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Zitiervorschau

Gesundheitsatlas Anatomie Der menschliche Körper und seine Funktionen in über 600 Abbildungen

Herausgegeben von Michael Schuler und Werner Waldmann In Zusammenarbeit mit dem Klinikum Kempten-Oberallgäu

Zur Beachtung Die in diesem Buch enthaltenen Informationen wurden mit größter Sorgfalt erstellt. li"otzdem können Verfasser, Lektorat, Verlag und Handel keine Gewähr und Haftung für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der Angaben übernehmen. Das Gleiche gilt für etwaige Personen-, Sach- , und Vermögensschäden, die sich aus dem Gebrauch diesen Buches ergeben. Jede Nutzung der hierin enthaltenen Informationen geschieht auf eigene Verantwortung. Die medizinischen Informationen dieses Buches ersetzen in keinem Fall die Anweisungen eines Arztes oder eines anderen Angehörigen der Heilberufe. Sie dürfen nicht zur Diagnose oder Therapie eines gesundheitlichen oder medizinischen Problems oder einer Krankheit verwendet werden. Da Informationen im laufe der Zeit veralten können, ist es unbedingt erforderlich , stets den Rat eines Arztes oder Apothekers einzuholen.

Herausgeber: Michael Schuler, Werner Waidmann Autoren und wissenschaftliche Beratung: Dr. med. Baschar Al-Khalaf, Dr. med. Wolfgang Angeli , Prof. Dr. med. Andrik Aschoff, Prof. Dr. med. Ricardo Felberbaum , Dr. med. Wolfgang Frei , Dr. med . Rudolf Gumpinger, Dr. med . Manfred Held , Dr. med. Adalbert Huber, Dr. med . Alfred Huber, Dr. med . Stephan Luda, Dr. med . Max Markmiller, Dr. med . Herbert Müller, Priv.-Doz. Dr. med . Otto Prümmer, Dr. med . Klaus Rosskopf, Dr. med. Friedrich Seidel , Prof. Dr. med. Dr. h. c. Peter Sterk, Dr. med . Dr. med . dent. Robert Wiedenmann Illustrationen : Thomson Digital , Noida Art Direction: Dr. Magda Antonic Redaktion: Simone Harland Research : Ulrike Hammer Satz: Ulla Pieper Konzeption/Realisation : MediText Dr. Antonic, Ostfildern

Anatomie als Kunst und ärztliches Basiswissen Der Begriff Anatomie leitet sich von dem griechischen Wort „anatemnein" ab, das die Tätigkeit des Zergliederns, Zerteilens oder Zerschneidens bezeichnet. Und so sind im Lauf der Geschichte der Anatomie auch die Erkenntnisse über den menschlichen Organismus gewachsen: Die Anatomen zerlegten Leichen, um Gestalt und Struktur des Körpers mit seinen einzelnen Organen zu erfassen, möglichst detailgetreu zu beschreiben - und in ihrem Zusammenspiel zu verstehen: Wie funktionieren Herz und Blutkreislauf, wie läuft die Atmung ab, wie wird Nahrung verdaut? Für die Struktur des tierischen und menschlichen Körpers interessierte sich der Mensch schon sehr früh. Die ersten Zeugnisse dieses anatomischen Interesses findet man bereits in Motiven der prähistorischen Höhlenmalerei. Um medizinische Erkenntnisse ging es den Künstlern damals jedoch noch nicht. Es trieb sie nur eine diffuse Neugier, was sich denn hinter einem lebenden Organismus wohl verberge und wie dieser funktioniere.

Beginn der modernen Anatomie In der Antike entwickelte sich in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria eine bis dahin einmalige Kultur des Wissens und Forschens. Die Metropole besaß die gewaltigste Bibliothek der Antike, in der damals die unfassbare Anzahl von 700 000 Schriftrollen lagerte. Diese Bibliothek war auch das Zentrum der . Alexandrinischen Schule, die viele bedeutende Philosophen und Wissenschaftler hervorbrachte, beispielsweise Heron, Ptolemäus und Euklid. Kein Wunder, dass Alexandria Künstler und Wissenschaftler von weit her anzog, darunter auch Claudius Galenus aus Pergamon (der uns auch unter dem Namen Galen bekannt ist) . Galen galt als exzellenter Arzt und Anatom, der das medizinische Wissen seiner Zeit in über 400 Schriften systematisch zusammenstellte. Er sammelte Wissen, trug selbst jedoch nur wenig dazu bei. Und er verstand sich zu „verkaufen" und alle Konkurrenten gnadenlos an die Wand zu drücken. Sein Werk ist voller Selbstlob und Polemik gegen andere Ärzte. Nur Hippokrates ließ er DB H Vl.!AN I

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„neben sich" gelten. Immerhin gelang es ihm aber, mit seinem selbstgefälligen Anspruch auf Unfehlbarkeit die Weiterentwicklung der Medizin für lange Zeit zu blockieren. Dreizehn Jahrhunderte lang machten Anatomie und Medizin keine nennenswerten Fortschritte. Man schwor auf Galens Schriften. Erst die Renaissance brachte die große Wende. Andreas Vesalius war es, der die jahrhundertelang kaum hinterfragten Glaubenssätze Galens anfocht. Er revolutionierte die Medizin seiner Zeit und begründete die moderne Anatomie. Für die Anatomie, also die Beschreibung des menschlichen Körpers, interessierten sich damals seltsamerweise nicht die Ärzte, sondern die bildenden Künstler. Namhafte Meister wie Michelangelo, Raffael, Dürer und Leonardo studierten den menschlichen Körper und den der Tiere. Ohne exaktes Studium des Knochenskeletts und der Muskulatur wäre es Künstlern wie Luca Signorelli, Domenico Veneziano oder Michelangelo nie möglich gewesen, derart faszinierende, wirklichkeitsnahe Menschenbilder in den Gotteshäusern zu schaffen. Die geistlichen Auftraggeber wussten natürlich , auf welche Weise die Künstler sich ihr anatomisches Wissen verschafften. An Leichen wurden Skelett und Muskulatur studiert. Nur Leonardo da Vinci wollte in allem, was er begann, die Grenzen überschreiten. Er wollte in Erfahrung bringen, wie es im Innersten des Körpers aussah - wie Herz, Gehirn und Fortpflanzungsorgane funktionierten. Doch DECIMA solches Tun galt dem Klerus als Leichenschänderei und war ein strenges Tabu. Dies war jedoch nicht immer so gewesen. Im 13. Jahrhundert etwa hatte Friedrich der Staufer von seinen Ärzten verlangt, dass sie ein Jahr lang Anatomie studierten und dabei auch Leichen sezierten. Dazu durften freilich , insbesondere auf Druck der Kirche, nur Personen herhalten, die ohnehin der Hölle geweiht waren, also Verbrecher und kurioserweise - auch Henker. Wer den Leichnam eines Christen sezierte, lief Gefahr, exkommuniziert zu werden. Und

