten Marshmallow

Fudge von Baskin Robins mit der leckeren Peanut-

Roasted-Almond-Sauce...." 

Die Quallen-Frau schluckt hart und guckt wieder auf ihr Display. Ihre

'burning rate' ist bereit um 15 Kalorien pro Stunde gefallen. 

Ich seufze so laut, dass sie zusammenzuckt. 

"Ist das nicht eine unglaubliche Schinderei hier?" aechze ich. "Da sitzt man

nun stundenlang und rackert sich ab, und nimmt trotzdem nicht ab... Da

sehen Sie mal: ich bin auf 174 und fuehle mich graesslich! Richtig uebel

kann es einem werden, wenn man sich so ueberanstrengt..." 

Die Quallenfrau wirft einen verzweifelten Blick auf meine wie rasend

wirbelnden Beine und wird selber immer langsamer. 

"Schaetze, ich werde mich noch ein wenig steigern muessen", seufze ich

resigniert. "So hat das ja alles keinen Sinn..." 

Kurze Zeit spaeter wirft sie heulend das Handtuch und wabbelt schniefend

zum Ausgang. 

Erfrischt gucke ich mir das 'Strength Center' an: lauter vollcomputerisierte

Kraftmaschinen fuer jeden nur denkbaren Muskel der menschlichen

Anatomie (von einigen Muskeln wusste ich nicht mal, dass sie existieren!). 

Ich fummele ein wenig am Control-Panel der 'Pull Down' Maschine herum

und erhoehe den 'Negative Resistance Factor' auf 1000 %. 

Dann suche ich die Trainerin vom Dienst, ein zierliches Persoenchen mit

Muskelknoten an jeder freien Ecke, und bitte sie, mir die 'Pull Down'

Maschine zu erklaeren. 

"Ganz einfach", sagt sie professionell und besteigt das riesige

Folterinstrument. "Sie setzen sich hier hin, waehlen das aufgelegte Gewicht

mit dieser Tastatur und ziehen dann diese beiden Griffe immer bis auf

Schulterhoehe herunter. Schoen langsam. Diese Maschine produziert wie alle

anderen auch ein hoeheres Gewicht auf dem Weg nach oben als nach unten...

Aaaaarrrrrg!!!" 

Die 1000% Negativgewicht reissen die Trainerin wie nichts in die Hoehe;

dort strampelt sie verzweifelt mit den Beinen und schreit um Hilfe. 

Ich simuliere Panik und reisse den Netzstecker der Maschine aus der Wand.

Die Maschine laesst los, und die Trainerin knallt aus 3 Meter Hoehe hart auf

den Fussboden. 

"Ich glaube, ich gehe doch lieber in die Aerobic-Klasse", sage ich und

verziehe mich diskret. 

Im Aerobic-Studio ist ein muskelbepackter ebenholzschwarzer Sadist mit

weissen Tennisschuhen dabei, eine Gruppe von schwitzenden weissen Frauen

in papageienhaften Gewaendern bis aufs Blut zu maltraetieren. 

"Yeaah! Feel the burn! Do yah feelit? Are you burning yet? Yeeesss! That's

what you want, huh? Your body is never on vacation..." 

Man kann sehen, dass es ihm Spass macht, alle die verweichlichten

Weissbrote der gehobenen Mittelklasse auszuwringen. Und gleichzeitig kann

er auch noch seine Lieblingsplatten hoeren. Kein schlechter Job! 

Als ich dazukomme, zaehlt er gerade fuer Liegestuetze den Countdown im

Takt der Musik: 

"... elf... zehn... neun... acht... sieben... sechs... fuenf..." 

Er sieht mich in der Tuer stehen und grinst gluecklich von einem Ohr zum

anderen. Die feminimen Weissbrote schnaufen und stoehnen. Ich lasse

meinen kritischen Blick ueber die schweissnassen, aechzenden Leiber

schweifen, schuettele langsam den Kopf und deute mit dem Daumen nach

unten.. 

Der Aerobic-Sadist grinst noch breiter: 

"... vier... drei... zwei...... neun... acht... sieben..." 

Erstickte Protestrufe aus der Gruppe; einige geben auf und bleiben in einer

Pfuetze aus Schweiss liegen. Der Aerobic-Sadist springt zu der Frau, die am

lautesten protestiert hat, und schreit im Kasernenton: 

"Fuenf extra! Los! Fuenf... vier... drei..." 

Vielleicht sollte ich mich als Trainer bewerben... 

Teil 8

TEIL 10

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  10 Teil 9

B.A.f.H.O. 10

TEIL 11

Mein Liste der zu erledigenden Aufgaben (Task List) ist auf 234 angeschwollen. Also gehe ich auf den Flur und werfe mit einem nassen Lappen nach der runden Deckenlampe, bis Ginger mit der Tagespost  vorbeikommt.  Sie beobachtet mich eine Weile aus sicherer Entfernung, wie ich mit stupider Hartnaeckigkeit immer wieder den nassen Lappen aufnehme und nach der Lampe schleudere.  Nach dem zehnten Wurf ueberwaeltigt ihre angeborene weibliche Neugierde die anerzogene amerikanische Zurueckhaltung, und sie fragt mich, was ich da tue.  "Ich werfe einen nassen Lappen nach der Deckenlampe", sage ich.  Ginger bruetete einen Moment ueber dem Sinn dieser Aussage, ob ihr da vielleicht eine tiefere Bedeutung entgangen sei; dann fragt sie beherzt:  "Und wozu soll das bitte gut sein?"  "Ich uebe Korbwerfen", antworte ich.  Nun ist Basketball eine der vielen Ball-Manien der Amerikaner. (Ist euch

schon mal aufgefallen, dass Amerikaner handorientiert und Europaeer

fussorientiert sind? Man kann einen sehr einfachen kulturellen 

Zugehoerigkeitstest machen, indem man einem Amerikaner und einem

Europaeer jeweils einen Ball zuwirft. Derjenige, der den Ball wegtritt, statt

in zu fangen, ist der Europaeer!) 

Deswegen ist es nicht weiter auffaellig, wenn ein Amerikaner sogar am

Arbeitsplatz Korbwerfen uebt - allerdings im allgemeinen mit einer

Miniaturversion von Ball und Korb, und nicht mit einem nassen Lappen! 

Inzwischen hat sich Ginger zur naechsten Frage durchgearbeitet: 

"Aber warum uebst du Korbwerfen mit einem nassen Lappen, statt mit

einem Ball?" 

"Weil mit einem Ball die Lampe kaputtginge", erklaere ich und werfe

wieder. 

Ueberwaeltigt von soviel Logik laesst mich Ginger mit meinem Lappen

allein, und ich mache noch ein paar Wuerfe, bis ich ziemlich fit bin. Dann

steige ich aufs Dach hinauf und werfe den Lappen mit einem einzigen

eleganten Schwung ueber die Mikro-Link-Antenne, die unser Subnetz mit

dem Internet auf dem Campus verbindet. 

Die Feuchtigkeit im Lappen unterbricht die Mikrowellen, und mit einem Schlag sind wir von der grossen weiten Cyberwelt abgeschnitten.  Als ich in mein Buero am ARSCH zurueckkomme, klingeln schon die Alarmglocken. Von allen Enden des Instituts kommen emails verzweifelter Mitarbeiter, die es mitten im schoensten Surfen erwischt  hat.  Ich schicke eine email an alle, in der ich lapidar mitteile, dass unsere Internet-Anbindung aus noch unbekannten Gruenden zusammengebrochen sei, dass diese Aufgabe absolute Prioritaet habe und  ich mir deshalb erlaube, saemtliche andere Punkte auf meiner Task-Liste zu streichen. Und falls jemand etwas dagegen haette, solle er sich bitte oeffentlich per email dazu aeussern.  Natuerlich wagt es keiner, die Prioritaet der Internet-Anbindung anzuzweifeln - schliesslich moechte niemand gern von einem aufgebrachten Mob Internetsuechtiger gelyncht werden.  Dann fuege ich noch hinzu, dass ich bis zum Abschluss der erfolgreichen Reparatur unter keinen Umstaenden gestoert werden moechte, und dass die Verbindung noch heute wieder funktionieren werde.  Dann schliesse ich mein Buero ab und gehe hinueber ins Casino des Faculty Clubs.  Nach einem ausgiebigen fuenfgaengigen Lunch mit einem vollmundigen Coastal Chardonay gehe ich laessig zur Kasse und verlange die Rechnung. In dem Moment, wo die Check-Maus meine Tischnummer eintippt, ziehe ich ganz kurz das Netzkabel aus ihrem Computer. Natuerlich stirbt sofort das OS der Kasse, und die Check-Maus bekommt das Ding nicht wieder zum Laufen. Ich schaue auf meine Armbanduhr, trommele mit den Fingern und bemerke dass ich eigentlich weg muesste, und so weiter, und ob ich ihr nicht helfen koennte.  Erleichtert laesst sie mich an die Tastatur, und ich fummele ein wenig daran herum.  Dann sage ich, dass ich ohne das Master-Passwort nicht weiterkomme, und dass sie den Manager suchen soll. Sie sprintet los und ich kann in aller Ruhe meine gespeicherte Rechnung auf ein vernuenftiges Mass reduzieren. Leider kommt sie schon wieder zurueck, gerade als ich die gebuchten Trinkgelder der letzten 6 Monate auf mein Kreditkartenkonto rueckueberweisen moechte. Naja, man kann nicht alles haben!  Ich bezahle meine Rechnung ueber $ 0.95 und gehe zurueck zum ARSCH.  Auf dem Flur vor meinem Buero patrouilliert der harte Kern meiner internetabhaengigen Kollegen. Erste Entzugserscheinungen (Mausfingerzittern und aehnliches) zeigen sich bereits bei den ganz schweren Faellen. Als sie mich ausserhalb meines Bueros sehen, erstarrt der ganze Haufen fuer einen Moment, dann stuerzen sie sich wie eine Meute ausgehungerter Serengeti-Hyaenen auf mich.  "Was machst du hier draussen!?"  "Ich dachte, du bist dran die IN-Verbindung zu reparieren!!"  "Weisst du nicht, wieviele Leute darauf warten, Idiot?!"  "Wo warst du!? Etwa beim Lunch?? Er war beim Lunch!!! Ist das zu fassen..."  Einer bekommt sogar einen hysterischen Lachkrampf; ein anderer beisst sich

mit irrem Blick in die Handknoechel. 

Ich hebe beide Arme, damit sie mich zu Wort kommen lassen. 

"Ich bin hart an der Sache dran", sage ich ernsthaft. Hoehnisches 

Gelaechter antwortet mir. 

"Ich wette einen Zwanziger, dass wir heute nicht mehr on-line gehen",

faucht Jerry hetzerisch. "Wie soll denn was vorangehen, wenn der Kerl sich

hier draussen 'rumtreibt!" 

Kerl? Mein lieber Freund... Ich nehme mir vor, bei naechster Gelegenheit

den Paket-Scrambler in Jerrys Workstation wieder zu aktivieren. Ein

huebsches kleines Socket-Filter, dass die Adressen aller abgehenden Pakete

durcheinanderbringt. Das hat schon manchen Surfer in den Wahnsinn

getrieben... 

Die Kollegen knurren beifaellig. 

Ich lasse mich nicht aus der Ruhe bringen. Nach meiner Rechnung muesste

der Lappen inzwischen fast trocken sein und die Mikrowellen nicht mehr

abschirmen. 

"Top!" sage ich und halte Jerry eine Zwanzig-Dollar-Note unter die Nase.

Nach amerikanischen Maenner-Ehren-Kodex kann er jetzt keinen

Rueckzieher mehr machen. Muerrisch holt er auch einen Zwanziger heraus

und deponiert ihn bei Ginger, die gerade vorbeikommt. 

"Das letzte Mal hat es drei Tage gedauert", versucht Ron ihn zu troesten. 

In dem Moment stuerzt ein Student aus dem PC Labor. 

"Das Netz ist wieder da!" kreischt er mit verzuecktem Blick. 

Ringsherum Jubelschreie und kleine Staubwolken, als die Kollegen zu ihren

Workstations sprinten; nur Jerry zieht ein langes Gesicht, waehrend  ich mir

die zwei Zwanziger schnappe.

Teil 9

TEIL 11

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  11 Teil 10

B.A.f.H.O. 11

TEIL 12

Ich installiere gerade meine neueste Errungenschaft, eine echte mexikanische Haengematte, in meinem Buero, als Prof. Icewater an meiner Tuer vorbeikommt und voll die Bremsen anzieht. Ihre eisgrauen Augen streichen missbilligend ueber das farbenpraechtige Muster der Haengematte und sie fragt mich mit vor Kaelte klirrender Stimme, ob irgendetwas nicht in Ordnung sei. Ich mustere sorgfaeltig mein Buero, und versichere, dass im Gegenteil alles in bester Ordnung sei. "Und was ist das hier?" haucht Prof. Icewater. Bilde ich mir das nur ein, oder beschlagen sich ploetzlich meine Fensterscheiben? Muss mir unbedingt mal eines von diesen Infrarot-Fern-Thermometern bei den Physikern ausleihen... "Das?" sage ich ueberrascht und betrachte erstaunt die Matte, die sich quer durch den Raum erstreckt. "Das ist eine Haengematte, HAeNGE-MATTE, Haenge wie Henker, Matte wie Mathematik. Haengematten bilden ein uraltes Kulturgut der seefahrenden Voelker, insbesondere des  Mittelmeerraums..." "Lassen Sie den Quatsch!" faucht Icewater. Offensichtlich ist sie heute nicht in der allerbesten Stimmung. "Was hat das Ding hier zu suchen? Sie sind hier nicht zum Schlafen angestellt..." Ich schalte um auf serioes-wissenschaftlich. "Natuerlich nicht", versichere ich ernst. "Es handelt sich um ein NSF-finanziertes Experiment. Ich habe mich freiwillig als Versuchsperson der NASA angeboten, und die haben mir postwendend diese Test-Haengematte geschickt. Es geht darum zu klaeren, ob man mit beeintraechtigtem Gleichgewichtssinn in der bemannten Raumfahrt genauso schnell und zuverlaessig tippen kann, wie auf festen Boden. Eine spezielle Software registriert automatisch, wie oft und welche Tasten ich korrigiere, wenn ich in der Haengematte liege..." Im allgemeinen sollte das genuegen. Worte wie 'NASA' und 'NSF' (National Science Foundation) lassen gewoehnlich jeden normal-sterblichen Wissenschaftler in Ehrfurcht erstarren. Aber Icewater ist ein ganz besonderer Fall - und ich weiss das! Bevor sie auf die Idee kommen kann, irgendwelche schriftlichen Unterlagen, Vertraege, etc. einsehen zu wollen, sage ich rasch: "Am besten ich zeige Ihnen rasch die NASA-Web-Seite, wo das Projekt beschrieben wird." Icewater ueberfliegt mit zusammengekniffenen Lippen rasch die

geschmackvoll gestylte Seite mit dem NASA-Emblem auf meinem Display.

"Na schoen", gibt sie schliesslich zoegernd ihr Einverstaendnis, "aber ich

moechte nicht hoeren, dass Ihr Arbeitseinsatz darunter leidet..."

Ich versichere ihr, dass das sicher nicht der Fall sein wird.

Von mir erfaehrt sie so etwas sowieso nicht; und falls irgendein Mitarbeiter

es wagen sollte sich zu beschweren, dann hat er die erste Voraussetzung fuer

seine allzu kurze Hochschulkarriere nicht kapiert:

'Never mess around with the system guys!'

Es ist uebrigens erstaunlich, welche Glaubwuerdigkeit Web-Seiten selbst bei

misstrauischen Professoren geniessen - auch wenn sie von der Platte anstatt

aus dem Netz geladen wurden!

Ich installiere einen zweiten Monitor unter der Decke und lege mich zur

Probe in die Haengematte.  Als erste Fingeruebung blockiere ich bei allen

Workstations (ausser meiner eigenen) alle eingehenden Netzpakete groesser

als 1 KB. Das hat den komischen Effekt, dass die Web-Browser einen Server

zwar kontaktieren und die Adresse der gewuenschten Page uebermitteln

koennen, die Page aber leer zurueckkommt. Die lapidare Fehlermeldung des

Browsers ist dann 'Document contains no data', und das kann einen echten

Web-Surfer reif machen fuer die naechste Therapie.

Nach dieser Aufwaermphase bemerke ich, dass ich von der Haengematte aus

nicht an meine Kuehlbox herankomme und behebe diesen Mangel sofort.

Um die Zeit bis zum Lunch zu ueberbruecken, lese ich die neuesten Online

Hochschulmeldungen:

Ein Frischling, und zwar ein gewisser Howard Stale aus L.A., hat einen

Professor der UCB auf 5 Mios verklagt, weil er sich durch die schlechte Note

in der Abschlusspruefung 'stigmatisiert fuehle'. Bei solchen Prozessen hat der

arme Professor normalerweise keine Chance, weil die Jurys in Berkeley in

Analogie zur demoskopischen Verteilung zu 60 % aus Studenten bestehen.

Ich poke ein wenig in On-line Verzeichnis der Uni herum - und finde

tatsaechlich die email Adresse des guten Howard! Der 'Stigmatiker' muss

einen miesen Anwalt haben, sonst haette er laengst seine Daten loeschen

lassen.

Im Verwaltungsrechner der Uni finde ich in der letzten Abrechnung von

Howards Gym-Gebuehren seine Kreditkarten-Nummer. Ich gehe auf die

Web-Seite eines hiesigen Hardware-Stores und bestelle unter seinem Namen

fuenf solide Kettensaegen verschiedener Hersteller. Als Lieferadressen gebe

ich das Buero des Professors und seines Anwalts an. Eine solche freundliche

kleine Drohung bringt jeden noch so langweiligen Prozess in Schwung!

Nach kurzem Ueberlegen bestelle ich noch acht laufende Meter 4-Zoll-

Balken, einen Zweipfundhammer und vier lange Zimmermannsnaegel, lasse

das Zeug diesmal an den Studenten liefern und schicke eine Kopie der

Rechnung an den Anwalt des Professors.

Wenn schon stigmatisiert, dann richtig!

Ginger kommt mit der Post an meinem Buero vorbei (wobei die Post mehr

von ihren huebschen Beinen verdeckt, als ihr neuester Minirock) und sieht

mich entspannt in der Haengematte liegen. Sie fragt mit besorgter Stimme, ob es mir etwa nicht gut gehe. Ich frage mit letzter Kraft, ob sie sich auf Mund-zu-Mund-Beatmung verstehe, aber sie grinst mich nur spoettisch an und stoeckelt hueftenschwingend den Gang hinunter. Wie kann man bei dieser ausgebufften kleinen Hexe bloss weiterkommen?

Teil 10

TEIL 12

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  12 Teil 11

B.A.f.H.O. 12

TEIL 13

Ich bin gerade mitten in einer schwierigen Versuchsreihe und versuche, die optimale Hoehe meiner Haengematte durch das empirische HIAT-Verfahren ('hang in and try') herauszubekommen, als ich ploetzlich durch ein merkwuerdiges, unbekanntes Geraeusch abgelenkt werde. Zuerst untersuche ich meinen 4 x 120 Watt Verstaerker, ob da vielleicht eine Stoerung vorliegt; dann merke ich, dass das Telefon klingelt. Ich lasse es eine Weile vor sich hin duedeln, damit die eingerosteten Piezos

wieder in Schwung kommen; schliesslich hebe ich ab.

"Hallo", sage ich.

"Hi. Ist das die Computer-Unterstuetzung?"

Die unbekannte Stimme klingt sexy; also bleibe ich dran.

"Am Apparat. Gibt es ein Problem?"

"Aehm... ja, ich komme mit der Installation von WinWord auf meinem PC

nicht weiter..."

Grosser Core-Dump! Ich unterdruecke meinen ersten Reflex, sofort wieder

aufzulegen. Die Stimme klingt ja, wie gesagt, sexy.

"Ja?" sage ich.

"Ja... hmm... also, irgendwie weiss ich nicht, was ich jetzt machen soll... Da

steht auf dem Bildschirm: 'press any key to continue'..."

"Und?" frage ich. Die Sache beginnt mich zu interessieren.

"Ja... aeh...", lispelt sie hilflos, "ich kann auf meinem Keyboard die

ANY-Taste nicht finden..."

VOLLTREFFER  -- UND HIER SIND WIR WIEDER: IM TIEFEN TAL

DER SUPERDEPPEN!

BULLSHIT MODE ON!

"Tja, hmm", sage ich und versuche, meine zuckenden Mundwinkel in den

Griff zu bekommen. "Das ist allerdings merkwuerdig. Gewoehnlich ist die

ANY-Taste links oberhalb vom Nummern-Pad. Vielleicht hat man Ihnen aus

Versehen ein europaeisches Modell geliefert? Aber das ist ueberhaupt kein

Problem. Gluecklicherweise koennen Sie ja immer noch durch die richtige

Tastenkombination alle moeglichen ASCII-Codes auf Ihrem Keyboard

erzeugen, nicht wahr?"

Kurzes Schweigen. Dann:

"Aeh... was?"

"Passen Sie auf", sage ich ganz der liebe Onkel von der freundlichen Hotline.

"Jedesmal, wenn Sie die ANY-Taste brauchen, druecken Sie einfach die

folgenden drei Tasten gleichzeitig: die Taste, wo 'ALT'

draufsteht, die Taste, wo 'CTRL' draufsteht, und die Taste ueber der

RETURN-Taste. Das ist naemlich die ANY-Kombination. Sie wissen doch

hoffentlich, welches die RETURN-Taste ist?"

Sie beeilt sich, mir zu versichern, dass sie die RETURN-Taste sehr gut

kenne. Schliesslich will man nicht ganz bloed dastehen.

"Na schoen", sage ich. "Durch diese Tastenkombination wird der

ASCII-Code der ANY-Taste simuliert, verstehen Sie? Ganz einfach immer

diese drei Tasten druecken."

"Ach? So einfach ist das?" wundert sie sich.

Sie wird sich gleich noch mehr wundern. Auf alle Faelle notiere ich ihre

Caller-ID, damit ich beim naechsten Mal nicht mehr abhebe.

Nach dem Lunch liege ich in meiner Haengematte und verdaue. Das Telefon

ruehrt sich nicht mehr. Eigentlich koennte ich ein bisschen Abwechslung

durchaus gebrauchen. Aber seit ein Mitarbeiter einen schweren Stromschlag

abgekriegt hat, nachdem er sich durch mich hat beraten lassen, traut sich

niemand mehr, meine Dienste in Anspruch zu nehmen.

Ich fummele ein bisschen in der ISDN-Anlage der Uni herum und lenke alle

Anrufe der Hotline im PC-Labor auf meinen Anschluss um. Mein Telefon

beginnt sofort zu duedeln.

"PC-Hotline. Wie kann ich Ihnen helfen?" melde ich mich.

"Ja, hallo! Hier ist... aeh, egal. Ich wollte eigentlich nur fragen, ob ich auf

meinem neuen PC noch Garantie habe. Weil... naemlich, der

Kaffeetassenhalter ist abgebrochen..."

Das ist sogar fuer mich etwas Neues! Donnerwetter! Echt fortschrittlich hier

an der Westkueste - PCs mit eingebautem Kaffeetassenhalter...

"Hab ich das richtig verstanden", sage ich, "der Kaffeetassenhalter an Ihrem

neuen PC ist abgebrochen?"

"Genau!"

"Aeh, wo ist der denn angebracht? Hat er das gleiche Markenzeichen wie der

PC selber?"

Er raschelt etwas im Hintergrund herum, dann nuschelt er:

"Vorne am Gehaeuse. Nee, der hat kein Markenzeichen 'drauf..."

"Ist er am Gehaeuse angeklebt? So etwa wie die Tassenhalter im Auto?"

"Nee, der war versenkbar. Aber jetzt is' er abgebrochen. '4x' steht vorne

'drauf. Ist das 'ne Marke?"

Ich kapiere endlich, dass der Kerl seinen CDROM-Schlitten als Tassenhalter

missbraucht hat und gehe kurz in den Zustand ROTFL.

Als ich wieder zu Atem komme, empfehle ich dem Burschen in Zukunft

seinen Kaffee lieber oben auf dem Schirm abzustellen.

"Da bleibt er naemlich laenger warm, von wegen der heissen Abluft von der

Bildroehre, verstehen Sie?"

Er bedankt sich herzlich fuer den heissen Tip. Hoffentlich kippt er bald mal

den Kaffee in die Innereien seines Displays. Manchen Leuten sollte man

wirklich keinen Rechner in die Finger geben! Warum gibt es

eigentlich keine Rechner-Fuehrer-Scheine?

Kaum ist der Hoerer auf der Gabel, duedelt es schon wieder. Diesmal ist es

eine Frau. Zumindest klingt es so. In San Francisco kann man da nie so ganz

sicher sein...

"Aeh, ich weiss nicht, ob ich da richtig bin. Sie sind doch die PC-Beratung,

oder?"

Ich bestaetige, dass dem so sein, und frage freundlich nach ihrem Problem.

Hier an der Westkueste ist ein Computerproblem eine sehr persoenliche, ja

fast schon peinliche Sache. Manche bringen ihren PC sogar mit zum

Therapeuten.

"Hmm, ja also: meine Maus funktioniert einfach nicht so mehr richtig. Auch

wenn ich sie nur auf dem Maus-Pad benutze. Kann man da was machen?"

Ich ueberlege nicht lange:

"Verwenden Sie denn den mitgelieferten Staubschutz?"

"Aeh... nein?"

"Sagen Sie bloss, Ihre Maus kam ohne Staubschutz. So eine durchsichtige

Plastikhuelle, nein?"

"Aehm... ja, doch. Aber..."

"WAS - ABER!"

"Ich dachte, das sei nur die Verpackung...", fluestert sie eingeschuechtert.