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Andreas Vesalius: De corporis humani fabrica libri septem

Die Anatomie des Dr. Tulp, Rembrandt van Rijn, 1632 (Öl auf Leinwand)

selbst wenn niemand davon erfuhr, lebten solch Wagemutige fortan doch in der Furcht, nach ihrem Tod auf ewig im Höllenfeuer zu schmoren. Leonardo ließ sich durch solche Ängste und Restriktionen nicht einschüchtern. 1507 bot sich ihm in Florenz, im Krankenhaus Santa Maria Nuova, die Gelegenheit, Leichen jeder Herkunft zu sezieren. Auch die Ärzte des Krankenhauses nahmen in manchen Fällen Autopsien vor, und Leonardo (der sich dafür auch erkenntlich zeigte und manches seiner Werke dem Krankenhaus schenkte) war es gestattet, selbst in dunklen, modrigen Kellerlöchern ausgiebig zu sezieren. Diese Chance nutzte er und erarbeitete sich auf diese Weise sehr detaillierte anatomische Kenntnisse, die er in seinen Notizbüchern akribisch festhielt. Im Zeitalter der Aufklärung kamen sogar anatomische Theater in Mode, die neben der Wissenschaft auch morbider Unterhaltung dienten. Das Theatrum Anatomicum stellte

eine Art Hörsaal für anatomische Vorlesungen und Übungen dar. Charakteristisch war die Sitzordnung: Rund um eine „Bühne" mit einem Tisch , auf dem die Leichen zergliedert wurden, erhoben sich , ähnlich einem Amphitheater, die Sitzreihen für die Zuschauer. Und da saßen keineswegs nur Studenten der Medizin, sondern auch Laienpublikum , das ein solch schauriges Spektakel offenbar sehr genoss.

Analyse bis ins kleinste Detail Die Anatomie beschreibt zunächst die äußere Form des menschlichen Körpers und dann die ins Detail gehende Struktur, also den inneren Aufbau der Organe. Deren Bestandteile werden makroskopisch und anschließend - nach und nach auf immer kleinere Einheiten zielend - mikroskopisch bis in den molekularen Bereich hinein beschrieben. Denn erst wenn die feinsten Strukturen erfasst sind , lässt

sich die Funktion eines Organs verstehen. Erst diese Erkenntnisse befähigen den Arzt, krankhafte Veränderungen zu erfassen, deren Wesen zu erkennen und aus diesem Wissen heraus Krankheiten zu behandeln. Anatomie ist also beileibe keine langweilige, trockene Wissenschaft, sondern die Basis jeder ärztlichen Tätigkeit. Nehmen wir zum Beispiel einen Chirurgen: Ohne subtilste Kenntnisse der Struktur des Körpers wäre er nicht in der Lage, einen Defekt im Organismus zu erkennen, diesen mit dem Skalpell zu beseitigen und dadurch die eingeschränkte Funktion eines bestimmten Organs wiederherzustellen. Und Aufnahmen bildgebender Verfahren wie Röntgen, Ultraschall , Computer- oder Kernspintomographie wären ohne genaue Kenntnis anatomischer Details gar nicht zu deuten. Die Anatomie gliedert sich in drei elementare Bereiche. Einmal ist dies die makroskopische Anatomie: Sie beschreibt alles, was größer als 1 mm , also mit bloßem Auge oder dem Vergrößerungsglas wahrzunehmen ist. Die mikroskopische Anatomie setzt - wie der Name schon sagt - das Mikroskop ein und betrachtet Strukturen unterhalb der Größe eines Millimeters. Zur mikroskopischen Anatomie rechnet man auch die Histologie (Gewebelehre) und die Zytologie, welche Aufbau und Funktion der Zellen beschreibt. Das Elektronenmikroskop erlaubt es durch sein immenses Auflösungsvermögen, die Ultrastruktur zellulärer und subzellulärer Strukturen zu erkennen. Die molekulare Anatomie schließlich geht bis an die letzten Grenzen und beschreibt den molekularen Aufbau von Zellen. Ohne Kenntnisse der Biochemie und Zellbiologie wäre dies nicht möglich . Weitere Teilgebiete der Anatomie sind die vergleichende Anatomie und die systematische Anatomie. Erstere vergleicht Tier und Mensch miteinander. Die systematische Anatomie teilt die Körperstrukturen in Organe und Organsysteme, also beispielsweise in Bewegungs- , Nerven-, Herz-Kreislauf-, Atmungs-, Verdauungs-, Urogenitalsystem usw. ein.

Dies erklärt, warum sich im klinischen Alltag oft Begriffe eingebürgert haben, die früher durchaus gebräuchlich waren, heute aber nicht mehr der offiziellen Nomenklatur entsprechen. Das vorliegende Werk sieht sich der ganzheitlichen Betrachtung des menschlichen Körpers verpflichtet. Es wird versucht, den Bau des Körpers und einzelne Systeme darzustellen, dabei jedoch stets die Funktion mit herauszuarbeiten. Überschneidurrgen sind auf diese Weise nicht immer zu vermeiden. So gehört die Zunge beispielsweise in die Kategorie des Verdauungstraktes, jedoch ebenso in die der Sinnesorgane, denn mit der Zunge schmecken wir Getränke und Speisen. Wir führen immer zuerst die deutschen Bezeichnungen an und fügen in Klammern dann die lateinisch -griechischen Fachbezeichnungen hinzu . Oftmals existieren jedoch keine deutschen Termini ; in solchen Fällen nennen wir nur die fremdsprachigen Fachbegriffe. Wir verstehen Anatomie in diesem Werk als medizinische Disziplin. Die Darstellungen dienen dem Verständnis für Krankheitsbilder. In ausgewählten Fällen gehen wir auch auf anatomische Veränderungen im Krankheitsfall ein, ebenso auf Behandlungsmethoden. Unsere Absicht ist es, Anfängern im Medizinbetrieb und vor allem dem interessierten, mündigen Patienten oder gesundheitsbewussten Laien umfassende Erstinformationen zu vermitteln : das Wissen um die Funktionen unseres Körpers und seiner Organe und um deren Zusammenspiel. Wir danken den Ärzten des Klinikums Kempten -Oberallgäu für ihre wertvolle Mitarbeit, für fachliche Anregungen und Korrekturen. So ist dieses Werk aus dem klinischen Alltag heraus entstanden und berücksichtigt die Wissenswünsche der Patienten.

Michael Schuler und Werner Waidmann

Die Sprache der Anatomie Die Anatomie bedient sich einer Fachsprache, der anatomischen Nomenklatur. Sie wird nicht nur in der Anatomie verwendet, sondern auch in der praktischen Medizin. Die heute allgemein gültige anatomische Fachsprache stammt aus dem Jahr 1998, ist also noch relativ jung. Freilich ändert sich im laufe der Zeit vieles. So treten hin und wieder Kommissionen zusammen, die die Fachausdrücke modifizieren.

IN HALT Kapitel 1 - DER KÖRPERBAU 16 18 19

20 22 24 25 26 27 28 29 30 31

32 33 34 35

Richtungs- und Lagebezeichnungen des Körpers Achsen und Ebenen des Körpers Gliederung des Körpers Körpersysteme 1 Körpersysteme II Brust- und Bauchorgane von vorn Brust- und Bauchorgane von hinten Brust- und Bauchorgane von rechts Brust- und Bauchorgane von links Skelett und Muskulatur von vorn Skelett und Muskulatur von hinten Röntgenaufnahme CT (Computertomographie) MRT (Magnetresonanztomographie) Ultraschall Szintigraphie PET (Positronenemissionstomographie)

Kapitel 2 - SKELETT, MUSKELN UND GELENKE

38 40 41

42 43 44 45 46 47 48 49 50 51

52 53 54 55 56 57 58 59 60

62 63 64

Skelett Skelettmuskulatur von vorn Skelettmuskulatur von hinten Struktur des Skelettmuskels Knochenaufbau , Knochentypen Knochenentwicklung Knochenfrakturen Hirnschädel von vorn Hirnschädel von der Seite Schädelbasis, Schädelnähte, Fontanelle Gesichtsschädel Mimische Muskulatur Halsmuskulatur Halswirbel Wirbelsäule Rückenmuskulaur, Beweglichkeit der Wirbelsäule Wirbelsäulenabschn itte Aufbau der Bandscheiben Stadien der Bandscheibendegeneration Bandscheibenvorfall Brustkorb, Atemmuskulatur Bauchwand, Leistenkanal , Hernien Muskulatur des Schultergürtels Knochen des Schultergürtels Arm

65 66 67 68 69 70 71 72 74 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85

Muskulatur des Oberarms Skelett der Hand Muskulatur der Hand Sehnenscheiden der Hand Karpaltunnelsyndrom Weibliches Becken Männliches Becken Hüftgelenk Knochen und Muskulatur des Beins Kniegelenk Meniskusriss Fuß von der Seite Fuß von vorn Sprunggelenkverletzungen Deformitäten des Fußes Echte Gelenke Gelenkformen 1 Gelenkformen II Gelenkformen 111

Kapitel 3 - KREISLAUF, GEFÄSS- UND LYMPHSYSTEM

88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105

Arterielle Blutversorgung Venöse Blutversorgung Darstellung des Köperkreislaufs Kapillarsystem Arterien der Extremitäten Venen der Extremitäten Große Arterien des Rumpfes Windkesselfunktion der Arterien Funktionsweise der Venen Krampfadern Puls am Arm Puls an Kopf und Hals Puls am Bein Lymphsystem Lympknoten im Halsbereich Aufbau des Lymphknotens Milz Thymus

Kapitel 4 - DAS HERZ

108 109 110 111 112

Vorderansicht des Herzens Röntgenaufnahme des Thorax Rückansicht des Herzens Längsschnitt des Herzens Pumpaktion des Herzens

113 114 115 116 118 119 120 122 123 124 125 126 127

Segel- und Taschenklappen Aufbau der Segel- und Taschenklappen Künstliche Herzklappen Kunstherzsysteme Herzkranzgefäße Koronarstenose Herzinfarkt Reizleitungssystem des Herzens EKG-Ableitung Herzrhythmusstörungen Herzschrittmacher, ICDs, Eventrecorder Angeborene Herzfehler Herzklappeninsuffizienz

Kapitel 5 - DIE ATMUNG

130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141

Übersicht über die Atmungsorgane Rachen Nasenhöhlen Nasennebenhöhlen Kehlkopf und Luftröhre Bronchialbaum Lungensegmente Flimmerepithel der Bronchialschleimhaut Lungenbläschen Atemmechanik Pneumothorax Bronchialkarzinom

Kapitel 6 - DAS VERDAUUNGSSYSTEM

144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160

Verdauungsorgane Blick in die geöffnete Mundhöhle Zunge Kauvorgang Milchzähne Bleibende Zähne Aufbau eines Zahns Zahnerkrankungen Zahnersatz Speicheldrüsen Topographie des Rachens Speiseröhre und Luftröhre Speiseröhre Schluckakt oben Schluckakt unten Schichten der Bauchwand Magen von vorn

161 162 164 165 166 167 168 170 171 172 173 175 176 177 178 179 180 181 182 183

Magen von innen Magenschleimhaut Magenspiegelung Aufbau und Lage des Dünndarms Leer- und Krummdarm Querschnitt des Dünndarms Längsschnitt des Dünndarms Abschnitte des Dickdarms Blinddarm Polypen Divertikel Enddarm und After Hämorrhoiden Andere Enddarmerkrankungen Leber Leber und Gallenblase Leberläppchen, Leberzellen Lebererkrankungen Milz Bauchfell

u u u -----~~~ Kapitel 7 - DAS HORMONSYSTEM

186 187 188 189 190 191 192 193 194 195

Endokrine Organe Exo- und endokrine Drüsen Entwicklung des endokrinen Systems Hypothalamus und Hypophyse Thymus eines Neugeborenen Thymus eines Erwachsenen Nebennieren Schilddrüse Nebenschilddrüsen Bauchspeicheldrüse

Kapitel 8 - GEHIRN UND NERVENSYSTEM

198 199 200 201 202 203 204 205 206 209 210 211

Zentrales Nervensystem Peripheres Nervensystem Rückenmark und Rückenmarksnerven Wirbelkanal Querschnitt des Rückenmarks Verteilung der grauen und weißen Substanz Reflexe und Reflexbogen Weiterleitung von Nervenimpulsen Struktur von Nerven und Nervenzellen Neurotransmitter Gehirn Lappengliederung