"Die Verpackung!" stoehne ich. "Jetzt machen Sie sich mal aber auf die

Socken und finden Sie schleunigst den Staubschutz fuer Ihre Maus! Ist ja

kein Wunder, wenn die arme Maus nicht mehr funktioniert!"

Sie verspricht hastig, dass sie sich sofort darum kuemmern werde und legt

auf.

Schade, dass ich nicht sehen kann, wie sie versucht, mit einer verpackten

Maus zurechtzukommen...

Der naechste Anrufer haelt sich nicht lange mit unnoetigen Vorreden auf:

"Mein PC faxt nicht!"

"Aha", sage ich, vorsichtig geworden, "Sie haben nicht zufaellig das

Dokument  zusammengefaltet und in den Schlitten des CDROMs gefuettert?"

"Was? Wie? Ich habe doch gar kein CDROM. Ich sagte, mein PC faxt

einfach nicht. Ich verwende die mit dem Moden gelieferte Fax-Software..."

Ich bitte den erregten Anrufer kurz zu beschreiben, was er im Einzelnen

macht.

"Ich erstelle ganz normal ein Dokument. Dann gehe ich in die Fax-Software,

waehle 'Senden' aus und gebe die Faxnummer ein. Dann hoert man ihn

waehlen und ein hohes Pfeifen, aber beim Empfaenger kommt immer nur ein

leeres Blatt an..."

"Hmm, klingt ganz normal. Haben Sie es denn schon mit verschiedenen

Faxnummern versucht?"

Er bestaetigt entruestet, dass er es jetzt schon fuenfmal mit drei

verschiedenen Nummern versucht habe.

"Und ausserdem wird das auch allmaehlich ganz schoen anstrengend",

fuegt er mit beleidigter Stimme hinzu. 

"Anstrengend?" frage ich ueberrascht.

"Naja, immer so lange das Dokument gegen den Schirm halten, meine ich.

Man will ja nicht, dass es verwackelt, oder?"

Das ist zuviel! Ich lege auf  - und gehe nach Hause

Teil 11

TEIL 13

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  13 Teil 12

B.A.f.H.O. 13

TEIL 14

Das entsetzlich duenne Gebraeu, das sich die Mitarbeiter hier literweise intravenoes 'reinziehen, und was trotz aller Scheusslichkeit immer noch als 'Coffee' bezeichnet wird, geht mir so gegen den Strich, dass ich mich kategorisch weigere, meinen Luxuskoerper damit zu verseuchen. Eine Woche lang traeufele ich jeden morgen Tippex-Verduenner in den

Kaffee. Als aber keiner der geschmacksamputierten Kollegen darauf reagiert,

beschliesse ich ganz gegen meine sonstige Veranlagung altruistisch aktiv zu

werden. Ich ziehe also los und kaufe die teuerste Espresso- und

Kaffeemaschine (Marke 'Executive's Delight'), 20 Pfund besten italienischen

Kaffee und eine Mini-Video-Kamera.

Die Rechnung lasse ich ans Buero des Deans faxen; und schon nach wenigen

Stunden kann ich mich entspannt mit einer Tasse frischen Cappuccinos in die

Haengematte legen.

In absoluter Rekordzeit von nur 2 Stunden, 36 Minuten und 12 Sekunden ruft

das Sekretariat des Deans bei mir an und beschwert sich ueber die Rechnung.

Sie sagen, dass ich... und ueberhaupt... keinerlei Befugnis... mit

Konsequenzen sei zu rechnen... und ueberhaupt... unglaublich... skandaloes...

und ueberhaupt... noch nie dagewesen... und koennte ja jeder kommen... und

ueberhaupt...

Ich warte, bis ihnen die Luft ausgeht; dann verlange ich ganz cool den Dean

selber zu sprechen. Nach kurzem Zoegern - immerhin habe ich keinen

Gespraechstermin - stellen sie mich durch. Die Durchstellung dauert fast eine

Minute; also haben sie den Dean im Telegrammstil ueber die Situation

aufgeklaert, und ich muss mich nicht mit langen Erklaerungen aufhalten.

"Haben sie einen Web-Browser auf Ihrer Maschine?" frage ich, bevor der

Dean ueberhaupt Luft holen kann.

"Aeh... ja?"

"Geben Sie bitte folgende Adresse ein..."

Ich diktiere ihm eine URL an der Stanford University, der Erz-Rivalin von

Berkeley am anderen Ende der Bay.

"Was Sie da sehen", sage ich ernst, "ist ein Online-Bild der weltberuehmten

Kaffee-Maschine im CS Lab der Stanford University.

Ueber diese Web-Page koennen die Mitarbeiter des Labs jederzeit sehen, wie

hoch der momentane Kaffeespiegel in der Kaffeemaschine ist."

"Ja, aber..."

"Dieses Bild ging um die Welt", lasse ich ihn nicht zu Wort kommen, "als

revolutionaeres und zugleich glorreich sinnloses Beispiel von vernetzter

Multimedia-Technologie. Und damit verbunden war immer

der Name STANFORD!"

"Ich weiss", sagt der Dean, "aber..."

"UND WAS IST MIT BERKELEY?" fahre ich unerbittlich fort. "WAS

HABEN WIR DEM ENTGEGENZUSETZEN? NICHTS!!!"

Der Dean schweigt betroffen.

Das komplizierte Wettbewerbssystem der amerikanischen Spitzen-

Universitaeten ist eine ernste Sache. Ein gutes Image kann sich in klingende

Muenze verwandeln: wenn eine Universitaet als renommiert gilt, kann sie

ihre Semestergebuehren hinaufschrauben (Berkeley derzeit $15.000 pro Jahr

(fuer Nicht-Kalifornier, Kalifornier zahlen nur etwa $6000), Stanford je nach

Studienzweig zwischen $12.000 bis $25.000 pro Jahr, an der Ostkueste gibt

es Medical Schools, die bis zu 25.000 Dollar verlangen).

Bevor sich der Dean erholen kann, gebe ich ihm die URL eines unserer

uralten Macs durch, den ich zu diesem Zweck extra wieder ans Netz

gehaengt habe.

"Auf diesem Bild", erlaeutere ich mit verhaltenem Pathos in der Stimme,

"koennen Sie nicht nur den Kaffeestand ablesen, sondern zudem noch den

momentanen Dampfdruck der Espresso-Maschine ermitteln, per

HTML-Formular die Temperatur der Heizplatte regeln, und bekommen

zudem noch eine Sound-Uebertragung der letzten fuenf

Milch-Schaeum-Vorgaenge geliefert..."

In der Tat hoere ich im Hintergrund das infernalische Gestoehne der neuen

Espresso-Maschine; der Dean weiss also zumindest, wie man auf einem

HTML-Dokument einen Button drueckt. Deshalb ist er wahrscheinlich auch

Dean, und nicht nur Professor!

"Und wissen Sie, wo dieses ergreifende Beispiel bis zur absoluten

Sinnlosigkeit vorangetriebener High-Tech installiert ist? 

IN UNSEREM DEPARTMENT!!!"

Was uebrigens nicht zu uebersehen ist, weil ich die ganzen Pages mit dem

Logo des Computer Science Departments von Berkeley gepflastert habe!

Zehn Sekunden ist Schweigen in der Leitung. Der Dean muss sich

blitzschnell eine gute Ausrede einfallen lassen, wie er die unvorhergesehene

Ausgabe vor dem financial department rechtfertigen kann. Aber sowas findet

sich immer...

Schliesslich sagt er:

"Nun, gut. Aber..."

"Nein", unterbreche ich, "gar nicht gut!"

"Aeh... was?"

"Koennen Sie sich vorstellen, wieviele Zugriffe auf diese Page stattfinden

werden, wenn sich die Sache erstmal herumgesprochen hat?

Zigtausende! Wie soll das unsere Domaene verkraften, wenn sie nur an einer

laecherlichen 10 MBit-Leitung haengt? Und was fuer ein Eindruck wird das

sein, wenn man 10 Minuten warten muss, bis sich die Page aufbaut?"

"Aber..."

"Berkeley kann sich keine vernuenftige Netztechnologie leisten, wird es

heissen. Brillante Ideen, aber nichts dahinter! Big hat, no cattle! Der einzige

vernuenftige Ausweg ist eine solide FDDI-Verbindung vom Backbone zu

unserer Domaine. Die war sowieso frueher oder spaeter faellig. Kostenpunkt

laecherliche 7.000 Dollar."

Der Dean schnappt nach Luft. Sein Blutdruck steigt bekannterweise

proportional zu den genannten Summen. 

"Unmoeglich!" japst er. "Schalten Sie das Ding sofort ab!"

"Zu spaet!" kontere ich. "Einige unserer Studenten haben die URL bereits im

USENET gepostet. Wenn wir es jetzt wieder herausnehmen, ist die Blamage

fuer Berkeley zu gross; das koennen Sie nicht verantworten, oder?"

Genaugenommen wissen die betreffenden Studenten gar nichts davon, dass

sie etwas im USENET gepostet haben. Das ist der Vorteil, wenn man Zugang

zu allen Mailboxen hat!

Der Dean windet sich wie ein elektrischer Aal, der aus Versehen in die

Kanalisation eines Kernkraftwerks geraten ist. Aber schliesslich gibt er mir

eine muendliche Zusage, dass er sich bei der naechsten Haushaltssitzung fuer

einen Netzausbau einsetzen wird. Von der Kaffeemaschine ist auf einmal

nicht mehr die Rede!

Nachdem ich aufgelegt habe, liege ich in der Haengematte, schluerfe meinen

Cappuccino und sinniere darueber nach, ob ich mich nicht doch einmal als

Bundesfinanzminister bewerben sollte...

Teil 12

TEIL 14

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  14 Teil 13

B.A.f.H.O. 14

TEIL 15

'PR', wie jeder weiss, steht fuer 'public relations' und ist neben der  esellschaftsdefinition-Nummer-Eins die wichtigste Sache im Land der unbegrenzten Moeglichkeiten. (Gesellschaftsdefinition-Nummer-Eins in den USA - fuer alle, die es noch nicht wissen sollten - ist der einfache Satz: 'More Money!') Alles, naja, fast alles wird der PR untergeordnet: Das Wetter, die ganze Politik und das Balzverhalten amerikanischer Maenner. Im engeren Sinne gibt es ausser der normalen Werbung auch noch so Dinge wie Anti-Werbung (in Deutschland verboten, also zerbrecht euch nicht den Kopf darueber), Imagepflege, Infomercials, Meta-Werbung und Meta-Meta-Werbung. Anti-Werbung ist, wenn ein Mercedes E 500 unter der Last einer fuenfkoepfigen Familie mit zwei Hunden zusammenbricht, weil alle Familienmitglieder krankhaft uebergewichtig sind und der 500er in der hoechsten Ausstattung soviel Schnickschnack (amerikanisch: 'snigsnags') an Bord hat, dass nur noch 200 kg Zuladung moeglich sind. Andererseits dann der kleinste Mazda mit der gleichen Ladung mirakuloeserweise einen Kavaliersstart hinlegen kann. Ein Infomercial ist eine verkappte Werbung, die subversiv so tut, als waere sie keine - also so ziemlich dasselbe wie bei uns die Stiftung Warentest. Das ist in USA nicht besonders schwierig, weil gleichzeitig die Nachrichtensendungen sich alle Muehe geben, wie Werbung auszusehen. Man trifft sich also irgendwo im selben Info-Sumpf! Ein prima Beispiel fuer ein Infomercial ist der folgende Text auf einer Milchtuete (Kommentare von mir in Klammern): "What Makes a Dairy Cow Contented? To a dairy cow, contentment means feeling comfortable, being healthy, and eating well... and Berkeley Farms Holstein cows (!) are among the most contented cows around!" (Als gute Bayern wissen wir, dass das gelogen sein muss: nur bayerische Kuehe sind bekanntlich glueckliche Kuehe! Ausgenommen vielleicht noch die Milka-Kuh!) "They live on the finest farms in Northern California, from the rolling Hills of Marin and Sonoma Counties to the lush San Joaqim Valley!"

(Marin liegt direkt am Pazifik und dort ist es normalerweise so windig, dass es

eine Kuh von den Hufen hebt. Das San Joaqim Valley ist im Sommer eine

einzige Wueste mit Temperaturen ueber 40 Grad!)

"Calves lucky enough to be born on the Berkeley Farms dairy farm are

watched over by a special attendant for several weeks to make sure they get the

best possible start in life."

(Der Zuechter entscheidet innerhalb der ersten 4 Wochen, ob das Vieh zur

Milchkuh taugt oder gleich in Hamburger weiterverarbeitet wird.)

"After that time, Berkeley Farms cows have their own nutritionist, who make

sure they continue to enjoy the best of health!"

(Zu deutsch: sie bekommen taeglich eine milchfoerdernde Hormonspritze

verpasst!)

"Because Berkeley Farms' healthy, contented cows produce the best milk,

Berkeley Farms delivers the freshest and best-tasting dairy products available

anywhere!"

(Man beachte die absolut unaufdringliche Erwaehnung des Markennamens!)

Meta-Werbung ist, wenn die normale Werbung schon so abgedroschen ist,

dass nur noch massive Eigenverarschung die Aufmerksamkeit des Beworbenen

erregen kann. Beispiel: ein Fatty stopft so lange Fruehstuecksflocken in sich

hinein, bis er platzt und die Umgebung im Umkreis von 300 Metern mit Milch,

Flocken, Schleim und blutigen Fleischfetzen bepflastert.

Meta-Meta-Werbung geht noch einen Schritt weiter (oder zurueck) und ist

gedacht fuer die Leute, denen die vorangegangene Meta-Werbung so an die

Nieren gegangen ist, dass sie jede normale Werbung ohne Blut und Gemetzel

als Labsal fuer die Seele betrachten. Meta-Meta-Werbung ist also

genaugenommen nichts anderes als altmodische Werbung a la Klementine ­

nur geschieht es in innerhalb eines ganz anderen Paradigmas. (Bitte keine

emails mehr: Was ist ein 'Paradigma'!).

Meta-Meta-Werbung ist zur Zeit bei den Werbeagenturen ganz besonders

beliebt, weil man die alten Schinken der 60iger und 70iger Jahre aus den

Archiven holen und neu vergolden kann...

Jedenfalls, weil PR hier so wichtig ist, kann auch der BAfH es nicht einfach so

tolerieren, wenn hinter seinem Ruecken ueber die Qualitaet der

Systemverwaltung gestaenkert wird!

Die betreffende Kollegin, Marcia, ist eine von der ganz vorsichtigen Sorte und

hat fuer ihre Beschwerdemail an Prof. Icewater ein anonymes Mail-Relay in

Finnland verwendet. Dummerweise hat sie nicht bedacht, dass auch jede

ausgehende Mail zuerst mal im System gequeued wird und somit meinen

speziellen Mail-Filter zugaenglich wird, das alle Mails, die meinen Namen

enthalten, automatisch an mich abzweigt.

Unter anderem beschwert sie sich bei der Chefin darueber, dass mein

Telefonanschluss entweder staendig belegt sei oder ich nicht 'rangehen und

gleichzeitig nicht auf email reagieren wuerde. Ausserdem, so Marcia weiter,

hielte ich mich nicht an die 'first-come-first-serve'-Methode, sondern wuerde

gewisse namentlich nicht genannte Kolleginnen (sic!) ausser der Reihe

bevorzugen!

Da hier in Berkeley offiziell immer noch die Meinung vertreten wird, dass

email eine sichere Kommunikationsform (Lach!) sei, bei der die Privatsphaere

uneingeschraenkt geschuetzt werde (Lach-Wieher!), kann ich mit der

abgefangenen Mail nicht direkt gegen Marcia vorgehen.

Aber ich werde dafuer sorgen, dass sie meine Dienste in Zukunft besser zu

schaetzen weiss...

Um die Lunchzeit albere ich mit Ginger im Flur herum und warte, bis Marcia

ihr Buero verlaesst. Kaum ist sie weg, gehe ich an ihre Workstation und fahre

mit dem Root-Passwort ihre X-Oberflaeche hoch. Ich mache rasch einen

screen shot von der gesamten Oberflaeche und speichere ihn als ihr

Hintergrundbild ab. Dann loesche ich alle Applikationen, die sonst beim

Hochfahren gestartet werden und ersetze in allen Popup-Menus die

Programm-Aufrufe durch Beeps.

(Koennt ihr mir noch folgen? Nein? Kann man nix machen..)

Keine halbe Stunde spaeter ruft sie an.

"Hallo", sage ich.

"Aehm... hi! Hier ist Marcia. Ich habe ein Problem mit..."

"Schicken Sie mir eine Email", unterbreche ich sie.

"Aber..."

"Ich habe strikte Anweisung bekommen, Anfragen nur noch in der

Reihenfolge des Email-Eingangs zu bearbeiten", sage ich, lege auf und beginne

zu zaehlen. Bei 5 klingelt es wieder.

"Hallo", sage ich.

"Aehm... ich kann keine email schicken, weil ich nicht in meine Maschine

komme..."

"Koennen Sie sich nicht mehr einloggen?" frage ich scheinheilig.

"Doch, aber..."

"Dann gehen Sie an eine andere Maschine, loggen sich ein und schicken mir

von dort eine ausfuehrliches Trouble-Ticket", sage ich und lege auf.

Sie braucht nur 3 Minuten, um herauszufinden, dass auch das nicht geht.

Das Telefon klingelt.

"Hallo", sage ich.

"Ich..."

Ich simuliere den gestressten, ueberarbeiteten System-Engel:

"Sie schon wieder! Ich habe gerade erst von der Chefin einen Anschiss

bekommen, weil ich dauernd an der Strippe haenge, anstatt meine

Trouble-Tickets zu bearbeiten. Ich habe keine Lust, mir noch einen

einzuhandeln!"

Das stimmt zwar nicht, weil ich Marcias Mail an Icewater selbstredend nach

/dev/null kopiert habe, aber das kann sie ja nicht wissen.

Ein paar Sekunden ist es still in der Leitung.

Dann erklaert sie hastig, dass auch auf allen anderen Maschinen es nur piepst,

wenn sie etwas auf ihrer Oberflaeche anklicken will.

"Na schoen", sage ich seufzend, "ausnahmsweise. Aber dass mir ja niemand

davon erfaehrt, dass ich Sie vorgezogen habe..."

Sie versichert mir hastig, dass sie absolut verschwiegen sei. Die Reue trieft aus

allen Vokalen.

Ich gehe in ihren Account und verwische rasch alle meine Spuren. Das kann

man normalerweise ganz einfach und elegant mit dem Kommando 'rm -rf

$HOME' erledigen (Das war ein TIP, Leute! Schreibt ihn euch auf!). Diesmal

allerdings verzichte ich aus gewissen Gruenden darauf und loesche tatsaechlich

nur, was noetig ist.

Dann sage ich:

"Hmm, tja. Sieht ganz so aus, als der Lunchy-Punchy-Virus wieder

zugeschlagen haette..."

"Lunchy-Punchy?"

"Ja, Sie wissen schon... der neue Retro-Virus aus Transilvanien, der immer

dann zuschlaegt, wenn zwischen 12 und 1 Uhr die Aktivitaet auf der

Workstation nachlaesst..."

"Ach ja?" sagt sie tapfer, "davon habe ich auch schon gehoert..."

Logisch! Wenn man zu ihnen sagt 'Sie wissen schon...' koennen die Leute gar

nicht mehr anders, als 'schon davon gehoert zu haben'!

"So, alles erledigt", sage ich. "Der Virus ist neutralisiert, und Sie sollten wieder

normal arbeiten koennen."

"Ah! Danke!" sagt sie erleichtert und will schon auflegen. Aber so leicht lasse

ich sie nicht vom Haken!

"Wissen Sie eigentlich, dass naechste Woche an der Uni die 'SysAdmin

Awareness Week' stattfindet? Nach dem, was heute passiert ist, koennten Sie

doch so freundlich sein, und bei der Festveranstaltung ein

paar nette Worte ueber den hervorragenden Service hier sagen...?"

Marcia schluckt hoerbar. Man hoert die Schweisstropfen auf die

Sprechmuschel plaetschern. Schliesslich wuergt sie:

"Aber... aeh... ja, natuerlich... GERNE!"

Ich bin so ein Sadist!

Teil 13

TEIL 15

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  15 Teil 14

B.A.f.H.O. 15

TEIL 16

Einer der ganz grossen Vorteile, in den USA ein 'system guy' zu sein, ist die Tatsache, dass man zwar an der Uni arbeitet, aber niemand ernsthaft erwartet, dass man irgendwelche wissenschaftlichen Veroeffentlichungen macht. Auf diese Weise hat man die Moeglichkeit, Studenten zu triezen, ohne wirklich wissenschaftlich arbeiten zu muessen. Andererseits kann man sich trotzdem als 'scientist' bezeichnen - zum Beispiel, wenn man einen neuen Kredit braucht oder ein Maedchen beeindrucken will! Waehrend also die Kollegen nach der Devise 'Publish or Perish' wie die

gebissenen Affen Paper schreiben, weil sie genau wissen, dass ihr

Arbeitsvertrag nur verlaengert wird, wenn sie pro Jahr mindestens 5

Veroeffentlichungen nachweisen koennen, kann ich in aller Ruhe durch die

Email der Studentinnen browsen. 

Ab und zu habe ich das Glueck, dass mir einer sein Paper zum 'review' gibt.

Warum das ein Glueck ist? Weil es mir die Chance gibt, ungestraft die Arbeit

eines anderen in den Dreck zu zerren!

Natuerlich mache ich mir nicht die Muehe, das Paper tatsaechlich zu verstehen!

Das koennte ja in geistige Arbeit ausarten - und ich brauche alle meine

mentalen Kapazitaeten, um die User im System in Schach zu halten!

Nein, ich fetze nur so durch die Spalten und suche nach einfachen Woertern,

die ich durch andere, schwerer verstaendliche Ausdruecke ersetze.

Z.B. ersetze ich 'bedenken' durch 'ernsthaft in die innere Wahl von potentiellen Erwaegungen ziehen' oder 'daraus folgt' durch 'unter Beruecksichtigung aller hypothetischen Praemissen koennte daraus evident werden' oder 'Untersuchung' durch 'breit angelegte, empirisch gestuetzte Analyse' usw. Sollte der Text danach immer noch zu leserlich sein, verteile ich per Zufall kryptische rote Krakel an der Rand und unterstreiche beliebige Textstellen. Wenn dann spaeter der verzweifelte Autor zu mir zurueckkommt, weil er die Kritzel nicht interpretieren kann, gebe ich zu, dass auch ich mich nicht mehr erinnern kann. Dann runzele ich sorgenvoll die Stirn und sage: "Aber irgendwie... ich weiss nicht... war das eine ziemlich wichtige Bemerkung. Wenn ich mich bloss erinnern koennte..." Nach drei, vier solchen 'Hinweisen' ist der Kollege reif fuer die Klapsmuehle und nahe daran, das Paper komplett neu zu schreiben. Wenn das Paper sowieso schon unleserlich bei abgeliefert wird (was ziemlich

haeufig vorkommt), beschraenke ich mich darauf, am Layout herumzudoktern.

Zum Beispiel empfehle ich, die Zahl der Spalten auf fuenf zu erhoehen und den

Font der Ueberschriften auf Groesse 8pt zu reduzieren. Oder ich behaupte, dass

die Graphiken 'nicht instruktiv genug' seien und das aesthetische Empfinden

des Leser beleidigten.

Aber am liebten uebersetze ich Dokumente ins Deutsche. Ab und zu machen

Leute den Fehler, mich um Hilfe zu bitten, wenn sie etwas nach Deutschland

schicken muessen. Teilweise geschieht dies auch deshalb, weil ich das

Geruecht verbreiten liess, dass deutsche Behoerden alle Anschreiben, die nicht

im korrekten Amtsdeutsch verfasst seien, sofort in den Reisswolf werfen. Am

besten sind Zeugnisse von Studenten, die sich bei einer deutschen Uni

bewerben wollen. Jeder weiss, dass Zeugnisse immer zwischen den Zeilen

gelesen werden. Es ist ueberhaupt kein Problem, all die bekannten

Zeugnis-Killerphrasen unterzubringen, zum Beispiel:

"Sie hat sich bemueht, die ihr uebertragenen Arbeiten zu unserer Zufriedenheit

zu erledigen..." 

(bekommt ueberhaupt nichts auf die Reihe, egal wie oft man es auch erklaert)

"Durch seine Geselligkeit trug er zur Verbesserung des Betriebsklimas bei..."

(notorischer Alkoholiker)

"Fuer die Belange der Belegschaft bewies er ein umfassendes

Einfuehlungsvermoegen..." 

(Vorsicht: schwul!)

Manchmal habe ich sogar das Glueck, die Orginaldokumente in die Finger zu

bekommen. Dann verlaengere ich vorsichtig die Unterschrift mit einen Haken

nach RECHTS. Das bedeutet:

"Achtung! Der Typ ist Mitglied in einer LINKS gerichteten Partei!

Rufen Sie mich auf jeden Fall an!"

(Kein Scheiss! Wer's nicht glaubt, kann nachsehen. Wo, hab ich vergessen...)

Zusaetzlich fuege ich in die Anrede des Begleitschreibens irgendwelche

fiktiven Titel ein.

Statt 'Sehr geehrter Herr Sowieso' schreibe ich: 

'Hochgeehrtester und grossmaechtigster

Auslandsbehoerden-Gross-Mufti-Pascha Dr.-phil. von Sowieso'.

Im allgemeinen finden das die Studenten hier ganz in Ordnung, weil

irgendwann in den zwanziger Jahren jemand in den USA das Geruecht

verbreitet hat, in Deutschland haette jeder einen Titel und wehe, man

vergisst diesen bei der Anrede! (Wobei nicht ganz von der Hand zu weisen ist,

dass an dem Geruecht was dran ist!)