212 214 215 216 217 218 219 220 221 222 224 225 226 228 229

Großhirn und Zwischenhirn Funktion der Großhirnrinde Arterielle Versorgung des Gehirns Venöse Versorgung des Gehirns Hirnhäute Rückenmarkshäute Hirnkammern Liquorräume und Lumbalpunktion Hirnnerven Hirnstamm Limbisches System Kleinhirn Funktion wichtiger Gehirnareale Nervus trigeminus Nervus facialis

Kapitel 9 - DIE GESCHLECHTSORGANE 232 233 234 235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 246 248 249 250 251

Männliches Geschlechtsorgan Hodensack von vorn Penis Hodenkanälchen Spermium Weibliches Geschlechtsorgan Vulva Perineum Gebärmutter Gebärmuttervorfall Gebärmuttermyom Aufbau der Plazenta Lage des Fetus Entwicklung des Fetus Perioden der Geburt Kinderwunschtherapie Aufbau der Brust Brustkrebs

Kapitel 10 - DIE HAUT 254 255 256 257 258 259

Aufbau der Haut Talg -, Schweiß- und Duftdrüsen Finger- und Zehennägel Struktur des Haars Hautveränderungen Hautkrankheiten

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Kapitel 11 - DIE SINNESORGANE

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262

Äußeres Auge

263 264 265 266 267 268

Sehbahnen Schnitt durch die Augenhöhle Tränenapparat Augapfel Wirkung der Augenmuskeln Iris und Pupille

269 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283

Schichten der Netzhaut, Augenhintergrund Augenlinse Sehfehler Heildunkelanpassung, Farbenwahrnehmung Augenerkrankungen Bau des Hörorgans Mittelohr Innenohr Signalverarbeitung Aufbau des Gleichgewichtsorgans Funktion des Gleichgewichtsorgans Geschmacksknospen der Zunge Riechschleimhaut Sinnesrezeptoren in Haut, Muskeln, Gelenken Schmerzgedächtnis, Kopfschmerzen

Kapitel 12 - DAS HARNSYSTEM

286 287 288 289 290 292 294 295

Lage der Nieren Niere Querschnitt durch die Niere, Nierenkörperchen Dialyse und Nierentransplantation Harnblase Harnröhre der Frau und des Mannes Prostata BPH und Prostatakrebs

ANHANG 296 304

Register Abbildungsnachweis

Kapitel 1

Der Körperbau Der menschliche Körper ist ein perfekt aufgebauter Organismus, der sich aus sich selbst heraus bildet, der wächst und sich verändert. Die einzelnen Organe bilden insgesamt zehn Körpersysteme, die sich alle gegenseitig brauchen und beeinflussen. So ist etwa das Atmungssystem auf das Kreislaufsystem angewiesen, weil dieses das mit Sauerstoff

angereicherte Blut überall im Körper verteilt und das mit Kohlendioxid angereicherte Blut zur Reinigung zu den Lungen transportiert. Damit der Körper perfekt arbeiten kann und gesund bleibt, müssen alle Organgruppen optimal funktionieren und zusammenwirken.

16

~

KÖRPERBAU

Richtungs- und Lagebezeichnungen des Körpers Für Humanbiologen und Mediziner sind genaue Kenntnisse über den Aufbau des menschlichen Körpers von großer Wichtigkeit. Für den Austausch mit anderen Wissenschaftlern sind daher exakte Lage- und Richtungsbezeichnungen unabdingbar. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurden u. a. Orientierungslinien wie die Linea mediana anterior eingeführt, die den menschlichen Körper auf der Vorderseite genau in der Mitte senkrecht teilt. Ihr Spiegelbild ist die Linea mediana posterior, die den Körper auf dessen Rückseite vom Scheitelpunkt des Kopfes bis zu den Beinen durchzieht. Weitere Linien wie die Linea sternalis (eine senkrechte Linie im Bereich des Brustbeins) sorgen dafür, dass der Arzt z.B. bei der Diagnosestellung den Ort eines krankhaften Vorgangs exakt eingrenzen kann. Neben den Orientierungslinien gibt es eine Reihe von Richtungs- und Lagebezeichnungen : So bedeutet distal beispielsweise von der Körpermitte entfernt und proximal zur Körperm itte hin verlaufend.

Linea mediana posterior

kranial, superior Linea sternalis Linea axillaris anterior-

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Brustkorb nach maximaler Einatmung

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0\ Zwerchfell nach maximaler Einatmung

Komplementärraum zwischen Rippen und Zwerchfell

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Zwerchfell nach maximaler Ausatmung

Die treibenden Kräfte für den Gasaustausch zwischen den Alveolen und der Umwelt sind unterschiedliche Drücke. Bei der Einatmung (Inspiration) muss der Druck in den Alveolen (intrapulmonaler Druck) niedriger, bei der Ausatmung (Exspiration) größer als der Außendruck (atmosphärischer Druck) sein. Um dies zu gewährleisten, muss das Lungenvolumen bei der Einatmung vergrößert, bei der Ausatmung verkleinert werden. Bei der Einatmung wird dazu der Brustraum erweitert, wobei der frei werdende Raum durch Volumenzunahme der Lungen ausgefüllt wird . Bei der Rippenatmung wird beim Einatmen der Brustkorb durch die äußeren Zwischenrippenmuskeln gehoben und auf Grund der schräg gestellten Rippen erweitert. Bei der Ausatmung wird der Brustraum durch Volumenabgabe der Lungen wieder verkleinert. Der größte Teil der Volumenverschiebung wird durch das Zwerchfell erreicht. Die lnterkortalmuskeln spielen nur bei körperlicher Anstrengung eine Rolle (Atemhilfsmuskulatur).

äußere Zwischenrippenmuskeln (Mm . intercostales externi)

Einatmung (lnspiratio) Ausatmung (Exspiratio) '

1

140

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ATMUNG

Pneumothorax Wenn Luft in den Pleuraspalt (Spalt zwischen Rippen- und Lungenfell , der mit Flüssigkeit gefüllt ist) geraten ist, sodass der dort herrschende Unterdruck aufgehoben wird , bezeichnet man dies al s Pneumothorax. Dabei fällt der betroffene Lungenflügel durch die Aufhebung des Unterdrucks in sich zusammen und kann nicht allein durch die Atemmusku latur wieder zur Ausdehnung gebracht werden. Der Lungenflügel kan n dann seine Funktion beim Gasaustausch nicht mehr erfü llen. Ursache für einen Pneumothorax kann eine äußere Verletzung sein, die bis zu m Pleu raspalt reicht (offener Pneumothorax), eine innere Verletzung, z. B. ei n Rippenbruch (geschlossener Pneumothorax) ode r, wie in den meisten Fällen, die Luft gelangt durch ein geplatztes Lungenbläschen (Lungenemphysem) in den Pleuraspalt. Die gefährlichste Form ist der Spannungspneumothorax . Hier gelangt Luft in den Pleuraspalt, kann ihn aber nicht wieder verl assen (Ventilmechanismus). Der Pleuraspalt bläht sich auf und der gesunde Lungenflügel und das Herz werden ve rdrängt, was zu Herz- oder Atmungsversagen fü hrt. Einatmung (lnspiratio)

Ausatmung (Exspi ratio)

offener Pneumothorax

zusammengefallene Lunge

Einatmung (l nspiratio)

Ausatmung (Exspi ratio)

~ Loch mit \ Ventil- " " funktion ~

Spannungspneumothorax oder Ventilpneumothorax

~~ THORAKOSKOPIE

Die Behandlung eines Pneumothorax kann bei wiederholtem Lungenkollaps durch die Thorakoskopie erfolgen. Hierbei wird durch einen kleinen Hautschnitt ein Hohlinstrument (Trokar) zwischen den Rippen vorgeschoben. Durch dieses wird das optische Instrument (Thorakoskop) in die Brusthöhle eingeführt, oft kontrolliert durch Röntgendurchleuchtung. Der Arzt kann bei diesem Eingriff die Lungenoberfläche und das Rippenfell begutachten und kleinere Eingriffe vornehmen. Im Falle eines Pneumothorax wird die Luft mit Hilfe einer Vakuum pumpe aus dem Pleuraspalt entfernt.

Brustkorb

Pneumothorax, Bronchialkarzinom 141

Bronchialkarzinom Die bösartige Bildung (mal igne Neoplasie, „Krebs"), die von Zellen der unteren Luftwege (Bronchien) ausgeht, nennt man Bronchialkarzinom (Lungenkrebs). Das Risiko, ein Bronch ialkarzinom zu bekommen, ist vor allem bei Rauchern signifikant erhöht. Nichtraucher erkranken nur selten daran. Die genaue Ursache, die zur Entstehung eines Bronchialkarzinoms führt, ist auch heute noch nicht abschließend geklärt . Es werden verschiedene Typen des Bronch ialkarzi noms unterschieden :

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kleinzellige und nicht kleinzellige Karzinome (z. B. das Plattenepithelkarzinom , das Adenokarzinom , das Al-

kollabierter Lungenabschnitt durch Einengung von Bronchien

Karzinom der Lungenspitze

Lymphknotenbefall , Hilusmetastasen

veolarzellkarzinom). Das Bronchialkarzinom kann Metastasen in vielen weiteren Organen bilden. Ei n Bronchi alkarzi nom kann durch Operation, Chemotherapie und Radiotherapie behandelt we rden. Da Bronchialkarzinome aber häufig erst spät entdeckt werden, sind sie oft inoperabel und nur noch palliativ behandelbar.

Lungenmetastasen des Bronchialkarzinoms

Lymphgefäße der Lunge sind von Tumorzellen befallen

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BRONCHOSKOPIE

Zur Spiegelung der Bronchien wird ein biegsames optisches Instrument (Bronchoskop) durch den Mund oder die Nase in die Luftröhre und weiter bis in Verzweigungen der Bronchien eingeführt. Während dieser Spiegelung kann der Arzt Prob en von Flüssigkeit und kleine Gewebsstücke aus Lungen, Luftröhre, Bronchien oder Lymphgewebe entnehmen.

Biopsiezange

Kapitel 6

Das Verdauungssystem Die Organe bzw. Organsysteme, die der Aufnahme, der Verkleinerung und dem Weitertransport der Nahrung dienen, bilden das Verdauungssystem. Aufgeteilt in den oberen und unteren Verdauungstrakt gehören dazu die Mundhöhle mit Zunge und Zähnen genauso wie Speiseröhre und Magen sowie der Darm , die Leber und die Gallenblase. Das zentrale Organ des gesamten Stoffwechsels ist die Leber, die zudem im erwachsenen Körper auch die größte Verdauungsdrüse ist. Das größte Organ des Verdauungstraktes hingegen ist mit ca. fünf bis sechs Metern der Dünndarm, der in gefalteten Schlingen in der Bauchhöhle verteilt liegt und vor allem der Aufnahme von über die Nahrung aufgenommenen Substanzen und Wasser dient.

144

~ VERDAUUNGSSYSTEM

Verdauungsorgane Der Verdauungstrakt, der für die Zerkleinerung der Speisen, die Aufnahme der Nährstoffe ins Blut und damit für unsere Energiezufuhr sowie für die Ausscheidung unverdaulicher Nahrungsreste zuständig ist, nimmt seinen Anfang im Mund. In der Mundhöhle wird die Nahrung von den Zähnen zerkleinert, die Speicheldrüsen mischen ihr Flüssigkeit bei , die die Speisen ebenfalls aufspaltet und dafür sorgt, dass sie die Speiseröhre leicht hinuntergleiten kann. Im Magen wird die Nahrung weiter zerkleinert, um dann an den Zwölffingerdarm, den ersten Abschnitt des Dünndarms, weitergeleitet zu werden. Dort kommen die von der Leber produzierte Gallenflüssigkeit und der von der Bauchspeicheldrüse produzierte Bauchspeichel hinzu , die für die Fettverdauung unabdingbar sind . Der Dünndarm leitet die Nährstoffe ans Blut weiter. Der Dickdarm dickt die unverdaulichen Speisereste ein und transportiert sie zum After, wo sie als Kot ausgeschieden werden.