Es klopft und 'Barbie' streckt ihren Blondschopf herein. Natuerlich heisst sie

nicht wirklich Barbie! Und jeder, der es wagen wuerde, sie so zu nennen,

wuerde wegen 'sexual harassments' oeffentlich gevierteilt! Aber sie ist nun mal

der seltene Fall des Traums vom 'American Girl', mit blauen Bambi-Augen,

langem blonden Haar, etc. etc. pp. (Wenn ich's mir recht ueberlege, hatte

Bambi glaube ich braune Augen; egal ihr wisst, was ich meine!)

Barbie haucht, ob ich eine Sekunde Zeit fuer sie haette, und klimpert

verheissungsvoll mit den ueberfrachteten Augenlidern. Natuerlich habe ich

IMMER Zeit fuer Barbie! Damit wir uns ungestoerter unterhalten koennen,

kille ich rasch saemtliche User-Batches auf dem Server und fahre die sirrenden

Festplatten herunter.

Dann eroeffnet mir Barbie leicht erroetend, dass sie einen deutschen

Brieffreund (!) habe und sie moechte sooooo gerne ein paar deutsche Zeilen an

ihren Brief anhaengen, aber leider habe sie nur Spanisch in der Highschool

gehabt, und ob ich vielleicht so freundlich sein koennte, undsoweiter

tataatataatataa...

Es ist wirklich eine Unsitte, dass manche Leute immer noch mit gebleichter

Zellulose kommunizieren! Man denke nur an die ganzen abgeholzten

Urwaelder!! Und ausserdem bekomme ich auf diese Weise

ja gar nichts mit!!!

Mist! Sie zeigt mir sogar ein Foto von dem Gecken - ein fuerchterlich gut

aussehender, braungebrannter Spunt, der sich gerade an einer Reckstange

hochzieht, so dass alle Muskelpakete herauszuknallen drohen - und es dabei

auch noch fertigbringt zu lachen!

Ich nehme zaehneknirschend Papier und Bleistift zur Hand, und Barbie liest

mir ihren Entwurf fuer die angefuegten deutschen Zeilen vor - und wird

dabeiwomoeglich noch roeter! Dabei ist es bloss harmloses romantisches

Gefasel:

Barbie: "I'm looking forward to walk with you hand in hand down a wonderful

beach next summer."

Ich schreibe: "Ich bin schauend nach vorne, dich kraeftig durchzuwalken mit

wundervoller Unterhand am Strand im naechsten Sommer."

Barbie: "We'll swim in the clear blue water and gaze in the stars at night."

Ich schreibe: "Willst schwimmen mit einem Klaren bis deiner ganz blau und

nachts wickle ich ihn in Gaze."

Barbie: "We'll roam around like free and happy birds and go back to our cozy

little nest at night."

Ich schreibe: "Wir werden rammeln mehrere Runden, lecken Freud (am A.....)

und einige glueckliche Voegeleien, und der gottverdammte Baecker kotzt ein

kleines Nest vor Neid."

Barbie: "The time will fly, but last in our memories forever."

Ich schreibe: "Die wilden Zeitfliegen buttern unsere Memoiren ein im Fieber."

Barbie: "So long, my friend!"

Ich schreibe: "So lang ist er, mein Freundchen!"

Mal sehen, ob die Brieffreundschaft anhaelt....

Teil 14

TEIL 16

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  16 Teil 15

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TEIL 17

Ich poke gerade im Arbeitsspeicher unserer ISDN-Anlage herum, als ploetzlich mein Telefon klingelt. Das aergert mich, denn eigentlich sollte das nicht mehr vorkommen. Irgendwo muss da noch ein BB ('bloeder bug') sein, so dass manche Verbindungen mysterioeserweise bis zu meinem Apparat vordringen koennen. Urspruenglich wollte ich nur mal wieder Gingers Nebenstelle auf sich selber

umlenken. Manchmal kommt sie dann zu mir, um sich technischen Beistand

einzuholen, und dann koennte ich sie vielleicht zu

einem gemeinsamen Lunch ueberreden...

Jedenfalls klingelt jetzt mein Telefon, und weil ich zufaellig einen Arm frei

habe, hebe ich ab.

"Hallo", sage ich.

Schweigen in der Leitung. Achselzuckend will ich  wieder auflegen, als doch

noch was kommt:

"Aeh... hallo?"

"Das sagte ich bereits. Spielen wir das kleine Echo-Spiel?"

"Oh... aehm... entschuldigung", sagt er offensichtlich etwas verwirrt.

"Ich wundere mich nur, weil es eben noch besetzt war..."

Nanu? Also funktioniert die Besetzt-Sperre auf meiner Nebenstelle nur

zeitweise? Muss mich unbedingt gleich als naechstes darum kuemmern.

Schliesslich komme ich ja kaum noch zum Arbeiten, wenn das bloede Ding

dauernd rasselt! (Hahaha! Das war ein Witz, Leute!)

"Ich habe ein Problem mit meinem Monitor", kommt er endlich zur Sache.

"Er wird immer blasser, und ich kann kaum noch die Schrift lesen..."

"Hmm", sage ich, "sind Sie sicher, dass nicht einfach der Pixel-Toner zu Ende

ist?"

"Aeh... was?"

"Wie alt ist denn der Monitor?" frage ich geduldig.

"Etwa zwei Jahre..."

"Na, sehen Sie! Eine Kartusche haelt normalerweise hoechstens ein Jahr. Sie

hatten Glueck, dass der Monitor nicht schon frueher aufgegeben hat!"

"Aber..."

"Haben Sie denn noch eine volle Orginal-Kartusche da?"

"Was? Aeh... nein..."

"Hmm, tja. Ich habe leider auch keine mehr. Die letzte haben wir erst

vorgestern eingetauscht. Und die naechste Lieferung kommt erst in etwa sechs

Wochen..."

Falls er bis jetzt noch gelinde Zweifel an der Existenz von Pixel-Toner hatte,

sind sie nunmehr garantiert ausgeraeumt: Wenn etwas eine lange Lieferfrist

hat, ist das der sicherste Beweis dafuer, dass es auch existiert

!

(Man denke nur an Microsoft Produkte!)

Ich male einen Strich.

"Oh, Gott!" sagt er, und ich verziehe schmerzlich das Gesicht. Warum

muessen die Leute immer dieses Wort benutzen! Wie wenn man mit dem

Fingernagel ueber Styropor kratzt! Es kast mich schon wieder an! 

"Ich brauche aber doch meinen Rechner", jammert er weiter.

"Nanana, nur keine Panik", sage ich und wiege meinen Locher in der freien

linken Hand. "Es gibt ja noch eine Alternativloesung. Im Gegensatz zum

schwarzen Kopierer-Toner brauchen Monitore natuerlich

weissen Toner, denn der Schirm ist ja von Natur aus schon schwarz, nicht

wahr?"

Das leuchtet ihm sofort ein. Logik ist immer gut fuer Erklaerungen! Ich male

noch einen Strich.

"Zur Not kann man statt weissem Toner auch weisse Papierkonfettis

verwenden", erklaere ich weiter. "Alles was Sie tun muessen, ist die Konfettis

aus Ihrem Locher in die Toner-Schlitze oben auf Ihrem Monitor zu streuen.

Haben Sie denn genuegend Konfetti? Sonst schicke ich rasch jemand

hinueber..."

Er versichert mir eifrig, dass er ueber eine umfangreiche Menge an Konfetti

verfuege.

"Gut", sage ich, "also alles oben in die Schlitze auf Ihrem Monitor stopfen.

Soviel, wie nur eben reingeht! Und schalten Sie ja nicht den Monitor aus ­

sonst koennte es zu einem Toner-Stau kommen! Vor allem, weil Sie ja nicht

den Orginal-Toner verwenden."

"Aehm... ok. Bleiben Sie kurz dran?"

Natuerlich bleibe ich dran! Ich werde doch nicht auf den Hauptspass

verzichten! Waehrend ich warte, male wieder einen Strich.

HANTIER , SCHUeTTEL...

"Es riecht etwas komisch...", meint er.

"Ja, das kann sein", sage ich bedauernd. "Das liegt daran, weil die Konfetti

etwas zu grob sind als Toner-Ersatz. Ist denn das Bild schon besser

geworden?"

"Ich weiss nicht...", meint er zweifelnd.

Mal sehen, wie weit man den Burschen treiben kann!

"Sie koennen es noch besser hinkriegen, wenn Sie ein wenig TippEx-

Verduenner hinterherschuetten. Das hilft bei der Desintegration der

Konfetti..."

Ich haette auch 'Aufloesung' sagen koennen. Aber wenn ich eines von

StarTrek gelernt habe, ist es, dass 'Desintegration' viel ueberzeugender klingt!

"Oh? Ok..."

TRÖPFEL, TRÖPFEL... KA-FIZZZ!!! Waehrenddessen male ich noch einen Strich. "Komisch! Jetzt ist das Bild ganz weg." Seine Stimme klingt ratlos.

"Merkwuerdig", sage ich ebenso ratlos, "das ist eigentlich sonst eine

todsichere Methode. Hmm... haben Sie vielleicht eine brennende Neonroehre

im Raum?"

"Ja, warum?"

"Na, dann ist ja alles klar: positive Ionen! Ihr Buero muss ja voll davon sein,

wenn es den Schirm so blass macht! Wussten Sie denn nicht, dass die

modernen Schirme keine Leuchtstoffroehren vertragen?"

"Aeh... doch... ich glaube, davon habe ich schon gehoert..."

Ich male einen langen Querstrich durch die vier anderen.

"Sie muessen unbedingt verhindern, dass an der anodisierten Kathode soviele

positive Stickstoff-Ionen entstehen. Haben Sie ein wenig Alufolie da? Und

einen langen isolierten Draht?"

"Aeh... ich glaube schon... ist Klingeldraht ok?"

"Perfekt! Wir bekommen das schon noch hin. Sie schalten jetzt als allererstes

aus Sicherheitsgruenden das Licht aus. Dann drehen Sie die Neonroehre

heraus und umwickeln das noerdliche Ende gut mit Alufolie, vor allem die

Elektroden, die am Ende herausstehen. Da entstehen naemlich die schaedliche

Ionen. Dann entfernen Sie ein Stueck Isolierung und wickeln das Ende des

Drahtes fest um die Alufolie. Haben Sie das?"

Er arbeitet wie ein Besessener, und ich mache einen neuen Strich.

"Jetzt drehen Sie die Roehre wieder in ihren Sockel; aber noch nicht

einschalten, ok? Die positiven Stickstoff-Ionen werden jetzt durch den Draht

abgeleitet und muessen sicher entsorgt werden. Stickstoff ist in Duenger

enthalten. Deshalb ist es das beste, wenn Sie das andere Ende in einen

Blumentopf stecken. Dort werden die Ionen sogar sinnvoll verwertet. Haben

Sie einen Blumentopf in Ihrem Buero?"

Er sagt, dass er keinen habe, aber seine Sekretaerin habe viele. Er werde einen

holen. Waehrend er mit seiner Tussi verhandelt, mache ich noch einen Strich.

"Ok", meldet er sich wieder mit eifriger Stimme. "Das andere Ende des

Drahtes steckt im Topf..."

Eines muss man ihm lassen: Der Mann ist voll bei der Sache! 

"Ist die Pflanze auch gut gegossen?" frage ich besorgt, und er versichert mir

stolz, dass er auch schon daran gedacht habe und das Ding gerade nochmal

mit Wasser getraenkt habe.

"Von wegen der besseren Leitfaehigkeit", fuegt er noch laessig hinzu, und ich

male noch zwei Striche.

"Dann koennen Sie jetzt das Licht wieder einschalten", sage ich.

"Gratulation! Sie haben von jetzt an ein garantiert ionenfreies Buero..."

KA-FFFFAAATZZZZZZZZ!!!!!

Da das Telefon keinen Muckser mehr von sich gibt, lege ich auf. Dann

betrachte ich stolz das Blatt Papier vor mir. So einen kapitalen Neun-Ender

sieht man nicht alle Tage...

Teil 15

TEIL 17

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  17 Teil 16

B.A.f.H.O. 17

TEIL 18

Ich sitze gerade mit meinem Taschenrechner auf dem Klo und berechne, was so eine durchschnittliche Sitzung meinen Arbeitgeber kostet, als ploetzlich mein Pager losheult.  In Deutschland sind wir ja irgendwie (ja, wie eigentlich?) von dieser Plage verschont geblieben (dafuer haben wir die galoppierende Handy-Seuche!). Aber hier an der Westkueste gilt der Pager nach wie vor als unersetzliches sekundaeres Geschlechtsmerkmal: ein Mann ist kein Mann ohne seinen Pager am Guertel!  Ein klingelndes Telefon ist schon in den meisten Faellen 'bad news', aber ein jaulender Pager noch viel mehr. Wenn jemand so dringend mit dir sprechen will, dass er deinen Pager ausloest... Junge, dann ist es  bestimmt nicht Michelle Pfeiffer, die einen 'date' mit dir haben will!  Ich kaeme ja nie auf die abstruse Idee so ein Ding mit mir herumzuschleppen (hoechstens einen ohne Batterien, um die Chicks zu beeindrucken), aber hier an der Uni MUSS jeder SysOps mit so einem  Laermwecker herumlaufen.  Ohne auf das Display zu gucken, entsorge ich den heulenden Pager auf die mir uebliche Weise und spuele sicherheitshalber zweimal nach. Das Piepsen wird rasch leiser, waehrend das Ding zur Hoelle (sprich zur  Klaeranlage) faehrt.  Befriedigt nehme ich meine Kalkulationen wieder auf. Eine durchschnittliche Sitzung mit Zeitung kommt auf... $ 6,34 und zweidrittel Cents.  Missmutig gucke ich auf das senfgelbe Display. Viel zu wenig! Seit der Hop-Heads-Party gestern herrscht Ebbe in meiner Kasse und es sind noch vier Tage bis zum naechsten Paycheck!  Ich gehe zurueck in mein Buero und browse durch die Personaldatei in Verwaltungscomputer unserer Buchhaltung. Wer koennte noch was von seinem letzten Paycheck uebrighaben? Nach kurzem Ueberlegen waehle  ich zwei Kollegen aus, die foerdernde Mitglieder bei Greenpeace sind und sich in ihren CVs als 'umweltbewusst' einstufen. Ich fahre bei beiden (einer ist auch noch als Abstinenzler verschrien) die Workstations in den Single-User-Modus herunter und sende als Broadcast die folgende Message auf die Konsolen:  "CPU panic: device /dev/null is full 

Have electrons recycled properly before resuming work" 

Dann lege ich die Hand auf den Telefonhoerer; nach zehn Sekunden laeutet es: 

"Ist dort die SysOps? Auf meiner Konsole..." 

"Ist bekannt! Wir arbeiten daran!" schnappe ich und knalle den Hoerer auf die

Gabel. Im allgemeinen sind die User viel zugaenglicher, wenn man sie erst

einmal schmoren laesst. Ich schalte den VCR ein und gucke mir den letzten

're-run' der Simpsons an. 

Siebzehn Minuten spaeter laeutet es wieder. Er ist es wieder (der andere scheint

nicht in seinem Buero zu sein oder er schlaeft wie ueblich). 

"Mein Workstation ist immer noch nicht hochgekommen", beschwert er sich

indigniert. 

"Stimmt", sage ich, "und sie wird auch nicht wieder hochkommen, bis wir die

ganzen Elektronen in Ihrem Null-Device entsorgt haben... 

Genaugenommen sind die schon eineinhalb Monate ueberfaellig. 

Eigentlich ist das schon eine Ordnungswidrigkeit..." 

Kurze Pause. Ich hoere, wie nacheinander 1.560.000 Neuronen zugeschaltet

werden. Dann: 

"Aeh... koennen Sie das noch einmal...?" 

Ich seufze hoerbar. 

"Lesen Sie denn nie die Zeitung?" frage ich genervt. 

"Also..." 

"Sie haben offensichtlich als einziger an der Uni noch nicht mitbekommen,

dass nach der letzten Gesetzesinitiative 456 von Governer Wilson in

Kalifornien ab sofort alle EDV-basierten Elektronen aus

Umweltschutzgruenden kontrolliert entsorgt werden muessen."

"Oh, aber..."

"Frueher durften wir alles, was nach /dev/null kopiert wurde, also praktisch alle

Loeschvorgaenge, einfach im Luefter verbraten. Seit Anfang des Jahres geht

das nicht mehr; jedenfalls nicht in Kalifornien! Sie sind wahrscheinlich von der

Ostkueste, was?"

"Aeh, nein... aeh... ich..."

"Hier bei uns werden die Elektronen jedenfalls im sogenannten G-RAM

(Gather RAM) gesammelt und muessen von Zeit zu Zeit entsorgt werden."

In jedem anderen Staat der USA wuerde der Bursche jetzt einen verschaerften

Lachanfall zweiten Grades bekommen - aber nicht in Kalifornien. Hier an der

Westkueste haben wir die schaerfsten

Abgasgesetze der Welt. Die ASU-Messgeraete sind ueber das Internet direkt

mit dem 'Department of Motor Vehicles' verbunden, damit niemand beim

Testen bescheissen kann. Sogar das Benzin verbrennt (angeblich) sauberer als

anderswo.

Saemtliche Produkte des taeglichen Bedarfs sind 'Natural', 'High in Fiber' oder

'Bio Degradable', sonst lassen sie sich eh nicht verkaufen.

Alternativ haben sie ein 'Valley' im Produktnamen ("Gold Valley Dairy",

"Happy Valley Software", "Missiles from the Valley", "Valley Plutonium Inc.",

etc.).

Das Kuehlmittel 'Freon', das hierzulande tonnenweise in Klimaanlagen

verwendet wird, ist mit so hohen Ozon-Schicht-Steuern belastet, dass ein Leck

im Kuehlkreislauf den Wert deines Autos in Null-Komma-Nix auf Null

schrumpfen laesst (wobei niemand so genau erklaeren kann, wie diese Steuer

der Ozonschicht zugute kommen soll, wenn damit Wahlkampf-Kampagnen finanziert werden!). Das Ausspucken eines Kaugummis in San Francisco kann bis zu $2000 kosten und Pinkeln in der Oeffentlichkeit ist eine schwere Straftat. Die Firmen in der Bay Area verwenden nur noch graeulich-graues Recycle-Papier und blasse Sojabohnen-Tinte in ihren Bueros (kein Scheiss!), und in den Nationalparks ist man angehalten, doch bitte die Zahnpasta beim Zaehneputzen herunterzuschlucken, damit ja nichts in die heilige Umwelt gelangt! Nach der 'No Fat'-, 'Low in Colesterol'- und 'Sodium Free'-Aera befinden befinden wir uns derzeit mitten in der 'Organic'-Welle - und das 'Bio Dynamic Movement' zeigt sich schon am Horizont! Jeden Monat einmal (am letzten Freitag) wird die Innenstadt von San Francisco durch Zigtausende von RRs (Radikale Radler) lahmgelegt, die sich erbitterte Platzkaempfe mit den motorisierten Verkehrsteilnehmern liefern. Eines muss man den Kaliforniern lassen: Wenn sie etwas anpacken, dann sind sie gruendlich! (In dieser Hinsicht aehneln sie eigentlich mehr den Deutschen als den anderen Durchschnitts-Amerikanern.) Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass der Greenpeace-Abstinenzler nur ein fuerchterlich schlechtes Gewissen wegen der ganzen umweltschaedlichen Elektronen in seinem G-RAM hat, anstatt mir ins Gesicht zu lachen. "Oh", stammelt er betroffen. "Jesus! Ja, was machen wir denn da..." Ich bringe ihm behutsam bei, dass ich, obwohl meine Task-List schon fast bis in den Keller reicht, kurz 'runterkommen und seine ganzen Elektronen mit einen G-RAM-BRVD (G-RAM-Bit-Recycling-Vakuum-Device) entsorgen koennte. Allerdings betrage die Gebuehr zur Zeit 24 Cents per Kilobyte... Erleichtert greift er nach dem rettenden Strohhalm - und rueckt sogar ohne zu zoegern mit seiner Kreditkarten-Nummer 'raus! So ein Sucker! Wenige Minuten (und ein bisschen Fummeln mit einem alten SCSITerminator) spaeter sind meine finanziellen Probleme bis zum naechsten Monatsende erstmal vom Tisch... Meine Stimmung steigt  auf Super-Platinum-Plus mit fuenf Sternen! Wie immer, wenn ich glaenzender Laune bin, starte ich mein Skript 'Russian Roulette', das zehn 'Ping of Deaths' an zehn zufaellig ausgewaehlte Windoofs-Rechner am Campus verschickt. (Falls jemand von euch Windoofs-User ist und nicht wissen sollte, was ein 'Ping of Death' ist, soll er mir mal seine IP-Adresse schicken...) Dann aendere ich noch rasch die Aufzug-Steuerung in unserem Gebaeude, so dass der Fahrstuhl immer ein Stockwerk zu hoch oder zu niedrig anhaelt, und gehe gemuetlich ueber den Notausgang nach Hause.

Teil 16

TEIL 18

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  18 Teil 17

B.A.f.H.O. 18

TEIL 19

Herr L.! 

Hier in Muenchen geht alles seinen gewohnten Gang: die Studenten sind 

aufmuepfig, die Mitarbeiter sind muffig und der Chef vergisst alles, was 

ich ihm gesagt habe, nach 17einhalb Minuten. Draussen regnet es und 

der Biergarten ist bis auf weiteres geschlossen und ich hasse alles. 

Nero geht es gut. 

Bezelmann 

================================================ 

Liebe Frau B.! 

> Nero geht es gut. 

Nun, zumindest gibt es ein lebendiges Wesen in Muenchen, dass sich zu 

amuesieren scheint... 

Ich dagegen kann mich nicht beklagen. Seitdem ich die Mitarbeiter und 

die Studenten hier einigermassen zur Raeson gebracht habe, laeuft alles 

wie geschmiert (fuer mich!). Sogar Ihre Kollegin, Miss Ginger, hat sich 

nunmehr ueberzeugen lassen, dass es in ihrem eigenen Interesse ist, mir 

meine Wuensche von den Lippen abzulesen (besonders seitdem ich ihre 

Sozialversicherungsnummer herausbekommen habe!). 

> Nero geht es gut. 

Mir geht es auch gut. 

Leisch 

================================================ 

Liebster Herr L.! 

> nunmehr ueberzeugen lassen, dass es in ihrem eigenen Interesse ist, 

> mir meine Wuensche von den Lippen abzulesen (besonders seitdem 

Zum Glueck habe ICH das NICHT noetig!!! 

UeBRIGENS habe ich eine schlechte Nachricht fuer SIE: Der Chef hat  gestern jemanden zum Vorstellungsgespraech eingeladen. Ein fescher  blonder junger Mann mit muskuloesen Wadeln. ZUFAeLLIG konnte ich  einen Blick in seinen Lebenslauf werfen: er hat Berufserfahrung in der  SYSTEMADMINISTRATION!  Der Chef war sehr angetan von dem jungen Mann...  Sogar Nero fand ihn sympathisch. 

Bezelmann 

================================================ 

Sehr geehrte, liebe Frau B.! 

> Ein fescher blonder junger Mann mit muskuloesen Wadeln 

Wie kommt es, dass Sie seine 'Wadeln' so ausgiebig begutachten 

konnten? Ist der Sonnenjunge in Lederhosen ins Institut marschiert? 

Hat das Buerschchen auch einen Namen? 

> Sogar Nero fand ihn sympathisch. 

Der Arme (ich meine Sonnyboy; nicht den Raben!). 

Leisch 

================================================ 

Hochverehrtester Herr L.! 

> Wie kommt es, dass Sie seine 'Wadeln' so ausgiebig begutachten 

Eine FRAU kann so etwas auch beurteilen, wenn das betreffende 

Subjekt lange Beinkleider traegt. SIE haben davon natuerlich  UeBERHAUPT keine Ahnung! Marianne meint auch, dass er fesche  Wadeln hatte!!!  > Hat das Sonnenbuerschchen auch einen Namen?  Das kann ich mir vorstellen, dass Sie DAS gerne herausfinden 

wuerden!!! 

Nero hatte heute Morgen einen kurzen physikalischen Kontakt mit dem 

Hund des Hausmeisters. Er hat zwei (2!) Schwungfedern verloren! 

(Nero, nicht der Hund!) 

Bezelmann 

================================================ 

Liebe, gnaedigste Frau B.! 

Der Name des heliozentrischen Juengelchens mit den ausgepraegten 

Hinterlaeufen ist Klaus Koberlein, geb. 03.02.69 in Taunus-

Haunsberg-Wergel (was fuer ein Name; immer wenn ich den Namen 

ausspreche, klingt es wie 'KAFF'). 189, blond (Sie sagten es ja 

bereits), blaue Augen, ... 

Schule, Bundeswehr, Uni.... 

Ah! Hier: 8 Monate Berufserfahrung als Operateur (!) im 

Rechenzentrum der Allianz, Muenchen... 

Hmhm, soso... 

Hobbies?... tatam tatam tatam... oha! Schriftfuehrer in Kleingaertner-

Verein Pullach, Sektion Waldenbach-Siedlung. 

Whoa! Was manche Leute so alles in ihrem Lebenslauf zugeben! 

Erstaunlich! 

Sie sollten solche wichtigen Informationen wirklich nicht in Ihrem Mac 

abspeichern - vor allem nicht, wenn er vernetzt ist ;-) 

> Nero hatte heute Morgen einen kurzen physikalischen Kontakt mit 

> dem Hund des Hausmeisters. Er hat zwei (2!) Schwungfedern 

> verloren! (Nero, nicht der Hund!) 

Und ich wette, der arme Hund liegt jetzt im Hunde-Hospital! (Wenn 

nicht noch schlimmer!) 

Wie geht es dem Raben heute? 

Leisch 

================================================ 

Lieber, hochverehrter Herr L.!!! 