Mundhöhle (Cavitas oris) mit Zähnen und Zunge

Rachen (Pharynx)

Speiseröhre (Oesophagus)

Leber (Hepar)

Magen (Gaster)

Zwölffingerdarm

(Duodenum)

Bauchspeicheldrüse

(Pancreas) Gallenblase

(Vesica fellea) querer Dickdarm Leerdarm (Jejunum)

(Colon transversum)

Krummdarm (Ileum)

aufsteigender Dickdarm

(Colon ascendens)

Blinddarm (Caecum)

Wurmfortsatz

(Appendix vermiformis)

S-förmiger Dickdarm

(Colon sigmoideum)

Verdauungsorgane, Mundhöhle 145

Blick in die geöffnete Mundhöhle Die Mundhöhle ist der Teil des Körpers, in dem die Verdauung beginnt. Die Zähne zerkleinern die Nahrung und der Speichel, der von den Speicheldrüsen über Gänge in den Mund geleitet wird, enthält Enzyme, die bereits mit der Aufspaltung der Speisen beginnen. Die zweite wichtige Aufgabe der Mundhöhle ist die Bildung der Laute. Auch an der Mimik ist die Mundhöhle wesentlich beteiligt. Nach vorn wird sie durch die Lippen begrenzt, nach oben durch den harten und den weichen Gaumen , nach unten durch den Mundboden und nach hinten geht sie in den Rachen über. Auch die Wangen bilden einen Teil der Mundhöhle, genauso gehört die Zunge zu ihr. Außerdem sind Gaumenmandeln und Zäpfchen Bestandteil der Mundhöhle. Erstere gehören zum lymphatischen System und sind damit für die Abwehr von Krankheiten zuständig, Letzteres ist notwendig, um bestimmte Laute zu bilden, und löst gleichzeitig bei Berührung den lebensnotwendigen Würgereflex aus.

Oberlippe, hochgezogen (Labium superius oris)

/

oberes Lippenbändchen

~ (Frenulum labii superioris)

Zahnfleisch (Gingiva) ~

harter Gaumen (Palatum durum)

__._ Zahnfleisch (Gingiva)

weicher Gaumen (Palatum molle)

vorderer Gaumenbogen (Arcus palatoglossus)

Zäpfchen (Uvula)

Rachen (Pharynx)

Wange (Bucca) ---

Mahlzahn (Dens molaris) Gaumenmandel (Tonsilla palatina)

Zungenbändchen (Frenulum linguae)

~

Schneidezahn (Dens incisivus)

Mundvorhof (Vestibulum oris)

Unterlippe, herabgezogen (Labium inferius oris)

146

~ VERDAUUNGSSYSTEM

Zunge Die Zunge ist im Prinzip ein Muskel, der wesentlich am Kau- und Schluckvorgang sowie an der Lautbildung beteiligt ist. Daneben ist sie wesentlicher Bestandteil des Geschmackssinns, denn auf ihr liegen so genannte Geschmacksrezeptoren, die verschiedene Geschmacksrichtungen erkennen. Die Zunge ist nach hinten am Zungenbein befestigt, vorn ist sie durch das Zungenbändchen in der Mundhöhle verankert. Ihre Oberfläche besteht aus Schleimhaut, in der verschiedene Papillen liegen, die fürs Schmecken zuständig sind und ihren Namen aufgrund ihrer Form tragen. Manche Papillen beinhalten Geschmacksknospen. Fürs Kauen sind daneben verschiedene Muskeln zuständig, die Schneide- und Mahlbewegungen des Kiefers ermöglichen.

Wallpapille (Papilla vallata)

Fadenpapille (Papilla filiformis)

Geschmacksknospe

Spüldrüsen Pilzpapille (Papilla fungiformis)

Zunge, Kauvorgang 147

Kauvorgang

Schläfenmuskel (M. temporalis)

Am Kauvorgang sind die Zähne, die Zunge und bestimmte Muskeln beteiligt. Der Schläfenmuskel - er führt von den Schläfen zum Muskelfortsatz des Unterkiefers - und der Kaumuskel - er setzt am Jochbein an - sind für das Zerteilen von Nahrung verantwortlich. Die Flügelmuskeln (mittlerer und seitlicher Flügelmuskel) , die hinter dem Unterkiefer liegen, ermöglichen die Mahlbewegungen des Unterkiefers.

Kaumuskel (M. masseter)

seitlicher Flügelmuskel (M . pterygoideus lateralis)

mittlerer Flügelmuskel (M. pterygoideus medialis) Mundringmuskel (M. orbicularis oris)

148

~ VERDAUUNGSSYSTEM zentraler Schneidezahn - 8. bis 12. Monat (Dens incisivus) lateraler Schneidezahn - 12. bis 24. Monat (Dens incisivus) Eckzahn - 16. bis 24. Monat (Dens can inus) erster Backenzahn 12. bis 16. Monat (Dens praem olaris) zweiter Backenzahn 24. bis 32. Monat (Dens praemolari s)

J

zweiter Backenzahn 24. bis 32. Monat (Den s praemolaris)

erster Backenzahn 12. bis 16. Monat (Den s praemolaris)

Eckzahn -16. bis 24. (Dens canin us)

Monat---=~

lateraler Schneidezahn -

12. bis 15. Monat (Dens incisivus) zentraler Schneidezahn_ 6. bis 8. Monat (Dens incisivus)

Milchzähne Das Milchzahngebiss ist das erste Gebiss des Menschen. Die 20 Milchzähne des Kindes wachsen durchschnittlich ab dem sechsten Lebensmonat, oft jedoch auch schon früher. Man spricht davon, dass die Zähne „durchbrechen': was für das betroffene Kind durchaus schmerzhaft sein kann. Als Erstes wachsen die unteren Schneidezähne, gefolgt von den oberen Schneidezähnen . Als Letztes brechen die zweiten Backenzähne (zweiter Milch-Molar) etwa gegen Ende des zweiten Lebensjahres durch. Die Wurzeln der Milchzähne wachsen während der Folgezeit noch , diese werden durch das Folgegebiss, die „bleibenden Zähne", aufgelöst. Im Alter von etwa sechs Jahren beg innt der Zahnwechsel mit dem Herausfallen wiederum der Schneidezähne. Abgeschlossen ist er in der Regel mit ca. 13 Jahren, wenn der zweite MilchMolar herausfällt.

Milchzähne, bleibende Zähne 149

Bleibende Zähne Das bleibende Gebiss besteht, sofern es vollständig ist, aus 32 Zähnen. Die unteren und die oberen Schneidezähne sind die ersten bleibenden Zähne, die im Alter von etwa sieben bis acht Jahren vollständig vorhanden sind. Der erste bleibende Backenzahn (erster Molar) wächst bereits im Kindesalter, wenn noch das Milchgebiss vorhanden ist. Im Alter von 11 bis 13 Jahren kommt dann der zweite Backenzahn (zweiter Molar) hinzu . Die so genannten Weisheitszähne (dritter zentraler Schneidezahn - 7 bis 8 Jahre (Dens incisivus) Molar) brechen oft erst ab etwa dem 17. Lebensjahr durch , oft jedoch auch lateraler Schneidezahn - 8 bis 9 Jahre noch viel später. (Dens incisivus)

Eckzahn - 11 bis 12 Jahre (Dens caninus)