> Sie sollten solche wichtigen Informationen wirklich nicht in Ihrem 

> Mac abspeichern - vor allem nicht, wenn er vernetzt ist ;-) 

Ich moechte sie DRINGLICHST auffordern, ihre schmutzigen 

Datenpakete von MEINEM Mac fernzuhalten, oder ich garantiere fuer 

nichts! Besonders nicht fuer Ihre PERSONALAKTE!!! 

Nur zu Ihrer gefaelligen Beachtung: der Chef hat heute morgen gesagt, 

dass er den Herrn Koberlein einstellen wird, wenn nicht noch 

irgendwelche formalen Gruende gegen seine Uebernahmen in den 

STAATSDIENST sprechen!!! 

'Dem Raben' - wie Sie Nero so respektlos zu bezeichnen pflegen - geht 

den Umstaenden entsprechend. Natuerlich hat der Arme einen Schock, 

den er erst verarbeiten muss. Trotzdem laesst er Sie schoen gruessen! 

Bezelmann 

================================================ 

Donna B.! 

Wie ich heute dem Munich Online entnehmen kann, hat Muenchen 

wieder einen neuen Geheimdienstskandal. Ich zitiere: 

"Die Mitglieder eines nach aussen hin voellig harmlos erscheinenden, 

traditionellen Kleingaertner-Vereins haben vermutlich jahrzehntelang mit 

Hilfe raffinierter Abhoereinrichtungen, die als schaebige Schreberhuetten 

getarnt waren, Gespraeche innerhalb der BND-Zentrale in Pullach bei 

Muenchen belauscht und an auslaendische Geheimdienste verkauft. Erst  durch einen kollegialen Hinweis des amerikanischen Geheimdienstes  CIA wurde der deutsche Bundesgrenzschutz auf diesen Sachverhalt  aufmerksam gemacht...  Nach dem Schriftfuehrer des Vereins, einem erfahrenen  Informationstechniker und mutmasslichem Hauptdrahtzieher der Bande,  wird bundesweit gefahndet...  Bis dato konnten weder die Abhoereinrichtungen noch die  Aufzeichnungen sichergestellt werden. Die Polizei verhaengte gestern  am spaeten Nachmittag eine vorlaeufig unbefristete Nachrichtensperre,  um die Ermittlungen nicht zu behindern..."  Natuerlich darf nicht alles gleich so ernst nehmen, was in den Zeitungen  steht, nicht wahr?  > Natuerlich hat der Arme einen Schock, den er erst verarbeiten muss  Mit anderen Worten: man sollte einen 5 Meter grossen Radius um den  Kaefig ziehen, den niemand mehr betreten sollte, wenn er nicht  ernsthafte Selbstmordabsichten hat.  > Trotzdem laesst er Sie schoen gruessen!  Das letzte Mal, als ICH den Raben begruessen wollte, hat er versucht,  mir den Finger abzuhacken. Obwohl SIE ja nach wie vor der Ansicht  sind, dass er das als besonderes Zeichen der Zuneigung zu mir getan  habe, gruesse ich Nero seitdem lieber nicht mehr - auch nicht per email!  (Man kann nie wissen!)  Leisch 

Teil 17

TEIL 19

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  19 Teil 18

B.A.f.H.O. 19

TEIL 20

Seit zehn Minuten kreise ich mit meinem mintgruenen Ford Mustang auf den Parkdeck und finde keine Luecke. Es ist elf Uhr und die Sonne brennt mir unbarmherzig ins Gesicht. Warum muessen diese verd...... Studenten schon so frueh im Institut sein?! Wenn ich dann komme, ist natuerlich nicht mal mehr Platz fuer eine motorisierte Sardinenbuechse, geschweige denn mein mintgruenes Schlachtschiff! Ich stelle mich ins absolute Halteverbot, haue den Warnblinker rein und renne hinauf in mein Buero. Rasch hacke ich einen Broadcast in meinen Rechner: 'An alle Labs!

Das CS Department hat sich entschlossen, seine veralteten DEC Alpha

Maschinen zu erneuern. Ausrangierte DEC Alphas werden derzeit fuer eine

'flat rate' von $ 199 am Ausgang B7 von CS Gebaeude abgegeben.

Nur an Studenten mit gueltigem CS Ausweis und Photo ID. First come, first

serve!'

Dann warte ich eine Minute und sende folgendes hinterher:

'Die vorherige Meldung bezog sich auf die University of Washawonga in

Montana, NICHT auf die University of Berkeley!'

Als ich wieder aufs Parkdeck hinunterkomme, ist es praktisch leer. Einige

Nachzuegler rasen gerade mit kreischenden Reifen die Exit-Rampe hinunter.

Endlich himmlische Ruhe! Ich verbringe einige glueckliche Minuten mit der

Home-Page des Instituts. Ein kleines Java-Script im Header fordert alle paar

Sekunden ein paar Kilobyte Speicher an - ohne sie wieder freizugeben. Jeder

Browser, der auf unseren Seiten herumlungert, wird mit der Zeit immer

groesser, bis er schliesslich (hoffentlich) den Rechner des Users zum

Abstuerzen bringt. Eine todsichere Methode, um eine Ueberlastung unseres

Servers von vorne herein auszuschliessen!

Dann wird die Idylle vom Telefon unterbrochen. An der Caller-ID sehe ich,

dass es die Chefin ist.

"Hallo?"

"Leisch!" weht es eiskalt aus der Hoermuschel, und ich schalte lieber den

Lautsprecher ein und lege den Hoerer moeglichst weit weg. Einmal hatte ich

nach einem zehnminuetigen Telefongespraech mit der Chefin drei Tage

Ohrenreissen. "Leisch, wissen Sie, wo die ganzen Studenten stecken?"

"In Washawonga", antworte ich wahrheitsgemaess.

"Machen Sie keine Witze!" faucht Prof. Icewater. Ich beobachte fasziniert,

wie sich auf den Plastikrippen der Lautsprecherabdeckung grosse, blaue

Eiskristalle bilden. "Wieso ist kein Mensch im Gebaeude? Auch die

Mitarbeiter sind alle verschwunden..."

"Verzeihung", sage ich und mime baffes Erstaunen, "ich dachte, Sie machten

nur einen Scherz. Haben Sie denn die Erdbebenwarnung vorhin nicht

mitbekommen? Innerhalb der naechsten drei Stunden, Staerke 6 plus auf der

'Hayward Fold', alle oeffentlichen Gebaeude muessen evakuiert werden."

Die Chefin braucht nur zweieinhalb Sekunden, um zielsicher die

Schwachstelle in meiner Aussage aufzuspueren. Deshalb ist sie ja

schliesslich auch die Chefin und nicht die Aushilfe in der Cafeteria,

nicht wahr?

(Disclaimer: Die vorangegangene Aussage ist in keiner Weise, weder

indirekt noch intentional, in der Weise zu interpretieren, dass weibliche

Cafeteria-Aushilfskraefte in irgendeiner nur denklichen oder

annehmbaren Disposition als minderwertiger oder sonstwie benachteiligt

gegenueber weiblichen Hochschulprofessoren anzusehen sind. Ende des

Disclaimers.)

"Wie kommt es dann, dass SIE noch in Ihrem Buero sind?" Ein kleiner

glitzernder Eiszapfen beginnt an der Telefonleitung zu spriessen. 

Ich sage:

"Ich habe meinen Anschluss auf mein Handy umgeleitet, damit wenigstens

einer im Institut erreichbar bleibt.... Ich will Sie ja nicht draengen, aber ich

glaube, Sie sollten jetzt wirklich..."

"Ok", faucht Prof. Icewater und haengt auf. Wenige Sekunden spaeter hoere

ich ihre eisklirrenden Schritte im Treppenhaus.

Die Sache beginnt mir Spass zu machen. Ich schaue nach, ob noch ein paar

Workstations aktiv sind, und schicke einen entsprechenden Broadcast auf die

Konsolen. Mehr oder weniger das gleiche, was ich der Chefin verklickert

hatte. Dann gehe ich ins Labor hinueber und lasse ein paar Kartons mit altem

Rechnerschrott vom Tisch fallen. Das alte Pappe- und Sperrholz-Gebaeude

zittert. Ein paar Minuten spaeter ist es absolut still im Gebaeude.

Ich bastele in aller Ruhe noch eine kleine Random-Funktion in die

Home-Page, die alle paar Minuten ein kryptisches Java-Script-Alert ausloest.

Es behauptet mehr oder weniger deutlich, dass der jeweilige Net-Browser

des Users eine Ansammlung von verfucktem Spaghetti-Code sei und er

besser diesen heiligen Server verlassen solle.

Zufrieden mit dem Ergebnis aktiviere ich meine Voice-Clock.

"Ahhh quahhhrtahhh to twelffff ahhhh", stoehnt es lustvoll aus den

Lautsprechern. Naja, vielleicht ein bisschen zuviel Schlafzimmer-Effekt

dabei! Muss das bei Gelegenheit mal korrigieren. Aber jetzt ist Lunch-Time;

und ich werde doch nicht meine wertvolle Mittagspause mit ernsthafter

Arbeit vergeuden!

Die Pfoertnerloge im Erdgeschoss ist so leer wie eine Autobahn waehrend

einem Fussball-Laenderspiel. Vielleicht braucht unser Pfoertner auch eine

DEC Alpha? Ich gehe hinaus auf die Strasse. Kein Schwein weit und breit,

keine bloekenden Autos, die sich an den Ampeln draengeln, keine

qualmenden Busse, nicht mal die Penner liegen an ihren ueblichen Plaetzen

und groehlen. Ich gehe hinueber zu meiner angestammten Sandwich-Bude.

'Der Umstaende halber  geschlossen' steht hastig hingekritzelt auf einem

Zettel hinter der Scheibe. Ich will gerade weiter zu 'Blondie's Pizza' gehen,

als hinter mir mit quietschenden Reifen ein schwarzweisser Polizeiwagen

haelt. Der Cop kurbelt hastig das Fenster herunter:

"Was machen Sie hier?!" fragt er unfreundlich.

Von den Cops bin ich hier ja schon einiges gewoehnt; also wundere ich mich

weiter. Einmal hat mich einer auf offener Strasse angehalten und gefragt, wo

ich meinen Pullover gekauft haette und ob ich noch den Kaufbeleg

vorweisen koenne. Man kann den Cops erzaehlen, was man will, aber

niemals ploetzliche Bewegungen machen. Sonst hat man schneller die Pfoten

in Eisen, als man 'Piep' sagen kann.

Ich erklaere also ganz ruhig, dass ich auf der Suche nach einem kleinen,

bescheidenen Sandwich sei, dass ich durchaus in der Lage und willens sei,

eben dieses Sandwich auch zu bezahlen und ob er meine Social Security

Card, meine Driver Licence, meine Mitgliedskarte im 'Platinum Gym' oder

vielleicht meinen Passport sehen moechte. 

Der Cop starrt mich unglaeubig an:

"Mann, haben Sie nicht mitbekommen, dass die Stadt evakuiert wurde!

Mann, schauen sie, dass Sie Ihren Arsch hier herausbekommen, sonst nehme

ich Sie hopp wegen Nicht-Befolgung oeffentlicher Anordnungen im

Katastrophenfall!"

Ich blinzele zweimal, bevor ich kapiere. Dann versichere ich, dass ich schon

auf den Weg sei, und er duest um die naechste Strassenecke.

Ich schleiche zurueck ins Buero und loesche sicherheitshalber saemtliche

Netzwerk-Logs. Dann fahre ich mit meinem Mustang nach Hause.

Wer bin ich, dass ich Anordnungen der Polizei in Frage stellen wuerde?

Teil 18

TEIL 20

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  20 Teil 19

TEIL 21

B.A.f.H.O. 21 WARNUNGWARNUNGWARNUNGWARNUNGWARNUNGWARNUNG Der folgende Text ist NICHT geeignet fuer Tierfreunde, Besitzer von realen und virtuellen Tieren  jeglicher Gattung, Mitglieder von Tierschutzvereinen etc., etc. pp. Sollten Sie einer der oben genannten demographischen Gruppen angehoeren, druecken Sie JETZT  die Loeschtaste an Ihrem Mail-Programm.

Es ist zehn Uhr und das Telefon klingelt. Daraus kann man folgendes schlussfolgern: 1. Ein Student oder Mitarbeiter will mir sein Problem aufhalsen (nur zum Plaudern ­ mit Ausnahme von Ginger - ruft mich niemand freiwillig an!). 2. Es ist Montag morgen (das ist eine statistische Inferenz: Rechnerprobleme treten gehaeuft am Montag morgen auf!) 3. Es muss ein verzweifelter Mensch sein, der da anruft (jemand anderes wuerde a) nicht annehmen, dass ich schon so frueh im Buero bin, und b) nicht wagen, mich so frueh zu stoeren!). Alles schoen und gut. Die Sache hat nur einen kleinen Haken: nachdem ich nun das

alles messerscharf herausgefunden habe, moechte ich natuerlich zu gerne wissen, ob

ich auch richtig liege. Dazu muesste ich aber abheben, und das wiederum waere

absolut gegen meine Gewohnheiten.

Nach kurzem Zaudern lege ich meine Lektuere, 'Applied Logic for SysOps', zur

Seite und hebe ab.

"Hallo."

Die weibliche Stimme am anderen Ende klingt gehetzt und abgespannt, aber nicht

uninteressant. Generell habe ich Frauenstimmen lieber ausser Atem, als kurz vor

dem Einschlafen.

"Ist dort jemand von der Systemverwaltung. Ich hab' ein Riesenproblem mit Walter,

und wenn ich nicht ganz schnell Hilfe bekomme, gibt es eine Katastrophe..."

Das ist nicht gerade das, was man an einem ruhigen Montagmorgen hoeren moechte,

denke ich und laut sage ich, dass sie doch bitte bei der Partnerschaftsberatung im

dritten Stock anrufen solle.

"Nein, nein", sagt sie, "es ist naemlich so: ich habe heute ein brandwichtiges

Vorstellungsgespraech..."

Aha, denke ich, und jetzt ist ihr CV ploetzlich nicht mehr im Rechner. Komisch, ich

kann mich gar nicht erinnern, gestern was geloescht zu haben!

"... und ich kann Walter unmoeglich einfach mitnehmen. Andererseits ist er gerade

in einer sehr kritischen Phase. Er hat heute morgen erste Ansaetze zu einem Schwanz

gezeigt."

Meine schlaefrigen Neuronen brauchen ein paar Sekunden um das zu verdauen:

"Hab' ich das richtig verstanden: Walter - wer immer das ist - zeigt seit heute morgen

erste Ansaetze zu einem... Schwanz? Das heisst also, bis gestern war er quasi noch

schwanzlos?"

"Walter ist mein Tamagotchi", fuegt sie erlaeuternd hinzu.

Das erklaert einiges! Ein Tamagotchi ist - wie jedes Kind heutzutage weiss - ein

virtuelles Haustier. Es besteht im Wesentlichen aus einem eifoermigen

Plastikgehaeuse mit einem LCD-Display, ein paar Chips und ein paar Knoepfen. Auf

dem Display sieht man das Geschoepf (was immer es ist; die Bandbreite reicht vom

Kueken zum Tyrannosaurus Rex) herumhuepfen und mit Hilfe der Knoepfe kann

man es fuettern, traenken, streicheln, erziehen, mit ihm Spielen, sein Gewicht, Alter

und Koerpertemperatur abfragen, etc. etc. Es entspringt gewoehnlich einem Ei,

waechst ziemlich rasch heran und entwickelt mit der Zeit je nach Pflege

verschiedene distinktive Extremitaeten wie Beine, Schwanz, Fluegel, Hoerner und so

weiter. Wenn es etwas braucht (z.B. eine Spritze, weil es krank ist), quiekt es

periodisch. Wenn ihm langweilig ist, will es 'Papier, Schere, Stein' spielen bis man

umfaellt, und wenn man es statt dessen mit Eiscreme fuettert, wird es fett,

uebellaunig und stirbt vorzeitig. Das zugrundeliegende Programm hat einige

ueberraschende Merkmale; zum Beispiel wird das Tamagotchi zum Vegetarier, wenn

man es in seiner fruehen Kindheit konsequent nur mit Moehren, Aepfeln und

Nudelsuppe fuettert. Die Tamagotchis wurden in Japan erfunden und sofort in China

nachgebaut; die Nachfrage war so gross, dass die erste Serie von

Orginal-Tamagotchis innerhalb weniger Wochen vergriffen war. Eine Lieferung

nach San Francisco war nach eineinhalb Stunden ausverkauft. Mittlererweile bezahlt

man auf dem Schwarzmarkt fuer ein Orginal-Tamagotchi ueber hundert Dollar. In

Japan bekommt man sie nur noch ueber Beziehungen. Dennoch greift die Sucht

rapide um sich; jeder rennt mit seinem 'Egg' um den Hals oder diskret in der

Hosentasche verborgen herum, weil alle Angst haben, dass das Ding unbemerkt

verendet, wenn man es ein paar Stunden unbeaufsichtigt laesst. Die Kids nehmen

ihre Tamagotchis mit in die Schule (was die Lehrer zur Verzweiflung treibt), die

Youngster mit ins Kino (so dass es an allen Ecken und Enden quiekt und pfeift) und

die Hausfrauen mit in den Supermarkt. Hardliner im Pentagon mutmassen

inzwischen, dass das Tamagotchi ein erfolgreicher Versuch der Asiaten sei, die

westliche Kultur zu Fall zu bringen (nach der gelben Gefahr, nunmehr die

eifoermige Gefahr!). Kulturpolitiker sorgen sich um das Sozialverhalten der

kommenden Generation, und das Geruecht, dass Bill Clinton mit einem Plastik-Ei in

der Hand gesehen worden sei, hat die Wall Street bedrohlich ins Schleudern gebracht

.(Es stellte sich spaeter heraus, dass es sich nur um einen harmlosen

Schluesselanhaenger gehandelt hat!)

Die naechste Generation von Tamagotchis kann bereits bis zu zwoelf verschiedene

Tiere simulieren. Ausserdem gibt es jetzt maennliche und weibliche Tamagotchis (in

himmelblauen und rosaroten Plastikgehaeusen!), die miteinander 'Papier, Schere,

Stein' spielen koennen. Die maennlichen haben zu diesem Zweck einen Stecker und

die weiblichen eine Buchse... (kein Kommentar!).

(Ok, das wisst ihr ja alles sowieso. Ich vergesse immer wieder, dass meine

Leserschaft wahrscheinlich zu den elektronisch aufgeklaertesten der Welt zaehlt.)

 Natuerlich hatte sich der B.A.f.H. auch sofort einen Tamagotchi besorgt ­

schliesslich muss ich auf dem Laufenden bleiben! Das Ding ist schon nach drei

Tagen jaemmerlich verendet, weil ich es ausschliesslich mit einer Hacker-Diaet von

Hamburgern und Icecream gefuettert habe! Nicht sehr anpassungsfaehig, diese

Lebensform!

Die Tamagotchi-Mama beginnt sich in Fahrt zu reden:

"...und er hat 32 Kilo, und ich ernaehre ihn ausschliesslich vegetarisch, damit er

spaeter hoffentlich Fluegel entwickelt."

"Haben Sie fuer den Kleinen schon ein Sparbuch angelegt?" frage ich.

"Wie bitte?"

"Vergessen Sie's. Was hab' ich mit der ganzen Sache zu tun?"

"Ich brauche jemanden, der auf Walter aufpasst", sagt sie ungeniert,

"nur fuer die Zeit, die ich bei meinem Vorstellungsgespraech bin..."

So ist das also: sie braucht einen Tamagotchi-Sitter!

"Warum schalten Sie nicht auf 'Clock-Modus' um ", frage ich, "dann sind alle Lebens-Prozesse ausgesetzt." Sie klaert mich mit stolzer Stimme auf, dass SIE ein Orginal-Tamagotchi hat - nicht so ein billiges Nachbaumodell - und die lassen sich nicht pausieren. Weil ich ausnahmsweise nichts zu tun habe (da war endlich wieder mal ein Witz,

Leute!), sage ich ihr, sie solle das Ding vorbeibringen. Zehn Minuten spaeter liegt es

neben meinem Maus-Pad und quiekt periodisch. Ausserdem hat sie mir eine hastig

hingekritzelte Anleitung dagelassen, was und wann ich dem Ding fuettern darf ("Um

Gottes Willen, keine Eiscreme! Nicht vor dem Abendessen!"). Ich frage noch

beilaeufig, wo sie sich bewerben wird, und SIE SAGT ES MIR!

Ich suche die Nummer ihres potentiellen zukuenftigen Arbeitgebers heraus und

warte bis zur Halbzeit. Dann rufe ich an. Eine Vorzimmer-Mieze meldet sich.

"Firma-Moisenburger-Krautwickler-Menzendorfer-am-Apparat-Guten-Tag?"

"Aeh... hallo. Aeh... heisst das jetzt, Sie heissen Krautwickler-Menzendorfer oder

heisst Ihre Firma Moisenburger-Krautwickler?"

"Die Firma heisst Moisenburger-Krautwickler", klaert sie mich indigniert auf.

"Aha", sage ich und frage nach der Tamagotchi-Mutter. "Es ist sehr dringend!"

Frau Menzendorfer zoegert:

"Ich weiss wirklich nicht... sie ist gerade in einer Besprechung beim Chef und ich..."

"Ich bin der Babysitter von Walter", sage ich wahrheitsgemaess, "ich moechte

wirklich nichts dramatisieren, aber ich glaube es ist ziemlich kritisch..."

Frau Menzenburger bittet mich, dran zu bleiben. Ein paar Minuten spaeter meldet

sich atemlos die Tamagotchi-Mama:

"Ja?"

Ich berichte ihr, dass Walter merkwuerdige Grimassen schneidet und bruellt. Sie gibt

mir hastig Anweisung, die Klimaanlage herunterzudrehen und legt auf.

Zehn Minuten spaeter rufe ich wieder an.

"Hallo, Frau Menzenberger..."

"Menzendorfer!"

"...dorfer, richtig. Ich bin es wieder. Koennen Sie mir noch einmal die Dame von

vorhin ans Telefon holen?"

"Also..."

"Es geht um Leben oder Tod!"

Sie tut es. Die Tamagotchi-Mutter ist mit den Nerven zu Ende:

"WAS IST?"

"Tja, also: Walter hat ploetzlich Beine bekommen. Ich dachte, Sie sollten das

wissen..."

"ABER DOCH NICHT JETZT! ICH BIN MITTEN IN EINEM

VORSTELLUNGSGESPRAeCH!"

"Ach so", sage ich beleidigt. "Na gut. Dann werde ich eben nicht mehr anrufen..."

Bevor sie auflegt, hoere ich im Hintergrund noch eine maennliche Stimme etwas

sagen, das wie 'Vielleicht zu einen spaeteren Termin' und  'Sie hoeren ganz bestimmt

von uns' klingt.

Als die Tamagotchi-Mama eine Stunde spaeter bleich und mit erloschenem Blick

mein Buero betritt, habe ich Walter von seiner unseligen vegetarischen Diaet befreit

und er hat bereits 25 Kilo zugelegt.

Komischerweise freut sie das kein bisschen! 

Teil 19

TEIL 21

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  21

Teil 20

B.A.f.H.O. 21

TEIL 22

 Der Aufzug in unserem Gebaeude ist ein hervorragendes Beispiel fuer die typisch amerikanische Megalomanie. Alles, wirklich ALLES hier ist krankhaft uebertrieben groesser gegenueber dem Rest der Welt: die Baeume, die Chips-Tueten, die Autos, die Freeways, Hamburger und Drinks, Blumen, Dauerlutscher, Huete, Sonnenbrillen, Flughaefen, Klopapierpackungen, Fruehstuecksportionen, Kinos und natuerlich auch die Menschen (besonders gewisse paarweise angeordnete, weibliche, sekundaere Geschlechtsmerkmale!).  Deshalb ist es nicht weiter verwunderlich, dass der Aufzug eher einem Ballsaal gleicht als einem beweglichen Kaefig zur Personenbefoerderung.  Ich poke ein bisschen in der Steuerungs-Software herum, bis das Ding zwischen jedem Stockwerk eine Pause von 30 Sekunden einlegt (was unsere Klaustrophobiker auf 180 bringt); dann besorge ich mir beim Chinesen nebenan einen thailaendischen Nudelsalat und warte bis die Leute vom Lunch zurueckkommen. Thailaendischer Nudelsalat schmeckt ausgezeichnet, aber die Optik ist nicht gerade das, was man als 'appetitanregend' bezeichnen wuerde.Er schaut eher aus wie... naja wie... sagen wir mal, wie ein etwas fehlgeleitetes Verdauungsprodukt.  Ich fuelle den Salat in eine durchsichtige Plastiktuete und stecke die Tuete in meine Jackentasche. Dann pferche ich mich zusammen mit 67 anderen lunch-gesaettigten Angestellten in den Aufzug, und die Ballsaal-Aufzugskabine beginnt ihre langsame und schaukelnde Fahrt nach oben.  Ein paar techno-versierte Mitarbeiter druecken ungeduldig auf ein paar Knoepfe, als der Fahrstuhl das erste Mal steckenbleibt, aber sie geben's bald wieder auf.  Nach dem ersten Stockwerk lockere ich unauffaellig meinen Hemdkragen und wische nicht vorhandenen Schweiss von meiner bleichen Hacker-Stirne.  Nach dem zweiten Stockwerk gebe ich unterdrueckte Wuergelaute von mir, schlucke angestrengt und blicke mich verzweifelt um. Den mir zunaechst stehenden Fahrgaesten schwant Uebles und sie versuchen aus der drohenden Schusslinie zu kommen; aber der Aufzug ist immer noch zu dicht gepackt. 

Nach dem dritten Stockwerk draenge ich mich rigoros in die naechste Ecke, reisse die Tuete mit thailaendischem Nudelsalat aus der Jackentasche und beuge mich wuergend und krampfgeschuettelt darueber. Als ich wieder aufblicke, sehe ich erschoepft die vielen mitleidigen und mitfuehlenden Gesichter meiner Mitreisenden.  Nach dem vierten Stock verwandelt sich das allgemeine Mitgefuehl in blankes Entsetzen, als ich eine Plastikgabel aus der Tasche ziehe und beginne, mit Genuss den thailaendischen Nudelsalat aus der Tuete zu essen.  Ab dem fuenften Stock muss ICH schauen, dass ich aus den vielen Schusslinien komme...  Schaetze, der Aufzug ist mal wieder reif fuer eine gruendliche Generalueberholung; ein neuer Teppichbelag koennte auch nicht schaden...  Nach dieser netten kleinen Einlage gehe ich beschwingt in Gingers Buero und versuche zum fuenfhundertfuenfundfuenzigsten Mal, sie zu einem Abendessen zu ueberreden. Ginger streift mich mit ihrem typischen unterkuehlten Blick und gibt ihre Standardantwort, sie sei 'single', aber nicht 'desperate'. Dann fragt sie, was ich da Scheussliches in der Plastiktuete habe.  Ich erklaere laessig, dass ich soeben ein wichtiges und hochinteressantes sozio-dynamisches Psycho-Assoziations-Experiment unter vertikal-kinetischen Bedingungen durchgefuehrt habe und dass diese Plastiktuete das entscheidende gastro-eruptive Provokations-Corpus darstelle.  Ginger guckt mich mit ihren kuehlen blauen Augen an und verzieht kaum merklich den linken Mundwinkel nach unten. Irgendwie kommt mir diese Geste verdammt bekannt vor, aber woher? Dann meint sie, dass auch sie sich wahnsinnig fuer gastro-eruptive Provokations-Experimente  interessieren wuerde, und ob wir nicht zusammen heute abend im Cable Car nach North Beach fahren wollten... 

Teil 20

TEIL 22

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  22 Teil 21

B.A.f.H.O. 22

TEIL 23

Ich sitze in meinem Buero und lecke meine Wunden.  Nein, wirklich! Nicht nur im uebertragenen Sinne! Kaum zu glauben, wie schwer es ist, mit der Zunge an die Fusssohlen zu kommen...  Spass beiseite! Ich habe mich von unseren Super-Sportler Ron ueberreden lassen, ihn uebers Wochenende auf eine 'Backpack-Tour' zu begleiten.  Nachdem wir uns 6-einhalb Stunden lang mit Rons uralten Pickup durch diverse Staus und sonnendurchgluehte Wuestenlandschaften gewuehlt haben, stellt sich heraus dass 'Packpack' nicht etwa 'Packesel-Trupp' bedeutet (wie ich angenommen hatte), sondern dass man den unglaublich schweren Rucksack selber durch die Gegend tragen muss - und zudem auch noch  bergauf!!!  Unter diesen Umstaenden beschliesse ich, das Funk-Modem und die Ersatz-Akkus lieber im Auto zu lassen. Mit saeuerlicher Miene packe ich also nur meinen Laptop und die 15 gefrorenen Pizzen (die sich schon recht schwammig anfuehlen) in meinen Rucksack, und folge Ron auf dem kaum erkennbaren schmalen Weg in einen engen Canyon hinein, den ich in einem anstaendigen Video-Game niemals betreten wuerde: er schaut aus.wie geschaffen fuer einen Hinterhalt!  Wie um meine schlimmsten Befuerchtungen zu bestaetigen trete ich nach kaum 200 Metern auf einen weichen Ast, der sich ploetzlich kringelt und ein Schnarren von sich gibt, das wie von einem zu langsam eingestellten Akustik-Modem klingt. Ron reisst mich so heftig am Arm zurueck, dass ich beinahe in die Schlucht stuerze, und als ich mich beschwere, faehrt er mich auch noch unfreundlich an, ob ich denn noch nie eine 'rattle snake' gesehen haette und ob ich immer wie ein Blinder durch die Gegend laufen wuerde. Also stecke ich gehorsam meine supercoole Sonnenbrille (97% Filter) in die Tasche und kneife die Augen zusammen. Normalerweise sind meine Augen nur auf die Leuchtkraft meines Farbdisplays adaptiert.  Am abend, als wir endlich an unserem 'camp' ankommen - fuer mich schaut der staubige Platz genauso aus wie alle anderen staubigen Plaetze, die wir in den letzten 5 Stunden passiert haben - habe ich zwei Bienen- und unzaehlige

Moskitostiche, einen Sonnenbrand auf der Nase, Blasen an allen zwei Fuessen und meine Schultern spuere ich schon lange nicht mehr. Meine Stimmung sinkt auf den Nullpunkt, als ich entdecke, dass ich die Zugangs-Code-Tabelle fuer City2000 im Auto habe liegenlassen. Ausserdem sind die 15 gefrorenen Pizzen in halbfluessigen Zustand uebergegangen und Ron weiss nicht, wo der naechste Mikrowellenherd zu finden ist. (Oder er will es mir nicht sagen; auf meine Frage hin schnaubt er nur veraechtlich!)  Die Daemmerung bricht herein (jetzt weiss ich endlich, woher dieser Ausdruck kommt!), als ob jemand den Lichtschalter gedrueckt haette. Ron kocht im Schein meines Laptop-Displays Vollkorn-Nudeln und gibt zaehneknirschend zu, dass das 'Ding' doch zu etwas gut sein kann.  Kaum sind wir in unseren Schlafsaecken und versuchen vergeblich eine halbwegs annehmbare Liegestellung auf den harten Isomatten zu finden, als aus der Richtung unseres Essplatzes verdaechtige Geraeusche erklingen. Schnaufen, Rascheln, Wetzen und - Brummen! Meister Petz will sich an unseren aufgehaengten Delikatessen guetlich tun. Wenn er wuesste, dass es sich dabei nur um trockene Vollkorn-Nudeln und aufgetaute Pizzen handelt, wuerde er es vielleicht bleiben lassen. Ich will Ron gerade vorschlagen, dem Baer die Vollkorn-Nudeln zu ueberlassen und morgen zu einen MacDonalds zu fahren, aber Ron hoert mir gar nicht zu. Er nestelt sich fieberhaft aus seinem Schlafsack und rennt zu unserer Feuerstelle. Gleich darauf hoere ich ihn wie wild mit der Taschenlampe auf unserem Kochtopf herumtrommeln.  Da ich von Geburt gesellig bin, schaele ich mich auch aus dem Schlafsack und renne ebenfalls in Richtung Feuerplatz. Im Dunkeln pralle ich in ein sehr grosses, pelziges Etwas. Der Baer! denke ich entsetzt, und bereite mich darauf vor, meine Haut moeglichst teuer zu verkaufen. Aber das pelzige Wesen ruft "Ouch!", und es ist nur Ron in seiner Winterjacke, dem ich gerade zielsicher einen Faustschlag aufs rechte Auge versetzt habe.  Waehrend wir noch streiten, wer an dem kleinen Unfall Schuld ist, hoeren wir wie der Baer wieder zurueckkommt. Ron geht wieder hin und vertreibt ihn mit dem Kochtopf, waehrend ich auf das Zelt aufpassen darf. Die naechsten zwei Stunden taucht der Baer alle 8-einhalb Minuten wieder auf, und Ron rennt jedes Mal hin und vertreibt ihn mit dem Kochtopf. An Schlaf ist gar nicht zu denken! Wehmuetig denke ich an all die selig durchschlummerten Vormittage im Buero...  Als Ron zu sechzehnten Mal zur Baerenhatz aufbricht, gehe ich mit und nehme meinen Laptop mit. Der Baer - ein schwarzer Kerl mit heller Schnauze, gar nicht so gross wie ich ihn mir vorgestellt hatte - schnueffelt an der Stelle herum, wo Ron das Seil festgeknotet hat, mit dem wir unsere Nudeln und aufgetauten Pizzen auf den Baum gezogen haben. Ron vertreibt ihn mit dem Kochtopf, aber der Baer laeuft nur ein paar Meter und bleibt wieder stehen. Er weiss genau, dass wir irgendwann aufgeben werden. 

Ich stelle den Laptop genau unter den Knoten und starte 'MadMax' im 'demo play modus' mit voller Lautstaerke. Dann stellen wir uns hinter die Buesche und beobachten den Baeren.  Der Baer kommt naeher heran, schnueffelt und guckt interessiert auf das farbige Display. In dem Moment wird in 'MadMax' ein ekliges rotes Monster mit einer Panzerfaust in kleine Schleimspritzer zerfetzt. Der Baer wimmert entsetzt und flieht ins Gebuesch.  Ron und ich schlafen friedlich, bis die Sonne wieder eingeschaltet wird.  Am naechsten Morgen sind die Batterien von meinem Laptop natuerlich leer, und ich sehe keinen vernuenftigen Grund, noch weiter in so einer unzivilisierten Gegend ohne Strom- und Telefonanschluss zu verbleiben. Grosszuegig ueberlasse ich Ron die restlichen aufgetauten 14 Pizzen und mache mich auf den Rueckweg. Eine aeltere Lady nimmt mich in ihrem verrosteten Kombi mit und ich gebe ihr zum Ausgleich ein paar Tips wo sie sich fuer ihren veralteten OS/2 einen kostenlosen Netzzugang erschleichen kann. Beim naechsten MacDonalds steige ich aus und bringe sofort eine der Computerkassen zum Absturz - nur um sie sofort wieder zu 'reparieren'. Zum Dank stopfen sie mich mit ihrem herrlichem junk food voll. Waehrend ich mich mit fetttriefenden Pommes und Cola vollstopfe,  lerne ich einen Typen kennen, der auf seinem T-Shirt eine grosse schwarze '14000' hat. Er erklaert mir, dass er seit 12 Jahren nur BicMacs gegessen und ueber 14000 BicMac-Schachteln gesammelt habe.  Der Typ schaut wesentlich gesuender aus als Ron. 

Teil 21

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Teil 22

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TEIL 24

Ich bastele gerade an einer Windoofs-Erweiterung, die die zuletzt getippten Zeichen nach einem Zufallsschema wiederholt, als mein alter Netzfreund Mobo aus Bill-Gates-Country anruft und fragt, ob ich ihn nicht fuer ein paar Stunden an der Hotline vertreten koenne. Da ich im Moment zufaellig nix zu tun habe (da war schon wieder ein Witz, Leute!) und die Kantine dort drueben einen guten Ruf hat, schwinge ich mich in meinen mintgruenen Mustang und kurve hinueber zum Microsoft-Gebaeude in Albany. Mobo erklaert mir in 13 Sekunden, wie die Telefon-Dispatcher

funktionieren, und haut mit seiner neuesten Flamme zum 'Kaffeetrinken' ab.

Ich habe kaum die aktuelle Ausgabe von WIRED aufgeschlagen, da summt

auch schon das erste Gespraech herein.

Ein Dreiviertel-Geek ist dran und beschwert sich, dass sein Rechner so lahm

sei.

"Bitte sagen Sie mir zuallererst, welche Windoofs-Version Sie benutzen",

leiere ich herunter - genauso wie es auf dem Hotline-Formular

vorgeschrieben ist. Mobo waere stolz auf mich. Dann allerdings mache ich

nach meiner eigenen Methode weiter.

"Haengt die Boot-Platte an einem SCSI-Bus?" frage ich moeglichst

professionell.

"J...ja, klar", sagt er etwas unsicher.

"Hmm, schaut mir ganz so aus, als ob da der Flaschenhals liege", sage ich

sorgenvoll. "Wissen Sie, bei den modernen Buskabeln sind die Adern so

eng zusammen, dass im SCSI-Bus im Prinzip nur noch Stehplaetze frei

sind..."

"Haeaeh? Stehplaetze...?"

"War nur ein kleiner Scherz", sage ich.

"Ach so!" sagt er. "Haha! Stehplaetze ist gut..."

"Tatsache ist aber, dass durch die zu eng gefuehrten Adern in den neuen

Buskabeln die elektromagnetische Abstossung der Elektronen so gross

werden kann, dass die  Datenuebertragung behindert wird."

"Oh!" sagt er. "Was kann man da machen...?"

"Ganz einfach: Sie muessen die zu eng liegenden Adern wieder

auseinanderspreizen. Passen Sie auf: Sie bauen jetzt saemtliche SCSI-Kabel

in Ihrem Rechner aus... Sie wissen doch, wie man das macht, oder?"

Beleidigt versichert er mir, dass er staendig etwas in seinem Rechner aus-

oder einbaue. Kein Wunder also...

"Gut", sage ich, "Sie bauen also das ganze Bus-Kabel aus und schneiden mit

einem sehr scharfen Messer - am besten mit einer Rasierklinge - die

einzelnen Adern des Kabels auseinander. Ganz einfach. Dann bauen Sie das

Kabel wieder ein, und voila - es gibt keinen Flaschenhals mehr."

Er sagt mir begeistert, dass er eine Rasierklinge da habe und sofort mit der

Operation beginnen werde.

Die naechste Anruferin versucht Daten nach Brasilien zu uebertragen.

"Ich versuche es jetzt schon zum dritten Mal", mault sie, "aber die

Verbindung troepfelt nur so dahin..."

"Hmm, ja...", sage ich und klappere munter mit der Tastatur, damit es so

klingt, als ob ich tatsaechlich die Verbindung pruefen wuerde. "Das muss an

der Coriolis-Kraft liegen."

Heute habe ich anscheinend meinen physikalischen Tag...

"Huh???"

"Coriolis-Kraft. Noch nie gehoert? Die Kraft, die einem vom Kurs abbringt,

wenn man sich von Nord nach Sued bewegt. Schaetze, Ihre Datenpakete

werden einfach zu sehr an den Rand des Leiters gedraengt und dort gibt es

wegen des Skin-Effekts bei hohen Datenraten einen hoeheren komplexen

Widerstand..."

Ich bin heute wirklich ungewoehnlich gut drauf; anscheinend meint das

auch die Anruferin:

"Oh. Ah... So... Und was kann man da tun...?

"Vermeiden Sie einfach die langen Nord-Sued-Strecken. Schicken sie Ihre

Daten erst nach British-Kongo und dann von dort nach Brasilien."

Das leuchtet ihr sofort ein:

"Natuerlich! Dass ich da nicht selber draufgekommen bin..."

Abgesehen davon, dass British-Kongo meines Wissens nicht existiert und

wenn es denn existierte, bestimmt keinen Internet-Zugang haette, soll sie

damit gluecklich werden.

Nach drei weiteren Jerks, die wieder mal die 'Any-Taste' auf ihrem

Keyboard vermissen (ich empfehle allen dreien, sich im

Second-Hand-Laden nach einer Windows-92-Tastatur umzuschauen!),

meldet sich der typische Heimwerker-Hardware-Spezialist. Er hat auf

eigene Faust eine neue Festplatte gekauft und eingebaut. Natuerlich

funktioniert sie nicht:

"Beim Einschalten laeuft die Platte nur kurz an und bleibt dann wieder

stehen..."

"Sososo...", sage ich, "hm... wie klingt denn das Anlaufen: eher wie ein

langsames 'Pfoooooaaaaauuuuueeeeeeiiiiiiiiiiii' oder eher wie 'Ssssseeeeiiiiii

- prattprattprattt - diiiiiiiiihhhhhh'..." "Aeh... ich weiss nicht so recht..."

"Oder klingt es vielleicht gleich von Anfang an wie 'Scrtchscrtchscrtch ­

poettpoettpoett - boehh'?"

"Also, ich denke mal, am ehesten noch wie das erste", sagt er voellig

verwirrt.

"Pfoooooaaaaauuuuueeeeeeiiiiiiiiiiii? Hm, was steht denn auf dem Label der

Platte?"

"Aeh... Moment... PT342/AU89-..."

"Sagten Sie 'AU'?" unterbreche ich ihn.

"Ja..."

"Alles klar: das kann ja nicht funktionieren; die Platte dreht verkehrt

herum."

"Haeh?"

"Die Platte ist fuer den Export nach Australien bestimmt. Auf der

suedlichen Hemisphaere ist alles genau spiegelverkehrt, das wissen Sie

doch, oder? Die Autos fahren links, die Sonne und der Mond stehen im

Norden, das abfliessenden Wasser dreht sich anders herum - deshalb drehen

natuerlich auch die Festplatten da unten mit dem Uhrzeigersinn, statt gegen

den Uhrzeigersinn wie hier."

"Aber..."

"Was meinen Sie, was da fuer enorme Scherkraefte entstehen, wenn man so

ein Ding auf der noerdlichen Halbkugel betreibt. Natuerlich sind dann alle

Magnetkoepfe dejustiert..."

"Oh."

Mit anderen Worten: ANTI-ENGINEERING-MODE ON

"Wenn Sie die Platte nicht zurueckbringen wollen, bleibt uns nur eine

logische Loesung... na?"

10 Sekunden Denkpause.

"Den Computer auf den Kopf stellen?" mutmasst er vorsichtig.

"BINGO! Wenn es dann immer noch nicht funktioniert, rufen Sie gleich bei

dem Laden an, der Ihnen das Ding angedreht hat, und machen denen die

Hoelle heiss!"

Sonst ruft er am Ende in 20 Minuten noch mal hier bei mir an!

"Sagen Sie denen am besten, dass nicht alle ihre Kunden totale

Analphabeten sind und dass Sie sehr wohl ein 'US' von einem 'AU'

unterscheiden koennen. Man kann sich ja schliesslich nicht alles bieten

lassen!"

Er verspricht in kaempferischen Ton, dass er das auf jeden Fall machen

werde.

Na, schoen. Schade, dass ich das Gesicht des Verkaeufer nicht sehen kann.

Dann wird mir langweilig, und Mobo ist immer noch nicht vom

'Kaffeetrinken' zurueck. Ich gehe in den Rechner der das Dispatchen steuert

- Mobo hat bequemerweise das Superuser-Passwort an seinem Display haengen - und aendere das Programm so, dass es in unregelmaessigen Abstaenden zwei Dispatcher miteinander verbindet. Per Konferenzschaltung

klemme ich mich auch noch in die Leitung um mitzuhoeren:

Dispatcher 18: "Microsoft PC Hotline. Mein Name ist Dave. Wie kann ich

Ihnen helfen?"

Dispatcher 7: "Microsoft PC Hot... Aeh, was?"

"Ich sagte: Microsoft PC Hotline. Mein Name ist Dave. Wie..."

"Aber... aber hier ist doch die Microsoft PC Hotline..."

"Ja, natuerlich. Ich sagte ja bereits: Microsoft PC Hotline. Mein Name ist..."

"Neinneinneinnein... ich meine... ich wollte sagen, HIER bei mir ist die

Microsoft PC Hotline! Aeh.... und meine Name ist John!"

Schweigen in der Leitung. In den beiden Gehirnen der Consultants passiert

jetzt folgendes: Es ist eine Situation entstanden, fuer die es nur sehr

unwahrscheinliche Erklaerungsmodelle gibt - z.B. dass irgendein Idiot sich

in das Dispatch-System gehackt und die beiden Leitungen verbunden hat.

Da menschliche Gehirne nach statistischen Bewertungen vorgehen, wird

diese Loesung zusammen mit vielen anderen (z.B. dass der Mond aus

gruenen Kaese ist) verworfen. Nachdem beide Gehirne Dave und John zur

gleichen Schlussfolgerung gelangt sind, naemlich dass eine Situation

vorliegt, die es eigentlich nicht geben duerfte (zumindest nicht im

Bill-Gates-Country!), machen sie das einzig Vernuenftige: partieller

System-Reset in beiden Grosshirnhaelften:

Dispatcher 7: "Microsoft PC Hotline. Mein Name ist John. Wie kann...

aeh..."

Dispatcher 18: "Microsoft PC Hotline. Mein Name ist Dave. Wie kann...

aeh..."

"..."

"John? John, bist du das?"

"Natuerlich bin ich das. Warum zum Teufel rufst du die Hotline an, Dave!"

"Aber ich habe die Hotline nicht angerufen. Du hast doch bei mir... ich

glaube wir haben ein Problem..."

"Ja? Bitte sagen Sie mir zuallererst, welche Windows-Vers..."

"John! Lass doch den Quatsch!!!"

"Oh... Ok."

"Im System muss ein Bug sein. Es hat aus Versehen zwei

Dispatcher-Plaetze vermittelt..."

"Oh Gott! Weisst du was das bedeutet? Wir muessen ein internes trouble

ticket erstellen. Vier Kopien an den Leiter vom Dienst, den Abteilungsleiter,

den Schulungsleiter und an die Entwickler..."

"John?"

"Ja?"

"Am besten vergessen wir das Ganze..."

"Mein' ich auch", seufzt John erleichtert auf.

Die Verbindung wird unterbrochen, und natuerlich baue ich sie sofort

wieder auf.

"Microsoft PC Hotline. Mein Name ist Dave/John..."

"John! Mach' dass du aus meiner Leitung kommst!"

"Was soll das heissen. DU Hast doch schon wieder angerufen..."

An diesem Punkt verlasse ich die Konferenzschaltung und schicke eine anonyme email an den Leiter vom Dienst mit dem Inhalt, dass zwei Dispatcher es geschafft haben das System zu hacken und auf diese Weise stundenlange Privatgespraeche fuehren. Dann leite ich meinen Dispatch-Platz auf die Apple-Hotline um und gehe nach Hause. 

Teil 22

TEIL 24

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TEIL 25

  ARNUNG W In der folgenden Geschichte kommen Begriffe und Namen vor, die nicht fuer jede Leserschaft geeignet sind. Insbesondere empfehlen wir allen Gourmets und Freunden guter Esskultur, die GROSS gedruckten Teile zu ueberspringen oder wenigstens rasch zu ueberlesen. Dem Konsum dieser Seiten vor dem Abendessen ist abzuraten!  Ich nehme einen tiefen Schluck aus der eisgekuehlten Buechse und lehne mich

wohlig zurueck. Seit drei Tagen streikt die B.A.R.T. ('Bay Area Rapid Transit'),

und die Chefin hat aus diesem Grunde allen Mitarbeitern erlaubt, vorlaeufig

von zu Hause aus zu arbeiten. 'Telecomuting' nennt man das hier. Ich wuerde es

bezahlten Urlaub nennen. 

Es war kein besonderes Kunststueck, ein kleines Programm zu schreiben, das

sich in unregelmaessigen Abstaenden am Institut einloggt und das System

etwas durcheinanderbringt. Oberflaechlich gesehen schaut das so aus, als ob ich

eifrig an der Arbeit waere. In Wirklichkeit sitze ich hier am Strand und

betrachte mit halb geschlossenen Augen die neueste kalifornische Strandmode.

Ein Liegestuhl, eine schicke Sonnenbrille und ein riesiger Cooler voller Sodas:

was braucht ein gestresster Systemadministrator mehr, frage ich. 

Ich nehme noch einen tiefen Schluck. 

"Das ist aber extrem ungesund, was du da machst, weisst du!" 

Ich blinzele angestrengt nach schraeg rechts hinten. Da sitzen zwei Maedels

und beobachten mich kritischen Blickes. Die eine hat duenne lange blonde

Haare, die nach Hennafaerbung aussehen, eine spitze Nase mit

Sommersprossen und ein indisch angehauchtes Outfit. Die andere ist

dunkelhaarig und kaesebleich - wie schafft man es in Kalifornien so bleich zu

bleiben? - und traegt einen Leopardenfell-Bikini. Beide sind erstaunlich duerr

und irgendwo in den Dreissigern. Schaetze ich zumindest; genau kann das

heute niemand mehr sagen. 

"Wie bitte?" frage ich hoeflich. 

"Das ist EXTREM ungesund", wiederholt die schwarzhaarige im Leopardenfell

und deutet auf die Buechse Cola Light, "so'n kaltes Zeug in sich

hineinzuschuetten..." 

"... weisst du", fuegt die andere hinzu. 

Ich schaue verdutzt auf die leere Buechse und suche nach einer coolen

Antwort: 

"Oooops!" sage ich. "Wo kommt die denn her?" 

Aber das Ablenkungsmanoever wird ignoriert. 

"Es ist ganz, ganz schaedlich, kalte Fluessigkeiten zu trinken", doziert die

indische Blonde. "Weisst du, in deinem Bauch ist ein grosses

VERDAUUNGSFEUER und das wird durch das kalte Wasser

GESCHWAeCHT..." 

"Aha", sage ich, "und was tut ihr gegen den Durst? Feuerschlucken?" 

Diese ignorante Bemerkung handelt mir nur zwei Blicke, Marke

'Was-gibt-es-doch-fuer-dumme-Menschen', ein. 

"Man trinkt natuerlich heisses Wasser", erklaert die Blonde wuerdevoll. 

"Bei vierzig Grad im Schatten?" frage ich, von der Radikalitaet dieser

Vorstellung unwillkuerlich fasziniert. 

"Immer!" bekraeftigt die Leopardin, und wie um ihre Behauptung zu

untermauern, holt sie eine grosse Thermosflasche aus ihrer Strandtasche und

giesst sich und ihrer Gefaehrtin zwei Becher dampfender Fluessigkeit ein. Die

beiden schuetten auf ex. 

"Weifft du, wenn daf groffe VERDAUUNGFFEUER gefwaecht wird, bleiben

Verdauungsrueckftaende im gantfen Koerper", erklaert die Blonde weiter.

Anscheinend hat sie sich die Zunge verbrannt. "Auferdem fmeckt ef beffer,

wenn ef tfehn Minuten gekocht hat." 

"Dann werden die ganzen schaedlichen Rueckstaende nach draussen

geschwemmt", bestaetigt die Leopardin. "Aber noch besser ist natuerlich

LEVITATIONSWASSER..." 

"Natuerlich", sage ich und hole mir noch eine eiskalte Cola aus meinem

Cooler. 

Die beiden Maedels betrachten mich ungefaehr so, wie normale Menschen

einen Japaner beim Harakiri beobachten wuerden. 