7

8

9 erster Backenzahn - 9 bis 1O Jahre (erster Dens praemolaris) zweiter Backenzahn -10 bis 12 Jahre (zweiter Dens praemolaris)

13

Mahlzahn - 6 bis 7 Jahre (erster Dens molaris)

~-.--- erster

14

2

zweiter Mahlzahn 12 bis 13 Jahre (zweiter Dens molaris)

15

Weisheitszahn 17 bis 21 Jahre (dritter Dens molaris)

Weisheitszahn 17 bis 21 Jahre (dritter Dens molaris) zweiter Mahlzahn -

~--s-- 11 bis 13 Jahre

(zweiter Dens molaris) erster Mahlzahn - 6 bis 7 Jahre (erster Dens molaris)

__

,__,_

zweiter Backenzahn -11 bis 12 Jahre (zweiter Dens praemolaris)

erster Backenzahn - 9 bis 1O Jahre (erster Dens praemolaris) zentraler Schneidezahn 7 bis 8 Jahre (Dens incisivus)

Eckzahn - 9 bis 10 Jahre (Dens can inus) lateraler Schneidezahn - 7 bis 8 Jahre (Dens incisivus)

150

~ VERDAUUNGSSYSTEM

Aufbau eines Zahns Jeder Zahn besitzt einen Anteil , der aus dem Zahnfleisch hervorschaut, von Zahnschmelz bedeckt ist und das Kauen oder Abbeißen übernimmt. Dieser wird als Zahnkrone bezeichnet. Der im Kiefer befindliche Teil des Zahns heißt Zahnwurzel. Sie ist von der Wurzelhaut sowie einem knochenähnlichen Gewebe, dem Zahnzement, umhüllt. An den Zahnzement schließt sich nach innen eine ebenfalls äußerst harte Substanz, das Zahnbein, an. Diese umschließt das weiche Zahnmark und die Wurzelkanäle, innerhalb derer Nerven zum Zahnmark führen. Der Übergang zwischen Krone und Wurzel wird Zahnhals genannt und ist noch von Zahnschmelz überzogen. Der Zahnschmelz kann bei Zerstörung vom Körper nicht erneuert werden.

Zahnschmelz (Enamelum dentis)

Zahnkrone

(Corona dentis)

Zahnfleischtasche L ..:::::.ll f : . - - - - (Sulcus gingivalis) Zahnhals{

(Cervix dentis)

Zahnmark (Pulpa dentis)

Alveolarknochen

Zahnwurzel

~---(Processus

alveolaris)

(Radix dentis)

Nerv (Nervus)

Aufbau eines Zahns, Zahnerkrankungen 151

Zahnerkrankungen Zu den häufigsten Zahnerkrankungen gehören die Parodontose und die Zahnfäule (Karies). Letztere wird vor allem durch nachlässiges Zähneputzen hervorgerufen, in dessen Folge sich Bakterien auf dem Zahnschmelz sammeln und diesen sowie das Zahnbein zerstören. Die Parodontose ist eine Erkrankung, bei der der Halteapparat des Zahnes (Zahnfleisch und Wurzelhaut) allmählich schwindet. Auch hier ist in der Regel schlechte Mundhygiene die Ursache. Befindet sich längere Zeit infolge schlechter Zahnsäuberung am Zahnhals Zahnbelag, kann sich das Zahnfleisch entzünden. Der Zahnbelag wird ganz allmählich zu härterem Zahnstein. Die Folge: Der Halteapparat des Zahns kann sich ebenfalls entzünden. Nach und nach wird der Halteapparat zerstört, der Zahn lockert sich und kann ausfallen.

normaler Zahnhalteapparat

oberflächliche Parodontitis

Zahnstein (Konkrement)

fortschreitende Parodontitis

fortschreitende tiefe Parodontitis

Parodontitis

152

~ VERDAUUNGSSYSTEM

Zahnersatz Jede Form des Ersatzes fehlender natürlicher Zähne bezeichnet man als Zahnersatz. Es gibt verschiedene Klassen: festsitzender Zahnersatz (Kronen, Teilkronen, Brücken), herausnehmbarer Zahnersatz (totale Prothesen und Teilprothesen) und kombinierter Zahnersatz (bestehend aus einem fest einzementierten Teil und einem herausnehmbaren Teil) .

Goldinlay

Zahnimplantate

Keramikinlay

Kunststoffinlay

Veneers

Die hauchdünnen KeramikVeneers werden einfach auf die Zähne aufgeklebt. Abb. links zeigt den Zustand vorher; Abb. rechts die Zähne mit aufgeklebten Veneers.

Zahnersatz, Speicheldrüsen 153

Speicheldrüsen Auf der rechten und der linken Körperseite liegen je drei Speicheldrüsen: die Ohrspeicheldrüse, die Unterzungenspeicheldrüse und die Unterkieferspeicheldüse. Alle drei Drüsen stellen Speichelflüssigkeit her, die - abhängig von der Drüse - weniger oder stärker zähflüssig ist. Die Speichelflüssigkeit enthält Enzyme, die mit der Aufspaltung der Nahrung in kleinste Bestandteile beginnen. So ist z. B. das Enzym Ptyalin dafür zuständig, Kohlenhydrate zu zerkleinern. Daneben enthält der Speichel auch antibakterielle Wirkstoffe, weshalb es durchaus sinnvoll sein kann, eine Wunde abzulecken. Letztlich wird die Nahrung mit dem Speichel auch durchmischt, äamit der N~hrungsbrei leichter geschluckt werden kann.

Ohrspeicheldrüse (Glandula parotidea)

Unterzungenspeicheldrüse (Glandula sublingualis)

1 5 4 . VERDAUUNGSSYSTEM

Topographie des Rachens Der Rachen schließt sich an die Mundhöhle an. Er ist wichtig für die Atmung, aber auch für das Schlucken von Speisen, weshalb er einerseits zum Verdauungstrakt, andererseits zu den Luftwegen gezählt wird. Der Rachen gliedert sich in drei Abschnitte: den Nasenrachen, den Mundrachen und den Kehlkopfrachen. In Ersterem liegen die Rachenmandeln sowie die Verbindungen zur Nase und über die Ohrtrompeten zum Ohr. Der Mundrachen wird durch die Gaumenmandeln von der Mundhöhle getrennt. Der Laryngopharynx ist der letzte Rachenabschnitt. Hier beginnen die Luftröhre, die vom Rachen durch den Kehlkopf, der beim Schlucken vom Kehldeckel verschlossen wird , abgetrennt ist, und die Speiseröhre, die neben der Luftröhre liegt und den Nahrungsbrei zum Magen führt.