"LEVITATIONSWASSER ist von allen Erdstrahlen gereinigt", faengt die

Dunkle nach zwei Minuten wieder an. "Aber natuerlich ist es viel zu teuer - 12

Dollars die Gallone..." 

"Klar", sage ich. 

Die Blonde holt zwei unappetitlich verklebte Plastik-Container aus ihrer

Tasche. Darin gluckert es schmierig-weisslich. Dazu wickelt sie gruenbraune

Fladen, die mich stark an die Verdauungsendprodukte bestimmter

domestizierter Wiederkaeuer erinnern, aus fleckig-braunem Packpapier. 

"Und was  ist das?" frage ich interessiert. 

"INDISCHER LASSI und KARTOFFELSALAT MIT YOGHURTSOSSE

UND FRISCHEM KORIANDER. Mit REINEN BIOKARTOFFELN", erklaert

die Leopardin stolz. "Dazu  GRUeNKORNPLAeTZCHEN mit

BUeFFELGRASEXTRAKT. Und echte BIOAePFEL!"  Die verschrumpelten, braunen BIOAePFEL schauen eher aus wie gewisse andere Aepfel - naja, auch in gewisser Weise Bioaepfel.  "Und das Einwickelpapier ist aus recycle-ten Klopapierrollen", fuege ich hinzu.  Die beiden gucken verbluefft; erst auf mich, dann auf das grobe Packpapier.  "Woher weisst du das denn?" fragt die Dunkle.  Ich hatte nur geraten.  "Ausserdem seid ihr beide aus Berkeley, ihr geht einmal oder zweimal in der Woche zur Meditation und habt einen Greenpeace-Sticker hinten auf dem Auto. Fleisch kennt ihr nur aus der Werbung und Alkohol ist natuerlich Gift."  Die beiden gucken noch mehr. Bevor sie sich noch erholen koennen, hole ich meinen Organizer heraus und lasse ihn ein paarmal piepsen. Dann 'scanne' ich die beiden mit den Organizer, so richtig professionell a la Dr. Crusher von der Enterprise, und schaue stirnrunzelnd aufs Display.  "Na, dann schauen wir mal... Tststs", sage ich sorgenvoll und schuettele den Kopf. "Deutlich angehobene Hydrogen-Ionen-Konzentration in den unteren Extremitaeten und dazu noch ueberhoehte Temperatur in vorderen Cerebral-Hyper-Kortex-Lappen. Alles eine Folge des uebermaessigen Konsums von heissen Wassers, vermute ich.... Und, was haben wir denn da?"  Der Organizer piepst wieder bedrohlich um den Bauchnabel der Leopardin herum.  "Ganz offensichtlich Spuren von Schwermetallen, Cadmium, Blei, alles da, wunderbar eingebettet in unverdaute Huelsenfruechte... Popopopo... hier: Applekokken und Birnenkokken... Ich an eurer Stelle wuerde das ja nicht so lassen..."  Die beiden schauen entsetzt auf ihre mageren Baeuchlein.  "Oh Gott! Aber... aber, was kann man denn da machen..."  Ich ueberlege einen Moment.  "Als erstes wuerde ich mal was gegen die zu hohe Koerpertemperatur unternehmen: am besten jeder einen Liter eiskaltes Cola - da hinten beim Lifeguard ist eine Verkaufsbude. Dann irgendwas, damit die unverdauten Huelsenfruechte gleich wieder ausgetrieben werden. Wie waers mit ein, zwei richtig schweren Hamburgern, mit moeglichst viel Pommes und Catsup - das Fett ummantelt hoffentlich die Schwermetalle und verhindert ein Uebertreten in die Blutbahn... Danach wuerde ich, nur um ganz sicher zu gehen, ein kaltes Bad empfehlen - das unterbricht hoffentlich die Teilung der Applekokken restlos und senkt zusaetzlich die Temperatur."  Vorhin habe ich gesehen, dass das Wasser heute nur 15 Grad hat. Wohl bekomm's! 

Teil 23

TEIL 25

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B.A.f.H.O. 25

TEIL 26

Ich spiele mit meinem Kollegen Herbert 'Windoofs Versenken'. Herbert ist Systemadministrator im Rechenzentrum einer groesseren deutschen Bank und passt auf die veralteten Minis auf, die staendig Millionen unterschlagener Steuergelder um den Globus schieben, damit das Finanzamt sie nicht so leicht aufspueren kann. Naturgemaess langweilt er sich in seinem Job zu Tode - genau wie ich. Also spielen wir 'Windoofs Versenken', um die Zeit totzuschlagen... --Aha! Dacht' ich's mir doch, dass jetzt alle wissen wollen, wie die Spielregeln sind! Also, bitte alle Windoofs-Nutzer jetzt mal kurz weghoeren... 'Windoofs Versenken' funktioniert ganz analog zum traditionellen 'Schiffe Versenken' (das, nebenbei bemerkt, von einem roemischen B.C.f.H. (Bastard Captain from Hell) waehrend des ersten punischen Kriegs erfunden wurde). Das Spielfeld ist das gesamte Internet, und - im Gegensatz zum 'Schiffe Versenken' - ist es egal, welche Windoofs-Rechner man abschiesst. Jeder Rechner, der 'haengt', gibt einen Punkt; jeder ge-bootete Rechner zaehlt zwei Punkte. Es gibt keine Begrenzung in der Zahl der Mitspieler. Im Gegenteil:  das Spiel wird desto besser, je mehr sich dran beteiligen. Der Spieler, der gerade am Zug ist, gibt ueber chat eine IP-Adresse an die anderen Spieler durch, den sogenannten 'target host'. Dann hat er drei Minuten Zeit den 'target host' abzuschiessen. Die anderen Mitspieler ueberzeugen sich durch 'ping', dass das Opfer wirklich weidgerecht erledigt wurde, und der Spieler bekommt seine Punkte auf einer extra dafuer eingerichteten 'score page' eingetragen. Dann kommt der naechste Spieler, und so weiter und so fort. Die Kunst besteht weniger darin, die Windoofs-Rechner zu killen (korruptes ICMP genuegt normalerweise!), als vielmehr sie im Netz aufzuspueren. Nach sechs bis sieben Stunden Spielzeit sind die meisten ueblichen PC-Labors abgegrast (ich vergass zu sagen, dass man natuerlich jeden 'target host' nur einmal killen darf; auf der 'score page' wird eine entsprechende Liste gefuehrt), und es wird immer trickreicher, die Dinger

hinter den 'fire walls' der Firmen aufzuspueren. Erlaubt sind auch sogenannte Salven. Das bedeutet, dass der Spieler mit einem einzigen Schuss eine ganze Gruppe von vernetzten Windoofs-Rechner versenkt. Das geht nur, wenn man ueber die Vernetzung genau Bescheid weiss: man killt einen Rechner; der killt beim Hochfahren den naechsten, und so fort. Fuer erfolgreiche Salven mit mehr als fuenf ge-booteten Windoofs-Rechnern erhaelt man zusaetzlich einen Bonuspunkt. Die Leute denken immer, dass Windoofs-Rechner deshalb so haeufig abstuerzen, weil das Betriebssystem Sch.... ist . Jetzt wisst ihr den wahren Grund! Im Moment fuehre ich mit 7567 Punkten vor Herbert, der mir mit 7523 knapp auf den Fersen ist. In den Microsoft Hotlines laufen jetzt sicher wieder mal die Telefone heiss. Die Dispatcher sollten mir dankbar sein! Ich sorge dafuer, dass sie ihren Job nicht verlieren! --Ihr wollt noch mehr lustige Gesellschaftsspielchen kennenlernen? Na gut. Manchmal spiele ich auch  'Avalanche'. Das ist eher was fuer einen Spieler, so aehnlich wie Solitaire: 'Avalanche' koennt ihr noch gar nicht kennen (nicht mal die echten Freaks unter euch!), weil ich es erst vor ein paar Tagen erfunden habe. Es ist ganz einfach: man sucht sich eine unmoderierte Mailingliste mit mindestens 1000 Mitgliedern und schickt irgendeine saubloede Mail an den Reflektor. Zum Beispiel: "... und dann moechte ich noch sagen, dass ich die letzte Mail von dem und dem A........ ueberhaupt nicht kapiert habe. Da kommen lauter komische Ausdruecke drin vor und so. Ach ja, und dann wollte ich noch sagen, dass ich im Keller noch eine halbwegs funktionstuechtige Waescheschleuder habe, und die wuerde ich gerne verkaufen, und wer Interesse daran hat, der soll mir doch bitte auf dieser Liste antworten. Ausserdem hat meine Grossmutter letzte Woche..." ... und so weiter. Also moeglichst bloedsinniges Zeug, das jedem halbwegs normalem Leser die Nackenhaare zu Berge stehen laesst, und er sich zum hunderttausendsten Male fragt, warum er sich diesen Schwachsinn eigentlich antut. Diese Mail ist sozusagen der Schneeball, der die 'Avalanche' anstoesst. Was jetzt passiert, ist folgendes (und wieder mal ein wunderbares Beispiel fuer die Psychologie der grossen Masse!): Von den 1000 Empfaengern schmeissen 970 die Mail achselzuckend in den Muelleimer. Die restlichen dreissig gehoeren zu der Gattung Mensch, die nie etwas

kommentarlos hinnehmen koennen. Zum Glueck ist diese besondere Sorte Mensch im Internet noch haeufiger vertreten als sonst. Diese dreissig schicken also alle ein geharnischtes 'flaming' zurueck an den Absender der bloedsinnigen Mail, also an mich. Rein statistisch gesehen sind unter dreissig Sendern garantiert mindestens drei dabei, die nicht darauf achten, dass ich als Reply-Adresse nicht meine eigene Email, sondern die der Mailing-Liste eingetragen hatte. Also gehen die huebschen 'flamings' wieder an alle 1000 Empfaenger der Liste. Die wiederum sind sowieso schon leicht genervt ueber all die unnoetigen Mails, also finden sich logischerweise diesmal ueber 100, die einen abfaelligen Kommentar zurueckschicken - meistens von der Art: 'Stoppt diesem Bloedsinn!!!' oder 'Ich will runter von dieser Sch.... Liste!!!'. Und natuerlich sind wieder 10% statistische Idioten dabei, die das ganze wieder an die ganze Liste schicken, und so weiter und so fort! In Null-Komma-Nix hat man ein paar tausend Emails voller Beleidigungen und Morddrohungen, die kreuz und quer ueber durch das Netz huschen: die 'Avalanche' ist in voller Fahrt und nicht kann sie aufhalten! Gewoehnlich flaut die Aktivitaet dann nach ein paar Tagen wieder ab, weil die Leute von den vielen Mails zu erschoepft sind, um nochmal den Reply-Knopf zu druecken - die 'Avalanche' laeuft langsam aus. (Wer es bis jetzt noch nicht kapiert hat: 'Avalanche' bedeutet schlicht und einfach 'Lawine'.) Das Schoene an diesem Spielchen ist, dass - wie bei einer echten Lawine ­ nichts, aber auch gar nichts dagegen unternommen werden kann. Die einzige Methode waere ja die, dass auf den ersten 'Schneeball' einfach niemand antwortet. Das widerspricht aber so grundsaetzlich dem menschlichen Naturell (statistisch gesehen!), dass es praktisch niemals vorkommt! Haehaehae...

Teil 24

TEIL 26

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  26 Teil 25

B.A.f.H.O. 26

TEIL 27

 Ich arbeite gerade an einer verbesserten Version von WinWord, die bei jedem fuenften Abspeichern die Bytes rueckwaerts in die Datei schreibt, als etwas heftig gegen meine verschlossene Tuer bumpert. Normalerweise stelle ich mich in solchen Faellen (also wenn ich an wirklich lebenswichtigen Dingen arbeite und keine Ablenkung gebrauchen kann) einfach tot. Wenn man mich spaeter zur Rede stellt, sage ich, ich haette es fuer ein Erdbeben gehalten und waere wie vorgeschrieben unter den Tisch gekrochen. Kurz darauf hoert das Bumpern auf und Schritte entfernen sich in Richtung PC-Labor. Ich logge mich auf einem PC dort ein und aktiviere das angeschlossene Micro. Kein Mensch scheint sich darueber im Klaren zu sein, dass es ein Kinderspiel ist, einen Raum abzuhoeren, in dem sich ein vernetzter PC mit einem angeschlossenen Mikro befindet. Und dank Bill Gates sind in den meisten Windoofs-Rechnern sogar schon Mikros fest eingebaut, die jederzeit aktiviert werden koennen! Vor kurzem erst hat ein Kollege von mir in der Zeitschrift 'Hacker's Havoc' einen neuen Virus-Typen vorgestellt. Der Virus verbreitet sich ueber die uebliche raubkopierte Software im Internet und versucht auf jedem befallenen Rechner das angeschlossenen Mikro zu aktivieren. Die abgehoerte Sprache wird dann entweder uebers Netz direkt an den Mutter-Rechner uebertragen oder, wenn auf dem befallenen Rechner ein Diktiersystem a la Voice Type installiert ist, zuerst verschriftet und dann verschickt. Ein spezielles Expertensystem auf dem Mutter-Rechner sortiert die eingehenden Texte und macht Vorschlaege, wen man wann mit welchen Aeusserungen wie hoch erpressen koennte... Aber das fuehrt jetzt wirklich zu weit! (Ausserdem habe ich schon mal von Kollegen einen Rueffel erhalten, dass ich hier die besten Tips einfach kostenlos verbreite!!!). Ich setze also meinen Kopfhoerer auf und lausche ins PC-Labor:

TÜRENKLAPP

"Und?"

"Der faule Kerl ist wieder mal nicht in seinem Buero..."

Fauler Kerl? Wer - ich??? - Ah-oh...

Ich checke rasch die Aktivitaet auf den PCs. Aha, es handelt sich um die User

'beck' und 'stroem', die da ungestraft ueber mich herziehen. Aber nicht mehr

lange...

Ich gabele die beiden Tastatur-Devices kreuzweise, so dass beck nun

zusaetzlich auf stroems Tastatur schreibt und umgekehrt. Dann lausche ich

wieder:

TASTATURGEKLAPPER...

...

HEFTIGES TASTATURGEKLAPPER...

...

HACK! HACK! HACK! ...

"Wwwwwas? Haeh? Ich versteh das nicht... Irgendein Idiot schreibt auf

meinen Bildschirm..."

"Was? Bei dir auch??? Da muss irgendein Frischling mal wieder beweisen,

dass er seine Ausgabe auf ein anderes X-Terminal umlenken kann. Na, warte,

wenn ich den erwische!"

"Warte mal. Vielleicht koennen wir rauskriegen, wer das Schwein ist, wenn

wir den Output beobachten..."

STILLE

"Komisch, bei mir kommt nix mehr..."

"Bei mir auch nicht. Vielleicht hat er's schon wieder aufgegeben..."

TASTATURGEKLAPPER...

"Da! Da ist das Arschloch wieder!"

"Bei mir auch! Schreibt er bei dir auch: 'Konvergenzkriterium'?"

"Haeh? Nein, bei mir schreibt er ... Moment Mal! Das habe ICH doch gerade

geschrieben!"

"Das ist aber ein komischer Text."

"Neinneinnein: Ich meine, ICH habe gerade 'Konvergenzkriterium'

geschrieben. Da steht es ja noch auf meinem Schirm..."

"Ach so? Dann hast ja DU..."

"Ich hab' ueberhaupt nix gemacht! Schreib du doch mal etwas..."

Ich unterbreche rasch die Verbindung zwischen den beiden PCs.

TASTATURGEKLAPPER...

"Nichts. Jetzt kommt gar nichts mehr..."

"Ich glaube immer noch, dass du dir nur einen bloeden Scherz erlaubt hast.

Unglaublich witzig!"

"Aber wenn ich dir sage..."

"Ach, halt die Klappe!"

TASTATURGEKLAPPER + FEINDSELIGES SCHWEIGEN

Ich verbinde die Outputs der beiden Maustreiber, und zwar so, dass sich die

XY-Vektoren addieren.

"Was ist jetzt schon wieder los? Mein Mauszeiger bewegt sich so zaeh..."

HEFTIGES GEGELÄUFIGES GESCHABE AUF DEN MOUSE PADS

"Gnnn, gnnnn! Warum bekomme ich die Maus nicht nach oben!!!"

"Ich bekomme sie nicht nach unten! Das ist doch schon wieder so eine bloede

Idee von dir! Hoer endlich auf mit dem Quatsch!!!"

"Wenn DU nicht endlich aufhoerst, mich grundlos zu verdaechtigen,

schmeiss' ich dir die Maus an deinen Hohlkopf!!!"

GETÜMMEL: TASTATUREN KRACHEN ZU BODEN, MÄUSE

QUIEKEN, HOHLKÖPFE DRÖHNEN...

" Momomomoment Mal! Moment!!!"

" Was?!"

"Ueberleg' doch mal: bei so einer Sache kann doch eigentlich nur ER

dahinterstecken!"

Ich schicke einen unendlich steilen Temperaturgradienten an unsere neue

computergestuetzte Klimaanlage, die sich daraufhin prompt ueberlaedt und

einen Kurzschluss in der Stromversorgung des PC-Labors ausloest. Damit ist

zumindest der aktuelle Speicherinhalt meiner beiden Helden beck und stroem

im Nirwana verschwunden. Ausserdem funktionieren ohne Strom die

Zugangskontrollen zum PC-Labor nicht mehr, so dass die beiden Laesterer da

drin im Dunkeln und ohne Luftzufuhr ausharren muessen, bis der

Hausmeister sie irgendwann befreit.

Da sich unser Hausmeister gerade um diese Zeit gewoehnlich in der Kneipe

gegenueber zusammen mit dem Wachmann vollaufen laesst, kann das eine

Weile dauern...

Teil 25

TEIL 27

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  27 Teil 26

B.A.f.H.O. 27

TEIL 28

 Nach einem laengeren Aufenthalt in Las Vegas - dienstlich natuerlich ­ komme ich erschoepft in mein Buero zurueck. Bevor ich noch ueberlegen kann, wo ich den teuflisch schweren Sack mit Spielgeld verstauen kann, so dass er nicht gleich jedem ins Auge faellt, klingelt auch schon wieder das verdammte Telefon.  Das hab' ich gern! Keine ruhige Minute in diesem Job!  Ich stopfe den Geldsack vorlaeufig in den Papierkorb und hebe ab.  "Hallo?"  "Ja, aeh... hier spricht... ach was, meine Name tut nichts zur Sache. Ich weiss nicht, ob ich hier ueberhaupt richtig bin..."  So was geht mir gegen den Strich! Erst harmlose, schwer beschaeftigte Leute stoeren, und dann nicht mal wissen, ob sie hier richtig sind! Ganz gegen mein sonstiges gutmuetiges Naturell (sic!) beschliesse ich, diesmal meinen Redebeitrag auf das Shannonsche Minimum zu druecken:  "Hm?"  "Ja, ich aeh.. ich bin eigentlich auf der Suche nach Herrn Leisch..."  "Hm."  "Weil, naemlich" faehrt der seltsame Kunde mit der oeligen Stimme nervoes fort, "der Max S." (Name von der Redaktion unterdrueckt) "der hat gesagt, ich solle doch mal den Leisch fragen in so einer Sache..."  "Hm?"  "In welcher Sache? Ja, aeh... hm... sind Sie denn  der Leisch?"  Normalerweise wuerde ich jetzt sagen, nein, hier sei das kardasianische Wasserwerk. Aber die fette Stimme klingt nach Geld! Deshalb bleibe ich dran:  "Mhm..."  "Ah, gut! Ausgezeichnet, dass ich Sie gleich erwische. Diese Ueberseegespraeche sind ja auch nicht gerade billig, was? Haha."  "Hmm!"  "Ja, genau. Also zur Sache... sind Sie auch sicher, dass niemand bei Ihnen

mithoert?!" 

"Mhm!" 

"Gut, also der Max hat gesagt, Sie haetten ihm ja auch geholfen mit... mit

seinem Laptop, und so. Sie wissen schon..." 

"Hm." 

"... und wie man jetzt gesehen hat, war das ja auch ein Glueck, nicht? 

Wenn dieser uebereifrige Kerl von der Staatsanwaltschaft da noch was auf

der Festplatte gefunden haette, waer's vielleicht boes' ausgegangen fuer den

Max S." (Name schon wieder von der Redaktion unterdrueckt) "und da hab'

ich mir gedacht, rufst du einfach mal an bei dem, der dem Max geholfen hat,

nicht wahr... 

"Hm." 

".. und bestellst auch gleich so einen Virus fuer deinen Laptop. Das kann ja

nie schaden, hab' ich mir gesagt, nicht wahr? Auch wenn es erstmal was

kostet. Das macht sich im Notfall schon bezahlt. Haha! Bezahlt ist gut, was?

Es ist ja ganz unglaublich, was man alles auf seinem Laptop einfach so mit

sich 'rumschleppt. Und dann kommt die Steuerfandung und... zack!... ist der

Kombjuda konfisziert, und man steht schoen bloed da... aeh... was kostet so

was eigentlich? Der Max hat gesagt...." 

"19 Riesen", sage ich. 

Schlucken in der Leitung. Die 19 Riesen sind natuerlich nur ein Testballon.

Wenn es sich um einen ernsthaften Steuerhinterzieher handelt, schreckt ihn

das bestimmt nicht ab. Bevor er sich von seinem Schreck erholen kann ­

Geldausgaben sind fuer solche Leute wie Magenschwinger bei anderen: es

bleibt ihnen erstmal die Luft weg - frage ich: 

"Ist ihr Laptop vernetzt?" 

"Aeh... nein. Ich dachte..." 

"Das ist sehr schlecht", sage ich bedauernd. "Das muessen Sie aendern.

Sonst koennen Sie spaeter schlecht erklaeren, wie der Virus auf Ihren

Laptop kam, ohne dass Sie die entsprechenden verseuchten Disketten

vorzeigen koennen. Dem Max hat das beinahe das Genick gebrochen." 

"Tatsaechlich?" staunt er. "Ja, dann..." 

"Also auf jeden Fall vernetzen. Email genuegt schon. Und ich schicke sofort

nach Eingang der vereinbarten Summe eine Software an Sie. Die installieren

Sie ganz normal auf dem Laptop. Wenn Sie dann irgendwann in

Bedraengnis geraten sollten, druecken Sie einfach die Tastenkombination

ALT, CTRL + V und der 'Virus' wird aktiv. Das Ding simuliert das

Verhalten des Abraxas D12 Virus, ein etwas seltener bulgarischer Ableger

vom albanischen Abraxas D3. Er hinterlaesst garantiert keinerlei Daten oder

verdaechtige Spuren auf der Festplatte." 

"Genial!" freut sich die oelige Stimme begeistert. "Und wohin soll ich...? 

Ich gebe ihm die Kontonummer des Vereins zur Unterstuetzung verfolgter

Systemadministratoren und lege auf. 

Dann bereite ich eine neue Version meines 'Virus' vor, der jede neue

Textdatei nach den Begriffen 'Geld', 'Bestechung', 'Amigo',

'Maennerfreundschaft', 'Gefaelligkeit', 'Katholische Kirche', 'Flick' und

anderen einschlaegigen Schluesselworten scant. Wenn er etwas findet,

schickt er das File bei naechster Gelegenheit mit genauer Angabe des

Absenders an die Email-Adresse des BKA. 

Dann kopiere ich das Ganze auf eine Diskette und schicke es dem sauberen

Herrn mit der oeligen Stimme. 

Dann lehne ich mich zufrieden zurueck und ueberfliege nochmal den Artikel

ueber Maexchen in der Ueberseeausgabe der ... Zeitung. Tstststs. Wer auch

immer dem Max den sogenannten 'Virus' ueberlassen hat, er hatte leider

nicht viel Phantasie. Anfaenger! 

In dem Moment hoere ich ein Geraeusch hinter mir, und als ich mich

umdrehe, sehe ich gerade noch unseren Raumpfleger mit meinem

Papierkorb im Gang verschwinden... 

Teil 26

TEIL 28

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  28 Teil 27

B.A.f.H.O. 28

TEIL 29

Es regnet.  Nein, ernsthaft! Es regnet. So was kommt vor. Sogar hier in Kalifornien.  Zwar seltener, aber deshalb nicht weniger schlimm. Eher noch schlimmer. Weil niemand damit rechnet - und Regenschirme praktisch unbekannt sind.  Um den damit verbundenen Frust abzubauen, haenge ich ein Schild an meine Tuere und haue ab in die Uni-Bibliothek. Auf dem Schild steht:  "NOTFALL BEIM S.O.P.L."  Natuerlich weiss niemand, was S.O.P.L. heisst. Ich auch nicht. Aber es klingt arbeitsintensiv, so dass sich niemand wundert, wenn ich den ganzen Vormittag wegbleibe.  In der Uni-Bibliothek gehe ich schnurstracks in die Aerobics-Abteilung und uebermale mit einem schwarzen Folienstift systematisch die Luecken in den Bar-Codes der Buecher. Ab und zu habe ich das Glueck, dass eine heisse Studentin mit einem solchen Buch zur Ausleihe marschiert und Alarm im automatischen Scanner ausloest. Dann springe ich als Retter in der Not ein, wische unauffaellig den schwarzen Strich weg, und siehe da: es funktioniert alles wieder. Meistens werde ich von der dankbaren Studentin auf einen Cafe eingeladen, etc. etc.  Nach dem zehnten Buch sehe ich ploetzlich Ginger im schwarzen Lederdress um die Ecke kommen und bei meinem Anblick erstaunt stehenbleiben. Ich frage sie, was sie hier macht. Ginger klappt ihre beruehmten Augendeckel auf und zu und sagt:  "Och, aeh... ich suche eigentlich nur ein gutes Handbuch fuer das neue Office Suite Programm..."  Dabei kaut sie gedankenverloren an der Kappe ihres schwarzen Folienstifts.  "In der Motorsport-Abteilung?" frage ich erstaunt.  In diesem Moment heult vorne bei der Ausleihe  der Scanner los. Ginger und

ich, wir zucken beide synchron zusammen und gucken rasch um die Ecke.

Aber es ist nur ein altes Muetterchen im grellrosanen Trainingsanzug und

weissen Tennisschuhen. 

"Mist!" murmelt Ginger. 

"Wie bitte?" frage ich. 

"Aeh... nichts. Wo waren wir gerade?" 

"Office Suite", helfe ich nach. 

Ich besorge ihr das Buch, und Ginger laesst sich widerstrebend zu einem

Kaffee in der Student Union einladen. Als wir schon am Ausgang des

Lesesaals sind, heult der Scanner wieder los. Ein knackiger junger Student in

hautengen Lederhosen, eine Mischung aus Mann-ihrer-Traeume und

ungezaehmter Junghengst, steht verdattert vor dem Scanner, einen dicken

Bildband mit Harley Davidsons unter dem Arm. Ginger seufzt tief, und folgt

mir missmutig hinunter in die Cafeteria. 

Als wir nach einen kurzen Plausch von zwei bis drei Stunden zurueck ins

Institut kommen, finde ich einen Studenten mit langen fettigen Haaren vor

meiner Tuere lehnen, der im Stehen eingeschlafen ist. Ruecksichtsvoll wie

ich bin, versuche ich meine Tuere aufzusperren, ohne den armen Jungen zu

wecken, aber leider hat er einen leichten Schlaf. 

"Oh... aeh... Herr Leisch?" 

Ich kann es schlecht leugnen, weil es nun mal dummerweise dick und breit

an meiner Tuere steht.  Er folgt mir eifrig in mein Buero und sagt: 

"Ich habe heute hier im Institut als graduate angefangen. Und Prof. Icewater

hat gesagt, ich solle mir von Ihnen einen Rechnerplatz zuweisen lassen..." 

Trotzdem er stundenlang gewartet hat, ist sein feuriger Enthusiasmus noch

ungebrochen. Noch! 

"So, hmm", sage ich. "Einen Rechnerplatz also. Mal sehen..." 

Ich raschele mit ein paar alten HP Prospekten. Eigentlich habe ich keine

besondere Lust, einen neuen User einzufuehren. Wir haben doch wirklich

schon genug davon! 

"...ja, aeh...", sage ich, "wie waere es mit Wesleys Platz. Der ist letzte Woche

tragischerweise frei geworden." 

"Hervorragend", freut sich der Neue. Dann faellt ihm auf, was ich gesagt

habe, und er fuegt vorsichtig hinzu: 

"Aeh... wieso tragischerweise?" 

"Tja, der gute Wes hatte einen kleinen Unfall mit dem Backup-Tape." 

"Unfall?" 

"Er ist irgendwie mit dem Schlips in den Bandfuehrungsschlitz geraten, der

Schlips hat sich in der Auffangspindel gefangen und... nun, ja... Sie wissen ja

wahrscheinlich wie kraeftig diese schnellen Bandmaschinen sind. Tragisch,

wirklich tragisch. Ein so intelligenter Junge, mit so guten Anlagen. Haette es

hier noch weit bringen koennen... Seitdem traegt hier keiner mehr einen

Schlips, und alle waren danach sofort beim Friseur." 

Der Neue schielt nervoes auf seine schulterlangen Fransen und schluckt. 

"Aber... aber das ist ja furchtbar!" 

Ich nicke duester. 

"Ja, das Bandgeraet war auch im Arsch... Andererseits", fahre ich munter

fort, "hat es ja auch eine gute Seite. Dadurch haben wir tatsaechlich einen

freien Rechnerplatz fuer Sie." 

"Aeh... ja... sicher..." 

"Besser als Thompsons Buero ist es jedenfalls..." 

"Wieso? Was ist mit Thompson passiert?" 

"Mit Thompson? Hmm, interessante Frage... Ich glaube, sie haben ihn

eingeaeschert - oder was von ihm uebrig war." 

"... (schwitz)..." 

"Tja, Thompson hatte vergessen, dass unsere Waende seit dem letzten

Erdbeben nicht mehr so ganz das sind, was sie mal waren. Er hat sich

unbedachterweise gegen seine Buerowand gelehnt und ist glatt durch den

Gips gebrochen..." 

Zum Beweis schlage ich mit der Faust gegen die Wand hinter meinem Kopf.

Gipsteilchen regnen auf uns herunter und die Wand gibt aechzend ein wenig

nach. 

Der Neue macht den Mund auf - und wieder zu. Auf seiner Oberlippe sehe

ich Schweissperlen. 

"Da faellt mir noch ein", fuege ich noch hinzu, "oeffnen Sie hier im Institut

bitte nie ein Fenster." 

"Ah, ich weiss ... wegen der Klimaanlage." 

Ich schuettele langsam den Kopf. 

"Wegen Ginger." 

"Ginger?" 

"Unsere Hilfssekretaerin. Sie leidet an einem reflexartigen Fluchtsyndrom,

seitdem sie mal ein verlaengertes Wochenende lang in unserem Aufzug

gefangen war und beinahe vom Kollegen Brian aufgefressen wurde. Er hatte

so einen Durst, dass er ihr Blut trinken wollte. Sie konnte sich nur retten,

weil sie durch die Wartungsklappe nach oben geklettert ist und dann noch

drei Meter am Seil hoch. Seit diesem kleinen Zwischenfall kann sie

Oeffnungen, die ins Freie fuehren, nicht mehr widerstehen. Einmal ist sie

uns schon aus dem Fenster gesprungen - gluecklicherweise fuhr unten

gerade ein Altpapier-Laster vorbei..." 

"...(schluck)..." 

"... und boese Zungen behaupten noch heute, dass irgendjemand das Fenster

mit Absicht aufgemacht habe... Aber solchen ueblen Reden sollten Sie lieber

kein Gehoer schenken. Das sind alles ganz reizende Leute hier im Institut ­

so lange sie noch am Leben sind." 

"Am Leben sind?" echot der Neue mit Schweissperlen auf der Stirne. 

Ich winke ihn naeher heran und fahre im Fluesterton fort: 

"Ist Ihnen beim Interview mit Prof. Icewater nicht aufgefallen, wie eiskalt

ihre Haende sind? Nein? Naja, sie vermeidet in letzter Zeit auch tunlichst,

jemandem die Hand zu geben... Gehen Sie nach Einbruch der Dunkelheit

lieber nicht mehr in ihr Buero, das jedenfalls rate ICH Ihnen! Schauen Sie

sich das mal an!" 

Ich deute auf ein paar Bohrloecher hinter meinem Kopf an der Wand, wo mein Vorgaenger, der fruehere financial director, einen geschmacklosen Elchkopf befestigt hatte.  "Eindeutig 45-iger Einschuesse", fluestere ich, "wissen Sie, ich habe nie herausgefunden, was mit meinem Vorgaenger eigentlich passiert ist.  Komischerweise gab es keine Blutflecken, oder sie wurden sorgfaeltig entfernt - vielleicht wurde das Blut auch anderweitig verwendet. Und manchmal habe ich deutlich das Gefuehl, dass jemand auf den Konsolen im Rechnerraum herumtippt, und ich bin ganz sicher, dass vorher niemand im Raum war! - Was ist eigentlich mit Ihnen los? Sie sind ja ganz kaesig im Gesicht. Soll ich ein das Fenster oeffnen, dass Sie ein wenig Luft bekommen? Nein? Auch gut.  Also dann gehen Sie mal an Wesleys Arbeitsplatz. Dort werden Sie sich wohlfuehlen; das Buero hat sogar ein Fenster. Den Account richten wir dann morgen ein. Viel Spass auch..."  Inzwischen ist es schon fast dunkel im Buero; der November hat eben auch in Kalifornien seine Auswirkungen. Nicht umsonst ist Halloween gerade erst vorueber!  Ich schleiche auf leisen Gummisohlen zum Sicherungskasten und schalte den Strom im Wesleys Buero aus.  Mit rekordverdaechtiger Promptheit ertoent ein markerschuetternder Schrei durch den Flur. Dann sehe ich den Neuen wie von Furien gehetzt durch den Flur auf mich zu rasen. Ploetzlich erstarrt er fuer einen Moment, glotzt mich mit weit aufgerissenen Augen an, macht kehrt und rennt zum Aufzug, vor dem er zurueckscheut wie ein Pferd, um schliesslich auf der Feuertreppe zu verschwinden.  Als ich mich umdrehe, steht die Chefin hinter mir im Halbdunkel und fixiert mich mit frostglitzernden blassblauen Augen. Dann seufzt sie und sagt:  "Ich moechte gar nicht WISSEN, was das wieder werden soll." 

Teil 27

TEIL 29

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  29 Teil 28

B.A.f.H.O. 29

TEIL 30

Ich spiele gerade mit meiner neuesten Errungenschaft, einem programmierbaren Messsender, herum, als natuerlich das Telefon klingelt.  Nie koennen sie mich in Ruhe lassen! Wie soll man da wissenschaftlich

arbeiten koennen, frage ich! Die ganze Misere des Wirtschaftsstandorts

Deutschland (Originalton!) ruehrt wahrscheinlich allein daher, dass heutzutage

jeder dahergelaufene Idiot Zugang zu modernem 

Kommunikationsformen hat. Zum Beispiel eben das Telefon. Ich moechte nicht

wissen, wieviel Zeit jeden Tag in unserer Volkswirtschaft mit absolut sinnlosen

Telefongespraechen vergeudet wird; ganz abgesehen von den Dauertratschern,

die es fertigbringen zwei Stunden am Stueck an der Strippe zu haengen. 

Terrorismus ist das! Jeder Affenabkoemmling, der in der Lage ist, sieben

Tasten in der richtigen Reihenfolge zu druecken, darf mich einfach ungestraft

von meiner Arbeit abhalten. Ungestraft? Naja, mal sehen... 

Nach dem zwanzigsten Klingeln hebe ich ab. 

"Hallo." 

Kollege Jeff ist dran. 

"Hallo, Leisch? Weisst Du eigentlich, wie spaet es ist?! Wir waren um 11 Uhr

verabredet, um die Folien fuer das kommende 'CHATTER'-Meeting

durchzusprechen! Jetzt ist es halb zwoelf!!! Hast Du verschlafen?!" 

Verschlafen! Das mir, wo ich schon seit 22 Minuten an meinem Schreibtisch

hocke! 

Tatsache ist, ich habe es nicht verschlafen. Obwohl ich mir alle Muehe gegeben

hatte. Das 'CHATTER'-Projekt (das amerikanische Pendant zum deutschen

'SCHWAFEL') oedet mich schon lange an! Und die Meetings sind von einer so

abgrundtiefen Langeweile erfuellt, dass wir das letzte Mal drei Todefaelle unter

den Teilnehmern zu beklagen hatten. Die Kollegen hatten vor Langeweile

einfach vergessen weiterzuatmen... 

Ich mime den Erstaunten: 

"Oh... aeh... ist tatsaechlich schon so spaet... ... komisch, ich

dachte... aber auf meiner Uhr ist es erst halb elf... und in meinem Computer

auch..." 

"Quatsch...", sagt Jeff. 

Dann ein laengeres Schweigen auf der anderen Seite. Im Hintergrund klappert

eine Tastatur. Dann kommt ein lahmes: 

"Du hast ja recht... merkwuerdig, ich haette schwoeren koennen..." 

Anfaenger! Wenn er genauer hinschauen wuerde, koennte er sehen, dass ich

gerade die Zeitzone aller Rechner im Institut nach Hawaii verlegt habe. Aber

wer beherrscht heutzutage noch die einfachsten UNIX-Befehle? Fast niemand!

Deshalb haben ja Leute wie ich immer Oberwasser! 

"Weisst Du", sage ich, "es ist trotzdem ganz gut, dass Du schon jetzt anrufst.

Ich haette mir naemlich ganz gerne die Entwuerfe fuer die Folien schon mal

angeschaut, bevor wir uns zusammensetzen..." 

Er sagt mir, wo die Dateien liegen! Einfach so!!!  (No comment.) 

 

(Wenn es drauf ankommt, kann ich auch ganz schoen schnell sein!) 

Ich fuege noch ein paar besonders unanstaendige GIFs in die Folien ein -

Bildchen, bei denen sogar Beate Uhse rot werden wuerde -, dann schicke ich

das Ganze unter Jeffs Account mit der Bitte um konstruktive Kritik an die

Chefin. Mal sehen, wie sich Jeff da wieder rauswinden wird... 

Wenn ich Glueck habe, zieht sich der Skandal ueber den Nachmittag hin, und

ich habe genug Zeit fuer mein neues Spielzeug, das ich aus den

Nachrichtentechnik-Praktikum geklaut habe. Normalerweise stehe ich ja nicht

so auf echte Hardware - irgendwie behindert es die freie Entfaltung des Geistes,

wenn man jeder Idee erst mit dem Loetkolben zur Realitaet verhelfen 

muss - , aber dieses Baby hier hat durchaus seine Reize. Ich schliesse den

programmierbaren Messsender ueber die parallele Schnittstelle an einen alten

PC an, den ich normalerweise dazu verwende, meine Videosammlung zu

archivieren. Nach ein paar Probelaeufen gelingt es mir schon mal, Gingers

Transistorradio im Sekretariat mit abscheulichen Heultoenen zu stoeren. So

weit, so gut! 

Waehrend Ginger noch wuetend ihr Radio schuettelt, poke ich im Web herum,

bis ich eine erstaunlich detaillierte technische Beschreibung bei einem

Autoalarmanlagen-Hersteller entdecke. Natuerlich sind die Codes der

Funkgeber nicht angegeben, aber das Grundprinzip wird ganz gut dargestellt... 

In Berkeley - und wahrscheinlich auch woanders an der Westkueste - gibt es

ganz bestimmte kulturelle Auspraegungen bei den Autobesitzern. Zum Beispiel

fahren saemtliche Psychotherapeuten und gehobenen Akademiker

grundsaetzlich nur Volvos (es gibt hier eine Fuelle von Volvo-Witzen, aehnlich

den Manta-Witzen zu Hause!). Die Schwarzen fahren riesige amerikanische

Schlitten, je groesser desto besser, vorzugsweise mit irgendwelchem

vergoldeten Firlefanz aussen und roten Plueschsitzbezuegen innen. Die weissen Studenten fahren europaeische Marken oder - wer es sich leisten kann - tiefer gelegte Kleinlaster aus den 50iger Jahren. Die Studentinnen cruisen in billigen japanischen Zweisitzern herum, vorzugsweise Cabriolets, damit man echt cool die blonde Maehne in den Wind haengen kann, wenn man uebers Golden Gate faehrt. Die uebriggebliebene 68iger-Generation (von der es hier eine Menge gibt!) fahren uralte knatternde VW-Busse, mit denen sie wahrscheinlich schon zu Anti-Vietnam-Demos nach Washington D.C. getuckert sind. Die Mex bevorzugen Pickups, weil sie in allen anderen Wagentypen mit ihren Cowboyhueten am Dach anstossen wuerden. Die Chinesen - sparsam wie immer - fahren die billigen, alten Schlachtschiffe der 70iger Jahre, die ihnen viel zu gross sind. Das kann ab und zu einen merkwuerdigen Effekt haben, wenn so ein Schlachtschiff scheinbar fahrerlos auf dich zu schlingert, und erst beim Vorbeifahren sieht man, dass da eine winzige Chinesin sich am Lenkrad hochzieht und muehsam ueber das Armaturenbrett spaeht.  Und wer faehrt die Mantas? Naja, echte Mantas gibts hier nicht mehr, aber die Rolle der Mannis und Sepps haben hier die asiatischen Youngsters uebernommen. Da passt wieder alles: tiefergelegte, aufgemotzte Billig-Japaner mit Rostspuren auf der Fahrertuere (Achselschweiss!), den Kennwood-Aufkleber quer ueber die Heckscheibe, etc. etc.  Aber alle haben eines gemeinsam: jeder hat Panik, dass seinem geheiligten Kalb etwas passieren koennte. Und deshalb haben alle funkgesteuerte Alarmanlagen, die jedesmal kurz quaeken, wenn der Besitzer laessig den Knopf an seinem Schluesselbund drueckt. Das klingt so aehnlich wie "Quickquaeck"" oder Wuitwuit!" oder "Ickaick!", und es geht mir auf den Nerv!  Ich plaziere den Messsender am Fenster und schreibe ein kleines Programm, das systematisch saemtliche Sequenzen der handelsueblichen Funkgeber durchprobiert (es gibt erstaunlich wenige, nebenbei bemerkt!). Schon nach fuenf Minuten werde ich durch ein froehliches "Quaeckquack!" draussen belohnt. Ein schwarzer Pickup fuehlt sich fuer diese Kombi zustaendig. Ich speichere die Sequenz und suche weiter.  Gegen abend habe ich 36 Sequenzen von Autos auf dem Parkplatz geknackt und abgespeichert.  Gegen sechs Uhr beginnen die hoeheren Angestellten der Stadtverwaltung gegenueber zu ihren fahrbaren Untersaetzen zu eilen. Ich warte, bis einer ziemlich allein mitten auf dem Platz steht und befehlsgewohnt seinen Funkgeber auf seine Auto richtet: "Ickaeck!"  Ich aktiviere die Sequenz sofort nochmal und das Auto macht gehorsam die Anlage wieder scharf: "Aeckick?"  Der Besitzer hat nichts mitbekommen oder er meint, ein anderes Auto gehoert zu haben, und sperrt auf. Natuerlich heult sofort die Alarmanlage auf:  "Huuiiiaaaaaoooooaaaauuuiiiiiaaaaaoooo..."  Nach einigem Fummeln findet der Besitzer in Panik den Notausknopf, und das Geheule erstirbt mit einem unanstaendigen Ruelpsen. Der verdatterte

Autobesitzer steigt wieder aus und geht ratlos um sein Auto herum. Ich sende

wieder die Aktivierungssequenz, und weil die Tuere noch offensteht, heult der

Wagen, ein 94 Nissan, brav wieder los. 

Ein schwarzer Polizeiwagen biegt traege wie ein Hammerhai auf der Suche

nach einem leichten Opfer auf den Parkplatz ein. Ein Cop steigt betont langsam

aus und tippt dem Besitzer, der es gerade wieder geschafft hat, den Notausknopf

zu finden, auf die Schulter. Die beiden verhandeln heftig. Ich sehe sogar auf

diese Entfernung, dass der Cop meint, der Autofahrer sei reif fuer den

Therapeuten (das ist nicht besonders verwunderlich, weil die Cops hier jeden

Unbewaffneten mit genau dieser Grundeinstellung behandeln - und in den

meisten Faellen haben sie auch noch recht!). 

Der Cop macht den Mund auf, um auch etwas zu sagen, aber in diesem Moment

aktiviere ich die Alarmanlage des Wagens hinter ihm: "Quickquock!!" und der

Cop macht einen absolut unwuerdigen und unprofessionellen Hopser. Um

diesen unverzeihlichen Gesichtsverlust zu kompensieren - inzwischen haben

sich naemlich einige Penner auf der Szene eingefunden, die alles aufmerksam,

wenn auch aus sicherer Entfernung beobachten - packt der Cop den

Nissanfahrer, knallt ihn professionell auf seinen eigenen Wagen und legt ihm

Handschellen an. Der zweite Cop steigt aus dem Polizeiwagen - nicht mehr

ganz so langsam. 

Um die Szene etwas musikalisch aufzulockern aktiviere ich wieder die

Alarmanlage des Nissan, bei dem die Tuere immer noch offensteht. Der zweite

Cop rennt zu dem Wagen und schuettelt an der Karosserie. Ein

Polizisten-Reflex? Alles was Laerm macht, erstmal schuetteln. Vielleicht

hoert's dann von selber auf! 

Der Nissan laesst sich nicht beirren: "Oooaaaiiiiuuuaaaooooaaaaiiiiuuu..." 

Cop Nummer 2 schreit etwas, aber der der Nissan-Besitzer, dem das Blut von

der ueberstuerzten Festnahme aus der Nase rinnt, schuettelt trotzig den Kopf.

Worauf ihn Cop Nummer 1 sicherheitshalber nochmal kraeftig durchschuettelt. 

Cop Nummer 2 oeffnet die Motorhaube und zieht die Dienstpistole. Drei

gezielte Schuesse und das Heulen erstirbt mit einem qualvollen Roecheln. 

Die Sache beginnt mir Spass zu machen. Zu schade, dass das Licht immer

schlechter wird. Sonst waere das ein huebsches kleines Video geworden... 

Ich aktiviere die Alarmanlage des schwarzen Mercedes mit dem vergoldeten

Kuehlergrill direkt hinter Cop Nummer 2: "Quockquack!!" 

Der Cop faehrt blitzschnell herum und jagt zwei Schuesse in den Kuehler des

Mercedes 180. Die Penner gehen routiniert hinter Parkbaenken in Deckung. 

Gruenes Kuehlwasser beginnt auf den Asphalt zu bluten. 

Ein schon etwas angegrauter Schwarzer kommt aus der Stadtverwaltung und

rast ueber den Platz. Beim Laufen sieht man sein Huefthalfter unter seiner Jacke

hervorschlenkern - ganz offensichtlich ein Cop in Zivil. Bei seinem Anblick

nehmen Cop Nummer 1 und Nummer 2 sofort Haltung an. Nummer 2 zerrt

sogar den gefesselten Nissan-Besitzer an den Haaren in eine vertikale Position.

Der zivile Cop bruellt und fuchtelt in Richtung des blutenden Mercedes - ganz

offensichtlich sein Wagen. Cop Nummer 1 versucht zu erklaeren und wird niedergebruellt. Cop Nummer 2 versucht zu erklaeren und wird niedergebruellt. Der zivile Cop geht auf seinen misshandelten Mercedes zu, aktiviert seinen Funkgeber und reaktiviert natuerlich damit die Alarmanlage, die ich ja vorhin schon ausgeschaltet hatte. Er schliesst die  Tuer auf, und prompt faengt das Ding an zu tuten.  Ich starte mein Programm, das bei allen 36 geparkten Auto staendig die Alarmanlage an und aus schaltet. Auf dem Parkplatz bricht die Hoelle los. Die Penner fluechten geduckt in den Park, Cop Nummer 1 und 2 rennen zu ihrem Wagen und verlassen mit quietschenden Reifen den Parkplatz, der schwarze Cop fluechtet sich zurueck in die Stadtverwaltung. Nur der Nissanbesitzer bleibt zurueck und zerrt ohnmaechtig an seinen Handschellen.  Nach fuenf Minuten schalte ich den Messsender aus und fahre befriedigt nach Hause. Das duerfte fuer eine Meldung in CNN gut genug sein...

Teil 28

TEIL 30

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  30 Teil 29

B.A.f.H.O. 30

TEIL 31

Ausnahmsweise scheint heute mal die Sonne Ich nuetze die seltene Gelegenheit meinen angeschlagenen kalifornischen Teint aufzufrischen und setze mich mit der neuesten Ausgabe von 'Hacker's Havoc' auf dem Dach ins Freie. Falls mich unten jemand vermissen sollte, steht er halt vor verschlossener Tuere mit dem Schild: 'DO NOT DISTURB - MEN AT WORK!' Fuer die ganz Misstrauischen (die versuchen durchs Schluesselloch zu spitzen oder an der Tuerfuellung lauschen) produziert meine Workstation ueber Lautsprecher heftige Tastaturgeraeusche, und auf dem Bildschirm erscheint mein Kopf als schwarze Silhouette vor der normalen Oberflaeche (neuer Bildschirmschoner fuer stressgeplagte Systemadministratoren; Patent bereits angemeldet). Ich blaettere also im neuesten HH und blinzele in die schwache Wintersonne. CA ist im Winter auch nicht gerade das, was die Reisekataloge so versprechen: kuehl, neblig und regnerisch. Natuerlich von Schnee keine Spur, so dass die armen, ganz in CocaCola-Rot gewandeten Weihnachtsmaenner traurig in den Pfuetzen vor den Department Stores herumtapsen muessen. Ich blaettere um: den Preis fuer die duemmste und kostspieligste Aktion des Monats haben schon wieder die Deutschen gewonnen. Diesmal ist es die 'Krankenhaus-Notopfer-Eintreibung'. Der Journalist zaehlt genuesslich auf, was die Eintreibung von 20 Mark per Post und Bankueberweisung von jedem Versicherten kosten wird; nach seiner Rechnung muessen die Krankenkassen sogar noch draufzahlen. Ganz zu schweigen davon, dass die meisten Leute sowieso nicht zahlen werden, seitdem irgendein Superhirn oeffentlich im TV gesagt hat, dass saeumige Zahler "aus Kostengruenden" nicht belangt werden koennen. Da hat die Welt mal wieder was zu lachen! In der letzten Ausgabe war es der Elch-Mercedes, und davor... weiss ich nicht mehr; aber auf jeden Fall auch etwas Deutsches. Achso, doch! Jetzt faellt's mir wieder ein: vor zwei Monaten war es der CSU-Abgeordnete Wallner aus Niederbayern, der von

seinem Landtagstelefon aus fuer 25.000 Mark Sex-Telefongespraeche gefuehrt

hat.

Was fuer ein irres Land! Und ich sitze hier in San Francisco, wo es eine

Schlagzeile auf der ersten Seite gibt, wenn neun (9!) Fahrrad-Demonstranten

verbotenerweise ueber die Baybridge radeln!

Und da heisst es immer, im alten Europa sei nichts los, und nur hier in den

Staaten spiele die Musik! Von wegen!

Ich seufze so laut, dass die Moewen auf der Mauerbruestung erschreckt

auffliegen. In diesem Moment duedelt mein hausinternes Handy. Da ich

sowieso mit HH fertig bin, schalte ich den automatischen Beantworter ab, der

normalerweise dem Anrufer mit freundlicher Stimme erklaert, dass der

Teilnehmer Leisch momentan nicht erreichbar sei, und sage:

"Hello."