Stirnbeinhöhle (Sinus frontalis) Keilbeinhöhle (Sinus sphenoidalis) Nasenhöhle (Cavitas nasi) mit Nasenmuscheln (Conchae nasales)

hintere Nasenöffnungen (Choanae)

harter Gaumen (Palatum durum) Mundhöhle (Cavitas oris) Nasenrachenraum (Epipharynx)

Zungenmandel (Tonsilla lingualis) Unterkiefer (Mandibula)

Zunge (Lingua)

Zungenbein (Os hyoideum) Kehlkopfrachenraum (Hypopharynx)

Kehldeckel (Epiglottis)

Schildknorpel, Adamsapfel (Prominentia laryngea) Ringknorpel (Cartilago cricoidea)

Luftröhre (T,achea)

7

1

Schilddrüse (Glandula thyroidea)

Speiseröhre (Oesophagus)

Rachen, Speiseröhre, Luftröhre 155

Speiseröhre und Luftröhre

Speiseweg

Die Speise- und die Luftröhre verlaufen im Hals und im Brustkorb parallel zueinander. Das ist ein wenig kritisch, denn es besteht die Gefahr, dass Speisen, die durch den Rachen in die Speiseröhre gelangen sollen, aus Versehen in die Luftröhre rutschen. Glücklicherweise verschließt sich der Kehlkopfdeckel, der dem Kehlkopf oben aufsitzt, wenn Nahrung in den Kehlkopfrachen gelangt. Der Luftweg ist somit verschlossen, die Nahrung kann normalerweise nur in die Speiseröhre rutschen. Gestört wird der Schluckakt manchmal, wenn wir zu hastig essen. Dann kann es passieren, dass der reflexartige Verschluss des Kehlkopfdeckels nicht richtig funktioniert. In diesem Fall gelangt Speisebrei in die Luftröhre. Glücklicherweise löst dies in der Regel einen Hustenreflex aus, durch den der verirrte Nahrungsbrocken wieder aus den Luftwegen hinausbefördert wird.

harter Gaumen (Palatum durum)

weicher Gaumen (Palatum malle)

Zunge (Lingua)

Kehldeckel geschlossen (Epiglottis)

Atemweg

Kehldeckel geöffnet (Epiglottis)

156

~ VERDAUUNGSSYSTEM Schildknorpel, Adamsapfel (Promi nentia laryngea) Enge des Ringknorpels

Ringknorpel (Cartilago cricoidea)

Pars cervicalis

Speiseröhre Die Speiseröhre ist ein sehr dehnbarer Muskelschlauch , damit sie auch größere Nahrungsbrocken sicher in den Magen befördern kann. Allerdings gibt es in ihrem Verlauf drei Stellen, die verengt sind und sich auch nicht weiten lassen : die Enge des Ringknorpels, an der der Ringknorpel des Kehlkopfs sich vor der Speiseröhre befindet, die Enge des Aortenbogens, wo sich die Speiseröhre zwischen der Wirbelsäule und dem Aortenbogen entlangzieht, und die Enge des Zwerchfells, den Punkt, wo die Speiseröhre durch das Zwerchfell tritt. Nicht zuletzt damit der Nahrungsbrei auch diese Stellen passieren kan n, ist es so wichtig, gründlich zu kauen. Die Speiseröhre beginnt im Hals und endet im Magen. Nach oben hin ist sie durch einen Schließmuskel, den oberen Ösophagussphinkter, verschlossen, der Verschluss zum Magen hin wird u. a. durch das Zwerchfell, aber auch durch den Winkel, in dem die Speiseröhre in den Magen eintritt, sowie eine stärkere Muskelspannung beim Mageneintritt der Speiseröhre (unterer Ösophagussphinkter) garantiert.

-

-+---

Enge des Aortenbogens

Pars thoracica

Enge des Zwerchfells

Magen (Gaster)

Speiseröhre, Schluckakt 157

Schluckakt oben Beim Schlucken darf selbstverständlich keine Nahrung von der Mundhöhle in die Nase gelangen, weshalb sich zum Zeitpunkt, wenn die Zunge die Nahrung zum Rachen hin transportiert, das Gaumensegel nach oben richtet und die Rachenmuskeln kontrahieren. Auf diese Weise wird der Nasenrachenraum zum Rest des Rachens hin geschlossen. Gelangt die Nahrung in den unteren Rachenabschnitt, ziehen sich die Muskeln des Mundbodens zusammen, sodass der Kehlkopf nach oben gezogen und vom Kehlkopfdeckel verschlossen wird, damit keine Nahrung in die Luftröhre gelangt. All diese Muskelbewegungen laufen unwillkürlich und reflexartig ab. Auch die Rachenmuskeln ziehen sich unwillkürlich nacheinander von oben nach unten hin zusammen und schieben den Nahrungsbrei weiter vor in Richtung Speiseröhre.

vor dem Schluckvorgang

Nasenrachenraum (Epipharynx)

während des Schluckens

harter Gaumen (Palatum durum)

Zunge (Lingua) Bissen (Bolus) Mundrachenraum (Mesopharynx)

Kehlkopf (Larynx)

Speiseröhre (Oesophagus)

Kehlkopfrachenraum (Hypopharynx)

Luftröhre (Trachea)

158

~ VERDAUUNGSSYSTEM

Schluckakt unten Der Transport der Nahrung durch die Speiseröhre erfolgt mittels der Speiseröhrenperistaltik, einer Wellenbewegung der Speiseröhrenmuskulatur, die den Speisebrei immer ein Stück weiter vorschiebt. Natürlich spielt auch die Schwerkraft eine Rolle, denn die Nahrung wird vom Mund bis zum Magen nach unten transportiert, fällt also sozusagen dem Magen entgegen. Die Speiseröhrenmuskulatur besteht innen aus Ring- , außen aus Längsmuskeln . Gelangt ein Nahrungsbrocken in die Speiseröhre, erschlafft die direkt unter ihm befindliche Ringmuskulatur, die Längsmuskulatur jedoch kontrahiert. Auf diese Weise wird der Nahrungsbrocken nach unten verschoben. Hat der Nahrungsbrocken nun seinen Weg in die etwas tiefer liegenden Bereiche der Speiseröhre gefunden, zieht sich die oberhalb von ihm liegende Ringmuskulatur zusammen und die Längsmuskeln erschlaffen. So wird der Nahrungsbissen Stück für Stück weiter vorgeschoben.

Bissen (Bolus) ~Spelserilh"' (Oe