"Aeh... ah... hello, yes... aeh... please can I... hrrmm... may I speak with

Mister... aeh... Leisch... sind Sie das...?"

Der Chef!!! Ich werfe einen raschen Blick auf die Uhr. In Deutschland ist es

bereits halb zwoelf in der Nacht! Der Chef ruft mich normalerweise nie selber

an, und jetzt sogar mitten in der Nacht! Es muss sich  also um was ganz

Ernstes handeln. Mehrere Szenarien erscheinen vor meinem inneren Auge:

Der bayerische Rechnungshof konfisziert meine Videosammlung, Frau

Bezelmann wegen Unterschlagung von roten Kugelschreibern verhaftet, der

Rabe Nero hat die Dogge des Hausmeisters getoetet, Marianne bekommt ein

Baby, und niemand weiss, wer der Vater ist, Invasion der 'Reisekostenstelle

from Heaven', oder haben die Mitarbeiter irgendwie 'rausbekommen, dass ihre

Mailboxen jede Nacht nach USA auf meinen Rechner kopiert werden?

Ich gebe mich vorsichtig zu erkennen, und der Chef... ja, er klingt fast

irgendwie erleichtert?!

"Oh... ah... Leisch! Wie gut, dass ich Sie gleich... hrrmm... haben Sie schon

aeh... geschlafen? Oder... hm... wie war das noch mit der... aeh...

Zeitverschiebung...?"

Ich sage dem Chef, dass es zwar mitten in der Nacht, ich aber natuerlich noch

im Buero und bei der Arbeit sei.

Regel Nummer 342 fuer den erfolgreichen Bastard: 'Unerwartete

Wissensdefizite bei Mitmenschen auf keinen Fall aufklaeren, sondern sofort

fuer die eigenen Imagepflege ausnutzen!'

"Ah... na, aber! Sie sollten aeh... sollten doch... hm... Sie arbeiten doch

zuviel... hm, ja. Ich rufe Sie an...hm, weil... aeh... weil wir... das heisst das

Institut, ja... weil wir uns... hrrrm... gewissermassen in einer... aeh...

unangenehmen Lage... sehr unangenehmen Lage... aeh... befinden, ja..."

Also doch! Ich hatte es ja vermutet! Wahrscheinlich sagt er mir jetzt, dass sie

die ganzen gefaelschten Reisekostenabrechnungen der letzten 8 Jahre

gefunden haben, und ich mich besser schon mal um eine Greencard bemuehen

solle, weil ich in Muenchen sowieso keinen Fuss mehr in die Tuere bekomme.

"Aeh... ja, haben Sie schon... haben Sie ueber den... hmm... Studenten-Streik

hier gelesen? Sehr unangenehm... wirklich..."

Und dabei hatte ich die Kollegen da drueben schon beneidet, dass sie schon

seit zwei Wochen keine Vorlesungen mehr halten muessen! Ich gebe einen

unverbindlichen, jedoch mitfuehlenden Laut von mir.

"Ja... aehm... sehr... sehr... aeh... unangenehm. Die Sache ist naemlich... hm...

leider die: aeh... das Kultusministerium hat uns... aehm angedroht, dass... hm...

die... aeh... Haushaltsmittel sofort... ja, gesperrt werden... aeh... wenn die

Studenten nicht... hm... sofort wieder in die... aeh... Vorlesungen

zurueckkehren, verstehen Sie? Das... aehm... waere eine... eine Katastrophe..

waere das... hrrrm... ja."

"Wenn die Studenten in die Vorlesungen zurueckkehren?" frage ich hoeflich.

"Wie... aeh... neinnein... hrrrm... wenn uns die Gelder gesperrt werden...

aehm... DAS waere eine... hm... Katastrophe..."

Aha! Da weht der Wind her! Ich lasse unauffaellig die angehaltene Luft ab.

Dann frage ich hoeflich, was die ganze Angelegenheit mit mir zu tun hat.

Schliesslich sei ich in CA und koenne von hier aus bestimmt keine

Studentenrevolten anzetteln (wenn auch Berkeley dazu den stilgerechten

Rahmen abgegeben wuerde!).

"Nein... ja... aeh... nun. Wir haben uns...aeh... gedacht, dass... wo Sie doch

immer... aeh... also, wir waren der Meinung... hm... dass Sie vielleicht mit...

hrrm... Sie vielleicht die... aeh... Studenten wieder zurueck... aeh... zurueck in

die Veranstaltungen bringen... hm... bringen koennten. Weil... soweit ich

mich... aeh... erinnern kann, aeh... haben bei Ihnen doch die... hm.. Studenten

nie gefehlt... verstehen Sie?"

Kein Wunder! Jeder, der in meiner Uebung fehlt, verscherzt damit automatisch

alle Chancen, jemals einen Schein bei mir zu machen. Ausserdem geht immer

zufaellig am gleichen Tag die Platte kaputt, auf dem der betreffende Student

sein Homeverzeichnis hat. Das hat sich inzwischen 'rumgesprochen!

"Ich soll nach Muenchen kommen, nur damit die Studenten wieder in die

Vorlesung kommen?" vergewissere ich mich. 

"Nun ja... aeh...ja, das waere... aeh... schoen..."

"Linienflug in Businessklasse?" frage ich.

"Aeh... kein Problem..."

"Ich komme!" sage ich, kehre der blassen Wintersonne und den Moewen

ostentativ den Ruecken zu und gehe hinunter, meinen Laptop einzupacken.

Und so endet diese kalifornische Episode ebenso unerwartet, wie sie begonnen

hatte.

Und wenn Prof. Icewater nicht zu einem gruenblauen Eisblock mit

Schokoladeneis-Augen erstarrt ist, und Ginger nicht doch noch endlich ihren

Motorradprinzen gefunden und geheiratet hat, und Ron sich nicht beim

Anstieg auf Mount Whitney endgueltig das Genick gebrochen hat, und der financial director an seiner Katzenhaar-Allergie nicht eingegangen ist, und Jerry nicht vor lauter Coolsein das Einatmen vergessen hat, dann leben sie wieder gluecklich und zufrieden - seitdem sie den B.A.f.H. endlich losgeworden sind...

Teil 29

TEIL 31

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  31 Teil 30

TEIL 32

B.A.f.H.O. 31

Weihnachten Weihnachten erkennt man - technisch gesehen - daran, dass der Verkehr von absolut redundanten Emails sprunghaft zunimmt, und dass alle moeglichen Leute meinen, sie muessten einen mit ihren laeppischen Weihnachtsgraphiken begluecken. Gerade stoehnt meine Mailbox wieder auf: eine mail mit Attachment RUDOLPH.EXE. Weil ich sowieso schon mit der heutigen Usermail durch bin, schmeisse ich das Ding auf meinen Windoofs-Emulator und starte das Teil. Ein huebsch geschmueckter Schlitten mit Santa Claus am Steuer zieht unter silbernem Glockengelaeute quer ueber das Display, auf dem die Sterne lustig funkeln. Niedlich. Ich schicke dem Absender ein HAPPY.EXE zurueck, das bei Ausfuehrung eine erlesene Auswahl der neuesten bulgarischen Viren auf den Rechner loslaesst, in allen Textdateien 'das' mit 'dass' vertauscht und die Kommas nach einem Zufallssystem verschiebt. Auch recht niedlich. Finde ich zumindest.

Teil 30

TEIL 32

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  32 Teil 31

B.A.f.H.O. 32

TEIL 33

Frau Bezelmann steht im Gang und strahlt mir entgegen - ein Anblick, der jeden mit einem schwaecherem Nervenkostuem in die Flucht schlagen wuerde. Sie hat mir zur Begruessung sogar einen besonders stacheligen Kaktus mit Lichterkette (es ist ja Weihnachten!) und eine riesige Packung Pralinen besorgt. Spaeter stelle ich fest, dass die meisten Pralinen mit Senf gefuellt sind. Ein wirklich warmer Empfang! Sogar Marianne ist da und freut sich krampfhaft. Und unser aberglaeubischer  Hausmeister macht heimlich hinter meinem Ruecken Zeichen gegen den boesen Blick...  Aber wirklich freuen tun sich natuerlich die Studenten. Trotz Studentenstreiks sind sie alle vollzaehlig in der Uebung zum Grundkurs erschienen, die ich sofort nach meiner Ankunft vom Kollegen O. uebernommen habe. Mein guter Ruf ist mir also vorausgeeilt (oder war er noch immer vorhanden?).  Als allererstes erklaere ich den versammelten Ingenieursanwaertern, dass ich meine Erfahrungen in Uebersee fuer sie (also die Studenten) nutzbringend anzuwenden gedenke:  "Nach amerikanischen Vorbild werde ich also von nun an Fragen zur Uebung nur noch schriftlich beantworten. Alle Fragen, die Sie haben, muessen bis zum Ende der Veranstaltung gesammelt und mit genauer Angabe des Idioten... ich meine, des Fragenden per Email an folgende Adresse geschickt werden..."  Ich kritzele eine nicht-existente Email-Adresse moeglichst unleserlich an die Tafel.  "... ausserdem wird die Klausur ab sofort ein Multiple-Choice-Test sein, der von einem Computer automatisch ausgewertet werden kann..."  Ein paar ganz Ahnungslose freuen sich an dieser Stelle auch noch! Dabei schweben vor meinem unermuedlich-kreativen inneren Auge bereits Pruefungsfragen wie:  Operator TRUE ist auf FALSE gesetzt, und Operator FALSE auf TRUE.

Was ergibt die Formel  (TRUE && FALSE) && (FALSE || TRUE) &&

FALSE || (TRUE || FALSE) ? 

a) 42 

b) MAYBE 

c) Who cares? 

"... und natuerlich werde ich im Unterricht keine Tafel oder Overhead-Folien

mehr verwenden. Der gesamte Stoff wird statt dessen in komprimierter Form

mit einem Beamer auf die Leinwand geworfen. Das hat den unschaetzbaren

Vorteil, dass ich noch schneller hin- und her-scrollen kann, als das mit

Folien bisher moeglich war. Eine gute Uebung fuer Sie, damit Sie nicht

vorzeitig geistig einrosten. Ausserdem kann ich so die ersten 20 Minuten

jeder Uebung mit dem Einrichten der Technik vergeuden und den Stoff dann

mit doppelter Geschwindigkeit durchnehmen. Auf ein schriftliches Skriptum

wie in der Steinzeit werde ich natuerlich verzichten. Begleitende

Hypertext-Dokumente finden Sie nur noch im Internet - sofern Sie zufaellig

auf die Adresse stossen sollten (sie ist naemlich nirgends gelinkt; das macht

das Studium gleich viel spannender!). Falls Sie doch irgendwie drauf

kommen, werden Sie feststellen, dass es mit gigantischen Graphiken und

minutenlangen HiFi Sound-Files gespickt ist, und dass Sie keine reelle

Chance haben, das Ding mit Bandbreiten kleiner 10 

MegaBit 'runterzuladen..." 

Inzwischen haben sogar die Erstsemester gemerkt, wo sie hier gelandet

sind: 

In der 'Bastard Lecture from Hell'! 

Einige durch die Studentenstreiks ermutigte Kommilitonen versuchen zu

protestieren und verlangen eine Diskussion ueber meine neuen

Unterrichtsmethoden. Ich ersticke jegliche Insubordination im Keim, indem

ich mit beilaeufiger Stimme ankuendige, dass schon naechste Woche, einen

Tag vor Heilig Abend, eine Probeklausur ueber den bisherigen Stoff

abgehalten 

werde. 

Danach entlasse ich die Bande und schlendere links und rechts in die Bueros

gruessend zu meinem alten Arbeitsplatz. Offensichtlich waren einige

Kollegen nicht auf meinen Anblick vorbereitet. Kollege Rinzling

verschluckt sich an seinem taeglichen Sahnetoertchen, als ich den Kopf zur

Tuer hereinstrecke und ihm freundlich einen guten Morgen wuensche. Er

bekommt einen Hustenanfall, der sich gewaschen hat, und laeuft ganz lila im

Gesicht an. Dabei zeigt er mit dem zitternden Finger in meine Richtung und

keucht: 

"Nnnn...hirchhh!... nnnnnn... hiiiirrrrchhh!... nnnnnn..." 

Eine hervorragende Gelegenheit, mein in den USA erworbenes Wissen

anzuwenden: die sogenannte 'Heimlich Method'! (Sprich 'Heymlick') 

Ich greife Rinzling von hinten unter die Arme und ziehe mit der rechten

Hand den linken Unterarm ruckartig nach hinten. Nach der Theorie von Heimlich sollte dadurch der Lungendruck so sprunghaft ansteigen, dass etwaige fehlgeleitete Stuecke Sahnetoertchen aus der Luftroehre gepustet werden.  Vielleicht bin ich durch das Fitnesstraining in Kalifornien zu kraeftig geworden, oder ich habe den Trick vom guten Herrn Heimlich noch nicht ganz kapiert. Jedenfalls fliegt kein Sahnetoertchen aus Rinzlings aufgesperrten Schlund, vielmehr schiesst sein falsches Gebiss quer durch den Raum und beisst sich in Mariannes haarspray-gesteifte Stirnfranse fest, die gerade neugierig um die Ecke schaut (Marianne, nicht die Stirnfranse!).  Marianne bekommt einen hysterischen Schreikrampf, der den Rest der Belegschaft auf den Plan ruft, und den Frau Bezelmann schliesslich nur mit ein paar schallenden Ohrfeigen zum Abbruch bringen kann. Rinzling bekommt endlich wieder roechelnd Luft in die Teerlungen, wohingegen seine blutunterlaufenen Augen mich immer noch so fassungslos anstarren, als waere ich der Geist von Hamlets Vater.  Ganz zum Schluss erscheint der Chef in der Tuere und erkundigt sich nach der Ursache fuer den Aufruhr. Bevor noch irgendjemand umstaendliche Erklaerungen abgeben kann, faellt sein Blick auf mich, und er bemerkt lediglich:  "Oh... aeh... Leisch... hrrmm... ach so!"

Teil 31

TEIL 33

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  33 Teil 32

B.A.f.H.O. 33

TEIL 34

Heute haben sich die Fensterputzer der Firma 'Blitzblank' angemeldet (das Superhirn, das sich diesen phantasievollen Namen ausgedacht hat, moechte ich gerne mal kennenlernen!). An sich schaetze ich eine gewisse Patina auf meinen Fenstern, weil dann nicht so viel blendendes Licht in mein Buero faellt (besonders am fruehen Morgen). Andererseits ist so eine Putzaktion immer eine gute Gelegenheit, fuer den Rest des Tages in der Cafeteria zu verschwinden - wenn man es richtig anstellt! In der Ankuendigung der Haustechnik steht in hochtrabendem Amtsdeutsch: "Um eine zuegige Durchfuehrung der Arbeiten nicht zu behindern, werden die Angestellten angewiesen, ihre Arbeitsflaechen und Fenstervorbauten von allen Gegenstaenden freizumachen..." ('Machen Sie sich bitte frei' - wie bei der Einstellungsuntersuchung!) Ich packe noch ein halbes Dutzend muede heulender Winchesterlaufwerke auf die ohnehin schon ueberlastete Fensterbank und schiebe den Labortisch mit meinem 'STACK' (STapel Ausgearbeiteter Chaotischer Katastrophen; ca. 89 cm hoch) naeher ans Fenster. Dann tupfe ich in den Fensterecken ein wenig Silicat-Loesung auf die Scheibe. Das Silicat verbindet sich mit den Glas und verursacht truebe Stellen, die sich nicht mal mehr mit dem Glasschaber entfernen lassen. Nach diesen Vorbereitungen verschwinde ich mit Marianne im Cafe 'Zum faulen Studenten' hinter dem Uni-Hauptgebaeude (DAS ist mal ein guter Name!) und lasse mir den neuesten Uni-Tratsch berichten. Ich muss ja schliesslich wieder auf dem Laufenden sei, wer gerade mit wem oder warum nicht mehr, was an drohenden Einstellungen bzw. Entlassungen ansteht, wer gerade die R.K.f.H. ('Reisekostenstelle from Heaven') leitet, wer einen Elch-Mercedes faehrt und wer nicht, etc. pp. Man kann ja so leicht ins Fettnaepfchen platschen! So wie der Kollege O., ein eingefleischter Junggeselle, der neulich mit Prof. K. von der

physikalischen Optik im Aufzug stecken geblieben ist, weil ich gerade einige hochinteressante Hochspannungsversuche im Labor 3 durchgefuehrt hatte (diese neumodischen Schaltsicherungen vertragen ueberhaupt nichts mehr.  Frueher  konnte man die Schmelzsicherungen bei Bedarf noch durch Zimmermannsnaegel ersetzen. Heute fliegt schon der Fehlstromschutzschalter 'raus, wenn ich nur am Sicherungskasten vorbeischlendere...). Jedenfalls steckt O. mit Prof. K. im Aufzug fest, und sie kommen irgendwie aufs Thema Ehe zu sprechen. O., der K. bisher nur als standhaften Hagestolz kannte, bringt wie ueblich seine abfaellige Meinung ueber diese Institution in markigen Worten untermalt mit einschlaegigen 'Herrenwitzen' zum Ausdruck. Erst nach der spektakulaeren Befreiung ueber die Inspektionsklappe (aber das ist eine andere Geschichte!) teilt K. dem O. beilaeufig mit, dass er vorgestern geheiratet habe. Keine drei Stunden spaeter schlendere ich zurueck in mein Buero, um nach den Fensterputzern zu gucken. Ein Maedel im Blaumann balanciert zwischen den heulenden Winchestern auf dem Fensterbrett herum und verschmiert waghalsig aus dem Fenster haengend mehr oder weniger erfolgreich den angesammelten Dreck auf der Aussenseite meiner Fenster. "Gleich fertig!" versichert sie strahlend, trotz erschwerter Arbeitsbedingungen. Dabei ist es noch nicht mal zwei Uhr! In den benachbarten Bueros schaut es aehnlich aus. Ich gehe ins Sekretariat zu Frau Bezelmann und rufe unten beim Pfoertner an. Es sei ein Skandal, sage ich empoert. Hundertmal schon haetten wir die Pforte gebeten, die Jalousien auf der Ostseite sofort herunterzulassen, wenn die Sonne direkt in die Bueros scheine. Man koenne ja gar nichts mehr auf dem Display erkennen, wie solle man da vernuenftig arbeiten, und so weiter und so fort. Frau Bezelmann oeffnet protestierend den Mund - und klappt ihn wieder zu. Dann schaut sie gespannt hinueber in das Buero des Chefs, wo ebenfalls gerade ein Blaumann im Fenster haengt. Ihre herabgezogenen Mundwinkel vertiefen sich unmerklich. Der Rabe Nero kraechzt leise. Die hirnlose Pforte aktiviert brav in allen Bueros gleichzeitig die Jalousien. Spitze Schreie ertoenen von allen Enden des Instituts; eine Leiter kracht irgendwo mitten in einen Praktikumsversuch; mehrere Eimer voll mit dreckigem Putzwasser sausen in den Biergarten hinunter und zerplatzen wie Wasserbomben mit einem schmatzenden Geraeusch auf dem Betonboden. Mit einem alten ThickWire-Kabel retten Marianne und ich vom dritten Stock aus einen Putzer, der sich geistesgegenwaertig an den Blitzableiter gefluechtet hat. Frau Bezelmann spricht ihrem Putzer, der am Fensterbrett des Chefs haengt, von ihrem Fenster aus Mut zu, bis die Hausmeister die Leiter bringen. Insgesamt mal ein erfreulich abwechslungsreicher Nachmittag...

Teil 32

TEIL 34

BASTARD ASS ( I ) FROM HELL OVERSEA von  Florian Schiel T e i l  34 Teil 33

B.A.f.H.O. 34

TEIL 35

Wie? Eine Geschichte? Schon wieder? Tut mir sehr leid, aber... Ich sehe, dass Schiel schon wieder sein Notebook aufklappt, aber heute muss ich ihn leider enttaeuschen: Es ist einfach nichts passiert, was eine Geschichte wert waere... Wie bitte? Natuerlich weiss ich, dass es Freitag ist! Ist das vielleicht mein Problem? MEINE Idee war das nicht, jede Woche kostenlos eine unbezahlbare Episode aus meinem einzigartigen Leben an Tausende schmarotzender Internet-Benutzer zu versenden. ICH wuerde pro Nase und Geschichte mindestens $$$ verlangen (Betrag aus moralischen Gruenden von der Redaktion gestrichen). Soso. Sie meinen, bei mir wuerde jede Woche etwas passieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihre Leser an langweiligen Wiederholungen interessiert sind. Das Leben besteht nunmal groesstenteils aus Routine. Natuerlich kann ich ueber meine uebliche Arbeit erzaehlen, Emails der Studentinnen scannen (beachte: kleines 'i'!), Reisekostenabrechnungen faelschen, Geldgeber an der Nase herumfuehren, die Haustechnik auf Trab halten, etc. etc.  Aber das ist doch alles alter Kaese! Schnee von gestern! Kennt doch jeder bereits! Oder haben Ihre Leser ein so schlechtes Gedaechtnis, dass sie ueber denselben Gag fuenfmal lachen koennen? Wie? Es kommen woechentlich 5 bis 10 neue Leser auf die Liste? Na, dann sollen die doch erstmal die alten Stories studieren, bevor sie sich hier mit den alten Hasen amuesieren wollen... Nun gut. Nachdem Schiel wie immer nicht locker laesst und sowieso schon alles mitschreibt, was ich sage, kann ich genausogut irgendetwas daherfaseln. Einer der ganz grossen Vorteile, wenn man einen unterbezahlten, zeitlich befristeten Job an der Uni hat (abgesehen von der tagtaeglichen Freude mit der Verwaltung!) ist die Tatsache, dass man praktisch nur von hochinteressanten Kollegen umgeben ist. In USA nennt man solche Leute vorsichtig  'characters'; hier zu Hause reicht die Bandbreite von 'Genie' bis

'total hypergeil abgewedelt'. Frau Bezelmann, Marianne und einige andere Kollegen kennt ihr ja bereits zur Genuege. Heute will ich euch mal ueber die versteckten Kleinodien erzaehlen, die im Verborgenen leuchten wie ein radioaktives Zifferblatt in einer Telefonzelle um 4 Uhr morgens in Wuppertal, in der der Strom ausgefallen ist. (Warnung: die folgende Episode ist mit den abgefahrendsten Allegorien vollgestopft, die man sich vorstellen kann! Ich hoffe, damit die Anzahl der Abonnenten wieder auf ein vernuenftiges Mass zu druecken!) Zum Beispiel komme ich wie ueblich gegen Mittag ins Buero, und unsere Pfoertnerin, Fraeulein Schwengelreiter, laechelt mir freundlich zu. Das waere an sich nicht so ungewoehnlich; sogar der BAfH bekommt ab und zu ein Laecheln - allerdings normalerweise nicht verkehrt herum. Fraeulein Schwengelreiter ist naemlich begeisterte Yoga-Anhaengerin und ihre liebste Uebung ist der Kopfstand auf den Pfoertnerstuhl - ohne Netz und Armlehnen. Manchmal haengt sie sich auch mit den Fersen an den Rohren der Klimaanlage auf, um 'die Wirbelsaeule zu dehnen'. Dann schaut sie mit ihren modisch-schwarzen Trauerklamotten aus wie eine riesige, gut gelaunte Fledermaus, die in Irkutzk zu lange in einem ungefegten Schornstein in Untermiete gehaust hat (da war wieder eine!). Frau Katapopoulou, die griechische Kassiererin in der Cafeteria, ist auch ein besonderer Fall. Um die Abfertigung der langen Studentenschlangen an der Kasse zu beschleunigen, hat sie sich angewoehnt, bereits alles im voraus einzutippen, was sie von der Kasse aus sehen kann. Mit einem gellenden Zuruf "Sechsfuenfundzwanzig und zwei Pfandmarken!" wird man ueber zehn Koepfe hinweg ueber die zu berappende Summe informiert, waehrend der Kaffee noch in die Tasse plaetschert. Irgendwann beschloss Frau Katapopoulou ihr System noch weiter zu verbessern, indem sie ihre angeborenen hellseherischen Faehigkeiten aktivierte. Ein Blick in das Gesicht eines Studenten - und Frau Katapopoulou weiss bereits, was er kaufen wird! Leider funktioniert das System nicht ganz einwandfrei, was zur Folge hat, dass jeder ganz schnell seine Einkaeufe im Kopf nachrechnen muss, wie ein wildgewordener Pentium Pro, dem man gedroht hat, mit Windoofs zu booten, wenn nicht ganz schnell die naechste Finite-Elemente-Simulation zu Ende bringt (da war schon wieder eine!) . Die Abfertigung wird dadurch zwar nicht schneller, aber immerhin trainiert Frau Katapopoulou auf diese Weise die kopfrechnerischen Faehigkeiten der Studenten... Aber unser Glanzstueck ist und bleibt die Hilfsbibliothekarin Ramona, deren eigentliche Aufgabe es waere, die Buecher abzustempeln und allgemeine Auskuenfte zu erteilen. Ramona studiert Kommunikationswissenschaften ­ seit 18 Semestern - mit Nebenfach Philosophie. Ausserdem ist sie seit neuestem praktizierende Agnostikerin. Eine Begegnung mit Ramona laeuft ungefaehr so ab:

Ich: "Ich suche das Buch 'Tausend Tips fuer Daten-Terroristen' von B.E.

Zelbub. Wo finde ich das?"

Ramona: "Ham' wa nich'."

Ich: "Aber es steht im Hauptkatalog, und hier habe ich sogar die Signatur..."

Ramona hebt den Blick von ihrem Spencer, in dem sie angeregt gelesen hat,

und fixiert mich kritisch wie ein kurzsichtiges suedindisches

Spitzmaulnashorn, das zum ersten Mal einen ostfriesischen Touristen mit

gelben Turnschuhen erblickt (